Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 20. Jan. 2015 - 6 K 2405/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten zum wiederholten Mal über die baurechtliche Zulässigkeit einer von der Beigeladenen errichteten und von der Beklagten nunmehr mit streitgegenständlichem Bauschein vom 4. März 2013 genehmigten Balkonanlage.
3Die Beigeladene ist ein Wohnungsbauunternehmen und Eigentümerin des zu Anfang der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts errichteten Wohngebäudes T. Straße 129 und 131 (Gemarkung T1. , Flur 4, Flurstücke 255 und 256). Die nördliche, an dem Nachbargebäude T. Straße 133 (Flurstück 195) gelegene, 11,16 m lange Gebäudewand des Hauses ist nicht grenzständig errichtet, sondern weist im vorderen, zur T. Straße hin ausgerichteten Teil ca. 25 cm Grenzabstand auf, der sich bis zur gartenseitigen Gebäudeecke auf 42 cm erhöht.
4Die Kläger sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft T. Straße 133 in Gelsenkirchen (Gemarkung T1. , Flur 4, Flurstück 195) und haben Sondereigentum an der im dritten Obergeschoss liegenden, südlich ausgerichteten Wohnung. Das 1979 errichtete Gebäude der Wohnungseigentümergemeinschaft ist zu dem Grundstück der Beigeladenen in Teilbereichen der Giebelwand ebenfalls nicht grenzständig errichtet und weist eine etwas geringere Bebauungstiefe auf als das Haus der Beigeladenen. Die Balkone der südlichen Wohnungen sind nahe der Grenze zu dem Grundstück der Beigeladenen angelegt, im Wesentlichen loggienartig zurückgebaut und reichen nur geringfügig über die eigentliche Rückwand des eigenen Hauses hinaus.
5Die betreffenden Grundstücke liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. 82, „L. -T2. -Straße und T. Straße zwischen H.-----straße und H1.----straße “ der Beklagten vom 5. April 1963, der für diesen Bereich unter anderem geschlossene Bauweise festsetzt.
6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den nachfolgenden Kartenausschnitt Bezug genommen:
7 8Die Beigeladene beantragte bei der Beklagten erstmals am 3. Juni 2008 die Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren zum Umbau des Hauses T. Straße 129 und 131. Geplant waren der Abriss der vorhandenen und die Errichtung einer neuen Balkonanlage. Die Beklagte erteilte die begehrte Baugenehmigung am 7. Juli 2008. Die zu dieser Baugenehmigung gehörenden grüngestempelten Planzeichnungen stellen sowohl das Gebäude der Beigeladenen als auch das der Wohnungseigentümergemeinschaft als auf der Grenze aneinandergebaute Gebäude dar und die Stützen der zu errichtenden Balkonanlage in Verlängerung der Außenwand ebenfalls grenzständig. Die eigentlichen Balkone sollten der Planzeichnung zufolge in einem Grenzabstand von 22 cm an diese Stützen montiert werden. Diese Baugenehmigung war in der Folge Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Klage- und Eilverfahrens gleichen Rubrums (6 K 5380/08 und 6 L 1542/08). Nachdem die Kammer mit Beschluss vom 2. Februar 2009 im Verfahren 6 L 1542/08 die aufschiebende Wirkung der Nachbarklage der Kläger gegen die Baugenehmigung vom 7. Juli 2008 angeordnet hatte, erklärte die Beigeladene am 27. August 2009, aus der ihr am 7. Juli 2008 erteilten Baugenehmigung betreffend die vier dem Grundstück T. Straße 133 zugewandten Balkone keine Rechte mehr herleiten zu wollen.
9Bereits zuvor, am 15. Juni 2009, hatte die Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer neuen Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren für den bereits erfolgten Abriss der vorhandenen und die Errichtung einer neuen Balkonanlage einschließlich seitlicher Sichtschutzelemente an dem Haus T. Straße 131 beantragt. Die Beklagte erteilte der Beigeladenen antragsgemäß am 2. Juli 2009 die Genehmigung.
10Ausweislich der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauzeichnungen sollten die Balkone sowohl am Gebäude als auch an insgesamt vier Stahlstützen, die bis zur Höhe der Balkonbrüstung im dritten Obergeschoss reichen sollten, befestigt werden. Die beiden zu dem Grundstück T. Straße 133 gelegenen Stützen sollten grenzständig ausgeführt werden, während die zu dieser Seite liegenden Balkone selbst mit einem Abstand von 12 cm zur Flurstücksgrenze errichtet werden sollten.
