Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 03. Aug. 2016 - B 1 S 16.535*

bei uns veröffentlicht am03.08.2016

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist Vertreterin der „...“. Mit einer Versammlungsanzeige vom 30.06.2016, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 04.07.2016, meldete sie eine Versammlung mit dem Thema „Solidaritätskundgebung für die Menschen, die in der ARE leben. Es gibt keine sicheren Herkunftsländer!“ an. Diese solle am Donnerstag, den 04.08.2016, von 13.00 Uhr bis 20.30 Uhr als stationäre Versammlung in der ..., nördlich der ..., in ... stattfinden, wobei die Antragstellerin sich selbst als Versammlungsleiterin benannte. Seitens der Veranstalterin werde mit 100 Teilnehmern gerechnet. Auf die Versammlungsanzeige (Bl. 1 der beigezogenen Behördenakte) wird verwiesen. Die Versammlung ist Teil einer geplanten mehrtägigen Protestaktion unter dem Namen „S...l“, die vom 04.08.2016 bis zum 07.08.2016 in ... stattfinden soll. Der geplante Versammlungsort befindet sich in unmittelbarer Nähe zur sog. „Ankunfts- und Rückführungseinrichtung II“ (ARE II), in der Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit untergebracht wurden und werden (vgl. §§ 5 Abs. 5, 30a AsylG). Seit dem 18.07.2016 handelt es sich zugleich um eine „klassische Erstaufnahmeeinrichtung“ (vgl. §§ 44 Abs. 1, 46 Abs. 1 AsylG), weswegen nunmehr die Bezeichnung „Aufnahmeeinrichtung Oberfranken“ eingeführt wurde.

Die Antragsgegnerin bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 07.07.2016, sich zur Vereinbarung eines Termins für ein Kooperationsgespräch mit dem Ordnungsamt der Antragsgegnerin in Verbindung zu setzen. Ein solcher Termin wurde von der Antragstellerin unter Hinweis auf terminliche Schwierigkeiten in einem Telefonat vom 11.07.2016 abgelehnt. Gleichzeitig stellte diese klar, dass aus ihrer Sicht ein abweichender Versammlungsort nicht in Betracht komme, weil - aufgrund des Versammlungsthemas - ein Protest in Sicht- und Hörweite der Bewohner der ARE II erfolgen müsse. Mit E-Mail vom selben Tag benannte die Antragstellerin Frau ... als Stellvertreterin für die Versammlungsleitung.

Die Antragsgegnerin bat die Regierung von ... (als Betreiberin der ARE II) sowie die Polizeiinspektion ... Stadt um eine Gefährdungseinschätzung. Beide teilten daraufhin mit, dass sie aus diversen sicherheitsrechtlichen Gründen den begehrten Versammlungsort nicht für geeignet hielten. Die Polizei übermittelte ferner die polizeilichen und staatsschutzmäßigen Erkenntnisse über die Antragstellerin (Aktenvermerk der Kriminalpolizeiinspektion ..., Kommissariat Staatsschutz, Bl. 68/69 der Behördenakte) sowie eine Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz zu der geplanten Protestaktion (Bl. 70 ff.), auf die ebenfalls verwiesen wird.

Mit Bescheid vom 26.07.2016 erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin -soweit hier streitgegenständlich - folgende versammlungsbeschränkende Verfügungen:

„2.1 Versammlungsort

Abweichend von der Versammlungsanzeige findet die stationäre Versammlung in ... auf dem asphaltierten Parkplatz vor der Festwiese des ... an der ... Straße statt. (...)

2.2 Versammlungsleitung

Frau ... (...) wird als Versammlungsleiterin abgelehnt.

Zur Versammlungsleiterin wird Frau ... (...) bestimmt.

Bis zum 01.08.2016, 8:00 Uhr, ist gegenüber der Versammlungsbehörde ein(e) neue(r) Versammlungsleiter(in) zu benennen.“

Der Bescheid wurde hinsichtlich dieser Beschränkungen folgendermaßen begründet:

Die Versammlungsbehörde könne nach Art. 15 Abs. 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) die angemeldete Versammlung beschränken, da eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung vorliege. Dabei habe die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Versammlungsfreiheit keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt und als Grundlage konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte ermittelt.

Zur Notwendigkeit der Verlegung des Versammlungsorts wurde zunächst ausgeführt, dass sich aus der Wahl des Versammlungsortes im öffentlichen Raum unmittelbare Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie für die Rechtspositionen der Bewohner der ARE II, der Anlieger, der Gewerbetreibenden und unbeteiligter Dritter ergäben. Im Rahmen der näheren Begründung zur räumlichen Verlegung wurden im Wesentlichen die Gründe dargelegt, die inhaltlich auch den Stellungnahmen der Regierung von ... und der Polizeiinspektion ... Stadt entsprechen:

Eine Versammlung unmittelbar vor der ARE II komme aus Sicht der Versammlungsbehörde nicht in Betracht. Die ... sei die einzige mögliche Zufahrt von öffentlichem Grund auf das Gelände der Einrichtung, die sowohl von den Mitarbeitern als auch vom Caterer, der die Versorgung der Asylbewerber sicherstelle, genutzt werde. Auch von BRK, Polizei und Feuerwehr werde diese Zufahrt als Rettungsweg in Anspruch genommen, wobei gerade in Notfällen jede Sekunde zähle, so dass die Versammlung als eine Gefahr für die Bewohner und auch für die Behördenvertreter vor Ort anzusehen sei.

Recherchen in den sozialen Netzwerken hätten ergeben hätten, dass bundesweit eine Mobilisierung zur Teilnahme an der Veranstaltung erfolge. Es sei mit einer unbestimmt großen Anzahl von Personen aus der gewaltbereiten linksautonomen Szene zu rechnen, was die erhebliche Gefahr von Sicherheitsstörungen wie Sachbeschädigungen, Blockaden etc. mit sich bringe. Zudem werde die Versammlung aus Gründen der Lärmbelästigung abgelehnt, die den Gesundheitszustand der zum Teil traumatisierten Bewohner negativ beeinflussen könnte. Diese könnten nicht unterscheiden, ob es sich bei der Veranstaltung - mit zu erwartenden Ausschreitungen - um eine Veranstaltung zu ihren Gunsten handle oder nicht. Auch der Schutz der Privatsphäre sowie die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Bewohner der ARE II (teilweise mit kleinen Kindern) stehe der Durchführung der Versammlung unmittelbar vor der Einrichtung entgegen.

Zudem sei bei solchen Veranstaltungen nicht auszuschließen, dass es zu einem Aufeinandertreffen zwischen Demonstranten der rechten und linken Szene komme, was die vorstehend genannten Störungen noch verstärke. Auch der Schutz der Anwohner spräche gegen eine Versammlung in unmittelbarer Nähe der ARE II, die sich bereits gegen jedwede Demonstration in diesem Bereich ausgesprochen hätten. Bei der Zulassung einer solchen Veranstaltung an dem begehrten Ort bestehe zudem die Gefahr, dass in Zukunft Anmeldungen nicht mehr begrenzt werden könnten.

Mit Blick auf die zu erwartenden Gruppierungen aus dem linksextremen Spektrum bestehe vor allem eine Gefährdung für die Gebäude der öffentlichen Verwaltung auf dem Gelände der ARE II sowie für dort arbeitendes Personal. Durch Geschosse wie Steine oder Farbbeutel aus den Reihen der Demonstrationsteilnehmer könne es zu Sachschäden an Fahrzeugen des Behörden- und Gerichtspersonals sowie zu Personenschäden kommen. Unter anderem die Bewerbung des Protestcamps im Internet lasse erkennen, dass sich postautonome, antirassistische und antinationale Kreise stark mit den Aktionen rund um das „...-Camp“ identifizierten. Nach der Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz seien „antirassistische“ Aktivitäten der linksextremen Szene immer wieder gewalttätig. Es komme hiernach im Zusammenhang mit Asyl- und Flüchtlingspolitik immer wieder zu Sachbeschädigungen und Anschlägen durch Stein- und Farbbeutelwürfe auf kommunale oder staatliche Einrichtungen. Hinsichtlich des Gefährdungspotentials sei auch darauf hinzuweisen, dass seitens der linksextremistischen Gruppierungen die Protestaktion in ... „in einem Atemzug“ mit dem „...-Camp“ in ... beworben werde, bei dem das Rathaus sowie das Gebäude der Internationalen Organisation für Migration beschädigt worden sei (wird weiter ausgeführt).

Die getroffene örtliche Beschränkung sei zur Abwehr der genannten Gefahren auch angemessen. Die Beschwer halte sich in Grenzen, zumal die räumliche Distanz zwischen der ... und der Fläche auf dem Parkplatz vor dem ... gering sei (die Versammlung werde lediglich um 314 Meter Luftlinie verlegt). Folglich könne die Versammlung ebenfalls innerorts abgehalten werden, der zu erwartende Beachtungserfolg sei ein ähnlicher. Es sei zwar ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Versammlungsmotto und geplantem Versammlungsort gegeben. Die Sicherheit der Bewohner der ARE II und des Behördenpersonals werde insoweit jedoch höher bewertet als das Interesse der Antragstellerin, die Versammlung an einem bestimmten Ort durchzuführen. Bewohnern der ARE II stehe die Teilnahme an der Veranstaltung frei. Der gewählte Parkplatz weise eine große, zusammenhängende Fläche auf und gestalte sich für das Begehren einer gemeinsamen Meinungskundgabe als günstig. Im Gegensatz dazu befänden sich in der ... Verkehrsinseln, die Hindernisse bildeten und in Notfällen ein zusätzliches Gefährdungspotential mit sich brächten.

Zur Ablehnung der Antragstellerin als Versammlungsleiterin wurde ausgeführt, dass bezüglich der Antragstellerin folgende polizeiliche Erkenntnisse vorlägen:

Am 07.01.2005 habe die Antragstellerin zusammen mit vier weiteren Personen, verkleidet als Putzfrauen, die Arbeitsagentur ... gestürmt, Flugblätter verteilt, Wände mit Wasser besprüht und den Arbeitsablauf gestört. Sie sei deswegen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt worden (Az. StA ...: ...). An einer ähnlichen Aktion habe sie am 17.11.2006 im Hotel „...“ anlässlich der Innenministerkonferenz teilgenommen, wobei ihr damals nur ein Hausverbot erteilt worden sei. Am 01.06.2013 habe sich die Antragstellerin an der Demonstration „... Europäische Solidarität gegen das Krisenregime von EZB und Troika in Frankfurt“ beteiligt. Sie sei eine von sieben Beschuldigten gewesen, die sich zur Tatzeit im „... umsGanze“-Block aufgehalten hätten, aus dem heraus während der Versammlung Straftaten verübt worden seien. Das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz (Vermummung und Anlegen von Schutzbewaffnung) sei gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

Die Antragstellerin beteilige sich zudem regelmäßig an Kundgebungen, wie z. B. Weihnachten 2015 dem Protest gegen das Asylpaket 2. Sie sei als Aktivistin der sog. „Radikalen Linke“, jetzt „Interventionistische Linke ...“ bekannt und im polizeilichen Informationssystem als „Straftäterin links motiviert“ erfasst.

Die aufgezählten Delikte seien politisch motiviert gewesen, die Antragstellerin sei seit dem Jahr 2005 staatsschutzmäßig in Erscheinung getreten. Dass zwischen der länger zurückliegenden Verurteilung und der hier streitgegenständlichen Demonstration mehrere Jahre vergangen seien, sei unerheblich, da die Antragstellerin noch im Jahr 2013 nachweislich innerhalb eines linksradikalen, antinationalen Bündnisses antifaschistischer und postautonomer Gruppen (dem Bündnis „...“) aktiv gewesen sei. Die Tatsache, dass ihr die aus den Reihen dieses Blocks am 01.06.2013 verübten Straftaten trotz entsprechenden Verdachts nicht haben zugerechnet werden können, ändere nichts daran, dass sie sich zur Tatzeit in diesem Kreis aufgehalten habe. Diese sog. „...“ zeichneten sich gerade dadurch aus, dass sich die Aktivisten durch uniforme, schwarze Kleidung unter anderem deswegen vermummen, um die Identifizierung und Strafverfolgung zu erschweren.

In dieses Bild passe es, wenn sich die Antragstellerin nach wie vor regelmäßig als Aktivistin in den o.g. Gruppen beteilige. Aufgrund dieser Fakten biete die Antragstellerin keine Gewähr für einen ordnungsgemäßen und friedlichen Verlauf der Versammlung.

Die von ihr benannte Stellvertreterin werde zur Versammlungsleitung bestimmt, da nach gegenwärtigem Stand keine strafrechtlich relevanten Erkenntnisse vorlägen. Angesichts der beschriebenen Gefahrenlage sei es erforderlich, dass vorsorglich, falls die Versammlungsleitung ausfällt, wiederum ein Stellvertreter zur Verfügung stehe, der die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. In Anbetracht des zeitlichen Aufwands für eine polizeiliche Prüfung sei eine rechtzeitige Benennung geboten.

Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin durch Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28.07.2016, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Klage erheben mit dem Antrag, dessen Ziffern 2.1 und 2.2 aufzuheben (Az.: B 1 K 16.536). Gleichzeitig wurde um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Keiner der im Bescheid genannten Gründe sei geeignet, die Beschränkung in Hinblick auf den Versammlungsort (Ziff. 2.1) zu rechtfertigen. Von der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG sei das Interesse des Veranstalters geschützt, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu dem symbolhaltigen Ort. Erkläre der Veranstalter einen Versammlungsort, der einen besonders nahen Bezug zum Versammlungsthema habe, für unverzichtbar, dann dürfe diese Alternative nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann ausgeschlossen werden, wenn keine polizeilich vertretbare Möglichkeit zur Vermeidung einer Lage eines polizeilichen Notstands bestehe. Da sich die Antragsgegnerin auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gestützt habe, sei erforderlich, dass die angestellte Gefahrenprognose tatsächliche Anhaltspunkte biete, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreintritts ergäben. Die seitens der Antragsgegnerin angeführten Aspekte erschöpften sich jedoch in bloßen Mutmaßungen und Allgemeinplätzen. In Bezug auf die Freihaltung der Rettungswege seien mildere Mittel gegeben. Die Kundgebung sei mit 100 Teilnehmern angemeldet. Zu der „bundesweiten Mobilisierung“ in „sozialen Netzwerken“, auf die von der Antragsgegnerin sehr vage verwiesen werde, führt die Antragstellerin aus, dass eine solche nicht stattfinde. Nach Kenntnis des Bevollmächtigten der Antragstellerin rechne das „...“-Camp insgesamt, d. h. über eine Dauer von vier Tagen, mit 300 Personen. Die streitgegenständliche Versammlung finde am Donnerstag, einem Werktag, statt, weswegen nicht mit mehr Teilnehmern zu rechnen sei. Es sei davon auszugehen, dass ihre Einschätzungen zuträfen.

Die ... sei eine breite Straße mit Parkstreifen und zum Teil zweispurigem Verlauf und einer Art Wendeschleife. Problemlos sei daher die Freihaltung der Rettungswege auch bei einer stationären Kundgebung am begehrten Ort möglich.

Die Beschränkung könne auch nicht mit dem Schutz der Bewohner der ARE II begründet werden. Es sei nicht denkbar, dass die Bewohner der Einrichtung, die über feste Bauweise und schließbare Fenster und Türen verfüge, durch die Kundgebung beeinträchtigt werden könnten. Dazu sei auch nichts im Bescheid ausgeführt worden - eine Gefahrenprognose fehle insoweit. Dem Lärmschutz sei schon durch die anderen Auflagen im Bescheid Rechnung getragen worden, die nicht angegriffen worden seien. Es sei auch lebensfremd, anzunehmen, dass die Bewohner nicht unterscheiden könnten, ob die Kundgebung sich gegen sie richte (wie insbesondere rechtsextremistische Veranstaltungen), oder zu ihren Gunsten erfolge. Die Kundgebung finde in mehreren Sprachen statt und werde im Vorfeld mittels Flugblättern angekündigt.

Der Bescheid nenne auch keinen konkreten Anhaltspunkt, aus dem sich auch nur der Verdacht einer rechten Gegenmobilisierung erkennen lasse. Ohnehin seien - falls sich die Störungen für die öffentliche Sicherheit vorwiegend aufgrund des Verhaltens von Gegendemonstranten ergäben - die behördlichen Maßnahmen vorrangig gegen diese als Störer zu richten.

Fehl gehe auch der Verweis auf die Gefahr, dass künftig auch andere Veranstaltungen zugelassen werden müssten, zumal sich hierfür im Gesetz kein Anhaltspunkt finde und es sich gerade nicht um „den berühmten Schulfall der Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen“ handle.

Sämtliche Ausführungen der Antragsgegnerin in Bezug auf die zu erwartenden Ausschreitungen ergingen „ins Blaue hinein“ und genügten keinesfalls den Anforderungen, die an eine konkrete Gefahrenprognose zu stellen seien. Die Befürchtung, es werde zu Angriffen auf Gebäude, Personal und Fahrzeuge kommen, sei unbegründet. Auch wenn - wofür ein pauschaler Verweis auf „soziale Netzwerke“ nicht genüge - mit der Teilnahme von Angehörigen der linksautonomen Szene zu rechnen sei, begründe dies allein keinen tragfähigen Gesichtspunkt für die Prognose einer drohenden Gewalttätigkeit der Versammlung. Auch hinsichtlich des angeblichen „szenetypischen Verhaltens“ in Form von Angriffen auf administrative Gebäude fehlten konkrete Hinweise. Eine Versammlung in Griechenland (das im Bescheid angeführte Camp in Thessaloniki) habe mit der gegenständlichen Versammlung oder mit der Antragstellerin nichts zu tun.

In Bezug auf die Ablehnung der Antragstellerin als Versammlungsleiterin sei die Beschränkung bereits formell rechtswidrig, da keine Rechtsgrundlage genannt werde. Nach Art. 39 BayVwVfG seien die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe im Bescheid mitzuteilen, wozu auch die Rechtsgrundlage gehöre.

Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 5 BayVersG, der als einzige Norm in Betracht komme, nicht vor. Notwendig seien tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin als Versammlungsleiterin die Friedlichkeit dieser Versammlung gefährde. Da diese strafrechtlich nicht in Form von schweren Gewaltverbrechen oder Waffendelikten in Erscheinung getreten sei, liege keine entsprechende Vorbelastung vor. Die elf Jahre zurückliegende (einzige) Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs könne weder als Gewaltverbrechen noch als waffenrechtliches Delikt angesehen werden. Die Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen sei in diesem Zusammenhang lächerlich. Auch die Aufzählung der Demonstrationen, an denen die Antragstellerin möglicherweise teilgenommen habe, erinnere an eine „Entscheidung aus Gesinnungsgründen“. Ihre Teilnahme und das, was andere Versammlungsteilnehmer dort getrieben hätten, habe mit der geplanten Solidaritätskundgebung nichts zu tun.

Mit Schriftsatz vom 01.08.2016 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

In der Antragserwiderung wurde zunächst auf die Begründung des streitbefangenen Bescheids verwiesen. Ergänzend wurde noch ausgeführt, dass entgegen dem Vortrag der Antragstellerin kein „telefonisches Kooperationsgespräch“ stattgefunden habe. Vielmehr sei nur die mögliche Gefährdungslage angesprochen worden. Ferner wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die kurze Erwähnung etwaiger rechtsextremistischer Störer keine entscheidungsrelevante Aussage sei, auf die sich der Bescheid stütze, sondern vielmehr nur als möglicher gefahrerhöhender Aspekt zu sehen sei.

Unzutreffend sei, dass es angesichts der Rettungswegproblematik mildere Mittel gäbe. Die von der Veranstalterin angegebene Anzahl der Teilnehmer sei viel zu gering bemessen. Da das gesamte Protestcamp „...“ intensiv beworben werde und insgesamt von fünf Personen zeitgleich Veranstaltungen angemeldet worden seien, die alle diesem Camp zuzurechnen seien, müsse man von einer Anzahl von 875 Teilnehmern ausgehen. Diese würden sich am 04.08.2016 ebenfalls in ... - meist zu Dauerkundgebungen - in der Nähe der ARE II aufhalten. Für eine Teilnahme der Demonstranten der anderen Veranstaltungen an der streitgegenständlichen Versammlung spreche vor allem die gemeinsam beworbene Auftaktkundgebung durch die Initiatoren des Camps.

Dass eine Mobilisierung für die Protestaktion (wenn auch nicht durch die Antragstellerin selbst) erfolge, sei durch diverse Nachweise beim sozialen Netzwerk „Facebook“ zu belegen (die entsprechenden Internetseiten wurden in der Antragserwiderung genannt). Es fänden bundesweit Informationsveranstaltungen statt, ferner hätten sich mehrere Organisationen (ebenfalls bundesweit) für die Teilnahme ausgesprochen. Bei den Informationsveranstaltungen und Vorträgen, die zum Teil von der Antragstellerin gehalten worden seien, bestehe ein Bezug zur „Interventionistischen Linken ...“.

