Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 03. Juni 2015 - B 2 K 14.564

published on 03/06/2015 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 03. Juni 2015 - B 2 K 14.564
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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth

Aktenzeichen: B 2 K 14.564

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 03.06.2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr.

Hauptpunkte:

Baurecht;

Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans;

Höhe der Einfriedung;

gefahrloses Ausfahren aus Grundstücken;

Gebot der Rücksichtnahme

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Gemeinde ... vertreten durch den ersten Bürgermeister, ...

- Beklagte -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beigeladen: ...

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

wegen Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans,

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 2. Kammer,

durch die Richterin am Verwaltungsgericht ...als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung am 3. Juni 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte und die Beigeladene durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11.08.2014, mit welchem der Beigeladenen eine isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ erteilt wurde.

Mit Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft ... vom 11.08.2014 wurde der Beigeladenen eine isolierte Befreiung zur Errichtung einer Mauer an der Grenze zur Gemeindestraße „...“ mit einer Höhe von 1,60 m auf dem Grundstück ... der Gemarkung ... erteilt. Der Kläger ist Eigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks mit der Fl.-Nr. ... der Gemarkung ..., .... Er betreibt auf seinem Grundstück einen Handwerksbetrieb für Heizung und Sanitär. Im rückwärtigen Bereich des klägerischen Grundstücks befinden sich Stellplätze, die durch einen unmittelbar an der südwestlichen Seite an das Grundstück der Beigeladenen anschließenden Fahrweg erschlossen werden. Diese Stellplätze werden vom Kläger, seinen Mitarbeitern sowie von Kunden des Handwerksbetriebs benutzt. Der Fahrweg verläuft zur Straße „...“ ansteigend. Das Grundstück der Beigeladenen sowie das Grundstück des Klägers liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „...“, welcher seit 1975 rechtsverbindlich ist. Dieser setzt hinsichtlich von Einfriedungen fest, dass diese eine Gesamthöhe, gemessen von der Oberkante der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche, von maximal 1,20 m haben dürfen und Sockel nicht höher wie 0,20 m sein dürfen. In Bezug auf die Höhe der Einfriedung zur Straße hin wurde für das Bauvorhaben der Beigeladenen oben genannte Befreiung erteilt.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14.08.2014, beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 15.08.2014 eingegangen, hat der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2014 erheben lassen. Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Fahrweg zur Straße „...“ ansteigend verlaufe. Zur Einmündung in die Straße „...“ sei es erforderlich, den vorfahrtsberechtigten Verkehr zu beachten, was erforderlich mache, beim Ausfahren in linker Blickrichtung die Straße übersehen zu können. Dies sei nur dann möglich, wenn an der straßenseitigen Grenze des durch die Befreiung begünstigten Grundstücks eine blickdichte Einfriedung mit einer Höhe von maximal 1,20 m, gemessen von der Oberkante der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche, bestehe. Der für das Gebiet geltende Bebauungsplan regele, dass Einfriedungen nur eine Gesamthöhe gemessen von der Oberkante der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche von maximal 1,20 m aufweisen dürften. Bezüglich Verkehrsflächen sei festgesetzt, dass Sichtdreiecke von jeder sichtbehindernden Nutzung und Bepflanzung freigehalten werden müssten. Hecken und Einfriedungen dürften