Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 19. Juli 2016 - 19 K 6935/15
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 2015 und des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2015 verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII durch Übernahme der Kosten für die Beschulung durch die Web Individualschule vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Beklagte zu 85 % und der Kläger zu 15 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
1
Tatbestand:
2Der am 00.00.2001 geborene Kläger wurde zum Schuljahresbeginn 2007/2008 in der Grundschule G. im Stadtgebiet der Beklagten eingeschult. Zu Beginn des Schuljahres 2010/2011 wechselte der Kläger auf die Grundschule U. und wiederholte dort die dritte Klasse. Erstmals im Oktober 2011 wurden beim Kläger ein Asperger Syndrom (ICD-10: F84.5) sowie eine Feinmotorikstörung (ICD-10: F82.1) und Grobmotorikstörung (ICD-10: F82.0) diagnostiziert. Der Kläger wurde sodann im Januar 2012 der Spezialambulanz für Autismus Spektrum Störungen in der M. Klinik C. vorgestellt. Dort wurde die Diagnose Asperger Syndrom bestätigt und die Diagnose Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem aufsässigem Verhalten (ICD-10: F91.3) gestellt. Später kamen – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – die Diagnosen Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung (ICD-10: F92.0), kombinierte Störungen schulischer Fähigkeiten (ICD-10: F81.3), eine abnorme Hörempfindung/Hyperakusis (H93.2) sowie Anorexie (ICD-10: R63.0) hinzu. Zum Schuljahresbeginn 2012/2013 wechselte der Kläger auf die Realschule I. . Seit Sommer 2012 erhielt der Kläger eine von der Beklagten bewilligte Autismustherapie in der heilpädagogischen Praxis E. . Im Januar 2013 stellte die Bezirksregierung E1. einen sonderpädagogischen Förderbedarf mit den Förderschwerpunkten Hören und Kommunikation sowie emotionale und soziale Entwicklung fest. Dem gemeinsamen Unterricht an der Realschule I. wurde zugestimmt. Im Februar 2013 wechselte der Kläger auf das M1. Gymnasium im Stadtgebiet der Beklagten. Während dieser Zeit verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Klägers. Nach den Angaben seiner Mutter zeigte er zu Hause depressive Verhaltensweisen und äußerte suizidale Absichten. Nachdem die Eltern des Klägers gegenüber der Beklagten erfolglos die Übernahme der Kosten für eine Beschulung an der I1. Schule in N. geltend gemacht hatte, wechselte der Kläger im laufenden Schuljahr 2013/2014 aufgrund einer Eigeninitiative der Eltern des Klägers ohne Mitwirkung der Beklagten sodann auf die B. G1. Schule, eine Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung in L. . Mit Bescheid vom 23. Juni 2014 änderte die Bezirksregierung E1. den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers entsprechend ab. Die Autismustherapie wurde auf Wunsch der Eltern des Klägers nicht fortgeführt. Nachdem es im Frühjahr/Sommer 2014 zu einer (erneuten) Verschlechterung des Zustands des Klägers mit der Folge hoher Fehlzeiten in der Schule kam, befürwortete die Mutter des Klägers eine Beschulung durch die Web Individualschule C1. . Der Vater des Klägers sprach sich zu diesem Zeitpunkt indes für eine weitere Beschulung durch die B. G1. Schule aus. Nach der Durchführung eines familiengerichtlichen Verfahrens einigten sich die Eltern des Klägers darauf, die Beschulung an der B. G1. Schule bei gleichzeitiger – von der Beklagten bewilligten – Therapie im Autismus Therapie Zentrum L. fortzuführen. Im Hilfeplangespräch am 1. Dezember 2014 wurde festgestellt, dass der Besuch der B. G1. Schule weiterhin problematisch sei und es zu hohen Fehlzeiten des Klägers komme. Im Hilfeplangespräch vom 18. März 2015 wurde zwar darauf hingewiesen, dass der Besuch der Schule etwas regelmäßiger erfolge (etwa die Hälfte der regulären Schulzeit), weiterhin aber an dem Ziel der Integration gearbeitet werden müsse. Insbesondere die Leistungen des Klägers hätten nachgelassen, so dass unter aktuellen Voraussetzungen die Versetzung in die Klasse neun gefährdet sei. Nach den Osterferien 2015 besuchte der Kläger die Schule nicht mehr und legte entsprechende ärztliche Atteste vor. Am 23. April 2015 beantragten die Eltern des Klägers für diesen die Übernahme der Kosten für die Beschulung durch die Web Individualschule C1. . In einem Gutachten vom 6. Mai 2015 stellte die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin C2. fest, der Besuch der B. G1. Schule habe beim Kläger zu Schlafstörungen und einem pathologischen Essverhalten mit deutlicher Gewichtsabnahme, die dringend gestoppt werden müsse, geführt. Ein Schulbesuch sei wegen depressiver Verhaltensstörung psychisch nicht möglich. Der Besuch einer Internetschule sei medizinisch notwendig und sinnvoll. Auch der Leiter des Autismus Therapie Zentrums L. , Herr M2. , hielt im Kurzbericht vom 8. Mai 2015 fest, dass eine weitere Beschulung nicht mehr vertretbar sei. Seit der Information, dass die Versetzung des Klägers gefährdet sei, weise dieser schwere depressive Symptome einschließlich Suizidalität und Abmagerung auf. Gegebenenfalls sei nach psycho- und physischer Stabilisierung der Versuch der Reintegration in der Schule denkbar.