Bezüglich des Schutzes der Bewohner der ARE II wurde nochmals ausgeführt, dass eine Beeinträchtigung dieser drohe, weil mit einer rein friedlichen Kundgebung nicht zu rechnen sei. Auch der Verweis auf eine mehrsprachige Kommunikation gehe fehl, zumal neuankommende Asylbewerber ggf. ohne Deutsch- und Englischkenntnisse (und evtl. ohne die Fähigkeit zu lesen) die Demonstration nicht einordnen könnten. Schwere Traumatisierungen könnten durch den entstehenden Lärm verstärkt werden. Die Verlegung auf den Parkplatz sei geeignet, diesen Gefahren vorzubeugen und ferner verhältnismäßig.

Der Hinweis darauf, dass zukünftige Versammlungen (auch eines anderen politischen Spektrums) gegebenenfalls nicht mehr verhindert werden könnten, sei zutreffend, da die Behörde nicht willkürlich den Maßstab für eine Gefahrenbewertung ändern dürfe. Die Voraussetzungen an die Begründung zur Gefahr von Ausschreitungen seien nicht zu hoch anzusetzen. Hier habe die Antragsgegnerin die tragenden Gründe erkennen lassen, nachdem einschlägige Quellen der jeweiligen Gruppierungen konsultiert worden seien (wird weiter ausgeführt).

Zur Ablehnung der Versammlungsleiterin wurde noch ausgeführt, dass die ordnungsgemäße Begründung nachgereicht werden könne. Rechtsgrundlage sei Art. 13 Abs. 5 BayVersG, was die Antragstellerin offensichtlich erkannt habe. Die Ablehnung stütze sich keinesfalls nur auf eine elf Jahre zurückliegende Verurteilung. Die Behörde sei nicht darauf beschränkt, nur „harte“ strafrechtliche Erkenntnisse zugrunde zu legen, sondern könne auch außerhalb des Strafrechts liegende, aussagekräftige Ereignisse heranziehen. Diese lägen hier in Form einer andauernden Verbundenheit der Antragstellerin zu den gewaltbereiten sog. „Schwarzen Blöcken“ vor. Es sei auf Gewaltausbrüche, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten abzustellen, bei denen sie inmitten dieser Gruppierungen angetroffen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 01.08.2016 wurde seitens der Antragstellerin zur Antragserwiderung Stellung genommen. Hierbei wurde noch ergänzend vorgetragen, dass die Prognose der Antragsgegnerin zu den Teilnehmerzahlen auch und vor allem deswegen unzutreffend sei, weil es bei den geplanten Einzelveranstaltungen im Zuge der Protestaktion zu erheblichen Überschneidungen käme. Die Teilnehmer des Protestcamps seien von der Antragstellerin bei der Angabe der Teilnehmerzahl bereits berücksichtigt worden. Mit einer Anreise aus dem gesamten Bundesgebiet sei nicht zu rechnen; die Antragsgegnerin begnüge sich mit reinen Spekulationen. An der Informationsveranstaltung in München hätten nur 16 Leute teilgenommen. Die Behauptung, die Antragstellerin sei Mitglied der „Interventionistischen Linken ...“ sei eine haltlose Unterstellung. Ebenso sei nicht hinreichend dargelegt, warum es zu Ausschreitungen kommen solle. Bei der Ablehnung als Versammlungsleiterin werde ohne stichhaltige Grundlage von einer Verbundenheit zu den gewaltbereiten Gruppierungen ausgegangen. Überdies könne eine solche nach der Gesetzesbegründung einen derart massiven Eingriff nicht rechtfertigen.

Mit E-Mail vom 02.08.2016 legte die Antragsgegnerin noch eine Stellungnahme von Herrn Stadtbrandrat ... vor (Bl. 64 der Gerichtsakte), in der dieser ausführte, dass die Birkenallee als einziger belastbarer Rettungsweg freizuhalten sei. Die ... erweise sich als „Nadelöhr“, das aus Sicht der Feuerwehr nicht noch weiter eingeschränkt werden dürfe, um die Sicherheit für die Menschen in der ARE II zu gewährleisten. Mit E-Mail vom selben Tag wurde noch eine Auskunft der Polizeiinspektion ...-Stadt übersandt, in der klargestellt wurde, dass der ... als (zweiter bzw. alternativer) Not- und Rettungsweg nicht befahrbar sei (Bl. 95 der Gerichtsakte).

Mit Schriftsatz vom 01.08.2016 erklärte die Regierung von ..., dass sie als Vertreter des öffentlichen Interesses von ihrer Beteiligungsbefugnis Gebrauch mache. Mit Schriftsatz vom 02.08.2016 führte sie aus, dass auch aus ihrer Sicht die ... als Rettungsweg freizuhalten sei, wobei sie sich inhaltlich im Wesentlichen die Ausführungen des Stadtbrandrats zu eigen machte.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, den Vortrag der Beteiligten und die beigezogene Behördenakte ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).

II.

Die Antragstellerin begehrt mit dem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gleichzeitig erhobenen Anfechtungsklage gegen die versammlungsbeschränkenden Verfügungen in Ziffern 2.1 (Verlegung des Versammlungsorts) und 2.2 (Ablehnung als Versammlungsleiterin) des Bescheids der Stadt ... vom 26.07.2016. Dieser Klage kommt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 25 BayVersG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen sowie hier insbesondere die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit durch Art. 8 des Grundgesetzes (GG).

1. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung liegen nach den Gesamtumständen des vorliegenden Sachverhalts hinreichende Gründe für eine Versammlungsbeschränkung in Form der Verlegung des Versammlungsorts (Ziff. 2.1 des Bescheids) im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG vor.

Danach kann eine Versammlung beschränkt werden kann, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist - d. h. wenn bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter zu rechnen ist (BVerfG, B. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - juris Rn. 20 m. w. N.) - oder ein Fall des Art. 12 Abs. 1 BayVersG vorliegt. Zu den anerkannten Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zählt neben Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen auch im Versammlungsrecht nach traditionellem polizeirechtlichen Verständnis die Unversehrtheit der Rechtsordnung (einschließlich der Vorschriften über die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs) und der staatlichen Einrichtungen (vgl. BVerwG, U. v. 21.4.1989 -7 C 50.88 - juris Rn. 15 m. w. N.; BVerfG, B. v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 - juris Rn. 77). Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wird in der Regel angenommen, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, B. v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 u. 1 BvR 341/81 - juris Rn. 77). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit dürfen beim Erlass von versammlungsrechtlichen Beschränkungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden. Sie ist auf konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zu stützen, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben (BVerfG, B. v. 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 - Rn. 17 m. w. N., B. v. 4.9.2009 - 1 BvR 2147/09 - juris Ls 2a und B. v. 6.6.2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 17). Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (BVerfG, B. v. 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 - Rn. 17). Gibt es neben Anhaltspunkten für die von der Behörde oder den Gerichten zugrunde gelegte Gefahrenprognose auch Gegenindizien, so haben sich die Behörde und die Gerichte auch mit diesen in einer den Grundrechtsschutz hinreichend berücksichtigenden Weise auseinanderzusetzen (BVerfG, B. v. 6.6.2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 17). Folgen, deren Eintritt durch entsprechende hoheitliche Vorgaben bzw. Beschränkungen der Versammlung ausgeschlossen werden können, sind nicht zu berücksichtigen (BVerfG, a. a. O.). Ebenso wenig darf in die Entscheidung über ein Versammlungsverbot eine inhaltlich (politische) Bewertung des Mottos der Versammlung bzw. der dahinter stehenden politischen Überzeugungen einfließen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist bei der Frage, ob und inwieweit ein behördliches Einschreiten möglich und geboten ist, eine konsequente Orientierung an Art. 15 Abs. 1 BayVersG und der darin festgelegten Eingriffsschwelle angezeigt.

Diesen Vorgaben entspricht die Verfügung in Ziff. 2.1 des angefochtenen Bescheids. Beim angemeldeten Versammlungsort (... im Bereich nördlich der ... Straße) handelt es sich um die einzige Zufahrt zum Gelände der ARE II. Dies ist zugleich die (einzige) Zufahrt für Rettungsfahrzeuge bei Notfällen, woran nach den Stellungnahmen des Stadtbrandrats ... sowie der Polizeiinspektion ...-Stadt aus Sicht des Gerichts keine Zweifel bestehen. Für den Fall, dass die Versammlung der Klägerin am angemeldeten Ort stattfindet, wäre die Freihaltung der Rettungswege nicht gewährleistet und daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben (zur Freihaltung der Rettungswege als Grund einer versammlungsbeschränkenden Verfügung vgl. VG München, B. v. 05.06.2015 - M 7 S 15.2222 - juris Rn. 38). Diese Gefahr besteht nicht nur im Hinblick auf die Bewohner der ARE II und die dort beschäftigten Personen, sondern auch für die Demonstrationsteilnehmer selbst, falls ein Rettungseinsatz innerhalb des Versammlungsorts notwendig werden sollte. Diese von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung zur örtlichen Situation wird gestützt durch die Aussage des Stadtbrandrats ... (E-Mail auf Bl. 64 der Gerichtsakte), der die Birkenallee aus Sicht der Feuerwehr und sonstigen Rettungskräfte insoweit als „Nadelöhr“ einstuft und klarstellt, dass diese nicht nur als Zu- sondern auch als Abfahrtsweg sowie als sog. „Bereitstellungsraum“ für nachrückende und vorzuhaltende Einsatzkräfte freizuhalten ist.

Dem Gericht erscheinen die Sicherheitsbedenken und die Gefahreneinschätzung der Polizei und der Antragsgegnerin in Bezug auf den Versammlungsort überzeugend. Im Gegensatz zu den von der Antragstellerin angegebenen, zu erwartenden 100 Personen, ist vielmehr die Prognose der Antragsgegnerin als schlüssig zu beurteilen und daher zugrunde zu legen. Diese hat dargelegt, in welchem Umfang und in welchen Medien für die Protestaktion „...“ in ... geworben wird, deren Teil die streitgegenständliche Veranstaltung ist. Die genannten Aufrufe belegen, dass entgegen dem Bekunden der Antragstellerin durchaus eine Mobilisierung erfolgt. Dies zeigt exemplarisch und neben den in der Antragserwiderung genannten Nachweisen bei „Facebook“ die Internetseite „http://protestcamp-...antira.info/mobi/“, auf der sich explizit unter dem Schlagwort „Mobi“ ein Plakat, Aufkleber, Flyer/Aufruf und Spendenaufruf finden. Ferner enthält diese Seite die Aufforderung: „Wenn ihr Material zur Mobilisierung benötigt, meldet euch bei uns!“. Vor dem Hintergrund der seitens der Antragstellerin dargelegten bundesweiten Bewerbung des Protestcamps und seiner zugehörigen Veranstaltungen erscheint die in der Prognose der Antragsgegnerin genannte Zahl von ca. 875 Teilnehmern am 04.08.2016 in ... plausibel. Dem steht auch nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Versammlung der Antragstellerin an einem Donnerstag, d. h. einem Werktag, stattfindet. Die dargelegten Mobilisierungsmaßnahmen legen eine deutlich höhere als die angegebene Teilnehmerzahl nahe, zumal der Zeitraum des Protestcamps in den Schulferien zahlreicher Bundesländer, der vorlesungsfreien Zeit der Universitäten sowie generell der Urlaubszeit liegt.

Bei der Bewertung des Gefahrenpotentials der Versammlung hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf abgehoben, dass die streitgegenständliche Veranstaltung nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern Teil einer großen Protestaktion mit einer Vielzahl von Einzelveranstaltungen ist. Die stattfindende Großveranstaltung ist gerade darauf angelegt, dass sich die Teilnehmer nicht nur vereinzelt Kundgebungen anschließen, sondern an möglichst vielen Programmpunkten teilnehmen. Auch der Aspekt, dass sich die Zeiträume der Einzelveranstaltungen teilweise überlappen, legt nicht nahe, dass einzelne Demonstrationsteilnehmer nur einer Veranstaltung zuzurechnen seien. Als nachvollziehbar erweist sich insofern die Annahme der Antragsgegnerin, dass sich Personen, die sich zu dieser Zeit in Bamberg aufhalten und Teilnehmer einer mehrtägigen Veranstaltung sind, auch der streitgegenständlichen Versammlung anschließen werden. Hierauf ist die als Einheit beworbene und anzusehende Protestaktion mit ihren zahlreichen Einzelveranstaltungen (Kundgebungen, Workshops, etc.) gerade angelegt.

Es wird auch nicht verkannt, dass bei der Gefahrenprognose auf die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vorliegenden Erkenntnisse abzustellen ist (vgl. Art. 15 Abs. 1 BayVersG). Die von der Antragsgegnerin als Tatsachengrundlage herangezogenen Erkenntnisse lagen bereits im Zeitpunkt des Erlasses der versammlungsbeschränkenden Verfügungen vor. Die unterstützenden Gruppierungen sowie die Maßnahmen der Mobilisierung (Veranstaltungen sowie Auftritte im Internet, insbesondere bei „Facebook“) waren durch den Aktenvermerk des Landesamts für Verfassungsschutz bekannt (Bl. 75 bis 77 der Behördenakte), der Entscheidung lag nicht zuletzt die „Linkliste - Aufruf/Erwähnungen des Protestcamps“ (Bl. 87 der Behördenakte) zugrunde. Nach der zitierten Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz sei für das Camp an sich (schon am 21.07.2016) mit 300 Zusagen zu rechnen gewesen. Man erhoffe sich seitens der „Interventionistischen Linken“ für dieses eine Mobilisierung von insgesamt 600 Personen, für die Großdemonstration am 05.08.2016 (Folgetag der streitgegenständlichen Veranstaltung) sogar 2.000 Teilnehmer. Somit liegt eine hinreichende und aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstandende Tatsachengrundlage für die getroffene Gefahrenprognose vor. Diese zugrunde legend ist die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch die Blockierung der Zufahrt/Rettungswege nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden.

Der Rekurs auf die freizuhaltenden Rettungswege steht auch nicht in Widerspruch zu den Maßgaben der Rechtsprechung, wonach ein Feuerwehr- oder Rettungsdiensteinsatz, der durch eine Veranstaltung (potentiell) behindert wird, eine derartige Auflage nicht rechtfertigt, wenn die Straße eine ausreichende Breite aufweist - zumal die Versammlungsteilnehmer ohnehin im Fall eines Rettungseinsatzes verpflichtet sind, den Weg freizugeben (etwa BayVGH, B. v. 23.02.2007 - 24 CS 07.459 - juris Rn. 12). Denn im vorliegenden Fall geht die drohende Beeinträchtigung von Rettungsfahrzeugen über (hinzunehmende) bloße Unannehmlichkeiten im Straßenverkehr hinaus, die bei einer Versammlung auf öffentlichen Straßen nahezu immer vorkommen. Vielmehr erscheint die Zufahrt zum Gelände für Rettungsfahrzeuge bei der großen Anzahl von Demonstrationsteilnehmern auf der ... insgesamt nicht mehr sichergestellt zu sein.

Dies gilt auch in Anbetracht des Umstands, dass diese teils breit ausgebaut ist. Bei mehreren hundert Demonstranten sind Verweisungen auf einen Teil der Fahrbahn sowie Anordnungen im Fall eines Einsatzes, den Rettungsweg freizugeben, nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als erfolgversprechend anzusehen. Das Argument, dass wegen des breiten und teils zweispurigen Ausbaus der ... der Rettungsweg auf einem Teil der Fahrbahn sichergestellt werden könne, verfängt nicht. Die Freihaltung des notwendigen Rettungswegs erfordert nicht nur, dass Rettungsfahrzeuge nur in eine Richtung die ... befahren können. Vielmehr muss es aus sicherheitsrechtlicher Sicht möglich sein, dass die Zu- und Abfahrt nicht nur abwechselnd, sondern auch gleichzeitig möglich ist.

Deshalb kommt insoweit kein milderes, gleichermaßen effektives Mittel als die Verweisung auf die Fläche des asphaltierten Parkplatzes vor dem ... in Betracht. Da sich dieser ebenfalls in der Nähe der Einrichtung befindet (Entfernung Luftlinie ca. 314 Meter), wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung getragen. Der alternative Versammlungsort weist noch einen - wenngleich schwächeren - räumlichen Bezug zur Einrichtung ARE II auf.

2. Auch die Ablehnung der Antragstellerin als Versammlungsleiterin (Ziff. 2.2 des Bescheids) erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin im Bescheid die Rechtsgrundlage dieser Maßnahme nicht genannt hat, vermag nicht deren Rechtswidrigkeit zu begründen. Die Begründungspflicht nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG erfordert, dass die tragenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe genannt werden. Dazu gehört die Rechtsgrundlage jedenfalls dann, wenn die Betroffenen und Gerichte sonst darüber im Unklaren gelassen würden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, § 39, Rn. 18a m. w. N.). Letzteres ist jedoch nicht der Fall, da - wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin selbst ausführt - Art. 13 Abs. 5 BayVersG die einzige in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage für die getroffene Maßnahme ist. Jedenfalls aber wäre ein entsprechender Begründungsmangel nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG dadurch geheilt worden, dass die Rechtsgrundlage in der Antragserwiderung genannt wurde.

Nach Art. 13 Abs. 5 BayVersG kann die zuständige Behörde den Leiter ablehnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser die Friedlichkeit der Versammlung gefährdet. Nach Art. 3 BayVersG muss jede öffentliche Versammlung einen Leiter haben. Dieser bestimmt gemäß Art. 4 BayVersG den Ablauf der Versammlung; er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen. Darüber hinaus sind im Bayerischen Versammlungsgesetz keine weiteren Anforderungen an die Person des Versammlungsleiters formuliert. Es ergibt sich aber aus der ihm übertragenen Verantwortung und Organisationsgewalt, dass er dem Friedlichkeitsgebot der Versammlungsfreiheit entsprechen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 27.01.2015 - 1 S 257/13). Insbesondere muss er geeignet sein, die ihm übertragenen Aufgaben selbstverantwortlich zu erfüllen. Er muss zuverlässig und nach seiner Reife und seinem persönlichen Vermögen imstande sein, den ordnungsgemäßen Verlauf der von ihm geleiteten Versammlung sicherzustellen. Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung der als Leiter vorgesehenen Person müssen durch Tatsachen belegbar sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O. unter Verweisung auf Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 16. Aufl., § 7, Rn. 8 m. w. N.).

Art. 13 Abs. 5 BayVersG knüpft allgemein an „Tatsachen“ an, die eine entsprechende Annahme rechtfertigen. Nicht notwendig ist es, dass es sich dabei um strafrechtliche Verurteilungen handelt (auch in der zitierten Entscheidung des BayVGH, B. v. 26.10.2015 - 10 CS 15.2339 wird nur „insbesondere“ auf Gewaltverbrechen und waffenrechtliche Delikte rekurriert). Die Ablehnung der Antragstellerin fußt nicht auf ihrer elf Jahre zurückliegenden Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs. Vielmehr ist die Antragstellerin - wie der Aktenvermerk des Kommissariats Staatsschutz der Kriminalpolizei ... (Bl. 68/69 der Behördenakte) belegt - seit dem Jahr 2005 mehrfach staatsschutzrechtlich in Erscheinung getreten. Vor allem ihre Verbundenheit zu den sog. „Schwarzen Blöcken“, aus denen heraus bei Versammlungen immer wieder Straftaten verübt werden, bietet einen tauglichen Anknüpfungspunkt für die Annahme, die Friedlichkeit der Versammlung könne durch die Antragstellerin als Versammlungsleiterin gefährdet werden. Unerheblich ist insoweit, dass das Strafverfahren wegen des Vorfalls im Jahr 2013 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Der Umstand, dass sich die Antragstellerin im „...umsGanze“-Block aufgehalten hat, steht (jedenfalls) nach Aktenlage fest und ist somit eine anknüpfungsfähige Tatsache. Durch den Anschluss an diese Gruppierung auf der Versammlung im Jahr 2013 hat sie gezeigt, dass sie gewaltbereite und unfriedliche Personen in Versammlungssituationen unterstützt. Auch wenn die Straftaten nicht von ihr verübt worden sein sollten, so wurde diese Gruppierung, die für Gewaltausbrüche und die Verwirklichung strafbarer Handlungen bekannt ist, durch das Mitlaufen in deren Reihen bestärkt.

Auch ihr weiteres Verhalten in der Vergangenheit (unabhängig von der Frage strafrechtlicher Verfolgung oder der Höhe des Strafmaßes) zeigt, dass sie sich mehrfach unfriedlicher Mittel bedient hat, um ihre politischen Ziele durchzusetzen, ohne die Rechtsgüter Dritter zu achten. Bei dem Thema der Versammlung sowie der gesamten Protestaktion ist mit einer aufgeheizten Stimmung zu rechnen, da dem Thema „Asyl“ für die teilnehmenden linksextremistischen Gruppierungen eine „große mobilisierende und emotionalisierende Bedeutung“ zukommt (vgl. die Stellungnahme des Landesamts für Verfassungsschutz, Bl. 76 der Behördenakte), was in besonderem Maße die gewissenhafte Erfüllung der Leitungspflichten aus Art. 4 Abs. 1 BayVersG erfordert. Auch der Aspekt, dass die Antragstellerin im polizeilichen Informationssystem als „Straftäterin links motiviert“ geführt wird, lässt die Entscheidung der Versammlungsbehörde nicht willkürlich wirken, sondern führt in der Gesamtschau dazu, dass diese zulässigerweise aufgrund von Tatsachen als Versammlungsleitung abgelehnt werden konnte, da sie keine hinreichende Gewähr für einen friedlichen Verlauf der Versammlung bietet.