11Auch diese Baugenehmigung war in der Folge Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Klage- und Eilverfahrens gleichen Rubrums (6 K 3112/09 und 6 L 765/09). Zunächst ordnete die Kammer mit Beschluss vom 29. Oktober 2009 die aufschiebende Wirkung der Nachbarklage der Kläger gegen die Baugenehmigung vom 2. Juli 2009 an und hob später mit Urteil vom 14. September 2011 die der Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung zur Errichtung der vier streitgegenständlichen grenznahen Balkone auf.
12Am 21. Mai 2012 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten erneut eine Baugenehmigung zur Errichtung von acht Balkonen im nördlichen Bereich der rückwärtigen Außenwand ihres Gebäudes T. Straße 131. Die Beklagte erteilte daraufhin am 4. März 2013 die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Baugenehmigung.
13Ausweislich der grüngestempelten Bauvorlagen weist die geplante Balkonanlage mit jeweils zwei Balkonen pro Etage eine Tiefe von 2,27 m und eine Breite von insgesamt 7,26 m auf. Die gesamte Balkonanlage hat an der dem Grundstück T. Straße 133 zugewandten Seite eine Höhe über der Geländeoberfläche von 10,79 m (eigentliche Balkonbrüstung) bzw. von 11,69 m (einschließlich der geplanten durchgängigen Sichtschutzwand). Weiterhin sieht die Baugenehmigung vor, den sich zwischen den beiden Häusern ergebenen Spalt auf der nördlichen Seite im Bereich des wegen der unterschiedlichen Bebauungstiefe vorhandenen 60 cm langen Versprungs der beiden Häuser durch das Aufbringen von Dämmmaterial zu schließen.
14Gegen diese, ihnen nicht zugestellte Baugenehmigung haben die Kläger am 13. Mai 2013 die vorliegende Klage erhoben. Sie sind im Wesentlichen der Auffassung, das Vorhaben verstoße gegen brandschutzrechtliche Vorschriften. Auch abstandflächenrechtliche Vorschriften seien verletzt. Das Schließen der Lücke zwischen den Gebäuden auf der Rückseite führe nicht dazu, dass das Gebäude nunmehr als grenzständig anzusehen sei. Schließlich sei das Vorhaben auch in der nunmehr genehmigten Form rücksichtslos, da trotz zu errichtender Sichtschutzwände eine Einblicknahme in ihre Wohnung möglich sei. Hierzu sei es nur erforderlich, um die Sichtschutzwand herumzusehen.
15Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
16die der Beigeladenen durch die Beklagte unter dem Datum des 4. März 2013 erteilte Baugenehmigung – Az. 02080-12-01 – aufzuheben.
17Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
18die Klage abzuweisen.
19Sie ist der Auffassung, das Vorhaben verstoße in der jetzt genehmigten Ausgestaltung nicht gegen § 6 Bauordnung NRW (BauO NRW). Zudem sei das Haus T. Straße 133 in südlicher Richtung ebenfalls nicht grenzständig errichtet, wie aus den genehmigten Bauzeichnungen zur Errichtung des Gebäudes selbst hervorgehe. Brandschutzrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt, da die „Seitenwände“ einer Balkonanlage nicht als Gebäudeabschlusswände auszuführen seien.
20Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Inhaltlich schließt sie sich den Ausführungen der Beklagten an.
21Die Kammer hat am 8. September 2014 durch die Berichterstatterin einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll vom selben Tage verwiesen.
22Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Gerichtsakten 6 K 5380/08, 6 K 3112/09, 6 L 1542/08, 6 L 765/08, 6 L 521/09 ergänzend Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
25Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 4. März 2013 ist hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26Ein Nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung oder Abweichung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich. Gemessen an diesen Maßstäben ist die angefochtene Baugenehmigung nicht zu beanstanden.
271. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des in Rede stehenden Vorhabens richtet sich nach §§ 30, 34 BauGB in Verbindung mit der BauNVO 1968, da das Grundstück der Beigeladenen innerhalb des einfachen Bebauungsplans Nr. 82 der Beklagten vom 22. Mai 1972 liegt. Das genehmigte Vorhaben verstößt jedoch nicht zu Lasten der Kläger gegen das hier allein in Betracht kommende und in § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme
28Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
29Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 21. Januar 1983 ‑ 4 C 59.79 ‑, BauR 1983, 449, vom 28. Oktober 1993 ‑ 4 C 5.93 ‑, DVBl 1994, 697 und vom 23. September 1999 ‑ 4 C 6.98 ‑, DVBl 2000, 192; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 3. September 1999 ‑ 10 B 1283/99 ‑, NVwZ 1999, 1360, und vom 29. August 2011 - 2 B 940/11 -, juris.
30Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die Kläger durch die angefochtene Baugenehmigung unzumutbar beeinträchtigt werden. Soweit die Kläger in der Vergangenheit geltend gemacht haben, sie befürchteten Einsichtsmöglichkeiten von den genehmigten Balkonen in ihre Wohnräume und auf ihren Balkon, sei darauf hingewiesen, dass bei der nunmehr streitigen Genehmigung im Unterschied zu vorangegangenen Baugenehmigungen hinsichtlich der Balkone eine über die gesamte Balkonbreite reichende durchgängige Sichtschutzwand bis 1,90 m oberhalb des höchsten Balkonbodens vorgesehen ist, sodass Einsichtsmöglichkeiten bei bestimmungsgemäßer Balkonnutzung ausgeschlossen sein dürften. Ohne dass es darauf ankäme, sei darauf hingewiesen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des OVG NRW Nachbarn in innerstädtisch bebauten Gebieten - wie hier - hinnehmen müssen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch von benachbarten Grundstücken bzw. Wohnhäusern aus zu Einsichtsmöglichkeiten in das eigene Grundstück kommt. Ein Nachbar kann nicht beanspruchen, dass ein benachbarter Bauherr sein Grundstück nur so ausnutzt, dass die Möglichkeit eines Einblicks nicht gegeben ist.
31Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2014 - 7 B 1416/13 -, juris, vom 14. Februar 2013 - 7 B 99/13 -, juris, vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -, juris, vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181,vom 1. Juni 2007 - 7 A 3852/06 -, BRS 71 Nr. 127, OVG Magdeburg, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 2 M 157/11 -, juris.
32Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liegt auch nicht mit Blick auf eine Verschattung der Wohnräume der Kläger durch die Neuerrichtung der Balkone vor.
33In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn es ebenfalls hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 2014 - 7 A 1276/13 -, juris, Beschlüsse vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -, juris; vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 und vom 1. Juni 2007 - 7 A 3852/06 -, BRS 71 Nr. 127.
35Hiervon ausgehend begründet der zu erwartende Schattenwurf kein Abwehrrecht gegen das streitige Bauvorhaben. Der Schattenwurf des Balkonneubaus ist als hinnehmbar zu bewerten. Das Wohnzimmer der Kläger ist aufgrund seiner westlichen Ausrichtung in den Morgenstunden bereits durch ihr eigenes Gebäude verschattet. In der Mittagszeit bis in den Nachmittag hinein erfolgt schon jetzt aufgrund des Gebäudeversprungs - ohne den Balkonneubau - eine teilweise Verschattung durch das Gebäude der Beigeladenen. Zudem ist für eine Verschattung des Wohnzimmers der Kläger von Süden aus weniger das Nachbargebäude der Beigeladenen, sondern vielmehr der Umstand wesentlich, dass der klägerische Balkon als Loggia ausgestaltet ist und daher die eigene südliche Giebelwand des klägerischen Gebäudes dem Wohnzimmer der Kläger bereits viel Tageslicht nimmt, wie Fotos - gefertigt beim Ortstermin am 21. Januar 2009 im Verfahren 6 L 1542/08 gleichen Rubrums - belegen.
372. Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts sind ebenfalls nicht ersichtlich.
38Das gilt zunächst für den von den Klägern gerügten Verstoß gegen Brandschutzvorschriften. Das streitgegenständliche Bauvorhaben wurde von der Beklagten zutreffend im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 68 BauO NRW geprüft. Nach § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW beschränkt sich die präventive bauaufsichtliche Prüfung im vereinfachten Genehmigungsverfahren auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den in dieser Norm ausdrücklich aufgeführten Vorschriften. Brandschutzrechtliche Bestimmungen sind dort - mit Ausnahme von § 17 BauO NRW für die Prüfung von Sonderbauten - nicht aufgeführt.