in diesem Bereich eine Höhe von 0,8 m über der Fahrbahn nicht überschreiten. Durch die Möglichkeit, entlang der Grenze des Grundstücks des Beigeladenen zur öffentlichen Verkehrsfläche eine Einfriedung mit einer Höhe von mehr als 1,20 m herzustellen, werde die Ausfahrt vom Grundstück des Klägers aus tatsächlich beeinträchtigt. Es sei nicht möglich, den von links herankommenden Verkehr zu beobachten. Es bestehe die Gefahr, dass es zu Unfällen komme, wenn Verkehrsteilnehmer auf der vorfahrtsberechtigten Straße nicht wahrgenommen würden, diese die Gefahr durch vom Grundstück des Klägers aus einbiegende Fahrzeuge nicht rechtzeitig wahrnehmen und abbremsen würden. Der Bebauungsplan lasse nicht erkennen, ob die Festsetzung eines Maßes von 1,20 m bezüglich der Einfriedungen nur aus städtebaulichen Gründen oder auch aus Gründen des Nachbarschutzes erfolgt sei. Durch die Festsetzung von freizuhaltenden Sichtdreiecken zeige der Bebauungsplan allerdings, dass er die Verkehrsflächen verkehrssicher gestalten möchte, so dass zumindest dem Kläger ein Anspruch auf Verhinderung von baulichen Anlagen, die zu seinen Lasten die Verkehrssicherheit gefährden, zukommen werde. Sollte ein Drittschutz in den Festsetzungen entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegeben sein, so sei der Bescheid gleichwohl aufzuheben, da er gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Würde dem begünstigten Grundstückseigentümer tatsächlich die Möglichkeit endgültig zukommen, die Mauer mit einer Höhe von mehr als 1,20 m herzustellen, so wäre die Ausfahrt vom Grundstück des Klägers aus nicht mehr sicher befahrbar.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Bescheid vom 11.08.2014 insofern aufzuheben, als sich die Befreiung auch auf das Mauerteil bezieht, welches sich vom nördlichen Grenzpunkt des von der Befreiung begünstigten Grundstücks auf einer Strecke von 2 m entlang der Straße „...“ nach Südwesten erstreckt.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2014 beantragte der Bevollmächtigte der Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 17.09.2014 vorgetragen, dass der Bescheid der Beklagten rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Zunächst sei festzuhalten, dass die von der Beigeladenen beantragte Befreiung von der Höhenfestsetzung für eine Gartenmauer von nunmehr 1,60 m nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a BayBO verfahrensfrei sei, weil es sich um eine Einfriedung mit einer Höhe bis zu 2 m Höhe im Innenbereich (hier: Geltungsbereich eines Bebauungsplans) handele. Da das Vorhaben selbst grundsätzlich verfahrensfrei sei, komme schon begrifflich eine Beteiligung des Klägers an einem (eben nicht stattfindenden) Verfahren nicht in Betracht. Hier stelle sich zunächst die Frage, ob die Festsetzung des Bebauungsplanes, von der die Beklagte befreit habe, nachbarschützend sei. Aus den Festsetzungen zur Bauweise, Baulinie und Baugrenzen im Hinblick auf die Einfriedungen sei festzuhalten, dass diesen kein Nachbarschutz zukomme, sondern es vielmehr, wie aus dem Festsetzungstext selbst ersichtlich, um eine gewisse Einheitlichkeit innerhalb eines Straßenzuges gehe. Dies habe keinen nachbarschützenden Charakter. Demgegenüber betreffe die Festsetzung zu Sichtdreiecken ihrem klaren und zweifelsfreien Inhalt nach ausschließlich Verkehrsflächen, um die es sich bei dem Grundstück der Beigeladenen eben nicht handele. Dementsprechend weise der Bebauungsplan „...“ in der Planzeichnung diese Festsetzung nur in Kreuzungsbereichen auf, nicht hingegen im streitgegenständlichen Bereich. Im Weiteren befinde sich im Bereich vor dem klägerischen Grundstück auf der Fahrbahn eine sog. Zacken-Linie, die also ein Parken an dieser Stelle nicht zulasse. Im Übrigen stelle sich auch die Frage, ob der Betrieb des Klägers überhaupt in dem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Die bewilligte Befreiung sei auch städtebaulich vertretbar.

