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| Die Klage ist zulässig und begründet. |
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| Der Bescheid der Beklagten vom 21.04.2009 (Rechnungsnummer 095508) und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 08.09.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Der angefochtene Fremdenverkehrsbeitragsbescheid ist schon deshalb rechtswidrig, weil die Fremdenverkehrssatzung der Beklagten vom 08.12.2008 (im Folgenden: FVBS) keine wirksame satzungsrechtliche Grundlage darstellt. Der von der Klägerin zu entrichtende Beitragssatz nach § 5 Abs. 2 FVBS ist ungültig (ebenso wie derjenige nach § 5 Abs. 1 FVBS für „sonstige Betriebe“), da er nicht auf einer nachvollziehbaren, den hier einschlägigen Grundsätzen der Abgabenerhebung genügenden Kalkulation beruht. |
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| Die Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Beklagten unterscheidet in § 3 zwischen zwei Kategorien von Beitragspflichtigen: Zum einen gibt es die Gruppe der Beherbergungsbetriebe in § 3 Abs. 4 FVBS, die den Beitrag in Form eines Übernachtungsgeldes nach § 5 Abs. 2 FVBS, d.h. eines fixen Pauschalbetrages je Person und Übernachtung, zu entrichten haben, der je nach Lage des Beherbergungsbetriebes 0,65 EUR, 1,15 EUR oder 1,40 EUR beträgt. Demgegenüber müssen alle anderen Beitragspflichtigen einen Beitrag entrichten, für den nach § 4 Abs. 1 FVBS die Mehreinnahmen des Haushaltsjahres maßgebend sind. Diese werden in einem Messbetrag ausgedrückt, der sich ergibt, indem die Reineinnahmen (§ 4 Abs.2 FVBS) mit dem Vorteilssatz (§ 4 Abs. 3 FVBS) multipliziert werden. Der zu entrichtende Beitrag beträgt nach § 5 Abs. 1 FVBS 7,56 v.H. des Messbetrages. |
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| Die Beitragssätze nach § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 FVBS lassen sich aufgrund der Zweiteilung der Abgabepflichtigen mit jeweils unterschiedlichen Methoden der Beitragsbemessung rechnerisch nur ermitteln, wenn in einem vorgelagerten Schritt eine Quote für jede der beiden Kategorien der Beitragspflichtigen - die von der Beklagten als Fremdenverkehrsbeitrag A bzw. B bezeichnet werden - festgesetzt wird. Diese Quote betrifft den prozentualen Anteil der Fremdenverkehrsbeitrag A bzw. B am Gesamtbeitragsaufkommen (vgl. dazu die Erläuterungen zum Muster einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung des Gemeindetags, BWGZ 1998, 690, 705). |
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| Die Beklagte hat eine solche Quotierung zwischen den Fremdenverkehrsbeiträgen A und B vorgenommen, wie sich aus den dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen ergibt. Danach sollen dem Fremdenverkehrsbeitrag A (Übernachtungsbeitrag) 80 % und dem Fremdenverkehrsbeitrag B (Messbetragsbeitrag) 20 % der beitragsfähigen Kosten zugeordnet werden. |
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| Diese Zuordnung, auf der die Höhe des vom einzelnen Beitragspflichtigen zu zahlenden Beitragssatzes basiert, verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit als einer besonderen Ausprägung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Fremdenverkehrsbeitrag bemisst sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen (vgl. § 44 KAG und ebenso § 3 Abs. 1 FVBS). Da der Vorteil für die verschiedenen Abgabepflichtigen unterschiedlich ist, gebietet es der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, die Abgabepflichtigen auch unterschiedlich zu belasten. Dabei ist zu fordern, dass diejenigen, die in etwa den gleichen Vorteil haben, auch nach Maßstab und Abgabensatz gleichgestellt werden und dass diejenigen, die vom Fremdenverkehr größere Vorteile haben, aufgrund des Maßstabes des Abgabensatzes auch höhere Abgaben zahlen müssen als die Pflichtigen mit wahrscheinlich geringeren Vorteilen. Da die durch den Fremdenverkehr ermöglichte