Auch die Bestimmung der (von vornherein als Stellvertreterin benannten) Frau ... zur Versammlungsleiterin sowie die Aufforderung, einen neuen stellvertretenden Versammlungsleiter zu bestimmen, ist bei summarischer Prüfung rechtmäßig.

Die Benennung von Frau ... als Versammlungsleiterin entspricht letztlich dem Wunsch der Antragstellerin, da Frau ... im Fall der Verhinderung die Versammlungsleitung übernehmen sollte. Ein solcher Fall liegt hier wie ausgeführt wegen Art. 13 Abs. 5 BayVersG vor.

Aufgrund der zu erwartenden Teilnehmerzahl und Stimmung der Versammlung ist eine Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versammlungsleitung in besonderem Maße geboten (vgl. dazu oben). Die Benennung eines Stellvertreters für die Versammlungsleitung ist deswegen gem. Art. 15 Abs. 1 BayVersG zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit angezeigt, da im Fall der (ggf. sehr kurzfristigen) Verhinderung von Frau ... die Leitung der Versammlung nach Art. 4 BayVersG mit den entsprechenden Leitungsrechten und -pflichten (vor allem die Pflicht, bei der Versammlung für Ordnung zu sorgen, Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 BayVersG) nicht sichergestellt wäre.

Die geforderte vorherige Benennung des stellvertretenden Versammlungsleiters erscheint ebenfalls rechtmäßig. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die im Verhinderungsfall zum Versammlungsleiter aufrückende Person die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und seitens der Versammlungsbehörde, falls dies nicht der Fall ist, rechtzeitig eine Anordnung nach Art. 13 Abs. 5 BayVersG getroffen werden kann.

Insgesamt überwiegt daher im Rahmen der vom Gericht anzustellenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs das öffentliche Interesse am Vollzug der versammlungsbeschränkenden Verfügungen gegenüber dem Suspensivinteresse der Antragstellerin.

3. Somit ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung basiert auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Ziffer 1.5 (Hälfte des Hauptsachestreitwertes) des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Für versammlungsbeschränkende Verfügungen ist (in der Hauptsache) gem. § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzusetzen (vgl. BayVGH, B. v. 11.12.2013 - Az. 10 C 13.897).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 03. Aug. 2016 - B 1 S 16.535*

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 03. Aug. 2016 - B 1 S 16.535*

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 03. Aug. 2016 - B 1 S 16.535* zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 44 Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen


(1) Die Länder sind verpflichtet, für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender in

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 5 Bundesamt


(1) Über Asylanträge entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Es ist nach Maßgabe dieses Gesetzes auch für ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen zuständig. (2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und H

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 03. Aug. 2016 - B 1 S 16.535* zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 03. Aug. 2016 - B 1 S 16.535* zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 05. Juni 2015 - M 7 S 15.2222

bei uns veröffentlicht am 05.06.2015

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet, soweit die Antragstellerin hilfsweise beantragt hat, die in Nummer 1.2.2 des Bescheides vom 28. Mai 2015 angeordnete Streckenänderung der Route 4 der Versammlung mit d

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Jan. 2015 - 1 S 257/13

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zugelas

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 12. Mai 2010 - 1 BvR 2636/04

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 16. April 2003 - 11 K 671/02 -, soweit darin die Klage des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage Nr. 4 in dem

Referenzen

(1) Über Asylanträge entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Es ist nach Maßgabe dieses Gesetzes auch für ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen zuständig.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestellt den Leiter des Bundesamtes. Dieser sorgt für die ordnungsgemäße Organisation der Asylverfahren.

(3) Der Leiter des Bundesamtes soll bei jeder Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (Aufnahmeeinrichtung) mit mindestens 1 000 dauerhaften Unterbringungsplätzen in Abstimmung mit dem Land eine Außenstelle einrichten. Er kann in Abstimmung mit den Ländern weitere Außenstellen einrichten.

(4) Der Leiter des Bundesamtes kann mit den Ländern vereinbaren, ihm sachliche und personelle Mittel zur notwendigen Erfüllung seiner Aufgaben in den Außenstellen zur Verfügung zu stellen. Die ihm zur Verfügung gestellten Bediensteten unterliegen im gleichen Umfang seinen fachlichen Weisungen wie die Bediensteten des Bundesamtes. Die näheren Einzelheiten sind in einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Land zu regeln.

(5) Der Leiter des Bundesamtes kann mit den Ländern vereinbaren, dass in einer Aufnahmeeinrichtung Ausländer untergebracht werden, deren Verfahren beschleunigt nach § 30a bearbeitet werden sollen (besondere Aufnahmeeinrichtungen). Das Bundesamt richtet Außenstellen bei den besonderen Aufnahmeeinrichtungen nach Satz 1 ein oder ordnet sie diesen zu. Auf besondere Aufnahmeeinrichtungen finden die für Aufnahmeeinrichtungen geltenden Regelungen Anwendung, soweit nicht in diesem Gesetz oder einer anderen Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt wird.

(6) Für Personen, die für das Bundesamt tätig werden sollen, ist eine einfache Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz durchzuführen. Von einer Sicherheitsüberprüfung kann abgesehen werden, wenn Art oder Dauer der Tätigkeit dies zulassen.

(1) Die Länder sind verpflichtet, für die Unterbringung Asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten sowie entsprechend ihrer Aufnahmequote die im Hinblick auf den monatlichen Zugang Asylbegehrender in den Aufnahmeeinrichtungen notwendige Zahl von Unterbringungsplätzen bereitzustellen.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle teilt den Ländern monatlich die Zahl der Zugänge von Asylbegehrenden, die voraussichtliche Entwicklung und den voraussichtlichen Bedarf an Unterbringungsplätzen mit.

(2a) Die Länder sollen geeignete Maßnahmen treffen, um bei der Unterbringung Asylbegehrender nach Absatz 1 den Schutz von Frauen und schutzbedürftigen Personen zu gewährleisten.

(3) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) gilt nicht für Aufnahmeeinrichtungen. Träger von Aufnahmeeinrichtungen sollen sich von Personen, die in diesen Einrichtungen mit der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger oder mit Tätigkeiten, die in vergleichbarer Weise geeignet sind, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, betraut sind, zur Prüfung, ob sie für die aufgeführten Tätigkeiten geeignet sind, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Träger von Aufnahmeeinrichtungen dürfen für die Tätigkeiten nach Satz 2 keine Personen beschäftigen oder mit diesen Tätigkeiten ehrenamtlich betrauen, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Nimmt der Träger einer Aufnahmeeinrichtung Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger einer Aufnahmeeinrichtung darf diese Daten nur verarbeiten, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person für die in Satz 2 genannten Tätigkeiten erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit nach Satz 2 wahrgenommen wird. Sie sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung einer in Satz 2 genannten Tätigkeit zu löschen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 16. April 2003 - 11 K 671/02 -, soweit darin die Klage des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage Nr. 4 in dem Auflagenbescheid des Polizeipräsidiums Bielefeld vom 1. März 2002 - VL 12.5-231-W-02/01 - abgewiesen wird, und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 2004 - 5 A 2764/03 -, soweit darin der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen wird, verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 8 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Die Entscheidungen werden in dem vorgenannten Umfang aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht Minden zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer als Veranstalter einer Versammlung gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die eine versammlungsrechtliche Auflage gemäß § 15 Abs. 1 VersG zum Gegenstand haben, aufgrund derer die Teilnehmer der Versammlung vor Beginn der Veranstaltung polizeilich durchsucht werden.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer meldete aus Anlass der vom 27. Januar bis zum 17. März 2002 in Bielefeld gezeigten Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 - 1944" (im Folgenden: Wehrmachtsausstellung) für den 2. März 2002 in Bielefeld eine Versammlung unter freiem Himmel mit dem Motto "Die Soldaten der Wehrmacht waren Helden, keine Verbrecher" an. Mit sofort vollziehbarer Verbotsverfügung vom 18. Februar 2002 verbot das Polizeipräsidium Bielefeld die Versammlung. Die hiergegen vom Beschwerdeführer angestrengten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten blieben erfolglos (vgl. VG Minden, Beschluss vom 27. Februar 2002 - 11 L 185/02 -, juris; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. März 2002 - 5 B 388/02 -, juris).

3

2. Mit Beschluss vom 1. März 2002 stellte die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die Verbotsverfügung wieder her (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. März 2002 - 1 BvQ 5/02 -, NVwZ 2002, S. 982).

4

3. Mit Bescheid vom 1. März 2002 ordnete das Polizeipräsidium Bielefeld daraufhin für die Durchführung der Versammlung eine Reihe von Auflagen an, darunter auch die Auflage Nr. 4:

5

"Die Teilnehmer der Versammlung werden vor Beginn der Veranstaltung polizeilich durchsucht".

6

4. Im Laufe des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht legte der Beschwerdeführer eidesstattliche Versicherungen von zwei Teilnehmern der einen Monat zuvor am 2. Februar 2002 durchgeführten, ebenfalls gegen die Wehrmachtsausstellung gerichteten Versammlung der NPD vor (im Folgenden: Anti-Wehrmachtsausstellungs-Versammlung am 2. Februar 2002). Darin schilderten die zwei Teilnehmer, dass ihnen auf der Versammlung die Aufgabe zugefallen sei, den Lautsprecherwagen gegen eventuelle Übergriffe gewaltsamer Gegendemonstranten zu sichern, insbesondere zu verhindern, dass eventuell Steinwürfe oder sonstige Wurfgeschosse die Fenster beschädigten. Des Weiteren legte der Beschwerdeführer die eidesstattliche Versicherung eines Teilnehmers einer Versammlung am 1. September 2001 in Leipzig vor. Darin schilderte dieser, dass die Versammlung von linken Demonstranten mit Steinen, Flaschen und anderen Gegenständen beworfen worden sei. Nur den Ordnern der Versammlung sei es zu verdanken gewesen, dass die Teilnehmer der Versammlung von einer berechtigten Notwehrreaktion hätten zurückgehalten werden können. Einmal sei eine Polizeikette gegen die Teilnehmer vorgegangen, als sie sich hätten verteidigen wollen.

7

5. Mit angegriffenem Urteil vom 16. April 2003 wies das Verwaltungsgericht - unter anderem - die Klage des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage Nr. 4 im Auflagenbescheid vom 1. März 2002 ab. Für seine Gefahrenprognose gemäß § 15 Abs. 1 VersG stützte sich das Verwaltungsgericht auf den Umstand, dass die zwei Teilnehmer der Anti-Wehrmachtsausstellungs-Versammlung am 2. Februar 2002 Steinwürfe oder sonstige Wurfgeschosse befürchtet hätten. Außerdem bezog das Verwaltungsgericht den Umstand mit ein, dass es laut der eidesstattlichen Versicherung des Teilnehmers der Versammlung am 1. September 2001 in Leipzig tatsächlich zu Gewalttätigkeiten durch Gegendemonstranten gekommen sei. Ebenso wie die beiden Teilnehmer der Anti-Wehrmachtsausstellungs-Versammlung am 2. Februar 2002 die Bereitschaft zu gewalttätigem (Angriffs- oder Abwehr-)Verhalten aus den Reihen der Gegenversammlung für möglich gehalten hätten, habe das Polizeipräsidium Bielefeld Vergleichbares bei der geplanten Versammlung vier Wochen später befürchten müssen, und zwar bei den Teilnehmern der vom Beschwerdeführer angemeldeten Versammlung genauso wie bei den Gegendemonstranten, zumal zu beiden Versammlungen am 2. März 2002 jeweils zahlreiche, in der Menge schwer zu kontrollierende Teilnehmer erwartet worden seien (der Beschwerdeführer sei bei der Anmeldung seiner Versammlung von 1.000 bis 2.000 Teilnehmern ausgegangen). Unter diesen Umständen hätten objektive Anhaltspunkte für das Auffinden sicherstellbarer Gegenstände bestanden, welche das Polizeipräsidium Bielefeld dazu berechtigt hätten, pauschal im Wege einer Auflage die polizeiliche Durchsuchung aller Versammlungsteilnehmer vor dem Veranstaltungsbeginn anzuordnen. Eines konkreten Verdachts gegen bestimmte Versammlungsteilnehmer, insbesondere gegen den Beschwerdeführer, habe es insoweit nicht bedurft.

8

6. Mit angegriffenem Beschluss vom 25. Oktober 2004 wies das Oberverwaltungsgericht - unter anderem - den auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung bezüglich der Auflage Nr. 4 zurück. Zur Begründung verwies das Oberverwaltungsgericht entsprechend § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil. Im Übrigen sei die Auflage Nr. 4 verhältnismäßig, weil sie dazu beitrage, die nach dem Versammlungsgesetz gebotene Gewaltlosigkeit der Versammlung und damit letztlich die Versammlung selbst zu sichern.

9

7. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung seines Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG.

10

8. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Polizeipräsidium Bielefeld als Beklagter des Ausgangsverfahrens und der für das Versammlungsrecht zuständige Sechste Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts Stellung genommen. Das Polizeipräsidium hält die Auflage für durch eine hinreichende Gefahrenprognose gerechtfertigt. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht Zweifel, ob die angegriffenen Entscheidungen in jeder Hinsicht mit der Versammlungsfreiheit übereinstimmen. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist.

12

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen Fragen zur Reichweite der Gewährleistung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG bereits entschieden und dabei auch die zu berücksichtigenden Grundsätze entwickelt. Dies gilt insbesondere für die Bedeutung der Versammlungsfreiheit bei der Gefahrenprognose im Rahmen von Entscheidungen der Behörden und Gerichte anhand von § 15 Abs. 1 VersG (vgl. BVerfGE 69, 315 <349, 352 ff.>; speziell zu versammlungsrechtlichen Auflagen: Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 2793/04 -, NVwZ 2008, S. 671 <672>; vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>), namentlich in der Konstellation von Störungen der öffentlichen Sicherheit durch Gegendemonstranten (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2001 - 1 BvQ 15/01 -, NJW 2001, S. 1411 <1412>) und von polizeilichen Kontrollen im Vorfeld von Versammlungen (vgl. BVerfGE 69, 315 <349>; 84, 203 <209>).

13

2. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG.

14

a) Der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG ist eröffnet, da die Auflage, dass die Teilnehmer der Versammlung vor Beginn der Veranstaltung polizeilich durchsucht werden, den freien Zugang zu einer bevorstehenden Versammlung betrifft. Der gesamte Vorgang des Sich-Versammelns unterfällt dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 84, 203 <209>).

15

b) Die Auflage bedeutet auch einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Ein Eingriff ist nicht nur dann gegeben, wenn eine Versammlung verboten oder aufgelöst wird, sondern auch, wenn die Art und Weise ihrer Durchführung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (vgl. BVerfGE 69, 315 <349>). Die Auflage, dass die Teilnehmer einer Versammlung vor Beginn der Veranstaltung polizeilich durchsucht werden, behindert den freien Zugang zu der Versammlung. Eine polizeiliche Durchsuchung ist - zumal wenn sie pauschal jeden Versammlungsteilnehmer erfasst - geeignet, einschüchternde, diskriminierende Wirkung zu entfalten, die Teilnehmer in den Augen der Öffentlichkeit als möglicherweise gefährlich erscheinen zu lassen und damit potentielle Versammlungsteilnehmer von einer Teilnahme abzuhalten.

16

c) Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG zu ihrer Rechtfertigung einer gesetzlichen Grundlage. Im vorliegenden Fall wurde die Auflage auf § 15 Abs. 1 VersG gestützt.

17

aa) Diese Norm sieht mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit Einschränkungen gegenüber Versammlungen nur für den Fall vor, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde auch bei dem Erlass von Auflagen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (vgl. Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 <835>; vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 2793/04 -, NVwZ 2008, S. 671 <672>; vom 7. November 2008 - 1 BvQ 43/08 -, juris Rn. 17). Für die Gefahrenprognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit sie bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplante Versammlung aufweisen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, S. 141).

18

Wenn sich der Veranstalter und sein Anhang allerdings friedlich verhalten und Störungen der öffentlichen Sicherheit, insbesondere Gewalttaten, lediglich von Gegendemonstrationen ausgehen, müssen sich behördliche Maßnahmen primär gegen die störenden Gegendemonstrationen richten. Es ist Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung des Versammlungsrechts hinzuwirken. Gegen die friedliche Versammlung, die den Anlass für die Gegendemonstration bildet, darf nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes eingeschritten werden (vgl. BVerfGE 69, 315 <360 f.>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. September 2000 - 1 BvQ 24/00 -, NVwZ 2000, S. 1406 <1407>).

19

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Auflage liegt bei der Behörde (vgl.  BVerfG , Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 1. Mai 2001 - 1 BvQ 21/01 -, NJW 2001, S. 2078 <2079>; vom 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 -, NJW 2010, S. 141 <142>).

20

Zwar sind die Feststellung der Tatsachen, auf die sich die Gefahrenprognose gründet, sowie die Würdigung dieser Tatsachen grundsätzlich Sache der Fachgerichte und entziehen sich einer Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat allerdings zu überprüfen, ob bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts der Einfluss der Versammlungsfreiheit hinreichend beachtet worden ist. Eine solche Prüfung verlangt eine intensivierte Kontrolle, ob die von den Fachgerichten getroffenen tatsächlichen Feststellungen die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu tragen vermögen (vgl. BVerfGE 84, 203 <210>).

21

bb) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen für die Gefahrenprognose im Rahmen von § 15 Abs. 1 VersG wird die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht.

22

(1) Die von dem Verwaltungsgericht herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, eine von der Versammlung selbst ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nahezulegen, die den Erlass einer gegenüber der Versammlung belastenden Auflage hätte rechtfertigen können.

23

Zwar durfte das Verwaltungsgericht grundsätzlich den Verlauf der Anti-Wehrmachtsausstellungs-Versammlung am 2. Februar 2002 als Indiz heranziehen, da sie wegen der Zielrichtung, hier der Propagierung einer bestimmten Interpretation der jüngeren deutschen Geschichte, des Ortes und der zeitlichen Nähe Ähnlichkeiten zu der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung aufwies. Die zwei Teilnehmer dieser Versammlung haben in ihren von dem Verwaltungsgericht angeführten eidesstattlichen Versicherungen indes lediglich organisatorische Vorsichtsmaßnahmen auf Veranstalterseite gegen eventuelle Übergriffe gewaltbereiter linker Gegendemonstranten beschrieben. Diese Aussagen privater Personen zu ihrerseits lediglich verdachtsgeleiteten Handlungen stellen keine nachvollziehbaren tatsächlichen Anhaltspunkte dar, wie sie für eine Gefahrenprognose im Rahmen des § 15 Abs. 1 VersG erforderlich sind. Vor allem lässt sich dieser Aussage nicht ansatzweise entnehmen, dass sich die Teilnehmer der Versammlung bei dieser Gelegenheit nicht rechtstreu verhalten haben.

24

Dagegen hat das Verwaltungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen, ob und inwieweit die Versammlung am 1. September 2001 in Leipzig Ähnlichkeiten zu der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung aufwies und daher im Rahmen der Gefahrenprognose als Indiz herangezogen werden durfte. Außerdem hat der Teilnehmer der Versammlung in seiner von dem Verwaltungsgericht angeführten eidesstattlichen Versicherung lediglich Übergriffe gewalttätiger linker Gegendemonstranten beschrieben. Nach seiner Darstellung haben hauptsächlich die Ordner, in einem Fall die Einsatzkräfte der Polizei, die solchermaßen provozierten Teilnehmer der Versammlung erfolgreich im Zaum gehalten. Anhaltspunkte dafür, dass die Teilnehmer der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung aus eigenem Antrieb die gewalttätige Auseinandersetzung mit den linken Gegendemonstranten gesucht hätten, ergeben sich aus dieser Aussage nicht.

25

Auch soweit das Verwaltungsgericht bei seiner Gefahrenprognose auf die Größe des zu erwartenden Teilnehmerkreises der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung abgestellt hat, trägt dieser Umstand die Auflage nicht. Denn allein aus der Größe einer Versammlung kann nicht auf die Gewaltbereitschaft der Teilnehmer geschlossen werden.

26

Insgesamt scheint die Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts allein auf der - nicht ausgesprochenen - Vermutung zu gründen, die Teilnehmer der vom Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung könnten durch frühere Störungen von gewalttätigen linken Gegendemonstranten gereizt nunmehr zum Präventivschlag ausholen. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen ohne hinreichende konkrete Tatsachengrundlage reichen jedoch, wie dargelegt, für die Gefahrenprognose im Rahmen des § 15 Abs. 1 VersG nicht aus. Der Umstand, dass bei der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung Störungen der öffentlichen Sicherheit durch gewaltbereite linke Gegendemonstranten zu befürchten waren, hätte den zuständigen Behörden Anlass sein müssen, zuvörderst gegen die angekündigten Gegendemonstrationen Maßnahmen zu ergreifen. Das durch gewaltbereite Gegendemonstranten drohende Gefahrenpotential ist der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung nicht zurechenbar.

