Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 14. Nov. 2018 - 10 K 4558/16
Tenor
Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 22. Juni 2016 für die Errichtung einer 6- Gruppen- Kindertagesstätte auf dem Grundstück U.-----straße --- in E. wird aufgehoben.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und der Beigeladene jeweils selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist erbbauberechtigt an dem Grundstück U.-----straße 18 in E. (Gemarkung E1. , Flur 3, Flurstücke ---- und ----). Eigentümerin des Grundstücks ist die Evangelische F. -Kirchengemeinde E. .
3Das rund 270 qm große Grundstück des erbbauberechtigten Klägers ist mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut. Es handelt sich um ein Reihenendhaus. Das Grundstück des Klägers ist rund 30 m tief. An der Südostseite des Wohnhauses befindet sich eine grenzständige Garage. An diese Garage südöstlich angebaut ist eine weitere Garage auf dem kleinen, rund 13 m tiefen Flurstück ---, die den Bewohnern des Reihenmittelhauses zugeordnet ist.
4Das Grundstück U.-----straße --- liegt in einem Straßengeviert, das aus den Straßen G. G1. , U.-----straße , S. und der Straße B. I.---weg gebildet wird. Die im Straßengeviert überwiegend vorhandene straßenrandnahe Bebauung besteht ausschließlich bzw. ganz überwiegend aus Wohnhäusern. Der Innenbereich im Straßengeviert, der im Wesentlichen aus zwei größeren Flurstücken gebildet wird, bestand bzw. besteht aus einem mit Bäumen bestandenen Grünbereich, der auf dem nordwestlich gelegenen Flurstück --- als Spielplatz genutzt wurde (wird). Dieses im Eigentum der Beklagten stehende Flurstück verfügt über einen schmalen Grundstücksstreifen (Flurstück ---) über eine Anbindung an die Straße G. G1. . Das südöstlich im Innenbereich des Straßengevierts gelegene Flurstück ---, heute ---, das im Osten u.a. an das Grundstück des Klägers angrenzt, steht bzw. stand im Eigentum der Evangelischen F. -Kirchengemeinde E. . Das Flurstück verfügt über einen schmalen, bis rund 6 m breiten Grundstücksstreifen, der zwischen dem Grundstück U.-----straße 18 bzw. dem mit einer Garage bebauten Flurstück --- und dem ebenfalls bebauten Grundstück U.-----straße -- gelegen ist, über eine direkte Anbindung an die U.-----straße .
5Das Straßengeviert G. G1. , U.-----straße , S. , B. I.---weg liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Die Beklagte stuft das Gebiet als faktisches Reines Wohngebiet ein.
6Im Dezember 2015 stellte der Beigeladene bei der Beklagten einen Bauantrag für die Errichtung einer 6-Gruppen-Kindertagesstätte auf dem Grundstück Gemarkung E1. , Flur 3, Flurstück ----, Teilfläche A, heutige Flurstücksbezeichnung xxx. Das Vorhabengrundstück hat eine Größe von 3.469 qm. Das Vorhaben des Beigeladenen ist 1- bzw. 2-geschossig mit Flachdach geplant. Der Eingang der Kindertagesstätte liegt auf der östlichen, dem Wohnhaus des Klägers zugewandten Grundstücksseite. In der vorgelegten Baubeschreibung wird die Anzahl der notwendigen Stellplätze mit 6 im Freien angegeben. Mit dem Bauantrag wurde eine Betriebsbeschreibung für gewerbliche Anlagen vorgelegt. Danach findet eine pädagogische Kinderbetreuung mit gemeinsamen Mahlzeiten (Frühstück und Mittagessen) statt. In der Kindertagesstätte werde nicht gekocht. Die Mahlzeiten würden angeliefert. Die Betriebszeit wird an Werktagen für die Zeit von 7.30 bis 17.00 Uhr angegeben. Unter Ziffer 7.2 in der Betriebsbeschreibung wurde unter der Rubrik Geräusche „keine“ angegeben. Im vorgelegten Stellplatznachweis wird von ca. 125 Kita-Plätzen ausgegangen. Es wurde im Stellplatznachweis ein Stellplatzbedarf für 5 PKW- Stellplätze errechnet. Auf dem Grundstück sollen 6 PKW-Stellplätze errichtet werden. Ausweislich des vorgelegten Lageplans erfolgt die Zufahrt zur Kindertagesstätte über die U.-----straße ausschließlich über den südlich des Wohnhauses des Klägers gelegenen Grundstücksstreifen. Auf dem Vorplatz des Vorhabengrundstücks sind 5 Stellplätze südwestlich des Wohnhauses des Klägers und ein Stellplatz (für Behinderte) westlich des Wohnhauses des Klägers ausgewiesen.
7Unter dem 18. April 2016 erhielt der Beigeladene eine Teilbaugenehmigung. Dem Beigeladenen wurde gestattet, mit dem Verlegen des Kanalanschlusses sowie Gründungsarbeiten und der Bodenplatte zu beginnen.
8Unter dem 26. April 2016 machte der Kläger erstmals gegenüber der Beklagten Einwendungen gegen das Bauvorhaben geltend. Er wies darauf hin, dass sein Grundstück zu einem großen Teil unmittelbar an der einzigen privaten Zufahrt zur Kindertagesstätte liege und er mit starkem Fahrzeugverkehr zur Verbringung und Abholung der Kinder rechnen müsse. Zudem komme Schwerlastverkehr für den Menüdienst oder auch zur Ver- und Entsorgung hinzu. Das Verkehrsaufkommen gehe über das übliche Maß in seinem Wohngebiet hinaus. Der Kläger berief sich auf das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot und bat um Überprüfung von Immissionsschutzmaßnahmen.
9Dem Kläger wurde die Teilbaugenehmigung der Beklagten gegen Zustellungsurkunde am 11. Mai 2016 zugestellt.
10Der Kläger wandte sich daraufhin nochmals mit Schreiben vom 3. Juni 2016 an die Beklagte. Aus seiner Sicht könne nur eine Einfahrtsbeschränkung am Eingang der privaten Zufahrt zur Kindertagesstätte die Verkehrs- und Lärmbelästigung für ihn als Anwohner auf das zumutbare Maß reduzieren. Bei einer zusätzlichen Belastung durch die Kindertagesstätte könne die Verkehrssituation auf der U.-----straße selbst insbesondere am Morgen nur als chaotisch bezeichnet werden.
11Unter dem 20. Juni 2016 gab das Umweltamt Hagen als Gemeinsame Untere Umweltschutzbehörde der Städte Bochum, E. und Hagen eine Stellungnahme ab. Es bestünden keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken, wenn die als Anlage beigefügten Nebenbestimmungen bei der Erteilung der Baugenehmigung berücksichtigt würden. Darüber hinaus wurde auf die Vorschrift des § 22 Abs. 1a BImSchG hingewiesen.
12Unter dem 22. Juni 2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Genehmigung zur Errichtung einer 6- Gruppen- Kindertagesstätte auf dem Grundstück U.-----straße XX in E. . Unter der Nebenbestimmung (12) der Baugenehmigung wurden die nachfolgenden Nebenbestimmungen des Umweltamtes Hagen, Gemeinsame Untere Umweltschutzbehörde der Städte Bochum, E. und Hagen zum Bestandteil der Genehmigung und für die Ausführung des Bauvorhabens verbindlich erklärt: Das von der Genehmigung erfasste Gebäude ist schalltechnisch so zu errichten und zu betreiben, dass die von dieser Anlage einschließlich aller Nebeneinrichtungen und Geschehnisse, wie z.B. Lüftungsanlagen und Fahrzeugverkehr, verursachten Geräuschimmissionen folgende Werte an den nächstgelegenen Wohnräumen U.-----straße xx,xx und xx, S. xx und xx nicht überschreiten: tagsüber 50 dB (A) und nachts 35 dB (A,) gemessen jeweils 0,50 m vor geöffnetem, vom Lärm am stärksten betroffenen Fenster (von betriebsfremden schutzbedürftigen Räumen nach DIN 4109) und bewertet nach der Sechsten AVwV zum Bundesimmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) vom 26. August 1998. Als Nachtzeit gilt die Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB (A) und in der Nachtzeit um nicht mehr als 20 dB (A) überschreiten. Die zulässigen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 6.1 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) in der zurzeit geltenden Fassung. Eine Anlieferung mit Lastkraftwagen (z.B. Essen) darf nur in der Zeit von 7:30 Uhr bis 17:00 Uhr erfolgen.
13Unter der Rechtsmittelbelehrung zum Bescheid befindet sich ein Verzeichnis der der Baugenehmigung beigefügten Anlagen. Unter anderem wird auf die Anlage Schalltechnische Untersuchung, Bericht Nr. 3159.1 /01, verwiesen.
14Dem Kläger wurde die Baugenehmigung vom 22. Juni 2016 mit Anschreiben vom 23. Juni 2016 gegen Zustellungsurkunde am 27. Juni 2016 zugestellt.
15Seitens des Beigeladenen wurde der Beklagten unter dem 23. Juni 2016 die Schalltechnische Untersuchung der Firma X. & H. aus H1. vom 14. Juni 2016, Bericht Nr. 3159.1/01, übersandt.
16Unter dem 1. August 2016 gab der Beigeladene eine Stellungnahme zur Baugenehmigung und den Einwendungen des Klägers ab. Der aus seiner Sicht bestehende Sachverhalt wurde näher erläutert.
17Der Kläger hat am 15. Juli 2016 Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erhoben. Er lässt seine Klage im Wesentlichen wie folgt begründen:
18Die Zufahrt zur Kindertagesstätte sei über einen Privatweg, welcher entlang seiner Grundstücksgrenze verlaufe, gesichert. Aufgrund der geplanten Kapazität mit rund 125 aufzunehmenden Kindern sei damit zu rechnen, dass es in Stoßzeiten durch die Anfahrt und Abholung der Kinder zu einer erheblichen Lärmbelästigung und einem für die Straße nicht zu bewältigenden Verkehrsaufkommen kommen werde. Im Wohngebiet seien bereits diverse Kindertagesstätten vorhanden. Eine neue Kindertagesstätte mit einer Kapazität von 125 Kindern werde nicht benötigt. Er werde durch die Baugenehmigung in seinem Eigentum beeinträchtigt. Die geplante Kindertagesstätte sei nicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig. Der zulässige Einzugsbereich der Anlage werde durch das Kriterium der fußläufigen Erreichbarkeit abgegrenzt. Soweit wegen der Weglänge von einer Angewiesenheit der Eltern auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges auszugehen sei, diene die Anlage nicht den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets. Es kämen insoweit nur kleine Anlagen in Betracht. Aufgrund der Gegebenheiten sei die geplante Kindertagesstätte nach Größe, Ausstattung und Zweckbestimmung gebietsunverträglich, weil sie den Charakter des Reinen Wohngebietes störe. Als direkter Nachbar der Anlage, an dessen Grenzen die Zuwegung zu Anlage erfolge, sei er konkret beeinträchtigt.
19Weiter lässt der Kläger Folgendes ausführen: Es sei richtig, dass sein Grundstück im Reinen Wohngebiet liege. Es sei jedoch fraglich, ob der umstrittene Bauplatz für die Kindertageseinrichtung noch im Innenbereich nach § 34 BauGB liege. Die Kindertagesstätte dürfte vielmehr in einem Bereich errichtet worden sein, der als „Außenbereich im Innenbereich“ zu kennzeichnen sei und in dem das Bauvorhaben von vornherein unzulässig sei. Jedenfalls verstoße die Erteilung der Baugenehmigung gegen § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Abs. 2 und 3 BauNVO. Danach seien Kindertageseinrichtungen in einem Reinen Wohngebiet nicht generell, sondern nur dann zulässig, wenn sie „den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienen“, dies treffe auf die streitgegenständliche Kindertageseinrichtung nicht zu. Die streitgegenständliche Kindertageseinrichtung für rund 125 Kinder sei schon isoliert betrachtet deutlich größer als der Bedarf im maßgeblichen Baugebiet. Außerdem befänden sich in der näheren Umgebung der streitgegenständlichen Kindertagesstätte bereits mehrere weitere Kindertagesstätten, so dass der Bedarf an Kinderbetreuungsmöglichkeiten jedenfalls für die Bewohner des vorliegend relevanten Plangebietes mehr als gedeckt sei. Soweit die Beklagte vorgetragen habe, dass der Kindergarten unter der Anschrift Fine Frau 10 aus baulichen Gründen geschlossen und durch die streitgegenständliche Kindertagesstätte ersetzt werden solle, werde diese Darstellung bestritten. Die Kindertageseinrichtung G2. G3. werde auch heute noch unverändert weiterbetrieben. Dies ergebe sich auch aus einem aktuellen Internetauftritt der Kirchengemeinde, in dem beide Standorte der Kindertageseinrichtung aufgeführt seien. Er werde auch in seinen Nachbarrechten verletzt. Er habe einen Gebietserhaltungsanspruch hinsichtlich der Art des geplanten Bauvorhabens. Im Übrigen sei das Rücksichtnahmegebot verletzt. Die Zufahrt zur Kindertagesstätte erfolge entlang seines Grundstücks. Die Verkehrsfläche und auch die Parkfläche grenze an seinen Garten. Es komme zu den Bring– und Abholzeiten des Kindergartens (Stoßzeiten) zu einem erheblichen, lärmintensiven PKW- Verkehr rund um den Kindergarten, weil die entfernt wohnenden Kinder mit PKWs gebracht und abgeholt würden bzw. müssten. Hinzu komme aufgrund der hohen Anzahl der Plätze eine gegenüber einem Kindergarten üblicher Größe deutlich gesteigerte Lärmbelastung durch Kinder. Weder die Aufenthaltsräume im Haus noch sein Garten seien gegen die Störungen ausreichend geschützt. Soweit die Beklagte ausführe, der Betrieb der Kindertagesstätte überschreite die zulässigen Grenzwerte der TA Lärm und der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben nicht, werde dies bestritten. Das Rücksichtnahmegebot gelte auch gebietsüberschreitend. Er habe darauf vertrauen können, dass auf dem benachbarten Grundstück keine Nutzung zugelassen werde, die mit einer höheren Verkehrs– und Lärmbelastung unmittelbar an seinem Haus und Garten verbunden sei. Die Auflage (12) in der Baugenehmigung reiche nicht aus, um seinem erforderlichen Schutz Rechnung zu tragen. Die Auflage sei in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt, weil sie abgesehen von einer Beschränkung des Lkw-Verkehrs auf die Zeit zwischen 7:30 Uhr und 17:00 Uhr nicht erkennen lasse, durch welche konkreten baulichen (Schutz)Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Zuwegung und der Verkehrsfläche, der erforderliche Lärmschutz für die Nachbargrundstücke verwirklicht werden solle. Im Übrigen habe er auch einen Anspruch auf Schutz vor Geräuschimmissionen nicht nur im Inneren seines Hauses, sondern auch im Garten, der unmittelbar an die private Zufahrt zu der Kindertagesstätte bzw. die Verkehrs– /Parkfläche vor dem Gebäude angrenze. Der erforderliche Schutz des Außenbereichs seines Grundstücks sei in der Baugenehmigung nicht geregelt.
