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| Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen sind zwar nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, da sie insbesondere fristgemäß eingelegt wurden und die zu ihrer Begründung eingegangenen Schriftsätze ferner den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO genügen. Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg (A.). Die Verpflichtungsklage mit den in Ziffer 3 und 4 hilfsweise gestellten Klaganträgen ist gleichfalls unbegründet (B.). Denn der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.06.2007 ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zulassung einer Zielabweichung noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres dahingehenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 VwGO). Deshalb konnten auch die Berufungsanträge der Beigeladenen keinen Erfolg haben. |
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| Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat verweist, entschieden hat, keine durchgreifenden Bedenken. Die mit dem Hauptantrag Ziffer 2 verfolgte Feststellungsklage ist aber unbegründet. |
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| Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen ist mit dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 (LEP 2002), der gemäß § 10 LplG durch Verordnung der Landesregierung vom 23.07.2002 (verkündet am 20. August 2002 im GBl. Nr. 9, S. 301) für verbindlich erklärt wurde, nicht vereinbar. Es widerspricht den in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 festgelegten Zielen der Raumordnung. Denn das geplante Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen fügt sich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich. |
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| Die in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltenen Planaussagen haben Zielqualität (I.) und stehen als Gesamtregelung dem Ansiedelungsvorhaben der Beigeladenen entgegen (II.). Diese Ziele der Raumordnung verstoßen weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Klägerin (III.) noch gegen die Freiheit der Berufsausübung der Beigeladenen (IV.), sie sind auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) vereinbar (V.) |
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| Die Festlegungen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 stellen Ziele der Raumordnung dar. |
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| Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 2 ROG (in der bis zum Inkrafttreten des ROG vom 22. Dezember 2008 - BGBl I S. 2986 - geltenden Fassung [ROG 2008]; im Folgenden: ROG 2006) sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. auch § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 LplG). Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG 2006 demgegenüber als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums in oder aufgrund von § 2 ROG 2006 als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet. Den Zielen kommt die Funktion zu, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegelt sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wider. Sie sind anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraumes das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe sind sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen lassen, sind verbindlich. Ziele der Raumordnung sind nach § 4 Abs. 1 ROG 2006 (§ 4 Abs. 1 LplG) von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu "beachten"; Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Rechtsbindungen, die Ziele der Raumordnung erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20. November 2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienen. |
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| Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung (§ 3 Nr. 2 ROG 2006) ist genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, dabei bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern. Von einer Zielfestlegung kann freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnimmt. Erhält der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspricht dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zwar zulässt, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG 2006 (nunmehr § 6 Abs. 2 ROG 2008) genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweist. Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, können die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG) selbst festlegt. In einem solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sind (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). |
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| 1. Gemessen an diesen Vorgaben kommt zunächst den Festlegungen im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 Zielqualität zu. Danach sollen sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen (Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002). Nach Plansatz 3.3.7. (Z) Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 dürfen Einzelhandelsgroßprojekte im Sinne des Satzes 1, 1. Halbsatz in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 2 LEP 2002). Die Planaussagen sind ausdrücklich durch das Kennzeichen „Z“ als „Ziele“ gekennzeichnet (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ROG 2006; § 7 Abs. 1 Satz 5 LplG). Allerdings sind die Planaussagen in den streitigen Plansätzen nicht allein deshalb zwangsläufig als Zielfestlegung zu qualifizieren. Die Angaben sind lediglich als Indiz dafür zu werten, dass der Plangeber davon ausgegangen ist, eine Zielfestlegung getroffen zu haben. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt jedoch nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst. Erfüllt eine planerische Regelung nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die in § 3 Nr. 2 ROG umschrieben sind, so ist sie kein Ziel der Raumordnung. Anderslautende Bekundungen des Plangebers vermögen eine Planaussage, die lediglich die Merkmale eines Grundsatzes aufweist, nicht zu einem Ziel erstarken zu lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -, SächsVBl 2003, 192; Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). |
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| Der Festlegung im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002 kommt jedoch auch ihrem materiellen Gehalt nach Zielqualität zu. Dem damit verbundenen Verbindlichkeitsanspruch steht nicht entgegen, dass die Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 entsprechend ihrem Wortlaut als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist. Ist eine Rechtsnorm - wie im vorliegenden Fall (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226) als „Soll“-Vorschrift erlassen, ist der Normadressat - im Sinne von rechtlich zwingend - verpflichtet, grundsätzlich so zu verfahren, wie es in der Norm bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (BVerwG, Urteil vom 14.01.1982 - 5 C 70.80 -, BVerwGE 64, 318; Urteil vom 17.03.1992 - 1 C 31.89 -, BVerwGE 90, 88 = NVwZ 1993, 675; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2001 - 3 S 605/01 -, VBlBW 2002, 200 m.w.N. [zur Zielaussage einer „Soll“-Vorschrift]). Der Plangeber hat es allerdings bei der Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 nicht bei diesem Regelungsmechanismus belassen. Der als einheitliche Festlegung zu wertende Plansatz 3.3.7 Satz 1 und 2 LEP 2002 enthält zunächst die (Soll-)Bestimmung, nach der sich Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen. Dieses Soll-Ziel wird in Satz 2, 2.Halbsatz des Plansatzes 3.3.7 LEP 2002 konkretisiert. Danach dürfen die aufgeführten Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Diese Regelung ist Ausdruck des als verbindliches raumordnerisches Ziel anerkannten Zentrale-Orte-Prinzips oder des Konzentrationsgrundsatzes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 -, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 08.06.2006 - 4 BN 8.06 -, BRS 70 Nr. 13 (2006); Beschluss vom 09.12.2005 - 8 S 1754/05 -, BRS 69 Nr. 115 (2005); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsisches OVG vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005). Diese Planaussage enthält keine vom 1. Halbsatz des Plansatzes 3.3.7. Satz 1 LEP 2002 unabhängige Regelung, sondern steht in untrennbarem Zusammenhang mit diesem. Hierauf weist bereits ihre Stellung im gleichen Satz wie auch die - bloße - Trennung durch ein Semikolon und darüber hinaus der Sinn und Zweck der im gesamten Plansatz getroffenen Planaussagen hin. Von dieser Regel-Bestimmung wird im Plansatz 3.3.7. Satz 2 LEP 2002 eine Ausnahme normiert. Danach kommen abweichend auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Der Plangeber ordnet daher seiner Regelbestimmung, dass Einzelhandelsgroßprojekte in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden, weil sich diese in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen sollen, mit Letztverbindlichkeit eine konkrete - inhaltlich bestimmte, jedenfalls aber bestimmbare - Ausnahme (von der Regel) zu. Diese Regel-Ausnahme-Struktur entspricht hinsichtlich der Anforderungen an die Normbestimmtheit unzweifelhaft den Vorgaben in der insoweit maßgeblichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). |