39Dennoch ist die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich befugt Brandschutzbelange zu prüfen, wenn sie Rechtsverstöße erkennt, die außerhalb ihrer obligatorischen Prüfungspflicht liegen. Sie ist hierzu sogar verpflichtet, wenn die Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit von Menschen droht.
40Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. Januar 2009 -10 A 1075/08-, juris und vom 26. Juni 2014 -7 A 2057/12-, juris; Beschluss vom 18. Juli 2013 - 7 A 1040/13 -, juris, Sächsisches OVG, Beschluss vom 25. Februar 1998 - 1 S 38/98 -, juris.
41Bei einem solchen Sachverhalt darf die Baubehörde nicht eine Genehmigung für ein Vorhaben erteilen, dessen Verwirklichung wegen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leib und Leben von Menschen unverzüglich durch bauaufsichtliches Einschreiten unterbunden werden müsste. Das setzt aber voraus, dass ein solcher Verstoß offensichtlich vorliegt.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 2014 - 7 A 2057/12 -, juris; Beschluss vom 18. Juli 2013 - 7 A 1040/13 -, juris.
43Von einem solchen offensichtlichen Verstoß, auf den sich auch ein Nachbar berufen kann, kann nur dann die Rede sein, wenn eine entsprechende Vorschrift ersichtlich verletzt ist. Das ist hier nicht der Fall. Die BauO NRW verhält sich über die abstandrechtliche Privilegierung von Balkonen hinaus nicht über deren weitere Ausgestaltung, insbesondere nicht darüber, ob bei der Errichtung von Balkonen Gebäudeabschlusswände herzustellen sind, die bestimmten Brandschutzanforderungen unterfallen. Besondere brandschutzrechtliche Anforderungen an Balkone und deren Brüstungen und Sichtschutzwände ließen sich nur stellen, wenn man einen Balkon als einen "Annex zum Wohnhaus" und damit als ein Gebäude ansieht, für das dann sämtliche Vorschriften der BauO NRW und damit auch § 31 BauO NRW gelten würde. Ob ein Balkon jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BauO NRW erfüllt, erscheint im Hinblick auf Schutzzweck und Überdachung nicht unproblematisch. Gerichtlich entschieden wurde diese Frage – soweit der erkennenden Kammer bekannt – bislang für einen Balkon (noch) nicht,
44offengelassen von VG Köln, Beschluss vom 27. Januar 2009 - 2 L 1747/09 -, juris,
45sondern nur für eine Terrassenüberdachung, die als "Annex zum Wohnhaus" die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BauO NRW erfüllt, weshalb die Herstellung einer Gebäudeabschlusswand erforderlich ist, an die ihrerseits dann die brandschutzrechtlichen Anforderungen des § 31 BauO NRW zu stellen sind.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2007 - 7 E 737/07-, juris.
47Bei dieser Sachlage lässt sich zumindest nicht feststellen, dass durch die streitgegenständliche Genehmigung der Balkonanlage (ohne seitliche Brandschutzwand) im vereinfachten Verfahren offensichtlich gegen bauordnungsrechtliche Brandschutzvorschriften verstoßen wird, sodass die Frage, ob eine Abweichung von § 31 BauO NRW nach 73 BauO NRW vorliegend zulässig wäre, dahingestellt bleiben kann.
48Vgl. zur Abweichung von § 31 BauO NRW bei einer Terrassenüberdachung OVG NRW, Beschluss vom 24. September 2014 - 2 B 570/14 -, juris, und VG Köln, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 8 L 375/14 - , juris.
49Ob durch die Errichtung der Balkonanlage ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandflächenrechts vorliegt, kann die Kammer offenlassen, denn auf einen solchen Verstoß könnten die Kläger sich nicht berufen.
50Dass die Balkone mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung, im Gegensatz zu früheren Baugenehmigungen, nunmehr als in allen Teilen ihrer Nordseite grenzständige Anlage genehmigt werden, liegt auf der Hand, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Ausführungen. Desweiteren ist bei isolierter Betrachtung der Balkonanlage eine seitliche Abstandfläche nach § 6 Abs. 1 Ziffer a) BauO NRW gegenüber dem klägerischen Grundstück nicht erforderlich. Da in dem Bebauungsplan Nr. 82 lediglich geschlossene Bauweise festgesetzt ist, aber keine Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche enthalten sind, bestimmt sich die überbaubare Grundstücksfläche entsprechend § 34 BauGB nach der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung. Vorliegend wird die nähere Umgebung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblich durch die weiter als die genehmigte Balkonanlage in die hinteren Grundstücksbereiche hereinragenden Anbauten an die Gebäude T. Straße 127 und 143 geprägt.
