Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 08. Aug. 2017 - B 3 K 17.50070
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 08. Aug. 2017 - B 3 K 17.50070
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 08. Aug. 2017 - B 3 K 17.50070
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 08. Aug. 2017 - B 3 K 17.50070 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen.
(2) Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen anderer als der in Absatz 1 bezeichneten öffentlichen Stellen unter der Anschrift gegen sich gelten lassen, unter der er nach den Sätzen 1 und 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen des Bundesamtes gegen sich gelten lassen muss. Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.
(3) Betreiben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 ein gemeinsames Asylverfahren und ist nach Absatz 2 für alle Familienangehörigen dieselbe Anschrift maßgebend, können für sie bestimmte Entscheidungen und Mitteilungen in einem Bescheid oder einer Mitteilung zusammengefasst und einem Familienangehörigen zugestellt werden, sofern er volljährig ist. In der Anschrift sind alle volljährigen Familienangehörigen zu nennen, für die die Entscheidung oder Mitteilung bestimmt ist. In der Entscheidung oder Mitteilung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, gegenüber welchen Familienangehörigen sie gilt.
(4) In einer Aufnahmeeinrichtung hat diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt.
(5) Die Vorschriften über die Ersatzzustellung bleiben unberührt.
(6) Müsste eine Zustellung außerhalb des Bundesgebiets erfolgen, so ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.
(7) Der Ausländer ist bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist mongolische Staatsangehörige. Sie reiste nach eigenen Angaben und den Eintragungen in der Datenbank „Eurodac“ im November 2014 zunächst in die Schweiz, wo sie einen Asylantrag stellte und als Asylbewerberin registriert wurde. Im Januar 2015 reiste sie in die Bundesrepublik ein und beantragte hier ebenfalls Asyl. In der Befragung zur Bestimmung der Bundesrepublik Deutschland als zuständigen Mitgliedsstaat für die Prüfung dieses Asylbegehrens gab sie ihren Aufenthalt und Asylantrag in der Schweiz an. Daraufhin richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 5. März 2015 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an die Schweiz. Die Schweizer Behörden stimmten mit Schreiben vom 9. März 2015 dem Übernahmeersuchen nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-VO zu.
3Mit Bescheid vom 18. März 2015 (der Klägerin zugestellt am 23. April 2015) lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung der Klägerin in die Schweiz an (Ziff. 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27 Buchst. a AsylVfG unzulässig, die da die Schweiz aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich.
4Am 27. April 2015 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die Schweiz wegen der Unsicherheiten des Dublin-Systems zuletzt geplante Abschiebungen bzw. Rückübernahmen abgelehnt habe.
5Eine geplante Überstellung in die Schweiz auf dem Luftweg am 2. September 2015 konnte nicht durchgeführt werden, da sich die Klägerin entgegen einer Aufforderung unter ihrer Wohn- und Meldeanschrift nicht angetroffen wurde. Mit Schreiben vom 2. September 2015 teilte die evangelische Gemeinde zu Düren der zuständigen Ausländerbehörde mit, dass sie der Klägerin seit dem 1. September 2015 Kirchenasyl gewähre, bis über ihr Anliegen, dass ihr Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland inhaltlich bearbeitet und entschieden werde, durch das Gericht entschieden worden sei.
6Die Klägerin beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2015 aufzuheben.
8Die Beklagte verweist auf die Begründung des angefochtenen Bescheids und beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (zwei Hefte) ergänzend Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die Einzelrichterin, der das Verfahren gemäß § 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übertragen worden ist, entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
13Die Klage mit dem Begehren, die in dem angegriffenen Bescheid ausgesprochene Unzulässigkeitserklärung und die darauf beruhende Abschiebungsanordnung aufzuheben, ist als (isolierte) Anfechtungsklage zulässig
14– vergleiche statt vieler Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12. A –, juris Rz. 29 ff. –,
15aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 18. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
16Nach § 27a Asylverfahrensgesetz i.V.m. den Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin-III-VO) ist der Antrag der Klägerin in Deutschland unzulässig, weil die Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Bestimmungen der Dublin-III-VO gelten auch für die Schweiz, die zwar nicht Mitglied der Europäischen Union ist, aber auf der Grundlage eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union am Dublin-System teilnimmt. Da die Klägerin bereits am 25. November 2014 einen Asylantrag in der Schweiz gestellt hat, ist nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO die Schweiz für die Prüfung dieses Antrages allein zuständig. Sie hat sich auch mit Schreiben vom 9. März 2015 zur Wiederaufnahme der Klägerin bereit erklärt.
17Gründe dafür, dass die Zuständigkeit der Schweiz nach Art. 3 Abs. 2 S. 2 Dublin-III-VO entfällt oder die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 3 Dublin-III-VO Gebrauch machen müsste, sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Insbesondere lassen sich den vorliegenden Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Schweiz systemische Schwachstellen aufweisen, die mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung der Klägerin im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen. Nach dem aktuellen Informationsstand über die Situation der Asylbewerber in der Schweiz stellt die schweizerische Rechtslage zur Durchführung von Asylverfahren und die Vollzugspraxis im Grundsatz die asylrechtliche und subsidiäre Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage für Asylbewerber gemessen an grund- und menschenrechtlichen Standards in genügendem Maß sicher.
18Vgl. zur Situation von Asylbewerbern in der Schweiz ausführlich Helsinki Foundation for Human Rights, Asylum Information Database (AIDA), Country Report Switzerland, Stand: April 2015, veröffentlicht vom European Council on Refugees and Exiles, kostenlos abrufbar im internet (http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ switzerland_ april2015.pdf; Zugriff am 21. Mai 2015).
19Mag es auch in der Praxis Defizite geben (genannt werden die Unterbringung im Allgemeinen, Überbelegung von Gefängnissen während der Abschiebehaft, Behandlung von abgelehnten Asylbewerbern während der Rückführung in das Heimatland)
20– vgl. US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2013- Switzerland, 27. Februar 2014 (http://www.ecoi.net/local_link/ 270759/ 400866_de.html; Zugriff am 21. Mai 2015); Amnesty International: Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Switzerland, 25. Februar 2015 (https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/switzerland/report-switzerland; Zugriff am 21. Mai 2015); beide kostenlos abrufbar auf ecoi.net –,
21stellen diese allenfalls vereinzelt gebliebene Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben dar. Es sind auch keine besonderen individuellen Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die bei der Klägerin vorliegen und einer Abschiebung in die Schweiz ausnahmsweise entgegenstünden.
22Auch die Frist für die Durchführung der Überstellung ist nicht abgelaufen, da die Klägerin sich seit dem 1. September 2015 im Kirchenasyl befindet und damit die für das „Untertauchen“ einer Person vorgesehene Frist von 18 Monaten nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO gilt. Sie kann daher frühestens im September 2016 ablaufen.