27

(2) Als Nichtstörerin hätte die vom Beschwerdeführer veranstaltete Versammlung daher nur im Wege des polizeilichen Notstandes in Anspruch genommen werden können.

28

Im Hinblick auf die besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes sind der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts indessen weder die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen noch Ansätze für deren notwendige rechtliche Würdigung zu entnehmen. Zwar dürfen die diesbezüglichen Anforderungen an Durchsuchungen, die letztlich nur der Ermöglichung einer friedlichen Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit dienen, in Situationen, die insgesamt durch drohende Gewalt geprägt sind, nicht zu hoch angesetzt werden. Jedoch bedarf es insoweit zumindest der Darlegung, dass ein Schutz vor Gefahren für die öffentliche Sicherheit primär durch Maßnahmen gegenüber den Störern ins Werk gesetzt wird und dass er auf diese Weise aber nur unzureichend gewährleistet werden kann. Hieran fehlt es indes. So fehlen insbesondere Ausführungen dazu, dass und inwieweit gegen die angekündigten Gegendemonstrationen gerichtete, behördliche Maßnahmen nicht ausgereicht haben, der gewaltbereiten Gegendemonstranten Herr zu werden und so der Gefahr einer etwaigen gewalttätigen Eskalation zu begegnen. Feststellungen hierzu hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen. Unter dem Gesichtspunkt der Eskalation fehlt es weiterhin an konkreten und nachvollziehbaren tatsächlichen Anhaltspunkten für die Annahme, dass die Teilnehmer der von dem Beschwerdeführer veranstalteten Versammlung überhaupt unter Rückgriff auf mitgebrachte Gegenstände zur Schutz- und Trutzwehr übergehen würden.

29

cc) Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts teilt den festgestellten Mangel des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Oberverwaltungsgericht hat sich die Gründe des Verwaltungsgerichts ausdrücklich gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zu Eigen gemacht. Der über diese Bezugnahme hinausgehende pauschale Verweis auf die behauptete Verhältnismäßigkeit der Auflage erweist sich angesichts der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Defizite hinsichtlich der erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und der notwendigen rechtlichen Würdigung als nicht tragfähig.

30

dd) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dem aufgezeigten Grundrechtsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte bei der erforderlichen erneuten Befassung und unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Anforderungen aus Art. 8 Abs. 1 GG zu einem anderen Ergebnis kommen. Hierbei werden die Gerichte - neben den bereits angesprochenen Gesichtspunkten - zu prüfen haben, ob und gegebenenfalls welche Gegenstände die polizeiliche Durchsuchung der Teilnehmer bei der Anti-Wehrmachtsausstellungs-Versammlung am 2. Februar 2002 zutage gefördert wurden, die laut der Stellungnahme des Polizeipräsidiums Bielefeld in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren bereits gegenüber dieser Versammlung angeordnet worden war.

31

3. Da die Verfassungsbeschwerde bereits wegen des Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 GG Erfolg hat, bedarf es keiner Prüfung, ob daneben weitere Grundrechte verletzt sind.

32

4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet, soweit die Antragstellerin hilfsweise beantragt hat, die in Nummer 1.2.2 des Bescheides vom 28. Mai 2015 angeordnete Streckenänderung der Route 4 der Versammlung mit der Maßgabe aufzuheben, dass es einer Anzahl von bis zu 50 Versammlungsteilnehmern gestattet wird, sich in Hör- und Sichtweite des Schlosses E. aufzuhalten und dort Transparente zu zeigen und Sprechchöre (auch mit Hilfe von Handmegaphonen) anzustimmen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erfolgt unter der Auflage, dass weitere versammlungsrechtliche Beschränkungen des Antragsgegners zu dulden sind, die dem Schutz von der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgütern dienen, insbesondere dass sich die Versammlungsteilnehmer außerhalb des inneren Sicherheitsbereichs 1 auf einer ihnen vom Antragsgegner zugewiesenen Fläche aufzustellen haben und den gleichen Personenkontrollen unterliegen wie andere Personen (Journalisten u. a.), denen der Zutritt zu dem eingerichteten Sicherheitsbereich gewährt wird.

Im Übrigen wird der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt 7/8, der Antragsgegner 1/8 der Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Herr ... zeigten am 26. September 2014 im Namen des Aktionsbündnisses „STOP G 7 - E.“ beim Landratsamt G. (im Folgenden: Landratsamt) für Sonntag, den 7. Juni 2015 eine sich fortbewegende Versammlung unter freiem Himmel in Form eines Sternmarsches nach E., dem Tagungsort des Treffens der Staats- und Regierungschefs der sog. G 7-Gruppe (G 7-Gipfel), an. Die Anzeige wurde durch E-Mails vom 1. November 2014 sowie vom 26. Februar, 27. April und 4. Mai 2015 ergänzt. Der Sternmarsch beinhaltet einen Fahrrad- und einen Autokorso und vier Fußgängerstrecken (Routen 2 bis 5), die sich auf den Tagungsort der Staats- und Regierungschefs in Schloss E. zubewegen.

Zur Verhütung von Anschlagsgefahren und Straftaten durch linksextremistische Gruppierungen richtete das Landratsamt mit Bescheid vom 29. April 2015 unter Anordnung des Sofortvollzuges für die Zeit vom 30. Mai 2015, 6:00 Uhr, bis zum 9. Juni 2015, 18:00 Uhr, auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG in Form einer Allgemeinverfügung im Umgriff des Schlosses E. und an beiden Seiten der ...straße bis zur Mautstelle einen Sicherheitsbereich ein, zu dem nur die Gäste des G 7-Gipfels und deren Begleitpersonen Zutritt haben. Anderen Personen kann bei besonders berechtigtem Interesse auf Antrag Zutritt gewährt werden. Innerhalb des Sicherheitsbereichs liegen der Hubschrauberlandeplatz, das Tagungshotel, das Hotel ..., in dem Delegationsmitglieder untergebracht sind, und die ...straße von E. nach K., die als Protokoll- und Hauptrettungs- und -evakuierungsstrecke vorgesehen ist.

Mit Bescheid vom 28. Mai 2015 beschränkte das Landratsamt gestützt auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG die angemeldete Versammlung in Nummer 1.2.2 unter anderem dahingehend, dass die Streckenführung des vom B-platz in G. auf dem Fahrradweg neben der Bundesstraße 2 (B 2) bis nach K. geplanten Fahrradkorsos gemäß Anlagen 7 und 8 (Route 1 a) und die Streckenführung des vom B-platz in G. über B-hofs- und M-Straße und die B 2 nach M. geplanten Autokorsos gemäß Anlagen 11 und 12 geändert wurden (Route 1 b). Weiter wurde die Teilnehmerzahl beim Autokorso auf höchstens 25 beschränkt. Ferner wurde die Streckenführung der Fußgängerroute 4 vom Bahnhof K. über die ...straße nach E. gemäß Anlage 10 dahin geändert, dass die Versammlungsteilnehmer sich nur am B-platz K. aufstellen und bis auf die Höhe des Anwesens B-hofstr. ... bewegen dürfen. Die Streckenführung der Fußgängerroute 5 vom Bahnhof M. über L-see- und F-straße zum Schloss E. wurde gemäß Anlagen 12 und 13 verlegt. Auf die Gründe des Bescheides wird Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 2. Juni 2015 durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben (M 7 K 15.2221) und gleichzeitig beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich sämtlicher mit ihr angegriffenen Regelungen wiederherzustellen.

Die Klageanträge lauten wie folgt:

„den Bescheid des Antragsgegners vom 28. Mai 2015

I.“

bezüglich der unter Nr. 1.2.2. verfügten Streckenänderungen der Route 1 b (Autokorso) und

II.

bezüglich der unter Nr. 1.2.2. verfügten Streckenänderungen der Routen 4 und 5 aufzuheben.

Hilfsweise zu Ziffer II. wurde beantragt,

II.a

den angegriffenen Bescheid bezüglich der unter Nr. 1.2.2. verfügten

Streckenänderungen der Route 5 aufzuheben,

II.b.

hilfsweise zu Ziffer II.a., den Bescheid bezüglich der unter Nr. 1.2.2. ver-

fügten Streckenänderungen der Route 4 aufzuheben,

II.c.

hilfsweise zu Ziffer II.c. (gemeint dürfte sein II.b), den Bescheid bezüglich der unter Nr. 1.2.2. verfügten Streckenänderungen der Route 4 mit der Maßgabe aufzuheben, dass den Versammlungsteilnehmern aufgegeben wird, sich auf der ursprünglich von den Antragstellern angemeldeten Route 4 lediglich in Zweierreihen fortzubewegen,

II.d.

hilfsweise zu Ziffer II.d. (gemeint dürfte sein II.c), den Bescheid bezüglich der unter Nr. 1.2.2. verfügten Streckenänderungen der Route 4 mit der Maßgabe aufzuheben, dass den Versammlungsteilnehmern aufgegeben wird, sich auf der ursprünglich von den Antragstellern angemeldeten Route 4 lediglich in einer Reihe (sog. Gänsemarsch) fortzubewegen,

II.e.

hilfsweise zu Ziffer II.d., den Bescheid bezüglich der unter Nr. 1.2.2. verfügten Streckenänderungen der Route 4 mit der Maßgabe aufzuheben, dass lediglich einer Anzahl von bis zu 50 Versammlungsteilnehmern gestattet wird, sich bis in Ruf- und Sichtweite des Schlosses E. zu bewegen und dort Transparente zu zeigen und Sprechchöre (auch mithilfe von Handmegaphonen) anzustimmen.

Gleichzeitig wurde beantragt,

III.

soweit es für die Durchführung der ursprünglich von den Veranstaltern beantragten Versammlungsrouten erforderlich ist, die am 5. Mai 2015 bekannt gemachte Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 29. April 2014 in den Nummern 1 und 2 aufzuheben.

Zur Begründung wurde unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juni 2007 zum G 8-Gipfel in Heiligendamm ausgeführt, die vom Antragsgegner vorgenommenen Streckenänderungen kämen im Ergebnis einem Verbot gleich. Es liege bereits keine konkrete Gefahr vor. Den befürchteten Gefahren könne - als milderes Mittel - durch Erlass von Auflagen unter Beibehaltung des ursprünglich geplanten Streckenverlaufs begegnet werden. Ziel der angezeigten Versammlung sei es, den Protest gegen den G 7-Gipfel und die dort verfolgte Politik einer möglichst großen Anzahl von Menschen bekannt zu machen und zu kritischen Diskussionen über derartige Gipfelergebnisse anzuregen. Die Veranstalter der Versammlungen bedienten sich dabei ähnlicher Ausdrucksformen und symbolischer Aktionen wie die des geplanten politischen Spektakels auf Schloss E.. Sie versuchten den inszenierten schönen Schein des G 7-Gipfels möglichst öffentlichkeitswirksam zu zerstören und die Aufmerksamkeit auf die bestehenden Mängel der Außen- und Kriegspolitik der G 7, ihrer Weltwirtschafts-, Klima- und Entwicklungspolitik zu lenken. Anschaulich werde dies z. B. durch den Flyer „Die Idylle trügt“. Die unter Beachtung des Selbstbestimmungsrechts des Veranstalters der Versammlung vorzunehmende Güterabwägung sei sowohl durch den angefochtenen Bescheid vom 28. Mai 2015 als auch die Allgemeinverfügung vom 29. Mai 2015 missglückt. Das Erscheinen der Protestversammlung - und sei es nur in Hör- und Sichtweite, getrennt von Schloss E. durch einen noch zu bestimmenden Sicherheitsabstand und einer Vielzahl von Sicherheitskräften - werde in diesem Rahmen naturgemäß einen ungleich größeren Grad der Aufmerksamkeit erregen als von dem kilometerweit entfernten Bahnhof K. (verfügter Endpunkt der Route 4) oder mitten im Wald (verfügter Endpunkt der Route 5). Die angegebenen Gründe für die Routenänderung seien vorgeschoben. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefahr würden nicht vorgetragen. Soweit auf Äußerungen angeblich gewaltbereiter Organisationen hingewiesen werde, fehle jede Abwägung, ob es sich hierbei um mögliche Minderheiten handele, die grundsätzlich den Schutz der Versammlungsfreiheit nicht entfallen ließen. Der Antragsgegner ziehe ersichtlich die gewaltfreie Einstellung der weitaus meisten Träger der Versammlung „STOP G 7 E.“ nicht in Zweifel, da er nur einige wenige aus den Dutzenden von Unterstützerorganisationen zitiere, nicht aber die offiziellen gemeinsamen Verlautbarungen und Aufrufe der Versammlungsträger. Mit diesen „Gegenindizien“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hätte er sich jedoch auseinandersetzen müssen. Die Fernhaltung von Demonstranten von jedem Sicht- und Hörkontakt zum Schloss E. sei auch unverhältnismäßig und nicht durch die Sorge um Leib und Leben der G 7-Teilnehmer zu rechtfertigen. Es sei schlechthin unvorstellbar, dass es 24.000 Polizisten und sonstigen Sicherheitskräften, ausgerüstet mit den modernsten Polizeiwaffen und Schutzmitteln, nicht gelingen sollte, eine überschaubare Anzahl von bis zu 500 Demonstranten davon abzuhalten, den Staatsgästen gefährlich nahe zu kommen. Das gelte erst recht, wenn man auf das ausdrückliche Angebot der Veranstalter zurückgreifen würde, lediglich mit einer „Delegation“ von nicht mehr als 50 Personen, ausgerüstet mit Transparenten und Handmegaphonen, in Sicht- und Hörweite des Tagungsortes zu erscheinen. Das gleiche gelte für die ebenfalls angegriffene Allgemeinverfügung vom 29. Mai 2015. Es gehe darin ebenso wie 2007 in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall erkennbar nur darum, die Demonstranten von der im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Veranstaltung fernzuhalten. Dies sei der einzige Grund für die großräumige Einrichtung der umzäunten Sicherheitszone. Für die behauptete Gewährleistung der Sicherheit der Staatsgäste hätte ein wesentlich kleinerer Umfang genügt. Die Streckenänderung des Autokorsos mache es unmöglich, den mit dem Autokorso verfolgten Nebenzweck zu erreichen, die Versammlungsteilnehmer von G. nach M. zu transportieren. Die Gefahren einer Blockade der B 2 im Hinblick auf Anschläge für Staatsgäste und die Gefährdung als Rettungsweg seien nicht ausreichend konkretisiert. In Anbetracht der Sicherheitsvorkehrungen beim Transport von Staatsgästen handele es sich lediglich um eine abstrakte Gefahr. Auch gefährde eine Blockade nicht Leib oder Leben der Staatsgäste, sondern allenfalls deren Terminkalender. Der Gefahr könne mit dem frühzeitigen Beginn des Autokorsos begegnet werden. Außerdem sei die B 2 - ungeachtet der Erreichbarkeit von E. per Hubschrauber - durch eine Zufahrt über Krün über die B 11 möglich. Ferner lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Versammlungsteilnehmer Rettungskräfte blockieren wollten. Dafür würden keine Beispiele genannt. Dieser Gefahr könnte im Übrigen ebenfalls durch eine Auflage begegnet werden. Was die Fußgängerrouten betreffe, beschränke der Antragsgegner die von K. aus geplante Versammlung auf 50 m und lasse die von M. ausgehende Versammlung weit im Wald vor E. enden; beide gelangten nicht einmal in die Nähe des Tagungsortes. Auch hier sei die Gefahr der Blockade von Rettungskräften nicht konkret. Überdies könne der geforderte Ringverkehr für Rettungskräfte ohne weiteres eingerichtet werden, ohne gleich beide sich auf Schloss E. zubewegende Versammlungsstrecken abzuändern. Die Zu- und Abfahrt von Rettungskräften könne über die hierzu mit 5,50 m Breite geeignete ...straße K. - E. erfolgen. Es erschließe sich nicht, weshalb dies bei Kolonnenverkehr anders sein solle. Für eine mögliche Unpassierbarkeit der ...straße gebe es keine konkreten Anhaltspunkte. Sollte das Gericht den gleichzeitig stattfindenden Versammlungen auf den Routen 4 und 5 ablehnend gegenüberstehen, werde von der Antragstellerin lediglich die Durchführung der Versammlung auf der Route 4 (M.-E.) angestrebt. Hierdurch werde die Zufahrt zum Rettungszentrum Süd nicht beeinträchtigt. Alternativ sei eine Versammlung auf der Strecke K.-E. möglich. Es sei damit zu rechnen, dass es dem erheblichen Aufgebot von Sicherheitskräften gelingen werde, eine Versammlung von zu erwartenden Teilnehmern von 500 in geordneten Bahnen zu halten. Sollte das Gericht den Sicherheitskräften nicht zutrauen, die ...straße freizuhalten, so könne alternativ die Art und Weise der Fortbewegung der Versammlungsteilnehmer, in Zweierreihen oder im Gänsemarsch, geregelt werden, was eine frühzeitige Reaktion auf etwaige Blockadeversuche ermöglichen würde. Hilfsweise bliebe die Möglichkeit, es einer stellvertretenden Delegation zu gestatten, einer kleinen, in jedem Fall beherrschbaren Gruppe von 50 Versammlungsteilnehmern ihren Protest nach E. zu tragen. Die Einrichtung eines Sicherheitsbereichs verstoße gegen das in Art. 2 Abs. 2 Satz GG verbürgte Recht auf Freiheit der Person. Es erscheine problematisch, einen über zehn Tage andauernden massiven Eingriff auf eine polizeiliche Generalklausel zu stützen.

Mit Schreiben vom 2. Juni 2015 erläuterte der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die Verordnungsregelungen von § 22 Abs. 1 VVB und § 2 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 AVBayRDG und Nr. 1.2 der Vollz. B.ekBayFwG die Notwendigkeit, im Einsatzgebiet im E.er Tal einen zweiten Not- und Rettungsweg freizuhalten und bestimmte Hilfsfristen einzuhalten. Dabei sei ein wichtiger Aspekt die Breite der vorhandenen Rettungswege. Die ...straße sei 5,50 m und die F-straße ca. 4,50 m breit, ein Intensivtransportwagen des Bayerischen Roten Kreuzes mit Außenspiegeln ca. 3 m. Sobald die ...straße als Protokollstrecke zur Anreise der Staatsgäste diene, stehe sie nicht gleichzeitig als Not- und Rettungsstrecke zur Verfügung, so dass hierfür dann nur die F-straße dienen könnte. Im Sicherheitsbereich hielten sich während des Veranstaltungszeitraums ca. 5.000 Personen gleichzeitig auf, was eine entsprechende Leistungsfähigkeit erforderlich mache.

Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 3. Juni 2015,

den Antrag abzulehnen,

und machte in Erwiderung im Wesentlichen geltend, aufgrund jüngster Veröffentlichungen des von der Antragstellerin vertretenen Aktionsbündnisses sei von der konkreten Gefahr einer Blockade auszugehen, deren Auflösung bei einem Autokorso zeitaufwendig wäre und mehrere Abschleppwagen binden würde. Da eine selektive Blockade tatsächlich nicht möglich sei, würde sie zwangsläufig auch zur Behinderung von Rettungsfahrzeugen führen. Allein ein wesentlich langsamer als der allgemeine Verkehr fahrender Autokorso, der aufgrund seiner Länge von 1.250 m nicht ohne Gefahr überholt werden könne, führe zu einer erheblichen Verkehrsbehinderung und verursache durch mögliche Stauungen eine Auffahrgefahr. Bezüglich des Antrags zu II. verkenne die Antragstellerin, dass die Einrichtung eines Ringverkehrs es mit sich bringe, sowohl die Route 4 als auch die Route 5 zu beschränken, umso mehr als die Route 4 zum Teil als Protokollstrecke belegt sei und dann - außer bei Lebensgefahr -auch nicht für die Fahrten von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zur Verfügung stehe. In dieser Zeit diene die F-straße als Not- und Rettungsweg. Ihre Nutzung durch eine sich fortbewegende Versammlung würde sie für mindestens sechs Stunden blockieren. Die ...straße wäre bei einer Nutzung als Fußstrecke insgesamt etwa vier Stunden betroffen. In Abwägung des Selbstbestimmungsrechts des Veranstalters mit den entgegenstehenden Interessen der Allgemeinheit sei letzteren der Vorrang einzuräumen. Durch die örtliche Beschränkung des Routenverlaufs bis zur Gabelung der Wanderwege Nr. 812 und 807 werde der kommunikative Zweck nicht unmöglich gemacht. Wenn auch keine Sichtweite zum Tagungshotel gegeben sein dürfte, so dürften sich die angezeigten 500 Versammlungsteilnehmer bei Nutzung der Megaphone zumindest in Hörweite befinden. Im Übrigen ende auch die begehrte Route 5 am Sicherheitsbereich im Wald. Weiter erläuterte das Landratsamt unter Verweis auf die Blockadegefahr und seine Stellungnahme vom 2. Juni 2015 die Notwendigkeit, die Route 4 in K. auf Höhe der B-hofstraße 4 und damit in 55 m Entfernung von der Engstelle auf Höhe des Gasthofs Post enden zu lassen. Eine Blockade der ...straße würde die Anbindung des Tagungsortes nach außen unmöglich machen. Die Einrichtung eines Ringverkehrs entspreche dem Standard zur Sicherstellung einer gleichzeitigen Ab- und Anfahrt von Einsatzkräften. Selbst im Gänsemarsch könnten Versammlungsteilnehmer stellenweise nicht mehr überholt werden; ein Begegnungsverkehr wäre nicht mehr gewährleistet. Der vom Landratsamt verfügte Sicherheitsbereich sei wesentlich kleiner als der in Heiligendamm. Den Versammlungsteilnehmern stehe es offen, sich dem Tagungsort bis auf wenige hundert Meter zu nähern. Die angezeigten Routen über Gr. (Route 2) und W-berg (Route 3) seien außerhalb des Ortsbereichs nicht beschränkt worden. Weitere Routen, z. B. über die E.er Alm seien möglich gewesen, seien aber von den Veranstaltern abgelehnt worden. Aufgrund der Lage des zentralen internationalen Medienzentrums in G. werde bereits mit den Veranstaltungen dort und in M. die Öffentlichkeit wirksam erreicht. Eine Beschränkung des Sternmarsches im Bereich der Ortsdurchfahrt von K. und bezüglich der F-straße sei auch zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung der Wohnbevölkerung erforderlich. Für den Hilfsantragantrag II.e. gebe es keine materielle Rechtsgrundlagen, insbesondere nicht Art. 8 GG oder § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, der ebenfalls eine materielle Befugnisnorm voraussetze. Bei einer Delegation handele es sich mangels freier Zugänglichkeit nicht mehr um eine Versammlung. Die Einrichtung eines Sicherheitsbereichs mit einem Betretens- und Versammlungsverbot sei vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zum G 8-Gipfel in Heiligendamm gebilligt worden (dort Verbotszone 1). Die verfassungsgerichtlichen Bedenken hätten sich nur gegen die Verbotszone 2 gerichtet. Zu einer „Delegationsregelung“ habe das Bundesverfassungsgericht nicht Stellung bezogen. Es sei auch nicht vorstellbar, auf welcher Rechtsgrundlage eine vertretbare und vollziehbare praktische Durchführung einer 50er-Delegation möglich sein solle. Unklar sei, wer die Personen festlegen und ggf. austauschen solle. Die Antragstellerin könne nicht für andere Versammlungsteilnehmer sprechen, auch nicht deshalb, weil nur das Aktionsbündnis eine Versammlung angezeigt habe, die den Sicherheitsbereich berühre. Die Zulassung einer Delegation werfe in praktischer und rechtlicher Hinsicht viele ungelöste und unlösbare Fragen auf. Die Polizei nahm dahingehend Stellung, dass die Freihaltung der ...straße und des gesamten Sicherheitsbereichs zwingende Voraussetzung dafür sei, die Veranstaltung, wie von der Bundesregierung geplant, durchzuführen. Die Abhaltung einer Versammlung inmitten einer anderen geplanten Veranstaltung sei aus Gründen der Gefahrenabwehr nicht darstellbar. Die Auflösung einer Blockade von 50 Personen durch die Polizei würde mindestens 90 Minuten in Anspruch nehme. Die störungsfreie Durchführung einer Veranstaltung der Bundesrepublik Deutschland genieße verfassungsrechtlichen Schutz. Mit zwei Schreiben vom 5. Juni 2015, auf die im Übrigen verwiesen wird, übermittelte das Landratsamt polizeiliche Erkenntnisse, wonach unter anderem am Samstag, den 6. Juni 2015 bei der Großdemonstration von 5.000 bis 7.000 Personen zu rechnen sei, darunter 2.000 bis 3.0000 gewaltorientierte Störer, nach vorsichtiger Schätzung ca. 600 Personen aus dem Ausland. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich ein Großteil dieser gewaltorientierten Störer sich anderen Demonstrationen, insbesondere dem Sternmarsch, anschließen werde. Aus diesem Grund erachte die Polizei die Zulassung von 50 Personen polizei- bzw. sicherheitsrechtlich zum Sicherheitsbereich nicht für verantwortbar. Aus dem friedlichen Verlauf der Demonstrationen in der Landeshauptstadt könne nicht darauf geschlossen werden, dass die Proteste in G. gewaltfrei blieben. Es sei zu befürchten, dass sich gewaltbereite Demonstranten auf G. und E. fokussiert hätten. Es hätten sich am Morgen des 5. Juni 2015 konkrete Anhaltspunkte für die Vorbereitung von Gewalttaten ergeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO ist nach seinem erkennbaren Rechtsschutzziel gem. § 88 VwGO dahin auszulegen, dass die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den versammlungsrechtlichen Bescheid vom 28. Mai 2015 begehrt, soweit diese von Gesetzes wegen entfällt, sowie deren Wiederherstellung, soweit die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Allgemeinverfügung vom 29. April 2015 wegen der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO entfallen ist.

Der zulässige Antrag hat überwiegend keinen Erfolg. Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 48 m. w. N.) ergibt allerdings, dass dem Hilfsantrag II.e. unter Maßgabe vom Antragsgegner noch zu erlassender Beschränkungen zum Schutz von der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgütern stattzugeben ist. Dazu zählen insbesondere Beschränkungen, die den konkreten Aufstellungsort außerhalb des inneren Sicherheitsbereichs 1 vorgeben und die notwendigen, auch von anderen Personen (Journalisten u. a.) hinzunehmenden Personenkontrollen betreffen.

Entfaltet ein Rechtsbehelf - wie hier teils nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 25 BayVersG und teils wegen einer behördlichen Anordnung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO - keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz sind. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf erfolgreich sein wird, überwiegt regelmäßig das Interesse des Antragstellers.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte ergeben sich nur insoweit, als auch einer kleinen Anzahl von Versammlungsteilnehmern nicht gestattet wird, einen Beachtungserfolg in möglichst großer Nähe zum symbolhaltigen Tagungsort zu erzielen, ohne dass Tatsachen in nachvollziehbarer Weise auf eine von dieser begrenzten Personenanzahl ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit hindeuten.

Rechtsgrundlage der angefochtenen versammlungsrechtlichen Beschränkungen ist Art. 15 Abs. 1 BayVersG, wonach eine Versammlung unter freiem Himmel unter anderem dann beschränkt werden kann, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist - d. h. wenn bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter zu rechnen ist (BVerfG, B. v. 19. Dezember 2007 - 1 BvR 2793/04 - juris Rn. 20 m. w. N.) - oder ein Fall des Art. 12 Abs. 1 BayVersG vorliegt. Unter diesen Voraussetzungen kann auch der Versammlungsort verlegt werden. Zu den anerkannten Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zählt neben Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen auch im Versammlungsrecht nach traditionellem polizeirechtlichen Verständnis die Unversehrtheit der Rechtsordnung (einschließlich der Vorschriften über die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs) und der staatlichen Einrichtungen (vgl. BVerwG, U. v. 21. April 1989 - 7 C 50.88 - juris Rn. 15 m. w. N.; BVerfG, B. v. 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - juris Rn. 77) als auch die Durchführung einer staatlichen Veranstaltung (BVerfG, B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 28 u. B. v. 5. Juni 2007 - 1 BvR 1428/07 - juris Rn. 8 a. ). Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wird in der Regel angenommen, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, B. v. 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - juris Rn. 77). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit dürfen beim Erlass von versammlungsrechtlichen Beschränkungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden. Sie ist auf konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zu stützen, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben (BVerfG, B. v. 12. Mai 2010 - 1 BvR 2636/04 - Rn. 17 m. w. N., B. v. 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 - juris Ls 2a und B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 17). Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (BVerfG, B. v. 12. Mai 2010 - 1 BvR 2636/04 - Rn. 17). Für die Prognose können Ereignisse im Zusammenhang mit früheren Versammlungen als Indizien herangezogen werden, soweit sie bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplante Versammlung aufweisen (BVerfG, a. a. O.). Allgemeine Äußerungen ohne Bezug zu der konkret geplanten Versammlung, etwa im Internet, die darauf schließen lassen, dass für die Versammlung auch bestimmte abstrakt gewaltbereite Teilnehmerkreise mobilisiert werden können, sind qualitativ im Hinblick auf den Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefahr nicht mit der Konstellation zu vergleichen, dass über das Internet von bestimmten Einzelpersonen oder Gruppierungen auf die konkrete Versammlung bezogene Äußerungen und Aufrufe verbreitet werden, in der die Anwendung von Gewalt unmittelbar angedroht beziehungsweise in Aussicht gestellt wird (vgl. BVerfG, B. v. 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 - juris Rn. 12). Gibt es neben Anhaltspunkten für die von der Behörde oder den Gerichten zugrunde gelegte Gefahrenprognose auch Gegenindizien, so haben sich die Behörde und die Gerichte auch mit diesen in einer den Grundrechtsschutz hinreichend berücksichtigenden Weise auseinanderzusetzen (BVerfG, B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 17). Folgen, deren Eintritt durch entsprechende hoheitliche Vorgaben bzw. Beschränkungen der Versammlung ausgeschlossen werden können, sind nicht zu berücksichtigen (BVerfG, a. a. O.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die vom Aktionsbündnis „STOP G 7 - E.“ angezeigten Versammlungsrouten geändert hat, um die Sicherheit und die An- und Abfahrt der Gipfelteilnehmer und der sie begleitenden Personen und damit den störungsfreien Ablauf einer staatlichen Veranstaltung zu gewährleisten als auch den allgemeinen Zugang zum Klinikum in G. aus dessen Einzugsbereich und den speziellen Rettungs- und Evakuierungsverkehr vom Tagungsort und dem dahinter liegenden Wandergebiet zum Klinikum sicherzustellen.

1. Die Verkürzung der Fahrtstrecke des Autokorsos auf der Bundesstraße 2 zur Verhinderung einer Blockade der leistungsfähigsten Verbindung zwischen E. und G. über die ...straße und K. und die Zuweisung einer zusätzlichen Ersatzstrecke in M. sind rechtmäßig. Das Gericht teilt die Einschätzung, dass die Funktion der B 2 als Rettungsstrecke und Zufahrt zum Klinikum G. und als Protokollstrecke für die an- und abreisenden Staatsgäste und ihre Begleitpersonen durch eine Blockade unmittelbar gefährdet ist.

Aufgrund der Erfahrungen mit dem letzten G 8-Gipfel in Deutschland und den zahlreichen für die streitgegenständliche Veranstaltung im Internet kursierenden Aufrufen zur Teilnahme an Demonstrationen und Blockaden kann zum einen nicht davon ausgegangen werden, dass die von den Veranstaltern geschätzten niedrigen Teilnehmerzahlen von insgesamt 1.325 Personen und 25 Fahrzeugen auch nur annähernd realistisch sind, und zum andern, dass es zu keiner oder einer nur kurzfristigen Blockade der B 2 kommt, ferner dass es im allgemeinen bei weitgehend friedlichen Demonstrationen bleibt und dass die Veranstalter im Falle einer Blockade oder unfriedlicher Aktionen so viel Einfluss auf deren Verursacher haben werden, dass sie sie dazu bewegen können, z. B. zugunsten von Rettungsfahrzeugen, davon wieder Abstand zu nehmen.

Insoweit wird zunächst gem. § 117 Abs. 5 VwGO analog auf die in den Bescheid des Antragsgegners übernommene polizeiliche Gefahrenprognose (insbesondere Seite 23 ff., S. 27 ff.) Bezug genommen. Danach waren im Vorfeld des G 8-Gipfels im Jahre 2007 bei einer Großdemonstration in Rostock bereits 30.000 Demonstranten anwesend; am Morgen des 6. Juni 2007 gelangten 9.000 Personen in die polizeilich festgelegte Sicherheitszone, einige hundert Aktivisten sogar bis zum Sicherheitszaun. Mehrere tausend Demonstranten blockierten vorübergehend zwei Hauptzufahrtswege nach Heiligendamm. Nachdem einige Blockadepunkte auch über Nacht besetzt gehalten worden waren, beteiligten sich am folgenden Tag einige tausend Personen an Blockaden. Eine Kontrollstelle der Polizei musste nach einem Zulauf von bis zu 3.500 Aktivisten vorübergehend geschlossen werden. Hier kam es zu massiven Angriffen gegen Polizeibeamte, die auch mit Steinen beworfen wurden. Die Blockaden in Heiligendamm hielten zum Teil bis zum 8. Juni 2007 an. Für den bevorstehenden Gipfel sind nach einer Internetrecherche des Gerichts seitenweise Teilnahmeaufrufe verschiedener Gruppen sowie Äußerungen im Internet veröffentlicht, insbesondere auf Plattformen der gewaltorientierten linksextremistischen Szene, und schriftliche Propaganda von mehreren Seiten, die auf eine vielerseits bestehende Blockadeabsicht hindeuten. Nach den Erfahrungen mit verschiedenen Großveranstaltungen der letzten Jahre, dem im Internet bekundeten Interesse verschiedener Gruppierungen am bevorstehenden G 7-Gipfel und den veröffentlichten organisatorischen Vorbereitungen spricht nichts dafür, dass mit einem nennenswerten Einbruch der Teilnehmerzahlen zu rechnen ist, eher dafür, dass mehrere tausend Versammlungsteilnehmer anreisen werden. In diese Richtung weisen auch die vom Beklagten mit Schreiben vom 5. Juni 2015 übermittelten polizeilichen Erkenntnisse. Was die vom Antragsgegner befürchteten Blockaden anbetrifft, scheuen sich die Veranstalter nicht, mit Vertretern des linksextremistischen und gewaltorientierten Spektrums gemeinsam öffentlich aufzutreten und zu Gesetzesübertretungen, zum „zivilen Ungehorsam“, darunter „Blockaden“, und zum „Widerstand“ aufzurufen (S. 29 f. des Bescheides). Dabei stellen die Vertreter dieses Spektrums keine untergeordnete Minderheit im Aktionsbündnis, sondern nach Einschätzung der Polizei etwa ein Drittel dar (S. 30 des Bescheides). Vor dem Hintergrund der vom Antragsgegner verwerteten Aussagen von Vertretern des Aktionsbündnisses (S. 30 des Bescheides) und des online-Aufrufs (http://www...info/...) ist nicht anzunehmen, dass der selbst gewählte Name des Bündnisses „STOP G 7-E.“ im rein übertragenen Sinne zu verstehen ist. Im Internet (http://www.s...info/...) ist unter dessen Namen, verbunden mit einem Spendenaufruf, ein „Blockadekonzept“ veröffentlicht, wonach es Ziel des Bündnisses sei, „den G 7-Gipfel und seine Vorbereitungen effektiv mit Massenblockaden zu stören“, die im Laufe des Samstag (6. Juni) beginnen und bis Sonntagmittag (7. Juni) andauern sollen. Sodann wird zu entsprechenden Vorbereitungen aufgerufen und zur Taktik ausgeführt: „Da das Gebiet in dem sich die Blockaden abspielen können begrenzt ist, werden im Vorfeld keine Blockadepunkte veröffentlicht. Effektive Blockadepunkte sind jedoch vorhanden, achtet auf Fingerfahnen und auf Informationen vor Ort.“ Auch in einem im Internet veröffentlichten Aktionskonsens („Während der Aktion wollen wir eine Situation schaffen, die für alle Blockierenden transparent ist und in der die AktionsteilnehmerInnen solidarisch aufeinander achten und sich unterstützten.“) und in einer Einladung des Bündnisses zu einer Mobilisierungsveranstaltung vom 20. Mai 2015 ist von Blockaden die Rede. In einem Internetaufruf der „Perspektive Kommunismus“ vom 27. Mai 2015, der mit dem Aktionsbündnis der Antragstellerin verlinkt ist, heißt es „Mit Blockaden wollen wir die Anreise von Delegationsmitgliedern und den Transport von Infrastruktur zum Tagungsort auf Schloss E. verhindern und stören. Der Aktionszeitraum für die Blockaden soll deshalb im Laufe des Samstag (6. Juni) beginnen und bis Sonntagmittag gehen. Die Blockaden sollen so lange wie möglich gehalten werden - bereitet euch dementsprechend darauf vor.“ Die linksextremistische Gruppierung „3a revolutionäres Bündnis“ (vgl. BVerfSchBer 2013, S. 143 f.) rief am 29. Mai 2015 unter Bezug auf die Blockupy-Protesten vom März 2015 unter der Überschrift „Auf nach E. - auf zu den Blockaden“ und unter mehrfacher Wiederholung der Begriffe „Kampf“ und „kämpfen“ zur Demonstrationsteilnahme auf. Die Arbeitsgruppe E. des Jugendnetzwerks für politische Aktionen (JunepA), das das Aktionsbündnis der Antragstellerin unterstützt, veröffentlichte am 20. Mai 2015 einen Bericht über ein „Bundestreffen“ in Berlin, in dem die Absicht von Massenblockaden klar zum Ausdruck kommt („Der inhaltliche Schwerpunkt des Treffens lag auf dem G7-Gipfel. Wir wollen uns aktiv an den Blockaden beteiligen, und möglichst viele Menschen nach G. mobilisieren. Polizei und bayrische Staatsregierung wollen die Proteste einschränken und jegliche eingreifende Aktion verhindern, indem sie versuchen, viele Demonstrationen und das geplante Camp zu verbieten - deshalb müssen wir umso stärker dagegenhalten und mit umso mehr Menschen nach Garmisch kommen. Wir werden uns auf dem Weg in eine solidarische Welt nicht aufhalten lassen!“). Hinzu kommt, dass die Gewaltbereitschaft eines erheblichen Teil, nämlich eines Drittels der Versammlungsteilnehmer hoch ist. Nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Bereich des Linksextremismus (vgl. Bundesverfassungsschutzbericht - BVerfSchBer - 2013, S. 137) ist zu konstatieren, dass die Hemmschwelle gegenüber Polizeibeamten in den letzten Jahren gesunken ist und von den Angreifern selbst nachhaltige Körperverletzungen gebilligt werden. Dies zeigen Ausschreitungen aus jüngerer Zeit wie zum Beispiel anlässlich der Eröffnung der Europäischen Zentralbank.

Demnach ist unglaubhaft, dass eine Blockade der B 2 nicht beabsichtigt ist. Dies wird von der Antragstellerin nicht einmal vorgetragen, sondern vielmehr behauptet, es sei wahrscheinlicher, dass die Durchfahrt von Rettungskräften durch die Versammlungsteilnehmer widerspruchslos und gerne ermöglicht werde. Abgesehen davon, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Gutwilligkeit im Rahmen der Interessenabwägung nicht genügen würde, um eine unmittelbare Gefährdung von Leben und körperlicher Unversehrtheit zu verneinen, ist dem Antragsgegner darin beizupflichten, dass eine Blockade der B 2 zwangsläufig eine unmittelbare Gefahr für die Rettungsstrecke zum Klinikum und dessen Hauptzufahrt herbeiführen würde. Denn ein einziger unwilliger Fahrer in einem Autokorso kann ausreichen, um die Durchfahrt eines Rettungsfahrzeugs für eine lebensgefährdende Zeitspanne zu verhindern. Ferner spricht vieles dafür, dass im Ernstfall den Fahrern, die sich ggf. an einer Blockade beteiligen, die Notwendigkeit der freien Durchfahrt für ein Fahrzeug nicht innerhalb der zur Rettung erforderlichen Frist kommuniziert werden könnte und sie deshalb ihren guten Willen gar nicht rechtzeitig in die Tat umsetzen können. Schließlich ist auf die in der Stellungnahme der Polizei vom 2. Juni 2015 (Seite 3) aufgeführten Vorfälle jüngeren Datums (Hungerstreik auf dem Rindermarkt in München im Jahr 2013, Einweihung der EZB im März 2015) zu verweisen, wo Demonstranten auch in Fällen von Lebensgefahr Rettungskräfte massiv behindert und angegriffen haben.

