Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Juni 2017 - Au 6 K 16.1240, Au 6 K 16.1241, Au 6 K 16.1415

bei uns veröffentlicht am28.06.2017

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kosten der Verfahren hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen für drei ihm gehörende Grundstücke im Gemeindegebiet des Beklagten zur Finanzierung der dort auch Niederschlagswasser erfassenden gemeindlichen Entwässerungseinrichtung.

Der Beklagte ist Mitglied des Abwasserzweckverbandes, der für sein Verbandsgebiet eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung unterhält (§ 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage des Abwasserverbands... vom 22. Februar 2011) und an dessen Kläranlage mit Schlammbehandlungsanlage der Kläger ein Belastungskontingent von 9.900 EGW (Einwohnergleichwerten, entsprechend 39,60% der Verbandssumme von 25.000 EGW) hat (§ 5 Abs. 1a der Verbandssatzung des Zweckverbands Abwasserverband... i.d.F. vom 11. März 2015 – AVS 2015). Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AVS 2015 wird der anderweitig nicht gedeckte Finanzbedarf für die Planung, den Bau und die Erneuerung der Kläranlage auf die Verbandsgemeinden im Verhältnis der Einwohnergleichwerte nach § 5 Abs. 1 Satz 1a AVS 2015 umgelegt. Zum Belastungskontingent des Beklagten rechnet auch eine bei der Planung der Erweiterung der Kläranlage des Abwasserverbands im Jahr 2004 mit 3.000 EGW (der anteiligen 9.900 EGW des Beklagten) angesetzte Molkerei, die im Jahr 2009 ihren Betrieb eingestellt hat.

Der Beklagte hat seit dem Jahr 1995 eine aus insgesamt vierzehn Bauabschnitten bestehende und nach seiner Planung im Juli 2013 vorläufig fertiggestellte Entwässerungseinrichtung in seinem Gemeindegebiet für den Ortskern ... und für den Ortsteil, in welchem die Grundstücke des Klägers liegen, sowie die weiteren Ortsteile ... und ... errichtet und teilweise eine Niederschlagswasserbeseitigung durch die öffentliche Entwässerungseinrichtung vorgesehen.

Zuletzt hat der Beklagte eine Satzung über die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Marktes ... vom 5. November 2013 (EWS 2013, Amtsblatt der VG ... vom 7.11.2013, S. 202 ff.) und eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes ... vom 5. November 2013 (BGS/EWS 2013, ebenda S. 213 ff.) erlassen sowie hierauf gestützt drei Bescheide über Vorauszahlungen auf den Herstellungsbeitrag vom 13. Dezember 2006 (zu Fl.Nr., gestundet mit Bescheid vom 13. Juli 2009 und Stundung aufgehoben mit Bescheid vom 20. September 2010); vom 9. Oktober 2006 (zu Fl.Nr. ...) und vom 9. Oktober 2006 (zu Fl.Nr. ...), die nicht angefochten wurden.

Auf dieser Grundlage hat der Beklagte den Kläger mit drei Bescheiden vom 9. Dezember 2013 zu einem Herstellungsbeitrag in Höhe von 17.214,90 EUR für das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (... Str., Au 6 K 16.1240), von 2.865,96 EUR für das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (Nähe ... Straße, Au 6 K 16.1241) und von 5.417,87 EUR für das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (... Straße, Au 6 K 16.1415) herangezogen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Herstellung der Entwässerungseinrichtung sei in insgesamt 14 Bauabschnitte aufgeteilt und im Juli 2013 vorläufig abgeschlossen worden. Die Beiträge hätten nun kalkuliert und die Satzungen erstellt werden können. Der Herstellungsbeitrag werde nach der Grundstücks- und der Geschossfläche berechnet.

Auf die hiergegen eingelegten Widersprüche hin ließ der Beklagte die Grundlagen seiner Beitragserhebung durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband prüfen, der in seinem Prüfbericht Empfehlungen u.a. zur Beitragskalkulation und Beitragserhebung gab (vgl. BKPV, Beratung vom 17.4.2015), welche der Beklagte berücksichtigte.

Das Landratsamt ... wies daraufhin die Widersprüche mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 1. August 2016 sowie vom 20. September 2016 zurück.

Hiergegen ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

Die Herstellungsbeitragsbescheide des Beklagten für die öffentliche Entwässerungseinrichtung vom 9. Dezember 2013 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts ... vom 1. August 2016 und vom 20. September 2016 werden aufgehoben.

In seiner Klagebegründung rügt der Kläger im Wesentlichen, die der Beitragserhebung zu Grunde gelegten Satzungen (EWS 2013 und BGS/EWS 2013) seien wegen Fehlern der Kalkulation sowie einer Ungleichbehandlung der Grundstückseigentümer unwirksam und die erhobenen Herstellungsbeiträge seien verjährt.

Der Beklagte beantragt,

Die Klagen werden abgewiesen.

Zur Begründung führt er aus, die der Beitragserhebung zu Grunde gelegten Satzungen (EWS 2013 und BGS/EWS 2013) seien rechtmäßig, ohne Fehler der überarbeiteten Kalkulation, würden aus sachlichen Gründen die Grundstücke unterschiedlich behandeln und die erhobenen Herstellungsbeiträge seien nicht verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind unbegründet, denn die streitgegenständlichen Bescheide vom 9. Dezember 2013 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 1. August 2016 und vom 20. September 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Die angefochtenen Bescheide vom 9. Dezember 2013 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 1. August 2016 und vom 20. September 2016 sind formell rechtmäßig; Verstöße gegen Regelungen über Zuständigkeit, Form und Verfahren sind weder geltend gemacht noch erkennbar.

II.

Die angefochtenen Bescheide vom 9. Dezember 2013 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 1. August 2016 und vom 20. September 2016 sind auch materiell rechtmäßig.

1. Die angefochtenen Bescheide vom 9. Dezember 2013 finden zunächst ihre Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 KAG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I) zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 2016 (GVBl S. 36) sowie in den wirksamen Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes ... vom 5. November 2013 (BGS/EWS 2013, Amtsblatt der VG ... vom 7.11.2013, S. 213 ff.).

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet, wozu – wie hier – auch Entwässerungseinrichtungen gehören (vgl. BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2010 – BayVBl. 2011, 240 ff. juris Rn. 43). Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte mit ihrer EWS 2013 als Stammsatzung und mit ihrer BGS/EWS 2013 als Beitragssatzung Gebrauch gemacht.

a) Die Beitragssatzung BGS/EWS 2013 ist formell wirksam, insbesondere wirksam bekannt gemacht und am 8. November 2013 in Kraft getreten. Formell-rechtliche Mängel mit der Folge einer Nichtigkeit der einschlägigen Satzungsregelungen, sind weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BayVGH, U.v. 16.8.2007 – 23 BV 07.761 – VGH n.F. 60, 236, juris Rn. 31). Insbesondere ist es für Satzungen mit festem Beitragssatz – wie vorliegend – gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderlich, aber auch ausreichend, dass in der Satzung der Schuldner, der die Abgabe begründende Tatbestand, der Maßstab, der Abgabesatz sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabeschuld bestimmt werden. Dies ist in § 1 ff. BGS/EWS 2013 der Fall.

b) Die Beitragssatzung BGS/EWS 2013 ist materiell wirksam; die klägerseitig erhobenen Rügen greifen demgegenüber nicht durch.

Die Voraussetzungen einer Heranziehung zum Herstellungsbeitrag durch eine erstmalige Herstellung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung und wirksam entstandener Herstellungsbeiträge sind erfüllt.

aa) Zunächst sind die zu einem Herstellungsbeitrag herangezogenen Grundstücke Fl.Nr., Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... (jeweils der Gemarkung ...) des Klägers durch die betriebsfertige Entwässerungseinrichtung der Beklagten räumlich erfasst und von ihr auch tatsächlich erschlossen (zur Voraussetzung des Erschlossenseins BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2010 – BayVBl. 2011, 240 ff. juris Rn. 46; dazu sogleich).

bb) Diese Grundstücke sind auch satzungsrechtlich durch eine erstmals wirksame Beitrags- und Gebührensatzung der Beklagten erfasst, der eine wirksame Entwässerungssatzung als Stammsatzung zu Grunde liegt.

Die erstmalige Entstehung einer Beitragsschuld setzt neben dem Erschlossensein des Grundstücks eine gültige Beitragssatzung (vgl. BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2010 – BayVBl. 2011, 240 ff. juris Rn. 46) und eine gültige Stammsatzung voraus (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2005 – 23 ZB 05.554 – BayVBl. 2006, 637).

(1) Die Beitragssatzung liegt hier in der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes ... vom 5. November 2013 (BGS/EWS 2013, Amtsblatt der VG ... vom 7.11.2013, S. 213 ff.) vor; die Stammsatzung in der Satzung über die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Marktes ... vom 5. November 2013 (EWS 2013, Amtsblatt der VG ... vom 7.11.2013, S. 202 ff.). Beide Satzungen sind am Tag nach ihrer Bekanntmachung und damit vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide in Kraft getreten.

(2) Die Regelungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGS/EWS 2013 über das Entstehen der Beitragsschuld sind materiell rechtmäßig und erfassen die streitbefangenen Grundstücke erstmals.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGS/EWS 2013 entsteht die Beitragsschuld mit der Verwirklichung des Beitragstatbestands. Wird erstmals eine wirksame Satzung erlassen und ist der Beitragstatbestand vor dem Inkrafttreten dieser Satzung erfüllt, entsteht die Beitragsschuld erst mit dem Inkrafttreten dieser Satzung. Vor dem Erlass der verfahrensgegenständlichen Beitrags- und Gebührensatzung war ein Entstehen einer Abgabenschuld nicht möglich, wenn sich – wie hier – vorhergehendes Satzungsrecht als nichtig erwies (vgl. BayVGH, U.v. 23.4.1998 – 23 B 96.3932 – juris Rn. 26):

Zwar verfügte der Beklagte zuvor über eine Entwässerungssatzung vom 22. Februar 1995 (EWS 1995 i.d.F. vom 21.6.1995 und vom 15.11.1995) und eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 8. Juni 1995 (BGS/EWS 1995 i.d.F. 15.11.1995 und vom 14.3.1997) bzw. eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. November 1998 (BGS/ EWS 1998 i.d.F. vom 7.6.2000). Diese waren jedoch rechtswidrig und daher nichtig.

Dabei verfehlte die in § 5 Abs. 2 BGS/EWS 1995 und in § 5 Abs. 2 BGS/EWS 1998 enthaltene und in den jeweiligen Änderungssatzungen unverändert gebliebene Grundstücksflächenbegrenzung auf 1.500 m²– begrenzt als Dreifaches der beitragspflichtigen Geschossfläche, mindestens 1.500 m² – die von der Rechtsprechung an rechtmäßige Flächen- bzw. Tiefenbegrenzung für übergroße Grundstücke in unbeplanten Gebieten nach Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG gestellten Anforderungen (vgl. dazu BayVerfGH, E.v. 23.3.2017 – Vf. 6 –VII–16 – juris Rn. 17 f. m.w.N.), denn sie führte – von den Beteiligten insoweit nicht bestritten – dazu, dass von 1.174 heranzuziehenden Grundstücken 215 beitragspflichtige Grundstücke bereits als übergroß galten, mithin 18,31% von der Flächenbegrenzung begünstigt werden, während bei der in § 5 Abs. 2 BGS/EWS 2013 gewählten Grundstücksflächenbegrenzung auf 2.200 m2 – begrenzt als Vierfaches der beitragspflichtigen Grundstücksfläche, mindestens 2.200 m2 – nur noch 143 beitragspflichtige Grundstücke als übergroß gelten, mithin 12,18% von der Flächenbegrenzung begünstigt werden. Auf diese Weise wird der Herstellungsaufwand breiter verteilt und berücksichtigt stärker die durchschnittliche Flächengröße im Gebiet des Beklagten.

Das Maß, ab dem für übergroße Grundstücke bei der Beitragserhebung eine Begrenzung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche vorzunehmen ist, hat der Gesetzgeber selbst nicht geregelt. Da sich die Flächenbegrenzung jedoch zwingend aus dem Äquivalenzprinzip ergibt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass je nach den örtlichen Verhältnissen im Satzungsgebiet die Flächenbegrenzung so vorzunehmen ist, dass für alle beitragspflichtigen Grundstücke der durch die Nutzung der Einrichtung erwachsende Vorteil hinsichtlich tatsächlicher Geschossfläche und Grundstücksfläche sachgerecht abgebildet wird. Dabei steht dem örtlichen Satzungsgeber grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu (zum Ganzen BayVGH, U.v. 2.10.1997 – 23 B 95.3248 – juris Rn. 20). Der Beurteilungsspielraum wird allerdings dann überschritten, wenn die Flächenbegrenzungsregelung so ausgestaltet wird, dass unter Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz bereits Grundstücke mit durchschnittlicher oder nur geringfügig überdurchschnittlicher Größe gegenüber kleineren Grundstücken privilegiert werden oder die Flächenbegrenzung dazu führt, dass objektiv übergroße Grundstücke in einem Maß privilegiert werden, das dem aus der Anlage gezogenen Vorteil nicht mehr entspricht (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.11.2010 – Au 1 K 10.1376 – juris Rn. 23 f. m.w.N.).

Hierzu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zwar offen gelassen, ob eine satzungsmäßige Flächenbeschränkung für übergroße Grundstücke in einer Beitragssatzung für leitungsgebundene Einrichtungen mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch vereinbar ist, wenn mehr als 10% der beitragspflichtigen Grundstücke im betreffenden Gemeindegebiet durch diese Regelung begünstigt werden, dies aber der Klärung im Einzelfall anheimgegeben, ob die vom Einrichtungsträger anzusetzende Mindestfläche, ab der eine Flächenbegrenzung greift, und die Begrenzung auf ein Vielfaches der Geschossfläche entsprechend den örtlichen Verhältnissen so gewählt wurden, dass die Begrenzung in der Anwendung nicht leer läuft (BayVGH, B.v. 17.3.2011 – 20 ZB 10.3073 – juris Rn. 7). Eine Begrenzung auf 2.000 m² wurde gebilligt (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.1999 – 23 N 99.1354 – juris Rn. 33). Eine Privilegierung von über 23% und damit von fast einem Viertel der Grundstücke jedenfalls verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.11.2010 – Au 1 K 10.1376 – juris Rn. 27; auch eine Privilegierung von 29% bei einer Flächenbegrenzung auf 1.500 m², so VG Augsburg, U.v. 3.3.2009 – Au 1 K 08.1009 – juris Rn. 53); ebenso wurden eine Privilegierung von 20% bei einer Flächenbegrenzung auf 1.500 m² als wohl gleichheitssatzwidrig angesehen und erst ihre Reduzierung auf 14% durch eine Flächenbegrenzung auf 2.000 m² gebilligt (vgl. VG Augsburg, U.v. 16.11.2010 – Au 1 K 10.526 – juris Rn. 53).

Dies zu Grunde gelegt, ist jedenfalls eine beitragsrechtliche Privilegierung einer so großen Zahl an Grundstücken, dass bereits Grundstücke mit durchschnittlicher oder nur geringfügig überdurchschnittlicher Größe gegenüber kleineren Grundstücken privilegiert werden, ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Dies war hier bei der früheren Flächenbegrenzung auf 1.500 m² der Fall, die bei dem unstrittig errechneten Anteil von 18,13% an privilegierten Grundstücken mehr als jedes sechste Grundstück gegenüber kleineren Grundstücken privilegierte.

Daher verfügte die Beklagte bis zum Erlass der hier gegenständlichen EWS 2013 und BGS/EWS 2013 noch über kein wirksames öffentlich-rechtliches Satzungsrecht für ihre Entwässerungseinrichtung, auf dessen Grundlage Herstellungsbeiträge hätten abgerechnet werden können.

