Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 18. Sept. 2015 - B 3 S 15.50219

published on 18/09/2015 00:00
Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 18. Sept. 2015 - B 3 S 15.50219
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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10.09.2015 gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 01.09.2015 wird angeordnet.

2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Beklagte.

Gründe

I.

Der Antragsteller, geb. ...1991, ist irakischer Staatsangehöriger mit yezidischer Glaubenszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am ...2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ...2015 einen Asylantrag. Er wehrt sich gegen seine Rückführung nach Ungarn.

Die Anfrage der Antragsgegnerin aufgrund eines Eurodac-Treffers vom ...2015 an die ungarischen Behörden, dass sie für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig seien und ob der Rückübernahme des Antragstellers zugestimmt werde, blieb unbeantwortet.

Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 01.09.2015 den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an. Gründe für ein Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland bestünden nicht, weil die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn keine systemischen Mängel aufwiesen.

Dieser Bescheid wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am 05.09.2015 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10.09.2015, der am selben Tag bei Gericht einging, Klage gegen die Antragsgegnerin und beantragte gleichzeitig,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Bei dem Kläger bestehe seines Erachtens eine posttraumatische Belastungsstörung mit somatoformer Ausprägung verbunden mit massiven Schlafstörungen (ärztliches Gutachten werde nachgereicht). Aufgrund seines psychischen Zustandes sei er nicht reisefähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anordnen, wenn die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen. Bei dieser Abwägung ist zu beachten, dass die dem Ausländer drohenden und im Falle einer Aufenthaltsbeendigung möglicherweise auch tatsächlich eintretenden Folgen unter Umständen nur schwer oder überhaupt nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Vor diesem Hintergrund geht bei offenen Erfolgsaussichten die Interessenabwägung regelmäßig zugunsten der Antragstellerseite aus (VG Kassel, B.v. 7. 8.2015 - 3 L 1303/15.KS.A - juris Rn. 13).

Die Erfolgsaussichten der angegriffenen Abschiebungsanordnung erweisen sich im vorliegenden Eilverfahren als offen.

Die nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgebliche Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung lässt angesichts der aktuellen Entwicklungen und jüngsten Entscheidungen der Bundesrepublik Deutschland (z. B. zeitweilige Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge in Ungarn bzw. faktische Aussetzung des Dublin-Verfahrens für Syrer) keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu. Derzeit lässt sich nicht einschätzen, inwieweit diese Entscheidungen Rückschlüsse auf die bestehenden Prüfungsmaßstäbe im Dublin-Verfahren zulassen und ob noch eindeutige Entscheidungsmaßstäbe auch im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes aller Asylbewerber hinsichtlich einer beabsichtigten Rückführung nach Ungarn bestehen.

Aus diesem Grund hat das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zurückzutreten.

Die Beteiligten werden vorsorglich darauf aufmerksam gemacht, dass die Überstellungsfrist von sechs Monaten gemäß Art. 29 Abs. 1 2. Alternative i. V. m. Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO (Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist) erst nach Entscheidung über die Klage zu laufen beginnt, da ihr aufgrund der vorliegenden Entscheidung gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung zukommt.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr
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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.