Auch muss es der Antragsgegner im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen dem Recht der Antragstellerin auf freie Meinungsäußerung und ihrer Versammlungsfreiheit, die auch das Interesse auf einen Beachtungserfolg nach ihren Vorstellungen schützt (vgl. BVerfG, B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 23), und dem verfassungsrechtlich geschützten Recht der Bundesrepublik Deutschland, den G 7-Gipfel störungsfrei durchzuführen, sowie dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Gipfelteilnehmer sowie anderer Personen, nicht hinnehmen, dass an- oder abreisende Personen blockadebedingt in ihren Fahrzeugen auf der Straße steckenbleiben. Im Hinblick auf den organisatorischen Aufwand eines umfangreichen Gipfeltreffens und der Vielzahl mitwirkender Personen ist nicht nur, wie die Antragstellerin meint, deren „Terminkalender“ gefährdet, sondern der störungsfreie Ablauf der Veranstaltung selbst. Auch würde durch eine zwischenzeitliche Fremdnutzung dieses Streckenabschnitts der B 2, der vor der Nutzung als Protokollstrecke polizeilich abgesucht und gesichert werden muss, erneut gefährdet werden. Das gilt im Hinblick auf potentielle Anschlagsgefahren auch, wenn es sich um gepanzerte Fahrzeuge handelt. Ferner muss, wie der Stellungnahme der Polizei vom 2. Juni 2015 (Seite 4) zu entnehmen ist, beim Transport von Staatsgästen aus Sicherheitsgründen eine gewisse Fahrgeschwindigkeit gewährleistet sein. Anders als die Antragstellerin wohl meint, hat das versammlungsrechtliche Erfordernis konkreter Anhaltspunkte für eine Gefahr zum Erlass von Beschränkungen nicht zur Folge, dass auf die polizeilichen Standardmaßnahmen zum Schutz von Staatsgästen beim Fehlen konkreter Anhaltspunkte für einen Anschlag auf ihr Leben verzichtet werden muss. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Einrichtung der der Abwehr vor allem abstrakter Gefahren für die Funktionsträger und Staatsgäste dienende Verbotszone 1 in Heiligendamm, die umfangreicher war als der in E. eingerichtete Sicherheitsbereich, verfassungsgerichtlich nicht beanstandet worden ist (vgl. BVerfG, B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 4, 30 f.). Schließlich ist ungeachtet eines erhöhten Schutzes durch besondere Transportfahrzeuge im Hinblick auf die Ausschreitungen in der jüngeren Vergangenheit und die vorhandene Gewaltbereitschaft im linksextremistischen Spektrum auch von einer konkreten Gefahr für Leben und körperlicher Unversehrtheit der in einer Blockade steckengebliebenen Personen auszugehen. Das hohe Polizeiaufgebot rund um den bevorstehenden G 7-Gipfel, das die Vielzahl von Versammlungen, die Anzahl der gewaltbereiten Teilnehmer und der Umfang des betroffenen Gebiets erforderlich machen, bietet im Falle der Blockade nicht ansatzweise einen ausreichenden Schutz für die gefährdeten hochrangigen Rechtsgüter.

Ferner ist nicht erkennbar, dass die in dem angegriffenen Bescheid festgelegte Halbierung der Fahrtstrecke von M. über die B 2 bis zur Einmündung der aus E. nach K. führenden ...straße den Beachtungserfolg des Autokorsos schmälert. Die Entfernung der Fahrtstrecke zum Tagungsort bleibt in etwa gleich, es befindet sich kein wesentlich anderes Publikum in M. als in G. und es ist davon auszugehen, dass auch die Presse dieser Veranstaltung nach wie vor dieselbe Aufmerksamkeit schenkt. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Versammlungsteilnehmer nicht völlig aus der Nähe der Protokollstrecke an der Bundesstraße verdrängt werden, als ihnen der Fahrradkorso gestattet worden ist. In Anbetracht der örtlichen Straßen- und Verkehrsverhältnisse und der Bedeutung der B 2 als eine öffentliche Straße im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG, die Teil eines zusammenhängenden Verkehrsnetzes sein soll und einem weiträumigen Verkehr zu dienen bestimmt ist, erweist sich auch die Festsetzung einer Höchstteilnehmerzahl von 25 Fahrzeugen, die der von der Antragstellerin angegebenen Teilnehmerzahl entspricht, im Interesse der Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs voraussichtlich als rechtmäßig.

Im Übrigen wird auf die Bescheidsgründe (Seite 55-59) Bezug genommen.

2. Auch was die versammlungsbehördlichen Streckenänderungen der Routen 4 und 5 anbetrifft, ist der angegriffene Bescheid aus den auf Seiten 66-76 dargelegten Gründen recht- und verhältnismäßig. Den Kammermitgliedern sind sowohl die ...straße von K. nach E. als auch die F-see-L-see-Straße von M. nach E., jeweils in ihrem gesamten Verlauf, sowie der aktuelle Straßenzustand bekannt. Die vom Antragsgegner ausführlich geschilderten örtlichen Verhältnisse und Besonderheiten entsprechen den Tatsachen. Das wird punktuell durch die vorgelegten Lichtbilder von Fahrversuchen belegt. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Darstellung seitens des Antragsgegners mit dem Ziel der Verhinderung der streitgegenständlichen Teilversammlungen erfolgt ist. Daher und aus den vom Landratsamt in der Stellungnahme vom 2. Juni 2015, der Polizei und den Rettungsdiensten, insbesondere der Stellungnahme des ... Roten Kreuzes vom 20. Mai 2014, vorgetragenen Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ist auch das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Einrichtung eines Ringverkehrs für den Rettungs- und Evakuierungsverkehr, d. h. eines ggf. ohne Gegenverkehr nutzbaren Straßensystems, zur Gewährleistung der Sicherheit der am Tagungsort versammelten rund 5.000 Personen und einer ausreichend gesicherten Protokollstrecke tatsächlich zwingend notwendig ist. Dasselbe gilt für die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit dieser beiden Straßen als Rettungs-, Evakuierungs- und Protokollstrecke, die unter Berücksichtigung der unter 1. dargestellten Blockadegefahr die von der Antragstellerin begehrte parallele Nutzung durch Versammlungsteilnehmer, sei es auch nur in Zweierreihen oder im Gänsemarsch, ausschließt. Auch für die sich zu Fuß fortbewegenden Versammlungsteilnehmer entsteht auf der ...straße bei ggf. mit hoher Geschwindigkeit fahrenden, teilweise überbreiten Fahrzeugen ein nicht hinnehmbares Verletzungsrisiko.

Damit waren auch die Hilfsanträge unter II.a. und II.b., mit denen die Antragstellerin die Freigabe nur einer dieser beiden Straßen für Versammlungszwecke begehrt, und die Hilfsanträge unter II.c. und II.d. abzulehnen, mit denen das Ziel verfolgt wird, die ...straße, wenn auch eingeschränkt hinsichtlich der Fortbewegungsmodalitäten, für Versammlungszwecke nutzen zu dürfen.

3. Dem Hilfsantrag II.e indes war unter der Auflage gem. § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO weitergehender versammlungsrechtlicher Beschränkungen durch den Antragsgegner zum Teil stattzugeben, weil die für eine unbegrenzte, sich in unkontrollierbarer Weise auf den Tagungsort zu bewegende Menschenmenge geltende Gefahrenprognose nicht das in der Verlegung der Versammlungsroute 4 enthaltene Verbot einer zahlenmäßig stark begrenzten, von individualisierbaren Teilnehmern veranstalteten Protestkundgebung in Hör- und Sichtweite des Tagungsortes in E. trägt. Andererseits kommt auch eine derart reduzierte sich fortbewegende Versammlung auf der ...straße aus denen unter 2.) aufgeführten Gründen nicht in Betracht, was einen fahrzeuggebundenen Personentransport an den Kundgebungsort notwendig macht. Weiter erfordert auch eine Protestkundgebung im Sicherheitsbereich weitere versammlungsrechtliche Beschränkungen zugunsten der öffentlichen Sicherheit.

Die Teilstattgabe des Antrags scheitert nicht bereits daran, dass eine Delegation nicht mehr als Versammlung qualifiziert werden könnte (vgl. Höfling in Sachs, GG, Art. 8 Rn. 15 f.). Überdies setzt sich die versammlungsrechtliche Veranstaltung „Sternmarsch“ aus mehreren, sich fortbewegenden Versammlungsteilen mit dem Tagungsort E. als Ziel zusammen, so dass sich eine Protestkundgebung mit einer fest bestimmten Teilnehmerzahl wie eine von mehreren Aktionen (z. B. Straßentheater) innerhalb einer größeren Versammlung darstellt. Bei der Protestkundgebung am Tagungsort handelt es sich auch nicht um ein Aliud zu der angezeigten Versammlung, sondern um einen abtrennbaren Abschnitt, der gesondert stattfinden kann. Da alle von den Veranstaltern des Sternmarsches angezeigten Fußstrecken in E. enden sollten, ist davon auszugehen, dass die Meinungskundgabe vor allem unmittelbar vor Ort erfolgen sollte. Dies aber ist durch die Verlegung der Versammlungsrouten 2 bis 5 durch den Antragsgegner verboten worden. Auch hiergegen richtet sich die erhobene Klage. Damit ist die Gestattung einer zahlenmäßig begrenzten Protestkundgebung vor Ort prozessual als Minus gegenüber dem weitergehenden Klageantrag II. zu werten, der auf Aufhebung der verfügten Streckenänderungen der Routen 4 und 5 zielt. Da die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auch teilweise angeordnet bzw. wiederhergestellt werden kann, ist nicht erforderlich, dass das Gericht eine von § 80 Abs. 5 VwGO nicht gedeckte Anordnung trifft. Nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO wird der Antragstellerin im Wege der Auflage aufgegeben, weitere versammlungsrechtliche Beschränkungen des Antragsgegners zu dulden, die dem Schutz von der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgütern dienen und zur Verwirklichung einer Protestkundgebung vor Ort notwendig sind. Nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO kann die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als auch deren Anordnung von einer Auflage abhängig gemacht werden, wenn der Antrag ansonsten abgelehnt werden müsste (Schoch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Erg.lfg. Oktober 2014, § 80 Rn. 436 f.). Davon ist hier auszugehen.

Was den durch die Streckenänderungen unterbundene Protestkundgebung in Hör- und Sichtweite des Tagungsortes angeht, hat sich das Gericht an der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung orientiert, wonach es nicht nur eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit bedeutet, wenn eine Versammlung verboten wird, sondern auch, wenn sie infolge von versammlungsbehördlichen Verfügungen und verwaltungsgerichtlichen Beschlüssen nur in einer Weise durchgeführt werden kann, die einem Verbot nahe kommt, etwa indem sie ihren spezifischen Charakter so verändert, dass die Verwirklichung des besonderen kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert wird (vgl. BVerfG, B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 20). Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt das Interesse des Veranstalters, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu dem symbolhaltigen Ort (BVerfG, a. a. O., Rn. 23). Weiter ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 - juris Rn. 91), dass an einem Versammlungsort mit einem besonderen Gefahrenpotential wie hier die Teilnehmerzahl einer Versammlung in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einer den örtlichen Gegebenheiten gerecht werdenden Weise begrenzt werden kann.

Vorliegend ist nicht erkennbar, dass eine Protestkundgebung von 50 Personen in der Nähe des Tagungsortes eine in überschaubarer Zeit nicht mehr zu bewältigende Massenblockade verursachen könnte, die eine unbegrenzte Menschenmenge allein durch ihre bloße Anwesenheit herbeiführen kann. Von wenigen Versammlungsteilnehmern etwa ausgehende Sicherheitsstörungen können durch ein noch vertretbares Aufgebot an Polizeikräften rasch unterbunden werden. Andererseits kommt, wie bereits dargelegt, im Hinblick auf den Rettungs-, Evakuierungs- und Protokollverkehr auf der (Maut-)Strecke E.-K. eine sich fortbewegende Versammlung hier nicht in Betracht. Dasselbe gilt für den inneren Sicherheitsbereich S 1. Denn es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner zum Schutz der Gipfelteilnehmer, vor allem der besonders gefährdeten Staatsgäste, und zur Gewährleistung eines störungsfreien Ablaufs der staatlichen Veranstaltung einen inneren Sicherheitsbereich (S 1) unmittelbar am Tagungsort eingerichtet hat, zu dem er keinem Versammlungsteilnehmer Zutritt gewährt (vgl. BVerfG, U. v. 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 - juris Rn. 106 zur Luftseite hinter den Sicherheitskontrollen am Flughafen und dem Bereich der Rollbänder). Ferner ist in Anbetracht des Umstandes, dass im erweiterten Sicherheitsbereich (S 2) jedermann einer Personenkontrolle unterzogen wird und unter Berücksichtigung der im Vorfeld bekannt gewordenen Absichten der Veranstalter und ihres Unterstützerkreises auch von unmittelbaren Sicherheitsgefahren auszugehen, denen nur durch weitere versammlungsbehördliche, hier nicht abschließend aufzuzählende Verfügungen begegnet werden kann. So ist den Versammlungsteilnehmern eine Aufstellfläche zuzuweisen, die den störungsfreien Ablauf des Gipfelgeschehens und den Schutz etwaiger sonstiger bedeutender Rechtsgüter, u. a. die Sicherheit des Flugverkehrs, gewährleistet. Weiter hat das Gericht in Rechnung gestellt, dass ungeachtet der großen Anzahl an vor Ort stationierter Sicherheitskräfte durch eine notwendige Begleitung der Versammlungsteilnehmer Polizeikräfte gebunden werden, denen im Rahmen des Gipfelgeschehens bestimmte notwendige Aufgaben zugewiesen sind. Deshalb hielte das Gericht eine noch anzuordnende zeitliche Beschränkung dieses Versammlungsteils für recht- und verhältnismäßig. Hinsichtlich der mitgeführten Kundgebungsmittel kommen Beschränkungen nach Maßgabe der Nummer 1.5 des Bescheides vom 28. Mai 2015 in Betracht. Diesbezüglich hielte das Gericht auch eine Beschränkung für recht- und verhältnismäßig, nach der die Versammlungsteilnehmer ähnlich behandelt werden wie die Pressevertreter, d. h. dass ihnen aufgegeben wird, den Versammlungsort in einem Fahrzeug zu erreichen. Desgleichen haben die Versammlungsteilnehmer beim Einlass in den Sicherheitsbereich dieselben Personenkontrollen hinzunehmen wie jedermann. Es bleibt den Beteiligten unbenommen, einzelne Modalitäten ggf. in einem Kooperationsgespräch zu klären.