(3) Der in § 5 Abs. 1 BGS/EWS 2013 angewandte Beitragsmaßstab ist nicht zu beanstanden.

Der in § 5 Abs. 1 BGS/EWS 2013 festgelegte kombinierte Beitragsmaßstab wonach sich der Beitrag nach der Grundstücksfläche und der zulässigen Geschossfläche berechnet, steht mit Art. 5 Abs. 2 Satz 2 KAG in Einklang und ist zur sachgerechten Abgeltung des aus der Anschlussmöglichkeit erwachsenden Vorteils besonders geeignet, da er auf die höchstmögliche (bauliche) Nutzung eines Grundstücks abstellt (vgl. BayVGH, U.v. 28.11.2002 – 23 B 02.931 – juris; BayVGH, U.v. 21.3.2000 – 23 B 99.2198 – VwRR BY 2000, 216 m.w.N.). Denn die Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks und damit die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung steigen, je intensiver ein Grundstück baulich genutzt werden kann. Dem Beklagten stand es vorliegend zudem frei, einen in einer früheren Satzung enthaltenen Beitragsmaßstab durch einen anderen zu ersetzen (vgl. BayVerfGH, E.v. 8.1.2002 – Vf. 6-VII-00 – BayVBl 2002, 428 m.w.N.).

cc) Der Heranziehung der Grundstücke des Klägers steht auch nicht eine Unwirksamkeit des in § 5 Abs. 1 und Abs. 6 EWS 2013 enthaltenen Anschluss- und Benutzungszwangs mit einer nur für einige Ortsteile vorgesehenen Befreiungsmöglichkeit entgegen.

Nach § 5 Abs. 1 EWS 2013 sind die – wie hier der Kläger – zum Anschluss nach § 4 EWS 2013 Berechtigten verpflichtet, bebaute Grundstücke an die öffentliche Entwässerungsanlage anzuschließen (Anschlusszwang). Ein Anschlusszwang besteht nicht, wenn der Anschluss rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Der Anschluss- und Benutzungszwang gilt nach § 5 Abs. 6 EWS 2013 nicht für Niederschlagswasser, sofern dessen Versickerung oder anderweitige Beseitigung ordnungsgemäß möglich ist. In den Ortsteilen, ... und ... ist dem Beklagten die Möglichkeit der ordnungsgemäßen Versickerung vor Herstellung der Versickerungsanlage mit einem qualifizierten Untersuchungsbericht über die Sickerfähigkeit des Untergrunds an dem beabsichtigten Standort der Versickerungsanlage nachzuweisen; im Ortsteil ... im Umkehrschluss nicht.

Die Grundvoraussetzung für die Schaffung eines Anschluss- und Benutzungszwangs sind nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO (Gemeindeordnung vom 22.8.1998 i.d.F. vom 13.12.2016, GVBl. S. 335) Gründe des öffentlichen Wohls, damit Gemeinden durch Satzung u.a. den Anschluss an der Abwasserbeseitigung dienende gemeindliche Einrichtungen vorschreiben und die Benutzung dieser Einrichtungen zur Pflicht zu machen dürfen. Die Ermächtigungsnorm bezieht sich dabei auch auf Niederschlagswasser, das insbesondere aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließt. Die Einbeziehung des Niederschlagswassers in den Anschluss- und Benutzungszwang setzt solche Gründe des öffentlichen Wohls voraus. Denn Niederschlagswasser kann grundsätzlich auch dadurch schadlos und regelmäßig wohl auch billiger beseitigt werden, wenn es versickert oder in oberirdische Gewässer eingeleitet wird. Die Pflicht zur Einleitung von Niederschlagswasser in eine öffentliche Entwässerungsanlage bedarf daher einer besonderen Rechtfertigung. Als Gründe können etwa in Betracht kommen besondere Verhältnisse des Untergrunds, die Lage in städtischen Verdichtungsbereichen, der Schutz des Grundwassers, sonstiger Gewässer oder von Trinkwasserreservoiren oder auch der Fall, dass die Funktionsfähigkeit der Entwässerungsanlage die Trennung von Schmutz- und Niederschlagswasser erfordert (BayVerfGH, E.v. 10.11.2008 – Vf.4-VII-06 – juris).

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers liegen solche Gründe des öffentlichen Wohls für die Schaffung eines Anschluss- und Benutzungszwangs hier vor.

Ausweislich des in den vorgelegten Behördenakten (Ordner II unter II.: Dr. ... & Co., Prüfbericht Versickerung ON ... vom 23.5.2005) enthaltenen Untersuchungsberichts stützt sich die Untersuchung im Ortsteil, in dem die betroffenen Grundstücke des Klägers liegen, auf drei Eingießversuche in gesondert ausgehobenen und wieder verfüllten Baggerschürfgruben, fünf Rammkernbohrungen, vier Rammkernsondierungen und acht Rammsondierungen, die für die geotechnische Beurteilung der geplanten Kanalbaumaßnahme im Ortsteil ... ausgeführt worden sind. Die erschlossenen Verwitterungslehme und Molassemergel seien nicht für die Versickerung von Oberflächenwasser geeignet. Teils sei aber mit prinzipiell noch ausreichend sickerfähigen Gründen zu rechnen, die jedoch nicht flächig verbreitet seien und wechselnd mit stark wasserhemmenden Böden lagerten, so dass die Voraussetzung eines ausreichend wasseraufnahmefähigen Untergrundes nicht erfüllt sei. Der unter dem Ortskern von ... flächig lagernde Deckenschotter sei zwar wasseraufnahmefähig, keile allerdings in den Flanken des Höhenrückens so aus, dass versickertes Oberflächenwasser vermutlich nach kurzer Verweilzeit an Quellen und Vernässungen an den Flanken des den Untergrund von ... bildenden Hochgeländes wieder an der Oberfläche austrete. Für eine geordnete Ableitung nennenswerter Niederschlagswassermengen seien die Voraussetzungen in ... nicht gegeben.

Gegen die Aussagekraft und Verwertbarkeit dieser fachlichen Stellungnahme bestehen keine Bedenken und sind von den Beteiligten auch keine erhoben worden. Die Verwaltungsgerichte dürfen solche sachverständigen Stellungnahmen im Wege des Urkundsbeweises verwerten. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens kommt hingegen nur in Betracht, wenn das vorhandene Gutachten an offen erkennbaren inhaltlichen Defiziten leidet, insbesondere an entscheidungserheblichen unzutreffenden Tatsachenannahmen, unlösbaren Widersprüchen, sich aus den Stellungnahmen ergebende Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters oder der Erforderlichkeit eines speziellen, bei letzterem nicht vorhandenen Fachwissens (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – NVwZ 2016, 308/312 Rn. 47 m.w.N.). Solche Mängel sind weder ersichtlich noch vom Kläger substantiiert gerügt.

Ein vom Beklagten beigezogener Vertreter des untersuchenden Büros erläuterte diese fachliche Einschätzung in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf eine Schnittzeichnung und führte für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend aus (Dr., Dr. ... & Co, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 3 ff.), das Büro habe zunächst die geologischen Verhältnisse erkundet und anschließend punktuell die Sickerfähigkeit des Untergrunds geprüft. Die geologischen Verhältnissen insbesondere im Ortsteil ... stellten sich so dar, dass die Grundlage Tertiärsande/-ablagerungen bildeten, darüber erhebe sich inselartig ein Kiessockel, der wiederum von einer Deckschicht insbesondere aus Verwitterungslehm mit unterschiedlicher Mächtigkeit überdeckt sei. Darüber befinde sich ein eiszeitlicher Deckenschotter aus dem Schmelzwasserabfluss der Gletscher des Alpenvorlandes. Diese Deckschicht von 3 m bis 5 m Dicke weise Unterschiede auf hinsichtlich des Feinkornanteils; teils handele es sich eher um Verwitterungslehm, teils auch eher um Verwitterungskies mit unterschiedlichem Anteil an Lehm. Auf der Hochfläche von ... seien die Verhältnisse der Grundstücke weitgehend ähnlich; Unterschiede ergäben sich an den Hangflanken und am Hangfuß, wo die Deckschicht dünner werde oder nicht mehr vorhanden sei und die unteren Schichten der mit Tertiärmergel wechselnden Tertiärsande an die Oberfläche träten. Hiermit sei auch vereinbar, dass der Kläger bei einer Ausbaggerung unter seinem Grundstück zunächst auf eine Lehmschicht von 0,30 m und anschließend auf eine Sandschicht gestoßen sei. Unter der Decklehmschicht und dem Deckkies lägen die Tertiärsande nicht eben, sondern bildeten eine wellige Struktur zum Deckenschotter, so dass quasi die Oberfläche des Tertiärsandes gewellt sei und Rinnen bilde. Es bestehe die Gefahr, dass versickerndes Wasser in diesen Rinnen auf den Tertiärsanden unterirdisch an die Flanken der Anhöhe fließe und dort in Quellen austrete. Bei unbebauten Grundstücken sei dies unproblematisch; bei bebauten Grundstücken führe dies zu gefährlichen Vernässungen. In allen Bereichen sei die Versickerungsfähigkeit dieses Untergrunds grenzwertig an der unteren Grenze oder noch niedriger.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung, in welcher ein ebenfalls beigezogener Sachverständiger des Wasserwirtschaftsamtes gehört worden ist, der die vorgenannte fachliche Einschätzung unter Bezugnahme auf eine geologische Karte bestätigt hat (Dr., WWA, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 9), ist das Gericht der Überzeugung, dass für die Ableitung des Niederschlagswassers durch die Entwässerungsanlage des Beklagten im Ortsteil ... hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen.

Das Verwaltungsgericht geht hier sowohl von der Expertise des privaten Gutachters als auch von der wasserwirtschaftlichen Beurteilung des Wasserwirtschaftsamts ... aus, der auf Grund seiner Stellung als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) und auf Grund seiner Erfahrung nach einer jahrzehntelangen Bearbeitung eines bestimmten Gebiets nach ständiger Rechtsprechung besondere Bedeutung zukommt. Dies schließt es zwar nicht aus, dass gegen die wasserwirtschaftliche Beurteilung erhobene substantiierte Einwände vom Wasserwirtschaftsamt widerlegt werden müssen oder ggf. der Klärung durch Sachverständige bedürfen. Solange die Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts aber nachvollziehbar sind und nicht substantiiert in Frage gestellt werden, dürfen sie verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zu Grunde gelegt werden (vgl. nur BayVGH, U.v. 11.1.2013 – 22 B 12.2367 – juris Rn. 24 m.w.N.).

Nachvollziehbar ist zunächst die Kernaussage des Untersuchungsberichts, wonach die erschlossenen Verwitterungslehme und Molassemergel nicht für die Versickerung von Oberflächenwasser geeignet sind. Ebenso nachvollziehbar ist die weitere gutachterliche Einschätzung, dass teils prinzipiell noch ausreichend sickerfähige Bodenschichten anstehen, die jedoch nicht flächig verbreitet sind und wechselnd mit stark wasserhemmenden Böden lagern. Für eine geordnete Ableitung nennenswerter Niederschlagswassermengen sind die Voraussetzungen in ... insgesamt – vorbehaltlich einzelner Ausnahmefälle – nicht gegeben. Diese Aussage belegt hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls für die Schaffung eines Anschluss- und Benutzungszwangs und rechtfertigt gerade die klägerseitig ebenfalls kritisierte Ausnahme für Grundstücke im Einzelfall, auf denen anfallendes Niederschlagswasser durch Versickerung ordnungsgemäß und schadlos abgeleitet werden kann, sofern dies nachgewiesen ist. Denn ein ausnahmsloser Anschluss- und Benutzungszwang für Niederschlagswasser im gesamten Entsorgungsgebiet wäre unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur gerechtfertigt, wenn eine Versickerung oder sonstige ordnungsgemäße Beseitigung des Niederschlagswassers außerhalb der öffentlichen Entwässerungsanlage entweder gar nicht oder nur im Einzelfall möglich ist, aber eine Ausdehnung des Anschluss- und Benutzungszwang für Niederschlagswasser auf das ganze Entsorgungsgebiet aus wirtschaftlichen Gründen im Interesse allseits tragbarer Belastungen erforderlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2011 – 20 ZB 11.716 – juris Rn. 4). Da der Beklagte solche wirtschaftlichen Gründe nicht seiner Satzung zu Grunde gelegt hat, zudem der beigezogene Sachverständige betont hat, eine Versickerung im Einzelfall nicht von vornherein ausschließen zu können, weil dies von der zu prüfenden Art der Flächenversiegelung, vom Untergrund und von der Gefahr eines Wasseraustritts an anderer Stelle abhängt (Dr., Dr. ... & Co, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 7 f.), entspricht es nach Überzeugung des Gerichts dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, hier einen generellen Anschluss- und Benutzungszwang anzuordnen und den gegenteiligen Nachweis einer schadlosen Versickerung im Einzelfall zu eröffnen, wie es der Beklagte getan hat. Da der Beklagte zu Recht darauf verweist, von den 1.174 beitragspflichtigen Grundstücken im Gemeindegebiet des Beklagten hätten bereits 803 Grundstücke im Ortskern ... auf Grund hinreichend sickerfähigen Untergrunds – auch ohne Nachweis im Einzelfall – die Möglichkeit einer Versickerung, hat er konsequenterweise die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 6 EWS 2013 geschaffen. Sie ist daher nicht aus grundsätzlichen Erwägungen heraus zu beanstanden.

Entgegen klägerischer Auffassung ist die Ausnahmevorschrift auch nicht deswegen unverhältnismäßig, weil der Nachweis einer anderweitigen schadlosen Versickerung im Einzelfall tatsächlich nicht möglich wäre. Hierzu hat der beigezogene Sachverständige (Dr., Dr. ... & Co, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 6 ff.) ausgeführt, dass eine Versickerung im Ortsteil ... zum einen an einem unmöglichen Nachweis scheitern könnte, zum anderen die Tertiärsande eine Versickerung weitgehend verhinderten und selbst in Randbereichen, insbesondere am Hangfuß, eine zusätzliche Problematik durch ein Wasserschutzgebiet vorliege. Im Einzelfall würde ein sog „Open-End“-Test erfolgen, bei dem ein Rohr in den Boden abgelassen würde, befüllt würde und anhand der Geschwindigkeit der Versickerung mit einem Rechenverfahren die Versickerungsfähigkeit im Einzelfall geprüft würde. Die Erkundung sei also technisch möglich, ihr Ausgang aber ungewiss, weil man nicht wisse, in welcher Rinne das versickerte Wasser wohin fließe.

Dies und seine ebenfalls genannte Kostenschätzung zeigen, dass nach Überzeugung des Gerichts ein Nachweis einer schadlosen Versickerung im Einzelfall abhängig von der Lage eines Grundstücks sachlich nicht ausgeschlossen ist, angesichts der für eine schadlose Versickerung schwierigen hydrogeologischen Verhältnisse aber auch scheitern kann. Dies deckt sich mit der Einschätzung des beigezogenen Sachverständigen des Wasserwirtschaftsamtes (Dr., WWA, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 10 f.), wonach am einzelnen Grundstück eine Untersuchung durch einen qualifizierten Fachplaner mit hydrogeologischem Fachwissen und mittels notwendiger Erkundungsmaßnahmen erforderlich sei mit Aussagen über Grundwasserleiter, Grundwasserstauer und eine Gefährdungsabschätzung unterhalb liegender Gebäude nach Maßgabe des DWA-Arbeitsblattes A138. Eine Einzelfallprüfung sei technisch immer möglich, eine geotechnische Erkundung daher sachlich möglich. Eine Frage des Einzelfalls hingegen sei die Bewertung dieses Erkundungsergebnisses durch den Gutachter angesichts der Unschärfen des geologischen Erkundungsergebnisses und seiner Bewertung. Je kleiner die Unschärfe sein solle, desto größer würde der damit verbundene Erkundungsaufwand.