20Der Kläger beantragt,
21die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 22. Juni 2016 zur Errichtung einer 6-Gruppen- Kindertagesstätte auf dem Grundstück U1.-----straße XXX in Dortmund aufzuheben.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Die angegriffene Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze den Kläger jedenfalls nicht in seinen geschützten Nachbarrechten. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sei durch die Vorlage einer Schalltechnischen Untersuchung nachgewiesen worden, dass durch den Betrieb der Kindertagesstätte in der Nachbarschaft keine unzumutbaren oder schädlichen Geräuscheinwirkungen im Sinne der TA Lärm zu erwarten seien. An den maßgeblichen Immissionsorten seien für den Betrieb der Kindertagesstätte Beurteilungspegel prognostiziert worden, die die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 Abs. 1 der TA Lärm für Reine Wohngebiete von tagsüber 50 dB(A) an allen Immissionsorten einhielten bzw. unterschritten. Aufgrund der werktäglichen Betriebszeiten von 7:30 Uhr bis 17:00 Uhr gingen vom Gelände der Kindertagesstätte in den Abendstunden und nachts keine Geräuschimmissionen aus. Überschreitungen der nach Nr. 1.1 Abs. 2 der TA Lärm zulässigen Maximalpegel infolge einzelner, kurzzeitiger Geräuschspitzen seien beim Betrieb der Kindertagesstätte nicht zu erwarten. Maßnahmen zur Verminderung von Verkehrsgeräuschen aus öffentlichen Verkehrsflächen seien mit Verweis auf die Regelungen nach Nr. 7.4 der TA Lärm nicht erforderlich. Aus der Stellungnahme des Umweltamtes Hagen vom 20. Juni 2016 gehe ebenfalls hervor, dass dem geplanten Vorhaben keine immissionsschutzrechtlichen Bedenken entgegenstünden, wenn die als Anlage beigefügten Nebenbestimmungen bei der Erteilung der Baugenehmigung wie erfolgt berücksichtigt würden. Der Neubau der Kindertagesstätte U1.-----straße mit 6 Gruppen sei Bestandteil der Bedarfsplanung des Jugendamtes zum Ausbau der U3 Betreuung und zur Sicherung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr bis zum Schuleintritt erfolgt. Der Standort G2. G3. der Evangelischen Gemeinde mit 3 Gruppen sei nicht erweiterungsfähig und werde aufgrund des allgemeinen baulichen Zustandes (Sanierungsstau) aufgegeben und die vorhandenen 3 Gruppen in den Neubau U1.-----straße verlagert.
25Der Beigeladene hat sich zum Verfahren nicht geäußert.
26Mit Verfügung vom 5. Juni 2018 hat das Gericht der Beklagten aufgegeben, die Parkregelungen für die U1.-----straße im Bereich zwischen den Straßen G2. G3. und T. zu erläutern. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Juli 2018 Stellung genommen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29Die Klage hat Erfolg.
30Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
31Die Klage ist auch begründet.
32Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 22. Juni 2016 ist zu Lasten des Klägers rechtswidrig und verletzt diesen in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
33In Verfahren des baurechtlichen Nachbarstreits ist nicht Gegenstand der rechtlichen Prüfung, ob das genehmigte Vorhaben allen Vorschriften des öffentlichen Baurechts entspricht. Ein Nachbar kann vielmehr nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und eine Befreiung von diesen Vorschriften nicht vorliegt bzw. bei Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Nachbarschützend in diesem Sinne sind Normen, wenn sie nicht nur die Interessen der Allgemeinheit und damit faktisch auch die Interessen des Einzelnen schützen, sondern nach ihrer Zweckbestimmung zumindest auch auf den Schutz gerade dieser Individualinteressen gerichtet sind.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2007 - 10 B 2675/06 -, BauR 2007, 1550 ff.
35Nachbarschutz kann nur der jeweilige zivilrechtliche Eigentümer des Nachbargrundstücks oder der Inhaber eigentumsähnlicher dinglicher Rechte in Anspruch nehmen. Zu Letzteren gehört auch –wie hier der Kläger- der Inhaber eines Erbbaurechtsrechts.
36Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 23. Juni 2017 -15 ZB 16.920-; VG Mainz, Beschluss vom 4. Mai 2007 -3 L 159/07.MZ-, juris.
37Hier liegt im Ergebnis zu Lasten des Klägers ein Verstoß gegen nachbarschützendes Bauplanungsrecht vor. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung ist gegenüber dem Kläger rücksichtslos.
38In diesem Zusammenhang weist das Gericht zunächst darauf hin, dass der Kläger nicht aufgrund der ihm gegenüber bestandskräftig gewordenen Teilbaugenehmigung der Beklagten vom 18. April 2016 mit seinen Einwendungen gegenüber dem Vorhaben des Beigeladenen ausgeschlossen ist, da die Einhaltung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes nicht Gegenstand der Teilbaugenehmigung ist.
39Die Kammer lässt im Ergebnis offen, ob die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 22. Juni 2016 bereits deshalb als nachbarrechtswidrig aufzuheben ist, weil Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Baugenehmigung und der genehmigten Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Belange bestehen (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW) und infolge dessen eine Verletzung von Nachbarrechten auf Seiten des Klägers nicht ausgeschlossen sein könnte.
40Darüber hinaus wird der Kläger angesichts seines Vorbringens im Klageverfahren darauf hingewiesen, dass –sollte das Vorhabengrundstück dem Außenbereich im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB zuzuordnen sein- der Nachbar keinen allgemeinen Abwehranspruch gegen eine gegebenenfalls objektiv rechtswidrige Zulassung eines Bauvorhabens im Außenbereich hat. Die objektivrechtlichen Vorgaben zur planungsrechtlichen Zulässigkeit im Außenbereich dienen nach ihrem Normzweck der Bewahrung des Außenbereichs für die Allgemeinheit und gerade nicht dem individuellen Schutz der Nachbarn.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. April 1995 -4 B 47/95-, juris.
42Ebenso kann offen bleiben, ob der Kläger sich auf den aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO abzuleitenden Gebietserhaltungsanspruch berufen kann. Der Gebietserhaltungsanspruch ist –unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen des Nachbarn- darauf beschränkt, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in einem Baugebiet zulässig sind. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass das Vorhabengrundstück in einem faktischen Reinen Wohngebiet liegt. In Reinen Wohngebieten sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. Darüber hinaus können Kindertagesstätten als sonstige Anlagen für soziale Zwecke nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. Aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen wird nicht deutlich, nach Maßgabe welcher Vorschriften die Beklagte das Vorhaben genehmigt hat. Insbesondere wird nicht deutlich, ob die Beklagte das Vorhaben des Beigeladenen für ein allgemein zulässiges Vorhaben nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO oder für eine zulässige Ausnahme nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. BauNVO hält. Aus den Verwaltungsvorgängen ist hierzu nichts ersichtlich. Sollte die Beklagte das Vorhaben für ausnahmsweise zulässig halten, hat sie weder eine Ausnahme ausdrücklich erteilt noch das ihr insoweit zustehende Ermessen aktenkundig ausgeübt.
43Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässige Anlagen zur Kinderbetreuung stehen unter der Voraussetzung, dass sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. Die Bedürfnisklausel soll eine fußläufig erreichbare Ausstattung des Gebiets mit Kinderbetreuungsanlagen bei gleichzeitiger Gewährleistung der gebietstypischen Wohnruhe ermöglichen. Zu diesem Zweck werden Anlagen zur Kinderbetreuung im Wesentlichen auf die Befriedigung der innergebietlichen Nachfrage beschränkt. Der zulässige Einzugsbereich der Anlage und damit die Größe des maßgeblichen Gebiets werden durch das Kriterium der fußläufigen Erreichbarkeit abgegrenzt. Soweit wegen der Weglänge von einer Angewiesenheit der Eltern auf die Benutzbarkeit eines Kraftfahrzeugs auszugehen ist, dient die Anlage nicht den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. BauNVO können Kindertagesstätten als soziale Anlagen ausnahmsweise zugelassen werden, auch wenn sie nicht nur den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. Um als Ausnahme zugelassen zu werden, muss es sich allerdings um kleinere, gebietstypische Anlagen handeln, die die Zweckbestimmung des Reinen Wohngebiets nicht gefährden. Zweifel an der Gebietsverträglichkeit einer Kindertagesstätte in einem Reinen Wohngebiet können sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise dann ergeben, wenn diese wegen ihrer Größe und der damit verbundenen Nutzungsintensität ein atypisches Störpotential aufweist.
44Vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar zum BauGB, Stand: 1. Mai 2018, § 3 BauNVO, Rdnr. 68c f. und 79 ff; OVG Hamburg, Beschluss vom 31. Mai 2018 -2 Bs 62/18-, juris; VG München, Urteil vom 19. März 2018 –M 8 K 16.4694-, juris.
45Ob das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen nach den vorstehenden Vorschriften allgemein zulässig ist oder als Ausnahme zugelassen werden konnte, kann anhand der vorhandenen Erkenntnisse nicht entschieden werden. Hier bräuchte es weiterer tatsächlicher Ermittlungen, die die Beklagte vor der Erteilung der Baugenehmigung nicht angestellt hat, und auch weiterer rechtlicher Erwägungen.
46Das Bauvorhaben verletzt im Ergebnis jedenfalls das drittschützende planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu Lasten des Klägers.
47Ein Vorhaben, dessen Zulässigkeit sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt und das nach den dort in Bezug genommenen Vorschriften der Baunutzungsverordnung allgemein oder ausnahmsweise zulässig wäre und auch die weiteren Einfügenskriterien des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB erfüllt, kann im Einzelfall gleichwohl unzulässig sein, wenn es die gebotene Rücksichtnahme auf sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt
48Das Gebot der Rücksichtnahme zielt darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird.
49§ 15 Abs. 1 BauNVO ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots; die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO; das gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 -4 B 68/08-, juris.
51Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind.
52Grundsätzlich ist es Sache des Bauherrn, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Zumutbarkeitskriterien einhält. Im Baugenehmigungsverfahren hat sodann die Baugenehmigung ihrerseits den erforderlichen Nachbarschutz sicherzustellen.
53Der Kläger beklagt hier Belastungen und Störungen, die durch den Betrieb der Kindertagesstätte entstehen. Es geht ihm um die Beeinträchtigungen, die durch die An- und Abfahrt von Fahrzeugen im Umfeld seines Grundstücks entstehen. Insoweit geht es dem Kläger maßgeblich um Lärmbelastungen auf dem Vorhabengrundstück einschließlich der Zufahrt und befürchtete chaotische Verhältnisse auf der Erschließungsstraße. Außerdem führt der Kläger auch Lärmbelastungen durch den Aufenthalt der Kinder selbst an.
54Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Lärmbelastungen in Nachbarkonflikten kann zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen und die materiellrechtlichen Maßstäbe des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurückgegriffen werden. Das Bundesimmissionsschutzgesetz legt grundsätzlich allgemein die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches fest. Das gilt auch für das in § 15 Abs. 1 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 1999 -4 C 6/98-, juris.
56Allerdings hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 22 Abs. 1a BImSchG ein besonderes Toleranzgebot gegenüber Kinderlärm geschaffen. Nach § 22 Abs. 1a BImSchG sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
57Ziel der Regelung ist es, den von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgehenden Kinderlärm zu privilegieren und ein gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu setzen (vgl. BT-Drucks. 17/4836).
58Nach § 22 Abs. 1a BImSchG werden Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, insoweit privilegiert, als sie im Regelfall nicht als schädliche Umwelteinwirkung gelten. Von der Vorschrift wird nicht nur der unmittelbar von Kindern bei Nutzung der Einrichtung erzeugte Lärm erfasst, sondern auch die zusätzlichen Lärmemissionen, die sich mit der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Kindertageseinrichtung oder eines Kinderspielplatzes verbinden. Zu den von Anliegern im Regelfall zu duldenden Geräuscheinwirkungen zählen somit nicht allein solche, die durch kindliche Laute wie Schreien oder Singen sowie durch körperliche Aktivitäten der Kinder wie Spielen, Laufen, Springen und Tanzen hervorgerufen werden; ebenso gehören hierzu das Sprechen und Rufen von Betreuerinnen und Betreuern sowie das Nutzen kindgerechter Spielzeuge und Spielgeräte. Mit dieser Privilegierung der Geräuscheinwirkungen von Kindertageseinrichtungen und Kinderspielplätzen wird aber nicht die Verpflichtung des Anlagenbetreibers gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG eingeschränkt, etwa die Anlage Kinderspielplatz mit Gerätschaften zu bestücken, die dem Stand der Technik zur Lärmminderung entsprechen; denn die Privilegierung bezieht sich nur auf die mit dem Betrieb eines Kinderspielplatzes einhergehenden unvermeidbaren Geräuscheinwirkungen, nicht aber auf nach dem Stand der Technik vermeidbare.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 2013 -7 B 1/13-, juris.
60Demnach kann der Kläger den durch die Kinder selbst verursachten Lärm und die Lärmemissionen, die durch das Spielen der Kinder im Außenbereich der Kindertagesstätte entstehen, nicht beanstanden. Diese sind von ihm vielmehr als sozialadäquat hinzunehmen.
61Allerdings erfasst die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG nach Auffassung des Gerichts nicht den durch die Kindertagesstätte bedingten Zu- und Abfahrtsverkehr mit Kraftfahrzeugen.
62Hierfür spricht schon der Gesetzeswortlaut der Vorschrift, der von Geräuscheinwirkungen spricht, die durch Kinder hervorgerufen werden.
63Dagegen spricht auch die Gesetzesbegründung, in der Folgendes ausgeführt ist: Die Privilegierung durch das Gesetz betrifft Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden. Darunter fallen zunächst alle Geräuscheinwirkungen durch kindliche Laute wie Sprechen und Singen, Lachen und Weinen, Rufen und Schreien und Kreischen. Aber auch Geräuscheinwirkungen durch körperliche Aktivitäten wie Spielen, Laufen, Springen und Tanzen gehören hierzu, selbst wenn vielfach die eigentliche Geräuschquelle in kindgerechten Spielzeugen, Spielbällen und Spielgeräten sowie Musikinstrumenten liegt. Dies gilt auch für Geräuscheinwirkungen durch Sprechen und Rufen von Betreuerinnen und Betreuern, da diese Laute unmittelbar durch die Kinder und ihre Betreuung bedingt sind. Im Übrigen gilt jedoch das allgemeine Immissionsschutzrecht, so dass die technische Ausstattung der Einrichtungen und auch der Spielgeräte den Anforderungen entsprechen muss (vgl. BT- Drucks. 17/4836, S. 6).
64Die Kammer entnimmt dieser Begründung, dass sich die Privilegierung nicht auf den mit dem Betrieb einer Kindertageseinrichtung verbundenen Kraftfahrzeugverkehr und den hierdurch bedingten Verkehrslärm erstrecken soll.
65Vgl. insoweit auch VG München, Urteil vom 20. Juni 2016 –M 8 K 15.4999-, Urteil vom 2. Juli 2012 –M 8 K 11.2932- und Urteil vom 5. März 2012 –M 8 K 11.3229-, juris.
66Hierfür fehlt es auch an einer nachvollziehbaren Rechtfertigung, da die Art und Weise der Verbringung der Kinder zur Kindertagesstätte eigenständig erfolgt und im alleinigen Verantwortungsbereich der Eltern liegt. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, dass von der Nachbarschaft jegliche Lärmbelastung als sozialadäquat hinzunehmen ist.