Steigerung des Umsatzes bzw. Gewinns nicht genau anhand eines Wirklichkeitsmaßstabes festgestellt werden kann, kann die Bemessung der die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteile nur nach einem an der Wahrscheinlichkeit orientierten Maßstab vorgenommen werden. Dabei genügt eine angenäherte Verhältnismäßigkeit, die einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierenden Wahrscheinlichkeit Rechnung trägt, und es muss hingenommen werden, dass innerhalb der gebildeten Berufsgruppen gewisse Unterschiede hinsichtlich der aus dem Fremdenverkehr erzielbaren wirtschaftlichen Vorteile bestehen. Die den Fremdenverkehrsbeitrag erhebende Gemeinde ist nicht verpflichtet, die fremdenverkehrsbedingten Vorteile jedes einzelnen Beitragspflichtigen exakt zu ermitteln. Dem Ortsgesetzgeber steht vielmehr ein weitgehendes Ermessen bei der Beurteilung der Frage zu, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten Branchen bzw. Berufsgruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise typischerweise zuzurechnen sind. Erst wenn die Vorteilslage innerhalb einer Beitragsgruppe oder im Verhältnis der Beitragsgruppen zueinander unter keinem Gesichtspunkt mehr als im Wesentlichen gleich angesehen werden kann, insbesondere, wenn die Vorteilseinschätzung willkürlich erscheint, liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Beitragsgerechtigkeit vor (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.01.2009 - 2 S 875/09 -, BWGZ 2009, 404 m.w.N.). |
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| In der beitragsrechtlichen Rechtsprechung der Obergerichte ist insoweit anerkannt, dass der Satzungsgeber im Rahmen der von ihm vorzunehmenden Kalkulation zum Mittel der Schätzung greifen darf. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg leitet aus dem Wesen des Fremdenverkehrsbeitrags her, dass der für die Höhe des Aufkommens aus dem Fremdenverkehr maßgebliche Hebesatz nur auf der Grundlage einer Kalkulation fehlerfrei vom zuständigen Ortsgesetzgeber festgesetzt werden kann. Der Gemeinderat hat als zuständiger Ortsgesetzgeber die für die Höhe des Abgabenaufkommens maßgeblichen Bestimmungen der Fremdenverkehrsabgabensatzung (Beitragssatz und Hebesatz) nicht im Wege freien Ermessens, sondern auf der Grundlage einer ihm unterbreiteten Kalkulation zu beschließen. Dadurch ist sichergestellt, dass der für die Beitragskalkulation maßgebliche Grundsatz der Kostendeckung beachtet ist. Dieser Grundsatz ist in § 44 KAG (früher § 11a KAG a.F.) angelegt und ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetzeszweck, der nur die Berücksichtigung solcher Kosten rechtfertigt, die im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr stehen. Die dem Gemeinderat zu unterbreitende Kalkulation des Fremdenverkehrsbeitrags ist ferner zugleich Nachweis dafür, dass dieser das ihm bei der Beschlussfassung eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausüben konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 - 2 S 2669/02 -, NVwZ-RR, 2004, 293 m.w.N.). |
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| In der Kalkulation sind zum einen die beitragsfähigen Kosten einzustellen, die der Gemeinde während des Kalkulationszeitraums voraussichtlich entstehen und die sie auf den Kreis der Abgabenschuldner umlegen will. Den beitragsfähigen Kosten ist in der Kalkulation andererseits das Aufkommen gegenüberzustellen, das die Gemeinde unter Anwendung des satzungsrechtlichen Verteilungsmaßstabs voraussichtlich erzielen wird. Dies setzt eine vollständige Erfassung derjenigen natürlichen und juristischen Personen voraus, die nach der eigenen satzungsrechtlichen Regelung als Abgabenschuldner in Betracht kommen. Nur durch eine solche Gegenüberstellung der beitragsfähigen Kosten einerseits und des voraussichtlichen Beitragsaufkommens andererseits ist für den Ortsgesetzgeber erkennbar, ob das Kostenüberschreitungsverbot gewahrt ist und zu welchem Kostendeckungsgrad der von ihm beschlossene Hebesatz führt. Allerdings ist die Ermittlung des voraussichtlichen Abgabenaufkommens lediglich auf der Grundlage von Prognosen und Schätzungen möglich, die, solange sie vertretbar und sachgerecht sind, gerichtlich nicht beanstandet werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.12.1997 - 2 S 3247/96 -, VBlBW 1998, 190). |