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| Neben der Regel-Ausnahme-Bestimmung in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 hat der Plangeber ferner entsprechend der als Soll-Vorschrift ausgestalteten Planaussage im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 die Zulassung einer Abweichung von seinem unbedingten Planziel, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen, insoweit in seinen Willen aufgenommen, als auf der Ebene der Landesplanung planerisch nicht vorhersehbare atypische Umstände vorliegen. Dadurch, dass der Plangeber sein Planziel bewusst in eine Soll-Vorschrift gekleidet hat, hat er als Normgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, auf den oben dargestellten einer Soll-Norm innewohnenden Regelungsmechanismus zurückzugreifen. Der Senat vermag keinen wesensmäßigen Unterschied zwischen einer als „Soll-Vorschrift“ ausgestalteten allgemeinen Rechtsnorm des öffentlichen Rechts und einer planungsrechtlichen Norm erkennen. Des Weiteren ist eine - auch raumordnerische - Norm, die eine Soll-Struktur aufweist, nicht mit einem Normgefüge in einer Regel-Ausnahme-Struktur vergleichbar (insoweit a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.06.2005 - 10 D 145/04.NE -, BauR 2005, 1577; Bay. VGH, Urteil vom 19.04.2004 - 15 B 99.2605 -, BauR 2005, 63). Im letzteren Fall legt der Normgeber seine Planziele lediglich in der Regel fest und ist daher gehalten, die Ausnahmetatbestände - bestimmbar - zu normieren (so zu Recht BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). Demgegenüber führt eine Soll-Norm im hier maßgeblichen raumordnerischen Regelungszusammenhang zu einer strikten Zielfestlegung, die eine Abweichung ausschließlich in atypischen, vom Normgeber nicht vorhersehbaren Einzelfällen zulässt. Atypische Umstände entziehen sich ihrer Natur nach grundsätzlich der Vorhersehbarkeit und damit einer vorherigen normativen Festlegung. Es steht allein in der Entscheidung des Landesplangebers, mit welcher Stringenz er seine übergeordneten Planziele in einem Raumordnungsplan für die nachfolgende Planungsebene verfolgt. Daher ist es ihm insbesondere mit Blick darauf, dass Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet - bei gleichzeitiger Beachtung seiner Ziele - zu entwickeln sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; § 11 Abs. 2 LplG), unbenommen zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm festgelegte Ziele Beachtung beanspruchen. Im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber die von ihm verfolgte Zielverwirklichung durch Kombination verschiedener gesetzestechnischer Rechtsfolgenregelungen gestuft normiert. Zunächst wird im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 das Zentrale-Orte-Prinzip bzw. der Konzentrationsgrundsatz als unbedingtes Ziel festgelegt. Im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 wird für dieses Ziel sodann ein ausdrücklicher Regel-Ausnahme-Tatbestand normiert. Schließlich - auf einer dritten Stufe - schafft der Plangeber durch die Zielfestlegung als Soll-Norm für Fallgestaltungen, die planerisch nicht vorhersehbar sind und für die die Steuerungswirkung der strikten Zielaussage - auch und gerade - mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unangemessen sein kann, die Möglichkeit einer Zielabweichung für die nachgeordnete Planungsebene ohne Gefährdung der Zielfestlegung für den plantypischen Fall (vgl. Spannowsky, UPR 2003, 248, 253). |
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| 2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Erwägungen hat auch der Plansatz 3.3.7.1 (Z) S. 1 LEP 2002 Zielcharakter. |
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| Nach dieser Planaussage soll die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (Kongruenzgebot). Nach Satz 2 des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) dürfen die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beeinträchtigungsverbot). Wie das Konzentrationsgebot hat der Plangeber auch das Kongruenzgebot als verbindliches Planungsziel in der Form einer Soll-Norm festgelegt. Anders als im Plansatz 3.3.7 (Z) LEP 2002 - dort im Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 LEP 2002 - hat er auf eine weitere Konkretisierung dieses Ziels durch eine Regel-Ausnahme-Vorschrift verzichtet. Damit kommt diesem Planziel uneingeschränkte Verbindlichkeit insoweit zu, als keine für den Plangeber unvorhersehbare atypischen Umstände vorliegen. Entsprechend der bewussten Ausgestaltung als Soll-Ziel will der Plangeber ausschließlich bei einer atypischen Fallgestaltung eine Zielabweichung zulassen. Nach dem Regelungszusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 hat der Plangeber allerdings die Voraussetzungen für die Annahme einer Atypik nicht gänzlich offengelassen, sondern diesen Rahmen eingegrenzt und insoweit das Soll-Ziel näher festgelegt. Das Verwaltungsgericht weist hierbei zu Recht darauf hin, dass der Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 nicht isoliert betrachtet werden darf. Vielmehr steht er mit dem Plansatz 3.3.7 und dem Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 in einem untrennbar miteinander verzahnten von raumordnerischen Grundsätzen getragenen Regelungszusammenhang, wie dies bereits im formalen Gliederungsaufbau zu Ausdruck kommt. Die als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Festlegung im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthält die Aussage, dass typischerweise der zentralörtliche Verflechtungsbereich nicht überschritten werden darf. Mit diesem Inhalt ist die Planaussage zwingend. Die atypischen Umstände werden vom Plangeber insoweit - negativ - selbst eingegrenzt, als das im Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 strikt festgelegte Kernziel, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen, jedenfalls nicht angetastet werden darf. Hierin zeigt sich auch der innere Zusammenhang des Plansatzes 3.3.7.1 (Z) Satz 1 und 2 LEP 2002. Denn der Schutzbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs wirkt in zwei Richtungen, einmal nach „innen“, als er die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung sichern will, und zum anderen nach „außen“, als er die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte gewährleisten will. Zwar spricht auch der Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ein Beeinträchtigungsverbot aus. Er ist aber, wie sich auch formal aus dem einen eigenen Absatz bildenden Plansatz 3.3.7.2 Satz 1 LEP 2002 ergibt, Teil des dort geregelten Integrationsgebots. Der Plangeber geht im Plansatz 3.3.7.1 (Z) LEP 2002 normtechnisch den umgekehrten Weg, in dem er festlegt, welche Umständen eine Atypik keinesfalls rechtfertigen. Damit hat die Prüfung, ob atypische Umstände eine Abweichung von dem Plansatz 3.3.7.1 Satz 2 LEP 2002 normierten Planziel zulassen können, nach dem dargestellten Regelungszusammenhang zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Verkaufsfläche eines Einzelhandelsgroßprojekts so bemessen sein, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich (zwar) wesentlich überschreitet. Zum anderen darf (gleichzeitig) die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte (aber) nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Vorhaben daher insoweit nicht gegen das „städtebauliche Integrationsgebot“ (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220 ) verstoßen. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen können weitere besondere raumordnungsbezogene Umstände überhaupt erst eine Atypik begründen und den nachgeordneten Planungsträger von der Beachtenspflicht des § 4 Abs. 1 ROG entbinden. Damit hat der Plangeber hinreichend bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von der Zielaussage, dass die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojekts so zu bemessen ist, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, eine Abweichung zulassen will. Des Weiteren enthält die Begründung des LEP 2002 (Seite B36) zu den Plansätzen unter 3.3.7, die keine weitere Untergliederung nach einzelnen Planuntersätzen vornimmt und somit auch den Gesamtzusammenhang aller Regelungen dokumentiert, Leitlinien, die für die Feststellung und die Bestimmbarkeit einer Atypik für den nachgeordneten Planungsträger herangezogen werden können. Dort wird insbesondere auf den Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 und auf die nachteiligen Wirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten bei einer falschen sowie auf die Notwendigkeit und die Kriterien einer raumverträglichen Standortwahl verwiesen. Auch abstrakte Kriterien genügen zur Bestimmung oder Bestimmbarkeit, d. h. zur Identifizierung einer landesplanerisch gebilligten Atypik (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 - BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161). Nach diesen Maßgaben ist mit der räumlichen Zuordnung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 in das zentralörtliche Gliederungssystem verbunden mit der weiteren Zielaussage im Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 - insoweit ergänzt durch Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002 -, wonach die Verkaufsfläche der Einzelhandelsgroßprojekte so bemessen sein muss, dass deren Einzugsbereich den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet, das in diesen Plansätzen zum Ausdruck kommende Gesamtziel der Zentrenverträglichkeit hinreichend bestimmt, um den landesplanerischen Vorbehalt atypischer Fallgestaltungen auszufüllen und der planenden Gemeinde die Identifizierung einer raumordnerischen Atypik zu ermöglichen. |