23Die Anordnung des Bundesamtes im Bescheid vom 18. März 2015, die Klägerin in die Schweiz abzuschieben, ist nach § 34a und § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) nicht zu beanstanden.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger stellte am 28. Oktober 2010 einen Asylantrag. Dabei gab er an, er sei am 7. - in anderem Zusammenhang: am 1. - Januar 1990 in B. R. geboren und besitze die eritreische Staatsangehörigkeit. In den vom Bundesamt vorgelegten Verwaltungsvorgängen befindet sich ein Vermerk vom gleichen Tage, dem zufolge eine Fingerabdrucknahme per live scan nicht möglich gewesen sei. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) am 9. November 2010 führte der Kläger - in der Sprache Tigrinia - u.a. aus: Er habe sich in Eritrea vom 10. Februar bis zum 20. Dezember 2009 im Gefängnis befunden. An dem Tag sei er geflohen, und zwar in den Sudan. Dort habe er sich zehn Monate lang aufgehalten. Von Khartoum aus sei er dann nach Deutschland geflogen, und zwar nach Frankfurt/Main. Dort sei er am 18. Oktober 2010 mit dem Flugzeug angekommen.
3Der Kläger unterzog sich am 25. August 2011 einer erneuten erkennungsdienstlichen Behandlung. In einem Vermerk des Bundesamtes heißt es dazu, es sei festgestellt worden, dass seine Fingerkuppen Veränderungen aufwiesen. - Verwertbare Fingerabdrucke wurden seitens der Behörde anscheinend nicht erlangt.
4Am 2. August 2012 wandte sich das Bundesamt an den Kreis I. : In dem Asylverfahren des Klägers habe bisher keine Entscheidung getroffen werden können. Es habe noch keine Klassifizierung des Antrags wegen mangelnder Auswertbarkeit der erkennungsdienstlichen Maßnahme erfolgen können. Diesseits bestehe der Verdacht auf Manipulation der Fingerkuppen. Ohne Auswertung der Fingerabdrücke könne keine Einstufung des Antrags als Asylerstantrag, Asylfolgeantrag oder evtl. DÜ-Prüffall vorgenommen werden, so dass eine materiellrechtliche Prüfung der Angaben des Klägers in der persönlichen Anhörung vom 9. November 2010 sich derzeit nicht anbiete.
5Mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 bat das Bundesamt eine italienische Stelle um Übernahme des Klägers, nachdem die Behörde aufgrund des Ergebnisses einer (erneuten) erkennungsdienstlichen Behandlung von ihm am 6. September 2012 zu dem Ergebnis gelangt war, die Zuständigkeit Italiens sei gegeben. Eine Antwort erfolgte nicht.
6Am 16. Januar 2013 ließ der Kläger "im Hinblick auf die fiktive Zustimmung Italiens … vorsorglich" beantragen, die Bundesrepublik möge von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen: Die Situation des Asylsystems, mit der er im Falle seiner Rückkehr konfrontiert würde, stehe im Widerspruch zu Art. 3 EMRK. - Das ließ er detailliert und ausführlich begründen.
7Mit Bescheid vom 23. Januar 2013 stellte das Bundesamt gegenüber dem Kläger fest, a) der Asylantrag sei unzulässig; b) gleichzeitig ordnete es die Abschiebung nach Italien an: Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Italien gemäß Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Am 8. Oktober 2012 sei ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Italien gerichtet worden. Die italienischen Behörden hätten dieses sowie das Verfristungsschreiben vom 12. November 2012 unbeantwortet gelassen. Ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Dublin II-VO bestehe somit seit dem 23. Oktober 2012. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Italien erfülle gegenüber Ausländern, die dort einen Asylantrag stellten, die Mindeststandards. Die sofort vollziehbare Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. - Ein Abdruck des Bescheides wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 12. Februar 2013 übersandt mit dem Bemerken, die zuständige Ausländerbehörde werde die Zustellung an den Kläger veranlassen. Am 18. Februar 2013 wurde dem Kläger der Bescheid gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt.
8Der Kläger hat am 28. Februar 2013 Klage erhoben.
9Am 11. März 2013 sollte seine Überstellung nach Italien auf dem Luftweg erfolgen. Einen von ihm ebenfalls am 28. Februar 2013 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat die Kammer mit Beschluss vom 7. März 2013 ‑ 10 L 124/13.A - abgelehnt, ebenso mit Beschluss vom 8. März 2013 - 10 L 140/13.A - einen Abänderungsantrag vom gleichen Tag. - Aus der für den Abänderungsantrag gegebenen Begründung folgt, dass der Kläger in Italien unter dem Namen H. A. , geb. 01.01.1987, aufgetreten war. - Zu der Überstellung am 11. März 2013 kam es nicht. Einem Vermerk des Kreises I. vom gleichen Tag ist zu entnehmen: Am Morgen sei der Flug nach Rom infolge eines Streikes (am Flughafen Düsseldorf) annulliert worden. Die Unterkunft des Klägers sei aufgesucht worden, um ihn darüber zu informieren. Die Unterkunft sei verlassen gewesen. An der Tür sei eine handschriftliche Nachricht des Klägers angebracht gewesen zur Information der Behörde. Daraus gehe hervor, dass er es vorgezogen habe unterzutauchen. - Einen weiteren Abänderungsantrag hat die Kammer mit Beschluss vom 12. April 2013 ‑ 10 L 202/13.A - abgelehnt. Im Rahmen jenes Verfahrens hat der Kläger u.a. vorgetragen, er leide an einer behandlungsbedürften posttraumatischen Belastungsstörung. Eine Abschiebung hätte massive Auswirkungen auf seinen gesundheitlichen Zustand.
10Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Kläger vorgetragen: Er habe seine Heimat Eritrea im September 2009 Richtung Sudan verlassen. Dort sei er ca. zwei Wochen geblieben, bevor er nach Libyen ausgereist sei. Er sei am 26. Oktober 2009 in Sizilien eingereist und in ein Flüchtlingslager gekommen, das er nach ca. vier Monaten habe verlassen müssen. Anschließend habe er in Rom auf der Straße gelebt. Im Juli sei er in die Schweiz gereist. Dort sei ihm die Rückführung nach Italien angekündigt worden. Als die Polizei gekommen sei, sei er weggerannt und nach Deutschland geflohen. - Im Übrigen hat der Kläger umfassend darlegen lassen, weshalb eine Rückführung von Asylbewerbern nach Italien generell und in seinem Fall zusätzlich aus individuellen Gründen unzulässig sei. - Im Übrigen sei die Frist, in der er hätte überstellt werden können, inzwischen abgelaufen.
11Der Kläger, der sich seit März 2013 im Kirchenasyl befindet, beantragt,
12den Bescheid des Bundesamtes vom 23. Januar 2013 aufzuheben.
13Die Beklagte hat schriftlich beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie wiederholt und vertieft früheres Vorbringen.
16Weitere Anträge des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wege der Abänderung vorangegangener Entscheidungen hat die Kammer mit Beschlüssen vom 12. April 2013 - 10 L 202/13.A - sowie 24. April 2013 - 10 L 247/13.A - abgelehnt.