Dies zu Grunde gelegt, ist das Gericht der Überzeugung, dass für die Ableitung des Niederschlagswassers durch die Entwässerungsanlage des Beklagten im Ortsteil ... nicht nur hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, sondern auch die Regelungsform eines generellen Anschluss- und Benutzungszwangs mit Nachweisobliegenheit des Betroffenen für eine Ausnahme im Einzelfall sachgerecht die spezifische hydrogeologische Situation des Ortsteils und damit die natürliche Situationsgebundenheit der dort gelegenen Grundstücke einschließlich jener des Klägers berücksichtigt. Dafür spricht auch, dass dieser beim Bau seines Wohnhauses im Jahr 1988 auf dem Grundstück Fl.Nr. ... zu einer Kleinkläranlage mit einem anschließenden Wurzelbeet zur Verrieselung des daraus abgeleiteten Wassers und beim Bau seiner Reithalle im Jahr 2011 auf dem Grundstück Fl.Nr. ... (nicht beitragspflichtig) zu einer Versickerung in Rigolen verpflichtet worden sei (Niederschrift vom 28.6.2017, S. 9). Dies belegt aus Sicht des Gerichts gerade, dass situationsangepasste Einzelfalllösungen durch das vom Beklagten angewandte Regel-Ausnahme-System gerade nicht verhindert, sondern erst sachgerecht ermöglicht werden. Dies gilt umso mehr, als die drei streitbefangenen Grundstücke unstreitig alle in der Zone III eines Wasserschutzgebietes liegen und deswegen eine Versickerung noch problematischer ist (Niederschrift vom 28.6.2017, S. 8).

Entgegen klägerischer Auffassung war keine flächendeckende Untersuchung aller Grundstücke, auch nicht jener des Klägers, die nach Darstellung des Beklagten nicht unmittelbar, aber räumlich nahe untersucht worden sind (Schürfgrube SG 5/05 mit Eingießversuch SV5/05 nördlich des Grundstücks FlNr., Rammsondierung DPH 2/05 östlich Grundstück Fl.Nr. ...), erforderlich. Vielmehr ist der vorgelegte Untersuchungsbericht hinreichend aussagekräftig, sach- und fachgerecht erstellt und vom Kläger nicht mit substantiierten Einwendungen in Frage gestellt. Dazu hat der beigezogene Sachverständige (Dr., Dr. ... & Co, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 5 f.) ausgeführt, die technische Beschränkung auf die Erstellung von Bohrkernen sei fachlich richtig. Zur darüber hinaus gehenden Erkundung des Rinnenverlaufs im Tertiärsand hätte sonst eine rasterartige Untersuchungsmethode angewandt werden müssen, wobei immer noch die Ungewisseheit bliebe, ob bei zwei benachbarten Bohrungen dieselbe oder eine andere Rinne erbohrt worden sei. Nötig wäre eigentlich ein dreidimensionales Bild des Untergrunds, um festzustellen, wo eine einzelne Rinne austritt. Teils wiesen die Rinnen eine Böschungsneigung von 1:1 auf, d.h. bei einer 1 m tiefen Rinne könnte einen Meter daneben schon eine andere Bodensituation vorliegen. Vorliegend sei es nicht realistisch, mit Bohrungen ein Bild über die Untergründe und in der Folge über die Versickerungsfähigkeit zu erhalten.

Dies zu Grunde gelegt, wäre also eine flächige Untersuchung des Ortsteils zwar wesentlich aufwendiger als die durchgeführte punktuelle Untersuchung, aber nicht wesentlich aussagekräftiger angesichts des grundsätzlich einheitlichen Schichtenaufbaus mit unterschiedlichen Rinnenverläufen der Tertiärschicht im Untergrund. Bei dieser Sachlage war der Beklagte nicht zu einer flächigen Untersuchung verpflichtet, sondern konnte sich auf die punktuelle Untersuchung des Untergrunds mit anschließender Bewertung der Versickerungsmöglichkeiten beschränken, um dennoch ein aussagekräftiges Bild der Sickerfähigkeit im Ortsteil insgesamt zu gewinnen. Er hat nach Überzeugung des Gerichts fachlich korrekt (vgl. die fachliche Bestätigung durch Dr., WWA, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 10 f.) den hydrogeologischen Nachweis der eingangs genannten Gründe des öffentlichen Wohl für die Regelung eines Anschluss- und Benutzungszwangs geführt und dem einzelnen Grundstückseigentümer den gegenteiligen Nachweis mit der Ausnahmeregelung und der Nachweisobliegenheit eröffnet. Dass im Verzicht auf eine flächendeckende Untersuchung und in der Beschränkung auf eine punktuelle Untersuchung offen erkennbare inhaltliche Defizite lägen, insbesondere gegen bindende Maßstäbe zur Erstellung einer solchen Begutachtung verstoßen wäre, ist so weder ersichtlich noch vom Kläger aufgezeigt.

(2) Kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liegt entgegen der Auffassung des Klägers darin, dass den Anschlusspflichtigen in den Ortsteilen, ... und ... die Obliegenheit eines Nachweises der ordnungsgemäßen Versickerung im Einzelfall auferlegt wird.

Wie soeben ausgeführt, ist das Gericht der Überzeugung, dass für die Einleitung des Niederschlagswassers im Ortsteil ... hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, aber ebenso für eine Ausnahme für Grundstücke, auf denen anfallendes Niederschlagswasser durch Versickerung ordnungsgemäß und schadlos abgeleitet werden kann. Diese Einschätzung gilt auch für die Ortsteile ... und ...:

Für den Ortsteil ... kommt der in den vorgelegte Behördenakten (Ordner II unter II.: Dr. ... & Co., Prüfbericht Versickerung ON ... vom 23.5.2005) enthaltene Untersuchungsbericht zur Feststellung, die erschlossenen Verwitterungslehme und Verwitterungskiese schwankten in ihrer Tiefe kleinräumig stark. Im Hochgelände im Nordteil von ... herrsche Verwitterungslehm im Boden vor, unter einzelnen Prüfstellen aber auch ein hoher Anteil an Verwitterungskies, während im Hanggelände und der Talflanke unter in ihrer Dicke stark schwankenden Umlagerungs- und Verwitterungsböden auch Moränenkies erbohrt worden sei. Die flächenhaft anstehenden Umlagerungs- und Verwitterungsböden seien für die Versickerung von Oberflächenwasser nicht geeignet. Teils seien noch prinzipiell ausreichend sickerfähige Böden vorhanden, jedoch nicht flächig verbreitet sondern wechselnd mit stark wasserhemmenden Böden, die eine Ableitung des Sickerwassers sehr stark behinderten. Das Kriterium eines ausreichend wasseraufnahmefähigen Untergrunds sei nicht erfüllt. Hierzu hat der beigezogene Sachverständige (Dr., Dr. ... & Co, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 4) unter fachlicher Bestätigung des Wasserwirtschaftsamts (vgl. Dr., WWA, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 10 f.) ausgeführt, von der geologischen Situation her seien die Ortsteile ... und ... vergleichbar.

Auch für den Ortsteil ... kommt der in den vorgelegte Behördenakten (Ordner II unter II.: ICP, Untersuchung der Untergrund-Sickerfähigkeit Ortsbereich ... vom 29.11.2011) enthaltene Untersuchungsbericht zur Feststellung, der Ortsteil liege auf einer Anhöhe, welche eine weitflächige Schotterebene östlich begrenze. Bei den Bohrungen sei schwach schluffiger Tertiärsand erschlossen worden, der für Versickerungszwecke noch ausreichend durchlässig sei, örtlich jedoch den erforderlichen Mindestwert kaum überschreite. In Hanglagen mit geringer Schichtendicke des Tertiärsandes und unterliegenden Gebäuden werde von Versickerungen abgeraten, da ein Aufstau durch gering durchlässige Schichten nicht auszuschließen sei, so dass eine Wasserabgabe in unterliegende Grundstücke nicht ausgeschlossen werden könne. Der Tertiärsand werde durch Schwebstoffeintrag seine Durchlässigkeit in Sickeranlagen rasch verlieren. Der nur in Randbereichen erreichte Niederterrassenschotter sei dort für Versickerungen ausreichend durchlässig. Insgesamt liege der Ortsteil im Verbreitungsgebiet feinkörniger Tertiärsande, deren Durchlässigkeit am unteren Rand des Erforderlichen lägen, teils sei der Feinkornanteil so hoch, dass eine ordnungsgemäße Versickerung nicht mehr möglich sei. Ob an einzelnen Grundstücken eine Versickerung möglich sei, könne wegen der vertikal und horizontal wechselnden Verhältnisse über das Untersuchungsprogramm nur für die unmittelbar geprüften Grundstücke geklärt werden. Eine dezentrale Niederschlagswasserversickerung setze Einzelfallprüfungen mit Nachweisen der Sickerfähigkeit voraus.

In der Zusammenschau der Untersuchungsberichte für die drei Ortsteile, ... und ... ist das Gericht der Überzeugung, dass angesichts der unterschiedlichen hydrogeologischen Verhältnisse in den Ortsteilen für die Ableitung des Niederschlagswassers durch die Entwässerungsanlage des Beklagten unter Anordnung eines generellen Anschluss- und Benutzungszwangs hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen. Hierzu hat das Wasserwirtschaftsamt unter Bezugnahme auf eine geologische Übersichtskarte aufgezeigt, dass der Ortskern ... in der kartografisch weiß gefärbten jüngsten Ablagerungsschicht liegt, der Ortsteil ... hingegen nahezu ausschließlich auf den tertiären Ablagerungen, die Ortsteile ... und ... jeweils teilweise auf den gelb eingefärbten Tertiärschichten oder dem grau eingefärbten Kiessockel (vgl. Dr., WWA, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 10 f.). Wird die Einleitung daher zum satzungsmäßig verpflichtenden Regelfall erhoben, ist aber auf Grund der stark wechselnden Bodenverhältnisse in allen drei Ortsteilen im Einzelfall eine ordnungsgemäße Versickerung nicht ausgeschlossen, so entspricht es dem allgemeinen Regel-Ausnahme-Prinzip, den Nachweis für das Vorliegen eines Ausnahmefalls demjenigen aufzuerlegen, der diese Ausnahme für sich in Anspruch nehmen will (Günstigkeitsprinzip). Daher ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den Anschlusspflichtigen in den Ortsteilen, ... und ... die Obliegenheit eines Nachweises der ordnungsgemäßen Versickerung durch Vorlage eines qualifizierten Untersuchungsberichts auferlegt. Er hat den Regelfall eines flächendeckend nicht hinreichend sickerfähigen Untergrunds durch seine eingeholten Gutachten nachgewiesen, so dass die Vermutung einer nicht ausreichenden anderweitigen Entsorgungsmöglichkeit für das Niederschlagswasser gerechtfertigt ist. Diese Vermutung zu widerlegen, ist dem gutachterlichen Gegenbeweis im Einzelfall zugänglich, den jedoch der Grundstückseigentümer zu führen hat.

(3) Kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung liegt entgegen der Auffassung des Klägers darin, dass für Grundstücke in den Ortsteilen, ... und ... ein Nachweis der ordnungsgemäßen Versickerung durch Vorlage eines qualifizierten Untersuchungsberichts im Einzelfall abverlangt wird, nicht jedoch für Grundstücke im Ortskern ....

Der Beklagte verweist darauf, von den 1.174 beitragspflichtigen Grundstücken im Gemeindegebiet des Beklagten hätten bereits 803 Grundstücke im Ortskern ... auf Grund hinreichend sickerfähigen Untergrunds – auch ohne Nachweis im Einzelfall – die Möglichkeit einer Versickerung. Dies entspricht dem Ergebnis der Untersuchungen der Sickerfähigkeit im Ortskern von, die deutlich andere Untergrundverhältnisse festgestellt haben als in den drei vorgenannten Ortsteilen:

Bereits im Jahr 1991 ergab der für den Ortskern ... in den vorgelegten Behördenakten (Ordner II unter II.: Schirmer, Bericht Versickerungsversuche vom 30.9.1991) enthaltene Untersuchungsbericht, der Ortsteil liege auf Niederterrassenschotter, der aus nur gering schluffigem Kies bestehe und von einer Deckschicht aus Lehm sowie einer dünnen Humusschicht überlagert sei, die beide für das Versickerungspotential keine Rolle spielten. Es handele sich um einen stark durchlässigen Untergrund, so dass die für Niederschlagswasser erforderlichen dezentralen Versickerungsanlagen grundsätzlich gut möglich seien.

Ein für den nordwestlichen Ortskern ... zusätzlich erstellter Untersuchungsbericht (Ordner II unter II.: ICP, Untersuchung der Untergrund-Sickerfähigkeit Nordwestlicher Ortsbereich ... vom 9.1.2012) bestätigt die frühere Feststellung, der Ortsteil liege auf Niederterrassenschotter, der aus nur schwach schluffigen Kies bestehe und für Versickerungszwecke gut geeignet sei. Er sei im gesamten Untersuchungsgebiet verbreitet.

Nach dem Vergleich der Untersuchungsberichte für die drei Ortsteile, ... und ... einerseits und den Ortskern ... andererseits ist das Gericht der Überzeugung, dass wegen der stark unterschiedlichen Bodenverhältnisse die Anordnung eines generellen Anschluss- und Benutzungszwangs für die Ortsteile, ... und ... einerseits und die generelle Einräumung einer Versickerung im Einzelfall im Ortskern ... andererseits gerechtfertigt ist. Für die ersten drei Ortsteile ist die Vermutung einer geologisch fehlenden Versickerungsmöglichkeit ebenso gerechtfertigt wie umgekehrt im Ortskern ... die gegenteilige Annahme einer geologisch ausreichenden Versickerungsmöglichkeit. Nur den Grundstückseigentümern der drei Ortsteile, ... und ... den Nachweis für das Vorliegen eines Ausnahmefalls aufzuerlegen, hierauf jedoch für Grundstücke im Ortskern ... zu verzichten, ist als Ungleichbehandlung daher durch die wesentlich unterschiedliche hydrogeologische Situation in den Ortsteilen sachlich gerechtfertigt und daher kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.

(4) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass nicht alle Grundstücke zur Niederschlagswasserbeseitigung herangezogen werden, weil der Beklagte insofern sachlich rechtfertigende Gründe angeführt hat.

Eine erste Rechtfertigung ergibt sich aus den o.g. Feststellungen unterschiedlicher Versickerungsmöglichkeiten in den Ortsteilen einerseits und im Ortskern andererseits. Für Grundstücke mit ausreichender Versickerung werden keine Grundstücksflächenbeiträge für Niederschlagswasser erhoben, sondern nur Geschossflächenbeiträge für Schmutzwasser, wie der Beklagte nachvollziehbar ausgeführt hat (vgl. dazu zunächst die Grundstückslisten in den Behördenakten des Beklagten, Ordner II zu Grundstück FlNr.53 Bl. 46 ff., 87 ff. zum Stand 5.11.2013).

Zweitens hat der Beklagte ausgeführt, dass er im Zuge des Widerspruchsverfahrens die Einwände des Klägers gegen die Erfassung von Grundstücken geprüft und über die in den Grundstückslisten erfassten Grundstücke hinaus weitere tatsächlich angeschlossene aber erst nachträglich erkannte Grundstücke mit in die Entwässerungseinrichtung einbezogen hat. Auf die Auflistung des Klägers (zuletzt ergänzende Klagebegründung vom 6.6.2017, VG-Akte Bl. 99 ff.) einerseits und die Auflistung des Beklagten (zuletzt Klageerwiderung vom 16.6.2017, VG-Akte Bl. 116 ff. mit aktualisierten Grundstückstabellen als Anlage im gesonderten Geheft) andererseits wird Bezug genommen.