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| 3. Dem Zielcharakter der Planfestlegungen in den im Gesamtzusammenhang zu sehenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 in ihrer Ausgestaltung als Soll-Vorschriften mit der in der Normstruktur angelegten Abweichungsmöglichkeit bei Vorliegen atypischer Umstände steht das Gebot der abschließenden Abwägung im Sinne von § 3 Nr. 2 und § 7 Abs. 7 ROG 2006 (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ROG 2008) nicht entgegen.Die Planaussagen in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 mit Zielcharakter werden dadurch nicht zu einem vom nachgeordneten Planungsträger in der Abwägung - lediglich - im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG und § 4 Abs. 2 LplG zu berücksichtigenden Grundsatz relativiert. Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beigeladenen wird die abschließende Abwägung des Plangebers mit dem vom Gesetzgeber nicht verwendeten Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ nur näherungsweise umschrieben. Beide Begriffe sind ihrem Inhalt nach nicht gleichzusetzen. Das Erfordernis abschließender Abwägung bedeutet nicht, wie der zuweilen als Synonym verwendete Begriff der „raumordnerischen Letztentscheidung“ vermuten ließe, dass die Raumordnungsbehörde in raumplanerischer Hinsicht im Sinne einer Endgültigkeit jede planerische Entscheidung erschöpfend vorwegnehmen muss und damit dem nachgeordneten Planungsträger keinerlei Raum für eine Planung mehr überlassen darf. Der Plangeber kann es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels gerade im Rahmen seiner planerischen abschließenden Abwägung Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu erweitern (BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Runkel, in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder; § 3 ROG Rn. 76 ff). Er ist - nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - berechtigt, mit seinen Planzielen den nachgeordneten Gestaltungsrahmen zu definieren. Nur dieses Verständnis wird dem gesetzgeberischen Gebot gerecht, dass - nachgeordnete - Regionalpläne aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet nach § 8 ROG 2006 zu entwickeln (§ 9 Abs. 2 Satz 1 ROG 2006 [2008 identisch]; zum Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11.02.2004 - 4 BN 1.04 -, BauR 2004, 1264, und vom 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, NVwZ 2007, 473; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -) bzw. die Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 2006 und des Landesentwicklungsplans zu konkretisieren sind (§ 3 Abs. 1, § 11 Abs. 2 LplG). Darüber hinaus liegt es in der Natur einer übergeordneten, überörtlichen und zusammenfassenden Planung, dass sie nur - mehr oder weniger Spielraum lassende - Rahmenbedingungen setzt. Auch Aussagen mit einem geringen Konkretisierungsgrad oder einer geringen inhaltlichen Dichte können Ziele der Raumordnung sein (BVerwG, Urteil vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 330). Aus diesem Grund ist der Plangeber auch berechtigt, den nachgeordneten Planungsträgern einen gewissen planerisch ausfüllungsfähigen Gestaltungsrahmen vorzugeben. Die Abwägung muss aber - andererseits - zu einem bestimmten Entscheidungsgehalt führen, der bei der weiteren Zielkonkretisierung nicht erneut zur Disposition steht. Die so festgelegten Ziele bleiben zwar einer sich darüber hinwegsetzenden Abwägung durch den nachgeordneten Planungsträger entzogen, nicht aber - je nach Schärfe der Zielaussagen - einer Konkretisierung und Ausgestaltung (BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329; Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, BVerwGE 119, 217; Beschluss vom 15.06.2009 - 4 BN 10.09 -, NVwZ 2009, 1226). Die Reichweite der planerischen Disposition liegt in der Entscheidungskompetenz der für die Festlegung von Zielen der Raumordnung zuständigen Raumordnungsbehörde. Die abschließende Abwägung des jeweiligen Trägers der Raumordnung besteht bei Zielfestlegungen im Rahmen einer „Soll“-Vorschrift darin, dass der in der Festlegung zum Ausdruck kommende raumordnerische Wille grundsätzlich uneingeschränkt von dem nachgeordneten Planungsträger umzusetzen ist. Soweit keine Atypik vorliegt, bleibt die planerische Vorstellung der nachfolgenden Abwägung durch plangebundene Dritte entzogen. Ist eine solche hingegen zu bejahen, hat der Plangeber mit der Ausgestaltung seines Ziels als „Soll“-Ziel eine Abweichung im Rahmen seiner abschließenden Abwägung in seinen planerischen Willen aufgenommen. |
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| Davon ist vorliegend auszugehen. Der Plangeber hat in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 die Kernziele seiner raumordnerischen Vorstellung klar formuliert und ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht im Rahmen einer Abwägung durch einen nachgeordneten Planungsträger zur planerischen Disposition stehen. Er hat gleichzeitig durch positive und negative Abgrenzungskriterien den Zielrahmen festgelegt, innerhalb dessen atypische Umstände eine Abweichung von den planerischen Kernzielen anzeigen können, um - gegebenenfalls - auch außerhalb eines förmlichen Zielabweichungsverfahrens nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) der Vielgestaltigkeit der raumordnerischen Situationen und einem etwaigen Wandel der Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen sowie eine zukunftsorientierte Entwicklungsoffenheit des Prozesses der Raumstrukturen durch den LEP 2002 zu sichern. |
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| Der Hinweis der Klägerin und der Beigeladenen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.09.2009 (- 10 A 1676/08 -, juris) geht insoweit fehl. Der Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde liegt, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort hatte der Landesgesetzgeber auf der Ebene des Landesentwicklungsprogramms ersichtlich keine abschließende Entscheidung getroffen. Er hatte zwar (im maßgeblichen § 24a Abs. 1 Satz 1 LEPro) die Kernaussage getroffen, großflächigen Einzelhandel auf zentrale Versorgungsbereiche zu verweisen, die Festlegung von zentralen Versorgungsbereichen indessen den Gemeinden überlassen. Die abschließende Entscheidung über Lage, Größe und Funktion von zentralen Versorgungsbereichen und damit auch die Frage, wo Kerngebiete und Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel festgesetzt werden dürfen, wird daher auf der kommunalen Planungsebene getroffen. Die Gemeinde ist insoweit - anders als im vorliegenden Fall - nicht an vorgelagerte raum- ordnerische Zielfestlegungen gebunden. |
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| 4. Mit der Befugnis zur Feststellung der Atypik wird dem nachgeordneten Planungsträger insoweit nicht die abschließende Abwägung im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz LEP 2002 übertragen. Denn die Beurteilung, ob eine raumbedeutsame Maßnahme mit dem Kernziel des übergeordneten Plans übereinstimmt oder ob atypische Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, ist - wie im Übrigen auch die Frage, ob ein gesetzlich normierter Ausnahmetatbestand im Fall einer „Regel-Ausnahme-Normstruktur gegeben ist - kein Akt planender Gestaltung durch Abwägung privater und öffentlicher Belange, die zum Ausgleich gebracht oder erforderlichenfalls überwunden werden (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 27), sondern eine Rechtsentscheidung (Hendler, UPR 2003, 256; Spannowsky, UPR 2003, 248; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). Insoweit weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die zuständige Raumordnungsbehörde mit den Mitteln der Rechts- und Fachaufsicht gegen einen Planungsträger vorgehen kann, der seiner Planung fehlerhaft einen atypischen Sachverhalt zugrunde legt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 161; 201). |
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| 5. Das vom Bundesgesetzgeber in § 11 ROG 2006 (§ 6 ROG 2008) rahmenrechtlich vorgesehene und in § 24 LplG umgesetzte Zielabweichungsverfahren schließt entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen die Festlegung von Zielen der Raumordnung in planungsrechtlichen „Soll“-Normen nicht aus. Der Einwand, das Zielabweichungsverfahren erweise sich bei Anerkennung von planungsrechtlichen „Soll“-Normen als überflüssig, greift zu kurz. Denn bei Fallgestaltungen, die keine Atypik aufweisen und bei denen deshalb die Zielfestlegung strikte Beachtung fordert, behält das Zielabweichungsverfahren auch bei planungsrechtlichen „Soll“-Normen nach wie vor - gerade auch im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - seine Bedeutung (Spannowsky, UPR 2003, 248, [253, 255]; Nonnenmacher, VBlBW 2008, 201, 203). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung, in der es grundsätzlich die Zielqualität auch von Plansätzen bejahte, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, keinen Anlass, dies im Hinblick auf die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226). |