51Fraglich ist allein, ob eine isolierte abstandflächenrechtliche Betrachtung der Balkone angezeigt ist oder durch den Anbau der Balkone die Frage der Abstandfläche für die gesamte nördliche Giebelwand neu aufgeworfen wird. Würde die Frage der Abstandfläche für den gesamten nördlichen Giebel neu aufgeworfen, läge ein Abstandflächenverstoß vor, da wesentliche Teile der Abstandfläche auf dem klägerischen Grundstück lägen. Eine exakte Neuberechnung der Abstandfläche für den gesamten nördlichen Giebel ist anhand der vorgelegten Verwaltungsvorgänge zwar nicht möglich, eine Neuvermessung des Gebäudes T. Straße 129/131 hat jedoch ergeben, dass der nördliche Giebel zwischen 25 cm und 42 cm von der Grenze zum klägerischen Grundstück entfernt aufsteht. Da damit - obwohl im Bebauungsplan geschlossene Bauweise festgesetzt ist - eine Inanspruchnahme des § 6 Abs. 1 Satz 2 Ziffer a) BauO NRW wegen des Grenzabstandes nicht in Betracht käme, fände § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW Anwendung. Nach § 6 Abs. 2 BauO NRW müsste die Abstandfläche des Giebels, die selbst unter Inanspruchnahme der Halbierungsregel des § 6 Abs. 6 BauO NRW mindestens drei Meter beträgt, auf dem Baugrundstück der Beigeladenen selbst liegen. Das wäre erkennbar nicht der Fall, wesentliche Teile lägen auf dem klägerischen Grundstück.
52Auf eine solche mögliche Abstandflächenverletzung könnten die Kläger sich indes nicht berufen. Die Geltendmachung eines solchen Abwehrrechts verstößt hier unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und stellt sich somit als unzulässige Rechtsausübung dar. Es ist allgemein anerkannt, dass der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben der Ausübung und Geltendmachung von Rechten eine inhaltliche Schranke setzt. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich des Öffentlichen Rechts. Das Gebot, sich so zu verhalten, wie Treu und Glauben es verlangen, gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 1994 - 8 B 201/94 -, juris, OVG NRW, Beschluss vom 7. August 1997 ‑ 7 A 150/96 -, juris.
54Die Unzulässigkeit der Rechtsausübung knüpft hier zum einen daran an, dass die Kläger oder ihre Rechtsvorgänger durch das früher auf ihrem Grundstück aufstehende Gebäude die nicht grenzständige, sondern nur grenznahe Errichtung der nördlichen Giebelwand des Gebäudes der Beigeladenen selbst verursacht haben (1), und zum anderen daran, dass sie die Einhaltung des Mindestabstandes von den Beigeladenen einforderten, obwohl sie selbst mit ihrem Gebäude diesen Mindestabstand nicht einhalten (2).
55(1) Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten in diesem und in dem vorangegangenen Verfahren 6 K 5380/08 stand zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnhäuser T. Straße 131/129 in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf dem Grundstück der Kläger ein „altes“ Gebäude auf. Dieses Gebäude war auf das Grundstück der Beigeladenen in dem Maße überbaut, in dem das Gebäude der Beigeladenen heute von der Grenze zurückspringt, sodass bis zum Abriss dieses ehemaligen Gebäudes auf dem Klägergrundstück die Gebäude T. Straße 133 und 131 aneinandergebaut waren, jedoch nicht auf der Grenze, sondern zwischen 25 cm und 42 cm südlich der Grundstücksgrenze. Eine Modernisierung des Gebäudes der Beigeladenen durch Errichtung größerer Balkone wegen einer durch eigenes Verhalten der Rechtsvorgänger der Kläger verursachten nicht grenzständigen Errichtung der Giebelwand abwehren zu wollen, widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, zumal die nördliche Giebelwand des Gebäudes der Beigeladenen unverändert bestehen bleibt und selbst bei seinerzeitiger grenzständiger Errichtung des nördlichen Giebels des Hauses T. Straße 131 sich die neue grenzständig errichtete Balkonanlage heute nicht anders darstellen würde.