Der Beklagte führt drittens aus, die vom Kläger – als zu Unrecht nicht beitragspflichtig eingestuft – monierten Grundstücke seien weder durch die Entwässerungseinrichtung erschlossen noch angeschlossen:

Hinsichtlich des Ortsteils ... ist zwischen den Beteiligten strittig, ob die von den Beteiligten mittlerweile übereinstimmend aufgelisteten Grundstücke (ebenda, VG-Akte Bl. 101 und Bl. 80, 85 Rückseite) durch die gemeindliche Entwässerungseinrichtung erschlossen sind oder nicht. Gleiches gilt für den Ortsteil ... (ebenda, VG-Akte Bl. 103 und Bl. 80 Rückseite, 86), für den Ortsteil ... (ebenda, VG-Akte Bl. 107 und Bl. 82, 86 f.) und für den Ortsteil ... (ebenda, VG-Akte Bl. 104 f. und Bl. 81 f., 86 f.) sowie für die südlich der BAB A ... gelegenen Grundstücke (ebenda, VG-Akte Bl. 108 und Bl. 86 Rückseite, 87).

Der Kläger hat hierzu lediglich behauptet, die von ihm monierten Grundstücke seien zu Unrecht nicht als beitragspflichtig eingestuft worden. Insoweit hat er jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass diese Grundstücke nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 Satz 1, § 5 Abs. 1 und Abs. 5 EWS 2013 überhaupt Niederschlagswasser in die gemeindliche Entwässerungsanlage einleiten dürfen und selbst im Fall einer Einleitung die Grenze der zulässigen nicht beabsichtigten Überdeckung von 12% überschritten würde (als Kriterium substantiierter Kalkulationsrügen bei BayVGH, B.v. 10.7.2012 – 20 ZB 12.944 – juris Rn. 14).

Zudem geht der Kläger als rechtliche Grundlage seiner Rüge von der Rechtswidrigkeit des Anschluss- und Benutzungszwangs mit der Befreiung eines Großteils der Grundstücke im Ortsteil ... aus. Diesen rechtlichen Ansatz teilt das Verwaltungsgericht jedoch aus den oben dargelegten Gründen nicht.

Viertens seien falsch – z.B. mit der Niederschlagswasserableitung an den Schmutzwasserkanal angeschlossene oder faktisch oberflächig dorthin ableitende – Grundstücke erfasst und die Grundstückseigentümer bereits im Jahr 2013 zur Beseitigung des Missstands aufgefordert worden; für 270 von 314 Grundstücken sei mittlerweile Vollzug gemeldet worden (ebenda, VG-Akte Bl. 81 Rückseite; Sitzungsprotokollauszug vom 5.11.2012 unter TOP 16). Zu diesen Fehlanschließern zählte auch der Kläger (vgl. Sitzungsprotokollauszug vom 15.10.2012 unter TOP 10 mit Schreiben vom 28.9.2012 als Anlage).

Der Beklagte hat damit nach Überzeugung des Gerichts für den entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses der mit den Ausgangsbescheiden angefochtenen Widerspruchsbescheide nachvollziehbar dargelegt, dass den Einwänden des Klägers betreffend nicht einbezogene Grundstücke im gebotenen Umfang entsprochen worden ist bzw. im Übrigen für die Nichteinbeziehung bestimmter Grundstücke sachlich rechtfertigende Gründe vorliegen (VG-Akte Bl. 75 ff., Bl. 116 ff.), welche der Kläger in Kenntnis der detaillierten Klageerwiderung nicht substantiiert bestritten hat.

dd) Der Heranziehung der Grundstücke des Klägers steht auch nicht eine Unwirksamkeit der in § 6 Abs. 1 und Abs. 2 EWS 2013 enthaltenen Beitragssatzregelung wegen Mängeln der Globalkalkulation entgegen.

Die Globalkalkulation des Beklagten für die BGS/EWS 2013 ist nicht zu beanstanden; die hiergegen erhobenen einzelnen Einwände greifen nicht durch, so dass die sich daraus ergebenden Beitragshöhen nicht zu beanstanden sind.

(1) Der Beklagte hat durch Nacherfassung von Grundstücken und Nachkalkulation zum Stichtag 5. November 2013 – Beschlussfassung der EWS 2013 und der BGS/EWS 2013 – keine relevante Überdeckung der Beitragssätze erzielt.

Nicht zu beanstanden ist, dass die Globalkalkulation nachträglich korrigiert worden ist und auf Rügen des Klägers im Widerspruchsverfahren eingegangen ist: Das Wesen einer Globalberechnung besteht darin, alle beitragsfähigen Aufwendungen für die Errichtung aller (Teil-)Anlagen, einschließlich der nach bestehenden Planungsabsichten in absehbarer Zeit für die Erschließung weiterer Gebiete voraussichtlich zu erwartenden Kosten, unterschiedslos auf alle Beitragsgrößen – hier die Grundstücksflächen und die vorhandenen Geschossflächen – im gesamten Einrichtungsgebiet umzulegen, soweit diese Grundstücke bereits angeschlossen oder zumindest beitragspflichtig sind oder nach den Planungen in absehbarer Zeit voraussichtlich beitragspflichtig werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Einrichtungsträger bereits zur Zeit des Satzungserlasses eine Globalberechnung oder überhaupt eine Berechnung angestellt und eine solche dem Entscheidungsgremium bei der Beschlussfassung über die Abgabesatzung vorgelegen hat. Es genügt vielmehr, dass eine solche, gleich ob vorher oder nachher durchgeführt oder ergänzt, die tatsächlich gefundenen oder auch nur gegriffenen Beitragssätze rechtfertigt. Maßgebend ist allein, dass die Abgabesätze objektiv richtig, d.h. nicht zu hoch sind und zu keiner unzulässigen Aufwandsüberdeckung führen (vgl. BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2010 – juris Rn. 56 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.

Ausweislich der ersten Nachkalkulation zum 12. August 2015 hat der Beklagte gegenüber seiner ursprünglichen Kalkulation einen beitragsfähigen Herstellungsaufwand für die Schmutzwasserentsorgung von 10.689.866,29 Euro auf insgesamt 462.700 m² Geschossfläche (431.200 m² Bestandsflächen und 31.500 m² künftige Flächen nach Prognose) verteilt und daraus einen rechnerischen Geschossflächenbeitrag von 23,10 Euro/m² ermittelt, der über dem in § 6 Abs. 1 Buchst. a) festgesetzten Beitragssatz von 21,96 Euro/m² liegt, so dass eine Unter- und keine evtl. rechtswidrige Überdeckung vorliegt. Weiter hat der Beklagte nun einen beitragsfähigen Herstellungsaufwand für die Niederschlagswasserentsorgung (nur Grundstücksentwässerungsanteil) von 1.082.506,68 Euro auf insgesamt 475.326 m² Grundstücksfläche (469.326 m² Bestandsflächen und 6.000 m² künftige Flächen nach Prognose) verteilt und daraus einen rechnerischen Grundstücksflächenbeitrag von 2,28 Euro/m² ermittelt, der dem in § 6 Abs. 1 Buchst. a) festgesetzten Beitragssatz von 2,28 Euro/m² entspricht. Er hat dabei den gesamten Herstellungsaufwand nach Schmutzwasser- und Niederschlagswasseranteil einzeln je Bauabschnitt zugeordnet sowie danach wiederum den Niederschlagswasseranteil auf den Grundstücksentwässerungsanteil sowie den Straßenentwässerungsanteil aufgeteilt. Die Aufteilung hat er Empfehlungen des Bayerischen kommunalen Prüfungsverbands (BKPV, Beratung vom 17.4.2015, S. 20) folgend vorgenommen, weil insofern bauliche Besonderheiten vorliegen, als im Gemeindegebiet teils im modifizierten Mischsystem (Schmutzwasser und Niederschlagswasser der Straßenentwässerung in einem Kanal), teils im Trennsystem mit gesonderten Kanälen entwässert, aber das Schmutzwasser und das Mischwasser über einen Verbandssammler der Kläranlage des AZV ... zugeführt wird (ebenda S. 2 ff.).

Auch ausweislich der zweiten Nachkalkulation zum 9. Februar 2017 hat der Beklagte durch nachträgliche Einbeziehungen weiterer Grundstücke (vgl. oben) keine rechtserhebliche Überdeckung erzielt. Er hat gegenüber seiner ursprünglichen Kalkulation nun einen beitragsfähigen Herstellungsaufwand für die Schmutzwasserentsorgung von 10.689.866,29 Euro auf insgesamt 466.595 m² Geschossfläche (435.095 m² Bestandsflächen und 31.500 m² künftige Flächen nach Prognose) verteilt und daraus einen Geschossflächenbeitrag von 22,91 Euro/m² ermittelt, der über dem in § 6 Abs. 1 Buchst. a) festgesetzten Beitragssatz von 21,96 Euro/m² liegt, so dass eine Unter- und keine evtl. rechtswidrige Überdeckung vorliegt. Weiter hat der Beklagte einen beitragsfähigen Herstellungsaufwand für die Niederschlagswasserentsorgung von 1.082.506,68 Euro (nur Grundstücksentwässerungsanteil) auf insgesamt 476.370 m² Grundstücksfläche (470.370 m² Bestandsflächen und 6.000 m² künftige Flächen nach Prognose) verteilt und daraus einen rechnerischen Grundstücksflächenbeitrag von 2,27 Euro/m² ermittelt, der den in § 6 Abs. 1 Buchst. a) festgesetzten Beitragssatz von 2,28 Euro/m² geringfügig unterschreitet. Diese Überdeckung ist jedoch unschädlich, weil die Grenze zu einer unzulässigen unbeabsichtigten Überdeckung bei 12 Prozent liegt (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2010 – 20 ZB 10.1341 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 3.7.2012 – 20 ZB 12.941 – juris Rn. 9) und hier nicht überschritten wird.

(2) Der in der Beitragskalkulation vorgenommene Abzug von Kosten für die Straßenentwässerung ist nicht rechtswidrig, sondern unter Berücksichtigung der auch klägerseitig eingeräumten baulichen Besonderheiten – im Gemeindegebiet wird teils im modifizierten Mischsystem (Schmutzwasser und Niederschlagswasser der Straßenentwässerung in einem Kanal), teils im Trennsystem mit gesonderten Kanälen entwässert, aber das Schmutzwasser und das Mischwasser über einen Verbandssammler der Kläranlage des AZV ... zugeführt (vgl. BKPV, Beratung vom 17.4.2015, S. 2) – im Einzelnen ermittelt und berechnet (ebenda S. 2 ff.; Nachkalkulation zum 12. August 2015, Nachkalkulation zum 9. Februar 2017).

Soweit der Kläger geltend macht, der Straßenentwässerungsanteil sei zu gering festgelegt, trifft dies nicht (mehr) zu. Wie der Beklagte einräumt, hat er zunächst anderweitig beraten (... GmbH & Co. KG vom 24.9.2013) eine zu pauschale Kalkulation des Straßenentwässerungsanteils zu Grunde gelegt, diese nun aber durch die o.g. und den Empfehlungen des BKPV folgende Nachkalkulation auf eine nachvollziehbare Grundlage gestellt:

Die Kalkulation hat in zwei Schritten zunächst der Kostenermittlung und anschließend der Kostenverteilung auf die drei Teilbereiche Schmutzwasser, Niederschlagswasser und Straßenentwässerung zu erfolgen, wobei bei den letzteren beiden Gruppen zu differenzieren ist zwischen erstens allein der Straßenentwässerung, zweitens allein der Grundstücksentwässerung und drittens der Straßen- und der Grundstücksentwässerung gemeinsam dienenden Bestandteilen (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.1983 – 8 C 112.82 – juris Rn. 17 ff.). Dabei sind für eine beiden Entwässerungsteilen dienende Niederschlagswasserkanalisation regelmäßig gleiche Anteile für die Grundstücksentwässerung und für die Straßenentwässerung vorzusehen (ebenda Rn. 20). Vorliegend allerdings handelt es sich im Kanalsystem des Beklagten um die o.g. bauliche Besonderheit, so dass die hiervon abweichende und vom BKPV vorgeschlagene Aufteilung insgesamt sachgerecht erscheint und von dem Beklagten auch umgesetzt worden ist.

Der Einwand des Klägers, bei den Herstellungskosten der Bauabschnitte BA 04 bis BA 06 sei noch ein Straßenentwässerungsanteil abzuziehen, trifft nicht zu: Bei den Bauabschnitten BA 05 (Los 3), BA 06b und BA 06c wurde für die darin enthaltenen Mischwasserkanäle ein Straßenentwässerungsanteil in Abzug gebracht (vgl. Nachkalkulation zum 12. August 2015, Nachkalkulation zum 9. Februar 2017). Hingegen wurde für die in den Bauabschnitten BA 04, BA 05 (Los 4), BA 06a, BA 06d, BA 06e, BA 07 und BA 08 sowie BA 09 für die darin enthaltenen Schmutzwasserkanäle und Grundstücksanschlüsse zutreffend kein Straßenentwässerungsanteil in Abzug gebracht, weil sie allein der Grundstücksentwässerung dienen (vgl. Nachkalkulation zum 12. August 2015, Nachkalkulation zum 9. Februar 2017).

Ebenso wenig greift der Einwand des Klägers durch, bei den Herstellungskosten der Bauabschnitte BA 01 bis BA 03 sei noch ein Straßenentwässerungsanteil für die Kreisstraße ... abzuziehen: Bei den Bauabschnitten BA 01 BA 02 und BA 03 wurde für die darin enthaltenen Mischwasserkanäle ein Straßenentwässerungsanteil in Abzug gebracht (vgl. Nachkalkulation zum 12. August 2015, Nachkalkulation zum 9. Februar 2017) und ebenfalls ein vom Landkreis als Straßenbaulastträger übernommener Kostenanteil bereits als Finanzierungsanteil abgezogen (vgl. BKPV, Beratung vom 17.4.2015, S. 19). Da es sich insoweit um anderweitig gedeckten Aufwand handelt, darf dieser nicht mehr auf die Beitragspflichtigen verteilt werden und braucht bei der Kalkulation nicht als Straßenentwässerungsanteil (nochmals) sondern muss nur bei den Herstellungskosten abgezogen werden. Auf eine vom Kläger monierte fehlende Vereinbarung über eine Kostenbeteiligung zwischen dem Beklagten und dem Landkreis kommt es daher nicht an.

(3) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Herstellungskosten für die Bauabschnitte BA 13 und BA 14 zu Recht angesetzt worden.

Der Kläger rügt, die Herstellungskosten für die Bauabschnitte BA 13 und BA 14 (RRB Regenrückhaltebecken ... und ...) seien zu Unrecht in vollem Umfang angesetzt worden, obwohl sie nicht nur der Entwässerung, sondern auch dem Hochwasserschutz dienten.

Ausweislich der korrigierten Globalkalkulation (vgl. Nachkalkulation zum 9. Februar 2017) ist für die Sonderbauwerke Regenwasser BA 13 (... RRB) und BA 14 (... RRB) jeweils ein Straßenentwässerungsanteil von 50% in Höhe von 43.150,65 Euro bzw. von 111.551,36 Euro angesetzt worden und sind auch die entsprechenden Regenwasserkanäle zu beiden RRB mit einem Straßenentwässerungsanteil von 50% angesetzt worden.

Dies ist nicht zu beanstanden, insbesondere ist keine aus allgemeinen Finanzmitteln der Gemeinde zu finanzierende Eigenbeteiligung des Beklagten für allgemeinen Hochwasserschutz abzuziehen, da die RRB hier nicht dem allgemeinen Hochwasserschutz, sondern dem Schutz des an die Entwässerungseinrichtung anschließenden natürlichen Gewässers als Vorfluter dient.