17Sie hat eine Auskunft des Auswärtigen Amtes - vom 24. Mai 2013 - eingeholt und einen weiteren Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (Beschluss vom 29. Oktober 2013 - 10 L 688/13.A -).
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verfahrensakten 10 L 688/13.A, 10 L 124/13.A, 10 L 140/13.A, 10 L 202/13.A, 10 L 247/13.A, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) und die vom Kreis I. überreichten Ausländerakten (2 Hefte) Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20a) Die Klage ist, soweit sie sich gegen die in dem Bescheid vom 23. Januar 2013 getroffene Feststellung, der Asylantrag sei unzulässig, richtet, zulässig. Die auf § 27 a AsylVfG gestützte Entscheidung stellt einen Verwaltungsakt dar. Der Kläger hat für dessen bloße Beseitigung ein Rechtsschutzbedürfnis, ist also nicht darauf angewiesen, weitergehend eine Verpflichtungsklage zu erheben. Wird der Verwaltungsakt vom 23. Januar 2013 insoweit aufgehoben, so führt dies zur Prüfung des von dem Kläger gestellten Asylantrags durch die Beklagte. Wäre das Verwaltungsgericht statt dessen verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist.
21- vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 19. März 2013 - 6 K 2643/12.A -, sowie Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris -.
22Die Klage ist unbegründet.
23Die Feststellung, der Asylantrag des Klägers sei unzulässig, verletzt diesen nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ob die Feststellung außerdem rechtswidrig ist, bedarf danach keiner Klärung mehr, da sich daraus zugunsten des Klägers angesichts des Wortlauts von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nichts ergeben würde. Sie findet eine Grundlage in § 27 a AsylVfG. Der Bestimmung zufolge ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies ist hier der Fall. Zu Recht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit der Republik Italien gegeben ist. Das folgt für die Kammer angesichts der von dem Kläger im Rahmen des Verfahrens 10 L 140/13.A vorgelegten Unterlagen (dort Blatt 9 - 12) aus Art. 16 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (künftig: Dublin II-VO).
24An dieser Verordnung (und nicht der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (Dublin III-VO)) ist in diesem Zusammenhang Maß zu nehmen. Das folgt aus Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO
25- siehe in diesem Zusammenhang VG Hannover, Beschluss vom 09. Januar 2014 - 1 B 7895/13 -; VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 3 B 7136/13 -; VG Potsdam, Beschlüsse vom 29. Januar 2014 - 6 L 27/14.A - und 20. Dezember 2013 - VG 6 L 858/13.A -, jeweils juris -.
26Dass eine Verletzung der Rechte des Klägers durch eine nunmehr vorgenommene Überstellung von ihm nach Italien erfolgen würde, die in Rede stehende Regelung vom 23. Januar 2013 jedenfalls inzwischen eine solche Rechtsverletzung darstellt, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die in Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO normierte Frist von drei Monaten ist gewahrt worden. Denn nachdem die (erneute) erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers vom 06. September 2012 ein positives Ergebnis erbracht hatte, hat sich das Bundesamt mit Schreiben vom 08. Oktober 2012 an eine italienische Stelle mit der Bitte um dessen Übernahme gewandt. Da darauf keine Antwort erfolgte, besteht seit dem 23. Oktober 2012 eine Zuständigkeit Italiens (Art. 20 Abs. 1 c) Dublin II-VO). Danach hätte die Überstellung des Klägers an sich gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO durchgeführt werden müssen, also bis 22. April 2013 (einschl.). Ein entsprechender Versuch am 11. März 2013 schlug fehl, weil a) der entsprechende Flug nach Rom annuliert worden und b) der Kläger "untergetaucht" war. Gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO kann die Frist auf höchstens ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung oder die Prüfung des Antrags aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf 18 Monate, wenn der Asylbewerber flüchtig ist. Mit Blick darauf ergeben sich im vorliegenden Fall verschiedene Fragen: Kann die Frist verlängert werden, so könnte das vielleicht nur unter Mitwirkung der ausländischen (hier: italienischen) Stelle erfolgen. Für eine solche Beteiligung ist hier nichts ersichtlich. Außerdem ist der Kläger hier zwar am 11. März 2013 "untergetaucht", doch hätte er an dem Tag ohnehin nicht überstellt werden können. "Taucht" er "unter" und meldet er sich nach einiger Zeit wieder, so fragt sich, welche Auswirkungen das auf die in Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO normierten Fristen hat. Außerdem wäre zu klären, ob Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Kläger sich seit März 2013 gerade im Kirchenasyl befindet (worüber die evangelische Kirchengemeinde C. die Ausländerbehörde unter dem 18. März 2013 informiert hat (GA Bl. 61)). Die Kammer geht solchen Fragen nicht nach. Wäre eine sich aus Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO ergebende Frist inzwischen verstrichen, führte das dazu, dass eine gleichwohl vollzogene Überstellung des Klägers nach Italien objektiv rechtswidrig wäre (und Italien die Überstellung von vornherein nicht mehr akzeptieren müsste). Daraus würde sich aber nach Ansicht der Kammer keine Verletzung der Rechte des Klägers ergeben. Denn zu ihrer Überzeugung vermittelt Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO dem Asylbewerber keinerlei Rechte, sondern regelt allein die Beziehungen zwischen Staaten
27- vgl. VG Berlin, Beschluss vom 07. Oktober 2013 - 33 L 403.13 A -, juris ‑ dort Rdnr. 10 - (zu Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO) unter Hinweis auf EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Niilo Jääskinen vom 18. April 2013, Rs. C-4/11, Rdnr. 58 -; zum Problem siehe auch noch GK-AsylVerfG, Stand November 2013, § 27 a Rdnr. 234, und Stand Juni 2012, § 27 a Rdnrn. 211, 212, 199 -.
28Im Übrigen wäre der Kläger, hätte er - anders als hier angenommen - doch Rechte aus Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO und wäre die dort normierte im vorliegenden Fall an sich maßgebliche Frist verstrichen, nach Treu und Glauben gehindert, sich darauf zu berufen. Er hat sich in das Kirchenasyl begeben in der Erwartung, dass dies seitens der staatlichen Stellen respektiert würde. So ist es auch gekommen. Dann ist es ihm ‑ jedenfalls während der in Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO normierten Frist von 18 Monaten - verwehrt, aus einem früher eintretenden Fristablauf etwas für sich herleiten zu wollen.