67Der durch den Betrieb der streitgegenständlichen Kindertagesstätte zu erwartende Verkehrslärm unterliegt allerdings nicht einer Beurteilung nach den Richtwerten der TA Lärm. Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26.8.1998, GMBl. 1998 S. 503). Allerdings können die Orientierungswerte der TA Lärm zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung bereits deshalb nicht herangezogen werden, weil für die streitgegenständliche Kindertageseinrichtung als Anlage für soziale Zwecke schon der Anwendungsbereich der TA Lärm nach ihrer Nr. 1 Satz 2 Buchst. h nicht eröffnet ist. Das gilt auch für den durch die Tageseinrichtung verursachten Verkehr.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2017 -7 B 394/17-, juris.
69Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall nicht (allein) auf die Einhaltung der Richtwerte der TA Lärm für ein Reines Wohngebiet abgestellt werden kann. Die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung unter der Nebenbestimmung (12) vorgegebenen, der TA Lärm entnommenen Richtwerte von tagsüber 50 dB (A) und nachts 35 dB (A) bezogen auch auf die Wohnräume des Hauses des Klägers sind daher zur Sicherstellung der Einhaltung des Rücksichtnahmegebotes gegenüber dem Kläger nicht heranzuziehen. Es kommt daher in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob es zur Sicherung der Nachbarrechte ausreicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Zielwert festzulegen bzw. es erforderlich ist, die genehmigte Nutzung in diesen Fällen schon in der Baugenehmigung durch konkrete immissionsmindernde Regelungen einzuschränken. Auch auf die Schalltechnische Untersuchung der Ingenieure X. & H. GmbH vom 14. Juni 2016 kann nicht als maßgeblich abgestellt werden, da diese Untersuchung eine Beurteilung der von der geplanten Kindertagesstätte hervorgerufenen Geräuschimmissionen anhand der TA Lärm vornimmt. Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob die Schalltechnische Untersuchung im Übrigen von zutreffenden Annahmen ausgeht und alle durch den Verkehr verursachten Geräuschquellen in die Untersuchung eingestellt worden sind.
70Sind die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht zugrunde zu legen, ist für die Frage der Einhaltung des Rücksichtnahmegebotes in jedem Fall eine situationsbezogene Abwägung der Umstände des Einzelfalls erforderlich.
71In die im konkreten Einzelfall vorzunehmende Zumutbarkeitsbewertung sind die spezifischen Vorhabengegebenheiten sowie die konkreten Nachbargegebenheiten einzustellen.
72Dem Kläger sind im Hinblick auf die konkrete Lage seines Wohngrundstücks die Lärmbelastungen, die durch den An- und Abfahrtsverkehr mit Kraftfahrzeugen auf das Vorhabengrundstück bzw. vom Vorhabengrundstück entstehen, nicht zumutbar.
73Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger im straßenabgewandten Grundstücksbereich bislang seine Ruhezone hatte. Dieser Bereich war vor Realisierung des Bauvorhabens der Beigeladenen nicht mit Verkehr und Verkehrsgeräuschen belastet. Vielmehr befand sich im Innenbereich des Straßengevierts ein begrünter Ruhebereich. Mit dem Vorhaben des Beigeladenen wird nunmehr erstmals in den bisher ausschließlich dem ruhigen Wohnen vorbehaltenen Bereich eingedrungen. Die Schutzwürdigkeit des Klägers ist damit nicht wegen relevanter Vorbelastungen gemindert.
74Von dem Vorhaben des Beigeladenen geht für den Kläger ein hohes und im Ergebnis unzumutbares Störpotential aus.
75Der mit dem Betrieb der Kindertagesstätte verbundene Fahrzeugverkehr erstreckt sich unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Klägers, welches relativ klein ist und deshalb kaum Rückzugsmöglichkeiten bietet und das sowohl an der südlichen Seite aufgrund der dort liegenden Zufahrt als auch an der westlichen Seite bedingt durch die Verkehrsgeräusche auf dem Vorplatz unmittelbar von dem Vorhaben betroffen ist. Die Zufahrt zum Vorhabengrundstück hat eine Tiefe von rund 30 m. Sie führt im ersten straßennahen Bereich von der Straße aus am mit der Garage bebauten Flurstück XXX vorbei und sodann über eine Länge von ca. 16 m direkt an der Grenze zum Grundstück des Klägers entlang. Sollte auf der Zufahrt ein Begegnungsverkehr möglich sein, werden die Fahrzeuge sehr dicht an der Grundstücksgrenze des Klägers entlangfahren. Sollte nur eine einspurige An- und Abfahrt zu realisieren sein –so das Schreiben des Beigeladenen an die Beklagte vom 1. August 2016-, ist in jedem Fall im Einfahrtsbereich der Zufahrt und im Bereich der Zufahrt vom Vorplatz aus mit wartenden Fahrzeugen mit laufendem Motor und mit Rangier- und Rückfahrvorgängen zu rechnen. Auf dem Vorhabengrundstück selbst befinden sich keine Besucher- bzw. Elternparkplätze. Die Fahrzeuge werden demnach auf den im Lageplan gekennzeichneten Vorplatz vorfahren und ihr Fahrzeug dort in einem beliebigen freien Bereich abstellen, um ihr Kind in die Tagesstätte zu bringen bzw. zu begleiten. Nach Rückkehr werden sie in ihrem Fahrzeug zur Ausfahrt hin wenden und den Vorplatz über die Zufahrt wieder verlassen. Die Abholvorgänge werden entsprechend erfolgen. Der Kläger ist dem Verkehr auf seinem Grundstück und insbesondere auch im rückwärtigen Garten- und Ruhebereich ungeschützt ausgesetzt. Im Bereich des Vorplatzes der Kindertagesstätte, der direkt westlich an den Garten des Klägers angrenzt, werden, zumindest wenn mehrere Fahrzeuge über die Zufahrt auf den Platz vorgefahren sind, auch Wendemanöver und Rangiervorgänge nötig sein, um den Vorplatz wieder in Richtung Ausfahrt verlassen zu können. Insoweit ist auch mit möglichen wechselseitigen Behinderungen der Fahrzeuge zu rechnen. Mit den Parkvorgängen und den Wiederinbetriebnahmen sind jeweils Türenschlagen und das Wiederanlassen von Motoren verbunden. Direkt westlich des Grundstücks des Klägers liegt zudem ein Behindertenparkplatz mit eigenen dazu gehörenden Betriebsvorgängen, bei denen auch davon auszugehen ist, dass sie täglich erfolgen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass Kleintransporter oder LKW das Vorhabengrundstück zwecks Versorgung (Essen und Hygieneartikel) und Entsorgung (Abfall) regelmäßig anfahren und hier ebenfalls bis zum Vorplatz vorfahren. Auch hier entstehen aufgrund der Betriebsvorgänge weitere Geräusche.
76Hinsichtlich der Anzahl der zu erwartenden PKW und Kleintransporter/LKW, die die Zu- und Ausfahrt zur Kindertagesstätte befahren und den Vorplatz als Parkplatz bzw. als Verladeort nutzen, ist festzustellen, dass diese nicht verlässlich prognostiziert werden kann. In dem Schalltechnischen Gutachten vom 14. Juni 2016 wird von 212 PKW-Bewegungen täglich ausgegangen. In jedem Fall ist allgemein festzustellen, dass Eltern, die ihr Kind mit einem PKW zur Kindertagesstätte bringen bzw. das Kind von dieser abholen, bestrebt sein werden, so nah wie möglich an das Gebäude heranzufahren. Parkmöglichkeiten auf der Straße werden nur genutzt werden, wenn sie nicht zu weit entfernt liegen und wenn freie Plätze tatsächlich vorhanden sind. Wie oben dargestellt, ist nicht erkennbar, ob die Kindertagesstätte nach § 3 Abs. 2 BauNVO als allgemein zulässig oder als ausnahmsweise zulässig nach § 3 Abs. 3 BauNVO genehmigt worden ist. Der Einzugsbereich der Kindertagesstätte ist damit ungeklärt. Ob Eltern ihre Kinder mit dem PKW bringen bzw. abholen, hängt auch jeweils von den konkreten Umständen in den einzelnen Familien ab, die eine verlässliche Einschätzung unmöglich machen, zumal immer wieder neue Kinder in der Kindertagesstätte aufgenommen werden. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung selbst lässt den Zu- und Abfahrtsverkehr uneingeschränkt zu. Die Zufahrt kann von einer beliebigen Anzahl von Fahrzeugen täglich befahren werden. Der Beigeladene bzw. die Betreiberin der Kindertagesstätte haben auch keinen oder kaum Einfluss auf das Verhalten der Eltern betreffend die Nutzung der Zufahrt. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass eine erhebliche Anzahl der Eltern der 125 in der Kindertagesstätte betreuten Kinder die Kinder mit dem PKW bringt bzw. abholt und dass davon eine Vielzahl der Eltern die Zufahrtsmöglichkeit nutzt, um direkt zur Kindertagesstätte zu gelangen. Zusätzlich erfolgen die An- und Abfahrten der 14 Mitarbeiter und der Ver- und Entsorgungsfahrzeuge. Mit dem Verkehr wird hauptsächlich ab 7.30 Uhr morgens oder auch früher, wenn es sich bei den in der Betriebsbeschreibung angegebenen Zeiten lediglich um die Öffnungszeiten der Kindertagesstätte handelt, und etwa 9.00 Uhr und dann wieder ab mittags bis zur Schließung der Kindertagesstätte um 17.00 Uhr und der danach erfolgenden Abfahrt der Mitarbeiter zu rechnen sein. An den Wochenenden und in den Abend- und Nachtstunden wird regelmäßig kein Verkehr zu erwarten sein. Unabhängig von der genauen Anzahl der Fahrzeugbewegungen ist an jedem Betriebstag mit Zahlen zu rechnen, die in die Hunderte gehen. Wenn frei gegriffen angenommen wird, dass lediglich 50 von 125 Kindern mit einem Fahrzeug bis vor die Kindertagesstätte gebracht werden, ergeben sich hieraus bereits 200 Fahrzeugbewegungen am Tag. Das Gericht hält dies im absoluten Nahbereich des Klägers für unzumutbar, zumal der Kläger zuvor keinen Vorbelastungen ausgesetzt war und auch nichts dafür ersichtlich ist, dass der Kläger mit einem Vorhaben, das mit Verkehrsvorgängen in diesem Umfang verbunden ist, auf seinem Nachbargrundstück in rückwärtiger Lage rechnen musste.
77Soweit dem Gericht bekannt geworden ist, dass die Zufahrt zum Vorhabengrundstück mit einer Schranke versehen worden ist, ändert dies im Ergebnis nichts, da weder die Schranke noch ihre Benutzungsregelungen Gegenstand der Baugenehmigung sind.
78Das Vorhaben des Beigeladenen ist damit gegenüber dem Kläger rücksichtslos, wobei die Wertung nicht auf einem Verstoß gegen bestimmte Immissionsrichtwerte beruht, sondern auf der Beeinträchtigung der schutzwürdigen Lage des klägnerischen Grundstücks insbesondere im rückwärtigen Ruhebereich.
79Ob weitere Nachbarrechtsverstöße vorliegen, seien sie bauplanungsrechtlicher oder bauordnungsrechtlicher Art, kann hier dahinstehen. Dies gilt insbesondere auch für die vom Kläger –allerdings unsubstantiiert- geltend gemachten problematischen Verkehrsverhältnisse auf der U1.-----straße .
80Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da er keinen Antrag gestellt hat und sich damit keinem Prozessrisiko ausgesetzt hat, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO
81Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 14. Nov. 2018 - 10 K 4558/16
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 14. Nov. 2018 - 10 K 4558/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungs-gerichts Hamburg vom 22. Februar 2018 geändert und der Antrag der Antrag-steller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche insgesamt abgelehnt.
Die Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. tragen die Kosten des Beschwerde-verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Von den erstinstanzlichen Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller auch die zweite Hälfte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 23.750,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Antragsteller wenden sich gegen eine von der Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Einrichtung einer Kinderkrippe für zwölf Kinder als Erweiterung für einen bereits bestehenden Kindergarten.
- 2
Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks H-straße … (Flurstück … der Gemarkung K.), auf dem seit 1954 ein Waldorfkindergarten besteht, der zurzeit über drei Kindergruppen mit insgesamt bis zu 64 Plätzen (für Kinder ab drei Jahren) verfügt. Der Kindergarten öffnet um 8.00 Uhr und bietet eine Betreuungsdauer von bis zu acht Stunden an. Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin des unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstücks H-straße … (Flurstück …). Die Antragsteller zu 2. und 3. sind Eigentümer des nordwestlich angrenzenden Grundstücks P-straße … (Flurstück …). Die Antragstellerin zu 5. ist Eigentümerin des südlich belegenen - durch das ebenfalls ihr gehörende, schmale und unbebaute Flurstück … von dem Vorhabengrundstück getrennten - Grundstücks H-straße … (Flurstück …). Der Antragsteller zu 6. ist Eigentümer des südöstlich belegenen, durch die H-straße von dem Vorhabengrundstück getrennten Grundstücks H-straße … (Flurstück …). Die Antragstellerin zu 7. ist Eigentümerin des westlich belegenen Grundstücks O-straße … (Flurstück …), das an das kleinere unbebaute Flurstück … angrenzt, das wiederum an das Vorhabengrundstück grenzt. Die Grundstücke der Antragsteller sind jeweils mit Wohngebäuden bebaut. Alle Grundstücke einschließlich des Vorhabengrundstücks liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nienstedten 11/Osdorf 9/ Iserbrook 11 vom 16. April 1968 (HmbGVBl. S. 77), der für sie die Ausweisung WR, maximal zwei Vollgeschosse zulässig, offene Bauweise, GRZ 0,2, GFZ 0,3 (östlich der H-straße GFZ 0,35) trifft. § 2 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über den Bebauungsplan Nienstedten 11/Osdorf 9/Iserbrook 11 (im Folgenden kurz: Plangesetz) bestimmen zudem, dass im reinen Wohngebiet offener Bauweise nur Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen zulässig sind und die Bebauungstiefe, gemessen von der Baugrenze, höchstens 25 m beträgt. § 2 Nr. 3 Satz 1 des Plangesetztes bestimmt, dass soweit der Bebauungsplan keine besonderen Bestimmungen trifft, die Baunutzungsverordnung vom 26. Juni 1962 mit Ausnahme des § 3 Abs. 3 sowie die Baupolizeiverordnung vom 8. Juni 1938 gelten.
- 3
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen zunächst mit Bescheid vom 5. Oktober 2015 einen positiven Vorbescheid für das Erweiterungsvorhaben, den Kindergarten für die Einrichtung einer Kinderkrippe mit zwölf Kindern baulich zu ändern. Die Antragsteller fochten den Vorbescheid mit Widerspruch bzw. einer Klage an. Der Beigeladene stellte am 10. April 2017 einen Bauantrag im Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung. Mit Bescheid vom 14. Juli 2017 erteilte ihm die Antragsgegnerin eine Baugenehmigung für die Errichtung/Erweiterung eines Anbaus an das Bestandsgebäude (Waldorfkindergarten, Krippe für 12 Kinder). Der Bescheid schließt u.a. eine Befreiung für das Überschreiten der festgesetzten Bebauungstiefe von 25 m um 5,90 m durch den Anbau - unter der Bedingung der Inanspruchnahme auch des Flurstücks … - und für das Überschreiten der zulässigen Geschossflächenzahl von 0,3 um 0,045 auf 0,345 ein. Die Antragsteller erhoben hiergegen mit Schreiben vom 9. August 2017 jeweils Widerspruch.