Eine Eigenbeteiligung der Gemeinde ist nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 KAG vorzusehen, wenn die Einrichtung neben den Beitragspflichtigen nicht nur unbedeutend auch der Allgemeinheit zugutekommt. Der Gesetzgeber knüpft mit dieser Bestimmung an das in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG normierte Vorteilsprinzip an, das nicht nur im Verhältnis der Beitragspflichtigen untereinander, sondern auch im Verhältnis der Allgemeinheit zur Gesamtheit der Beitragspflichtigen wirksam ist. Kommt eine beitragsfähige Einrichtung nicht nur bestimmten Grundstückseigentümern, sondern in nicht nur unbedeutender Weise auch der Allgemeinheit zugute, wäre es nicht gerechtfertigt, den Aufwand allein den Beitragspflichtigen zu überbürden. Die Vorteile der Allgemeinheit müssen jedoch, sollen sie sich beitragsmindernd auswirken, messbar sein und qualitativ mit den Anliegervorteilen verglichen werden können. Vor diesem Hintergrund ist das bloße Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten Abwasserbeseitigung zum Schutze der Umwelt und zur Wahrung der Hygiene allein noch nicht geeignet, mit dem Vorteil der Grundstückseigentümer abgewogen zu werden. Deshalb ist in aller Regel bei Entwässerungseinrichtungen eine Eigenbeteiligung der Gemeinde nicht vorzusehen (vgl. BayVGH, U.v. 8.9.2005 – 23 B 04.2671 – juris Rn. 29, 32 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.

Bei Starkregenereignissen von den geplant entwässerten privaten Grundstücksflächen sowie Straßenflächen zugeführtes Niederschlagswasser soll durch die RRB so verzögert eingeleitet werden, dass die im natürlichen Vorfluter lebenden Kleinlebewesen nicht durch den Wasserdruck ausgespült werden. Es gehe nicht um den Hochwasserschutz (z.B. Schutz der Unterlieger am Gewässer), sondern den Schutz von Flora und Fauna im Gewässer selbst, das nur ein schwach aufnahmefähiger Vorfluter sei; durch die Drosselung sollten insbesondere die Kleinlebewesen im Gewässer geschützt werden (vgl. Herr, WWA, Niederschrift vom 28.6.2017, S. 11). Der Einsatz der Regenrückhaltebecken ist damit conditio sine qua non für die Einleitung des Niederschlagswassers in den Vorfluter überhaupt – ohne die Drosselung wäre eine Einleitung nicht zulässig und die Niederschlagswasserableitung auf diesem Weg verboten. Daher handelt es sich um einen notwendigen Teil der Entwässerungseinrichtung, um deren negative Folgen für die natürliche Umgebung zu verringern und damit um notwendigen Aufwand zur Herstellung und Funktionsfähigkeit der Entwässerungseinrichtung.

Im Übrigen läge selbst dann keine unzulässige unbeabsichtigte Überdeckung von mehr als 12 Prozent (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2010 – 20 ZB 10.1341 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 3.7.2012 – 20 ZB 12.941 – juris Rn. 9) vor, wäre dieser Aufwand zu Unrecht in die Beitragskalkulation einbezogen: Würde die von den Beteiligten unstreitig gestellte (Niederschrift vom 28.6.2017, S. 11) Differenz zwischen angefallenem Herstellungsaufwand und erhaltenen Zuwendungen für die Regenrückhaltebecken von 28.163,45 Euro von der auf die Beitragspflichtigen umgelegten Gesamtsumme von 1.082.506,68 Euro abgezogen, ergäbe sich ein beitragsfähiger Aufwand von 1.054.343,23 Euro. Hierzu beträgt die Überdeckung in Höhe von 28.163,45 Euro nur 2,67% und liegt weit unter der Grenze von 12%.

(4) Entgegen der Auffassung des Klägers durfte der Beklagte den Investitionsaufwand mit vollen Herstellungswerten statt mit den Restbuchwerten ansetzen.

Der Kläger rügt, der Herstellungsaufwand sei zwar mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten angesetzt worden, jedoch seien wesentliche Bestandteile der öffentlichen Entwässerungseinrichtung bereits so alt, dass in näherer Zukunft Verbesserungs- oder Erneuerungsmaßnahmen erforderlich würden und die durch die räumliche Ausdehnung hinzugekommenen Grundstücke nur einen zeitlich deutlich geminderten Vorteil (Restnutzungsdauer) der öffentlichen Entwässerungseinrichtung erfahren würden als früher angeschlossene Grundstücke. Daher habe der Investitionsaufwand nur mit den Restbuchwerten angesetzt werden dürfen.

Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung steht hier der Erhebung für eine Neueinrichtung unter Ansatz des Gesamtbuchwerts nicht entgegen, weil für die Einrichtung zuvor keine Beiträge erhoben worden sind. Wird eine neue Einrichtung (auch) aus Teilen einer alten Einrichtung erstellt, mindert dies den Aufwand für die Herstellung, wenn die alten Teile bereits benutzt und durch früher erhobene Beiträge finanziert worden sind. Soweit Altanlagenteile in die Neuanlage einbezogen werden, ist zweckmäßigerweise deren Restbuchwert bei der Kalkulation der Beitragssätze für die neu erstellte Anlage zu berücksichtigen; frühere Beitragsleistungen der Altanschließer sind durch die Gewährung eines Abschlags auf die neue Beitragsschuld zu berücksichtigen, der sich an dem Verhältnis des Restbuchwertes zum Gesamtbuchwert zu orientieren hat (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 16.90 – juris Rn. 22).

Bei einer Beitragsermittlung nach fehlgeschlagenem Satzungsrecht aber, d.h. wenn – wie hier (vgl. oben) – die Grundstückseigentümer zu keinem Zeitpunkt wirksam zu einem Herstellungsbeitrag (sondern nur zu einer Vorausleistung) herangezogen worden sind, kann eine Ungleichbehandlung zwischen Alt- und Neuanschließern nicht eintreten, wenn sich der Satzungsgeber, wie vorliegend, dafür entscheidet, früher geleistete Beitragszahlungen auf der Grundlage nichtigen Satzungsrechts lediglich als Vorleistungen in Anrechnung zu bringen. Für diesen Fall ist es zutreffend, den gesamten bisherigen Investitionsaufwand für dieselbe Anlage ungeschmälert, d.h. ohne Berücksichtigung eventueller Abschreibungen (Restbuchwert), in die Kalkulation der Beitragssätze einzustellen, weil es auch nur dann gerechtfertigt ist, früher erbrachte Beitragsleistungen in vollem Umfang zur Anrechnung zu bringen. Bei einer bloßen Einstellung des Restbuchwertes müssten sonst auch früher geleistete Beitragszahlungen entsprechend dem Abschreibungsstand in gleichem Maße prozentual gekürzt werden (vgl. BayVGH, U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2010 – juris Rn. 59 m.w.N.).

Hier hat der Beklagte nicht aus einer früheren (selbständig benutzbaren) Einrichtung bereits beitragsfinanzierte Anlagenteile in eine neue Anlage eingebracht, sondern die von Anfang an geplante Entwässerungsanlage nach fast einem Vierteljahrhundert Planungs- und Bauzeit im Jahr 2013 vorläufig abgeschlossen (vgl. BKPV, Beratung vom 17.4.2015, S. 2, 11 f.). Auch hat er noch nicht wirksam Beiträge für die Einrichtung erhoben (vgl. oben zur BGS/EWS 1995 und zur BGS/EWS 1998). Im Gegenteil hat er auch den Kläger ausweislich der angefochtenen Bescheide vom 9. Dezember 2013 erstmals zu Herstellungsbeiträgen herangezogen und bereits geleistete Vorauszahlungen (vgl. Bescheide des Beklagten vom 9.12.2013 unter Abzug von Vorauszahlungen aus den Bescheiden vom 19.8.2010, 3.10.2006 und 9.10.2006) in voller Höhe in Abzug gebracht. Daher war eine Einstellung bloß des Restbuchwertes nicht geboten.

(5) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte den beitragsfähigen Herstellungsaufwand nicht um einen dem Anteil der Molkerei an der Kapazität der Kläranlage des Abwasserverbands entsprechenden Anteil zu kürzen.

Ausweislich § 5 Abs. 1 Buchst. a) AVS 2015 hat der Beklagte als Mitglied des Abwasserzweckverbandes ... ein Belastungskontingent von 9.900 EGW (Einwohnergleichwerten). Hierin enthalten ist ein Belastungskontingent von 3.000 EGW für eine Molkerei, das bei der Planung der Erweiterung der Kläranlage des Abwasserzweckverbands im Jahr 2004 dem Anteil des Beklagten von heute insgesamt 9.900 EGW zugerechnet worden ist. Dass die Molkerei im Jahr 2009 ihren Betrieb eingestellt hat, ändert am (anteiligen) Herstellungsaufwand für die Kläranlage nichts, da diese im Jahr 1995 in Betrieb genommen und im Jahr 2004 erweitert worden ist. Der Herstellungsaufwand ist also zu einem Zeitpunkt entstanden, als die Molkerei noch in Betrieb war. Dass dem Beklagten eine Betriebsschließung fünf Jahre später vorhersehbar gewesen wäre, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Aus welchem Rechtsgrund heute die anderen Verbandsmitglieder verpflichtet sein sollten, das auf den Beklagten anfallende Kontingent durch ihre Beitragszahler mitzufinanzieren, weshalb sie gar verpflichtet wären, satzungsmäßig einen geänderten Umlageschlüssel zu vereinbaren, hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt. Die vom Kläger aufgezeigte Möglichkeit, durch Rechtsbehelfe mit unsicheren Erfolgschancen die anderen Verbandsmitglieder zu einer Anpassung der Satzung zu zwingen, ändert bis zu einer Satzungsänderung nichts an der entstandenen Zahlungspflicht des Beklagten. Für den hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt ist jedenfalls der dem Belastungskontingent des Beklagten von 9.900 EGW entsprechende Anteil am Herstellungsaufwand der Kläranlage in die Kalkulation einzubeziehen. Dies ist auch geschehen. Dass die durch den Wegfall der Molkerei deutlich geringere Schmutzfracht aus dem Gemeindegebiet des Beklagten zu einer geringeren Gesamtbelastung der Kläranlage im laufenden Betrieb führt, mag gebührenrechtlich relevant sein; für den hier ansatzfähigen beitragsrechtlichen Herstellungsaufwand ist es irrelevant.

c) Der von der Klägerin geschuldete Herstellungsbeitrag ist dem Grunde nach auch im Übrigen wirksam entstanden.

Eine Herstellungsbeitragsschuld entsteht, wenn alle in der Herstellungsbeitragssatzung bezeichneten Maßnahmen abgeschlossen sind, also mit Benutzbarkeit der Einrichtung nach Beendigung der Herstellungsmaßnahme. Zudem muss die Gemeinde zum Zeitpunkt des Entstehens eines Herstellungsbeitrags nicht nur über eine wirksame Stammsatzung, sondern gleichzeitig auch über eine wirksame Beitragssatzung verfügen, was hier der Fall ist (vgl. oben).

Die erforderliche Benutzbarkeit der Einrichtung trat nach vorläufiger Beendigung der Herstellungsmaßnahme vor dem 5. November 2013 und damit vor Inkrafttreten der EWS 2013 und der BGS/EWS 2013 ein.

Ausweislich der Sitzungsprotokolle des Gemeinderats des Beklagten (Geheft zum Schriftsatz vom 16.6.2017), deren sachliche Richtigkeit insoweit vom Kläger auch nicht bestritten wird, wurden die in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 EWS 2013 genannten und in den Bauabschnitten BA 01 bis BA 14 zusammengefassten Herstellungsmaßnahmen in den Jahren 1995 bis 2013 ausgeführt und abgeschlossen. Dies zeigt die Auswertung der Beschlüsse des Gemeinderat des Beklagten (vgl. nur Sitzungsprotokollauszug vom 21.1.1991 unter TOP 1 mit einem Gesamtkonzept für die Ortsentwässerung; Sitzungsprotokollauszug vom 6.2.1991 unter TOP 2 mit einem fachbehördlich beratenen Beschluss für ein modifiziertes Mischsystem; Sitzungsprotokollauszug vom 15.4.1991 unter TOP 1 mit einem in einzelne Bauabschnitte aufgeteilten Gesamtkonzept für die Ortsentwässerung in allen vier Ortsteilen). Eine frühere Fertigstellung ist nicht ersichtlich, denn die Baumaßnahmen erfolgten planerisch als Gesamtpaket, auch wenn sie zeitlich gestreckt teils neben- und teils nacheinander verwirklicht worden sind (vgl. BKPV, Beratung vom 17.4.2015, S. 2 f.). Rechtlich ist hiergegen nichts zu erinnern, denn bei der Beurteilung, ob eine Entwässerungsanlage ein Provisorium darstellt oder als funktionsfähige und betriebsfertig hergestellte, also als endgültig anzusehende Anlage zu betrachten ist, ist grundsätzlich in erster Linie auf den Planungswillen des Einrichtungsträgers abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2001 – 23 ZB 00.3118 – juris Rn. 9 m.w.N.). Eine Aufspaltung in einzeln und jeweils durch neu zu erlassende Herstellungs- bzw. Verbesserungsbeitragssatzungen abzurechnende Abschnitte ist hier rechtlich nicht geboten.

Hier sind die „Bürgermeisterkanäle“, auf welche der Kläger abstellt, nur als Provisorium anzusehen, an welche der Anschluss der Grundstücke keinen Beitragstatbestand auslöste. Eine beitragsrelevante Vorteilslage nach Art. 5 Abs. 1 KAG liegt erst vor, wenn über eine tatsächliche Anschlussnahme hinaus dem Beitragspflichtigen erstmals der rechtlich gesicherte Vorteil der Ableitung in die leitungsgebundene Einrichtung geboten worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2017 – 9 B 19.06 – juris Rn. 26 m.w.N.) bzw. sobald für das konkrete Grundstück die betriebsbereite Einrichtung so zur Verfügung steht, dass es anschließbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2017 – 20 ZB 15.1708 – juris Rn. 21). Betriebsbereit ist die Einrichtung, wenn alle Teile fertiggestellt sind, um die unschädliche Beseitigung des Abwassers bzw. hier des Niederschlagswassers zu gewährleisten; eine vollständige Fertigstellung der Anlage ist nicht erforderlich (BayVGH, B.v. 9.3.2017 – 20 ZB 15.1709 – juris Rn. 34). Dies ist aus o.g. Gründen nicht bereits mit dem tatsächlichen Anschluss an die „Bürgermeisterkanäle“ der Fall gewesen, sondern erst mit der Herstellung der hier streitbefangenen Entwässerungseinrichtung nach Maßgabe der Planungen des Beklagten. Dazu zählten die früher erstellten „Bürgermeisterkanäle“ zunächst nicht, denn wie die Beteiligten unstreitig stellten (Niederschrift vom 28.6.2017, S. 12), sind diese nach dem Planungswillen des Beklagten mittlerweile Teil der Entwässerungseinrichtung geworden, allerdings mit der heute beschränkten Zweckbestimmung einer reinen Niederschlagswasserableitung im Gegensatz zu einer in früheren Zeiten vorhandenen Ableitung von Niederschlags- und aus Einzelklärgruben überschießendem Schmutzwasser. Es handelte sich damals um die Überläufe der Kläranlagen für bereits vorgeklärte Abwässer. Somit sind sie erst jetzt sachlich und technisch in die Entwässerungseinrichtung einbezogen.

2. Der vom Kläger geschuldete Herstellungsbeitrag ist der Höhe nach zu Recht erhoben worden; substantiierte Einwendungen hiergegen sind nicht erhoben worden und Fehler auch nicht ersichtlich.

3. Der vom Kläger geschuldete Herstellungsbeitrag ist auch noch nicht verjährt.

Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf Verjährung, insbesondere; die zwanzigjährige Ausschlussfrist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG greift offensichtlich nicht.

