Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 29. Juni 2016 - 13 L 746/16
Gericht
Tenor
- 1.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
- 2.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 25.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 8. März 2016 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Beförderungsstelle im G. des Landes Nordrhein-Westfalen „Gruppenleitung X X“ mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Absatz 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Absatz 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
6Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
7Ein Bewerber um ein Beförderungsamt hat zwar regelmäßig keinen Anspruch auf die Übertragung dieser Stelle. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe der Stelle trifft. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch ist vor allem darauf gerichtet, dass die Auswahl nach dem durch Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz (GG) verfassungsrechtlich verbürgten und in § 9 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und § 20 Absatz 6 Satz 1 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) einfachgesetzlich konkretisierten Grundsatz der Bestenauslese ‑ materiell-rechtlich richtig - vorgenommen wird, die Entscheidung sich mithin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung richtet.
8Der Anspruch auf Beachtung dieser Maßstäbe ist nach § 123 Absatz 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Hiernach ist ein Anordnungsanspruch dann zu bejahen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass sich die Vergabe der Stelle an den Mitbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als zu seinen Lasten rechtsfehlerhaft erweist, weil sein Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Zugleich müssen die Aussichten des Betroffenen, in einem neuen rechtmäßigen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, zumindest offen sein, eine Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten also möglich erscheinen,
9vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1/13 -, juris, Rn 17; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Mai 2012 - 1 B 214/12 - DÖD 2012, 201 und juris, Rn 9, vom 5. Mai 2006 - 1 B 41/06 - juris, Rn 5 f., und vom 20. Oktober 2005 - 1 B 1388/05 -, juris, Rn 7 ff.
10Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass die vom Antragsgegner zu Gunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung zu seinen Lasten rechtsfehlerhaft zustande gekommen ist.
11Die Entscheidung ist formell nicht zu beanstanden. Einer Mitwirkung des Personalrates bedurfte es nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LPVG) nicht. Die Gleichstellungsbeauftragte hat den Besetzungsvorschlag am 18. Februar 2016 billigend zur Kenntnis genommen.
12Auch in materieller Hinsicht begegnet die getroffene Auswahlentscheidung keinen durchgreifenden Bedenken. Den für die Auswahlentscheidung nach den obigen Ausführungen maßgeblichen Leistungs- und Eignungsvergleich der Bewerber hat der Dienstherr regelmäßig anhand aussagekräftiger, also hinreichend differenzierter und auf gleichen Beurteilungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen,
13vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 1 WB 39/09 -, juris, Rn 34 und vom 27. Februar 2003- 2 C 16/02 -, NVwZ 2003, 1397 und juris, Rn 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2013- 6 B 1193/13 -, juris, Rn 6, 20, m.w.N, vom 27. November 2013 - 6 B 1057/13-, juris, Rn 7, m.w.N., und vom 9. Mai 2012 - 1 B 214/12 -, juris, Rn 11 f., m.w.N.
14Soweit der Antragsteller vorträgt, der Antragsgegner habe zunächst eine Stellenbesetzung losgelöst von den geltenden beamtenrechtlichen Rahmenbedingungen vornehmen und die ausgeschriebene Stelle mit einem von vornherein präferierten Bewerber besetzen wollen, ist dies insoweit unschädlich, als letztlich ein Auswahlverfahren durchgeführt wurde, bei dem im Übrigen der vermeintlich ursprünglich vorgesehene Bewerber auch nicht zum Zug gekommen ist.
15Für den - hier tatsächlich vorgenommenen - Bewerbervergleich maßgeblich sind in erster Linie die Aussagen in den jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen. Dies können je nachdem die letzten (zeitlich noch hinreichend aktuellen) Regelbeurteilungen oder aber aus Anlass des Besetzungsverfahrens erstellte Anlass-/Bedarfsbeurteilungen sein. Bei der Betrachtung der einzelnen Beurteilung kommt es zunächst auf das (im Leistungsurteil und - soweit besonders ausgewiesen - Eignungsurteil) erreichte Gesamturteil an,
16vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. November 2013 - 6 B 1057/13 -, juris, Rn 9, und vom 9. Mai 2012 - 1 B 214/12 -, juris, Rn 13 f., m.w.N.