3Am 1. Juni 2015 begann der Unterricht an der Web Individualschule. In einem ersten Kurzbericht vom 1. Juli 2015 wurde festgestellt, dass der Kläger in allen Fächern überwiegend sehr gute Ergebnisse erziele. Vereinzelt habe er Probleme mit offenen Fragestellungen, seine Motivation sei insgesamt sehr hoch.
4Mit Bescheid vom 19. Juni 2015 ordnete die Bezirksregierung L. das Ruhen der Schulpflicht des Klägers bis zum 31. Juli 2016 an. Mit Bescheid vom 7. Juli 2015 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Web Individualschule ab. Die Beschulung wirke dem Ziel, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der Entwicklung von mehr Selbstständigkeit, entgegen. Grundlage für die Hilfe sei nach wie vor das Hilfeplangespräch am 18. März 2015 und die darin festgelegten Ziele.
5Den am 20. Juli 2015 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass die Integration an der B. G1. Schule gescheitert sei und die im Hilfeplangespräch vom 18. März 2015 getroffenen Vereinbarungen nicht Grundlage für den Ablehnungsbescheid sein könnten, da wesentliche Veränderungen seitdem eingetreten seien (lebensbedrohliche Gewichtsabnahme, depressive Stimmung bis zu Suizidgedanken).
6Der den Kläger seit Ende Juli 2015 psychotherapeutisch behandelnde Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie Dr. F. stellte unter dem 2. September 2015 fest, dass momentan keine Beschulung im Rahmen einer Schule selbst mit Schulbegleiter möglich sei. Es bestünden massive Ängste und Zwänge des Klägers sowie ein sozialer Rückzug. Die Internetschule sei momentan die einzige gangbare Möglichkeit.
7Unter dem 29. September 2015 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2015 zurück. Der Antrag auf die Übernahme der Kosten für die Web Individualschule sei nicht so rechtzeitig gestellt worden, dass eine pflichtgemäße Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen möglich gewesen sei. Die Web Beschulung schränke den Aktionsrahmen für den Kläger, die Möglichkeit der Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Jugendlichen und Erwachsenen stark ein. Einen lebensbedrohlichen Gewichtsverlust, Depression und Suizidgedanken mit dem Wechsel der Schule zu therapieren und nicht an einen stationären Klinikaufenthalt zu denken, lenke den Blick auf die Erziehungsverantwortlichen und ihr eigenes Sozialsystem. Die Beschulung durch die Webschule bedeute, den Kläger in die Isolation im mütterlichen Haushalt vor den PC zu führen. Dies widerspreche offensichtlich dem Grundgedanken der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, der Auseinandersetzung mit Mitschülern, Lehrern, zunehmende selbstständige Erweiterung des eigenen Sozialraumes. Insgesamt gehe es im Rahmen der geeigneten und notwendigen Eingliederungshilfe nicht um die Beschulung. Viel wichtiger seien die Erziehungssignale, in einem schwierigen sozialen Umfeld, sich den Herausforderung zu stellen, Misserfolge zu nutzen, neue Ressourcen mithilfe der Fachkräfte, die vorhanden waren und es noch sind, zu erarbeiten. Es sollte dringend über eine stationäre Diagnostik unter Einbezug der Schule als Teilaspekt gesprochen und entschieden werden. Die massiven körperlichen und psychischen Warnsignale des Klägers seien ernst zu nehmen und müssten psychiatrisch abgeklärt werden. Auch sollte ein Wechsel auf eine Internatsschule mit einem speziellen Angebot für Asperger Autisten kein Tabuthema sein. Alle Hilfsangebote, die mehr soziale Kontakte schaffen, seien zu prüfen und mit sämtlichen Beteiligten zu eruieren.
8Der Kläger hat am 15. Oktober 2015 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen ergänzend zu seinem bisherigen Vortrag aus, eine alternative Form der Beschulung als durch die Web Individualschule komme derzeit für ihn nicht in Betracht.