Die Festsetzung des im Jahr 2013 mit der vorläufigen Fertigstellung entstandenen Herstellungsbeitrags war mit den streitgegenständlichen Herstellungsbeitragsbescheiden des Beklagten vom 9. Dezember 2013 noch zulässig.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist § 169 der Abgabenordnung (AO) in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe anwendbar, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt (vgl. Art. 19 Abs. 2 KAG). Durch die Neufassung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes, welches die Vorgängerregelung, die bei einer nichtigen Beitragssatzung keine zeitliche Begrenzung der Beitragserhebung nach dem Entstehen der Vorteilslage vorsah, für verfassungswidrig erklärte (BVerfG, B.v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08 – BGBl I 2013, 820 = BayVBl 2013, 465), nachgekommen (vgl. BayVGH, U.v. 12.3.2015 – 20 B 14.1441 – KommunalPraxis BY 2015, 229, juris Rn. 22; nachgehend: BVerwG, B.v. 3.9.2015 – 9 B 39/15 – juris). Der aus der Anschlussmöglichkeit erwachsende Vorteil ist hier eingetreten, da das klägerische Grundstück nach Vortrag des Klägers jedenfalls seit dem Jahr 2006, nach Vortrag des Beklagten erst seit dem Jahr 2008, erschlossen ist.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist hier auch nicht Verjährung nach der dreißigjährigen Verjährungsfrist eingetreten. Ihre Anwendung setzt voraus, dass die Vorteilslage bereits vor Beginn dieser Frist entstanden ist. Der Kläger macht geltend, seine Grundstücke seien bereits Ende der 60er Jahre an die Entwässerungsanlage angeschlossen. Der Beklagte hingegen verweist darauf, die „Bürgermeisterkanäle“, auf welche sich der Kläger als Anschluss seiner Grundstücke bezieht, seien wohl schon vor der Eingemeindung des Ortsteils ... in die Gemeinde des Beklagten im Jahr 1972 angelegt worden, hätten der Ableitung des Straßenabwassers, des Niederschlagswassers der Anliegergrundstücke und des Überlaufwassers aus den privaten kleinkläranlagen gedient und seien in den Bauabschnitt BA 12 als Niederschlagswasserkanäle integriert worden (VG-Akte Bl. 114; Schreiben der VG ... vom 29.7.2016, Ordner „Teil II“ zu FlNr. ... Bl. 83 mit Lageplan; Aktenvermerk der VG ... vom 16.8.2016, Ordner „Teil II“ zu FlNr. ... Bl. 90 S. 2 Abs. 4). Als der Kläger auf seinem Grundstück FlNr. ... im Jahr 1988 sein Wohnhaus errichtet habe, hätte der Anschluss über die „Bürgermeisterkanäle“ nur noch als Provisorium weiterbestehen dürfen, da er nicht dem Stand der Technik entsprochen habe (vgl. Sitzungsprotokollauszug vom 29.3.1993 unter TOP 6 mit der Forderung der ... Bürger nach einem Anschluss an die Verbandskläranlage statt einer Sanierung der Hauskläranlagen). Insofern stellten die Beteiligten unstreitig, dass diese nach dem Planungswillen des Beklagten erst heute Teil der Entwässerungseinrichtung geworden sind mit der beschränkten Zweckbestimmung einer reinen Niederschlagswasserableitung im Gegensatz zu einer in früheren Zeiten vorhandenen Ableitung von Niederschlags- und aus Einzelklärgruben überschießendem Schmutzwasser. Es handelte sich damals um die Überläufe der Kläranlagen für bereits vorgeklärte Abwässer (Niederschrift vom 28.6.2017, S. 12).

Entgegen der Ansicht des Klägers war der Beitrag im Zeitpunkt der Festsetzung nicht verjährt, denn die vierjährige Festsetzungsfrist war noch nicht abgelaufen. Dabei ist zu berücksichtigen ist, dass die Beitragsschuld für das streitgegenständliche Grundstück, wie dargelegt, gemäß § 3 Abs. 2 BGS/EWS 2013 erstmals mit Inkrafttreten dieser Abgabesatzung am 8. November 2013 entstanden ist. Denn ohne rechtsgültige Beitragssatzung kann keine Beitragsschuld entstehen (vgl. BayVGH, U.v. 16.3.2005 – 23 BV 04.2295 – BayVBl 2006, 108), wobei die Vorgängersatzungen aus o.g. Gründen nichtig sind (vgl. oben).

Der Herstellungsbeitrag unterliegt gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 3 KAG i.V.m. § 169 AO der Festsetzungsverjährung von vier Jahren. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist die Festsetzung einer Kommunalabgabe nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; diese beginnt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist; im Fall der Ungültigkeit einer Beitragssatzung gilt diese Regelung mit der Maßgabe, dass die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Beitragssatzung bekanntgemacht worden ist. Hier also endet die Frist vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Entstehung der Beitragsschuld – d.h. Bekanntmachung der gegenständlichen Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung im Jahr 2013 – also am 31. Dezember 2017 und damit nach Erlass der angefochtenen Bescheide vom 9. Dezember 2013.

III.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Juni 2017 - Au 6 K 16.1240, Au 6 K 16.1241, Au 6 K 16.1415

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Juni 2017 - Au 6 K 16.1240, Au 6 K 16.1241, Au 6 K 16.1415

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 28. Juni 2017 - Au 6 K 16.1240, Au 6 K 16.1241, Au 6 K 16.1415 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Referenzen - Urteile

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulas

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Tenor 1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks Flurnummer 595/6 der Gemarkung S … Dieses hatte er im Rahmen der Flurbereinigung erworben. Mit „Vorauszahlungsbescheid zur Entwässerung“ der Stadt S. vom 20. Februar 1985 wurde der Kläger in Höhe von 3675,63 DM in Anspruch genommen.

Mit Schreiben des Kommunalunternehmens S. vom 21. August 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass zur Vorbereitung der Beitragserhebung ermittelt werde, in welcher Höhe Beiträge bereits geleistet worden seien. Für das Grundstück des Klägers ergebe sich nach den Unterlagen eine bisher geleistete Beitragszahlung in Höhe von 1879,32 €.

Aufgrund der Entwässerungssatzung und der Beitrags- und Gebührensatzung des Kommunalunternehmens S. vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2012 einen Herstellungsbeitrag von 1932,00 € fest (Beitragsanteil auf beitragspflichtige Grundstücksfläche 644 m² zu 1,25 €/m²; auf beitragspflichtige Geschossflächen 161 m² zu 7,00 €/m²). Die bisher geleisteten Beiträge wurden abzüglich der Abschreibung (verbrauchte Beiträge 1299,42 €) in Höhe von 579,90 € angerechnet, womit sich ein zu zahlender Herstellungsbeitrag von 1352,10 € ergab.

Der Kläger erhob am 24. April 2012 Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger Anfechtungsklage. Mit Urteil vom 1. Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Bescheid vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 seien rechtmäßig. Zu Recht sei der Beklagte davon ausgegangen, dass erst mit Inkrafttreten der Entwässerungssatzung des Beklagten und der dazugehörigen Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 erstmals wirksam eine Beitragspflicht begründet wurde mit der Folge, dass - mangels einer Übergangsregelung in der Satzung - früher geleistete Beitragszahlungen (grundstücks-, nicht personenbezogen) auf den sich satzungsgemäß ergebenden Herstellungsbeitrag anzurechnen sind. Für die nunmehr der BGS-EWS des Beklagten vom 23. November 2011 unterworfene „Entwässerungseinrichtung S.“ (vgl. § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung des Beklagten vom 23. November 2011 - EWS 2011) habe für die früher nicht nur technisch, sondern auch rechtlich getrennten (Teil-)Entwässerungsanlagen der bis 30. April 1978 selbständigen Gemeinde W … einerseits und der Stadt S. … andererseits zuvor zu keiner Zeit gültiges Satzungsrecht bestanden (wird ausgeführt).

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der der Beitragsveranlagung des Grundstücks des Klägers zugrunde liegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. November 2011 (BGS-EWS 2011) seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie bereits dargelegt, waren die Vorgängersatzungen nichtig. Der Kläger habe kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ungültige Abgabesatzungen nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt würden. Der bayerische Landesgesetzgeber habe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, BGBl I 2013, 820 ff. = BayVBl 2013, 465 ff. = NVwZ 2013, 1004 ff.) umgesetzt und in Art. 19 Abs. 2 KAG eine entsprechende Regelung geschaffen, die am Tage der Entscheidung in der vorliegenden Streitsache in Kraft getreten ist. Die dort bestimmte 30-jährige Verjährungsfrist seit Eintreten der Vorteilslage - der Kläger war 1989 und 1992 zu Beitragsleistungen herangezogen worden - sei vorliegend ersichtlich noch nicht abgelaufen.

Bedenken an der Wirksamkeit der Stammsatzung, der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung S. des Beklagten vom 23. November 2011 (EWS 2011), die Voraussetzung einer wirksamen Beitragssatzung ist, seien nicht geltend gemacht worden; sie seien auch sonst nicht ersichtlich. Auch hielten die Regelungen der BGS/EWS [2011] materiell-rechtlich einer gerichtlichen Nachprüfung stand. Die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen sei ordnungsgemäß erfolgt. Da vorliegend der jeweilige Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt worden sei, komme die vom Kläger begehrte vollumfängliche Anrechnung seiner erbrachten Vorleistungen nicht in Betracht. Insoweit könne letztlich nichts anderes gelten als in dem Fall, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmals gültigen Satzung beim Herstellungsaufwand berücksichtigte Anlagenteile keinen Vorteil mehr hätten vermitteln können, wenn z. B. eine alte Kläranlage habe abgebrochen werden müssen. In diesem Fall beziehe sich ein Teil der vom Beitragspflichtigen erbrachten Vorleistungen auf Investitionen für Anlagenteile, die nicht mehr vorhanden seien, vom beitragspflichtigen Grundstückseigentümer jedoch über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen worden seien. Dies rechtfertige es, die erbrachte Vorleistung in dem Maße prozentual zu kürzen, das dem Vorteil entspreche, den der Altanschließer aus dem nicht mehr vorhandenen Anlageteil bisher gezogen habe. Entsprechendes gelte für den vorliegenden Fall, wo Anlagenteile zwar noch nicht „verschwunden“, jedoch infolge Abschreibungen nur noch mit einem „Rest(buch) wert“ vorhanden seien. Zu entsprechenden Ergebnissen sei der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Fällen gekommen, in denen (bislang) gemeindliche Einrichtungen von einem neuen Einrichtungsträger - einem Zweckverband - übernommen worden seien. Danach hätten die Mitgliedsgemeinden den Altanschließern noch nicht verbrauchte (abgeschriebene) Herstellungsbeiträge zurückzuzahlen, ggf. gestaffelt nach dem Zeitpunkt, zu dem sie für die gemeindliche Einrichtung beitragspflichtig geworden seien, mithin unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung durch den Altanschließer. Da derartige Trägerwechsel - von (Mitglieds-)Gemeinden auf einen Zweckverband - in ihren Auswirkungen der vorliegenden Konstellation, dass durch die Verbindung zweier bisher technisch und rechtlich getrennter Entwässerungseinrichtungen eine „neue“ Einrichtung desselben Einrichtungsträgers geschaffen werde, vergleichbar seien, gelte vorliegend nichts anderes. Gegen die rechnerische Ermittlung des Abschreibungssatzes durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband habe der Kläger Maßgebliches nicht eingewendet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung seien auch nicht ersichtlich. Indem der Beklagte die im Jahr 1985 erbrachten Vorleistungen des Klägers mit einem jährlichen Abschreibungssatz von 2,88% unter Zugrundelegung eines von dem der Beitragszahlung jeweils folgenden Jahr bis 2010 reichenden Abschreibungszeitraums, in dem der Kläger als Altanschließer aus den Anlageteilen Vorteile - Nutzen - hätte ziehen können, gekürzt habe, habe er dem sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nachvollziehbar Rechnung getragen.

Die Beitragserhebung sei nicht wegen Zeitablaufs nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG unzulässig. Der Beitrag habe noch erhoben werden können, weil die Vorteilslage frühestens 1984 eingetreten sei und damit die Veranlagung am 13. April 2012 noch innerhalb des 30-jährigen Zeitraums des Art. 19 Abs. 2 KAG erfolgt sei. Diese Übergangsvorschrift sei vorliegend anwendbar, weil der Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vor dem 1. April 2014 festgesetzt worden sei. Der auf den Zeitraum ab 1984 eingegrenzte Eintritt der Vorteilslage ergebe sich zur Überzeugung der Kammer daraus, dass in den Plänen zum Bebauungsplan Nr. 21 vom 7. Dezember 1983 keine vorherige Bebauung erfasst worden sei, dass im Verzeichnis über die Herstellungskosten und Wiederbeschaffungszeitwerte sämtliche Schächte zwischen den maßgeblichen Anschlusspunkten mit dem Baujahr 1984 erfasst seien und dass am 18. Dezember 1984 eine Schlussabnahme für die Beendigung der Maßnahme („Kanalisation in der …“) erfolgt sei. Daraus ergebe sich, dass die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks frühestens mit Verlegung dieses Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gegeben gewesen sei. Gegen die Festlegung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in Art. 19 Abs. 2 KAG bestünden keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 12.3.2015, 20 B 14.441, Rdnr. 28, juris) in einem obiter dictum Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Gleichheitssatz geäußert. Die Kammer schließe sich diesen Bedenken jedoch nicht an und habe keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift (wird ausgeführt).

Die Berufung werde nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage der Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift Art. 19 Abs. 2 KAG grundsätzliche Bedeutung habe und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 2015 (Az. 20 B 14.1441, Rdnr. 28, juris) und im Beschluss vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 15.218, Rdnr. 5, juris) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Dezember 2015 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 13. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Roth vom 6. Oktober 2014 aufzuheben.

Vorliegend sei grundsätzlich von einem Übergangsfall im Sinne des Art. 19 Abs. 2 KAG auszugehen, bei dem der streitgegenständliche Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vom 13. April 2012 vor dem 4. April 2014 festgesetzt worden sei. In einem derartigen Fall solle die Festsetzungsfrist einheitlich 30 Jahre ab dem Eintritt der Vorteilslage betragen. Das Verwaltungsgericht habe sowohl den maßgeblichen Eintritt der Vorteilslage als auch die Unvereinbarkeit der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV verkannt. Das Verwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung davon aus, dass die für den Lauf der Verjährungsfrist maßgebende Vorteilslage erst im Jahr 1984 eingetreten sei. Dies würde sich daraus ergeben, dass die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstückes des Klägers frühestens mit Verlegung des betreffenden Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gewesen sei. Dies sei unzutreffend, denn maßgeblich sei das Inkrafttreten des Bebauungsplanes im Jahre 1983, was einen Zeitraum bis zum Bescheidserlass von 29 Jahren ergebe, sodass es maßgeblich auf die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG ankomme. Diese Regelung sei jedoch verfassungswidrig. Insoweit werde auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. März 2015 (Aktenzeichen: 20 B 14.1441) verwiesen. Auf die Frage, ob bei der streitgegenständlichen Veranlagung die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen ordnungsgemäß erfolgt sei, komme es deswegen nicht mehr an.