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| Darüber hinaus ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Anwendung verschiedener Beitragsmaßstäbe als grundsätzlich zulässig angesehen worden. Dies gilt insbesondere für die Erhebung eines pauschalen Beitrages nach der Zahl der vorhandenen Gästebetten oder nach der Zahl der tatsächlichen Übernachtungen bei Beherbergungsbetrieben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 aaO.; Urt. v. 18.03.1982 - 2 S 304/80 -; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 L 156/89 -, NVwZ-RR 1992, 45; OVG RhPf, Urt. v. 22.09.1981 - 6 A 266/80 -, DÖV 1982, 648). |
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| Nach diesen Grundsätzen vermag die Kammer zwar nicht grundsätzlich zu beanstanden, dass die Beklagte zwei Unterkategorien des Fremdenverkehrsbeitrages mit unterschiedlichen Beitragsmaßstäben gebildet und sodann den Anteil der jeweiligen Kategorien am zu deckenden Aufkommen geschätzt hat. |
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| Jedoch erscheint die konkrete Aufteilung der beiden Gruppen nicht als systemgerecht und beruht die von der Beklagten vorgenommene Schätzung, dass 80 % des zu deckenden Aufwandes auf die Beherbergungsbetriebe und 20 % auf die übrigen Betrieben entfallen sollen, auf keiner tragfähigen Grundlage. Sie ist „gegriffen“ und daher unzulässig (vgl. BayVGH, Urt. v. 14.03.2000 - 4 B 96.800 -, NVwZ-RR 2000, 828 m.w.N.; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 aaO.). |
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| Die Beklagte trägt diesbezüglich vor, dass es angesichts des großen und offensichtlichen Vorteils, den Beherbergungsbetriebe vom Fremdenverkehr hätten, nachvollziehbar sei, ihnen 80% des Beitragsaufkommens aufzuerlegen. Während z.B. bei Ärzten die schnelle Erreichbarkeit im Vordergrund stehe, spiele bei Beherbergungsbetrieben der Aufenthalt und damit der Ort eine entscheidende Rolle. Daher könnten andere Betriebe aus dem Fremdenverkehr nicht den gleichen Vorteil ziehen wie Beherbergungsbetriebe. |
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| Die Beklagte will insoweit, wohl unter Bezugnahme auf das zitierte Urteil des OVG Lüneburg vom 13.11.1990 (aaO.), das für das niedersächsische Landesrecht den Kreis der Beitragspflichtigen einschränkend auf Personen und Betriebe auslegte, die im fremdenverkehrsrechtlichen Sinne unmittelbare Vorteile haben, zwischen solchen unmittelbar Bevorteilten (wie den Beherbergungsbetrieben) einerseits und andererseits denjenigen Personen und Betrieben unterscheiden, die nur mittelbare Vorteile haben (wie scheinbar die genannten Bäcker, Buchhandlungen oder Ärzte). Dies ist jedoch aus mehreren Gründen nicht systemgerecht: |
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| So kennt das Fremdenverkehrsbeitragsrecht schon keine Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen. Nach § 44 Abs. 1 KAG darf die Gemeinde von allen natürlichen Personen, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben, und von allen juristischen Personen Fremdenverkehrsbeiträge erheben, soweit ihnen in der Gemeinde aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. § 44 Abs. 2 KAG bestimmt weiter, dass der Fremdenverkehrsbeitrag sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen bemisst, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen. Wie schon der Wortlaut des Gesetzes deutlich macht, sind unmittelbare und mittelbare Vorteile nach baden-württembergischem Landesrecht gleich gestellt. Maßgeblich für die Beitragshöhe sind letztlich die „besonderen wirtschaftlichen Vorteilen“ aus dem Fremdenverkehr, egal ob diese unmittelbar oder mittelbar bedingt sind (vgl. zu diesen Begriffen Seeger/Gössl, KAG, § 11a Anm. 3.4). Die „besonderen wirtschaftlichen Vorteilen“ bestehen in Form der erhöhten Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten, d.h. in einem Prozentsatz der Gesamteinnahmen eines Betriebes, der dem Fremdenverkehr - unmittelbar oder mittelbar - zuzuordnen ist (sog. Vorteilssatz, vgl. Seeger/Gössl, KAG, § 11a Anm. 5). |