9Der Kläger beantragt,
10den Bescheid vom 7. Juli 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 29. September 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII durch Übernahme der Kosten für die Beschulung durch die Web Individualschule vom 1. Juni 2015 bis zum 31. Juli 2016 zu bewilligen,
11festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Rahmen des Widerspruchsverfahrens notwendig war.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen die Gründe aus dem Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, durch die Beschulung werde eine Verfestigung der Isolation des Klägers befürchtet, was der angestrebten Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft widerspreche, die auch durch die Autismustherapie erreicht werden solle.
15Im Lernstandsbericht der Web Individualschule von November 2015 heißt es, dass der Kläger in den ersten sechs Monaten eine schwankende Motivation gezeigt habe. Aktuell sei die Motivation jedoch sehr hoch. Bei weiterem positiven Verlauf bestünde keine Sorge bezüglich des angestrebten Abschlusses (Fachoberschulreife). Im Entwicklungsbericht des Autismus Therapie Zentrums L. vom 20. November 2015 heißt es, dass sich zunächst nach dem Beginn der Beschulung durch die Web Individualschule eine Verbesserung des allgemeinen Zustands des Klägers gezeigt habe. Dann sei es zu einer deutlichen Verschlechterung des Gesamtzustandes gekommen, insbesondere zwanghafte Verhaltensweisen hätten im Zusammenhang mit einer festen Zahnspange zugenommen.
16Ende des Jahres begann der Kläger sich aktiv in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Im Hilfeplangespräch vom 23. November 2015 wurde festgestellt, dass der Kläger viel Lernstoff bei der Webschule aufgeholt habe. Es wurde protokolliert: „Gingen die Beteiligten im März 2015 noch davon aus, dass es gemeinsam gelingen könnte S. wieder an den normalen Unterricht der B. G1. Schule heranzuführen, ist dies inzwischen überholt und muss als gescheitert angesehen werden.“ Als Hauptziel der Hilfe wurde nun die Heranführung an den normalen Schulbetrieb einer öffentlichen Schule festgehalten, wofür ein längerer Zeitraum von zwei Jahren als erforderlich angesehen wurde.
17Nach der erfolgreichen Durchführung eines auf die vorläufige Übernahme der Kosten für die Web Individualschule gerichteten Eilrechtsschutzverfahrens, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 2015 dem Kläger ab dem 1. Dezember 2015 bis zum 31. Juli 2016 vorläufig Leistungen der Jugendhilfe nach § 35a SGB VIII.
18Nach dem Bericht des Autismus Therapie Zentrums L. vom 6. Mai 2016 sei es Anfang des Jahres aufgrund massiver Spannungen im häuslichen Kontext, der festen Zahnspange und einer neuen Lehrerin zu einer krisenhaften Verschlechterung gekommen. Im Ergebnis habe sich alles wieder stabilisiert. Seine schulische Perspektive beurteile der Kläger wechselhaft. Die Beschulung an einer Förderschule sei aus Sicht des Therapeuten zum jetzigen Zeitpunkt nur mit längerer Vorbereitungszeit erfolgversprechend. Aus therapeutischer Sicht sei der sinnvollste Weg, einen ersten Abschluss auf der Web Individualschule zu machen und danach die weitere Schullaufbahn zu planen.
19Im Hilfeplangespräch vom 9. Mai 2016 wurde festgestellt, der Kläger erarbeite sich in der Web Individualschule gute Leistungen und engagiere sich zunehmend selbstständig in der Flüchtlingshilfe. Die Beziehung zu seinen Eltern habe sich entspannt. Alle Beteiligten hielten an dem langfristigen Ziel einer Beschulung in einer öffentlichen Schule fest. Es sei verfrüht darüber zu sprechen, wie diese konkret aussehen könne. Hauptziel sei es, den Kläger an den normalen Schulbetrieb einer öffentlichen Schule heranzuführen. Hier sei ein längerer Zeitraum, vielleicht auch zwei Jahre, notwendig.
20Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 ordnete die Bezirksregierung L. das weitere Ruhen der Schulpflicht des Klägers vom 1. August 2016 bis zum 31. Juli 2017 an.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der Akte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens 19 L 3071/15 einschließlich der dort beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23I. Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
24Der Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in Verbindung mit § 36a Abs. 3 SGB VIII einen Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der für die Beschulung durch die Web Individualschule entstandenen Kosten für die Zeit vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 in Höhe von 9.444,00 Euro.