Der Beklagte beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Frage, welche baulichen und sonstigen Maßnahmen beim technischen Zusammenschluss der Anlage im Jahre 2008 getätigt worden seien, verweise der Beklagte auf das vorgelegte Schreiben des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 5. Dezember 2014. Mit dem technischen Zusammenschluss der vormals - auch rechtlich - getrennten Einrichtungen S. … und W … sei eine neue Einrichtung entstanden. Es hätten in erheblichem Umfang Investitionen an der zentralen Kläranlage in S … vorgenommen werden müssen, um eine ordnungsgemäß funktionierende Entwässerung zu gewährleisten. Zum einen hätten Anlagegüter im Umfang von rund 65% des noch vorhandenen Wertes der Kläranlage erneuert oder zusätzlich geschaffen werden müssen. Die Kläranlagen in W … und Sch … seien aufgelassen worden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Umgestaltung des Kanalnetzes hätten fast der Hälfte des Wertes des vorhandenen Kanalnetzes (Wert zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses) entsprochen. Die noch nicht abgeschlossene Umgestaltung beinhalte folgende Maßnahmen: Erstellung von Verbindungsleitungen (über 6,8 km) zur Zentralkläranlage, Auswechslung hydraulisch überlasteter Kanäle, Erneuerung bestehender Kanäle, Umstellung in Teilbereichen von Mischauf Trennsystem, Erweiterung des Kanalnetzes, 13 zusätzliche Sonderbauwerke, Erneuerung eines weiteren Sonderbauwerks in Wa … Der kommunale Prüfungsverband gehe davon aus, dass durch den technischen Zusammenschluss von S … und W … eine neue Einrichtung entstanden sei, die erstmals einen Vorteil für die angeschlossenen Grundstücke vermittelt habe. Die ursprünglichen Anlagen seien untergegangen und damit auch der Vorteil. Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der 30-jährigen Festsetzungsverjährungsfrist komme es deshalb nicht an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis richtig. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2014 findet in der Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 (BGS/EWS 2011) eine rechtliche Grundlage und verletzt den Kläger auch mit der konkreten Festsetzung nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die des Beklagten. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass seiner Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 (BGS/EWS 2011) Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Abgabesatzung und der zugrunde liegenden Entwässerungssatzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid hat auf jeden Fall eine rechtliche Grundlage in der BGS/EWS 2011, weil es sich bei der durch den streitgegenständlichen Bescheid abgerechneten Maßnahme um eine Neuherstellung der Entwässerungsanlage des Beklagten handelt, so dass es auf die Wirksamkeit der Vorgängersatzungen nicht ankommt.

Der Beklagte ist als selbständiges Kommunalunternehmen (Art. 84 BayGO) in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts richtiger Beklagter (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil er den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Der Beklagte ist auch für den Erlass des Herstellungsbeitragsbescheids sachlich zuständig und befugt. Die Gemeinden können Kommunalunternehmen einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben ganz oder teilweise übertragen (Art. 89 Abs. 2 BayGO). Die Aufgabe der Abwasserbeseitigung hat die Stadt S. an das Kommunalunternehmen S. durch § 2 Abs. 1 der Unternehmenssatzung des Kommunalunternehmens S. vom 16. November 2004 übertragen, die entsprechende Befugnis, Abgabebescheide zu erheben, ausdrücklich jedoch nicht. Zwar ist zu beachten, dass eine dem Art. 22 Abs. 1 KommZG entsprechende Regelung, wonach ausdrücklich auch die Befugnis, Abgaben zu erheben auf den Zweckverband übergeht, in Art. 89 GO nicht enthalten ist und es eine allgemeine Regel, die Befugnis folge immer der Aufgabe, nicht gibt. Bei der Gründung von Kommunalunternehmen ist aber eine ausdrückliche Übertragung der Befugnis, Beiträge zu erheben neben der Aufgabenübertragung nicht erforderlich. Art. 91 Abs. 4 GO bestimmt, dass das Unternehmen zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in demselben Umfang berechtigt ist wie die Gemeinde, wenn es auf Grund einer Aufgabenübertragung nach Art. 89 Abs. 2 hoheitliche Befugnisse ausübt und bei der Aufgabenübertragung nichts Abweichendes geregelt wird. Damit geht die Vorschrift stillschweigend davon aus, dass bei Kommunalunternehmen mit der Aufgabe auch die Befugnis übergeht.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Herstellungsbeitragsbescheides (Art. 5 Abs. 1 KAG) liegen vor. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung ist nicht verletzt, weil der Beklagte zu Recht von einer Neuherstellung der Wasserversorgungsanlage in seinem Gemeindegebiet ausgegangen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 19.5.2010 - 20 N 09.3077 - BayVBl. 2011, 116 = juris Rn. 43 m.w.N.) wird der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung dann nicht verletzt, wenn Beiträge für eine Neueinrichtung verlangt werden sollen, denn für sie war eine früher erbrachte Leistung nicht bestimmt. Von einer wiederum beitragsfähigen Herstellung einer neuen Einrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG ist bei leitungsgebundenen Einrichtungen dann auszugehen, wenn die vorhandene Einrichtung durch die Baumaßnahme grundlegend umgestaltet bzw. erneuert wird und sie nach der Verkehrsauffassung nunmehr als eine andere bzw. neue Einrichtung anzusehen ist. Dabei kommt es maßgeblich auf den bisherigen Umfang und Zustand der alten Einrichtung an, etwa ob sie unter Beachtung neuzeitlicher Anforderungen unzureichend oder untragbar geworden ist, und auf Erfordernisse und Zwänge, die Anlass für die Umgestaltung sind. Weisen in der neuen Gesamteinrichtung die neuen Teile ein erhebliches Übergewicht auf, ist im Regelfall von einer neuen Einrichtung auszugehen. An der Neuherstellung ändert sich auch nichts dadurch, dass in der neuen Einrichtung Teile der alten Anlage weiter verwendet werden, für die bereits Beiträge geleistet worden sind. Dies hindert nicht das Entstehen neuer Beitragspflichten, sondern wirkt sich allenfalls aufwandmindernd aus (vgl. BayVGH U.v. 27.11.2003 - 23 B 03.1250 - BeckRS 2003, 31487, beck-online). Soweit Altanlagenteile in die Neuanlage einbezogen werden, ist zweckmäßigerweise deren Restbuchwert bei der Kalkulation der Beitragssätze für die neu erstellte Anlage zu berücksichtigen. Frühere Beitragsleistungen der Altanschließer sind durch die Gewährung eines Abschlags auf die neue Beitragsschuld zu berücksichtigen, der sich an dem Verhältnis des Restbuchwertes zum Gesamtbuchwert zu orientieren hat (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 749 m.w.N.). So verhält es sich auch hier. Mit dem Zusammenschluss der vormals zumindest technisch getrennten Entwässerungsanlagen ist eine neue Entwässerungsanlage entstanden. Diese Betrachtung wird durch die getätigten umfangreichen Verbesserungsmaßnahmen untermauert. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten hätten Anlagegüter im Umfang von rund 65% des noch vorhandenen Wertes der Kläranlage erneuert oder zusätzlich geschaffen werden müssen. Die Kläranlagen in W … und Sch … sind aufgelassen worden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Umgestaltung des Kanalnetzes hätten fast der Hälfte des Wertes des vorhandenen Kanalnetzes (zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses) entsprochen. Die Umgestaltung beinhalte folgende Maßnahmen: Erstellung von Verbindungsleitungen (über 6,8 km) zur Zentralkläranlage, Auswechslung hydraulisch überlasteter Kanäle, Erneuerung bestehender Kanäle, Umstellung in Teilbereichen von Mischauf Trennsystem, Erweiterung des Kanalnetzes, 13 zusätzliche Sonderbauwerke, Erneuerung eines weiteren Sonderbauwerks in Wa … Damit kann nicht mehr von einer Verbesserung, Reparatur oder Erneuerung gesprochen werden. Infolgedessen hat der Beklagte den Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt, wobei allerdings die (Neu-)Investitions-maßnahmen diesen Restbuchwert bei weitem überstiegen haben.

Von dieser Einschätzung ist das Verwaltungsgericht in seinem durch die Berufung des Klägers angefochtenen Urteil (Seite 10 f.) ebenfalls ausgegangen. Unzutreffend zieht das Verwaltungsgericht jedoch den Schluss, dass für das erstmalige Entstehen der für die streitgegenständliche Beitragserhebung maßgeblichen Vorteilslage der erstmalige Anschluss des Grundstücks des Klägers an die ursprüngliche Entwässerungseinrichtung maßgeblich ist. Handelt es sich um eine Neuherstellung einer Entwässerungsanlage, kommt es für das Entstehen der Vorteilslage und damit für die Berechnung des Laufes der Zwanzigjahresfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG auf die Fertigstellung und die Benutzbarkeit der Neuanlage an. Dies war frühestens im Jahr 2008. Obwohl in der neuen Anlage noch nicht vollends abgeschriebene Investitionsgüter aus den Altanlagen vorhanden sind, stellt dies keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsklarheit dar, denn dieser Umstand wurde durch die Ansetzung des Restbuchwertes in der Beitragskalkulation entsprechend berücksichtigt. Damit kommt es auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung nach Art. 19 Abs. 2 KAG nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird abgelehnt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.302,23 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth (Verwaltungsgericht), mit dem dieses den von der Beklagten erlassenen Bescheid über einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung der Beklagten aufgehoben hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 ihrer Entwässerungssatzung vom 10. Dezember 1996 (EWS 1996) betrieb die Beklagte zur Abwasserbeseitigung zunächst eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung für das Gebiet der Gemeindeteile Emtmannsberg und Troschenreuth. Hierfür erließ sie unter anderem eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 22. Juni 2007 (BGS-EWS 2007) und zur Finanzierung der ab dem Jahr 2007 vorgenommenen Baumaßnahmen an der Entwässerungsanlage eine Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung vom 22. Juni 2007 (BS-VE/EE).

Mit Urteil vom 27. Juli 2011 (B 4 K 09.1084) bewertete das Verwaltungsgericht die der BS-VE/EE zugrundeliegenden Maßnahmen als Neuherstellung der Entwässerungseinrichtung und erhielt die dort streitgegenständliche, auf die BS-VE/EE gestützte Vorauszahlung als Herstellungsbeitragsvorauszahlung unter Zugrundelegung der BGS-EWS 2007 aufrecht. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Januar 2012 (20 ZB 11.1948) ab.

In seiner öffentlichen Sitzung am 21. März 2013 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass die Abwasseranlage Emtmannsberg/Troschenreuth sowie die ab 2012 neu geschaffene Anlage Birk/Eichschlag eine Einrichtungseinheit bildeten. Die Gemeindeteile Birk und Eichschlag waren bis dahin nicht an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung vom 22. März 2013 (EWS 2013), in Kraft getreten am 1. April 2013, betreibt die Beklagte eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung für die Ortsteile Emtmannsberg mit Ausnahme der Fl.Nr. 165 und 190/4 der Gemarkung …, Troschenreuth, Eichschlag und Birk mit Ausnahme der Weiler Fickmühle, Eichen, Amoslohe und Eichhammer. Gleichzeitig mit der neugefassten EWS erließ die Beklagte die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 22. März 2013 (BGS-EWS 2013), die ebenfalls am 1. April 2013 in Kraft trat.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2013 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 325/7 der Gemarkung … nach den Beitragssätzen der BGS-EWS 2013 einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 12.302,23 € fest und verlangte unter Verrechnung einer Vorauszahlung von 9.253,48 € die Zahlung von 3.048,75 €.

Der hiergegen vom Kläger fristgerecht erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Juni 2015 stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Festsetzung eines Herstellungsbeitrags für die Entwässerungseinrichtung nicht mehr zulässig gewesen sei, weil die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2012 abgelaufen sei. Diese beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Herstellungsbeitrag entstanden sei. Dieser sei spätestens mit Anschluss des im ursprünglichen Einrichtungsgebiet Emtmannsberg/Troschenreuth gelegenen Grundstücks an die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung vor dem 31. Dezember 2008 auf der Grundlage der BGS-EWS 2007 entstanden. Von der Wirksamkeit dieser Satzung sei auszugehen, da die Beklagte die darin bestimmten Beitragssätze nicht substantiiert in Frage gestellt habe. Das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass die diesen Beitragssätzen zugrundeliegende Globalberechnung fehlerhaft sei, weil ein Satzungsbüro im Rahmen der Globalberechnung 2013 einen anderen Aufwand ermittelt habe, reiche hierfür nicht aus. Zur Substantiierung der Kalkulationsrüge sei mindestens darzulegen gewesen, warum die Ansätze der Kämmerei für falsch und die des Satzungsbüros für richtig gehalten würden. Ohne ein konkretes Vorbringen müsse das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Beitragssätze nicht nachgehen. Der Beitragstatbestand sei erfüllt gewesen, als für das bebaute Grundstück des Klägers ein Recht zum Anschluss an die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth bestanden habe. Das Anschlussrecht setze gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EWS 1996 voraus, dass das Grundstück durch einen Kanal erschlossen werde, was dann der Fall sei, wenn es an einem betriebsbereiten öffentlichen Kanal tatsächlich angeschlossen werden könne. Betriebsbereit sei die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth vor dem 31. Dezember 2008 gewesen, weil bereits vor diesem Zeitpunkt das Abwasser nicht mehr der alten, sondern der neuen Kläranlage zugeführt worden sei. Dass es sich hierbei bis Anfang 2009 um einen „Probebetrieb“ in dem Sinne gehandelt habe, dass die technische Ausstattung - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - noch überprüft und ergänzt worden sei, sei für das Entstehen des Herstellungsbeitrags unerheblich. Entscheidend sei, dass die Vorteilslage, d.h. die Möglichkeit der Inanspruchnahme der neu hergestellten Entwässerungseinrichtung mit dem Anschluss an die neue Kläranlage zweifelsfrei eingetreten sei. Die vierjährige Festsetzungsfrist habe daher am 31. Dezember 2012 geendet.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit dem vorliegenden Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 VwGO geltend macht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestünden, da es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht allein darauf ankommen könne, ob das Abwasser noch der alten oder bereits der neuen Kläranlage zugeführt werde. Maßgeblich sei, ob die Kläranlage plangerecht und betriebsfertig hergestellt sei oder nicht. Die Fertigstellung des Rohbaus der neuen Kläranlage sei im Oktober 2008 erfolgt. Noch beim Jour fixe am 6. November 2008 sei festgelegt worden, dass die Anlage die nächste Zeit probeweise im internen Kreislauf betrieben werden solle, um eventuelle Fehler vor Inbetriebnahme zu lokalisieren. Das für die Planung und Bauleitung tätige Ingenieurbüro habe der Beklagten dazu bestätigt, dass ab dem 11. November 2008 das Einfahren der Anlage begonnen habe und im Frühjahr 2009 festgestellt worden sei, dass der Sauerstoffanteil nicht ausreichend sei. Als Ursache sei der Belüfter, ein wesentliches Element der biologischen Reinigungsstufe, erkannt worden, der dann später ausgetauscht worden sei. Daneben werde auf eine E-Mail der ausführenden Firma an das Ingenieurbüro und die Beklagte vom 27. August 2015 verwiesen, in welcher festgehalten sei, dass noch 2009 in erheblichem Umfang Arbeiten zur endgültigen Fertigstellung erforderlich gewesen seien. Die technische Abnahme sei am 15. Juni 2009 erfolgt. In dieser sei auch das tatsächliche Bauende am 10. Juni 2009 festgehalten. Aus dem tatsächlichen Verlauf folge daher, dass der Umstand, dass der Probebetrieb ab dem 11. November 2008 stattgefunden habe, nicht maßgeblich sei, weil die Anlage jedenfalls vor der technischen Abnahme nicht als endgültig hergestellt angesehen werden könne und auch nicht vollständig funktions- und leistungsfähig gewesen sei. Sowohl das Bundesverfassungsgericht (B.v. 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 2) als auch der Senat (U.v. 14.4.2011 - 20 BV 11.133 -) verlange für das Entstehen des Beitrags eine „insgesamt betriebsfertige Einrichtung“. Der 23. Senat habe in seinem Beschluss vom 27. Juli 2007 (23 ZB 07.897 - juris Rn. 26) ausgeführt, dass eine „voll funktionsfähige Entwässerungsanlage“ notwendig sei. Im Beschluss vom 1. Februar 2001 (23 ZB 00.3123 - juris Rn. 9) führe der 23. Senat aus, dass bei der Beurteilung, ob eine Entwässerungsanlage ein Provisorium darstelle oder als funktionsfähige und betriebsfertig hergestellte, also endgültig anzusehende Anlage zu betrachten sei, grundsätzlich in erster Linie auf den Planungswillen des Einrichtungsträgers abzustellen sei. Daraus folgere die Beklagte, dass es nicht darauf ankomme, ab wann erstmals das Abwasser in die neue Kläranlage einfließe, sondern wann die Entwässerungseinrichtung betriebsfertig hergestellt sei. Dieser Zeitpunkt sei im Jahr 2009 gelegen. Dies sehe auch das OVG Thüringen in rechtlicher Hinsicht in gleicher Weise (B.v. 6.1.2011 - 4 ZKO 548/09).