Mit Beschluss vom 15.08.2014 wurde die Bauherrin zum Verfahren beigeladen. Mit Schriftsatz vom 23.09.2014 zeigte sich der Bevollmächtigte der Beigeladenen an und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Mauer zwischenzeitlich errichtet sei und einschließlich der Abdeckplatte eine Höhe von 1,50 m aufweise. Die Grundstückssituation des Klägers sei dadurch geprägt, dass er seine Zufahrt für den hinteren Bereich seines Grundstücks nach dem Lageplan links neben seinem Gebäude habe. Diese Zufahrt gehe relativ steil nach unten, weil der hintere Grundstücksbereich des Grundstücks des Klägers deutlich tiefer liege als der vordere Bereich. Die Mieter des Klägers und seine Kunden würden in die Einfahrt auf den hinteren Teil des Grundstücks gerade nicht fahren, sie parkten allesamt auf der Straße. Die Beigeladene habe an der Grenze zum klägerischen Grundstück eine Tujahecke bis zur Straße gepflanzt, die zwischenzeitlich eine Höhe von ca. 2 m aufweise. Der Beeinträchtigung des Grundstückes des Klägers finde in mehrfacher Hinsicht in Folge der Verwirklichung des Bescheides vom 11.08.2014 nicht statt. Aufgrund des Umstandes, dass die Abfahrt auf dem Grundstück des Klägers relativ steil sei, erfolge auch bei einer Mauerhöhe von 1,20 m eine deutliche Beeinträchtigung der Sicht nach links. Der Bescheid ändere demzufolge an schwierigen Ein- und Ausfahrtsverhältnissen nichts. Nachdem die Tujahecke der Beigeladenen 2 m hoch und bis zur Straße hin gepflanzt sei, ergebe es sich, dass der Kläger ohnehin keine Sicht nach links habe und in den vergangenen Jahren nie gehabt habe. Das vom Kläger in Anspruch genommene Sichtdreieck betreffe Grundstücksausfahrten zwischen anliegenden Grundstücksnachbarn nicht.

Mit Schriftsatz vom 13.02.2015 ergänzt der Bevollmächtigte des Klägers, dass die Mauer die Sicht bei der Ausfahrt vom Grundstück des Klägers behindere. Auch ein vorsichtiger und umsichtiger Kraftfahrer habe aufgrund der Mauer Schwierigkeiten, das Grundstück des Klägers mit Kraftfahrzeugen zu verlassen. Von links herannahende Fahrzeuge seien schlicht nicht wahrnehmbar. Es handele sich bei der Straße auch nicht um eine Verkehrsfläche, die wenig Verkehrsaufkommen aufweise. Durch die Mauer sei es nicht möglich, den Verkehrsfluss zu beobachten und nur dann auszufahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht befürchtet werden müsse. Gemäß Art. 14 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung - BayBO - dürfe durch bauliche Anlagen die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs nicht gefährdet werden. Durch die konkrete Höhenlage und die zur Straße hin ansteigende Ausfahrt wirke die Mauer als vollständige Sichtunterbrechung, so dass eine Ausfahrt vom Grundstück des Klägers nicht möglich sei, ohne zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu führen.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2015 teilte der Bevollmächtigte der Beklagten mit, dass zwischenzeitlich eine Ortsbesichtigung mit der PI ... stattgefunden habe. Der betroffene streitgegenständliche Bereich befinde sich in einer Tempo-30-Zone. Die Fahrbahn sei dort regelkonform ausgebaut und entspreche den Bedürfnissen eines Wohngebiets. Gehwege seien nicht vorhanden. Hinsichtlich der Grundstücksein- und -ausfahrt auf dem klägerischen Grundstück sei festgestellt worden, dass beim Ausfahren auf die Straße „...“ die Sicht nach links durch eine Hecke und eine Mauer stark eingeschränkt sei. Im Übrigen habe die Vertreter von der PI ... aber darauf hingewiesen, dass sich nach § 10 der Straßenverkehrsordnung - StVO - Verkehrsteilnehmer, die aus einem Grundstück auf die Straße einfahren würden, so verhalten müssten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Erforderlichenfalls müsse man sich einweisen lassen. Umgekehrt dürfe der Ausfahrende darauf vertrauen, dass sich der fließende Verkehr verkehrsgerecht verhalte, insbesondere die Geschwindigkeit einhalte und dem Gebot des Fahrens auf Sicht genüge.