25Da der Kläger am 1. Juni 2015 mit der Beschulung durch die Web Individualschule C1. ohne vorherige positive Entscheidung über die Hilfegewährung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe begonnen hat, liegt ein Fall der unzulässigen Selbstbeschaffung vor, bei der vor dem Hintergrund des Entscheidungsprimats des Jugendamtes (§ 36a Abs. 1 SGB VIII) grundsätzlich kein Anspruch auf Ersatz der hierfür getätigten Aufwendungen besteht. Nach § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 – 3 SGB VIII ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für Hilfen, die abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft wurden, nur dann verpflichtet, wenn der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf (rechtzeitig) in Kenntnis gesetzt hat (1.), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (2.) und die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (3.).
261. Die Eltern des Klägers haben die Beklagte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe hier vor der Selbstbeschaffung gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII über den Hilfebedarf nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt. Das "Inkenntnissetzen" umfasst grundsätzlich eine Beantragung der begehrten Jugendhilfeleistungen, wobei für einen solchen Antrag keine besondere Form vorgeschrieben ist und er auch in der Form schlüssigen Verhaltens gestellt werden kann.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. August 2014 – 12 A 3019/11 –, juris Rn. 38 ff. mit Verweis u.a. auf BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 5 B 43.10 -, juris.
28Von einem rechtzeitigen Inkenntnissetzen ist dann auszugehen, wenn der Antrag in zeitlicher Hinsicht so gestellt wurde, dass der Jugendhilfeträger – vor Beginn der begehrten Hilfemaßnahme – zur pflichtgemäßen Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen in der Lage ist.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2005 - 5 C 18.04 -, juris.
30Das Jugendhilferecht ist nämlich kein Recht der reinen Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen, sondern verpflichtet den Träger der Jugendhilfe zur partnerschaftlichen Hilfe. Nur so kann der Jugendhilfeträger seiner Gesamtverantwortung im Sinne des § 97 SGB VIII und seiner Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2, 3 SGB VIII gerecht werden.
31Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. August 2014 – 12 A 3019/11 –, juris Rn. 38 ff.
32Dies zugrunde gelegt erfolgte der von den Eltern des Klägers am 23. April 2015 gestellte Antrag auf Übernahme der Kosten für die Beschulung durch die Web Individualschule deshalb nicht rechtzeitig, weil selbst bei Annahme einer straffen Verfahrensführung der Beklagten für eine pflichtgemäße Prüfung sowohl der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen Zeit bis zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 am 1. August 2015, siehe § 7 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW, zuzubilligen war. Zuzubilligen sind dem Jugendhilfeträger unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles – insbesondere vor dem Hintergrund noch einzuholender fachärztlicher und ggf. schulischer Stellungnahmen – für die pflichtgemäße Prüfung eines Antrags auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in der Regel drei bis vier Monate.
33So auch die Entscheidung OVG NRW, Urteil vom 16. November 2015 – 12 A 1639/14 –, juris, in der bei einem am 11. April 2012 gestellten Antrag auf Eingliederungshilfe von der Zulässigkeit der Selbstbeschaffung ab dem darauffolgenden Schuljahr im August 2012 ausgegangen wurde.
34Eine (analoge) Anwendung der Bearbeitungsfrist des § 14 Abs. 2 Satz 2 bzw. 4 SGB IX von zwei bzw. bei Einholung eines Gutachtens vier Wochen gilt mangels der Eigenschaft des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe für die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Jugendhilfe als Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX nicht,
35vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2005 – 5 C 18/04 –, juris Rn. 27.
36Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der hier geltend gemachten Hilfeleistung um Ersatz für die in Zeitabschnitte – Schul(halb)jahre – zu unterteilende Beschulung an einer öffentlichen Schule handelt, die im Übrigen in den Schulferien vom 29. Juni bis 11. August 2015 nicht stattfand, war hier der Beklagten nicht zuzumuten, vor dem 1. August 2015 eine den verfahrensrechtlichen Anforderungen aus § 36 Abs. 2 SGB VIII entsprechende Entscheidung zu treffen,
37so im Ergebnis auch im hiesigen Eilverfahren OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 12 B 1289/15 –, juris Rn. 36.
38Trotz der Tatsache, dass zwischen den Beteiligten das Vorliegen einer seelischen Störung und einer Teilhabebeeinträchtigung aufgrund zahlreicher fachärztlicher Stellungnahmen unstreitig war, so war der Beklagten hier zumindest ein ausreichender Zeitraum zuzubilligen, um eigene Feststellungen zu treffen und dem Kläger auf der Grundlage des sich ergebenden Gesamtbildes im Rahmen eines Planungsprozesses eine seinem Förderungsbedarf entsprechende Schule vorzuschlagen. Da für die Ermittlung des konkreten Hilfebedarfs und konkreter Hilfemöglichkeiten die Beklagte auch auf das Mitwirken sowohl des Klägers bzw. dessen Eltern, ggf. der bisherigen B. G1. Schule, sowie anderer Schulen oder etwa auch des Schulamtes angewiesen war, erscheint ein kürzerer Zeitraum – insbesondere auch vor dem Hintergrund, das erst am 19. Juni 2015 die Bezirksregierung L. das Ruhen der Schulpflicht anordnete und damit neue Tatsachen schaffte – unangemessen. Darauf, ob die Beklagte hier auch tatsächlich den gesamten Prüfungszeitraum für sich beansprucht, kommt es nicht an.