17Sind Bewerber - wie hier der Antragsteller und der Beigeladene - nach ihren aktuellen Beurteilungen mit der gleichen Gesamtnote beurteilt worden oder werden sie aus anderen Gründen im Hinblick auf ihre Gesamtbeurteilung als gleich qualifiziert angesehen, ist der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern im Grundsatz zugleich verpflichtet, die dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen, d.h. (im Wege einer näheren „Ausschärfung“ des übrigen Beurteilungsinhalts) der Frage nachzugehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine gegebenenfalls unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt ermöglichen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, bei der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Beurteilungen einer ungerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede zu begegnen, etwa dadurch, dass er die Einzelfeststellungen in ihrer Wertigkeit gewichtet. Will der Dienstherr allerdings sich aufdrängenden oder zumindest naheliegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht,
18vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3/11-, juris, Rn 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Mai 2012 - 1 B 214/12 -, a.a.O., Rn 15, m.w.N., vom 1. August 2011 - 1 B 186/11- juris, Rn 11, vom 25. November 2010 - 6 B 749/10 -, juris, Rn 7 ff., und vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 - , juris, Rn 16.
19Bei der Ausschärfung dienstlicher Beurteilungen hat der Dienstherr auch darüber zu entscheiden, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zählenden Umständen er bei der Auswahlentscheidung größeres Gewicht beimisst. Bei dieser Ermessensentscheidung handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, der gerichtlich nur beschränkt daraufhin zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat,
20vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11-, NVwZ 2011, 1191 und juris, Rn 10, und vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07-, NVwZ-RR 2008, 433 und juris, Rn 8; BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1983 - 2 C 11.82-, BVerwGE 68, 109 und juris, Rn 13; OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2012 - 1 B 214/12 -, juris, Rn 21 f., m.w.N.
21Ist auch nach einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber ein Qualifikationsgleichstand anzunehmen, sind als weitere unmittelbar leistungsbezogene Erkenntnisquellen zunächst die früheren dienstlichen Beurteilungen in den Blick zu nehmen. Die Berücksichtigung früherer dienstlicher Beurteilungen steht als solche nicht zur Disposition des Dienstherrn,
22vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2010 - 6 B 133/10-, juris, Rn 21 f., m.w.N.; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 24. Juni 2008 - 13 L 528/08 - juris, Rn 32.
23Ergibt sich auch hiernach kein Qualifikationsvorsprung eines Bewerbers, kann der Dienstherr im Rahmen des ihm zustehenden weiten Ermessens dann auch das Ergebnis von Auswahlgesprächen als weiteres Kriterium für die Begründung der Auswahlentscheidung heranziehen,
24vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2007 - 6 A 1249/06 -, juris, Rn 15, m.w.N.
25Dementsprechend können die Ergebnisse eines Auswahlgesprächs aber nur ergänzend und damit nachrangig zu einem Leistungsvergleich aufgrund der aktuellen und gegebenenfalls der älteren Beurteilungen der Bewerber herangezogen werden, weil ein solches Gespräch nur die Funktion hat, bei einem Vergleich zwischen im Wesentlichen gleich qualifizierten Bewerbern das Bild von den Bewerbern abzurunden und die Beurteilungsgrundlage zu erweitern,
26vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2013 - 6 B 1193/13-, juris, Rn 24, vom 23. März 2010 - 6 B 133/10 -, juris, Rn 16 f., und vom 13. Oktober 2009 - 6 B 1232/09 -, juris, Rn 14, m.w.N.; für den Fall der Zulassung zum Aufstiegsverfahren: Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20. März 2013 - 13 L 490713 - und Urteil vom 22. Juli 2013 - 13 K 3054/13 -, beide juris.
27Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe verletzt die zu Lasten des Antragstellers getroffene Auswahlentscheidung des Antragsgegners den aus Artikel 33 Absatz 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht.
28Zunächst ist der Antragsgegner in nicht zu beanstandender Weise zu der Einschätzung gelangt, dass der Antragsteller und der Beigeladene, auf die es im vorliegenden Verfahren alleine ankommt, als im Wesentlichen gleich qualifiziert anzusehen sind.
29Grundlage des Bewerbervergleichs waren hier zunächst die auf der Grundlage der „Richtlinien für die Beurteilung und Beförderung der Beamtinnen und Beamten des G. des Landes Nordrhein-Westfalen - BuBR-FM 2011“ (nachfolgend BRL) erstellten Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen jeweils zum Stichtag 30. Juni 2016. Beide wurden darin mit der Bestnote „hervorragend“ bewertet. Ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerks des Antragsgegners vom 11. Januar 2016 wurde aufgrund des Leistungsgleichstands nach dem Gesamturteil die nach den obigen Ausführungen gebotene inhaltliche Ausschärfung vorgenommen. Auch insoweit ist zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen mit Blick auf die jeweils erreichte Summe der Punkte bei den Einzelmerkmalen (47 Punkte) ein Gleichstand zu verzeichnen. Stellte man besonders auf die drei für die Stellenbesetzung seitens des Antragsgegners herausgehobenen Merkmale („Sozialverhalten“, „Führungsverhalten“ und „Kommunikationsfähigkeit“) ab, ließe sich sogar ein leichter Vorsprung des Beigeladenen (5, 5 und 4 Punkte) gegenüber dem Antragsteller (5, 4 und 4 Punkte) ausmachen.
30In nicht zu beanstandender Weise gelangte der Antragsgegner auch nach Einbeziehung der Vorbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen zum Stichtag 30. Juni 2011 zu keinem Leistungsvorsprung eines der beiden. Beide wurden in den Vorbeurteilungen ebenfalls mit der Bestnote „hervorragend“ bewertet. In der Summe der Einzelmerkmale erhielt der Antragsteller 47 Punkte, der Beigeladene 46 Punkte. Entgegen der Auffassung des Antragstellers unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, dass auch mit Blick darauf der Antragsgegner bei seiner Einschätzung der beiden Konkurrenten als im Wesentlichen gleich qualifiziert verblieb.
31Aus dem genannten Vermerk vom 11. Januar 2016 ergibt sich, dass auch insoweit die Summe der Einzelmerkmale - im Sinne einer inhaltlichen Ausschärfung - in den Blick genommen wurde.
32Zur Erforderlichkeit der inhaltlichen Ausschärfung auch der Vorbeurteilung siehe OVG NRW, Beschlüsse vom 30. November 2015 - 6 B 1080/15 -, juris, und vom 28. März 2011 - 6 B 43/11 -, juris.
33Dabei wurde dem Unterschied von einem Punkt keine wesentliche Bedeutung beigemessen. Dass der Antragsgegner insoweit den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich. In den drei oben genannten, von dem Antragsgegner hervorgehobenen Merkmalen lässt sich in der Vorbeurteilung kein maßgeblicher Unterschied ausmachen (Antragsteller: 5, 4 und 4 Punkte; Beigeladener: 5, 5 und 3 Punkte).