Mit Schriftsatz vom 13.03.2015 verwies der Bevollmächtigte des Klägers nochmals darauf, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei zu prüfen, ob die Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen in rücksichtsloser Weise eine unübersichtliche Verkehrssituation schaffe. Beim Ausfahren vom Grundstück des Klägers sei die Sicht nach links von besonderer Bedeutung, da von links die rechts fahrenden Verkehrsteilnehmer dicht vor der Einfahrt vorbeifahren würden. Die von rechts kommenden Verkehrsteilnehmer würden auf der anderen Straßenseite fahren. Der Kläger könne die durch die Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen beeinträchtigte Sicht sich nicht selbst verschaffen. Insofern solle Beweis darüber erhoben werden, dass es durch die straßenseitige Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen, bezüglich der die Beklagte die Befreiung erteilt habe, bei der Ausfahrt vom Grundstück des Klägers es nicht möglich sei, den von links herankommenden Verkehrsfluss zu beobachten und dann auszufahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht befürchtet werden müsse.

Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.12.2014 zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie zur Übertragung der Streitsache auf die Einzelrichterin angehört. Die Beteiligten erklärten hierzu ausdrücklich ihr Einverständnis.

Mit Beschluss vom 17.02.2015 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenakten, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann über die Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Parteien nach § 101 Abs. 2 VwGO auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11.08.2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Kläger rügt ohne Erfolg, der Beklagte habe in rechtswidriger Weise von der im Bebauungsplan ... festgesetzten Einfriedungshöhe befreit und dadurch Nachbarrechte verletzt. Der im Bereich des Vorhabensgrundstück festgesetzten Einfriedungshöhe kommt nicht der vom Kläger geltend gemachte nachbarschützende Charakter zu.

Nach § 31 Abs. 2 des Baugesetzbuches - BauGB - kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und entweder Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen befreit wird oder von solchen, die nicht drittschützend sind. Bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung des Bebauungsplans ist ein nachbarlicher Abwehranspruch stets gegeben, es führt also jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung des Befreiungsbescheides (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.07.1998, Az. 4 B 64/98).

Bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung besteht Drittschutz des Nachbarn nur, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind; alle übrigen Fehler einer Befreiung machen diese zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat (vgl. BVerwG a. a. O.; Urt. v. 19.09.1986, Az. 4 C 8/84; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.2011, Az. 7 B 1803/10).

Vorliegend hat die Beklagte für das Bauvorhaben des Beigeladenen eine Befreiung von einer im Bebauungsplan festgesetzten Höhe der Einfriedung erteilt. Die Festsetzung des hier einschlägigen Bebauungsplans bezüglich der Höhe der Einfriedung ist nicht nachbarschützend. Festsetzungen dieser Art vermitteln ebenso wie solche zum Maß der baulichen Nutzung Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der sie erlassenden Gemeinde ausnahmsweise diese Funktion haben sollen. Eine solche ausnahmsweise drittschützende Zielrichtung muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen der Gemeinde (Sitzungsprotokolle etc.) ergeben. Dies ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht. Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus.

Somit kann sich die Klägerin allein auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme berufen. Eine Verletzung dieses drittschützenden Rücksichtnahmegebotes liegt indes nicht vor.

Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen die Rechte des Nachbarn verletzt, ist nach den Maßstäben des § 31 Abs. 2 BauGB zu entnehmenden Gebots der Rücksichtnahme zu beantworten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.07.1998, Az. 4 B 64/98). Maßgebend sind demnach die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was billigerweise beiden Seiten zumutbar oder unzumutbar ist. Bloße Lästigkeiten lösen einen Schutzanspruch nicht aus, erforderlich ist eine qualifizierte Störung (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, Az. 4 C 14/87).