56(2) Sofern der Anbau der streitgegenständlichen Balkonanlage die Abstandflächenfrage unter anderem für die gesamte nördliche Giebelwand des Hauses T. Straße 131 neu aufwerfen sollte, läge die von dem Giebel ausgelöste Abstandfläche wie ausgeführt, zu wesentlichen Teilen auf dem klägerischen Grundstück. Auf diesen Abstandflächenverstoß könnten sich die Kläger auch deshalb nicht berufen, weil das auf ihrem Grundstück errichtete Gebäude die nach § 6 BauO NRW erforderlichen Abstandflächen in wenigstens vergleichbaren Umfang ebenfalls nicht einhält. Derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandfläche freihält. Ein eigener Abstandflächenverstoß hindert den dadurch begünstigten Eigentümer zwar nicht schlechthin daran, die Baurechtswidrigkeit eines nachbarlichen Vorhabens unter dem Aspekt des Abstandflächenrechts anzugreifen. Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis erlaubt in diesen Fällen eine Abwehrmaßnahme jedoch nur dann, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandregelungen durch das angegriffene Vorhaben schwerer wiegt als die Abstandflächenverletzung des klagenden Nachbarn.
57Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Februar 2014 - 2 A 1599/13 -, juris.
58Das ist vorliegend nicht der Fall. Ausweislich der zur Baugenehmigung vom 28. Mai 1979 gehörenden grüngestempelten Bauvorlagen weist das klägerische Grundstück im straßenrandnahen Bereich eine Breite von 16,45 m, im Bereich der Straßenfront des Hauses T. Straße 131 eine Breite von 16,34 m und im Bereich der streitgegenständlichen Balkonanlage eine Breite von 16,03 m auf. Ebenfalls entsprechend den grüngestempelten Bauvorlagen ist das aufstehende Gebäude der Kläger in allen Geschossen mit einer Breite von 15,99 m genehmigt. Ob das klägerische Gebäude zu beiden seitlichen Grenzen mit einem geringen Abstand von insgesamt 4 cm auf Höhe der grenzständigen Balkone bis zu insgesamt 46 cm an der Straßenfront errichtet wurde, oder nur zum Gebäude der Beigeladenen, wofür sowohl der zur Baugenehmigung vom 28. Mai 1979 als auch der zur streitgegenständlichen Baugenehmigung gehörende Lageplan spricht, kann dahingestellt bleiben. In beiden Fällen lägen vergleichbare gegenseitige Abstandflächenverletzungen vor.
59Denn für die Bewertung des Gewichts des Abstandsflächenverstoßes ist in erster Linie die Beeinträchtigung der durch die Abstandsflächenvorschriften geschützten nachbarlichen Belange in den Blick zu nehmen. Das Gewicht eines Abstandsflächenverstoßes bestimmt sich außerdem nach dem Ausmaß, in dem die jeweils erforderliche Abstandfläche zu Lasten des Nachbarn nicht eingehalten wird.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2012 - 2 B 983/12 -, juris.
61Auf die Belange des Brandschutzes, die Belichtung, Belüftung und Besonnung des Nachbargrundstücks sowie die Wahrung eines ausreichenden Sozialabstands wirkt sich die nördliche Giebelwand der Beigeladenen nicht intensiver aus als die südliche Giebelwand des klägerischen Gebäudes. Beide Giebel verfügen über keinerlei Öffnungen, die Gebäude sind in etwa gleich hoch und weisen eine vergleichbare Bebauungstiefe auf. Unterschiede mögen bei dem jeweiligen Grenzabstand der Giebel bestehen. Diese liegen jedoch im Bereich von nur wenigen Zentimetern und führen nicht dazu, dass der grenzfernere Giebel (vermutlich der der Beigeladenen) als die schwerer wiegende Abstandflächenverletzung zu betrachten wäre. Die vorzunehmende wertende Betrachtung erfordert keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung der gegenseitigen Inanspruchnahme der Nachbargrundstücke für die eigenen Abstandflächen.
62Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2012 - 2 B 983/12 -, juris.
63Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.