39Dass der Kläger mit dem Besuch der Web Individualschule seit dem 1. Juni 2015 vollendete Tatsachen geschaffen hat, steht der Annahme einer rechtzeitigen Antragstellung im Hinblick auf das am 1. August 2015 beginnende Schuljahr 2015/2016 nicht entgegen, da bei Jugendhilfemaßnahmen, die in zeitliche Abschnitte unterteilt werden können, auch im Falle einer ursprünglich unzulässigen Selbstbeschaffung ein Anspruch für einen nachfolgenden Zeitabschnitt in Betracht kommt, wenn die Selbstbeschaffung nachträglich zulässig geworden ist.
40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. November 2015 – 12 A 1639/14 –, juris Rn. 84 ff.
41Auf eine unzulässige Selbstbeschaffung kann sich das Jugendamt für derartige Zeiträume nicht mehr berufen. Denn diese führt lediglich dazu, dass für den davon betroffenen Zeitraum keine Kostenerstattung in Betracht kommt; sie hat indes nicht zur Konsequenz, dass der Anspruch auch für zukünftige Zeitabschnitte ausgeschlossen ist. Insoweit enthob auch eine etwaige – von der Beklagten vermutete – Festlegung des Klägers auf die Web Individualschule die Beklagte nicht von der ihr nach dem SGB VIII obliegenden Verpflichtung zur zeitgerechten Überprüfung des Anspruchs des Klägers,
42vgl. in einem ähnlichen Fall: OVG NRW, Urteil vom 16. November 2015 – 12 A 1639/14 –, juris Rn. 87.
432. In dem hier maßgeblichen Zeitraum haben auch im Sinne des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe nach § 35a SGB VIII vorgelegen. Mit der im Nachhinein noch erreichbaren Sicherheit ist davon auszugehen, dass der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 35a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 SGB VIII in Verbindung mit § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschulung an der Web Individualschule zur Erreichung einer angemessenen Schulbildung besessen hat.
44a. Insoweit setzt § 35a Abs. 1 SGB VIII voraus, dass die seelische Gesundheit des Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für seinen Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Bei kumulativen Vorliegen beider Voraussetzungen geht das Gesetz von einer "seelischen Behinderung" aus (vgl. § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII), wobei es ausreicht, wenn der Betreffende von einer solchen Behinderung bedroht ist.
45Dass der Kläger nach den vorliegenden fachärztlichen Diagnosen - insbesondere dem diagnostizierten Asperger Syndrom - an einer seelischen Störung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII leidet, die zu einer fortwährenden Teilhabebeeinträchtigung im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII führt, drängt sich nach dem in den Verwaltungsvorgängen dokumentierten Werdegang des Klägers auf. Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35a SGB VIII ist auch nicht von der Beklagten in Frage gestellt worden.
46b. Der Besuch der Web Individualschule stellt sich bei dieser Ausgangslage auch bis zum 31. Juli 2016 als erforderliche und geeignete Maßnahme der Eingliederungshilfe dar. Nach § 35a Abs. 3 SGB VIII richten sich Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1 sowie den §§ 54, 56 und 57 SGB XII, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden. Dementsprechend erhalten nach § 35a Abs. 3 SGB VIII in Verbindung mit § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII seelisch behinderte Kinder Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung.
47Grundsätzlich obliegt die Entscheidung darüber, welche die geeignete und notwendige Hilfe ist, dem Jugendhilfeträger, dem bei dieser ein Beurteilungsspielraum zusteht, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Entscheidung stellt das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses dar, das nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation zu enthalten hat, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die gerichtliche Kontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob sachfremde Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt wurden,
48vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2015 – 12 B 598/15 –, juris Rn. 2.
49Hat demgegenüber das Jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht in einer den vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entschieden, können an dessen Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Davon ist hier auszugehen, weil die sowohl im Bescheid vom 7. Juli 2015 und im Widerspruchsbescheid vom 29. September 2015 enthaltende Begründung dafür, die Beschulung durch die Web Individualschule als Eingliederungshilfemaßnahme sei nicht erforderlich (aa.) und geeignet (bb.), weder nachvollziehbar noch fachlich vertretbar ist.