- 4
Die Antragsteller haben am 10. August 2017 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gestellt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 22. Februar 2018 die aufschiebende Wirkung insoweit angeordnet, als dem Beigeladenen in der Baugenehmigung die Betreuung von mehr als 65 Kindern einschließlich der Kinderkrippe genehmigt worden ist. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung heißt es in dem Beschluss u.a., der zulässige Antrag sei in der Sache nur teilweise begründet. Die Erweiterung der Kindertageseinrichtung auf mehr als 65 Plätze dürfte voraussichtlich unzulässig sein. Das Vorhaben verletze die Antragsteller zwar nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch, wohl aber in ihrem Anspruch auf Erhalt der Gebietsprägung aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO.
- 5
Das Vorhaben sei mit der Ausweisung als reines Wohngebiet grundsätzlich vereinbar, soweit damit die Ausweitung der Zahl der Betreuungsplätze auf 76 Kinder einhergehe. In reinen Wohngebieten seien nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienten, regelhaft zulässig. Diese Vorschrift gelte gemäß § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB auch für Bebauungspläne, die auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung in einer Fassung vor dem 20. September 2013 in Kraft getreten seien. Entgegen den Bedenken der Antragsteller verstoße § 245a Abs. 1 BauGB nicht gegen das Gebot der Normenklarheit. Mit dieser Vorschrift werde zwar die statische Verweisung in dem Plangesetz auf die Baunutzungsverordnung in der Fassung von 1962 teilweise aufgehoben und durch eine andere (ebenfalls statische) Verweisung ersetzt. Dies möge das Auffinden der für die Beurteilung eines Vorhabens maßgeblichen Vorschriften erschweren. Hierdurch werde die Normklarheit aber nicht durchgreifend beeinträchtigt. Die Regelungen zur Baunutzungsverordnung und in dem Plangesetz gehörten zu demselben Regelungsbereich wie das Baugesetzbuch bzw. früher das Bundesbaugesetz. Sie seien aufgrund dieses Gesetzes erlassen worden.
- 6
Das Vorhaben diene mit 76 Plätzen den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets. Eine Begrenzung erfahre das in die Betrachtung einzubeziehende Gebiet gerade bei großflächigen zusammengehörigen Wohngebieten durch das Merkmal der Fußläufigkeit. Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes werde davon ausgegangen, dass ein Gebiet im Umkreis von 500 m (Luftlinie) in die Betrachtung einzubeziehen sei. Dies dürfte einer Wegstrecke entsprechen, die von den Eltern für das Bringen und Holen der Kinder problemlos zu Fuß zu bewältigen sein dürfte und überwiegend auch bewältigt werden werde. Das Vorhabengrundstück befinde sich in einem weit überwiegend einheitlich als reines Wohngebiet ausgewiesenen Plangebiet, das sich von der ca. 150 m entfernt gelegenen J-straße mit angrenzenden Grünflächen im Osten bis zu dem über 1,8 km entfernten Ring … im Westen erstrecke und im Norden an weitere Wohngebiete sowie im Süden an ein im Baustufenplan Osdorf-Nienstedten ausgewiesenes - nicht besonders geschütztes - Wohngebiet (W 2 o) angrenze. Das Vorhabengrundstück sei damit im maßgeblichen Bereich nicht nur tatsächlich, sondern auch planerisch von Wohnbebauung umgeben. Es diene in der beabsichtigten Größe den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets. Zur Beantwortung der Frage, ob das Vorhaben den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets diene sei darauf abzustellen, welcher Bedarf nach den Einwohnerzahlen und der -struktur in dem maßgeblichen Gebiet zu erwarten sei. Dieser Bedarf lasse sich in Hamburg anhand der auf der Website „hamburg.de“ und in dem FHH-Atlas aufgeführten Bevölkerungsdaten grob abschätzen. Selbst bei einer für die Antragsteller günstigen Abschätzung des Bedarfs an Kinderbetreuungsplätzen im maßgeblichen Gebiet dürfte ein Bedarf für mehr als die dem Beigeladenen genehmigte Anzahl bestehen. Auszugehen sei von einem Umkreis von 500 m um das Vorhabengrundstück, mithin von einer Fläche von 0,785 km2. Das Vorhabengrundstück sei im Stadtteil O. belegen, der eine Bevölkerungsdichte von 3.605 Einwohnern/km2 aufweise. Die Bevölkerungsdichte O‘s werde allerdings auch durch den Geschosswohnungsbau nördlich der O. L-straße geprägt. Zugunsten der Antragsteller unterstellt, dass die Struktur im maßgeblichen Gebiet insgesamt eher dem des südlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Stadtteils N. entspreche, in dem das maßgebliche Gebiet weit hineinreiche, sei von einer Bevölkerungsdichte von 1.163 Einwohnern/km2 auszugehen. Der Anteil der unter 18-jährigen betrage nach den Bevölkerungsdaten im FHH-Atlas in O. 19,6% und in N. 20,8%. Daraus ergebe sich näherungsweise ein Anteil von 6 - 6,5% der Einwohner, die für eine Kindergarten- einschließlich einer Krippenbetreuung in Betracht kämen; bei Annahme der Bevölkerungsdichte O‘s also 170 bis 184 Kinder, bei Annahme der Bevölkerungsdichte N. 78 bis 84 Kinder.
- 7
Die Antragsteller könnten sich jedoch mit Erfolg auf den sog. Gebietsprägungsanspruch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO berufen. Dieser Anspruch werde verletzt, soweit dem Beigeladenen mit der Baugenehmigung die Betreuung von mehr als 65 Kindern genehmigt worden sei. Das reine Wohngebiet, in dem sowohl das Vorhabengrundstück als auch die Grundstücke der Antragsteller belegen seien, sei dadurch besonders geprägt, dass jegliche andere Nutzung als Wohnnutzung ausgeschlossen sei, dass nur Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen zulässig seien und dass das Maß der baulichen Nutzung mit einer GRZ von 0,2 und einer GFZ von 0,3 bzw. 0,35 deutlich geringer festgesetzt sei, als dies nach § 17 BauNVO 1962 zulässig gewesen wäre. Nach der Begründung zum Bebauungsplan habe die zukünftige Bebauung unter Berücksichtigung der bisherigen Bebauung geregelt werden sollen. Der Gesetzgeber habe damit zum Ausdruck gebracht, dass er die vorhandene, für ein reines Wohngebiet großzügige Bebauung mit einer beschränkten Anzahl an Wohnungen erhalten und von jeglichen Störungen durch in reinen Wohngebieten seinerzeit ausnahmsweise zulässige Nutzungen habe freihalten wollen. Dem so geprägten Gebietscharakter widerspreche es, eine Kindertageseinrichtung zuzulassen, die geeignet sei, eine erhebliche Unruhe in das Gebiet zu tragen. Dies sei hier auch unter Einbeziehung des gesetzgeberischen Willens, der in § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB und § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 zum Ausdruck komme, Kindertageseinrichtungen regelmäßig in reinen Wohngebieten zuzulassen, anzunehmen. Dem gesetzgeberischen Anliegen, die Genehmigung von Kindertageseinrichtungen zu erleichtern, sei in der Weise Rechnung zu tragen, dass auch in besonders sensiblen reinen Wohngebieten eine Betreuung von Krippenkindern und Kindern im Elementarbereich - allerdings in begrenztem Umfang - ermöglicht werden müsse. Da die Zahl der zu betreuenden Kinder im Elementarbereich höher liegen werde als die der Krippenkinder sei davon auszugehen, dass in der Kindertageseinrichtung des Beigeladenen jedenfalls zwei Elementargruppen und eine Krippengruppe zu ermöglichen seien und dass für jede Elementargruppe, um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, zwei Fachkräfte vorgesehen werden könnten. Daraus ergebe sich nach den Richtlinien für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen der Antragsgegnerin vom 1. August 2012 eine maximale Zahl von 65 zu betreuenden Kindern. Schon bei dieser Größe werde mit dem Betrieb der Kindertageseinrichtung eine in dem Gebiet mit seinen dargestellten Besonderheiten auffällige Unruhe allein durch das Bringen und Holen der Kinder verbunden sein, die den Gebietscharakter berühre. Insoweit sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB bewusst in die planerischen Vorstellungen der Plangeber älterer Bebauungspläne eingegriffen habe.
- 8
Insoweit die Baugenehmigung eine bauliche Erweiterung zulasse, bleibe der Antrag erfolglos, weil sich das Vorhaben gegenüber den Antragstellern nicht als rücksichtslos erweise. Anhaltspunkte für Beeinträchtigungen, die über bloße Belästigungen hinausgingen, lägen nicht vor. Soweit sich die Antragsteller darauf beriefen, durch den Anbau würden unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in ihre Gebäude und Gärten entstehen, sei dies anhand der örtlichen Verhältnisse und des konkreten Vorhabens nicht nachvollziehbar. Selbst das nächstgelegene Grundstück der Antragstellerin zu 5., dessen Grundstücksgrenze südlich parallel zu dem Vorhaben und dem bereits vorhandenen, zu verlängernden Anbau liege, sei von der südlichen Gebäudeabschlusswand des 4,51 m über die Geländeoberfläche aufragenden Anbaus mindestens 14,70 m entfernt und durch das Flurstück … getrennt. Von der südöstlichen Ecke des Grundstücks der Antragsteller zu 2. und 3. und der westlichen Grenze des Grundstücks der Antragstellerin zu 7. werde der Anbau mehr als 20 m entfernt bleiben. Aus den gleichen Gründen komme eine erdrückende Wirkung des Vorhabens gegenüber den Grundstücken der Antragsteller nicht einmal im Ansatz in Betracht. Soweit geltend gemacht werde, der durch die Vergrößerung der Kindertageseinrichtung zunehmende Bring- und Abholverkehr führe zu einer die Grenze der Rücksichtslosigkeit überschreitenden Zunahme an Lärmimmissionen, greife dieser Einwand nicht durch, weil wegen der Kapazitätsbegrenzung auf bis zu 65 Plätze eine erhebliche Zunahme der Bring- und Abholvorgänge nicht zu erwarten sei.
II.
- 9
Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. hat in der Sache keinen Erfolg (1.). Dagegen ist die ebenfalls zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erfolgreich, so dass - wie von ihr beantragt - der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Baugenehmigung vom 14. Juli 2017 gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 1 und 3 VwGO insgesamt abzulehnen ist (2.).
- 10
1. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. ist unbegründet, weil es die mit ihr dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfen hat, nicht rechtfertigen, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und - wie von ihnen beantragt - gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 1 und 3 VwGO die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche uneingeschränkt anzuordnen. Denn die mit der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe lassen das Beschwerdegericht nicht an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts zweifeln, dass die Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. durch die angefochtene Baugenehmigung weder in ihrem kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung entfaltenden sog. Gebietserhaltungsanspruch verletzt sind noch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme in seinem nachbarschützenden Gehalt vorliegt.
- 11
a) Die Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. meinen, ihr Gebietserhaltungsanspruch sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 i.V.m. § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB die zulässige Größe der Anlage zur Kinderbetreuung mit bis zu 65 Betreuungsplätzen falsch bestimmt habe. Denn das Gericht habe unberücksichtigt gelassen, dass es in unmittelbarer, fußläufiger Entfernung eine Vielzahl weiterer Kindertageseinrichtungen gebe, die den von ihm errechneten Platzbedarf bereits mehr als ausreichend deckten, so dass nur eine wesentlich geringere Zahl an Betreuungsplätzen den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets diene.
- 12
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 sind Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen, in reinen Wohngebieten regelhaft zulässig. Dies gilt gemäß § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB unabhängig davon, auf welcher Fassung der Baunutzungsverordnung die Festsetzung der reinen Wohngebiete erfolgt ist, es sei denn, auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung 1990 ist die ausnahmsweise Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke vom Plangeber ausgeschlossen worden (vgl. § 245a Abs. 1 Satz 2 BauGB). Das in § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 in Bezug genommene maßgebliche Gebiet ist zunächst das festgesetzte reine Wohngebiet, das je nach den örtlichen städtebaulichen Verhältnissen benachbarte festgesetzte und faktische reine Wohngebiete einschließen kann. Auf die Zugehörigkeit zu demselben Plangebiet kommt es insoweit nicht an. Der zulässige Einzugsbereich der Anlage und damit auch die Größe des maßgeblichen Gebiets werden vielmehr durch das Kriterium ihrer fußläufigen Erreichbarkeit begrenzt. Soweit wegen der Weglänge von einer Angewiesenheit der Eltern auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges auszugehen ist, dient die Anlage nicht mehr den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets. Denn mit § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 sollen nur wohnortnahe Anlagen zur Kinderbetreuung ermöglicht werden. Die Anlage wird auf diese Weise dem reinen Wohngebiet funktionell zugeordnet. Durch das Kriterium der fußläufigen Erreichbarkeit soll zugleich die gebietstypische Wohnruhe gewahrt werden (siehe BT-Drs. 17/11468 S. 10, 17 f.; Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kommentar Stand 2/2018, § 3 BauNVO Rn. 68d; Hornmann in: Spannowsky/Hornmann/Kämper, BauNVO, 2018, § 3 Rn. 126; Berkemann, DVBl 2013, 815, 817 f.; Decker, KommP spezial 2013, 170, 173).
- 13
Auf dieser Grundlage hat das Verwaltungsgericht für das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz den fußläufigen Einzugsbereich der Anlage des Beigeladenen auf einen Umkreis von 500 m (Luftlinie) bestimmt, ohne dass diese Festlegung der Weglänge von der Beschwerde in der Sache angegriffen wird. Deswegen kann es auf die von den Beschwerdeführern aufgelisteten Kindertageseinrichtungen, die außerhalb des maßgeblichen Umkreises von 500 m der Anlage des Beigeladenen in dem reinen Wohngebiet liegen, nicht ankommen. Diese Einrichtungen dienen nicht mehr den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets, das durch die fußläufige Erreichbarkeit der Anlage zur Kinderbetreuung begrenzt wird. Dies gilt allerdings nicht für das von den Beschwerdeführern ebenfalls angeführte M.-Kinderhaus an der Elbe in der J-straße ... Dieses liegt jedoch ausweislich des Bebauungsplans Osdorf 30 vom 21. Oktober 1969 (HmbGVBl. S. 201) in einem allgemeinen Wohngebiet, das außer Betracht zu bleiben hat, weil es durch eine andere Art der baulichen Nutzung gekennzeichnet ist.
- 14
Nicht zu folgen ist den Beschwerdeführern in ihrer Ansicht, dass bei der Bedürfnisprüfung darauf abzustellen sei, welche besondere pädagogische Ausrichtung (hier Waldorfpädagogik) in der Kinderbetreuung verfolgt werde, weil diese wohl nur für eine Minderzahl der Bewohner des Gebiets als Betreuungsmöglichkeit ihrer Kinder tatsächlich in Frage komme. Denn pädagogische Konzepte haben keine bodenrechtliche Relevanz und sind nicht geeignet, einen besonderen Nutzungstyp i.S.d. der §§ 2 bis 11 BauNVO zu definieren. Bei der Bedürfnisprüfung ist daher auf die Anlage zur Kinderbetreuung allgemein abzustellen und nicht auf eine bestimmte pädagogische Ausrichtung in der Kinderbetreuung (siehe Fickert/ Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 3 Rn. 17.5 a.E.). Nur diese Betrachtungsweise entspricht der Regelungstechnik der Baunutzungsverordnung, die die Art der baulichen Nutzung nur typisierend bestimmt. Genauso ist im Übrigen rechtlich ohne Bedeutung, wer Träger der Anlage ist (siehe Berkemann, a.a.O., 817).