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| Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen widerspricht dem Kongruenzgebot, wie es in den als Gesamtregelung zu beurteilenden Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 als raumordnerisches Ziel festgelegt ist. |
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| Das Kongruenzgebot genügt zunächst mit Blick auf die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wesentlich“ den Anforderungen des § 3 Nr. 2 ROG an die Bestimmtheit oder jedenfalls Bestimmbarkeit von verbindlichen Zielen der Raumordnung. Der Umstand, dass einzelne Begriffe dieser Plansätze der Auslegung bzw. Konkretisierung bedürfen, steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen (Spannowsky, a.a.O., S. 250, s. auch BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, NVwZ 2008, 308, Rn. 13 zur Auslegung des § 34 Abs. 3 BauGB). Auch das Bundesverwaltungsgericht sah in seiner Entscheidung vom 17.09.2003 (- 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220) hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der „Wesentlichkeit“ in dem dortigen streitgegenständlichen Plansatz keinen Anlass, dessen Zielqualität wegen mangelnder Bestimmtheit in Frage zu stellen. Maßgeblich ist auf die Sicht des Planadressaten (des kommunalen Planungsträgers) abzustellen. Deshalb reicht - wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht ausführt - eine Bestimmbarkeit des Zieles aus, von der ausgegangen werden kann, wenn die Festlegung selbst oder im Zusammenhang mit anderen Festlegungen, naturräumlichen Gegebenheiten, anerkannten Standards etc. so konkretisiert werden kann, dass sie einen bestimmten räumlichen und sachlichen Inhalt hat, den der Zieladressat beachten soll. Haben sich zur Zentrenverträglichkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben bereits Erfahrungen gebildet, die zu Schwellen- bzw. Grenzwerten verdichtet worden sind, kann auch auf derartige Untersuchungen Bezug genommen werden (Erbguth, NVwZ 2000, 969). Im Hinblick darauf hat auch der Senat keine Bedenken, zur Konkretisierung des Kongruenzgebots auf die Anhaltswerte in Ziff. 3.2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben - (Einzelhandelserlass) vom 21.02.2001 zurückzugreifen (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.12.2005 - 3 S 2693/04 - UA. S. 16; Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). Dies ist vorliegend schon deshalb gerechtfertigt, weil der LEP 2002 in seiner Begründung zu 3.3.7 ausdrücklich auf diesen Erlass verweist. Danach liegt eine Verletzung des Kongruenzgebots vor, wenn der betriebswirtschaftlich angestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereichs erzielt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.07.2004 - 5 S 1205/03 -, VBlBW 2005, 67; Kopf, IBR 2005, 175). |
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| Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass nach dem Gutachten der GMA vom Mai 2007 sich der Marktanteil durch Kunden aus dem Mittelbereich Rastatt (= Verflechtungsbereich; siehe Anhang zum LEP 2002 zu 2.5 Zentrale Orte u. Verflechtungsbereiche, 2.5.9; im GMA-Gutachten Zone I a und I b) bezogen auf das Gesamtsortiment des ...-Einrichtungshauses nur auf ca. 10 bis 11 % beläuft (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1, S. 59); dies bedeutet rund 90 % der zu erwartenden Umsätze des ...-Einrichtungshauses werden durch Kunden von außerhalb des Mittelbereichs Rastatt erwirtschaftet (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.1.3, S. 65). Bezüglich des ergänzenden Küchenfachmarkts sowie des Bau- und Gartenmarkts errechnet das GMA-Gutachten einen Umsatzanteil von lediglich ca. 43 % aus dem Mittelbereich Rastatt (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt 2.2.3, S. 70). Bei einer gemeinsamen Betrachtung des GMA-Einrichtungshauses und der Fachmärkte stammen ca. 18 % der am Planstandort zu erwartenden Umsätze aus dem Mittelbereich Rastatt, mithin 82 % der erwarteten Umsätze von außerhalb (GMA-Gutachten, Gliederungspunkt IV, S. 75). Diese - zwischen den Beteiligten unstreitigen - Rechengrößen belegen einen erheblichen Verstoß gegen das Kongruenzgebot der Plansätze 3.3.7 (Z) und 3.3.7.1 (Z) LEP 2002. Das geplante Ansiedlungsvorhaben fügt sich danach ersichtlich nicht in das zentralörtliche Versorgungssystem ein; sein Einzugsbereich überschreitet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich wesentlich. |
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| Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen verstoßen das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot (bzw. Zentrale-Orte-Prinzip) und Kongruenzgebot nicht gegen die kommunale Planungshoheit als Teil der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Selbstverwaltung. |
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| Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG steht der Bindung der gemeindlichen Bauleitplanung an Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) keineswegs prinzipiell entgegen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze, mithin nur innerhalb der Normen der Raumordnung und Landesplanung. Die Gemeinde ist dabei landesplanerischen Zielvorgaben nicht einschränkungslos ausgesetzt. Sie ist, soweit für sie - wie vorliegend - Anpassungspflichten begründet werden, als Ausfluss des Gegenstromprinzips (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006/2008; § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 2 LplG), in den überörtlichen Planungsprozess einzubeziehen, was hier gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 LplG unzweifelhaft geschehen ist. Weiterhin setzt auch materiell-rechtlich die kommunale Planungshoheit der Landesplanung Grenzen. Schränkt die Landesplanung - wie im vorliegenden Fall - die Planungshoheit einzelner Gemeinden ein, so müssen überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff rechtfertigen; der Eingriff in die Planungshoheit muss gerade angesichts der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot beachten und gegebenenfalls - insbesondere bei gebietsscharfen Standortausweisungen - eine Güterabwägung vornehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118,181 = NVwZ 2003, 1263; Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -, VBlBW 2001, 266). Die Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe stellt ein überörtliches Interesse dar, das eine Beschränkung der Planungshoheit rechtfertigen kann (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220). |
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| Diesen Maßgaben wird der LEP 2002 hinsichtlich der Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 gerecht. In seinen Begründungserwägungen (S. 19 ff. und S. 36 f.) legt der LEP 2002 ausführlich das überörtliche Interesse an einer landesplanerischen Standortplanung für raumbedeutsame Einzelhandelsgroßbetriebe im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 dar. Hierbei sei das System des Zentrale-Orte-Prinzips als Grundgerüst der räumlichen Verflechtungen sowie als planerisches Konzept für eine nachhaltige Raumentwicklung unverzichtbar. Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten seien die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen. In der weiteren Begründung wird u.a. auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Einzelhandelserlass - vom 21.02.2001 hingewiesen. Das Zentrale-Orte-Konzept als raumord-nerisches Grundmodell ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ROG 2006 [ebenso 2008] und § 7 Abs. 2 LplG. Die raumordnerische Bedeutung von - zumindest großflächigen - Einzelhandelsgroßbetrieben im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1 LEP 2002 gibt Anlass zu gemeindeübergreifender Steuerung durch koordinierende Planung auf landesplanerischer Ebene (vgl. insoweit insbesondere BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932 [das Kongruenzgebot ist bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht Teil der kommunalen Selbstverwaltung]). Die Standortplanung für Einzelhandelsgroßbetriebe ist nicht auf die Instrumente der gemeindlichen Bauleitplanung beschränkt. Sie kann bereits auf der Ebene der Landesplanung einsetzen und - wie im vorliegenden Fall - mit der zentralörtlichen Gliederung verbunden werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.05.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181 = NVwZ 2003, 1263; Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urteil vom 18.09.2004 - 4 C 20.02, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.06.2005 - 3 S 1545/04 -, VBlBW 2005, 473; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.10.2008 - 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386; Uechtriz, NVwZ 2007, 1337, 1344; Sparwasser, VBlBW 2008, 171; Schmitz, ZfBR 2001, 85). |