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| Unstimmig ist ferner, dass die Beklagte den Fremdenverkehrsbeitrag A nicht für alle Betriebe mit unmittelbaren Vorteilen aus dem Fremdenverkehr erhebt, sondern nur für Beherbergungsbetriebe. „Klassische“ unmittelbar vom Fremdenverkehr „lebende“ Betriebe wie Gaststätten, Restaurants, Cafés oder Eisdielen haben demgegenüber den Fremdenverkehrsbeitrag B zu entrichten. Deutlich wird die mangelnde Systemgerechtigkeit gerade, wenn man in einem weiteren Schritt einen solchen unmittelbar Bevorteilten mit einem mittelbar Bevorteilten vergleicht: Laut der von der Beklagten im Verfahren vorgelegten Liste der Reingewinn- und Vorteilssätze beträgt der Vorteilssatz einer Eisdiele 70 %, d.h. 70 % ihrer Einnahmen sind auf den Fremdenverkehr (unmittelbar) zurückzuführen. Wenn die Beklagte andererseits beispielsweise bei Stromversorgungsunternehmen, die typischerweise nur mittelbar bevorteilt sind, gleichfalls einen Vorteilssatz von ebenfalls 70 % annimmt, kann dies nur so verstanden werden, dass die Beklagte davon ausgeht, dass ein Stromversorgungsunternehmen 70 % seiner Einnahmen in X (mittelbar) aus dem Fremdenverkehr erzielt. Dies macht deutlich, dass es hinsichtlich der besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, verstanden als Quote der fremdenverkehrsbedingten Einnahmen am Gesamtumsatz des Betriebes, keinen Unterschied zwischen Betrieben mit unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen gibt. Wenn die Beklagte zudem die Auffassung vertritt, der Vorteil der Betriebe, die den Fremdenverkehrsbeitrag A entrichten, sei wesentlich größer - wenn nicht gar viermal so groß angesichts der Quote von 80 zu 20 -, lässt sich dies nicht mit Vorteilssätzen von bis zu 80 % vereinbaren, die für eine Vielzahl von Betrieben (insbesondere Ärzte und Gaststätten) im Rahmen der Fremdenverkehrsabgabe B zu Grunde gelegt werden. Sind diese Werte richtig, kann der fremdenverkehrsbezogene Vorteil eines Beherbergungsbetriebes maximal um ein Viertel höher liegen (wenn er mit 100 % für den Beherbergungsbetrieb angenommen wird). Das heißt, dass aus dem Vorteilsprinzip gerade nicht gefolgert werden kann, dass die Gruppe der Beherbergungsbetriebe insgesamt den vierfachen Betrag an Beiträgen zu entrichten hat. |
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| Darüber hinaus zeigen die von der Beklagten angeführten Beispiele, dass damit bei näherer Betrachtung keine Differenzierung zwischen unmittelbar und mittelbar Bevorteilten gerechtfertigt werden kann, denn die genannten Fälle eines Bäckers, einer Buchhandlung oder eines Arztes sind im Gegenteil selbst unmittelbar vom Fremdenverkehr Bevorteilte. „Unmittelbare Vorteile“ haben diejenigen Personen oder Betriebe, die mit dem Ferien- oder Kurgast selbst entgeltliche Rechtsgeschäfte abschließen, diesem also gegen Entgelt Dienstleistungen erbringen oder Waren verkaufen, während demgegenüber Personen oder Unternehmen, die mit den am Fremdenverkehr unmittelbar verdienenden Kreisen im Rahmen der für die Fremden notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen, nur einen mittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr ziehen (Seeger/Gössl, KAG, § 11 a Anm. 3.4; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 11 Rn. 81 jew. m.w.N.). Wenn der Bäcker dem Feriengast Brötchen oder der Buchhändler dem Gast