- 15
b) Ebenso wenig legen die Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. mit ihrer Beschwerdebegründung eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, das sich hier aus § 31 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 ergibt, schlüssig dar. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes setzt voraus, dass der Nachbar durch die Baugenehmigung oder ihre Ausnutzung unzumutbar beeinträchtigt wird. Das entscheidet sich nach dem Grad der Einwirkungen durch das genehmigte Vorhaben und nach der konkreten Schutzwürdigkeit der Interessen des Bauherrn und des Nachbarn. Die Beeinträchtigungen müssen eine besondere Qualität erreichen, die dem Nachbarn billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 27.3.2017, NVwZ-RR 2017, 650, juris Rn. 21 f.).
- 16
aa) Die Beschwerdeführer halten die Störungen, die mit dem An- und Abfahrtsverkehr der Anlage des Beigeladenen verbunden sind, für unzumutbar, weil nicht nur mit dem An- und Abfahrtsverkehr der Eltern sondern auch mit zusätzlichem Lieferverkehr für die spezielle Versorgung der Krippenkinder mit Nahrungsmitteln und Windeln zu rechnen sei. In der Eingewöhnungszeit der Krippenkinder würden deren Eltern zudem nicht nur kurzfristig Straße und Gehwege zuparken, sondern für mehrere Stunden während deren Anwesenheit bei ihren Kindern. Die Parkplatzsituation sei ohnehin unzumutbar, weil auf dem Vorhabengrundstück nicht gemäß § 48 HBauO die erforderliche Zahl notwendiger Stellplätze hergestellt worden sei. Zusätzlich werde die verkehrliche Situation in der H-straße durch die geplanten Straßenbauarbeiten an der E-chaussee belastet. Schließlich seien unzumutbare Lärmbelästigungen für eine mögliche bauliche Nutzung des (bislang unbebauten) Flurstücks … zu erwarten, weil der Eingang des Erweiterungsbaus auf die Südseite des Vorhabengrundstücks gelegt worden sei, die unmittelbar an das Flurstück … grenze.
- 17
Diese Einwände sind nicht geeignet, darzulegen, dass bei einer Aufnahmekapazität der Einrichtung mit bis zu 65 Betreuungsplätzen (einschließlich der Plätze für Krippenkinder) - was bis auf einen zusätzlichen Platz bereits der bisherigen Kapazitätsgröße des Kindergartens entspricht - die mit dem Vorhaben verbundenen Lärmimmissionen und der insoweit entstehende ruhende Verkehr für die Nutzung der Grundstücke der Beschwerdeführer unzumutbar sein werden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
- 18
Erstens ist die konkrete Schutzwürdigkeit der Grundstücke der Beschwerdeführer dadurch erheblich herabgesetzt, dass die Nachbarschaft zu dem Kindergarten bereits seit 1954 besteht, als schon 30 Betreuungsplätze angeboten wurden. Zwar wurde der Kindergarten im Jahr 2001 durch einen südlichen Anbau erweitert und hat sich die Zahl der dort betreuten Kinder seit 1954 mehr als verdoppelt, jedoch ändert dies grundsätzlich nichts an der in der H-straße gewachsenen Nachbarschaft zwischen dem Kindergarten und der angrenzenden Wohnbebauung. Die mit der Kindergartennutzung verbundenen Lärmimmissionen prägen deshalb nach über 60 Jahren die Eigenart des Baugebiets.
- 19
Zweitens geht die Größe des Kindergartens mit bis zu 65 Betreuungsplätzen nicht über eine wohnortnahe Versorgung für einen Umkreis von 500 m der Einrichtung hinaus, so dass die Eltern typischerweise nicht auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind, um ihre Kinder in die Einrichtung zu bringen oder dort abzuholen. Die Annahme eines Ausnahmefalles können die Beschwerdeführer nicht allein auf ihre Behauptung stützen, dass wegen der besonderen pädagogischen Ausrichtung des Kindergartens die wohnortnahe Nachfrage nach Betreuungsplätzen für diese Einrichtung wohl eher gering sein werde, so dass doch mit einem erheblichen An- und Abfahrtsverkehr der Eltern mit Kraftfahrzeugen zu rechnen sei. Dieser Einwand verlässt nicht den Bereich des bloß Spekulativen und kann nicht eine zahlenmäßige Erfassung der Fahrbewegungen der Eltern im Einzelfall ersetzen. Vergleichbares gilt für die Befürchtung, die Krippenkinder würden einen unzumutbaren zusätzlichen Lieferverkehr auslösen. Weder ist etwas zur Belastung durch den bisherigen Lieferverkehr vorgetragen worden noch ist plausibel, dass die Versorgung von nur zwölf Krippenkindern mit Nahrungsmitteln und Windeln einen größeren störenden Lieferverkehr erwarten lässt. Nicht zuletzt ist unbekannt, wie viele Kinder ihr Essen oder ihre Windeln selbst mitbringen bzw. bis zum Mittagessen im Kindergarten bleiben (werden).
- 20
Drittens findet der An- und Abfahrtsverkehr der Eltern nur zweimal täglich für ca. eine halbe Stunde statt und das außerhalb der störungsempfindlichen Nachtstunden, Wochenenden und Feiertage. Auch die Mittagszeit von 13.00 bis 15.00 Uhr wird regelmäßig störungsfrei sein. Besondere örtliche Umstände, die dennoch zu einer unzumutbaren Lärmbelastung der Nachbarn führen können, wie z.B. eine schmale Fahrbahn oder eine Sackgasse, sind nicht erkennbar.
- 21
Was die Parkplatzsituation in der H-straße angeht, macht das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht deutlich, inwieweit sie dadurch in der Nutzung ihrer eigenen Grundstücke unzumutbar beeinträchtigt werden. Ein häufiges Zuparken ihrer Grundstückszufahrten wird von ihnen weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Belastungen, die infolge der geplanten Straßenbauarbeiten an der E-chaussee eintreten können, sind dem Vorhaben des Beigeladenen nicht zuzurechnen und im Übrigen nur von vorübergehender Bedeutung. Nicht nachvollziehbar bleibt schließlich die Behauptung der Beschwerdeführer, die Nutzung des südlichen Eingangs des Erweiterungsbaus lasse unzumutbare Lärmimmissionen erwarten. Denn insoweit handelt es sich lediglich um den Seiteneingang für die zwölf Krippenkinder. Der kurzzeitige Fußgängerverkehr der Eltern mit ihren Kindern an der gemeinsamen Grundstücksgrenze lässt keinen Lärm erwarten, der die Grenze der Sozialadäquanz überschreitet. Nicht zuletzt findet das Bringen und Abholen der Kinder in der Regel außerhalb der störungsempfindlichen Zeiten statt.
- 22
bb) Ohne Erfolg bleibt die weitere Rüge der Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. von dem Vorhaben des Beigeladenen gehe für das Flurstück … eine abriegelnde Wirkung aus, weil im Falle seiner Bebauung auf das Flurstück … ein Baukörper mit einer Länge von mehr als 26 m in einer Entfernung von nur 2,50 m bis 3 m einwirke.
- 23
Der eine abriegelnde Wirkung in der Regel kennzeichnende „Einmauerungseffekt“ zeichnet sich für eine von der Antragstellerin zu 5. im Übrigen nicht weiter konkretisierte zukünftige Bebauung des Flurstücks … nicht ab, weil das Grundstück jedenfalls nach den drei anderen Grundstücksseiten keine optisch bedrängenden Beeinträchtigungen befürchten müsste. Außerdem hat das Flurstück … nur eine Grundstücksbreite von ca. 10 m, die nicht zu der Erwartung berechtigt, dass auf dem Grundstück eine aufgelockerte Bebauung verwirklicht werden könnte.
- 24
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Flurstück … auch keine unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten. Dies gilt umso mehr als sich an der Südseite des Vorhabens im Wesentlichen nur die zwölf Krippenkinder im Alter bis zu drei Jahren aufhalten werden.
- 25
cc) Ebenso wenig können die Antragsteller zu 1. bis 3. und 5. bis 7. eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots auf einen Verstoß gegen die in das Grundbuch gemäß § 1018 BGB eingetragene Grunddienstbarkeit stützen, die dem jeweiligen Eigentümer aufgibt, auf dem Grundstück keine anderen Wohnhäuser als Einfamilienhäuser zu errichten.
- 26
Denn die Baugenehmigung wird gemäß § 72 Abs. 4 HBauO unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Die Beschwerdeführer sind also durch die Baugenehmigung nicht gehindert, ihre privaten dinglichen Rechte gegen den Beigeladenen geltend zu machen. Aus der Grunddienstbarkeit lassen sich aber keine subjektiv-öffentlichen Rechte auf Aufhebung der Baugenehmigung ableiten.
- 27
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet, weil diese in ihrer Beschwerdebegründung überzeugend dargelegt hat, dass die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die bauliche Anlage des Beigeladenen sei geeignet, eine erhebliche Unruhe in das Gebiet zu tragen, nicht dessen Annahme trägt, die Anlage widerspreche gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1962 nach ihrem Umfang der Eigenart des Baugebiets, weil hierfür ein Umschlag der Quantität in Qualität erforderlich ist, der auch die Art der baulichen Nutzung erfassen muss (im Einzelnen dazu unter b)).
- 28
Die infolgedessen für das Beschwerdegericht eröffnete - nicht mehr gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO auf die Darlegungen der Antragsgegnerin beschränkte - eigene Prüfung des Aussetzungsantrags nach §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 1 und 3 VwGO ergibt, dass dieser auch insoweit abzulehnen ist, als sich die Antragsteller dagegen wenden, dass mit der angefochtenen Baugenehmigung eine Nutzung der Anlage zur Kinderbetreuung mit bis zu 76 Plätzen zugelassen worden ist. Nach dem Sach- und Streitstand, jedenfalls wie er sich derzeit dem Beschwerdegericht darstellt, sind die Antragsteller auch insoweit durch die Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt.
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a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Vorhaben des Beigeladenen mit bis zu 76 Betreuungsplätzen in dem reinen Wohngebiet als Anlage zur Kinderbetreuung gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 i.V.m. § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB regelhaft zulässig ist, so dass die Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in ihrem sog. Gebietserhaltungsanspruch verletzt sind. Zur Begründung verweist das Beschwerdegericht zunächst auf seine Ausführungen oben unter 1.a). Ergänzend ist anzumerken:
- 30
Die im Bebauungsplan Nienstedten 11/Osdorf 9/Iserbrook 11 festgesetzten reinen Wohngebiete sind in der Regel nicht größer als nur ein Baublock. Diese kleinflächige Festsetzung rechtfertigt es, außer dem reinen Wohngebiet, in dem die Einrichtung des Beigeladenen liegt, auch weitere angrenzende reine Wohngebiete in das für die Bedürfnisprüfung gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 maßgebliche Gebiet einzubeziehen. Andernfalls fiele die Einrichtung zu klein aus, um eine Kinderbetreuung wirtschaftlich betreiben zu können. Denn erfahrungsgemäß muss eine Kindertageseinrichtung mindestens 30 Betreuungsplätze haben, um sinnvoll betrieben werden zu können (vgl. Berkemann, a.a.O., 818 m.w.N.).
- 31
Ob das Verwaltungsgericht den für die wohnortnahe Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen maßgeblichen fußläufigen Umkreis mit 500 m nicht zu eng bestimmt hat, kann dahin gestellt bleiben, weil selbst bei Zugrundelegung eines Umkreises von 750 m - den das Beschwerdegericht im Allgemeinen für angemessen hält - sich für die Antragsteller kein günstigeres Ergebnis ergäbe. Für die Bestimmung eines größeren Umkreises streitet vorliegend jedenfalls der Umstand, dass die reinen Wohngebiete, die in der Nachbarschaft der Einrichtung des Beigeladenen liegen, im Wesentlichen nur einen Halbkreis bilden. Denn in der anderen Hälfte liegen vor allem allgemeine Wohngebiete und Grünflächen. Aber selbst in einen Umkreis von 750 m liegen keine weiteren Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedarf an Betreuungsplätzen in dem bauplanungsrechtlich allein maßgeblichen reinen Wohngebiet decken könnten. Denn der Kl. W-kindergarten in der K-straße … liegt gemäß dem Bebauungsplan Nienstedten 18/Othmarschen 39 vom 20. Juni 2006 (HmbGVBl. S. 342) in einem allgemeinen Wohngebiet und die Kindertagesstätte an der B.L.S. in der G-B-Straße … liegt mehr als 800 m entfernt von der Einrichtung des Beigeladenen. Davon abgesehen würde sich bei einer räumlichen Vergrößerung des Umkreises zwangsläufig ein entsprechend höherer Platzbedarf auf der Grundlage der vom Verwaltungsgericht ermittelten Zahlen errechnen.
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Das Vorhaben des Beigeladenen verstößt zudem nicht gegen das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung, bei dem auf die Auswirkungen abzustellen ist, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen. Ein im reinen Wohngebiet regelhaft zulässiges Vorhaben (§ 3 Abs. 2 BauNVO) gefährdet den Gebietscharakter und ist gebietsunverträglich, wenn es - bezogen auf den Gebietscharakter des reinen Wohngebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Ausgangspunkt und Gegenstand dieser typisierenden Betrachtungsweise ist das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Zu fragen ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, das Wohnen in einem reinen Wohngebiet zu stören. Gegenstand der Betrachtung sind die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten, ausgehen. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist hier nicht maßgebend. Die Vorschrift besitzt eine andere Aufgabe. Sie ermöglicht bei singulären Vorhaben eine Vermeidung gebietsunverträglicher Auswirkungen nach Anzahl, Lage, Umfang und Zweckbestimmung im Einzelfall. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO entscheidet nicht, ob ein Vorhaben überhaupt - also gerade unabhängig vom Einzelfall - mit der Eigenart des Gebietes verträglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.3.2002, BVerwGE 116, 155, juris Rn. 12 ff.: Beschl. v. 28.2.2008,Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19, juris Rn. 11; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2015, NordÖR 2016, 209, juris Rn. 21; v. 27.7.2009, 2 Bs 99/09, n.v.).
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Die Einrichtung des Beigeladenen wirkt aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise bezogen auf den Gebietscharakter des reinen Wohngebiets nicht störend: Kindertageseinrichtungen sind hinsichtlich der Geräuscheinwirkungen durch die Kinder gemäß §§ 22 Abs. 1a, 3 Abs. 1 BImSchG immissionsschutzrechtlich privilegiert, so dass in der Regel von keinen erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft auszugehen ist. Die Größe des betrieblichen Einzugsbereichs der Einrichtung des Beigeladenen, die auf eine wohnortnahe Betreuung der Kinder ausgerichtet ist, lässt typischerweise nicht erwarten, dass die Eltern der Kinder auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind, um die Einrichtung zu erreichen. Der dennoch anfallende An- und Abfahrtsverkehr wird lediglich in zwei Stoßzeiten von nicht länger als ca. eine halbe Stunde und außerhalb der für ein Wohngebiet störungsempfindlichen Zeiten erfolgen (vgl oben unter 1.b) aa) a.E.). Auf die besondere pädagogische Ausrichtung der Einrichtung des Beigeladenen und ihre denkbaren Auswirkungen auf den Umfang des An- und Abfahrtsverkehrs kommt es bei der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht an (siehe oben unter 1.a) a.E.).