34Soweit der Antragsteller geltend macht, ein Leistungsvorsprung zu seinen Gunsten lasse sich aus dem Spitzenwert in der Vorbeurteilung von 47 Punkten in der Summe der Einzelmerkmale herleiten, da dieser Wert pro Abteilung nur einmal und der Wert von 48 Punkten gar nicht vergeben werde, rechtfertigt sich daraus keine andere Betrachtung. Hieraus allein lässt sich keine besondere Wertigkeit des Wertes von 47 Punkten dergestalt entnehmen, dass dieser „faktische“ Spitzenwert schon zwingend - auch bei einer Differenz von nur einem Punkt - zur Annahme eines Leistungsvorsprungs führen müsste. Der Darstellung des Antragstellers und der eidesstattlichen Versicherung des Abteilungsleiters Neumann ist der Antragsgegner zunächst in tatsächlicher Hinsicht entgegen getreten. Es habe in den Beurteilungsrunden 2011 und 2014 weder einen Abteilungsproporz (nur eine Beurteilung mit 47 Punkten pro Abteilung) gegeben noch seien Vorgaben gemacht worden, im Rahmen der Spitzennote „hervorragend“ die Gesamtsumme von 48 Punkten in den Einzelmerkmalen nicht zu vergeben. Selbst wenn es sich aber bei der Summe von 47 Punkten um die kaum vergebene Spitzennote handelt, bleibt es dabei, dass die Differenz von einem Punkt als geringfügig angesehen werden darf mit der Folge der Annahme eines Leistungsgleichstands. Zu berücksichtigen ist in diesem Kontext ferner, dass es nur um die Vorbeurteilung geht und der Antragsteller sowie der Beigeladene in der aktuellen Beurteilung auch in der Gesamtsumme der Einzelmerkmale gleichauf liegen bzw. sogar - wenn man auf die oben genannten, vom Antragsgegner hervorgehobenen Einzelmerkmale abstellt - ein leichter Vorsprung des Beigeladenen auszumachen sein dürfte. Betrachtet man schließlich die weiteren, für beide Konkurrenten anlässlich einer - auf dieselbe Stelle bezogenen (Gruppenleitung II C) - Bewerbung erstellten Anlassbeurteilungen vom 15. August 2008, lässt sich ebenfalls kein wesentlicher Unterschied in den Einzelmerkmalen erkennen. Im Gesamturteil heißt es bei dem Antragsteller „geeignet“, bei dem Beigeladenen sogar „uneingeschränkt geeignet“.
35Durfte der Antragsgegner mithin jedenfalls den Antragsteller und den Beigeladenen als im Wesentlichen gleich beurteilt einschätzen, begegnet auch das weitere Vorgehen keinen Bedenken, im Rahmen der Auswahlentscheidung Auswahlgespräche durchzuführen und die Ergebnisse dieser Gespräche als - ergänzende - Kriterien heranzuziehen. Inwieweit dies auch im Verhältnis des Antragstellers zu einem anderen, um 3 Punkte schlechter im niedrigeren Statusamt A 16 beurteilten Mitbewerber gilt, ist hier nicht von Belang und braucht daher nicht entschieden werden.
36Der Durchführung von Auswahlgesprächen stand hier zunächst nicht die eigene, auf der Grundlage der BRL gebildete Verwaltungspraxis des Antragsgegners entgegen. Der Antragsgegner führt hierzu aus, dass die unter Ziffer 16 BRL aufgeführten Grundsätze - einschließlich der in Ziffer 16.9 genannten Hilfskriterien, die ein Auswahlgespräch nicht vorsehen - für die Reihenfolge der Beförderungen nur die zeitliche Reihung bei der Aufstellung von Beförderungslisten vorgebe und Ziffer 18 BRL in diesem Zusammenhang regele, dass solche Beförderungslisten nur bis Besoldungsgruppe A 16 aufzustellen seien. Für die hier in Rede stehende Beförderung nach B 4 seien die in Ziffer 16 BRL enthaltenen Grundsätze daher nicht maßgeblich. Dem ist der Antragsteller auch im vorliegenden Verfahren nicht weiter entgegen getreten.
37Die im Hinblick auf das durchgeführte Auswahlgespräch seitens des Antragstellers geltend gemachten Einwendungen greifen ebenfalls nicht durch.