29Die Beklagte ist für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zuständig, denn die Bundesrepublik Deutschland ist nicht verpflichtet, das Selbsteintrittsrecht auszuüben. Die Bestimmung ist geeignet, subjektive Rechte des Klägers zu begründen. Allerdings lässt das im EU-Vertrag vorgesehene und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeitete gemeinsame Europäische Asylsystem die Annahme begründet erscheinen, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 (GFK) sowie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - Europäische Menschenrechtskonvention - (EMRK) finden. Es gilt daher grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Europäischen Grundrechtscharta und der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Ausgehend von der Annahme, dass es sich bei den Mitgliedstaaten der Europäischen Union um sichere Drittstaaten i.S.d. Art. 16 a Abs. 2 GG bzw. § 26 a AsylVfG handelt, ist aufgrund des diesen Vorschriften zugrundeliegenden "Konzepts der normativen Vergewisserung"
30- vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris -
31bzw. des "Prinzips des gegenseitigen Vertrauens"
32- vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs C 411/10 und C-393/10 -, juris -
33grundsätzlich davon auszugehen, dass die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Grundrechtscharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention in diesen Ländern sichergestellt ist. Auch die Dublin II-Verordnung beruht wie jede andere auf Art. 63 Satz 1 Nr. 1 EG-Vertrag gestützte gemeinschaftsrechtliche Maßnahme auf der Prämisse, dass die zuverlässige Einhaltung der GFK, der EMRK und der EuGrdRCh in allen Mitgliedstaaten gesichert ist
34- vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Oktober 2013, a.a.O.‑.
35Allerdings hat die Bundesrepublik Deutschland dann Schutz zu gewähren, wenn die Notwendigkeit eines solchen durch Umstände begründet wird, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des "Konzepts normativer Vergewisserung" durch Gesetz berücksichtigt werden konnten, oder aber sich die für die Qualifizierung als "sicher" maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesrepublik hierauf noch aussteht. Die Annahme eines sicheren Drittstaates ist daher dann widerlegt, wenn ernsthaft zu befürchten steht, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat grundlegende Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 EuGrdRCh bzw. der inhaltlich identischen Vorschriften des Art. 3 EMRK implizieren.
36Eine Verletzung der EU-Richtlinien, vereinzelte Verstöße gegen sonstige Grundrechte sowie anderweitige Missstände unterhalb der Schwelle "systemischer Mängel" stehen hingegen Dublin-Überstellungen nicht entgegen
37- Thym, Zulässigkeit der Dublin-Überstellungen nach Italien, ZAR 2013, 331, 332 -.
38Zum Inhalt der angesprochenen Bestimmungen ist dabei zu bemerken: Ausländern, die von einer Rückführung betroffen sind, gewährt die Konvention grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren, die vom ausweisenden Staat zur Verfügung gestellt wird. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Ausweisung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse des Betreffenden bedeutend geschmälert würden, falls er oder sie des Vertragsstaates verwiesen würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. Art. 3 EMRK kann auch nicht so ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; diese Regelung enthält keine allgemeine Pflicht, Flüchtlinge finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen
39- EGMR, Beschluss vom 02. April 2013, Nr. 27725/10, Hussein u.a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, 336 -.
40Einzig außergewöhnlich zwingende humanitäre Gründe stehen einer Dublin-Überstellung entgegen
41- Thym, a.a.O., 332 -.
42In diesem Zusammenhang ist zunächst zu betonen: Der Kläger hat in Italien im Rahmen des von ihm betriebenen Asylverfahrens einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten. Einen (weitergehenden) Flüchtlingsstatus hat er dort nicht besessen. Das ließe ihm die Möglichkeit, in Italien einen weiteren Asylantrag zu stellen mit dem Ziel, eine "bessere" Rechtsposition zu erlangen. Er wäre dann dort (erneut) Asylbewerber. Es kommt allerdings auch in Betracht, dass er dort - eine Rückführung einmal angenommen - kein weiteres Asylverfahren betreiben, sondern aufgrund eines Aufenthaltstitels leben würde, der ihm aus humanitären Gründen erteilt worden ist.
43In diesem zweiten Fall gilt: Es lässt sich nicht feststellen, dass im Hinblick auf die rechtliche und soziale Situation anerkannter Asylbewerber sowie der Flüchtlinge mit einem Bleiberecht angesichts der in Italien anzutreffenden Lebens- und Versorgungssituation sowie unter Berücksichtigung der insoweit staatlicherseits unternommenen Integrationsbemühungen das Aufnahme- und Asylverfahren dort derartige Mängel aufweist, dass es den Anforderungen des Europäischen Asylsystems nicht mehr entspricht. Schutzberechtigte, mithin anerkannte Asylbewerber (Asylberechtigte) und Personen mit subsidiärem Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention, erhalten mit ihrer Anerkennung ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht; es wird ihnen eine Aufenthaltsberechtigung ("permesso di soggiorno") ausgestellt. Danach genießen sie in Italien dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige. Dies bedeutet in der Praxis, dass sie sich - ebenso wie italienische Staatsangehörige - grundsätzlich selbst um eine Unterkunft kümmern und auch in eigener Verantwortung einen Arbeitsplatz suchen müssen. Dafür besteht aber ein freier Zugang zum Arbeitsmarkt. Alle Personen, die in Italien einen Schutzstatus besitzen, haben auch das Recht zu arbeiten. Sie können ihren Lebensunterhalt dadurch verdienen, dass sie je nach Ausbildung oder Befähigung einer zumindest einfachen Arbeit nachgehen. Anerkannte Asylbewerber und Personen mit einem subsidiären Schutzstatus haben Zugang zu einer Beschäftigung in Italien, wie dies durch Art. 26 und Art. 28 der Qualifikationslinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) garantiert wird.
44Ein staatliches System finanzieller Hilfeleistungen bzw. ein Sozialhilfesystem existiert hingegen nicht. Denn in Italien gibt es für italienische Staatsangehörige - und somit auch für anerkannte Flüchtlinge und Personen mit subsidiärem Schutzstatus, die ihnen gleichgestellt sind - kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. (sonstige) staatliche Leistungen, jedenfalls soweit sie nicht das 65. Lebensjahr erreicht haben. Art. 28 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie gewährt hinsichtlich der Sozialleistungen indessen auch nur einen Anspruch auf Inländergleichbehandlung, nicht aber einen Anspruch auf Privilegierung des anerkannten Flüchtlings
45- vgl. zum Ganzen OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris, m.w.N. und Belegen für die entsprechenden Angaben -.
46Zwar entspricht es der italienischen Kultur, dass es einen engen Familienzusammenhalt gibt, der im Notfall zumindest die Chance eröffnet, eine (gewisse) Unterstützung durch Familienangehörige in Anspruch nehmen zu können. Dass es eine solche vergleichbare Unterstützung unter den ausländischen Landsleuten gibt, die sich aufgrund ihres Schutzstatus dauerhaft in Italien aufhalten, erscheint nicht ausgeschlossen, dürfte aber die Ausnahme sein. Gleichwohl lässt dieser Umstand nach Auffassung der Kammer für sich allein nicht schon die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass der anerkannte Flüchtling oder sonstige Schutzberechtigte in Italien deshalb der konkreten Lebensgefahr ausgesetzt wäre, "auf der Straße" zu leben und zu verelenden
47- vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Oktober 2013, a.a.O. -,
48jedenfalls bestehen die beschriebenen Gefahren nicht in einem solchen Maße, dass die Annahme eines systemischen Mangels gerechtfertigt wäre
49- vgl. dazu Thym, a.a.O., 333 -.
50Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass - ebenso wie italienische Staatsangehörige in einer vergleichbaren Situation - auch anerkannte Asylbewerber und schutzberechtigte Flüchtlinge von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen, wie beispielsweise durch die CARITA und CIR, Unterstützung bekommen können.
51Überdies ist für anerkannte Flüchtlinge und Personen mit subsidiärem Schutzstatus ein kostenfreier Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen wie Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus gewährleistet. Ein Anspruch auf Einhaltung bestimmter Mindeststandards im Hinblick auf die Gewährung von Unterkunft sowie auf eine gewisse materielle Unterstützung besteht für sie auch nach dem Unionsrecht nicht - ein solcher Anspruch besteht nur für Asylbewerber -, denn nach den Bestimmungen der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 steht Asylbewerbern und Schutzsuchenden zwar ein subjektives Recht auch auf eine angemessene Fürsorge zu. Nach Art. 3 Abs. 1 der genannten Richtlinie haben Asylbewerber jedoch nur solange Anspruch auf die in Art. 5 ff. der Richtlinie bezeichneten humanitären Leistungen, solange sie "als Asylbewerber im Herkunftsgebiet verbleiben dürfen". "Asylbewerber" im Sinne der Richtlinie ist dabei ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der einen Asylantrag gestellt hat, über den noch nicht entschieden wurde.
52Die Kammer vermag danach keine gegenwärtig bestehenden, strukturellen landesweiten Missstände zu erkennen, die eine individuelle Gefährdung einer nennenswerten Anzahl von Betroffenen - d.h. von nicht besonders schutzbedürftigen Personen wie dem alleinstehenden 25-jährigen Kläger ‑ im Falle der Rückführung nach Italien begründen und die von den italienischen Behörden tatenlos hingenommen würden. Dementsprechend besteht auch keine Empfehlung des UNHCR, von solchen Rückführungen abzusehen. Dessen Stellungnahmen sind angesichts der Rolle, die ihm durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant.
53Danach war auch den Beweisanträgen nicht zu entsprechen. Die Beweistatsachen sind unerheblich. Der Kläger behauptet, dass er in Italien keinen Anspruch auf eine Unterkunft in einer CARA hätte, dass für ihn nach der Ankunft auf einem Flughafen keine Betreuung vorhanden wäre usw. Darauf kommt es indessen nicht an. Wesentlich ist, ob von der Existenz systemischer Mängel in dem dargelegten Sinne auszugehen ist. Mit Blick darauf ist unerheblich, ob dem Kläger in bestimmten Situationen nicht geholfen würde. Gleiches gilt für den Fall, dass die Beweisanträge auf die Behandlung aller Personen in bestimmten Situationen zielen, die mit ihm, dem Kläger, vergleichbar sind. Denn über die Existenz/Nichtexistenz systemischer Mängel würde damit nichts gesagt.
54An dem Ergebnis ändert sich im Übrigen nichts, wenn - anders als in diesem Urteil angenommen - der Kläger in Italien - eine Rückführung von ihm unterstellt - doch einen Asylantrag stellen und damit wieder den Status eines Asylbewerbers erlangen würde. Denn dann wäre seine Rechtsstellung - verglichen mit der Situation, dass er den in Rede stehenden Antrag nicht stellt - besser
55- vgl. dazu OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02. Oktober 2013, a.a.O. -.
56Einen Anspruch auf Selbsteintritt hat der Kläger auch nicht im Hinblick auf von ihm geltend gemachte individuelle gesundheitliche Gründe.
57Allerdings hat er im Rahmen des Verfahrens 10 L 202/13.A eine fachärztliche Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. med. Dipl. Psych. S. aus C. vom 28. März 2013 vorlegen lassen. In dieser heißt es u.a.:
58"Es muss also vom Vorliegen einer PTBS ausgegangen werden, deren Schweregrad allerdings durch die relativ stabile und sozial kompetente Primärpersönlichkeit noch nicht zu einer lang anhaltenden Persönlichkeitsstörung geführt hat oder Komorbiditäten wie Suchtverhalten, selbstverletzendem Verhalten, Aggressionsausbrüchen etc. Dem gut begabten, sozial kompetenten jungen Mann, der über den Wunsch und die Fähigkeiten verfügt, sich zu integrieren, war es gelungen, sich in C. zu stabilisieren und so zu relativer psychischer Gesundheit zurückzufinden. Er konnte sich am Bauhof in der Arbeit sicher fühlen und mit dem Schulbesuch in Q. integrieren und Freunde und Helfer finden, also die Dinge tun, die seine psychische Balance ganz basal ermöglichten. Aufgrund der traumatischen Erlebnisse ist Herr A. jedoch stark erhöht vulnerabel. D.h. die psychische Verletzlichkeit ist so groß, dass auch leichtere Retraumatisierungen zu einer dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen können, z.B. schwerer Depressivität oder Persönlichkeitsstörungen. Die Androhung der Ausweisung hat Herrn A. bereits aus seinem labilen Gleichgewicht geworfen, posttraumatische Stresssymptome getriggert und eine ängstlich depressive Symptomatik ausgelöst. Eine medikamentöse Therapie der Schlafstörungen kann entweder mit niedrigpotenten Neuroleptika oder schlafanstoßenden Antidepressiva erfolgen. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheinen soziotherapeutisch wirksame Maßnahmen, wie z.B. Fortsetzung der Beschulung oder die Integration in ein Beschäftigungsverhältnis noch ausreichend, um Herrn A. wieder zu stabilisieren und eine Verschlimmerung der psychischen Symptomatik zu verhindern. Eine Abschiebung wäre jedoch mit der Gefahr der Dekompensation und schwerwiegender psychischer Erkrankung verbunden und mit nicht absehbaren psychosozialen Folgen und somit nicht zu verantworten."
59Die Stellungnahme ist im Wesentlichen unbrauchbar.
60Sie genügt nicht den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlichen Mindestanforderungen. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome muss sich aus dem Attest, damit die Kammer Anlass zu weiteren Untersuchungen hat, nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt/die Fachärztin seine/ihre Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, bei der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken, die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen
61- vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, juris -.
62Dem genügt die Stellungnahme vom 28. März 2013 nicht. Sie weist - neben anderem ‑ vor allem den Mangel auf, dass nicht kritisch hinterfragt wird, ob die Angaben des Klägers bezüglich eines Verfolgungsschicksals den Tatsachen entsprechen oder wenigstens wahrscheinlich sind. Es heißt dort u.a.: Traumatische Bilder aus dem Gefängnis in Eritrea, der Flucht durch die Wüste, der fünftägigen Überfahrt nach Sizilien und bedrohliche Situationen in Italien drängten sich ihm immer wieder auf, er erschrecke leicht, wieder und wieder überfalle ihn die Angst, in den Schläfen poche das Blut, er schwitze und zittere, das Herz rase. Der Kläger sei etwa zehn Monate in Haft gewesen, ein Ende der Haft sei nicht absehbar gewesen.