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b) Dagegen ist der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine Nutzung der Anlage zur Kinderbetreuung sei nur im Umfang von höchstens bis zu 65 Plätzen mit dem Anspruch der Antragsteller auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung des Baugebiets gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1962 vereinbar, nicht zu folgen.
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Der Eigentümer eines im Plangebiet liegenden Grundstücks wird in seinem kraft Bundesrechts nachbarschützenden Gebietserhaltungsanspruch auch dann verletzt, wenn ein im Baugebiet seiner Art nach regelhaft zulässiges Vorhaben genehmigt wird, obwohl es im Einzelfall gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Die Vorschrift vermittelt einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets. Die Eigenart des Baugebiets ergibt sich zum einen aus seiner allgemeinen Zweckbestimmung, zum anderen wird sie durch die sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans geprägt. Die typisierenden Regelungen der Baunutzungsverordnung sind allerdings nicht allein entscheidend. Vielmehr lässt sich die Eigenart eines Baugebiets nur auf die Weise abschließend bestimmen, dass zusätzlich die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, sowie der jeweilige Planungswille, soweit dieser in den Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden. Dagegen kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung für die Bestimmung der Eigenart des Gebiets grundsätzlich nicht an. Sie ist nur insoweit beachtlich, als sie sich im Rahmen der durch die Festsetzungen zum Ausdruck gebrachten städtebaulichen Ordnungsvorstellungen für das Baugebiet hält (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 5.6.2009, NordÖR 2009, 310, juris Rn. 11 ff. m.w.N.; v. 11.7.2017, BauR 2017,1994, juris Rn. 7). Ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets ist anzunehmen, wenn die Unangemessenheit des Vorhabens gegenüber den von dem Plangeber gezogenen Rahmen bei objektiver Betrachtungsweise augenscheinlich ist. Eine gewisse Beeinträchtigung der typischen Gebietsprägung oder das Fehlen einer Entsprechung in jederlei Hinsicht sind unschädlich (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 8.10. 2009, 2 Bs 176/09, juris Rn. 9). Hinsichtlich des Umfangs der baulichen Anlage ist ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets zu bejahen, wenn die Quantität in Qualität umschlägt, mithin der Umfang der Anlage oder ihrer Nutzung die Art der baulichen Nutzung erfasst (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 20.12.2011, BRS 79 Nr. 81, juris Rn. 13; v. 8.10.2009, 2 Bs 176/09, juris Rn. 7).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen dürfte die Anlage zur Kinderbetreuung des Beigeladenen auch mit bis zu 76 Plätzen nicht der Eigenart des Baugebiets i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1962 widersprechen.
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Die Annahme des Verwaltungsgerichts - die Eigenart des Baugebiets sei durch einen besonders strengen Schutz der Wohnruhe geprägt, weil der Plangeber gemäß § 2 Nr. 3 Satz 1 des Plangesetzes mit dem Ausschluss des § 3 Abs. 3 BauNVO 1962 zugleich eine ausnahmsweise Zulassung von Läden, nicht störenden Handwerksbetrieben oder kleinen Betrieben des Beherbergungsgewerbes ausgeschlossen habe, so dass in dem reinen Wohngebiet allein Wohngebäude zulässig seien - vermag nicht zu überzeugen. Der Plangeber hat in § 2 Nr. 1 des Plangesetzes auf der Grundlage von § 3 Abs. 4 BauNVO 1962 zudem bestimmt, dass im reinen Wohngebiet offener Bauweise „nur“ Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen zulässig sind, wobei § 3 Abs. 4 BauNVO 1962 im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. g BBauG 1960 zu sehen ist, der für das Bauland die Festsetzung von überwiegend für die Bebauung mit Familienheimen vorgesehenen Flächen ermöglichte. Die Gemeinden waren gemäß § 89 Abs. 3 II. WoBauG 1956 bei ihrer Bebauungsplanung gehalten, für die Bebauung mit Familienheimen geeignete Flächen in einem so ausreichenden Umfang festzusetzen, dass die vorrangige Förderung des Bauens von Familienheimen entsprechend den Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes durchgeführt werden konnte. Die Festsetzung gemäß § 3 Abs. 4 BauNVO 1962 („… nur Wohngebäude … zulässig sind“) schloss bereits die ausnahmsweise Zulässigkeit anderer Nutzungen nach § 3 Abs. 3 BauNVO 1962 aus, so dass es dazu einer weiteren Festsetzung nach § 1 Abs. 4 BauNVO 1962 nicht mehr bedurfte. § 2 Nr. 3 Satz 1 des Plangesetzes hat deshalb im Hinblick auf den Ausschluss von § 3 Abs. 3 BauNVO 1962 nicht mehr als deklaratorische Bedeutung und kann nicht als Ausdruck des Willens des Plangebers gelten, die Wohnruhe im reinen Wohngebiet offener Bauweise besonders streng zu schützen. Die Begründung zum Bebauungsplan bietet für eine derartige Zielsetzung des Plangebers ebenfalls keine Ansatzpunkte. Die Eigenart des Baugebiets wird also durch den Ausschluss des § 3 Abs. 3 BauNVO 1962 nur insoweit geprägt, als in dem reinen Wohngebiet ausschließlich Wohngebäude zulässig sind.
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Andererseits hat sich die Eigenart des Baugebiets durch die Entscheidung des Gesetzgebers in § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB erheblich verändert, weil in reinen Wohngebieten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 nunmehr Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen, regelhaft zulässig sind, unabhängig davon, auf welcher Fassung der Baunutzungsverordnung die Festsetzung der reinen Wohngebiete erfolgt ist. Diese Gesetzesänderung hat in der bisherigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts zur zulässigen Größe von Kindertageseinrichtungen (vgl. Beschl. v. 15.10.2008, NordÖR 2009, 68, juris Rn. 21; v. 2.7.2009, BauR 2010, 56, juris Rn.18 ff.; v. 26.11.2011, ZMR 2012, 320, juris Rn. 3 ff.) noch keine Berücksichtigung finden können.
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Die Vorschrift des § 245a Abs. 1 Satz 1 BauGB greift nicht nur in das Abwägungsgefüge ein, sondern auch in die durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Planungshoheit der Gemeinden und in die Inhaltsbestimmung des Eigentums der Grundstückseigentümer in dem Gebiet. Angesichts des Gewichts des gesetzgeberischen Anliegens, die Zahl von Kinderbetreuungsplätzen zeitnah zu erhöhen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, und der einschränkenden Regelungen in § 245a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BauGB, die der Planungshoheit der Gemeinden Rechnung tragen, erscheint der Eingriff aber als verhältnismäßig, so dass gegen die Vorschrift keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (i.E. übereinstimmend Ziegler in: Brügelmann, BauGB, Loseblatt-Kommentar Stand 9/2017, § 245a Rn. 9 ff.; Tophoven in: Spannowsky/ Uechtritz, BauGB, 3. Aufl. 2018, § 245a Rn. 2 ff.; Decker, a.a.O., 171 f.).
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Mit § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 2013 werden wohnortnahe Anlagen zur Kinderbetreuung in reinen Wohngebieten nunmehr bauplanungsrechtlich privilegiert (siehe BT-Drs. 17/11468 S. 10, 17 f.). Der Verordnungsgeber lässt wohnortnahe Anlagen zur Kinderbetreuung nicht mehr länger nur als Ausnahme zu, die der Gemeinde noch die Möglichkeit einräumt, insbesondere die Größe und Lage der Einrichtungen nach den örtlichen Verhältnissen planerisch zu steuern. Die gebietstypische Wohnruhe soll dadurch gewährleistet werden, dass die Anlage zur Kinderbetreuung fußläufig erreichbar sein muss, damit die Eltern nicht auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sind, um ihre Kinder in die Einrichtung zu bringen oder dort abzuholen. Die mit dem An- und Abfahrtsverkehr dennoch eintretenden Lärmbeeinträchtigungen sind deshalb auch in reinen Wohngebieten grundsätzlich als gebietstypisch bzw. sozialadäquat hinzunehmen.
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Dies gilt umso mehr, wenn der Plangeber - wie hier - das reine Wohngebiet in eine örtliche Situation „hineingeplant“ hat, die bereits seit 1954 durch das Nebeneinander von Kindergarten und Wohnbebauung in der H-straße charakterisiert ist. Auch unter der zuvor, d.h. vor Planerlass, geltenden Baupolizeiverordnung war anerkannt, dass Kindergärten in Wohngebieten den Wohnbedürfnissen i.S.d. § 10 Abs. 4 Abschnitt W Satz 1 BPVO dienen und daher grundsätzlich nicht wegen der gebotenen Gewährleistung der Wohnruhe in Misch- oder Geschäftsgebiete abgedrängt werden dürfen, wo die Kinder in der Regel nicht wohnen. Zu den Wohnbedürfnissen zählen deshalb auch ortsnahe Kindertageseinrichtungen, weil Eltern wie Kinder bei deren Besuch auf kurze und sichere Wege angewiesen sind (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 27.7.2009, 2 Bs 99/09, n.v.).
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Dass das Vorhaben dieser Prägung der Eigenart des Baugebiets widerspricht, ist nicht festzustellen. In der Baugenehmigung sind zwar gemäß § 31 Abs. 2 BauGB Befreiungen für das Überschreiten der festgesetzten Bebauungstiefe von 25 m um 5,90 m durch den Anbau und für das Überschreiten der zulässigen Geschossflächenzahl von 0,3 um 0,045 auf 0,345 erteilt worden, diese Abweichungen verleihen dem Baukörper aber keinen Umfang, der der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Das Gebäude des Beigeladenen behält unverändert seine Zweigeschossigkeit bei und wird zwar in der Bebauungstiefe verlängert, was aber nach der Umgebungsbebauung nicht unangemessen ist, zumal das Baugrundstück unter der in der Baugenehmigung zur Bedingung gemachten Einbeziehung des Flurstücks … um ca. 12 m an Tiefe gewinnt und die neue Bebauungstiefe nach wie vor mit der des Gebäudes der Antragstellerin zu 5. vergleichbar ist. Die Anlage des Beigeladenen widerspricht daher auch nach ihrer Lage nicht der Eigenart des Baugebiets.
- 43
Was die Nutzungsintensivierung durch die Ausweitung der Kapazität auf bis zu 76 Plätze und die damit verbundenen Folgewirkungen, insbesondere hinsichtlich eines verstärkten An- und Abfahrtsverkehr der Eltern, angeht, lässt sich nicht feststellen, dass dadurch bereits die Art der baulichen Nutzung erfasst wird. Aufgrund der festgesetzten Zwei-Wohnungsklausel wird in dem reinen Wohngebiet pro Grundstück und Tag zwar im Durchschnitt wohl kaum mit mehr als 16 Fahrbewegungen zu rechnen sein. Die Wohnruhe ist aber in dem reinen Wohngebiet wegen der jahrzehntelangen Nachbarschaft der Wohnbebauung zu dem Kindergarten nach der Eigenart des Baugebiets nur eingeschränkt schutzwürdig. Die Behauptung der Antragsteller, der An- und Abfahrtsverkehr der Eltern stehe der Eigenart des Baugebiets dennoch entgegen, ist unsubstantiiert. Selbst die Zahl der Fahrbewegungen des An- und Abfahrtsverkehrs der Eltern aufgrund der bisherigen Nutzung der Einrichtung mit 64 Betreuungsplätzen, ist bislang weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden. Die Antragsteller haben lediglich die Vermutung vorgetragen, bei einem Waldorfkindergarten sei von einem erhöhten Verkehrsaufkommen der Eltern auszugehen, weil dieser einen größeren Einzugsbereich hätte. Dass die Geräuscheinwirkungen durch den An- und Abfahrtsverkehr die beiden halbstündigen Stoßzeiten von Montag bis Freitag in den Zeiten von 7.30 bis 8.00 Uhr und von 15.30 bis 16.00 Uhr mehr als in Einzelfällen überschreiten, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
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c) Aus den zuvor unter 1.b) und 2.b) a.E. gemachten Ausführungen folgt zugleich, dass ein Verstoß des Vorhabens gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme auch bei bis zu 76 Betreuungsplätzen nicht festzustellen ist.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Was die Höhe des Streitwerts angeht, hält das Beschwerdegericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - in dem der Streitwert in der Regel nur die Hälfte des Werts für eine Anfechtungsklage des Nachbarn auf Aufhebung der Baugenehmigung beträgt - gemessen an dem Maß der objektiven Beeinträchtigungen, die von dem Vorhaben für die Nutzung der nachbarlichen Grundstücke ausgehen, für die Grundstücke westlich der H-straße, wo auch das Vorhabengrundstück liegt, einen Streitwert von 5.000,-- Euro pro Grundstück und für das Grundstück östlich der H-straße in Höhe von 3.750,-- Euro für angemessen.
Tenor
I. Die Baugenehmigung vom 22. September 2016, Az. … wird aufgehoben.
II. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
12.30 bis 14.00 Uhr Mittagessen,
13.00 bis 15.00 Uhr Ruhezeit, Freispiel oder Hausaufgabenbetreuung,
15.00 bis 17.00 Uhr Angebote in den umliegenden Grünanlagen, Freifläche, Freispiel,
ab 17.00 Uhr Freispiel oder Hausaufgabenbetreuung, Snack.
die Klage wird abgewiesen.
Gründe
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Gründe
-
I.
- 1
-
Die Klägerin wendet sich gegen die Lärmauswirkungen des Betriebs einer ca. 30 m langen Seilbahn auf einem zum Baugebiet "In der Acht" gehörenden Kinderspielplatz; diese ist unmittelbar entlang der Südgrenze des von ihr bewohnten Grundstücks errichtet worden.
- 2
-
Die auf Beseitigung, hilfsweise auf Unterlassung der Nutzung der Seilbahn gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Nutzung der Seilbahn auf dem benachbarten Kinderspielplatz stelle für die Klägerin schon deshalb keine schädlichen Umwelteinwirkungen dar, weil sie nach § 22 Abs. 1a BImSchG zur Duldung der hierdurch entstehenden Lärmbeeinträchtigung verpflichtet sei. Bei der Nutzung der Seilbahn handele es sich um einen gesetzlichen Regelfall, so dass eine einzelfallbezogene Güterabwägung nicht erforderlich sei. Von einem atypischen Sonderfall könne nicht ausgegangen werden; während der Nachmittagsstunden hielten sich Kinder nur vereinzelt auf dem Spielplatz auf, vormittags werde er nur gelegentlich von einer Kindergartengruppe genutzt.
- 3
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
-
II.
- 4
-
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
- 5
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1. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Frage,
-
ob § 22 Abs. 1a BImSchG auch Geräuscheinwirkungen, die durch die Spielgeräte selbst bedingt sind, privilegiert oder entsprechend seinem Wortlaut nur durch Kinder hervorgerufene Geräuscheinwirkungen,
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rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Denn sie lässt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten und ist deshalb nicht klärungsbedürftig.