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| Soweit die Klägerin und die Beigeladenen, unter Berufung auf die teilweise geäußerte Kritik an dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung und seiner Absicherung durch verbindliche Vorgaben für die Ansiedlung bestimmter Vorhaben (vgl. etwa Hoppe, NVwZ 2004, 282; Moench, NVwZ 1999, 337; siehe ferner die Nachweise bei Sparwasser, NVwZ 2006, 264 ff., Fn. 48 ff.), einwenden, ein Kongruenzgebot sei unverhältnismäßig, es reiche ein Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattungsgarantie für Zentrale Orte aus, folgt dem der Senat nicht. Die Aussagen der Raumordnung und Landesplanung zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe dienen nicht nur dem Schutz der innerstädtischen Verkaufslagen zur Absicherung einer wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, sondern auch den weiteren mit der zentralörtlichen Gliederung verfolgten Zwecken, die durch ein bloßes Beeinträchtigungsverbot oder eine Mindestausstattung der Zentren mit Versorgungseinrichtungen nicht in gleicher Weise zu erreichen sind. Hierzu zählen die effektive Nutzung und Bündelung der öffentlichen Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Es geht insoweit zusammengefasst auch um die Vermeidung der Sozial- und Umweltlasten, die mit einer rein marktlich orientierten Zulassung von nicht integrierten Standorten „auf der grünen Wiese“ verbunden wären (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 [2006]). |
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| Das in den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 enthaltene Konzentrationsgebot bzw. Zentrale-Orte-Prinzip und Kongruenzgebot ist vorliegend zudem auch deshalb mit der gemeindlichen Planungshoheit vereinbar und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil diese Ziele - entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin - gerade nicht für alle Fallgestaltungen - unterschiedslos - eine strikte Beachtung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). Aufgrund ihrer Ausgestaltung als planungsrechtliche „Soll“-Normen gestatten diese Ziele - wie oben gezeigt - eine vom Plangeber gewollte Lösung bei Vorliegen atypischer Umstände und eröffnen damit - wenn auch in begrenztem Umfang - einen Gestaltungsrahmen, den die Gemeinde ausschöpfen kann (vgl. demgegenüber für den Fall einer - ausnahmslosen - strikten Verbindlichkeit eines Planziels Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.08.2009 - VerfGH 18/08 -, DVBl 2009, 1305). Damit wird der Plangeber auch dem Gegenstromprinzip als raumordnerisches Leitbild gerecht (vgl. § 1 Abs. 3 ROG 2006, § 2 Abs. 2 LplG; zur Beachtlichkeit des Gegenstromprinzips vgl. auch § 3 Abs. 1 LplG; siehe hierzu ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.12.2009 - 3 S 1528/07 -, juris). Darüber hinaus steht den Gemeinden grundsätzlich das Zielabweichungsverfahren zur Verfügung (vgl. insoweit auch vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932). |
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| Die Klägerin und die Beigeladene rügen zu Unrecht eine Verletzung des Art. 12 GG. |
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| Der Einwand, ein Kongruenzgebot verstoße gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG oder die Wettbewerbsfreiheit, weil hierdurch eine Marktzutrittssperre für bestimmte Orte errichtet werde, greift nicht durch. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 mögen zwar - zumindest reflexartig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440) - Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit - hier freie Standortwahl durch einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - darstellen. Die grundrechtseinschränkenden Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beruhen jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage - dem ROG und dem LplG - und sind durch überwiegende vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die dem Prinzip der zentralörtlichen Gliederung im Allgemeinen und der Vermeidung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten im Speziellen zugrunde liegen, gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.08.2009 - 1 BvR 3275/07 -, DVBl 2009, 1440; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28/05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006); Spannowsky, NdsVBl. 2001, 32, 37; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 74). |
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| Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen: Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 beschränken als Teil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Berufsausübungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Allerdings entfalten die Plansätze keine unmittelbare bindende Wirkung für wirtschaftliche Aktivitäten Privater, insbesondere des großflächigen Einzelhandels. Indessen haben die Plansätze, die großflächigen Einzelhandel nur in Zentralen Orten zulassen und die ihrerseits entsprechend ihrer jeweiligen Größe auch den zentralörtlichen Verflechtungsbereich bestimmen, insoweit mittelbare Wirkung für eine wirtschaftliche Tätigkeit Privater, als deren Ansiedlungsstandort in aller Regel ohne gemeindliche Bauleitplanung, die an die Grundsätze und Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 1 ROG bzw. § 1 Abs. 4 und 6 BauGB gebunden ist, baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Damit können derartige Planungsvorschriften die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, in ihrer Standortwahl im Einzelfall - wie vorliegend - unterbinden. Dies ist jedoch durch die Aufgaben und Ziele der Raumordnung gerechtfertigt. |
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| Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern (§ 1 Abs. 1 ROG 2006). Gesetzgeberische Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist die Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt (§ 1 Abs. 2 ROG 2006 und § 1 Abs. 5 BauGB). Hierbei sind die am Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge ausgerichteten, in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 8 ROG 2006 aufgeführten Zielvorstellungen unter Beachtung des in § 1 Abs. 3 ROG 2006 (und § 2 Abs. 2 LplG) niederlegten Gegenstromprinzips zu verwirklichen. Handlungsmaxime bei der Erfüllung der der Raumordnung gestellten normativen Aufgabe sind insbesondere, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ROG 2006), die Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ROG 2006), die prägende Vielfalt der Teilräume zu stärken (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ROG 2006), gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen herzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ROG 2006) und die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt in der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr Europäischen Union, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 ROG 2008) und im größeren europäischen Raum zu schaffen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 ROG 2006). An dieser Orientierung hält auch das Raumordnungsgesetz 2008 (dort § 2 ROG 2008) fest. Des Weiteren bestimmt § 2 Abs. 1 ROG 2006 (ebenso § 2 Abs. 1 ROG 2008), dass die in § 2 Abs. 2 ROG 2006 aufgeführten Grundsätze der Raumordnung im Sinne der Leitvorstellung anzuwenden sind. In § 7 Abs. 1 Satz 1 ROG 2006 ist bestimmt, dass diese Grundsätze nach Maßgabe der Leitvorstellung für den jeweiligen Planungsraum durch Raumordnungspläne zu konkretisieren sind. Primäres Instrument zur Umsetzung der im Raumordnungsgesetz vorgegebenen Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung und ihrer Teilkomponenten soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit, das in den zur Verwirklichung der Leitvorstellung anzuwendenden Grundsätzen vielfältig angesprochen wird, ist das Zentrale-Orte-Konzept mit dem ihm innewohnenden Konzentrationsprinzip. So ist die Siedlungsstruktur räumlich zu konzentrieren und auf ein System leistungsfähiger Zentraler Orte auszurichten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 2006), die soziale Infrastruktur ist vorrangig in diesen Zentren zu bündeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 ROG 2006), und die Zentralen Orte der ländlichen Räume sind als Träger der teilräumlichen Entwicklung zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 ROG 2006). Auf diese Weise sollen die Zentren einander in einer Weise zugeordnet und in ihrer Funktion so gestärkt werden, dass der Bevölkerung in zumutbarer Entfernung die Vorteile zentraler Einrichtungen zur Verfügung stehen, eine Zersiedlung und der damit einhergehende Verkehr und Flächenverbrauch vermieden und die Infrastruktur effektiv genutzt wird. Das System der zentralörtlichen Gliederung ist das im Raumordnungsgesetz angelegte Grundprinzip der Raumordnung (vgl. allg. zur Bedeutung des zentralörtlichen Gliederungsprinzips Runkel in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, ROG, § 2 Rdn. 33 ff.; ferner die Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 3. Dezember 2001: „Leitlinien zur Anwendung des Zentrale-Orte-Konzepts als Instrument einer nachhaltigen Raumentwicklung“, abgedruckt bei Bielenberg/Runkel/Spannowsky, a.a.O., unter B 320 Nr. 39; Entschließung vom 29. März/21. Juni 1996, a.a.O., Nr. 29). Die Zentralen Orte bilden das strukturelle Grundgerüst (vgl. Plansatz 2.5 LEP 2002) und nehmen danach Versorgungsfunktionen über den örtlichen Bedarf hinaus für den jeweiligen zentralörtlichen Verflechtungsbereich wahr. Das zentralörtliche System ist ein geeignetes Prinzip zur Ordnung des Raums mit dem Ziel einer umfassenden Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Dies geschieht entsprechend den Vorgaben des Raumordnungsgesetzes unter ökologischen, sozialen, kulturellen oder ökonomischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Systems der zentralörtlichen Gliederung werden den Zentralen Orten bestimmte zentralörtliche Funktionen zugewiesen und ein zentralörtlicher Verflechtungsbereich zugeordnet zum Schutz der eigenen und gleichzeitig - in Abgrenzung hiervon - der anderen Zentralen Orten zugewiesenen zentralörtlichen Funktionen. Dieser Schutz wird über das Kongruenzgebot als raumordnerisches Komplementärziel zum Konzentrationsgrundsatz planungsrechtlich abgesichert. Der Grundsatz der zentralörtlichen Gliederung kann auf der Ebene der Landesplanung bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe durch unterschiedliche Vorgaben für die kommunale Planung gesteuert werden. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen bloßen Beeinträchtigungsverboten, also Vorgaben derart, dass die Ansiedlung die Funktion benachbarter Zentraler Orte nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen darf (vgl. Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 2 LEP 2002), Entsprechungs- bzw. Kongruenzgeboten (wie hier Plansatz 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002), nach denen eine Ansiedlung der zentralörtlichen Versorgungsfunktion bzw. dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen muss, Konzentrationsgeboten, die die Ansiedlung auf Zentren, üblicherweise Ober- und Mittelzentren, begrenzen, sowie Integrationsgeboten, die eine Ansiedlung nur im Zusammenhang mit bereits vorhandenen zentralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde zulassen (vgl. zu diesen Differenzierungen BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14/01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Schmitz/Federwisch, Einzelhandel und Planungsrecht, 2005, S. 68 ff.). Zu den zentralörtlichen Funktionen zählt auch - als eine Kernfunktion der Raumordnung - die nutzungssteuernde Standortentwicklung, -sicherung und -bevorratung hinsichtlich Einzelhandelsgroßprojekten, um insoweit eine differenzierte und ausgewogene Raumordnung sicherzustellen. Im Zentrum steht hier die Leitvorstellung, die Innenstädte und sonstigen innerörtlichen Zentren als Handels- und Versorgungsstandorte mit ihrer Nutzungsvielfalt und Lebendigkeit zu erhalten und zu entwickeln. Dies entspricht dem raumordnerischen Grundsatz, zur Sicherung und Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse und der Daseinsvorsorge eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen in allen Räumen zu gewährleisten. Das weitere damit verfolgte Ziel, der Innenentwicklung den Vorzug gegenüber einer Entwicklung nach außen zu geben, trägt dem wichtigen, den Umweltschutz in den Vordergrund stellenden Grundsatz einer Flächen sparenden Raumnutzung und Verkehrsvermeidung oder -dämpfung Rechnung. Dieses zentralörtliche Gliederungskonzept ist auch das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 [S. B19/20]). Das in den Plansätzen 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 als raumordnerische Ziele festgelegte Zentrale-Orte-Prinzip und - als dessen Komplementärelement - das Kongruenzgebot entspricht den oben dargestellten Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes. Mit den Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 steht der LEP 2002 somit im Einklang mit den in § 2 ROG 2006 enthaltenen Grundsätzen (§ 7 Abs. 1 Satz 4 LplG). Sie konkretisieren diese und stellen insoweit einen unverzichtbaren Baustein der raumordnerischen Gesamtplanung des LEP 2002 dar. Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 setzen folgerichtig planerisch einen Rahmen in bezug auf Standort, Art, Größe und Betriebsbedingungen von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies ist auch nach den im Raumordnungsgesetz normierten Leitvorstellungen und den hierauf anzuwendenden Grundsätze der Raumordnung zwingend geboten. Denn die besonderen raumstrukturellen Auswirkungen von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 i.V.m. dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 und § 11 Abs. 3 BauNVO (vgl. LEP 2002, Begründung zu Plansatz 3.3.7. Seite B36) erfordern gesonderte raumordnerische Zielaussagen und Beurteilungskriterien. Einzelhandelsgroßprojekte weisen ein Beeinträchtigungspotential auf, das es rechtfertigt, sie einem Sonderregime zu unterwerfen. Welche Belange ganz erheblich betroffen sein können, verdeutlicht die Aufzählung in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dort werden neben schädlichen Umwelteinwirkungen (zum Beispiel auf den Naturhaushalt) insbesondere Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO bezeichneten Betriebe sowie auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden genannt (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002- 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86). Die in § 11 Abs. 3 BauNVO genannten Betriebe halten entgegen dem städtebaulichen Leitbild, durch die Standorte des Einzelhandels eine funktionsnahe Beziehung zum Wohnen herzustellen, an wohnungsfernen, verkehrlich schlecht oder nur mit dem Auto erreichbaren Standorten auf großer Fläche ein Warenangebot für den privaten Bedarf der Allgemeinheit bereit (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - BVerwG 4 C 54.80 -, BVerwGE 68, 342). Zahlreiche Bereiche der raumordnerischen Beurteilung von Flächen für großflächigen Einzelhandel und von Einzelhandelsgroßprojekten sind mit dem inhaltlichen Konzept der zentralörtlichen Gliederung verknüpft, wie z.B. Einzugsbereiche, verkehrliche Anbindung, Infrastrukturausstattung usw. Die Verbindung raumordnerischer Zielaussagen zu Einzelhandelsgroßprojekten mit der zentralörtlichen Gliederung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem oben näher dargestellten Daseinsvorsorgeprinzip zu sehen; mit der zentralörtlichen Gliederung ist an erster Stelle die Versorgungsfunktion der Bevölkerung verbunden. Ziel ist die Erhaltung städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen insbesondere im Interesse der verbrauchernahen Versorgung (BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 - 4 C 1.08 - und - 4 C 2.08 - [jeweils zu § 34 Abs. 3 BauGB]). Insofern zielen die raumordnerischen Regelungen zu Einzelhandelsgroßprojekten auf eine nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Gemeinden insgesamt raumverträgliche Entwicklung des Einzelhandels. Dieser ist an den Standorten zu sichern, die in das städtebauliche Ordnungssystem funktionsgerecht eingebunden sind. Dass auf diese Weise die Wirtschaftsstruktur in den zentralen Versorgungsbereichen gestärkt wird, ist nicht Selbstzweck. Der Schutz der mittelständischen Wirtschaft dient nicht als Mittel dafür, bestimmte Wettbewerbsverhältnisse zu stabilisieren. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass durch die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an peripheren Standorten nicht die wirtschaftliche Existenz derjenigen Betriebe bedroht oder gar vernichtet wird, die eine verbrauchernahe Versorgung gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 -, BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.09.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 [2005]). |
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| Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 (in seiner Ergänzung durch Satz 2) LEP 2002 sind als Rechtsnormen, die verbindliche Ziele der Raumordnung festlegen, schließlich auch mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen die Niederlassungsfreiheit noch gegen die Dienstleistungsfreiheit. |
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| Nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der hier maßgeblichen, am 01.12.2009 in Kraft getretenen Fassung vom 09.05.2008 (ABl. vom 09.05.2008, Nr. C 115, 1 ff.) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften i.S.d. Art. 54 Abs. 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Art. 49 AEUV steht jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551, Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 ff.). |