Voraussetzung für eine Abwägung unterschiedlicher Belange im vorgenannten Sinn ist, dass derjenige, der ein Vorhaben abwehren will, eine abwägungserhebliche schutzwürdige Position besitzt. Denn Rücksicht zu nehmen ist nur auf solche Interessen des Nachbarn, die wehrfähig sind, weil sie nach der gesetzgeberischen Wertung, die in den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ihren Niederschlag gefunden hat, schützenswert sind. Fehlt es hieran, so ist für Rücksichtnahmeerwägungen von vornherein kein Raum; eine Interessenabwägung erübrigt sich (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1993, Az. 4 C 5.93).

Der Kläger kann sich vorliegend auf keine Rechtsposition berufen, die nach Maßgabe der Gesetze Schutz beansprucht. Vorliegend wäre die Einfriedung in einer Höhe bis zu 2 m nach Art. 57 Abs. 1 Ziffer 7a BayBO, wenn es keinen Bebauungsplan gäbe, ohnehin verfahrensfrei zulässig. Außergewöhnliche Umstände, die entgegen der hier zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme begründen könnten, sind nicht erkennbar. Zugunsten des Klägers zu berücksichtigende städtebauliche Gesichtspunkte, die im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB allein maßgeblich sind, werden nicht berührt. Bauordnungsrechtliche Gründe, insbesondere solche der Gefahrenabwehr, bleiben hingegen außer Betracht (vgl. VGH BW, Urt. v. 16.10.1996, Az. 3 S 2332/95). Im Übrigen ergeben sich vorliegend auch aus Art. 14 Abs. 2 BayBO keine nachbarschützenden Rechte des Klägers. Demnach darf die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen und deren Nutzung nicht gefährdet werden. Soweit vom Kläger vorgebracht wird, dass das Sichtdreieck nicht freigehalten sei, ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Befreiungsentscheidung seitens der Beklagten nur städtebauliche Gesichtspunkte geprüft werden. Zwar enthält der Bebauungsplan für Verkehrsflächen unter Ziffer 4 u. a. die textliche Festsetzung, dass Sichtdreiecke von jeder sichtbehinderten Nutzung und Bepflanzung freizuhalten sind, dass Sträucher, Hecken und Einfriedungen eine Höhe von 0,80 m über Fahrbahn nicht überschreiten dürfen. Zum einen ist eine Befreiung von dieser Festsetzung aber weder beantragt noch erteilt; zum anderen betrifft die Festsetzung der Sichtdreiecken ausschließlich Verkehrsflächen, um die es sich bei dem Grundstück der Beigeladenen eben nicht handelt. Der Bebauungsplan „...“ weist in der Planzeichnung diese Festsetzung nur in Kreuzungsbereichen auf, nicht hingegen im streitgegenständlichen Bereich. Darüber hinaus hat die beigeladene Bauherrin entlang ihrer dem Kläger zugewandten Grundstücke ... und ... eine Tujahecke bis zur Straße gepflanzt, die zwischenzeitlich eine Höhe von ca. 2 m aufweist. Eine Verschlechterung der Sicht infolge der Straßeneinfriedung wird nicht erfolgen.