63Indessen ist festzustellen: Der Kläger hat sich erstmals im Oktober 2010 an deutsche Behörden gewandt. Dabei hat er angegeben, er sei am 18. Oktober 2010 aus Khartoum/Sudan kommend auf dem Luftweg in das Bundesgebiet eingereist. Bis Dezember 2009 sei er in Eritrea im Gefängnis gewesen. Dann sei ihm die Flucht gelungen. Als Reiseweg hat er angegeben die Strecke Eritrea-Sudan-Bundesrepublik Deutschland. - Tatsächlich war der Kläger zeitweise in Italien. Dort ist er nach eigener Darstellung im Oktober 2009 eingetroffen. Er hat also bezüglich seines Reisewegs die Unwahrheit gesagt und den Aufenthalt in Italien zunächst verschwiegen. Grund dafür dürfte gewesen sein, dass er mit der Möglichkeit rechnete, von der Bundesrepublik Deutschland aus nach Italien zurückgeschickt zu werden. In Italien und in der Bundesrepublik Deutschland ist er unter verschiedenen Namen aufgetreten. Außerdem hat er unterschiedliche Geburtsdaten angegeben. Als er glaubte, er werde nach Italien zurückgeschickt, ist er untergetaucht. Erkennungsdienstliche Behandlungen von ihm in der Bundesrepublik Deutschland führten zunächst zu keinem Ergebnis. Es besteht die Möglichkeit, dass er seine Fingerkuppen manipuliert hat, um die Identifizierung seiner Person, die sonst hätte erfolgen können, weil ihm in Italien Abdrücke abgenommen worden waren, zu verhindern.
64Die genannten Tatsachen in Verbindung mit dem Verdacht, der sich daraus ergibt, dass Fingerabdrücke ihm zunächst nicht abgenommen werden konnten, und der Tatsache, dass der Kläger offenkundig ein großes Interesse daran hat, in der Bundesrepublik bleiben zu können, führen zu der Notwendigkeit, seinen Angaben bezüglich einer nunmehr bei ihm gegebenen Erkrankung (PTBS) kritisch zu begegnen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung im Internet ermittelt werden können und es nicht schwierig ist, ihre Existenz zu behaupten. Diese kritische Einstellung lässt die vorgelegte ärztliche Stellungnahme vollständig vermissen. Beispielhaft sei noch erwähnt: Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 09. November 2010 hat der Kläger angegeben, er habe sich in Eritrea zehn Monate im Gefängnis befunden, nämlich vom 10. Februar bis 20. Dezember 2009. Hat er hingegen, wie von ihm im Rahmen des Klageverfahrens angegeben worden ist, sein Heimatland im September 2009 Richtung Sudan verlassen, so stellt sich die Frage, ob er in Eritrea überhaupt im Gefängnis war und von wann bis wann das der Fall gewesen sein soll. Die Angabe in der fachärztlichen Stellungnahme vom 28. März 2013, "Herr A. war etwa zehn Monate in Haft", ist angesichts dessen so nicht verständlich.
65b) Die Regelung zu 2., die Abschiebung nach Italien werde angeordnet, ist rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 34 a Abs. 1 AsylVfG.
66- vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: Juni 2012, § 27 a Rdnr. 12, unter Bezugnahme auf § 31 Abs. 4 AsylVfG -.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
68Die sonstigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 9.10.2003 zu verpflichten, ihn einzubürgern.
die Klage abzuweisen.
unter entsprechender Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9.11.2004 -12 K 229/03- den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 9.10.2003 zu verpflichten, den Kläger einzubürgern.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
entsprechend VGH Bayern, Urteile vom 3.5.2005 - 5 BV 04.3174 - und vom 14.4.2005 - 5 BV 03.3089 -, beide juris, im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 23.2.1993 - 1 C 45/90 -, BVerwGE 92, 116 = InfAuslR 1993, 268, und vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, BVerwGE 87, 11 = InfAuslR 1991, 72; ebenso zu ausländerrechtlichen Vergünstigungen: OVG Sachsen, Beschluss vom 18.11.2003 - 3 BS 430/02 -, juris; BVerwG, Urteil vom 3.6.1997 - 1 C 1/97 -, InfAuslR 1997, 352.
so BVerwG, Beschluss vom 25.5.1993 - 1 B 21/93 -, InfAuslR 1993, 298,
abgedruckt bei Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl. 2005, Vorbemerkungen zu § 8 StAG,
so BVerwG, Urteile vom 23.2.1993 - 1 C 45/90 -, a. a. O., und vom 29.3.2006 - 5 C 4/05 -, NVwZ 2006, 938.
so Grün, GK-AsylVfG, Stand Juni 2006, § 63 Rz. 5 ff, S. 8, 9.
Urteil vom 10.2.1998 - 9 C 28/97 -, BVerwGE 106, 171,
vgl. zur Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG: BVerwG, Beschluss vom 11.12.1989 - 9 B 320/89 -, NVwZ 1990, 359, und Urteil vom 13.5.1993 - 9 C 49/92 -, InfAuslR 1993, 357 (358),
in diesem Sinne Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, a. a. O., § 71 Rz. 88, S. 41 f; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2006, AsylVfG § 71 Rz. 102, S. 36; VG Würzburg, Beschluss vom 1.3.2005 - W 6 E 05.30082 -, juris, aber zugleich die vorläufige Verpflichtung auf Erteilung einer Aufenthaltsgestattung bei vorgehendem positiven Eilrechtsschutz gegen die Entscheidung des Bundesamts im Asylfolgeverfahren versagend; anders Aufenthaltsgestattung ab nicht rechtskräftigem Urteilsausspruch: VG Lüneburg, Urteil vom 27.2.2001 - 4 A 74/99 -, juris,
entsprechend OVG Niedersachsen, Urteil vom 18.3.1998 - 13 L 1192/97 -, juris: "Das sog. "Kirchenasyl" vermag einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nicht zu begründen."
so BVerwG, Beschluss vom 4.2.1982 - 1 B 9/82 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 15, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 9.12.1975 - 1 C 40/71 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 6.
so BVerwG, Urteil vom 23.2.1993 - 1 C 45/90 -, a. a. O., in einem Fall der Einbürgerung nach dem Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit: "- wie bei der Einbürgerung nach § 8 RuStAG - eine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse vorliegen muss, die in der Regel erst nach einem langfristigen Einleben in die deutsche Umwelt eintritt".
so BVerwG, Beschlüsse vom 29.9.1995 - 1 B 236/94 -, InfAuslR 1996, 19 = NVwZ 1996, 717, und vom 25.11.2004 - 1 B 24/04 -, NVwZ 2005, 231 = InfAuslR 2005, 63; entsprechend zum SchwbG: BSG, Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R -, InfAuslR 1999, 510.