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| Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 beschränken - wie unter IV. ausgeführt - als Bestandteil der Einzelhandelsgroßprojekte betreffenden Gesamtregelung im Landesentwicklungsplan 2002 die Niederlassungsfreiheit insoweit, als in ihnen die räumlichen und faktischen Voraussetzungen für die Bestimmung möglicher Standorte für derartige Vorhaben normativ festgelegt werden. Derartige Planungsvorschriften können die Niederlassung von Unternehmen, die Einzelhandelsgroßprojekte betreiben wollen, insoweit beeinträchtigen, als sie einem gewählten Standort im Einzelfall entgegenstehen können. |
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| Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Raumordnungsgesetz und den in Vollzug dieses Gesetzes ergangenen Landesentwicklungsplan 2002, insbesondere durch dessen - hier streitgegenständliche - Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1, wonach großflächige Einzelhandelsbetriebe raumordnungsrechtlich bestimmten zentralen Orten und deren Verflechtungsbereichen zugeordnet werden, ist jedoch gerechtfertigt. Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV gewährt einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne von Plansatz 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 errichten und betreiben will, keinen Anspruch auf freie Wahl eines Ansiedlungsstandorts unabhängig von den raumordnerischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland. Derartige der Niederlassungsfreiheit Schranken setzende nationale Maßnahmen sind zulässig, wenn sie in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 - u. - C-172/07 -, , NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, , GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 17.07.2008 - C-389/05 -, ABl. EU 2008, Nr. C 223, 3 = NL BzAR 2008, 442; Urteil vom 21.04.2005 - C-140/03 -, Slg 2005, I-3177 = EzAR-NF 013 Nr. 6; Urteil vom 11.03.2004 - C-9/02 -, DVBl. 2004, = NJW 2004, 2439, 551; Urteil vom 13.04.2000 - C-251/98 -, NZG 2000, 731; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 Rn. 27 f.). |
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| Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es unterliegt zunächst keinen Zweifeln, dass die die freie Wahl des Standorts für Einzelhandelsgroßprojekte - wie es das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen unstreitig darstellt - einschränkenden Plansätze 3.3.7 und 3.3.7.1 LEP 2002 nicht gegen das Diskriminierungsgebot (Art. 12 EGV) verstoßen. Denn diese Plansätze gelten für alle Einzelhandelsgroßprojekte gleichermaßen unabhängig von der mitgliedstaatlichen Herkunft der sie betreibenden Unternehmen. |
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| Die in den Plansätzen zum Ausdruck kommenden Ziele der Raumordnung des Landes Baden-Württemberg als Teilraum (vgl. zur Berücksichtigung der Regionen innerhalb der Europäischen Union nunmehr Art. 4 Abs. 2 EUV [Lissabon]) des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland verfolgen allgemein das Anliegen, den Einzugsbereich von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des Plansatzes 3.3.7.Satz 1, 1. Halbsatz LEP 2002 mit dem Verflechtungsbereich der Standortgemeinden in Übereinstimmung halten und derartige Einzelhandelsbetriebe in Gemeinden mit Zentralität zu konzentrieren (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG 206). Diese gesetzlich begründete raumordnerische Leitvorstellung beruht auf den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung. Sie ist auf die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet und deshalb aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Europäische Union setzt das Recht zur Raumordnung in vielfältiger Weise voraus. Dies zeigt schon die Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (vgl. Spannowsky, UPR 2000, 201). Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf seine Ausführungen unter IV. |
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| Die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002 verstoßen auch nicht gegen das an den jeweiligen Mitgliedstaat gerichtete Verbot widersprüchlichen Verhaltens innerhalb des betroffenen Sachbereichs (Kohärenzgebot; EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 – u. - C-172/07 -, NJW 2009, 2112; Urteil vom 10.03.2009 - C-169/07 -, GewArch 2009, 195, mit Bespr. Koenig ZfWG 2009, 229; Urteil vom 13.07.2004 - C-262/02 -, - zit. nach www.curia.europa.eu). Denn diese Plansätze sind Ausdruck der in § 2 ROG 2006 niedergelegten Grundsätze der Raumordnung und tragende Säulen des hierin verankerten Grundmodells des Zentrale-Orte-Prinzips. Mit den hier maßgeblichen Plansätzen 3.3.7 (Z) Satz 1 und 3.3.7.1 Satz 1 LEP 2002 setzt der Landesplangeber die Raumordnungsvorstellungen des ROG 2006 konsequent und in sich widerspruchsfrei im Landesentwicklungsplan als übergeordnetem Raumordnungsplan um. |
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| Aufgrund all dessen sind die Plansätze 3.3.7 (Z) Satz 1, 1. Halbsatz und 3.3.7.1 (Z) Satz 1 LEP 2002, soweit sie Standorte für Einzelhandelsgroßprojekte einschränkend regeln, mit der gemeinschaftsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV vereinbar. Sofern sich die Beigeladene auch auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV berufen will, gilt nichts anderes, ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine grenzüberschreitende Dienstleistung vorliegt. Denn die Beigeladene hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, sie wolle ihre Dienstleistungen nur vorübergehend in der Bundesrepublik erbringen (vgl. Art. 57 Abs. 3 AEUV; siehe hierzu auch Kluth, in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 49, 50 Rn. 13 ff.). Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36–68) rechtfertigt insbesondere mit Blick auf deren § 14 Abs. 5, 2. Halbsatz, wonach das im 1. Halbsatz geregelte Verbot einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall aufgrund bestimmter Kriterien nicht Planungserfordernisse betrifft, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen, keine andere Beurteilung. |
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| Vor diesem Hintergrund sieht der Senat zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 2 AEUV keinen Anlass; eine rechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht, da die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen. |
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| Ob das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen darüber hinaus gegen weitere verbindliche Raumordnungsziele des LEP 2002 (Beeinträchtigungsverbot, Integrationsgebot) oder gegen verbindliche Ziele des Regionalplans Mittlerer Oberrhein verstößt, kann offenbleiben. Denn der Antrag der Klägerin und der Beigeladenen, festzustellen, dass das Vorhaben keinen verbindlichen Zielen der Raumordnung zuwiderläuft, ist bereits wegen des hier festgestellten Verstoßes gegen das Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Kongruenzgebot des LEP 2002 unbegründet. Aufgrund dessen war der Anregung, zur Verkaufsflächenproduktivität des Ansiedlungsvorhabens Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, nicht nachzugehen. |
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| Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt aus dem Klagebegehren der Klägerin. Die beantragte Zulassung der Zielabweichung ist - wie deren Ablehnung durch Bescheid des Regierungspräsidiums vom 21.06.2007 - ein Verwaltungsakt (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2006 - 8 A 10343/06 -, NVwZ-RR 2007, 303; Urteil vom 15.10.2008 1 A 10388/08 -, DVBl 2009, 386). Die Klagebefugnis der Klägerin folgt aus ihrer Befugnis, als „öffentliche Stelle“ i.S.d. § 3 Nr. 5 ROG 2006 ein Zielabweichungsverfahren zu beantragen (vgl. § 24 Satz 2 LplG). Die Verpflichtungsklage ist jedoch mit dem Hilfsantrag Ziffer 3 (I . ) wie auch mit dem hierzu fürsorglich gestellten Hilfsantrag Ziffer 4 (II.) unbegründet. |
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| Die Klägerin und die Beigeladene haben keinen Anspruch auf Zulassung der beantragten Zielabweichung zur Realisierung eines ...-Einrichtungshauses nebst ergänzenden Fachmärkten entsprechend dem am 30.05.2007 gestellten Antrag der Beigeladenen auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens. |
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| Nach § 24 LplG (i.V.m. § 11 ROG 2006) kann die höhere Raumordnungsbehörde in einem Einzelfall auf Antrag eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulassen, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Antragsbefugt sind die öffentlichen Stellen und die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG, insbesondere die öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 5 Abs. 1 ROG, sofern sie das Ziel der Raumordnung in dem Einzelfall zu beachten haben. Am Zielabweichungsverfahren sind die öffentlichen Stellen, die Personen des Privatrechts nach § 4 Abs. 3 ROG und sonstige Verbände und Vereinigungen und die Nachbarstaaten nach den Grundsätzen von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu beteiligen, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der Zulassung der Zielabweichung berührt sein können. |