38Der Hinweis darauf, dass es sich bei einem Auswahlgespräch lediglich um eine Momentaufnahme handele, die etwa auch nicht geeignet sei, den Punktvorsprung aus der Vorbeurteilung zu egalisieren, bzw. zu einer deutlichen Verzerrung der zu beurteilenden Leistungen führe, verfängt nicht, weil die Konkurrenten nach den vorangegangenen Ausführungen gerade als im Wesentlichen gleich qualifiziert eingeschätzt werden durften und auch mit Blick auf die Vorbeurteilungen kein entscheidender Vorsprung auszumachen war, so dass nur deshalb hier überhaupt auf das Auswahlgespräch zurückgegriffen werden durfte. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein solches Auswahlgespräch nur eine Momentaufnahme vermittelt, so dass es eben auch nur ergänzend heranzuziehen ist. Schon vom Ansatz her lässt sich daher die dortige Punktevergabe nicht mit den Bewertungen im Rahmen der Beurteilungen vergleichen bzw. in Relation setzen. Im Übrigen ermöglicht ein Auswahlgespräch aber jedenfalls eine - wenn auch vergleichsweise kurze - intensive und punktgenaue Befassung mit den einzelnen Bewerbern. Der Antragsgegner weist auch zu Recht darauf hin, dass sich in dem hier allein relevanten Vergleich zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen im Auswahlgespräch die beachtliche Differenz von 52 Punkten zu Gunsten des Beigeladenen ergeben hat. Auf den vergleichsweise marginalen Rückstand von 6 Punkten eines anderen Mitbewerbers kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an.
39Auch die Inhalte der hier geführten Auswahlgespräche sind nicht zu beanstanden. Der Antragsteller beruft sich insoweit darauf, dass - entgegen der Ausschreibung - lediglich Führungskompetenzen abgefragt worden seien, nicht aber etwa steuerfachliche Kompetenzen, die in der Stellenausschreibung aber unter dem ersten Punkt verlangt würden.
40Dem ist zunächst unter Hinweis darauf zu begegnen, dass dem Dienstherrn bei der Wahl des nachrangigen Auswahlkriteriums (bei Leistungsgleichstand in den Beurteilungen) ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen ist. Es ist dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn überlassen, welche sachlichen Umstände er stärker gewichtet und wie er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern er dadurch das zwingend zu beachtende Leistungsprinzip nicht in Frage stellt.
41Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2011, NVwZ 2011, 1191; BVerwG, Urteil vom 25. August 1988- 2 C 51.86 -, BVerwGE 80, 123; OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2001 - 1 B 175/01 -, DÖD 2001, 312.
42Dementsprechend ist dem Dienstherrn auch bei der konkreten Ausgestaltung eines Auswahlgesprächs ein Spielraum zuzugestehen. Eine Überschreitung dieses Spielraums ist hier weder dargetan noch ersichtlich. Der Antragsgegner war zunächst nicht gehindert, insoweit Führungskompetenzen in den Vordergrund zu stellen. In der Antragserwiderung vom 17. März 2016 heißt es hierzu, dass die Auswahlgespräche („Interviews“) der Feststellung gedient hätten, welcher Bewerber mit Blick auf das Anforderungsprofil einer Gruppenleitung am besten für die Stelle geeignet sei. Steuerfachliche und -rechtliche Kompetenzen seien insoweit nicht Gegenstand der Gespräche gewesen. Insoweit sei allerdings anzumerken, dass alle Bewerber Beamte des höheren Dienstes der Steuerverwaltung seien und - wie insbesondere auch der Beigeladene - über entsprechende Kompetenzen verfügten. Es erscheint unter Berücksichtigung dieser Vorgaben plausibel, bei der ausgeschriebenen Stelle eines Gruppenleiters vor allem Führungskompetenzen im Rahmen der Vorstellungsgespräche in den Blick zu nehmen. Dies steht im Übrigen auch keineswegs im Widerspruch zum Ausschreibungstext. Dort werden zwar zunächst fachliche Aspekte aufgeführt (etwa „Umfangreiche, vertiefte Kenntnisse des gesamten Steuerrechts“, „Fähigkeit, komplexe steuerliche Sachverhalte schnell und strukturiert zu erfassen und zu bewerten“), am Ende finden sich jedoch auch mehrere Punkte, die ohne weiteres im Zusammenhang mit Führungskompetenzen stehen (etwa „Ausgeprägte Motivations- und Kommunikationsfähigkeit“, „Durchsetzungsfähigkeit und die Bereitschaft, Veränderungsprozesse mit zu gestalten“, „Ein durch Offenheit, Verlässlichkeit sowie Gesprächs- und Kooperationsbereitschaft geprägter Führungsstil“). Eine zwingende Reihenfolge lässt sich dem Ausschreibungstext nicht entnehmen, so dass insgesamt nicht davon die Rede sein kann, der Inhalt der Auswahlgespräche ließe sich nicht in Einklang bringen mit der Ausschreibung. Eine grundsätzliche Verpflichtung des Dienstherrn, im Rahmen von als Hilfskriterien herangezogenen Auswahlgesprächen alle Aspekte der jeweiligen Ausschreibung zu berücksichtigen, lässt sich jedenfalls nicht konstatieren.