- 6
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Nach dem Gesetzeswortlaut werden Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, insoweit privilegiert, als sie im Regelfall nicht als schädliche Umwelteinwirkung gelten. Schon durch das Abstellen auf die (bloße) Ursächlichkeit des Verhaltens von Kindern ergibt sich, dass hiervon nicht nur der unmittelbar von Kindern bei Nutzung der Einrichtung erzeugte Lärm erfasst wird, sondern auch die zusätzlichen Lärmemissionen, die sich mit der bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes verbinden. Zu den von Anliegern im Regelfall zu duldenden Geräuscheinwirkungen zählen somit nicht allein solche, die durch kindliche Laute wie Schreien oder Singen sowie durch körperliche Aktivitäten der Kinder wie Spielen, Laufen, Springen und Tanzen hervorgerufen werden; ebenso gehören hierzu das Sprechen und Rufen von Betreuerinnen und Betreuern sowie das Nutzen kindgerechter Spielzeuge und Spielgeräte (BTDrucks 17/4836 S. 6). Gleichermaßen gilt dies daher auch für die Nutzung der hier streitbefangenen, zum Standard der Ausgestaltung eines Kinderspielplatzes gehörenden Seilbahn. Mit dieser Privilegierung der Geräuscheinwirkungen von Kinderspielplätzen wird aber nicht die Verpflichtung des Anlagenbetreibers gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG eingeschränkt, die Anlage Kinderspielplatz mit Gerätschaften zu bestücken, die dem Stand der Technik zur Lärmminderung entsprechen; denn die Privilegierung bezieht sich nur auf die mit dem Betrieb eines Kinderspielplatzes einhergehenden unvermeidbaren Geräuscheinwirkungen, nicht aber auf nach dem Stand der Technik vermeidbare (vgl. BTDrucks 17/4836 S. 6).
- 7
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2. Die weitere von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage,
-
welche Umstände vorliegen müssen, dass selbst von § 22 Abs. 1a BImSchG erfasste Geräuscheinwirkungen gleichwohl schädliche Umwelteinwirkungen darstellen, also dass kein Regelfall gegeben ist,
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rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie keinen grundsätzlichen Charakter hat, sondern die konkrete Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht betrifft.
- 8
-
§ 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG bestimmt, dass von Kinderspielplätzen hervorgerufene Geräuscheinwirkungen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung sind. Mit diesem Abstellen auf den Regelfall wird keine Regelung getroffen, die den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG modifiziert und darüber hinaus das Vorliegen einer schädlichen Umwelteinwirkung kategorisch ausschließt. Als eine auch dem Drittschutz betroffener Nachbarn verpflichtete Regelung ermöglicht die Vorschrift für besondere Ausnahmesituationen eine einzelfallbezogene Prüfung, ob selbst bei Zugrundelegung eines weiten Maßstabs noch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen angenommen werden können. Ein Ausnahmefall, der eine Sonderprüfung gebietet, liegt beispielsweise vor, wenn ein Kinderspielplatz in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen wie Krankenhäusern oder Pflegeanstalten gelegen ist (BTDrucks 17/4836 S. 7).
- 9
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Schon vor Einfügen der Privilegierungsregelung des § 22 Abs. 1a in das Bundes-Immissionsschutzgesetz entsprach es der Rechtslage, dass die Errichtung eines Kinderspielplatzes sowohl in reinen als auch in allgemeinen Wohngebieten grundsätzlich zulässig war. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen konnten derartige Einrichtungen nach § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) unzulässig sein oder unterlagen - um Interessenskonflikte auszugleichen - Nutzungsbeschränkungen beispielsweise in zeitlicher Hinsicht. Dies zu beurteilen war regelmäßig Sache der Tatsachengerichte (Urteil vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 4 C 5.88 - Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 7 S. 4). Nichts anderes gilt in Bezug auf das Vorliegen von Ausnahmefällen nach der erfolgten Gesetzesergänzung. Auch die Frage, ob vom Betrieb eines Kinderspielplatzes herrührende Geräuscheinwirkungen über den Rahmen des Üblichen hinausgehen und damit nicht als Regelfall der Nutzung im Sinne von § 22 Abs. 1a BImSchG zu verstehen sind, kann nur auf der Grundlage einer abwägenden, die Umstände des konkreten Falles berücksichtigenden Beurteilung beantwortet werden. Eine derart wertende Gesamtschau entzieht sich daher einer rechtsgrundsätzlichen Klärung. Insoweit fehlt es an der Formulierung und Darlegung einer verallgemeinerungsfähigen konkreten Rechtsfrage, die in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. September 1991 - BVerwG 1 CB 24.91 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 60 S. 44 und vom 8. Oktober 2012 - BVerwG 1 B 18.12 - juris Rn. 4).
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Tenor
I.
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Die Kläger haben gesamtverbindlich die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
IV.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger, Eigentümer des Grundstücks …str. 12, 14 und 14 a, Fl.Nr. …, wenden sich gegen einen der Beigeladenen erteilten Vorbescheid für die südlich des klägerischen Grundstücks gelegenen Grundstücke …str. 39 und 41, Fl.Nrn. … und …
Am
Frage 1 b des Vorbescheidsantrags vom
Wird der für die Neubebauung (Rückgebäude Variante 2 mit Kita) vorgesehenen Art der baulichen Nutzung (Kita mit 74 Plätzen, 1. OG - 2. OG Wohnen) planungsrechtlich zugestimmt?
Frage 6 lautete:
Wird den aus den Antragsunterlagen ersichtlichen Abstandsflächen der Neubebauung - entsprechend den in den Antragsunterlagen dargestellten Wandhöhen und Abständen - zugestimmt, und wird für die reduzierten Abstandsflächen zwischen den bestehenden Vordergebäuden und dem Neubau des Rückgebäudes die Erteilung einer Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften über Abstandsflächen in Aussicht gestellt?
Die übrigen Fragen des Fragenkatalogs bezogen sich im Wesentlichen auf das Maß der baulichen Nutzung des Vorhabens (Frage 2 a, 2 b, 3, 4), der Errichtung einer Tiefgarage im rückwärtigen Grundstücksbereich (Frage 5) und auf Anbauten an das Vordergebäude (Frage 7 und 8).
Unter dem
Die Frage 6 wurde entsprechend der Antwort zu Frage 4 - im Vorbescheid irrtümlich als Frage 5 bezeichnet, wurde aber in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni insoweit richtig gestellt - beurteilt.
In der Antwort zu Frage 4 wurden die Gebäudeabmessungen hinsichtlich der Längen- und Breitenausdehnung planungsrechtlich für zulässig erachtet. Hinsichtlich der Höhenentwicklung wurde darauf hingewiesen, dass ein Terrassengeschoss nur als solches angesehen werden könne, wenn es um mindestens seine eigene Wandhöhe vom darunterliegenden Geschoss zurückversetzt sei. Dachaufbauten müssten in der Dachfläche liegen, d. h. sie seien von allen Dachrändern zurückgesetzt anzuordnen. Sonst sei deren Höhe als Wandhöhe zu betrachten. Eine Wandhöhe von 7 m bzw. 9 m, wie dargestellt, sei planungsrechtlich unzulässig.
Weiterhin findet sich zu Frage 6 die Feststellung, dass für ein Gebäude mit entsprechend reduzierter Wandhöhe (6 m) eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 3 BayBO wegen Überdeckung der Abstandsflächen auf eigenem Grund (zwischen Vorder- und Rückgebäude) in Aussicht gestellt werde. Dies sei deshalb möglich, da das Vordergebäude keine zusätzliche Verschattung erfahre und bei der Grundrissanordnung des Rückgebäudes darauf geachtet worden sei, dass die Aufenthaltsräume trotz der Abweichung ausreichende Belichtungs- und Belüftungsmöglichkeiten bekämen.
Der Vorbescheid vom
Mit einem am 13. November 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 9. November 2015 erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage und beantragte,
den Bauvorbescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts und des Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme verstoße. Entgegen der Ausführung im Vorbescheid befänden sich in der Umgebung keine dreigeschossigen Gebäude, weshalb das dreigeschossige Vorhaben nicht zulässig sei.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage hinsichtlich der Fragen 2 a, 2 b, 4 und 6 aufgrund der negativen Beantwortung bereits unzulässig sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da sich aus der positiven Beantwortung keine Nachbarrechtsverletzung, insbesondere keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergebe.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsatz vom
Das Gericht hat am
In der anschließenden mündlichen Verhandlung nahm der Bevollmächtigte der Kläger die Klage hinsichtlich der Fragen 1 a, 2 a, 2 b, 3, 4, 5, 7 und 8 zurück. Hinsichtlich der positiven Beantwortung zur Frage 1 b und Frage 6 beantragte er, den Vorbescheid aufzuheben. Die Vertreterin der Beklagten und der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragten insoweit Klageabweisung.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift über den Augenschein und die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Soweit die Klagepartei die Klage in der mündlichen Verhandlung - mit Zustimmung der Beklagten - zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da die Kläger durch die Beantwortung der Fragen 1 b und 6 nicht in ihren Rechten verletzt sind, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
Durch die teilweise Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung ist für diesen Teil des Verfahrens ispo iure die Rechtshängigkeit beendet worden, so dass das Verfahren insoweit gemäß § 92 Abs. 3 VwGO deklaratorisch einzustellen war. Da die Klage nur teilweise zurückgenommen wurde, war kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die - auch in diesem Fall nicht der Anfechtung unterliegende - Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht zurückgenommenen Teil im Urteil zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 - 4 B 75/98, NVwZ-RR 1999, 407 - juris Rn. 2).
II.
Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrages auf Antrag des Bauherren zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherren gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer - in der Regel 3 Jahre (Art. 71 Satz 2 BayBO) - Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.
Gegenstand eines Vorbescheides können nach Art. 71 Satz 1 BayBO nur einzelne Fragen (auch eine Mehrzahl von Fragen) eines Bauvorhabens sein. Nach dem Sinn und Zweck des Vorbescheides, bindende Wirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren zu erzeugen, sind einzelne Fragen solche, über die in der Baugenehmigung zu entscheiden ist. Die Fragen müssen danach zum einen einer gesonderten Beurteilung zugänglich sein und zum anderen ist zu fordern, dass diese sich auf ein konkretes (baugenehmigungspflichtiges) Vorhaben beziehen (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - NVwZ-RR 2008, 391 m. w. N.; Decker in: Simon/Busse, BayBO 2008, Art. 71 Rn. 71 ff.).
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung und/oder einen Vorbescheid nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung/der Vorbescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Bau-genehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22). Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren auch keine umfassende Rechtskontrolle statt, vielmehr hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung/der Vorbescheid drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch vermitteln, verletzt werden.
III.
1. Die positive Beantwortung der Frage 1 b verletzt weder den als nachbarschützendes Recht der Kläger in Betracht kommenden Gebietserhaltungsanspruch noch das Gebot der Rücksichtnahme.
1.1 Der Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn setzt voraus, dass das Grundstück in einem festgesetzten oder in einem faktischen Baugebiet liegt und ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13).
Zugunsten der Kläger kann unterstellt werden, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Art nach vorliegend gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO richtet, da die maßgebliche Umgebung - mit Ausnahme von Teilbereichen der …str. 31 a - ausschließlich aus Wohnnutzung besteht.
Als „nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (BVerwG, U.v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - juris Rn. 33;
Die maßgebliche nähere Umgebung besteht hier aus der Bebauung der östlichen Hälfte des Quartiers …straße/…-Platz/…straße und …straße.
In diesem trotz der gewerblichen Teilnutzung der …str. 31 a wohl faktischen reinen Wohngebiet im Sinne des § 3 BauNVO ist eine Kindertagesstätte als Anlage für soziale Zwecke gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig, soweit sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dient und darüber hinaus gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB sowie § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig.
1.2 Damit hat ein nachbarlicher Abwehranspruch in Bezug auf beide Alternativen im Hinblick auf die Wahrung der Gebietsart keinen Erfolg, da dieser im Ergebnis darauf gerichtet ist, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind (vgl. BVerwG U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13).
Selbst wenn die Beklagte in ihrer Antwort zu Frage 1 b von einem Allgemeinen Wohngebiet ausgegangen ist und deshalb für eine nicht gebietsversorgende Kindertagesstätte die erforderliche Ausnahmeerteilung nicht ausdrücklich in Aussicht gestellt hat, würde dies, sofern die Voraussetzungen für die Zulassung der Ausnahme vorliegen, keine Nachbarrechte verletzen (vgl. BayVGH B. v. 30.4.2008 - 15 ZB 07.2914 - juris Rn. 10), was sich aus dem Umfang des materiellen Anspruchs des Nachbarn auf Wahrung der Gebietsart ergibt, der darauf gerichtet ist, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in einem Bau-gebiet zulässig sind.
1.3 Weiter ist davon auszugehen, dass die Kindertagesstätte mit insgesamt 74 Plätzen auch das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung wahrt (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 28.2.2008 - 4 B 60/07 NVwZ 2008, 786 - juris Rn. 5 f.). Nach der für die Beurteilung dieser Frage notwendigen baugebietsbezogen typisierenden Betrachtungsweise ist das Bauvorhaben in einem faktischen reinen Wohngebiet noch gebietsverträglich. Damit steht das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens, auf das sich ein Nachbar im Rahmen des Anspruchs auf Gebietsbewahrung berufen kann, nicht entgegen (vgl. hierzu VG München, U.v. 7.12.2009 - M 8 K 09.4469 - juris Rn. 55 ff., zu einer viergruppigen Kinderkrippe im faktischen reinen Wohngebiet und
Auch bei dem vorliegenden faktischen reinen Wohngebiet lässt sich keine Gebietsunverträglichkeit des streitgegenständlichen Vorhabens feststellen. Reine Wohngebiete dienen primär dem Wohnen, § 3 Abs. 1 BauNVO. Als atypisch und störend sind damit Nutzungen anzusehen, die nach ihren Auswirkungen, insbesondere im Hinblick auf die mit dem Vorhaben verbundenen Immissionen nach Art, Dauer und Intensität, mit der durch die überwiegende und vorrangige Wohnnutzung bestimmten Prägung eines solchen Gebiets nicht in Einklang zu bringen sind.
Kindertagesstätten sind aber auch in einem reinen Wohngebiet grundsätzlich als gebietsverträgliche, das Wohnen ergänzende Nutzung zu werten (VG München, U.v. 7.12.2009 - M 8 K 09.4469 - juris Rn. 59;
Für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit ist es auch nicht relevant, ob und ggf. in welchem Umfang im betroffenen Stadtteil ein Bedarf an Krippenplätzen besteht. (VG München, U.v. 7.12.2009 - M 8 K 09.4469 - juris Rn. 59;
1.4 Zweifel an der Gebietsverträglichkeit einer Kindertagesstätte in einem reinen Wohngebiet könnten sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allenfalls dann ergeben, wenn diese wegen ihrer Größe und der damit verbundenen Nutzungsintensität ein atypisches Störpotential aufweisen würde.
Eine derartige Fallgestaltung ist vorliegend aber nicht gegeben; vielmehr ist davon auszugehen, dass die typischerweise mit dem Betrieb einer Kindertagesstätte mit insgesamt 74 Plätzen verbundenen Auswirkungen - namentlich im Hinblick auf den Kinderlärm und den Zu- und Abfahrtsverkehr - nicht derart gravierend sind, dass sie nicht mehr als wohngebietsverträglich angesehen werden könnten (vgl. insoweit: VG München, U.v. 11.3.2013 - M 8 K 12.794 - juris; Kindertagesstätte mit 98 Kindern im Reinen Wohngebiet).