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| Während das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG 2006 i.V.m. § 18 LplG der Prüfung dient, ob und unter welchen Voraussetzungen eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht (vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Rn. 38 zu K § 15), erfüllt das Zielabweichungsverfahren eine andere Funktion. In ihm wird rechtsverbindlich darüber entschieden, ob von einem Ziel der Raumordnung, das einem konkreten Vorhaben entgegensteht, unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen abgewichen und damit der Weg für die Verwirklichung des Vorhabens frei gemacht werden kann. Dabei kann sich die Zulassung von Abweichungen nur auf die in einem Raumordnungsplan enthaltenen verbindlichen Ziele beziehen (BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 - 4 C 3.09 -). |
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| Das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen berührt Grundzüge der Planung im Sinne dieser Vorschrift. Da die eine Ermessensentscheidung erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG nicht vorliegen, war das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde kraft zwingenden Rechts verpflichtet, den Zielabweichungsantrag abzulehnen. Bei dieser Sachlage blieb kein Raum für Ermessenserwägungen. |
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| Was die "Grundzüge der Planung" i.S.v. § 24 LplG sind, ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist darunter die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2005 - 9 VR 43/04 -, UPR 2005, 390; Urteil vom 09.03.1990 - 8 C 76.88 -, BVerwGE 85, 66 <72 f.> [zum Begriff der Grundzüge der Planung in § 125 Abs. 3 BauGB]). |
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| Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Zentrale-Orte-Prinzip (Konzentrationsgrundsatz) und das Kongruenzgebot zu den Zielen gehört, die „als Grundzüge der Planung“ die Planungskonzeption des LEP 2002 tragen und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmen. Die zentralörtliche Gliederung in Oberzentren, Mittelzentren, Unterzentren und Kleinzentren und die Zuordnung von jeweiligen Verflechtungsbereichen, wie sie den Regelungen in Plansatz 2.5 LEP 2002 zugrunde liegen, und die Bindung großflächiger Einzelhandelsprojekte an die jeweilige zentralörtliche Versorgungsfunktion in dem Sinne, dass die Ansiedlung eines solchen Projekts dem Versorgungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen soll, bilden das Grundgerüst einer Landesplanung - wie der LEP 2002 selbst herausstellt (vgl. die Regelungen des Plansatzes 3.3 LEP 2002, Wirtschaftsentwicklung, Standortbedingungen) -, das auf die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung und Verwirklichung ausgeglichener Siedlungs- und Versorgungsstrukturen im Sinne einer gemeinwohlorientierten Raumordnung, d. h. der Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen ausgerichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05-, BRS 70 Nr. 4 (2006); Niedersächsischen OVG, Urteil vom 01.05.2005 - 1 LC 107/05 -, BRS 69 Nr. 6 (2005); Uechtritz, Großflächige Einzelhandelsbetriebe und Regionalplanung, Dokumentation zum 15. Deutschen Verwaltungsrichtertag, Weimar 2007, 169). Das durch dieses Ziel in Bezug auf die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe verbindlich gemachte Prinzip der zentralörtlichen Gliederung bezweckt die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung, eine effektive Nutzung und Bündelung der Infrastruktur sowie die Vermeidung eines unnötigen Flächen- und Ressourcenverbrauchs durch Zersiedelung und den damit einhergehenden Verkehr. Damit sind wichtige Gemeinwohlbelange angesprochen, die Vorhaben wie die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wegen der überörtlichen Wirkung aus dem Kreis der ausschließlichen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft herausheben (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.05.2006 - 12 A 28.05 -, BRS 70 Nr. 4 (2006). Die zentralörtliche Gliederung ist das wesentliche Prinzip der raumstrukturellen Ordnung und Entwicklung in Baden-Württemberg, an dem sich u.a. zahlreiche Fachplanungen ausrichten (vgl. LEP 2002 - Begründung unter 2.5 zu 2.5.1 (S. B19/20). Das Komplementärelement zu den Zentralen Orten sind die Verflechtungsbereiche als räumlicher Ausdruck von Ausstrahlung und Reichweite der zentralörtlichen Einrichtungen (LEP 2002 - Begründung zu 2.5.6 (S. B22). Beide Leitvorstellungen tragen den LEP 2002 und durchziehen ihn wie eine gedankliche Schnur - aus ihnen leiten sich die weiteren planungsrechtlichen Vorgaben ab. |
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| Eine Zielabweichung, die eine - wenn auch einzelfallbezogene - Abkehr von Regelungen zum Inhalt hat, die in untrennbarem Zusammenhang mit dem für Einzelhandelsgroßprojekte maßgeblichen Zentrale-Orte-Konzept und zu seinem Komplementärelement der Verflechtungsbereiche stehen und nur aus diesem heraus eine nachvollziehbare und sinngebende Gesamtregelung auf landesplanerischer Ebene darstellen, insbesondere ihre grundsätzliche Legitimation aus dem Zentrale-Orte-Prinzip ableiten, berührt immer die Grundstruktur des jeweiligen Planes, zumal dieses Konzept nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nrn. 2, 4 und 6 ROG zum verbindlichen Inhalt jeder Landesplanung zählt (Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 11 ROG Bund, Rn. 35). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Ansiedlungsvorhaben der Beigeladenen das Kongruenzgebot nicht nur geringfügig (vgl. Kirchberg, VBlBW 2006, 297), sondern - wie die Ausführungen unter A. II. verdeutlichen - gravierend beeinträchtigt. Mangels Vorliegen der in § 24 Satz 1 LplG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, war der höheren Raumordnungsbehörde bereits kein Ermessen eröffnet. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen. |
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| Vor diesem Hintergrund bedurfte es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht der Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 Satz 3 LplG. Denn das Gesetz schreibt eine Beteiligung der dort genannten Stellen lediglich dann vor, wenn sie oder ihr Aufgabenbereich von der „Zulassung“ der Zielabweichung berührt sein können. Im vorliegenden Fall kam für den Beklagten die Zulassung einer Abweichung jedoch nicht in Betracht, weil er das Vorliegen der das Ermessen erst eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zutreffend verneint hat. Ist die Zulassung einer Zielabweichung schon wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend abzulehnen, bedarf es aber keiner Beteiligung der in § 24 Satz 3 LplG genannten Stellen mehr. Das in dieser Vorschrift geregelte Beteiligungsverfahren erfüllt nur dann den vom Gesetzgeber gewollten Zweck, wenn für den Zulassungsantrag die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG zu bejahen sind und eine Ermessensentscheidung der höheren Raumordnungsbehörde über die Zulassung einer Zielabweichung daher dem Grunde nach in Betracht kommt. Im Übrigen wäre der Verfahrensverstoß gem. § 46 LVwVfG unbeachtlich, da er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn der Antrag der Klägerin auf Zulassung einer Zielabweichung war zwingend abzulehnen. |
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| Musste der Beklagte nach den obigen Ausführungen den Zielabweichungsantrag der Klägerin wegen Nichtvorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Satz 1 LplG ablehnen, so bestand - wie schon oben ausgeführt wurde - für ihn keine Veranlassung, das mit dieser Vorschrift eröffnete Ermessen auszuüben. Der hilfsweise geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist daher ebenso wenig begründet wie der von der Klägerin ebenfalls hilfsweise geltend gemachte Antrag auf Neubescheidung. |
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| Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Verpflichtungsklage - im Sinne der Hilfsanträge - auf Verpflichtung zur Zulassung der Zielabweichung schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil das Gericht das sehr breit angelegte Beteiligungsverfahren nach § 24 Satz 3 LplG im gerichtlichen Verfahren nicht ersetzen kann. |
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| Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen waren sonach zurückzuweisen. |
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| Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 2006 (bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG 2008) in raumordnungsrechtlichen Soll-Vorschriften ohne normative Aufführung der eine Zielabweichung rechtfertigenden atypischen Umstände festgelegt werden können. |
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| Beschluss vom 15. Dezember 2009 |
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| Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf jeweils 60.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 in entsprechender Anwendung) |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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