Gründe
entsprechend VGH Bayern, Urteile vom 3.5.2005 - 5 BV 04.3174 - und vom 14.4.2005 - 5 BV 03.3089 -, beide juris, im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 23.2.1993 - 1 C 45/90 -, BVerwGE 92, 116 = InfAuslR 1993, 268, und vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, BVerwGE 87, 11 = InfAuslR 1991, 72; ebenso zu ausländerrechtlichen Vergünstigungen: OVG Sachsen, Beschluss vom 18.11.2003 - 3 BS 430/02 -, juris; BVerwG, Urteil vom 3.6.1997 - 1 C 1/97 -, InfAuslR 1997, 352.
so BVerwG, Beschluss vom 25.5.1993 - 1 B 21/93 -, InfAuslR 1993, 298,
abgedruckt bei Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl. 2005, Vorbemerkungen zu § 8 StAG,
so BVerwG, Urteile vom 23.2.1993 - 1 C 45/90 -, a. a. O., und vom 29.3.2006 - 5 C 4/05 -, NVwZ 2006, 938.
so Grün, GK-AsylVfG, Stand Juni 2006, § 63 Rz. 5 ff, S. 8, 9.
Urteil vom 10.2.1998 - 9 C 28/97 -, BVerwGE 106, 171,
vgl. zur Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG: BVerwG, Beschluss vom 11.12.1989 - 9 B 320/89 -, NVwZ 1990, 359, und Urteil vom 13.5.1993 - 9 C 49/92 -, InfAuslR 1993, 357 (358),
in diesem Sinne Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, a. a. O., § 71 Rz. 88, S. 41 f; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2006, AsylVfG § 71 Rz. 102, S. 36; VG Würzburg, Beschluss vom 1.3.2005 - W 6 E 05.30082 -, juris, aber zugleich die vorläufige Verpflichtung auf Erteilung einer Aufenthaltsgestattung bei vorgehendem positiven Eilrechtsschutz gegen die Entscheidung des Bundesamts im Asylfolgeverfahren versagend; anders Aufenthaltsgestattung ab nicht rechtskräftigem Urteilsausspruch: VG Lüneburg, Urteil vom 27.2.2001 - 4 A 74/99 -, juris,
entsprechend OVG Niedersachsen, Urteil vom 18.3.1998 - 13 L 1192/97 -, juris: "Das sog. "Kirchenasyl" vermag einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nicht zu begründen."
so BVerwG, Beschluss vom 4.2.1982 - 1 B 9/82 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 15, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 9.12.1975 - 1 C 40/71 -, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 6.
so BVerwG, Urteil vom 23.2.1993 - 1 C 45/90 -, a. a. O., in einem Fall der Einbürgerung nach dem Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit: "- wie bei der Einbürgerung nach § 8 RuStAG - eine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse vorliegen muss, die in der Regel erst nach einem langfristigen Einleben in die deutsche Umwelt eintritt".
so BVerwG, Beschlüsse vom 29.9.1995 - 1 B 236/94 -, InfAuslR 1996, 19 = NVwZ 1996, 717, und vom 25.11.2004 - 1 B 24/04 -, NVwZ 2005, 231 = InfAuslR 2005, 63; entsprechend zum SchwbG: BSG, Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R -, InfAuslR 1999, 510.
(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.
(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.
(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn
- 1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen, - 2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen, - 3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen, - 4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen, - 5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen, - 6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder - 7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,
- 1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder - 2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, den am 28. Juni 2017 erfolgten Vollzug der Abschiebungsanordnung vom 16. Januar 2017 rückgängig zu machen.
den Eilantrag abzulehnen. Die Überstellung nach Polen sei rechtmäßig; die Überstellungsfrist sei verlängert worden.
II.
III.
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: M 9 K 17.50289) des Antragstellers gegen Nr. 4 (Anordnung der Abschiebung nach Spanien) des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Januar 2017 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage – Anordnung der Abschiebung nach Spanien – anzuordnen.
II.
Tenor
I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
I.
Die zur Person nicht ausgewiesene Klägerin ist nach eigenen Angaben äthiopische Staatsangehörige. Sie meldete sich am
Bei einer Überprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) wurde ein Eurodac-Treffer für die Niederlande festgestellt. Aufgrund des Übernahmeersuchens des Bundesamts erklärten die niederländischen Behörden mit Schreiben vom 14. März 2014 ihre Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO).
Mit Bescheid vom
II.
Mit ihrer am
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Ein am gleichen Tag gestellter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Nr. W 3 S 14.50041) wurde mit Beschluss vom 7. Mai 2014
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Am
Nachdem der Klägerbevollmächtigte einen Antrag auf Übernahme in das nationale Verfahren gestellt hatte (Eingang beim Bundesamt am
Dem trat der Klägerbevollmächtigte entgegen und bot Zeugenbeweis dafür an, dass die Klägerin nicht untergetaucht gewesen sei. Vielmehr habe sie sich bis zum
Die Beklagte vertrat nach richterlichem Hinweis die Auffassung, es beginne keine neue Überstellungsfrist ab dem Bekanntwerden einer neuen Adresse zu laufen, wenn die Klägerin vorher untergetaucht gewesen sei. Vielmehr ergebe sich eine Fristverlängerung auf insgesamt 18 Monate. Diese Frist sei noch nicht abgelaufen.
Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Mit Beschluss vom 27. August 2015
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
Der Bescheid ist rechtswidrig (geworden), weil die Überstellungsfrist abgelaufen ist. Vorliegend ist gemäß Art. 49 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) der zuständige Mitgliedsstaat nach den Kriterien dieser Verordnung zu bestimmen. Die niederländischen Behörden haben dem Übernahmeersuchen des Bundesamts mit Schreiben vom 14. März 2014 zugestimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedsstaat sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO). Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte oder höchstens auf 18 Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO).
Vorliegend geht das Bundesamt offenbar davon aus, dass die Sechs-Monats-Frist des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO für die Überstellung erst mit der Zustellung der Entscheidung im Sofortverfahren am
Beide Einschätzungen des Bundesamts sind jedoch nicht zutreffend.
Die Überstellungsfrist von sechs Monaten begann mit der Zustimmung der niederländischen Behörden am 14. März 2014 ab 15. März 2014 zu laufen. Die Kammer vertritt in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (U. v. 27.8.2014 - A 11 S 1285/14 - juris Rn. 58, NVwZ 2015, 92) die Rechtsauffassung, dass durch einen (erfolglosen) Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung ein vorübergehendes Vollstreckungshindernis vorliegt und somit eine Hemmung des Fristablaufs eintritt. Dies hat zur Folge, dass sich die Frist entsprechend verlängert (VG Würzburg, U. v. 4.8.2015 - W 3 K 14.50155 - noch n. v. -). Hierauf kommt es jedoch aus nachfolgenden Gründen nicht entscheidungserheblich an.