Im Hinblick auf den Kinderlärm ist zunächst schon auf die Wertung des Verordnungsgebers in der Baunutzungsverordnung hinzuweisen. Selbst in einem reinen Wohngebiet ist den Regelungen in § 3 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zu entnehmen, dass den Bewohnern der von Kindertageseinrichtungen ausgehende Lärm als typische Begleiterscheinung kindlichen Verhaltens in einem höheren Maße zuzumuten ist, als er generell in Wohngebieten zulässig wäre. Der Verordnungsgeber hat in Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzips und auch aus besonderen sachlichen Gründen, die auch mit Art. 3 GG vereinbar sind, die sozialen Belange in der räumlichen Planung dadurch besonders berücksichtigt, dass auch in den reinen Wohngebieten Standorte für Anlagen für soziale Zwecke zugelassen werden können (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 106. EL 2012, § 3 BauNVO Rn. 79 m. w. N.). Das gilt umso mehr für soziale Gemeinbedarfsanlagen, für die in den jeweiligen Baugebieten ein unmittelbares Bedürfnis besteht. So gehören etwa Kinderspielplätze mit üblicher Ausstattung in die unmittelbare Nähe der Wohnbebauung (VGH BW, B.v. 3.3.2008 - 8 S 2165/07 BauR 2008, 279 - juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 12.12.1991 - 4 C 5/88 NJW 1992, 1779 - juris Rn. 19). Nichts anderes gilt für Anlagen der Kinderbetreuung (OVG Lüneburg, B.v. 3.1.2011 - 1 ME 146/10 BauR 2011, 787 - juris Rn. 16; OVG Saarland, U.v. 11.9.2008 - 2 C 186/08 ZfBR 2009, 366 - juris Rn. 44; BayVGH, B.v. 30.11.2009 - 2 CS 09.1979 - juris Rn. 31; VG München, U.v. 26.7.2011 - M 1 K 11.2366 - juris Rn. 23). Da die Zulassung von Kindergärten, Kinderhorten und Kindertagesstätten als Anlagen für sozialen Zwecke jedenfalls nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht unter dem Vorbehalt der Gebietsversorgung steht, dürfen solche Einrichtungen auch andere Baugebiete versorgen.
1.4.1 Von Bedeutung für die Gebietsverträglichkeit ist in diesem Zusammenhang mittlerweile auch der am
Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestehen an der grundsätzlichen Gebietsverträglichkeit des Vorhabens auch in einem faktischen Reinen Wohngebiet keine Zweifel.
Im Hinblick auf die weiteren Auswirkungen des Betriebs, insbesondere das zu erwartende zusätzliche Verkehrsaufkommen zum Bringen und Abholen der Kinder, ist realistischer Weise von einer Quote von etwa 50% auszugehen (vgl. BayVGH, B. v. 7.11.2011 - 2 CS 11.2149 - juris Rn. 6), so dass etwa mit 37 zusätzlichen Fahrzeugbewegungen zu rechnen ist. Im Hinblick auf die zeitliche Verteilung des zusätzlichen Verkehrsaufkommens - in der Regel werktags zwischen 7.30 - 9.00 Uhr sowie zwischen 15.00 - 17.00 Uhr, kein Betrieb an Wochenenden und Feiertagen - und den daher der Sache nach noch zumutbaren Auswirkungen auf die Wohnruhe, handelt es sich grundsätzlich um hinnehmbare, den Gebietscharakter nicht wesentlich beeinträchtigende zusätzliche Belastungen.
Dies gilt umso mehr, als der Zu- und Abfahrtsverkehr von der …straße aus abgewickelt werden wird, wodurch die Kläger hiervon in keiner Weise betroffen sind.
1.5 Auch der Anspruch der Kläger auf Wahrung der gebotenen Rücksichtnahme ist vorliegend nicht verletzt.
Ein Vorhaben, dessen Zulässigkeit hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt, das nach den dort in Bezug genommenen Vorschriften der Baunutzungsverordnung allgemein oder ausnahmsweise zulässig wäre und auch die weiteren Einfügenskriterien des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB erfüllt, kann im Einzelfall gleichwohl unzulässig sein, wenn es die gebotene Rücksichtnahme auf sonstige, d. h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75
Das Gebot der Rücksichtnahme zielt darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 NVwZ-RR 1997, 516 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75
Vorliegend kommt für die Anwendung des Rücksichtnahmegebots § 15 Abs. 1 BauNVO zur Anwendung, der eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots ist und insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO ergänzt. Dies gilt nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (BVerwG, B.v. 16.12.2008 - 4 B 68/08, ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 - 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. Als entsprechende Störungen oder Belästigungen kommen die mit dem streitgegenständlichen Vorhaben verbundenen Immissionen - insbesondere der durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Kindertagesstätte verursachte Lärm sowie der durch den An- und Abfahrtsverkehr verursachte Lärm - in Betracht.
1.5.1 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen und Maßstäbe des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Was an Umwelteinwirkungen zumutbar ist, bestimmt sich auf Grundlage der Begriffsbestimmungen und materiell-rechtlichen Maßstäbe des BImSchG, da es die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein festlegt (BVerwG
Normkonkretisierende, baugebietsbezogene Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die 6. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG (TA Lärm v. 26.8.1998, GMBl. 1998 S. 503). Allerdings können die Orientierungswerte der TA Lärm zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung bereits deshalb nicht herangezogen werden, weil für die streitgegenständliche Kindertagesstätte als Anlage für soziale Zwecke schon der Anwendungsbereich der TA Lärm nach ihrer Nr. 1 Abs. 2 lit. h nicht eröffnet ist. Gegen eine entsprechende Heranziehung dieses Regelwerks zur Beurteilung von Kinderlärm sprachen schon bisher seine Entstehungsgeschichte, das die TA Lärm beherrschende Abstands- bzw. Trennungsgebot sowie ihre Konzentrierung auf technischen Anlagenlärm (vgl. Thüringer OVG, B.v. 13.4.2011 - 1 EO 560/10 - juris Rn. 36 m. w. N.).
Hinzu kommt, dass seit dem
Bei der streitgegenständlichen Kindertagesstätte handelt es sich um eine Kindertageseinrichtung im Sinne des § 22 Abs. 1a BImSchG, da hierunter Einrichtungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu verstehen sind, d. h. Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden (BT-Drs. 17/4836 S. 6). In diesem Zusammenhang ist Kind, wer gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII noch nicht 14 Jahre alt ist. Demgemäß stellt der zu erwartende Kinderlärm im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung dar und ist von den hiervon betroffenen Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen. Insoweit stellt die Regelung eine Privilegierung des Kinderlärms gegenüber anderen Lärmquellen dar. Eine äußerste, auch für den Bundesgesetzgeber aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachtende Grenze für die Zumutbarkeit ist insoweit ein gesundheitsschädliches Lärmniveau, das für die hier relevante Tagzeit bei einem Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) liegt (vgl. BVerwG, B.v. 19.4.2011 - 4 BN 4/11 - juris Rn. 18; VG München, U.v. 26.7.2011 - M 1 K 11.2366 - juris Rn. 26). Von einer derart hohen Belastung, die einen Beurteilungspegel von mindestens 70 dB(A) als mittlere Geräuschbelastung während der 16-stündigen Tagzeit voraussetzen würde, kann bei einer Kindertageseinrichtung mit 74 Kindern nicht ausgegangen werden.
1.5.2 Ein vom Regelfall abweichender Sonderfall, der im Einzelfall die Annahme eines erheblichen Nachteils oder erheblicher Belästigungen ermöglicht, liegt nach der Intention des Gesetzgebers nur vor, wenn besondere Umstände gegeben sind, z. B. die Einrichtungen in unmittelbarer Nachbarschaft zu sensiblen Nutzungen wie Krankenhäuser oder Pflegeanstalten gelegen sind, oder sich die Einrichtungen nach Art und Größe sowie Ausstattung in Wohngebieten in die vorhandene Bebauung nicht einfügen (BT-Drs. 17/4836 S. 7). Anhaltspunkte dafür, dass hier ein vom Regelfall abweichender Sonderfall vorliegt, sind auch im Hinblick auf die Anzahl von 74 Kindern nicht gegeben. Diese Anzahl liegt nach den Erfahrungen des Gerichts noch im mittleren Größenbereich von üblichen Kindertagesstätten, auch wenn das Vorhaben keine kleine soziale Einrichtung darstellt. Jedoch ist bei der Betrachtung der Anzahl der Kinder zu beachten, dass bei einer Kindertagesstätte ein gewisser Anteil - auch wenn er hier noch nicht festgelegt ist - auf Krippenkinder im Alter von 0 - 3 Jahren entfällt, die insbesondere bei der Nutzung des Außenbereichs aufgrund ihres Alters und ihrer sich erst entwickelnden Mobilität in der Regel noch keine lärmintensiven Spiele spielen. Von daher ist eine Lärmentwicklung bei der Nutzung des Außenbereichs nicht durch alle 74 Kinder zu erwarten.
1.5.3 Fraglich ist aber, ob die Privilegierung in § 22 Abs. 1a BImSchG auch den durch die Kinderkrippe bedingten Zu- und Abgangsverkehr und die hierdurch bedingten Immissionen umfasst. Hierfür würde sprechen, dass es sich bei der Regelung in § 22 Abs. 1a BImSchG um eine Regelung von anlagenbezogenem Lärm auf der Grundlage des Kompetenztitels in Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG handelt, da seit der Föderalismusreform I im Jahr 2006 den Ländern für Regelungen zum Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zusteht (BT-Drs. 17/4836 S. 5). Zu den typischen Auswirkungen von Kindertageseinrichtungen als Anlagen gehört aber auch und gerade der hierdurch hervorgerufene Lärm des Zu- und Abfahrtsverkehrs. Dagegen spricht jedoch der Wortlaut des § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG, wonach Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden, von der Privilegierung erfasst werden. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass hierzu alle Geräuscheinwirkungen durch kindliche Laute (Sprechen, Singen, Lachen, Weinen, Rufen, Schreien und Kreischen) und durch körperliche Aktivitäten (Spielen, Laufen, Springen und Tanzen) gehören, selbst wenn vielfach die eigentliche Geräuschquelle in kindgerechten Spielzeugen, Spielbällen und Spielgeräten sowie Musikinstrumenten liegt (BT-Drs. 17/4836 S. 6). Von der Privilegierung umfasst werden nach dem Willen des Gesetzgebers auch Geräuscheinwirkungen durch Sprechen und Rufen von Betreuerinnen und Betreuern, da diese Laute unmittelbar durch die Kinder und ihre Betreuung bedingt sind. Im Übrigen soll jedoch das allgemeine Immissionsschutzrecht anwendbar bleiben, so dass etwa die technische Ausstattung der Einrichtungen und auch der Spielgeräte den allgemeinen Anforderungen zu entsprechen hat (BT-Drs. 17/4836 S. 6).
Im Ergebnis kann aber offen bleiben, ob der durch die Kindertagesstätte verursachte Zu- und Abfahrtsverkehr von den Privilegierungsvorschriften umfasst wird, da sich dessen Auswirkungen auch ohne die Heranziehung des § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG bzw. des Art. 2 BayKJG gegenüber den Klägern keinesfalls als unzumutbar oder rücksichtslos darstellen.
Der prognostisch auszusetzende Zu- und Abfahrtsverkehr mit im ungünstigsten Fall 148 zusätzlichen Fahrzeugbewegungen kann nur über die …straße abgewickelt werden, so dass die Kläger hiervon nicht betroffen sind. Aufgrund der zu erstellenden Tiefgaragenplätze werden die Kläger auch nicht durch Fahrzeugbewegungen auf dem streitgegenständlichen Grundstück belastet.
Es ist somit nicht ersichtlich, dass die im Antwort auf Frage 1 b positiv beurteilte Kindertagesstätte die gebotene Rücksichtnahme auf das Grundstück der Kläger vermissen lässt.
2. Die Beantwortung der Frage 6 verletzt keine nachbarschützenden Rechte der Kläger, die im Prüfprogramm des Vorbescheids enthalten sind. Das Prüfprogramm im Vorbescheid bzw. die insoweit zulässige Fragestellung korrespondiert mit dem im Baugenehmigungsverfahren. Gemäß Art. 59 Abs. 1 BayBO beinhaltet dieses gemäß Nr. 1 die planungsrechtliche Zulässigkeit gemäß §§ 29 bis 38 BauGB und die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO, sowie (Nr. 2) beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2006 - 25 C 06.1182 - juris;
2.1 Eine Zustimmung zu den in den Antragsunterlagen dargestellten Wandhöhen und Abständen wurde im Übrigen nicht gegeben, da insoweit auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen wurde; die irrtümliche Falschbezeichnung „Frage 5“ wurde ausdrücklich zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung richtig gestellt. In Antwort zu Frage 5 werden die Wandhöhen des Vorhabens - soweit sie 7 m und 9 m erreichen - ausdrücklich als planungsrechtlich unzulässig beurteilt, weshalb diese - aufgrund des Verweises - auch hinsichtlich der Abstandsflächen keine Zustimmung erfahren können. Dies gilt auch für den östlichen Teil der nördlichen Außenwand, soweit er 9 m hoch und 1,50 m von der darunterliegenden Außenwand des Erdgeschosses zurückgesetzt ist. Zwar wurde in der Antwort zu Frage 6 die Wandhöhe von 3 m im westlichen Teil der nördlichen Außenwand und von 6 m in deren östlichen Teil nicht ausdrücklich negativ beurteilt. Allerdings kann der Vorbescheid auch insoweit keine Bindungswirkung entfalten, da hier nur eine Beurteilung des Gesamtvorhabens erfolgen kann. Die negative Beurteilung bestimmter Parameter (z. B. Wandhöhe, Firsthöhe und Grundfläche) in Teilbereichen kann nicht e contrario zu einer Bindungswirkung der nicht oder nicht negativ beurteilten Parameter führen, da eine Teilbarkeit des Vorhabens insoweit ersichtlich nicht gegeben ist.
Da aufgrund der negativen Beurteilung der Höhenentwicklung in Teilbereichen des Vorhabens dieses nicht verwirklicht werden kann, können die Kläger im Hinblick auf eine etwaige Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch dieses Vorhabens nicht in ihren Rechten verletzt sein.
2.2 Abgesehen davon wurden hinsichtlich der, den Klägern gegenüberliegenden nördlichen Außenwand keine Abweichungen in Aussicht gestellt. Damit konnte auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Abstandsflächen dieser nördlichen Außenwand zur Grundstücksgrenze mit den Klägern keine bindende Aussage getroffen werden, da diese Abstandsflächen insoweit nicht im Prüfprogramm sind (BayVGH, U.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 10). Da die in Aussicht gestellte Abweichung von den abstandsflächenrechtlichen Vorgaben an der Südseite in keinem Zusammenhang mit der abstandsflächenrechtlichen Beurteilung der Nordseite steht, beschränkt sich der abstandsflächenrechtliche Regelungsgehalt des Vorbescheids ausschließlich auf diese südliche Außenwand (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2015 - a. a. O. Rn. 9 und 10).
Eine Bindungswirkung des streitgegenständlichen Vorbescheids hinsichtlich der Abstände der vom Vorhaben intendierten Wandhöhen ist daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben, weshalb insoweit auch eine Rechtsverletzung der Kläger ausgeschlossen ist.
III.
Die Klage war daher mit Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Es entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, den Klägern die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird vor der Teilrücknahme auf EUR 10.000,-- und danach auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.