43Soweit der Antragsteller einen (unzulässigen) Vorteil des Beigeladenen in den Auswahlgesprächen darin erblickt, dass dieser in der Personalabteilung sowie im Rahmen der Nachwuchsauswahlverfahren (Assessment-Center) tätig gewesen sei und von daher einen Erfahrungsvorsprung habe, ist dem der Antragsgegner ausdrücklich entgegen getreten und hat erklärt, dass der Beigeladene weder als Kommissionsmitglied noch in einer anderen Rolle an einem solchen Verfahren teilgenommen habe. Im Übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass den Bewerbern um eine Stelle aufgrund bisheriger Tätigkeiten in bestimmten Bereichen ein Erfahrungsvorsprung zukommen kann. Es ist nicht ersichtlich, warum ein solcher dann im Rahmen eines (zulässigen) Auswahlgesprächs ausgeblendet werden sollte.
44Nicht durchzudringen vermag der Antragsteller auch mit seinem Einwand, es könne nicht rechtens sein, dass beim Antragsgegner keine einheitliche Praxis bestehe, wie bei Leistungsgleichstand zu verfahren sei, offenbar erfolge die Auswahl jedes Mal anders. Näher substantiiert hat der Antragsteller diesen Vortrag nicht. Der Antragsgegner hat insoweit demgegenüber darauf hingewiesen, dass bereits in der Vergangenheit, und zwar auch bereits unter Geltung der aktuellen BRL Auswahlgespräche im Rahmen der Besetzung von Gruppenleiterstellen stattgefunden hätten. Ein wie auch immer gearteter Fehler im Auswahlverfahren ist hier nicht ersichtlich.
45Bei Durchführung der Auswahlgespräche ist der Antragsgegner der ihm dabei obliegenden Dokumentationspflicht
46- vgl. hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2014 - 6 B 761/14 -, juris -
47hinreichend gerecht geworden, wie die umfangreichen schriftlichen Aufzeichnungen der Gesprächsinhalte und -ergebnisse in den Verwaltungsvorgängen belegen.
48Sofern der Antragsteller sich schließlich aufgrund seines bisherigen beruflichen Werdegangs und der dabei gewonnenen Kenntnisse für besonders qualifiziert für die in Rede stehende Stelle hält, nimmt er letztlich eine eigene Leistungsbeurteilung vor. Die eigene Einschätzung des Antragstellers ist jedoch schon deshalb unbeachtlich, weil die Beurteilung von Leistung und Befähigung allein dem Dienstherrn obliegt. Fehler seiner eigenen dienstlichen Beurteilung oder der des Beigeladenen hat der Antragsteller indes nicht aufgezeigt.
49Nach allem konnte der Antrag keinen Erfolg haben.
50Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Absatz 1, 162 Absatz 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat (§ 154 Absatz 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass er etwaige eigene außergerichtliche Kosten selbst trägt, § 162 Absatz 3 VwGO.
51Die Festsetzung des Streitwertes ist nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt.
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Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.