Vorliegend ist ein Abschiebungsversuch am
Allerdings bestreitet die Klägerin, dass sie untergetaucht war. Spätestens mit Eingang der Mitteilung der Klägerin, dass sie sich im Kirchenasyl befindet (Eingang beim Bundesamt am
Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-VO regelt nicht, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen der Asylbewerber flüchtig war, aber innerhalb des 18-Monats-Zeitraums seinen Aufenthalt bekannt gibt. Marx (Kommentar zum AsylVfG, 8. Aufl. § 27a Rn. 97) vertritt hierzu die Auffassung, dass die Frist nicht um „weitere“ 18 Monate, sondern auf maximal 18 Monate verlängert wird. Wenn der Betroffene nach Ablauf der Maximalfrist von 18 Monaten auftauche, sei eine Überstellung nicht mehr zulässig. Wenn sich der Betroffene vorher bei den zuständigen Behörden melde, sei er nicht mehr flüchtig und dies berechtige zu einer Fristverlängerung auf zunächst sechs Monate, berechnet vom Zeitpunkt des Wiederauftauchens. Die Maximalfrist von 18 Monaten deute darauf hin, dass im Fall des Untertauchens eine erste Fristverlängerung auf bis sechs Monaten zulässig sei. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, weshalb das erkennende Gericht sich dieser Rechtsauffassung anschließt.
Das Bundesamt erhielt am
Zur Überzeugung des Gerichts kann auch nicht angenommen werden, die Klägerin sei „flüchtig“, weil sie sich im Kirchenasyl befunden habe und sich somit der Abschiebung entzogen habe (so aber: VG Saarlouis, U. v. 6.3.2015 - 3 K 832/14 - juris Rn. 45; OVG Lüneburg, U. v. 25.6.2015 - 11 LB 248/14 - juris; VG Ansbach, B. v. 21.7.2015 - AN 3 S 15.30959 - juris; VG Regensburg, U. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 56).
Zwar wird im Regelfall das Kirchenasyl gewählt, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Dies ändert aber nichts daran, dass dem Bundesamt der Aufenthaltsort des Asylbewerbers bekannt ist und er deshalb nicht im oben dargestellten Sinn „flüchtig“ ist.
Wenn das Bundesamt das Kirchenasyl akzeptiert, ist dies eine politische Entscheidung. Es liegt jedoch kein Fall vor, dass eine Abschiebung deshalb nicht möglich ist, weil der Asylbewerber flüchtig ist. Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass das Bundesamt sich in Fällen des Kirchenasyls nicht darauf beruft, dass sich deshalb die Überstellungsfrist verlängern würde. Vielmehr hat das Bundesamt regelmäßig angenommen, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist gilt und nach Ablauf der Überstellungsfrist in vielen dem Gericht bekannten Fällen die Abschiebungsanordnung aufgehoben. Auch im vorliegenden Fall hat das Bundesamt sich nicht auf eine Verlängerung der Überstellungsfrist wegen des Kirchenasyls berufen.
Folglich ist davon auszugehen, dass die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit dem „Auftauchen“ der Klägerin neu zu laufen begann, aber am
Die objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides verletzt die Klägerin auch in ihren Rechten. Die Klägerin hat gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Durchführung des Asylverfahrens. Dieses Recht ist verletzt, wenn sich die Beklagte auch nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestehende Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruft. Mit dem Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin III-VO ist der Bescheid des Bundesamts vom 27. März 2014 gegenstandslos geworden (vgl. BayVGH, B. v. 6.3.2015 - 13a ZB 15.50000;
Die Klägerin erlangt durch die Aufhebung des Bescheides einen rechtlichen Vorteil, weil nach Aufhebung des Bescheides die Beklagte verpflichtet ist, das Verwaltungsverfahren wieder aufzunehmen.
Aus diesem Grund ist auch kein Ausspruch der Verpflichtung der Beklagten erforderlich, das Asylverfahren der Klägerin fortzuführen.
Vorliegend ist das Gericht auch nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen. Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, nach Ansicht der Kammer keine Anwendung (vgl. auch BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - beide: juris).
Somit war der streitgegenständliche Bescheid mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG aufzuheben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Ausländer, die den Asylantrag bei einer Außenstelle des Bundesamtes zu stellen haben (§ 14 Abs. 1), sind verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung, längstens jedoch bis zu 18 Monate, bei minderjährigen Kindern und ihren Eltern oder anderen Sorgeberechtigten sowie ihren volljährigen, ledigen Geschwistern längstens jedoch bis zu sechs Monate, in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor der Entscheidung des Bundesamtes entfallen. Abweichend von Satz 1 ist der Ausländer verpflichtet, über 18 Monate hinaus in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, wenn er
- 1.
seine Mitwirkungspflichten nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 bis 7 ohne genügende Entschuldigung verletzt oder die unverschuldet unterbliebene Mitwirkungshandlung nicht unverzüglich nachgeholt hat, - 2.
wiederholt seine Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 1 und 3 ohne genügende Entschuldigung verletzt oder die unverschuldet unterbliebene Mitwirkungshandlung nicht unverzüglich nachgeholt hat, - 3.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und gegenüber einer für den Vollzug des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörde fortgesetzt über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder fortgesetzt falsche Angaben macht oder - 4.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und fortgesetzt zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen, insbesondere hinsichtlich der Identifizierung, der Vorlage eines Reisedokuments oder der Passersatzbeschaffung, nicht erfüllt.
(1a) Abweichend von Absatz 1 sind Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 29a) verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags nach § 29a als offensichtlich unbegründet oder nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Satz 1 gilt nicht bei minderjährigen Kindern und ihren Eltern oder anderen Sorgeberechtigten sowie ihren volljährigen, ledigen Geschwistern. Die §§ 48 bis 50 bleiben unberührt.
(1b) Die Länder können regeln, dass Ausländer abweichend von Absatz 1 verpflichtet sind, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet oder als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung, längstens jedoch für 24 Monate, zu wohnen. Die §§ 48 bis 50 bleiben unberührt.
(2) Sind Eltern eines minderjährigen ledigen Kindes verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, so kann auch das Kind in der Aufnahmeeinrichtung wohnen, auch wenn es keinen Asylantrag gestellt hat.
(3) Für die Dauer der Pflicht, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, ist der Ausländer verpflichtet, für die zuständigen Behörden und Gerichte erreichbar zu sein.
(4) Die Aufnahmeeinrichtung weist den Ausländer innerhalb von 15 Tagen nach der Asylantragstellung möglichst schriftlich und in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, auf seine Rechte und Pflichten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hin. Die Aufnahmeeinrichtung benennt in dem Hinweis nach Satz 1 auch, wer dem Ausländer Rechtsbeistand gewähren kann und welche Vereinigungen den Ausländer über seine Unterbringung und medizinische Versorgung beraten können.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.