Einen Anspruch darauf, dass die Grundstücksnachbarn keine Grenzbebauung oder keine sichtdichte Einfriedung errichten, um ein besseres Ausfahren aus den Nachbargrundstücken zu ermöglichen, gibt es nicht. Bauordnungsrechtlich sind sogar Garagen mit einer Wandhöhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 9 m gemäß Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO zulässig und Mauern einschließlich Stützmauern und Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2 m nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO verfahrensfrei. Das ist auch beim bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme zu berücksichtigen. Dass die öffentliche Verkehrsfläche beim Ausfahren aus einem Grundstück nicht frei überblickt werden kann, ist eine sehr häufig anzutreffende Gegebenheit. Anders wäre dies allenfalls dann zu beurteilen, wenn das gefahrlose Ausfahren von einem Grundstück infolge einer Sichtbehinderung durch die Errichtung oder Nutzung eines Grenzbaus bzw. einer Einfriedung unmöglich und nur mit erheblichen - unzumutbaren - Anstrengungen verbunden wäre. Diese Voraussetzungen liegen hier - unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls - nicht vor. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass mit der Errichtung der streitgegenständlichen Mauer für den Kläger im Einzelfall unzumutbare (Sicht-)Beeinträchtigung einhergeht. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass dem Kläger bzw. einem anderen Fahrzeugführer - bei Einhaltung der ihm im Straßenverkehr obliegenden Sorgfaltspflichten - das gefahrlose Verlassen des klägerischen Grundstücks in zumutbarer Weise möglich ist. Sofern eine Sichtbehinderung - auch wegen eventuell der auf der öffentlichen Verkehrsfläche abgestellten Fahrzeuge - vorliegt, obliegt es dem Fahrzeugführer, durch eine besonders vorsichtige und langsame Fahrweise Gefahren für andere Personen und Sachen zu vermeiden. Gegebenenfalls muss er sich in den Verkehrsraum „hineintasten“. In diesem Zusammenhang sind auch die Vorgaben aus § 10 Satz 1 StVO zu beachten. Danach hat derjenige, der aus einem Grundstück auf die Straße einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Ferner geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass es sich um eine übersichtliche ruhige Wohnstraße in einer Tempo-30-Zone handelt. Die streitgegenständliche Einfriedung führt vorliegend nicht dazu, dass ein gefahrloses Verlassen des klägerischen Grundstücks unmöglich bzw. nur unter erheblichen Anstrengungen verbunden ist.

Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in seinem letzten Schriftsatz einen Beweisantrag dergestalt angekündigt hat, dass Beweis darüber erhoben werden soll, dass es durch die straßenseitige Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen bezüglich der die Beklagte die Befreiung erteilt hat, bei der Ausfahrt vom Grundstück des Klägers es nicht möglich sei, den von links herankommenden Verkehrsfluss zu beobachten und nur dann auszufahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht befürchtet werden muss, musste das Gericht dem nicht nachgehen. Die Pflicht zur Vorabbescheidung gemäß § 86 Abs. 2 VwGO gilt nur für in der mündlichen Verhandlung gestellte unbedingte Beweisanträge, nicht dagegen für in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte Beweisanträge. Das Gericht hat auch seine aus § 86 Abs. 1 VwGO folgende Aufklärungspflicht nicht verletzt. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Lichtbilder und Lagepläne im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO unbedenklich verwertbar sind, wenn sie die Örtlichkeiten in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen lässt. Ist dies der Fall, so bedarf es unter dem Gesichtspunkt des Untersuchungsgrundsatzes keiner Ortsbesichtigung. Die Einordnung der näheren Umgebung kann aus der Auswertung der dem Gericht vorgelegten Bildaufnahme und Plänen erfolgen. Die Durchführung eines Ortstermins hat sich somit schlechthin nicht aufgedrängt. Im Übrigen ist dieser Beweisantrag auch nicht entscheidungserheblich, denn vorliegend geht es um eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Bei dieser Entscheidung ist Prüfungsgegenstand der Gemeinde nur Bauplanungsrecht, nicht jedoch Bauordnungsrecht.

Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nachdem der Beigeladene mit der Stellung eines Sachantrags nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder

Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,

1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i. V. m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

eingeht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 03/06/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth Aktenzeichen: B 2 K 14.564 Im Namen des Volkes Urteil vom 03.06.2015 2. Kammer Sachgebiets-Nr. Hauptpunkte: Baurecht; Befreiung von Festsetzungen
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published on 03/06/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth Aktenzeichen: B 2 K 14.564 Im Namen des Volkes Urteil vom 03.06.2015 2. Kammer Sachgebiets-Nr. Hauptpunkte: Baurecht; Befreiung von Festsetzungen
published on 06/06/2018 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kosten
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Annotations

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Die Absicht einzufahren oder anzufahren ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Dort, wo eine Klarstellung notwendig ist, kann Zeichen 205 stehen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.