50aa. Die pauschal gehaltenen Ausführungen im Widerspruchsbescheid, es sollte dringend über eine stationäre Diagnostik unter Einbezug der Schule als Teilaspekt gesprochen und entschieden werden, da die massiven körperlichen und psychischen Warnsignale des Klägers ernst zu nehmen seien und psychiatrisch abgeklärt werden, tragen die Annahme, die Web Beschulung sei nicht erforderlich, nicht. Denn die stationäre Diagnostik – selbst wenn vorübergehend der Besuch einer Klinikschule möglich wäre – stellt gerade keine mit dem Antrag verfolgte Hilfe zur angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in Verbindung mit § 35a Abs. 3 SGB VIII dar. Außerdem wird nicht plausibel dargelegt, welche Erkenntnis eine stationäre Diagnostik bringen sollte. Auch der Hinweis im Widerspruchsbescheid, ein Wechsel auf eine Internatsschule mit einem speziellen Angebot für Asperger Autisten dürfe kein Tabuthema sein, stellt die Erforderlichkeit der Beschulung durch die Web Individualschule nicht in Frage. Zum einen hat die Beklagte keine konkrete Internatsschule benannt, die in Kenntnis des gegebenen Beeinträchtigungsbild des Klägers, insbesondere vor dem Hintergrund der ruhenden Schulpflicht und des festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs, aufnahmebereit wäre. Zum anderen hätte die Beklagte sich auch mit den aktuellen, die Schulfähigkeit in Frage stellenden fachärztlichen Stellungnahmen, namentlich der der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin C2. vom 6. Mai 2015 und der des Leiters des Autismus Therapie Zentrums L. , Herr M2. , vom 8. Mai 2015 auseinandersetzen müssen, die sich gegen eine weitere Beschulung an einer (öffentlichen) Schule aussprachen. Dies berücksichtigt, hätte es der Beklagten – wollte sie sich auf den Standpunkt stellen, eine Beschulung sei durch die Web Individualschule nicht erforderlich – oblegen, eine dem Beeinträchtigungsbild des Klägers angemessen Rechnung tragende Perspektive für eine erfolgreiche Beschulung aufzuzeigen.
51bb. Die Begründung des Ablehnungsbescheids vom 7. Juli 2015 und die des Widerspruchbescheides vom 29. September 2015 sind auch im Hinblick auf die Feststellung der Ungeeignetheit der Beschulung durch die Web Individualschule nicht nachvollziehbar und fachlich vertretbar. Es ist nicht nachvollziehbar, dass infolge des Unterrichts durch die Web Individualschule die soziale Isolation des Klägers verschärft würde. Dass der Kläger im Schuljahr 2015/16 keine (staatlich anerkannte) Schule besuchte, war nicht dadurch bedingt, dass er durch die Web Individualschule unterrichtet wurde, sondern beruhte darauf, dass mit Bescheid vom 19. Juni 2015 das Ruhen seiner Schulpflicht bis zum 31. Juli 2016 festgestellt wurde. Inwieweit in dieser Situation der Unterricht durch die Web Individualschule, der immerhin den - internetgestützten - Kontakt zu den dortigen Lehrpersonen erfordert, die soziale Isolation des Klägers verschärfen soll, ist nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil scheint sich die außerschulische soziale Situation des Klägers seit der Beschulung durch die Web Individualschule insgesamt verbessert zu haben. So engagiert sich der Kläger zum Beispiel zunehmend selbstständig in der Flüchtlingshilfe und das Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere zu seinem Vater, hat sich entspannt. Dabei wird nicht verkannt, dass der Unterricht durch die Web Individualschule in erster Linie den Hilfebedarf des Klägers im Bereich Schulbildung abdeckt und in den übrigen Bereichen, in denen der Kläger an der Teilhabe beeinträchtigt ist - insbesondere soweit seine Freizeitgestaltung und außerschulische Kontakte zu Gleichaltrigen und Erwachsenen betroffen sind - seinen Hilfebedarf nicht (vollständig) abdecken dürfte. Aus der Regelung des § 35a SGB VIII kann aber der Rechtssatz, dass eine Hilfemaßnahme den gesamten Eingliederungshilfebedarf abdecken muss, nicht abgeleitet werden,
52vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 12 B 1289/15 –, juris Rn. 25.