4. Soweit sich die Klage gegen die Allgemeinverfügung vom 29. April 2015 richtet, ist sie voraussichtlich unbegründet, da nach deren Nummer 2 nicht nur den am G 7-Gipfel teilnehmenden Gästen und deren Begleitpersonen Zutritt zum Sicherheitsbereich gewährt wird, sondern auch weiteren Personen, die ein besonderes berechtigtes Interesse an dessen Betretung nachweisen können. Dieses Interesse kann sich auch aus Art. 8 GG ergeben, so dass einer Delegation von Versammlungsteilnehmern aufgrund des im Versammlungsrecht geltenden Konzentrationsgrundsatzes (BVerwG, U. v. 21. April 1989 - 7 C 50/88 - juris Rn. 15; OVG TH, B. v. 4. Juli 2013 - 2 EO 414/13 - juris Rn. 6 f.) eine Betretenserlaubnis zu erteilen ist, soweit keine überwiegenden öffentlichen Belange entgegenstehen. Im Übrigen verstößt die auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG gestützte Allgemeinverfügung, auf deren Gründe gem. § 117 Abs. 5 VwGO analog Bezug genommen wird, weder gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG noch Art. 7 Abs. 4 LStVG. Unter Freiheit der Person im Sinne der Grundrechtsbestimmung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgt (vgl. BayVGH, B. v. 18. Februar 1999 - 24 CS 98.3198 - juris Rn. 27), nur die körperliche Freiheit, die Freiheit vor Verhaftung, Festnahmen und ähnlichen Eingriffen zu verstehen (BVerwG, U. v. 22. Mai 1958 - I C 27.57 - juris Rn. 8), mit der Folge, dass vorübergehende oder zeitlich befristete Aufenthalts- und Betretungsverbote - wie das vorliegende - keine nach Art. 7 Abs. 4 LStVG unzulässige Einschränkung der Freiheit der Person darstellen (vgl. Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, 35. Erg.lfg. September 2014, Art. 7 Rn. 151 unter Verweis auf die Rspr. des BayVGH). Der Sicherheitsbereich betrifft hier lediglich einen durch Sicherheitsbelange und topographische Gegebenheiten gerechtfertigten, angemessenen Umgriff des Schlosses E. sowie die beiden Seiten der ...straße bis zur Mautstelle und ist auf die unerlässliche Dauer von etwas mehr als einer Woche beschränkt, die für die Vorbereitung einer umfangreichen internationalen Konferenz unerlässlich ist. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird durch Rechnung die Möglichkeit einer Zulassung auf Antrag getragen. Zur Differenzierung zwischen einem inneren und weitergehenden Sicherheitsbereich (S 1 und 2) wird auf die Ausführungen unter 3. verwiesen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (BayVGH, B. v. 10. April 2014 - 10 C 14.587 - juris Rn. 8 m. w. N.).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seines Ausschlusses als Versammlungsleiter der sog. Revolutionären 1. Mai-Demonstration in Karlsruhe im Jahr 2011.
Mit Schreiben vom 09.02.2011 zeigte der Kläger als Vertreter der Gruppe „Revolutionäres 1. Mai Bündnis Karlsruhe" die Durchführung einer öffentlichen Versammlung mit Aufzug am 01.05.2011 im Stadtgebiet der Beklagten an. Das Thema der Demonstration lautete „Gemeinsam. Organisiert. Kämpferisch. Soziale Revolution ist grenzenlos.". Die Versammlung, zu der 150 Teilnehmer erwartet wurden, sollte um 9.00 Uhr beginnen und nach einer Auftaktkundgebung am Friedrichsplatz über die Erbprinzenstraße und Waldstraße und von dort über die Kaiserstraße zum Marktplatz führen. Als Verantwortlicher im Sinne des Versammlungsgesetzes wurde der Kläger benannt.
In der der Beklagten übermittelten Erkenntnismitteilung des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 06.04.2011 hieß es zur Person des Klägers, dieser sei seit mehreren Jahren aktiver Angehöriger der örtlichen „Autonomen Antifa“ und dort als Führungsperson tätig. Seit März 2010 sei er örtlicher Vorsitzender der ... und seit März 2011 auch Landesvorsitzender dieser Organisation. Seit dem Jahr 2007 habe er Treffen, Veranstaltungen und Aktionen der linksextremistischen Szene in Karlsruhe organisiert bzw. koordiniert. Bei entsprechenden demonstrativen Aktionen, nicht nur in Karlsruhe, sei sein teilweise aggressiv kämpferisches, hasserfülltes Verhalten gegenüber Polizeibeamten aufgefallen. Am 01.05.2009 sei er bei demonstrativen „Gegenaktionen“ zu einer genehmigten NPD-Versammlung als Teilnehmer eines „schwarzen Blocks“ aufgefallen, wobei er vermummt agiert und die anwesenden Polizeibeamten lauthals mit den Worten „Hass, Hass wie noch nie“ und „all cops are bastards“ beschimpft und beleidigt habe. Das Amtsgericht Ulm habe ihn deshalb wegen eines Vergehens nach dem Versammlungsgesetz und wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Am 01.05.2010 sei er Anmelder und Leiter der teilweise gewalttätig verlaufenen revolutionären 1. Mai-Demonstration in Karlsruhe gewesen. Er sei hierbei weder in der Lage noch willens gewesen, seinen Pflichten als Versammlungsleiter verantwortungsbewusst nachzukommen. Beim Verlesen der Auflagen habe er wörtlich geäußert: „Den Auflagen der Polizei ist eventuell Folge zu leisten.“ Danach habe er sich verbessert. Beendet habe er seine Rede mit den Worten „Viel Spaß und lasst es krachen“. Als im Verlauf der Versammlung Transparente entrollt und so gehalten worden seien, dass sich einzelne Versammlungsteilnehmer dahinter verbergen konnten, sei dies vom Kläger unterbunden worden. Es seien jedoch immer wieder Transparente verknotet sowie vereinzelt Feuerwerkskörper gezündet worden. Als es zu Sitzblockaden auf den Straßenbahnschienen gekommen sei, seien Aufforderungen des Versammlungsleiters und der Ordner, die Gleise frei zu machen, erfolglos geblieben. Erst nach mehrfacher Aufforderung des Versammlungsleiters in Verbindung mit der Polizei seien die Gleise freigegeben worden, wobei wiederholt gegen Auflagen verstoßen worden sei (Vermummung, Mitführen von Glasflaschen). Das Amtsgericht Karlsruhe habe einen - noch nicht rechtskräftigen - Strafbefehl wegen eines Vergehens nach dem Versammlungsgesetz über 100 Tagessätze gegen den Kläger erlassen.
Zum Kreis der Versammlungsteilnehmer hieß es in der Erkenntnismitteilung, es sei davon auszugehen, dass die linksextremistische Szene aus Karlsruhe zusammentreffen werde. Weiter sei damit zu rechnen, dass anreisende Personen anderer linksextremistischer Gruppierungen teilnehmen würden. Ob die Teilnehmerzahl von 150 Personen realistisch sei, lasse sich nicht abschließend beurteilen. Bei der entsprechenden Versammlung im Vorjahr sei diese Zahl mit 500 bis 600 Teilnehmern weit übertroffen worden. Es sei davon auszugehen, dass es vor dem Hintergrund der starken Diskussion um die Begleitung des Demonstrationszugs durch Polizeikräfte 2010 zu vereinzelten oder koordinierten Provokationen kommen werde, um die Polizei zu entsprechendem Handeln zu zwingen. Möglich seien ähnliche Aktionen wie im Jahr 2010, insbesondere diverse Straftaten wie Beleidigung, Körperverletzung etc. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sei davon auszugehen, dass sich unter den Demonstrationsteilnehmern ein Anteil von maximal 25 % gewaltbereiten Personen befinde.
Am 20.04.2011 wurde ein Kooperationsgespräch mit dem Kläger geführt, bei dem auch die Frage der Versammlungsleitung erörtert wurde. In diesem Zusammenhang wurden dem Kläger die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz im Jahr 2009 sowie die Einleitung eines Strafverfahrens wegen gewalttätiger Vorfälle bei der Demonstration in Karlsruhe am 01.05.2010 vorgehalten.
Mit Verfügung vom 26.04.2011 untersagte die Beklagte dem Kläger die Übernahme der Funktion des Versammlungsleiters bei der für den 01.05.2011 angezeigten Versammlung sowie für jede Form von Ersatzveranstaltungen am 01.05.2011 in Karlsruhe (Nr. 1). Der Kläger wurde aufgefordert, bis spätestens Donnerstag, den 28.04.2011, 16.00 Uhr, einen neuen Versammlungsleiter zu benennen (Nr. 2). In Nummer 4 der Verfügung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei mit Blick auf die vom Polizeipräsidium Karlsruhe mitgeteilten Erkenntnisse im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht vertretbar, die Versammlung durch den Kläger als verantwortlichen Versammlungsleiter durchführen zu lassen. Im Rahmen des Kooperationsgesprächs habe der Kläger wider besseres Wissen angegeben, dass gegen ihn im Zusammenhang mit der Demonstration vom 01.05.2010 kein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Er habe auch keine Einsicht hinsichtlich eines möglichen Fehlverhaltens bei der Leitung der Versammlung am 01.05.2010 gezeigt. Vielmehr habe er erklärt, dass seitens der Teilnehmer keine Gewaltaktionen geplant gewesen und diese allein durch das Verhalten der Polizei herausgefordert worden seien. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt, weil nicht die Versammlung verboten, sondern nur der Versammlungsleiter abgelehnt werde. Nur durch den Einsatz eines geeigneten Versammlungsleiters, der die entsprechenden Auflagen verantwortungsvoll durchsetzen könne, könnten die bestehenden Befürchtungen bezüglich drohender Delikte wie Beleidigungen, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen oder auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ausgeräumt werden.
Am 29.04.2011 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 26.04.2011 Widerspruch ein und benannte einen neuen Versammlungsleiter.
Am 30.05.2011 erhob der Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Die Benennung eines neuen Versammlungsleiters sei nur erfolgt, um die Durchführung der Demonstration nicht zu gefährden. Er habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, da nicht sichergestellt sei, dass er bei künftigen Anmeldungen einer Demonstration nicht erneut als Versammlungsleiter ausgeschlossen werde. Die Voraussetzungen des § 15 VersammlG für seinen Ausschluss als Versammlungsleiter hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass von der angemeldeten Versammlung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Zwar könne diese Gefahr auch vom Versammlungsleiter ausgehen. Nach den von der Beklagten genannten Anhaltspunkten sei jedoch eine in seiner Person begründete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht ersichtlich gewesen. Die Beklagte habe dazu vorgetragen, dass er in der Vergangenheit als Mitglied der linksextremistischen Szene in Karlsruhe aufgefallen sei, ohne dies näher zu konkretisieren. Außerdem werde auf die Verurteilung bezüglich einer Demonstrationsteilnahme am 01.05.2009 in Ulm verwiesen. Dieser Vorgang stelle sich heute völlig anders dar. Die Einkesselung durch die Polizei, die zu Gegenreaktionen der Demonstranten geführt habe, sei zwischenzeitlich durch rechtskräftige Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (Urt. v. 29.11.2010 - 1 K 3643/09 - juris) als rechtswidrig eingestuft worden. Unabhängig davon habe er an der Demonstration weder als Teilnehmer eines sog. schwarzen Blocks teilgenommen noch die ihm vorgeworfenen Straftaten begangen. Aus Kostengründen habe er sich damals nicht gegen den Strafbefehl zur Wehr gesetzt. Jedenfalls habe seine Verurteilung nicht dazu geführt, dass er im Jahr 2010 als ungeeignet für die Leitung einer Versammlung eingestuft worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei jedenfalls davon ausgegangen worden, dass er die erforderliche Durchsetzungskraft habe und sich auch im Hinblick auf beschränkende Verfügungen der Behörde Geltung bei den Demonstrationsteilnehmern verschaffen könne. Die Vorwürfe, die gegen ihn hinsichtlich der Demonstrationsleitung am 1. Mai 2010 vorgebracht würden, seien unberechtigt. Es verbiete sich, alle Vorkommnisse, die durch Teilnehmer von De-monstrationen verursacht würden, dem Versammlungsleiter anzulasten. Dieser habe zwar die Funktion, auf Teilnehmer der Versammlung einzuwirken, und an der störungsfreien Durchführung der Veranstaltung mitzuwirken. Es liege jedoch nicht in seiner Macht, jede aus der Versammlung hervorgehende Störung auszuschließen. Die Versammlung am 01.05.2010 sei unstreitig friedlich verlaufen. Der Kläger habe den Versammlungsteilnehmern die Auflagen in geeigneter Weise vorgetragen, ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt um Auflagen gehandelt habe und ob die Auflagen in dieser Form überhaupt zulässig gewesen seien. Er habe jeweils eingegriffen, wenn ihm Verstöße gegen Auflagen gemeldet worden seien oder wenn Transparente verknotet gewesen seien. Es treffe nicht zu, dass Transparente unzulässig mit Haltestöcken verstärkt worden seien. Ihm sei auch nicht bekannt, dass ein Lied mit beleidigendem Inhalt abgespielt worden sei. Eine ihm zurechenbare Blockade habe es ebenfalls nicht gegeben. Vielmehr sei die Versammlung grundlos in Polizeispalier genommen worden. Weil sich ein Großteil der Teilnehmer dadurch im Recht auf Versammlungsfreiheit beeinträchtigt gesehen habe, habe er die Versammlung mehrfach unterbrechen müssen und erst nach Gesprächen mit der Polizeieinsatzleitung weiterführen können. Er habe sehr besonnen gehandelt, um einen friedlichen Verlauf der Versammlung zu gewährleisten, was ihm auch gelungen sei. Nachdem die Polizei die Demonstration in versammlungsfeindlicher Weise als mobilen Polizeikessel gestaltet habe und damit das Ziel, die Bevölkerung anzusprechen, nicht habe erreicht werden können, habe er die Versammlung nach einer kurzen Abschlusskundgebung aufgelöst. Die Ausführungen der Beklagten könnten seinen Ausschluss als Versammlungsleiter nicht rechtfertigen. Es ergebe sich keine Konkretisierung der behaupteten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, und es würden überzogene Anforderungen an den Versammlungsleiter gestellt, die mit Art. 8 GG nicht vereinbar seien.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, der Kläger sei aus einer Vielzahl von Gründen als Versammlungsleiter abzulehnen gewesen. Er sei vom Amtsgericht Ulm wegen Beleidigung und wegen eines Vergehens nach dem Versammlungsgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden. Anlässlich der Demonstration am 01.05.2010, bei der er als Versammlungsleiter bestellt gewesen sei, habe sich erwiesen, dass er nicht in der Lage gewesen sei, den damit verbundenen Auflagen in ausreichender Weise nachzukommen. So habe er gegenüber den Versammlungsteilnehmern geäußert, „den Auflagen der Polizei sei eventuell Folge zu leisten" und „viel Spaß und lasst es krachen". Damals sei eine Vielzahl von Auflagen der Versammlungsbehörde missachtet worden. So seien Transparente miteinander verknotet und Feuerwerkskörper gezündet worden. Es sei von ca. 50 bis 60 Personen eine Sitzblockade auf Straßenbahngleisen durchgeführt worden, was dazu geführt habe, dass die Veranstaltung für beendet erklärt worden sei. Durch diese Vorkommnisse sei unter Beweis gestellt, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt als Versammlungsleiter ungeeignet gewesen sei. Bei dem Kooperationsgespräch am 20.04.2011 sei es auch um die damalige Versammlung und das Verhalten des Klägers gegangen. Dieser habe sich sehr uneinsichtig gezeigt. Über verschiedene Geschehnisse sei er nicht informiert gewesen und er habe die Verantwortung für die Eskalation ausschließlich bei der Polizei gesucht. Hinsichtlich der geplanten Demonstration am 01.05.2011 habe er nicht aufzeigen können, wie ähnliche Gewalttaten wie im Vorjahr vermieden werden könnten. Die Versammlungsbehörde sei daher aufgrund des Verlaufs des Kooperationsgesprächs zu dem Ergebnis gekommen, dass er nicht geeignet sei, den Aufgaben eines Versammlungsleiters nachzukommen. Da anzunehmen gewesen sei, dass die Versammlung mit einem anderen Versammlungsleiter ordnungsgemäß durchgeführt werden könne, sei der Kläger als Versammlungsleiter abgelehnt worden.
10 
Mit Urteil vom 25.10.2011 - 1 Cs 570 Js 20276/10 - verurteilte das Amtsgericht Karlsruhe den Kläger hinsichtlich der Vorkommnisse am 01.05.2010 wegen abweichender Durchführung einer Versammlung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen versammlungsrechtliche Auflagen in vier tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Das Landgericht Karlsruhe stellte das Verfahren in der Hauptverhandlung über die vom Kläger und von der Staatsanwaltschaft eingelegten Berufungen mit Beschluss vom 16.07.2014 gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, weil die Strafe, zu der die Verfolgung führen könne, neben der Strafe, die gegen den Kläger durch Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24.08.2011 - 332 Js 39669/11 - verhängt worden sei, nicht beträchtlich ins Gewicht falle.
11 
Mit Urteil vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Nummern 1 und 2 der Verfügung der Beklagten vom 26.04.2011 rechtswidrig gewesen seien. Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Der Kläger beabsichtige, auch in Zukunft wieder als Versammlungsleiter im Stadtgebiet der Beklagten aufzutreten. Auch sei davon auszugehen, dass die Beklagte ihn dann erneut als ungeeignet für die Leitung von Versammlungen ansehen würde. Die Klage sei auch begründet. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG für die gegenüber dem Kläger ergangene versammlungsbeschränkende Verfügung hätten nicht vorgelegen. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass die Durchführung der Versammlung mit dem Kläger als Versammlungsleiter zu einer unmittelbaren Gefährdung der durch § 15 Abs. 1 VersammlG geschützten Rechtsgüter geführt hätte.
12 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.02.2013 zugelassenen Berufung trägt die Beklagte unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens vor, die Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht Ulm, die Vorkommnisse bei der Demonstration am 01.05.2010 und das Verhalten des Klägers beim Kooperationsgespräch hätten schon für sich genommen, jedenfalls aber in der Gesamtschau seine Ablehnung als Versammlungsleiter gerechtfertigt.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr sei auch deshalb gegeben, weil davon auszugehen sei, dass die Beklagte ihre Ungeeignetheitsprognose an andere Versammlungsbehörden übermittle und er dann, wenn er möglicherweise dort als Versammlungsleiter auftreten wolle, ebenfalls als unzuverlässig abgelehnt werde. Er sei zudem in seinem Persönlichkeitsrecht und seiner Ehre betroffen, weil er zu Unrecht als Linksextremist abgestempelt und ihm auf unzutreffender Tatsachengrundlage die Eignung als Versammlungsleiter abgesprochen worden sei. Die von der Beklagten getroffene Gefahrprognose sei insgesamt nicht tragfähig. Es sei der Beklagten nicht gelungen, eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch ihn als Versammlungsleiter nachzuweisen. In der streitgegenständlichen Verfügung würden keinerlei Ausführungen zu aktuellen Erkenntnissen bezüglich der geplanten Demonstration gemacht. Am 01.05.2010 habe es kein vorwerfbares Verhalten des Klägers gegeben. Die Beklagte behaupte letztlich, dass der Kläger als Versammlungsleiter fungiere, führe als solches bereits zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Es fehlten jedoch jegliche Ausführungen zum Wechselverhältnis zwischen der Tätigkeit des Versammlungsleiters und dem vermuteten Demonstrationsverlauf unter Berücksichtigung von Zielsetzung, Teilnehmerzusammensetzung, Teilnehmerzahl, Verlaufsmöglichkeiten aufgrund der angesetzten Zeit und dem geplanten Ablauf der Demonstration.
18 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte der Kläger auf Fragen des Vorsitzenden, er sei nicht mehr Landesvorsitzender der ... - ...... und in Karlsruhe nicht mehr politisch aktiv. Die Anschrift in ... sei sein einziger Wohnsitz. Auf Nachfrage des Berichterstatters, wo er in den Jahren 2012, 2013 und 2014 den 1. Mai verbracht habe, gab er an, er habe jeweils als einfacher Teilnehmer an der Mai-Demonstration in Karlsruhe teilgenommen. Er habe dies mit einem Besuch bei seinen Eltern verbunden, die noch in Karlsruhe lebten. Als Anmelder einer Versammlung oder Versammlungsleiter sei er allerdings nicht mehr aufgetreten. Er habe dies damals in seiner Funktion als Ortsvorsitzender der ... gemacht. Dass er zunächst auf die entsprechende Frage des Vorsitzenden weitere politische Aktivitäten in Karlsruhe nach seinem Umzug nach ... allgemein verneint habe, liege daran, dass er diese Frage nicht dahingehend verstanden habe, dass sie auf die Teilnahme an Demonstrationen ziele. Er habe jugendpolitische Arbeit im Kreisjugendring, Parteiversammlungen u. ä. vor Augen gehabt, als er weitere politische Aktivitäten in Karlsruhe pauschal verneint habe. Der im Einstellungsbeschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 erwähnte Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt habe keinen versammlungsrechtlichen Bezug. Die Demonstration am 01.05.2010 habe er vorzeitig aufgelöst, weil sich infolge des Verhaltens der Polizei, insbesondere des Polizeispaliers, unter den Teilnehmern eine aggressive Stimmung verbreitet habe und er die weitere Verantwortung für die Versammlung nicht mehr habe tragen wollen. Was nach der Auflösung passiert sei, habe er nicht mehr mitbekommen. Er sei dann in der Stadt einen Kaffee trinken gegangen. Bei der Verlesung der Auflagen zu Beginn der Versammlung habe er sich versprochen; es sei nicht seine Absicht gewesen, die Stimmung aufzuheizen. Er habe auch noch keinerlei Erfahrung als Versammlungsleiter gehabt.
19 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten, die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und die beigezogenen Strafakten des Amtsgerichts Ulm - 25 Js 14411/09 - und des Landgerichts Karlsruhe - 8 Ns 570 Js 20276/10 - vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar hat die Beklagte keinen ausdrücklichen Berufungsantrag formuliert, doch wird aus der fristgemäß eingereichten Berufungsbegründung das Ziel der Berufung deutlich, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Damit ist den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO Genüge getan (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 a Rn. 30 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.05.2013 - 10 S 281/12 - NJW 2013, 2045 ).
II.
21 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die Nummern 1 und 2 der Verfügung der Beklagten vom 26.04.2011 rechtswidrig gewesen sind. Die Klage ist unzulässig (1.), weil es in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431 m.w.N.) an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt. Zudem wäre die Klage auch unbegründet gewesen (2.).
22 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen - mit Ausnahme des Feststellungsinteresses (b) - liegen vor (a).
23 
a) Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - VBlBW 2014, 147 m.w.N.). Es bedurfte auch nicht der Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.). Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurt. v. 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - ESVGH 61, 65 = DVBl 2010, 1569 m.w.N.).
24 
b) Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger sich nicht auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts berufen kann.
25 
Die Anforderungen an das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.> und Urt. v. 28.03.2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 <76> Rn. 15; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.), wobei die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen sind. Nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit begründet ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht nur dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt (aa), wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht (bb) oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (cc; vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Senatsurt. v.06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O.).
26 
aa) Die Ablehnung des Klägers als Versammlungsleiter stellt keine schwere Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit dar.
27 
Die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer Demokratie gebietet stets die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Eine weitere Gewichtung eines solchen Grundrechtseingriffs, etwa im Hinblick auf den spezifischen Anlass oder die Größe der Versammlung, ist dem Staat verwehrt. Ebenso bedarf in einem derartigen Fall keiner Klärung, ob eine fortwirkende Beeinträchtigung im grundrechtlich geschützten Bereich gegeben ist. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist ebenso zu bejahen, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von versammlungsbehördlichen Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG, von verwaltungsgerichtlichen Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO oder von verfassungsgerichtlichen Maßgaben nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in einer Weise, die ihren spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 89 ).
28 
Daran gemessen führte der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter nicht zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Die Versammlung konnte wie geplant stattfinden, wenn auch mit einem anderen Versammlungsleiter. Auch der Kläger durfte an der Versammlung teilnehmen, ihm wurde lediglich die Ausübung der Funktion des Versammlungsleiters untersagt. Dass die Person des Versammlungsleiters für die Verwirklichung des kommunikativen Anliegens der Versammlung von Bedeutung gewesen wäre, wird nicht geltend gemacht. Dafür sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, nachdem der Kläger bei der Demonstration am 01.05.2010 über die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Versammlungsleiter hinausgehend nicht in Erscheinung getreten war.
29 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es auch an einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
30 
Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt grundsätzlich zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S.90; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurt. v. 02.08.2012 - 1 S 618/12 - VBlBW 2012, 473; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O. S. 406 ).
31 
Da es vorliegend um den Ausschluss als Versammlungsleiter geht, setzt die Wiederholungsgefahr den Willen des Klägers voraus, in Zukunft im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als Leiter vergleichbarer Versammlungen in Erscheinung zu treten. Ein solcher Wille ist unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht erkennbar. Der Kläger, der seit einigen Jahren seinen Lebensmittelpunkt in ... hat, hat erklärt, dass sein Auftreten als Anmelder und als vorgesehener Versammlungsleiter bei den 1. Mai-Demonstrationen 2010 und 2011 mit den politischen Funktionen zusammenhing, die er damals in Karlsruhe ausübte. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 hat er den 1. Mai-Kundgebungen in Karlsruhe auch nach eigenem Bekunden lediglich als einfacher Teilnehmer beigewohnt. Eine Absicht, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten künftig wieder als Versammlungsleiter in Erscheinung treten zu wollen, hat er nicht geäußert.
32 