ein Buch verkauft oder der Arzt den Urlauber behandelt, so realisieren sich dabei definitionsgemäß stets unmittelbare Vorteile. Dies verdeutlicht, dass es der Beklagten bei ihrer Argumentation bei Lichte betrachtet nicht um eine Differenzierung zwischen unmittelbar und mittelbar Bevorteilten geht, sondern um etwas anderes: Die Beklagte stellt auf einen kausalen Faktor ab. Sie will differenzieren zwischen Betrieben, derentwegen die Gäste nach X kommen, die also primäre „Fremdenverkehrsmagneten“ sind - und solchen Betrieben, die dann mit den in X anwesenden Gästen quasi „Sekundärgeschäfte“ machen. Um im Bild der Beklagten zu bleiben: Sie geht davon aus, dass der Gast wegen eines schönen Hotels oder einer gut ausgestatteten Kurklinik nach X kommt (primäre Ebene) und dann während seiner Anwesenheit in X gelegentlich in den örtlichen Geschäften (Bäcker, Buchhandlung etc.) einkauft oder auch einen Arzt aufsucht (sekundäre Ebene). Für diese Art von Differenzierung hält das Kommunalabgabengesetz indessen keinerlei Ansatz bereit. Diese Differenzierung lässt sich auch, wie bereits oben im Grunde dargestellt, mit dem die Beitragserhebung prägenden Vorteilsprinzip nicht vereinbaren, denn wenn z.B. ein Bäcker seine Brötchen ausschließlich an Touristen verkaufen würde, wäre er nicht weniger bevorteilt als z.B. der Betreiber eines Camping-Platzes. |
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| Damit die von der Beklagten vorgenommene Aufteilung des Fremdenverkehrsbeitragsaufkommens auf zwei Gruppen von Betrieben dem Gleichheitsgrundsatz entspricht und nicht willkürlich ist, bedarf sie - auch im Falle einer grundsätzlich zulässigen Schätzung - einer sachlichen Grundlage (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.12.1997 aaO. und Urt. v. 29.04.2010 - 2 S 2160/09 -, VBlBW 2010, 440, wonach die Grenze der Zulässigkeit einer Schätzung erreicht sei, wenn sie auf falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruhe, wenn wesentliche Tatsachen nicht ermittelt oder außer Acht gelassen oder wenn der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt würden). Hierfür müsste die Beklagte, wenn sie zwei Kategorien von Fremdenverkehrsbeiträgen mit unterschiedlichen Maßstäben erheben will, in einer Art Parallelbetrachtung ermitteln, wie groß die Quote für die jeweiligen Gruppen wäre, wenn - was im Übrigen grundsätzlich der vom Gemeindetag empfohlenen Mustersatzung entspricht - ein einheitlicher Maßstab praktiziert würde. Erst nach einer solchen Vergleichsberechnung hätte die Beklagte eine Vorstellung davon, wie groß der Deckungsanteil z.B. der Gruppe der Beherbergungsbetriebe an den beitragsfähigen Kosten sein dürfte (vgl. dazu OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990, aaO., wo gefordert wird, dass bei Verwendung mehrerer unterschiedlicher Maßstäbe zunächst eine Vergleichbarkeit herbeigeführt werden müsse; vgl. ferner die Erläuterungen zum Muster einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung des Gemeindetags, BWGZ 1998, 690, 705, wo ebenfalls betont wird, dass der Satzungsgeber bei der Festlegung eines Pauschalmaßstabes die Pauschale nicht völlig losgelöst vom Hauptmaßstab festsetzen dürfe, was über eine grobe Vergleichsberechnung bewerkstelligt werden könne). |
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| Zu einer anderen Bewertung sieht sich die Kammer nicht durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 04.12.2003 (aaO.) veranlasst, in dem der Verwaltungsgerichtshof keinen relevanten Verstoß gegen die Abgabengerechtigkeit angenommen hat, wenn eine Gemeinde für Vermieter von Privatzimmern eine pauschaliertes Übernachtungsentgelt erhebt und die übrigen Abgabepflichtigen nach dem Messbe-tragsverfahren heranzieht. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung insoweit damit begründet, dass der Kläger im damaligen Verfahren nichts für sich selbst daraus herleiten könne, wenn nunmehr auch Privatvermieter nach dem Messbetragsverfahren herangezogen würden, da eine Auswirkung - etwa über den Grundsatz der Kostendeckung bei einer einheitlichen Einrichtung - auf die nach dem Wertmaßstab Veranlagten hier nicht in Rede stehen dürfte. Darüber hinaus hielt der Verwaltungsgerichtshof die anderweitige Behandlung der Privatzimmervermieter vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG (nur) aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität für gerechtfertigt, da gerade Privatzimmervermieter in der Regel nicht buchführungspflichtig seien (kritischer insoweit noch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.12.1997 aaO.). |
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| Während dort jedoch der Pauschalmaßstab nur für eine kleine Gruppe von Betrieben, die sich finanziell auf das Gesamtaufkommen nur unwesentlich auswirkte, praktiziert wurde, ist hier der Pauschalmaßstab sozusagen der Hauptmaßstab und soll den „Löwenanteil“ von 80 % erbringen. Überdies sind gerade diejenigen Beherbergungsbetriebe, die hohe Pauschalbeträge zu entrichten haben wie Hotels, Kliniken etc. buchführungspflichtig. In einer solchen Konstellation, bei der der Pauschalmaßstab nicht nur die sprichwörtlichen „peanuts“ betrifft, sondern das zentrale Element darstellt, kann der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung nicht „pauschal“ jede Differenzierung rechtfertigen. Dies gilt jedenfalls für die Frage der Quotierung in der Kalkulation: Für diese Grundentscheidung im Rahmen der Kalkulation kann die Verwaltungsvereinfachung nicht als Argument für eine ohne jegliche tatsächliche Fundierung erfolgte Zuweisung einer bestimmten Quote herangezogen werden; die Verwaltungsvereinfachung ist kein Selbstzweck und hat nicht per se Vorrang vor dem Anspruch des Abgabenpflichtigen auf Gleichbehandlung. Erst wenn im oben dargestellten Sinne eine Bewertungsgrundlage für die Quotierung ermittelt wurde, kann die Verwaltungsvereinfachung ggf. in einem zweiten Schritt innerhalb der Gruppe der nach dem Pauschalmaßstab Veranlagten als Rechtfertigung für diesen Maßstab herangezogen werden. |
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| Nach alledem ist die Kammer der Überzeugung, dass die Beklagte die Quote von 80 % zu 20 % ohne hinreichende sachliche Rechtfertigung und damit willkürlich zu Grunde gelegt hat. Dass diese ggf. nach einer Vergleichsberechnung im oben dargestellten Sinne sich - zufällig - als richtig erweisen könnte, ist für die Entscheidung ohne Belang. |
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| Da demnach bei der Beschlussfassung über die Beitragssätze eine in einem für die Beitragshöhe wesentlichen Punkt mangelhafte Kalkulation vorlag, führt dies zur Ungültigkeit des Beitragssatzes. Da dieser zwingender Bestandteil der Beitragssatzung nach § 2 Abs. 1 KAG ist, muss seine Ungültigkeit zur Gesamtungültigkeit der Satzung führen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 aaO.). |
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| Somit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob die übrigen Rügen der Klägerin gegen die Gültigkeit der Satzung durchgreifen. Insbesondere bedarf die Frage keiner Vertiefung, ob die Kombination zweier - isoliert betrachtet - grundsätzlich anerkannter Beitragsmaßstäbe (Pauschalmaßstab einerseits und Messbetragsmaßstab andererseits) in einer Satzung vor dem Hintergrund des Prinzips der Abgabengerechtigkeit zulässig ist. Nicht unproblematisch könnte insoweit sein, dass eine Gruppe ausschließlich umsatzbezogen veranlagt wird, während bei der anderen Gruppe eine Veranlagung nach Umsatz, Reingewinnsatz und Vorteilssatz erfolgt, also zumindest eine abstrakte Umsatzkorrektur durch den typischen Reingewinn erfolgt. |
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| Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor. |
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