53Hilfebedarf in unterschiedlichen Bereichen kann es geboten erscheinen lassen, verschiedene Hilfeleistungen zu kombinieren oder durch mehrere Einzelleistungen den Gesamtbedarf des Hilfebedürftigen abzudecken. Um dem Ziel der Eingliederungshilfe nach möglichst umfassender Bedarfsdeckung in allen von einer Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Bereichen gerecht zu werden, kann es, wenn nicht sogleich der Gesamtbedarf gedeckt werden kann, erforderlich sein, Hilfeleistungen zumindest und zunächst für diejenigen Teilbereiche zu erbringen, in denen dies möglich ist. Steht etwa eine bestimmte Hilfeleistung tatsächlich zeitweilig nicht zur Verfügung oder wird eine bestimmte Hilfe vom Hilfeempfänger oder dessen Erziehungsberechtigten (zeitweise) nicht angenommen, kann es gleichwohl geboten sein, die Hilfen zu gewähren, die den in anderen Teilbereichen bestehenden (akuten) Bedarf abdecken.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 12 B 1289/15 –, juris Rn. 28.
55Etwas anderes kann - mit Blick auf den Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe - dann anzunehmen sein, wenn die Gewährung der Hilfe für einen Teilbereich die Erreichung des Eingliederungszieles in anderen von der Teilhabebeeinträchtigung betroffenen Lebensbereichen erschweren oder vereiteln würde, es also zu Friktionen zwischen Hilfemaßnahmen käme. Nachteilige Wechselwirkungen mit anderen Hilfeleistungen können die fachliche Geeignetheit einer (begehrten) Leistung für einen Teilleistungsbereich in Frage stellen. Dies ist eine Frage der fachlich sinnvollen Abstimmung verschiedener Hilfeleistungen aufeinander.
56Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 12 B 1289/15 –, juris Rn. 29.
57Dass durch den Besuch der Web Individualschule andere Hilfemaßnahmen wie die im streitgegenständlichen Zeitraum durchgeführte Autismustherapie vereitelt oder konterkariert würde, ist nicht anzunehmen. Zwar macht die Beklagte geltend, durch die Beschulung werde eine Verfestigung der Isolation des Klägers befürchtet, was der angestrebten Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft widerspreche, die auch durch die Autismustherapie erreicht werden solle. Dieser Gedanke ist nicht nachvollziehbar. Die Art der Beschulung erweitert im Gegenteil die Partizipation des Klägers am sozialen Leben – wenn auch nur gering. Denn ohne die Beschulung über das Internet würde er – aufgrund des Ruhens der Schulpflicht und anderer vorhandener Beschulungsalternativen – noch nicht einmal den Kontakt über Videofunktion zu seinem Lehrer haben. Außerdem sind ausweislich des Protokolls des Hilfeplangesprächs vom 23. November 2015 sowie vom 9. Mai 2016 in der letzten Zeit – trotz Beschulung durch die Web Individualschule – Fortschritte in der Zusammenarbeit des Klägers mit dem Therapeuten festzustellen. Insgesamt hat sich seit der Beschulung durch die Web Individualschule die Fähigkeit des Klägers zu sozialen Kontakten eher verbessert; so geht er etwa regelmäßig einer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe nach und der Kontakt zu seinem Vater hat sich intensiviert.
58Auch die Erwägung, die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers könnten nicht mit einem Schulwechsel therapiert werden, trägt die Ablehnung der Übernahme der Kosten der Web Individualschule nicht. Die etwaige Erforderlichkeit einer Therapie des Klägers, die über die bisherige Inanspruchnahme von Ärzten und Therapeuten hinausgeht, steht der Gewährung der begehrten Kostenübernahme nicht entgegen. Ein Bedarf an Eingliederungshilfe entsteht vielmehr nicht selten erst auch dadurch, dass zu einem früheren Zeitpunkt keine ausreichenden pädagogischen, diagnostischen und therapeutischen Hilfestellungen erfolgten bzw. zunächst ausreichend erscheinende Hilfestellungen nicht griffen. Defizite dieser Art sind typischerweise Auslöser eines Bedarfs an Jugendhilfe und stehen der Geltendmachung eines aktuellen - gegebenenfalls durch unzureichende bisherige Therapien geprägten - Bedarfs nicht etwa anspruchsvernichtend gegenüber.
59Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 12 B 1289/15 –, juris Rn. 33 m.w.N..