Eine Absicht, in ... oder anderswo als Versammlungsleiter auftreten zu wollen, hat der Kläger ebenfalls nicht erkennen lassen. Sie wäre entgegen der Auffassung seiner Prozessbevollmächtigten auch nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, weil auf der Seite der Beklagten erforderlich ist, dass „die Behörde“, d.h. die Behörde, deren Verfügung im Streit steht, voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten und erneut in gleicher Weise agieren wird. Über die mögliche Rechtsauffassung anderer Versammlungsbehörden kann bloß spekuliert werden. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Beklagte ihre Erkenntnisse über den Kläger, die aus den Jahren 2009 bis 2011 stammen, anderen Versammlungsbehörden übermittelt, so wären diese im Übrigen schon aufgrund der verstrichenen Zeit sowie im Lichte etwaiger neuerer Erkenntnisse neu zu bewerten.
33 
cc) Schließlich kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht unter dem Aspekt der Rehabilitierung bejaht werden.
34 
Ein Rehabilitierungsinteresse ist im Fall der Erledigung einer Maßnahme anzunehmen, wenn die begehrte Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, als "Genugtuung" oder zur Rehabilitierung erforderlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigte. Auch in versammlungsrechtlichen Streitigkeiten sind Begründungen für beschränkende Maßnahmen vorstellbar, die diskriminierend wirken können, insbesondere Ausführungen über die Persönlichkeit des Veranstalters oder zu seinem erwarteten kriminellen Verhalten auf Versammlungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 92 m.w.N.). Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht für die Bejahung eines Rehabilitierungsinteresses allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, jedoch nicht automatisch aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne oder - wie hier - dem Ausschluss als Versammlungsleiter aufgrund einer Gefahrenprognose nach § 15 VersammlG folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O. m.w.N.; Senatsurt. v. 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - DVBl 2011, 1305 ).
35 
Daran gemessen ist hier ein Rehabilitierungsinteresse zu verneinen. Die angegriffene Anordnung hatte keine persönlichkeitsbeeinträchtigende Wirkung. Die vom Kläger angemeldete Versammlung konnte wie geplant und auch von ihm nach außen kommuniziert stattfinden. Es ist nicht erkennbar, dass der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter oder gar die hierfür maßgeblichen Gründe von der Beklagten selbst oder auf ihre Veranlassung publik gemacht worden wären. Der streitgegenständliche Bescheid war allein an den Kläger gerichtet und daher nicht geeignet, sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
36 
2. Die Klage wäre auch nicht begründet gewesen. Der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter war rechtmäßig und verletzte ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
37 
a) Nach der gemäß § 18 Abs. 1 VersammlG auch für Versammlungen unter freiem Himmel anwendbaren Vorschrift des § 7 Abs. 1 VersammlG muss jede öffentliche Versammlung einen Leiter haben. Dieser bestimmt den Ablauf der Versammlung, und er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen (§ 8 Satz 1 und 2 VersammlG); bei Aufzügen hat er nach § 19 Abs. 1 VersammlG für den ordnungsgemäßen Ablauf zu sorgen. Darüber hinaus sind im Versammlungsgesetz keine weiteren Anforderungen an die Person des Versammlungsleiters formuliert. Es ergibt sich aber aus der ihm übertragenen Verantwortung und Organisationsgewalt, dass er dem Friedlichkeitsgebot der Versammlungsfreiheit entsprechen muss. Insbesondere muss er geeignet sein, die ihm übertragenen Aufgaben selbstverantwortlich zu erfüllen. Er muss zuverlässig und nach seiner Reife und seinem persönlichen Vermögen imstande sein, den ordnungsgemäßen Verlauf der von ihm geleiteten Versammlung sicherzustellen. Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung der als Leiter vorgesehenen Person müssen durch Tatsachen belegbar sein (vgl. Die- tel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rn. 8 m.w.N.).
38 
b) Allerdings vermögen mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Versammlungsgesetz durch Tatsachen belegte Zuverlässigkeits- und Eignungszweifel für sich genommen die Ablehnung einer Person als Versammlungsleiter nicht zu rechtfertigen. Vielmehr kommt - wie die Beklagte zutreffend erkannt hat - ein präventiver Ausschluss einer Person als Versammlungsleiter nur auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG in Betracht. Nach dieser Vorschrift dürfen versammlungsbeschränkende Maßnahmen nur ergriffen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung ohne Erlass der betreffenden Verfügung unmittelbar gefährdet ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen, deren Beschränkung für Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG ausdrücklich zulässig ist. Voraussetzung einer das Versammlungsrecht beschränkenden Verfügung ist eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - BVerfGE 69, 315 [Brokdorf II]). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1998, 834; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - BVerfGK 13, 82). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, die grundsätzlich der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine das Versammlungsrecht beschränkende Verfügung darf nur ergehen, wenn bei verständiger Würdigung sämtlicher erkennbarer Umstände die Durchführung der Versammlung so wie geplant mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verursacht (Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. ; Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008, 987 m.w.N.).
39 
Bei der Prognose ist die ex ante-Sicht und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Versammlungsbehörde im Anschluss an ihre Entscheidung gewinnt: War das Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr im Zeitpunkt der Entscheidung über die einschränkende Verfügung objektiv wahrscheinlich, bleibt diese auch dann rechtmäßig, wenn sich die Prognose aufgrund von sich später ergebenden Erkenntnissen als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine unmittelbare Gefahr nicht - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - mit Tatsachen begründet werden, die erst im Anschluss an den Erlass der versammlungsrechtlichen Verfügung bekannt werden.
40 
c) Hier erweist sich die von der Beklagten getroffene Gefahrprognose, die sich in erster Linie auf die Erkenntnismitteilung des Polizeipräsidiums vom 06.04.2011 und die bei dem Kooperationsgespräch am 20.04.2011 gewonnenen Erkenntnisse gestützt hat, als tragfähig. Es waren erkennbare Umstände, d.h. Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten gegeben, die die Prognose rechtfertigten, dass bei Durchführung der Versammlung mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.
41 
In der angefochtenen Verfügung kommt - wenn auch knapp und teilweise nur indirekt - hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte sich nicht nur die vom Polizeipräsidium über den Kläger mitgeteilten Erkenntnisse, sondern auch die maßgeblich auf die Erfahrungen des Vorjahres gestützten Erkenntnisse über den Teilnehmerkreis der geplanten Versammlung und das insgesamt von der Versammlung ausgehende Gefahrenpotential zu eigen macht. Dass die Beklagte vergleichbare Rechtsverletzungen wie im Vorjahr befürchtete, wird etwa auf S. 4 unten des Bescheides bei den Ausführungen zum Verhalten des Klägers bei dem Kooperationsgespräch deutlich, in dem es u.a. darum ging, von dem Kläger zu erfahren, welche Maßnahmen er zur Vermeidung ähnlicher Geschehnisse anlässlich der diesjährigen Versammlung ergreifen wolle.
42 
Ob und in welchem Ausmaß das prognostizierte Gefahrenpotential sich realisieren und es aus der angemeldeten Versammlung heraus zur Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten kommen würde, hing vorliegend nach der ex ante-Prognose maßgeblich von der Person des Versammlungsleiters und von dessen Zuverlässigkeit bzw. Eignung ab. Die Beklagte hat auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zutreffend prognostiziert, dass mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet wäre.
43 
Entscheidende Bedeutung kam dem Verhalten des Klägers beim Verlesen der Auflagen zu Beginn der Versammlung am 1. Mai 2010 zu, durch das er - ob beabsichtigt oder nicht - die Stimmung unter den Versammlungsteilnehmern anheizte, was mit dazu beigetragen haben dürfte, dass es von Beginn an zu massiven Verstößen gegen die unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügten und damit ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit zu beachtenden Auflagen kam. Zwar kooperierte der Kläger dann im weiteren Verlauf der Versammlung mit der Polizei und bemühte sich auch, gegen Auflagen- bzw. Gesetzesverstöße einzuschreiten, doch blieb er mit diesen Bemühungen weitgehend erfolglos, so dass er schließlich keinen anderen Ausweg sah, als sich der weiteren Verantwortung durch vorzeitige Auflösung der Versammlung zu entledigen. Dieses Verhalten durfte für die Gefahrprognose bezüglich der hinsichtlich Zielsetzung und Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartigen 1. Mai-Demonstration im Jahr 2011 herangezogen werden, weil es keinerlei Hinweise gab, dass der damals als Versammlungsleiter noch unerfahrene Kläger zwischenzeitlich einen Lernprozess durchlaufen und sein Verhalten kritisch reflektiert hätte. In dem mit ihm geführten Kooperationsgespräch zeigte er keinerlei Einsicht in eigenes Fehlverhalten und suchte die Verantwortung für die Eskalation der 1. Mai-Demonstration 2010 ausschließlich bei der Polizei. Zudem stellte er in Abrede, dass gegen ihn wegen der Vorkommnisse im Vorjahr ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Zwar besteht keine Rechtspflicht zur Kooperation und ist es der Versammlungsbehörde daher verwehrt, allein aus der Weigerung eines Veranstalters zur Teilnahme an einem vorbereitenden Kooperationsgespräch negative Schlüsse zu ziehen (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 01.03.2002 - 1 BvQ 5/02 - NVwZ 2002, 982). Nimmt ein Veranstalter aber - wie hier - freiwillig an einem Kooperationsgespräch teil, können die dabei gewonnenen Erkenntnisse selbstverständlich verwertet werden. Die Beklagte durfte daher auch berücksichtigen, dass der Kläger, obwohl er die Gefahr von Rechtsverstößen bei der von ihm angemeldeten Versammlung kannte oder jedenfalls hätte kennen müssen, keine Veranlassung sah, Vorkehrungen zur Eindämmung dieser Gefahr zu treffen (vgl. hierzu Senats-beschl. v. 18.06.1999 - 1 S 1464/99 - VBlBW 1999, 462). Als weiteren Mosaikstein durfte die Beklagte schließlich die Verurteilung durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Ulm heranziehen, die den Schluss erlaubte, dass der Kläger nicht die Gewähr dafür bietet, in - zu erwartenden - kritischen Situationen deeskalierend zu wirken.
III.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss vom 27. Januar 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar hat die Beklagte keinen ausdrücklichen Berufungsantrag formuliert, doch wird aus der fristgemäß eingereichten Berufungsbegründung das Ziel der Berufung deutlich, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Damit ist den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO Genüge getan (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 a Rn. 30 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.05.2013 - 10 S 281/12 - NJW 2013, 2045 ).
II.
21 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die Nummern 1 und 2 der Verfügung der Beklagten vom 26.04.2011 rechtswidrig gewesen sind. Die Klage ist unzulässig (1.), weil es in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431 m.w.N.) an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt. Zudem wäre die Klage auch unbegründet gewesen (2.).
22 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen - mit Ausnahme des Feststellungsinteresses (b) - liegen vor (a).
23 
a) Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - VBlBW 2014, 147 m.w.N.). Es bedurfte auch nicht der Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.). Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurt. v. 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - ESVGH 61, 65 = DVBl 2010, 1569 m.w.N.).
24 
b) Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger sich nicht auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts berufen kann.
25 
Die Anforderungen an das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.> und Urt. v. 28.03.2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 <76> Rn. 15; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.), wobei die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen sind. Nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit begründet ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht nur dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt (aa), wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht (bb) oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (cc; vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Senatsurt. v.06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O.).
26 
aa) Die Ablehnung des Klägers als Versammlungsleiter stellt keine schwere Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit dar.
27 
Die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer Demokratie gebietet stets die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Eine weitere Gewichtung eines solchen Grundrechtseingriffs, etwa im Hinblick auf den spezifischen Anlass oder die Größe der Versammlung, ist dem Staat verwehrt. Ebenso bedarf in einem derartigen Fall keiner Klärung, ob eine fortwirkende Beeinträchtigung im grundrechtlich geschützten Bereich gegeben ist. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist ebenso zu bejahen, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von versammlungsbehördlichen Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG, von verwaltungsgerichtlichen Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO oder von verfassungsgerichtlichen Maßgaben nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in einer Weise, die ihren spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 89 ).
28 
Daran gemessen führte der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter nicht zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Die Versammlung konnte wie geplant stattfinden, wenn auch mit einem anderen Versammlungsleiter. Auch der Kläger durfte an der Versammlung teilnehmen, ihm wurde lediglich die Ausübung der Funktion des Versammlungsleiters untersagt. Dass die Person des Versammlungsleiters für die Verwirklichung des kommunikativen Anliegens der Versammlung von Bedeutung gewesen wäre, wird nicht geltend gemacht. Dafür sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, nachdem der Kläger bei der Demonstration am 01.05.2010 über die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Versammlungsleiter hinausgehend nicht in Erscheinung getreten war.
29 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es auch an einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
30 
Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt grundsätzlich zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S.90; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurt. v. 02.08.2012 - 1 S 618/12 - VBlBW 2012, 473; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O. S. 406 ).
31 
Da es vorliegend um den Ausschluss als Versammlungsleiter geht, setzt die Wiederholungsgefahr den Willen des Klägers voraus, in Zukunft im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als Leiter vergleichbarer Versammlungen in Erscheinung zu treten. Ein solcher Wille ist unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht erkennbar. Der Kläger, der seit einigen Jahren seinen Lebensmittelpunkt in ... hat, hat erklärt, dass sein Auftreten als Anmelder und als vorgesehener Versammlungsleiter bei den 1. Mai-Demonstrationen 2010 und 2011 mit den politischen Funktionen zusammenhing, die er damals in Karlsruhe ausübte. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 hat er den 1. Mai-Kundgebungen in Karlsruhe auch nach eigenem Bekunden lediglich als einfacher Teilnehmer beigewohnt. Eine Absicht, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten künftig wieder als Versammlungsleiter in Erscheinung treten zu wollen, hat er nicht geäußert.
32 
Eine Absicht, in ... oder anderswo als Versammlungsleiter auftreten zu wollen, hat der Kläger ebenfalls nicht erkennen lassen. Sie wäre entgegen der Auffassung seiner Prozessbevollmächtigten auch nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, weil auf der Seite der Beklagten erforderlich ist, dass „die Behörde“, d.h. die Behörde, deren Verfügung im Streit steht, voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten und erneut in gleicher Weise agieren wird. Über die mögliche Rechtsauffassung anderer Versammlungsbehörden kann bloß spekuliert werden. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Beklagte ihre Erkenntnisse über den Kläger, die aus den Jahren 2009 bis 2011 stammen, anderen Versammlungsbehörden übermittelt, so wären diese im Übrigen schon aufgrund der verstrichenen Zeit sowie im Lichte etwaiger neuerer Erkenntnisse neu zu bewerten.
33 
cc) Schließlich kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht unter dem Aspekt der Rehabilitierung bejaht werden.
34 
Ein Rehabilitierungsinteresse ist im Fall der Erledigung einer Maßnahme anzunehmen, wenn die begehrte Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, als "Genugtuung" oder zur Rehabilitierung erforderlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigte. Auch in versammlungsrechtlichen Streitigkeiten sind Begründungen für beschränkende Maßnahmen vorstellbar, die diskriminierend wirken können, insbesondere Ausführungen über die Persönlichkeit des Veranstalters oder zu seinem erwarteten kriminellen Verhalten auf Versammlungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 92 m.w.N.). Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht für die Bejahung eines Rehabilitierungsinteresses allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, jedoch nicht automatisch aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne oder - wie hier - dem Ausschluss als Versammlungsleiter aufgrund einer Gefahrenprognose nach § 15 VersammlG folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O. m.w.N.; Senatsurt. v. 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - DVBl 2011, 1305 ).
35 
Daran gemessen ist hier ein Rehabilitierungsinteresse zu verneinen. Die angegriffene Anordnung hatte keine persönlichkeitsbeeinträchtigende Wirkung. Die vom Kläger angemeldete Versammlung konnte wie geplant und auch von ihm nach außen kommuniziert stattfinden. Es ist nicht erkennbar, dass der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter oder gar die hierfür maßgeblichen Gründe von der Beklagten selbst oder auf ihre Veranlassung publik gemacht worden wären. Der streitgegenständliche Bescheid war allein an den Kläger gerichtet und daher nicht geeignet, sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
36 
2. Die Klage wäre auch nicht begründet gewesen. Der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter war rechtmäßig und verletzte ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
37 
a) Nach der gemäß § 18 Abs. 1 VersammlG auch für Versammlungen unter freiem Himmel anwendbaren Vorschrift des § 7 Abs. 1 VersammlG muss jede öffentliche Versammlung einen Leiter haben. Dieser bestimmt den Ablauf der Versammlung, und er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen (§ 8 Satz 1 und 2 VersammlG); bei Aufzügen hat er nach § 19 Abs. 1 VersammlG für den ordnungsgemäßen Ablauf zu sorgen. Darüber hinaus sind im Versammlungsgesetz keine weiteren Anforderungen an die Person des Versammlungsleiters formuliert. Es ergibt sich aber aus der ihm übertragenen Verantwortung und Organisationsgewalt, dass er dem Friedlichkeitsgebot der Versammlungsfreiheit entsprechen muss. Insbesondere muss er geeignet sein, die ihm übertragenen Aufgaben selbstverantwortlich zu erfüllen. Er muss zuverlässig und nach seiner Reife und seinem persönlichen Vermögen imstande sein, den ordnungsgemäßen Verlauf der von ihm geleiteten Versammlung sicherzustellen. Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung der als Leiter vorgesehenen Person müssen durch Tatsachen belegbar sein (vgl. Die- tel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rn. 8 m.w.N.).
38 
b) Allerdings vermögen mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Versammlungsgesetz durch Tatsachen belegte Zuverlässigkeits- und Eignungszweifel für sich genommen die Ablehnung einer Person als Versammlungsleiter nicht zu rechtfertigen. Vielmehr kommt - wie die Beklagte zutreffend erkannt hat - ein präventiver Ausschluss einer Person als Versammlungsleiter nur auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG in Betracht. Nach dieser Vorschrift dürfen versammlungsbeschränkende Maßnahmen nur ergriffen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung ohne Erlass der betreffenden Verfügung unmittelbar gefährdet ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen, deren Beschränkung für Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG ausdrücklich zulässig ist. Voraussetzung einer das Versammlungsrecht beschränkenden Verfügung ist eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - BVerfGE 69, 315 [Brokdorf II]). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1998, 834; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - BVerfGK 13, 82). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, die grundsätzlich der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine das Versammlungsrecht beschränkende Verfügung darf nur ergehen, wenn bei verständiger Würdigung sämtlicher erkennbarer Umstände die Durchführung der Versammlung so wie geplant mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verursacht (Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. ; Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008, 987 m.w.N.).
39 
Bei der Prognose ist die ex ante-Sicht und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Versammlungsbehörde im Anschluss an ihre Entscheidung gewinnt: War das Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr im Zeitpunkt der Entscheidung über die einschränkende Verfügung objektiv wahrscheinlich, bleibt diese auch dann rechtmäßig, wenn sich die Prognose aufgrund von sich später ergebenden Erkenntnissen als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine unmittelbare Gefahr nicht - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - mit Tatsachen begründet werden, die erst im Anschluss an den Erlass der versammlungsrechtlichen Verfügung bekannt werden.
40 
c) Hier erweist sich die von der Beklagten getroffene Gefahrprognose, die sich in erster Linie auf die Erkenntnismitteilung des Polizeipräsidiums vom 06.04.2011 und die bei dem Kooperationsgespräch am 20.04.2011 gewonnenen Erkenntnisse gestützt hat, als tragfähig. Es waren erkennbare Umstände, d.h. Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten gegeben, die die Prognose rechtfertigten, dass bei Durchführung der Versammlung mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.
41 
In der angefochtenen Verfügung kommt - wenn auch knapp und teilweise nur indirekt - hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte sich nicht nur die vom Polizeipräsidium über den Kläger mitgeteilten Erkenntnisse, sondern auch die maßgeblich auf die Erfahrungen des Vorjahres gestützten Erkenntnisse über den Teilnehmerkreis der geplanten Versammlung und das insgesamt von der Versammlung ausgehende Gefahrenpotential zu eigen macht. Dass die Beklagte vergleichbare Rechtsverletzungen wie im Vorjahr befürchtete, wird etwa auf S. 4 unten des Bescheides bei den Ausführungen zum Verhalten des Klägers bei dem Kooperationsgespräch deutlich, in dem es u.a. darum ging, von dem Kläger zu erfahren, welche Maßnahmen er zur Vermeidung ähnlicher Geschehnisse anlässlich der diesjährigen Versammlung ergreifen wolle.
42 
Ob und in welchem Ausmaß das prognostizierte Gefahrenpotential sich realisieren und es aus der angemeldeten Versammlung heraus zur Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten kommen würde, hing vorliegend nach der ex ante-Prognose maßgeblich von der Person des Versammlungsleiters und von dessen Zuverlässigkeit bzw. Eignung ab. Die Beklagte hat auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zutreffend prognostiziert, dass mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet wäre.
43 
Entscheidende Bedeutung kam dem Verhalten des Klägers beim Verlesen der Auflagen zu Beginn der Versammlung am 1. Mai 2010 zu, durch das er - ob beabsichtigt oder nicht - die Stimmung unter den Versammlungsteilnehmern anheizte, was mit dazu beigetragen haben dürfte, dass es von Beginn an zu massiven Verstößen gegen die unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügten und damit ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit zu beachtenden Auflagen kam. Zwar kooperierte der Kläger dann im weiteren Verlauf der Versammlung mit der Polizei und bemühte sich auch, gegen Auflagen- bzw. Gesetzesverstöße einzuschreiten, doch blieb er mit diesen Bemühungen weitgehend erfolglos, so dass er schließlich keinen anderen Ausweg sah, als sich der weiteren Verantwortung durch vorzeitige Auflösung der Versammlung zu entledigen. Dieses Verhalten durfte für die Gefahrprognose bezüglich der hinsichtlich Zielsetzung und Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartigen 1. Mai-Demonstration im Jahr 2011 herangezogen werden, weil es keinerlei Hinweise gab, dass der damals als Versammlungsleiter noch unerfahrene Kläger zwischenzeitlich einen Lernprozess durchlaufen und sein Verhalten kritisch reflektiert hätte. In dem mit ihm geführten Kooperationsgespräch zeigte er keinerlei Einsicht in eigenes Fehlverhalten und suchte die Verantwortung für die Eskalation der 1. Mai-Demonstration 2010 ausschließlich bei der Polizei. Zudem stellte er in Abrede, dass gegen ihn wegen der Vorkommnisse im Vorjahr ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Zwar besteht keine Rechtspflicht zur Kooperation und ist es der Versammlungsbehörde daher verwehrt, allein aus der Weigerung eines Veranstalters zur Teilnahme an einem vorbereitenden Kooperationsgespräch negative Schlüsse zu ziehen (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 01.03.2002 - 1 BvQ 5/02 - NVwZ 2002, 982). Nimmt ein Veranstalter aber - wie hier - freiwillig an einem Kooperationsgespräch teil, können die dabei gewonnenen Erkenntnisse selbstverständlich verwertet werden. Die Beklagte durfte daher auch berücksichtigen, dass der Kläger, obwohl er die Gefahr von Rechtsverstößen bei der von ihm angemeldeten Versammlung kannte oder jedenfalls hätte kennen müssen, keine Veranlassung sah, Vorkehrungen zur Eindämmung dieser Gefahr zu treffen (vgl. hierzu Senats-beschl. v. 18.06.1999 - 1 S 1464/99 - VBlBW 1999, 462). Als weiteren Mosaikstein durfte die Beklagte schließlich die Verurteilung durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Ulm heranziehen, die den Schluss erlaubte, dass der Kläger nicht die Gewähr dafür bietet, in - zu erwartenden - kritischen Situationen deeskalierend zu wirken.
III.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss vom 27. Januar 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.