60Die zugrunde gelegt, konnten der Kläger bzw. dessen sorgeberechtigten Eltern an Stelle der Beklagten den nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Kommt es für die Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe mithin auf die ex-ante-Betrachtung des leistungsberechtigten Klägers bzw. dessen Eltern an, erschien es ohne Weiteres fachlich vertretbar, sich (zunächst) für eine weitere Beschulung auf der Web Individualschule zu entscheiden. Diese Bildungseinrichtung war – zumindest aus der ex-ante Perspektive – geeignet, dem Kläger auch in Ansehung seines spezifischen Beeinträchtigungsprofils eine adäquate Schulbildung zu vermitteln. Da die Eltern des Klägers, was die Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin C2. vom 6. Mai 2015 und der Bericht des Leiters des Autismus Therapie Zentrums L. , Herr M2. , vom 8. Mai 2015 stützen, mit der konkreten Gefahr rechnen mussten, dass der Kläger auf der B. G1. Förderschule nicht angemessen beschult wird und die ohnehin bestehende Teilhabebeeinträchtigung sich erheblich verschlimmern werde, war ihnen in dieser Situation nicht zuzumuten, den Kläger dennoch weiter zum Besuch einer staatlich anerkannten (Förder-)Schule zu zwingen, zumal es der Beklagten nicht gelungen war, eine dem Beeinträchtigungsbild des Klägers angemessen Rechnung tragende Perspektive für eine erfolgreiche Beschulung aufzuzeigen.
613. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass die Deckung des Bedarfs im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keinen zeitlichen Aufschub mehr geduldet hat. § 36a Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB VIII setzt voraus, dass eine Leistung im Hinblick auf die Art und Dringlichkeit des Hilfebedarfs im Einzelfall unaufschiebbar ist, so dass der Hilfeerfolg bei jedweder Verzögerung nachhaltig gefährdet würde oder es dem Leistungsberechtigten nicht zugemutet werden kann, bis zur Bekanntgabe des Hilfe bewilligenden Verwaltungsaktes bzw. bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung zu warten.
62Mit Blick auf die bereits zuvor durchgeführten Wechsel der öffentlichen Schulen, die hohen Fehlzeiten in der B. G1. Schule und die erfolgte Anordnung des Ruhens der Schulpflicht war es dem Kläger angesichts der festgestellten Beeinträchtigungslage und der drohenden Gefahr einer Verfestigung und Verschlimmerung derselben nicht zuzumuten, abzuwarten. Von einem unaufschiebbaren Bedarf ist nämlich regelmäßig gerade auch dann auszugehen, wenn der bei Kindern und Jugendlichen dauerhaft bestehende Bedarf an adäquater Bildungsvermittlung wegen drohenden Verlustes an Zeit, die nicht nachgeholt, sondern nur angehängt werden kann, nicht mehr oder nicht ausreichend gedeckt werden kann,
63vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. November 2015 – 12 A 1639/14 –, juris Rn. 123.
644. Als "erforderliche Aufwendungen", welche die Beklagte nach alldem gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die selbst beschaffte Hilfe in dem streitgegenständlichen Zeitraum zu übernehmen verpflichtet ist, sind in Anwendung des Rechtsgedankens des § 683 Satz 1 in Verbindung mit § 670 BGB diejenigen Aufwendungen anzusehen, welche die Eltern des Klägers nach ihrem subjektiv vernünftigen Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich halten durften.
65Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, juris, und Beschluss vom 28. Juni 2012 ‑ 12 A 2374/11 -, juris.
66Darunter fällt namentlich auch das hier geltend gemachte monatlich an die Web Individualschule zu zahlende Schulgeld.
67II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
68Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 67 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
69III. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO wurde die Zuziehung des Bevollmächtigten auch im Vorverfahren für notwendig erklärt, da es dem Kläger aufgrund der speziellen Sach- und Rechtslage nicht zuzumuten war, das Vorverfahren ohne anwaltliche Vertretung zu führen.
70Beschluss:
71Der Gegenstandswert wird auf 11.018,00 Euro festgesetzt.
72Gründe:
73Die Festsetzung des Gegenstandswertes ist nach §§ 23, 33 RVG, § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und orientiert sich an den mit dem Klageantrag geltend gemachten Kosten für den Besuch der Web Individualschule.
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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
Der erstattungsberechtigte Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf der Fristen, die ohne sein Verschulden verstrichen sind, wirkt nicht gegen ihn. Dies gilt nicht für die Verfahrensfristen, soweit der Träger der öffentlichen Jugendhilfe das Verfahren selbst betreibt.
(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung
- 1.
den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen, - 2.
den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und - 3.
die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.
(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere
- 1.
Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können, - 2.
ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist, - 3.
ein dem nach Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechendes Zusammenwirken der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien sichergestellt ist, - 4.
junge Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte junge Menschen mit jungen Menschen ohne Behinderung gemeinsam unter Berücksichtigung spezifischer Bedarfslagen gefördert werden können, - 5.
junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden, - 6.
Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.
(3) Die Planung insbesondere von Diensten zur Gewährung niedrigschwelliger ambulanter Hilfen nach Maßgabe von § 36a Absatz 2 umfasst auch Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung.
(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zwecke sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.
(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.
(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.
(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.
(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.