Daneben sei die BGS-EWS 2007 nichtig, da sie keine Regelung enthalte, wonach für Grundstücke, von denen nach der Stammsatzung kein Niederschlagswasser eingeleitet werden dürfe, der Grundstücksflächenbeitrag nicht erhoben werde. Die Regelung für das Entstehen von Herstellungsbeiträgen sei daher unvollständig, da es an der notwendigen Abstufungsregelung fehle. Die BGS-EWS 2007 sei daher im Beitragsteil nicht wirksam. Daneben sei die Beklagte nach Durchsicht der Unterlagen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kalkulation, die der BGS-EWS 2007 zugrunde gelegen habe, fehlerhaft sei. Dies ergebe sich daraus, dass bei Ermittlung des Beitragsbedarfs 2007 der ursprüngliche Kostenanschlag zugrunde gelegt worden sei, der sich später als zu gering veranschlagt herausgestellt habe. Eine Anpassung an die tatsächlich entstandenen Kosten sei offenbar unterblieben. Richtig zusammengeführt sei die Gesamtinvestition höher gewesen (wird im Einzelnen ausgeführt). Die Kalkulation der BGS-EWS 2007 sei daher nicht tragfähig. Daher habe erst die BGS-EWS 2013 den Beitragsvorteil vermitteln können.

Wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergebe, sei die Berufung auch wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Die Fragestellung sei, ob das erstmalige Einleiten von Abwasser in die neue Kläranlage maßgeblich sei, oder ob der maßgebliche Zeitpunkt der der technischen Abnahme sei, oder ob auf einen dazwischenliegenden Zeitpunkt abzustellen sei. Diese Frage übersteige im tatsächlichen Bereich das durchschnittliche Maß und führe zu über das Durchschnittsmaß hinausgehenden rechtlichen Fragen. Daneben seien auch im Bereich des Satzungsrechts Fragen aufgeworfen, die mindestens in rechtlicher Hinsicht über das normale Durchschnittsmaß erheblich hinausreichende Schwierigkeiten bereiteten.

Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der frühestmögliche Zeitpunkt für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bei der Teileinrichtung Kläranlage deren technische Bauabnahme sei. Das Thüringer OVG habe in der bereits genannten Entscheidung vom 6. Januar 2011 (4 ZKO 548/09) den Leitsatz aufgestellt, dass eine Teileinrichtung Kläranlage frühestens mit der Bauabnahme betriebsfertig hergestellt sei. Bei der Inanspruchnahme der Teileinrichtung vor der Bauabnahme handele es sich um eine bloße provisorische Nutzung, die noch keine sachlichen Teilbeitragspflichten entstehen lasse. Diese Frage bedürfe im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung und habe deshalb grundsätzliche Bedeutung. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stelle insoweit bisher auf die „insgesamt betriebsfertige Einrichtung“ ab, ohne dass dies gleichbedeutend mit der technischen Bauabnahme sei. Zu der Frage habe sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bisher nicht geäußert.

Daneben liege auch eine Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor. Das Bundesverfassungsgericht halte in seinem Beschluss vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08) unter Randnummer 2 ausdrücklich fest, dass es der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entspreche, dass eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung Voraussetzung für die Beitragsentstehung sei. Auch die bereits genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2007 und vom 1. Februar 2001 knüpften an die „voll funktionsfähige Anlage“ an, was ein deutlich anderer Ansatz sei als der im angefochtenen Urteil. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht stelle im Beschluss vom 6. Januar 2011 (4 ZKO 548/09) sogar fest, dass die betriebsfertige Herstellung frühestens mit der technischen Bauabnahme vorliege. Von diesen Rechtssätzen weiche das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ab, indem es den frühest möglichen Zeitpunkt für das Entstehen der Beitragspflicht zugrunde lege, nämlich den Moment, in dem erstmals Abwasser in die neue Kläranlage einströme. Das Urteil beruhe auch auf dieser Abweichung.

Es liege auch ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen könne (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Noch im Vergleichsvorschlag vom 6. Mai 2015 habe das Verwaltungsgericht den Beteiligten mitgeteilt, dass von einer Festsetzungsverjährung nicht auszugehen sei. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger durch seinen Bevollmächtigten dann auf einen Zeitungsartikel hingewiesen, der über die Besichtigung der neuen Kläranlage durch den Gemeinderat 2008 berichtet habe. Trotz entsprechender Hinweise der Beklagten, insbesondere dass die technische Bauabnahme erst 2009 stattgefunden habe und vorher nur ein Probebetrieb, habe das Verwaltungsgericht diesen Punkt und die Tatsachenlage nicht näher aufgeklärt. Dies stelle eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO dar, auf dem das angefochtene Urteil auch beruhen könne. Daneben stelle es im Hinblick auf den vorangegangenen Hinweis auch eine Überraschungsentscheidung dar, weil sich der Beklagte auf den überraschenden Einwurf, obwohl der Zeitungsartikel sich bereits vorher und auch bei dem gerichtlichen Hinweis vom 6. Mai 2015 bereits in den Akten befunden hatte, plötzlich auf die Seite des Klägers gestellt habe, ohne darauf hinzuweisen, dass es beabsichtigte, dieser Betrachtung zu folgen. Wäre ein solcher Hinweis erfolgt, hätte sich die Beklagte eine weitere Äußerungsfrist erbeten. Dies stelle eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes sowie der Erörterungspflicht in der mündlichen Verhandlung, § 104 VwGO, sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, § 108 VwGO, dar. Umgekehrt habe das Verwaltungsgericht den Vortrag der Beklagten, dass Bedenken gegen die Wirksamkeit der BGS-EWS 2007 bestünden, trotz entsprechender kurzer Erläuterung durch die Bevollmächtigten der Beklagten nicht zugelassen, ohne der Beklagten Gelegenheit zu weiterer Darlegung einzuräumen. Auch dadurch seien der Untersuchungsgrundsatz, die Erörterungspflicht in der mündlichen Verhandlung und der Grundsatz rechtlichen Gehörs verletzt.

Die Beklagte beantragt sinngemäß:

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird zugelassen.

Der im Zulassungsverfahren nicht anwaltlich vertretene Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Berufungszulassungsverfahren, die Akten des Verwaltungsgerichts und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird abgelehnt, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.

1. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838; BayVGH, B.v. 24.2.2006 - 1 ZB 05.614 - juris Rn. 11; B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2).

a) Es bestehen auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten im Zulassungsverfahren keine ernstlichen Zweifel in diesem Sinne daran, dass die Vorteilslage hier bereits 2008 eintrat.

Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) i.d.F.d. Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264) können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Für die Frage, wann hier die Festsetzungsfrist für den Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung der Beklagten entstand, ist also maßgeblich, wann für den Kläger die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/ Troschenreuth, und zwar nach deren Neuherstellung, bestand. Der 23. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat bereits in seinem Urteil vom 31. August 1984 (23 B 82 A.461 - juris) ausgeführt, dass für das Entstehen der Beitragspflicht für das einzelne Grundstück nur maßgeblich sein könne, wann für dieses Grundstück eine betriebsbereite Einrichtung so zur Verfügung stehe, dass es anschließbar sei. Dies setze voraus, dass alle Teile fertiggestellt seien, die erforderlich seien, um eine unschädliche Beseitigung von Abwässern zu gewährleisten. Demgegenüber hat die Abnahme im Sinne des § 640 BGB, die nach dem Vortrag der Beklagten erst im Jahre 2009 stattfand und auf die sich die Beklagte im Zulassungsverfahren maßgeblich bezieht, allein vertragsrechtliche Bedeutung zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer, indem der Auftraggeber damit die Vertragsgemäßheit des hergestellten Werkes anerkennt, was unter anderem die Fälligkeit des vollständigen Kaufpreises auslöst (vgl. zum Ganzen nur Mansel in Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, Rn. 1 bis 2). Eine unschädliche Beseitigung von Abwässern im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des 23. Senats kann aber bereits dann möglich sein, wenn eine werkvertragsrechtliche Abnahme noch nicht möglich ist, weil etwa noch einzelne Mängel abzustellen sind oder noch nicht genau feststeht, dass die Anlage tatsächlich wie vertraglich vereinbart arbeitet. Für die Frage, ob im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung besteht, ist die werkvertragsrechtliche Abnahme daher ohne direkte Bedeutung oder Aussagekraft (dementsprechend offengelassen im Beschluss des 23. Senats vom 27.7.2007 - 23 ZB 07.897 - juris Rn. 26).

Im vorliegenden Fall war die unschädliche Abwasserbeseitigung aber bereits im Jahr 2008 vor der werkvertragsrechtlichen Abnahme gewährleistet, wie sich insbesondere aus der im Zulassungsverfahren vorgelegten Erklärung der ausführenden … … … … GmbH, B* … vom 27. August 2015 ergibt: Darin wird nach Darstellung der während des so genannten „Probebetriebs“ abgestellten Mängel ausgeführt, dass während des Probebetriebs das Abwasser zwar gereinigt werde, aber der Nachweis fehle, dass dies auch in allen Belastungsstufen gewährleistet sei. Dies stellt eine allein werkvertragsrechtliche Argumentation dar, die für den Eintritt der Vorteilslage im Sinne des Kommunalabgabenrechts aber irrelevant ist. Fest steht damit aber, dass bereits Ende 2008 eine unschädliche Beseitigung von Abwasser erfolgt ist und damit die neue Anlage benutzbar war.

Durch die bis Ende 2009 erfolgten „Nacharbeiten“ wird der Eintritt der Vorteilslage Ende 2008 entgegen der Argumentation der Beklagten nicht in Frage gestellt. Weder die nach der bereits erwähnten Erklärung der … GmbH, B … noch erfolgte Änderung der Öffnungsrichtung der Überstromklappen, die Änderung am Zulaufpumpwerk oder der Austausch der Sauerstoffsonde wegen Fehlfunktionen stellen die grundsätzliche Betriebsbereitschaft der Anlage in Frage. Bezeichnenderweise trägt die Beklagte auch gar nicht vor, dass während des so genannten „Probebetriebs“ eine unschädliche Beseitigung von Abwässern nicht erfolgt sei. Dies wäre aber der maßgebliche Ansatz.

Mit der Bezeichnung des Betriebs bis zur Abnahme als „Probebetrieb“ versucht die Beklagte vergeblich einen Bezug zu der Rechtsprechung des Senats zum Begriff einer provisorischen Entwässerungseinrichtung herzustellen. Nach der Rechtsprechung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist für die Beurteilung der Frage, ob eine leitungsgebundene öffentliche Einrichtung (noch) als Provisorium anzusehen ist, mit der Folge, dass hierfür noch keine Beiträge verlangt werden dürfen, in erster Linie auf die Planungsabsichten des Einrichtungsträgers abzustellen (U.v. 19.4.1993, - 23 B 92.171 - juris, Leitsatz und Rn. 28 bis 30; - ebenso U.v. 23.7.1998 - 23 B 96.918 - juris Rn. 31/32; B.v. 1.2.2001, - 23 ZB 00.3123 - juris Rn. 9). Hier hatte die Beklagte aber nie die Errichtung eines bloßen Provisoriums im Sinne. Nach der Planungsabsicht der Beklagten ging es ihr von Anfang an um die Herstellung einer neuen Entwässerungseinrichtung und nicht lediglich um die Herstellung eines Provisoriums. Daher führt die irreführende Verwendung des Begriffs „Probebetrieb“ nicht zu ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

b) Zum Zeitpunkt der Entstehung der Vorteilslage Ende 2008 fehlte es auch nicht an einer satzungsrechtlichen Grundlage für die Beitragserhebung. Das Entstehen der Beitragspflicht setzt neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine betriebsfertige Einrichtung auch das Vorliegen einer wirksamen Abgabesatzung voraus (st.Rspr. d. Senats, U.v. 14.4.2011 - 20 BV 11.133 - juris Rn. 23 m.w.N.). Zum maßgeblichen Zeitpunkt Ende 2008 war die maßgebliche Beitragssatzung, da laut dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Neuherstellung der Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth auszugehen war, die BGS-EWS 2007. Diese enthält zwar, wie die Beklagte im Zulassungsverfahren richtig ausgeführt hat, keine Regelung über einen eingeschränkten Grundstücksflächenbeitrag entsprechend des § 6 Abs. 2 der BGS-EWS 2013 für Grundstücke, die nach § 4 Abs. 5 der EWS 1996 nicht zur Einleitung von Niederschlagswasser berechtigt sind. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 21.10.2003 - 23 B 03.824 - BeckRS 2003, 31483 m.w.N.) ist eine derartige Beitrags- und Gebührensatzung in ihrem Beitragsteil nichtig, wenn eine zunehmende Häufung von derartigen Sonderfällen vorliegt, die eine hierfür geltende eigenständige Satzungsregelung erforderlich macht (vgl. U.v. 24.10.1996 - 23 B 93.3172 - BeckRS 1996, 17832). Andernfalls, also wenn keine Häufung von derartigen Sonderfällen vorliegt, überschreitet der Satzungsgeber, auch wenn er eine derartige Regelung unterlässt, seinen ihm zustehenden weiten Ermessensspielraum nicht (ebenso B.v. 17.9.2001 - 23 CS 01.1517 - juris Rn. 41 bis 43). Dass hier im Einzugsbereich der Entwässerungsanlage Emtmannsberg/Troschenreuth eine Situation vorläge, bei der so viele Grundstücke, die nur Schmutzwasser in die Entwässerungseinrichtung einleiten dürften, vorlägen, dass eine entsprechende Satzungsregelung in der Beitrags- und Gebührensatzung erforderlich wäre, ist nicht ersichtlich und wird bezeichnenderweise auch von der Beklagten, die dies ohne besondere Schwierigkeit auch darlegen könnte, nicht geltend gemacht. Von einer Nichtigkeit der BGS-EWS 2007 kann daher aus diesem Grunde nicht ausgegangen werden.

Zu einer Nichtigkeit der BGS-EWS 2007 führt schließlich auch nicht der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und im Zulassungsverfahren geltend gemachte Kalkulationsfehler. Denn die geltend gemachten Abweichungen würden im Ergebnis allenfalls eine Unterdeckung der Kalkulation für die BGS-EWS 2007 bewirken, da nach dem Vortrag der Beklagten richtigerweise höhere Kosten hätten angesetzt werden müssen. Dies ist jedoch unerheblich, da zur Nichtigkeit einer Beitragssatzung eine Unterdeckung im Regelfall nicht führt (vgl. Thimet, Gemeindliches Satzungs- und Unternehmungsrecht, Teil IVa Frage 4 Nr. 3 m.w.N.).

2. Die Frage, ob

der frühest mögliche Zeitpunkt für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bei der Teileinrichtung Kläranlage deren technische Bauabnahme ist,

hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Happ in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Hier fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Frage. Klärungsbedürftig sind nämlich nur Fragen, die nicht ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind oder durch die Rechtsprechung, insbesondere auch des Berufungsgerichts, geklärt sind (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 38). Wann die Beitragspflicht für eine Entwässerungseinrichtung entsteht, ist durch die bereits oben genannte Rechtsprechung des Senats geklärt. Die im Zulassungsantrag zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung angeführte Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 6. Januar 2011 (4 ZKO 548/09) ist hierfür bereits aus dem Grunde ungeeignet, als es sich dabei um eine Entscheidung zum thüringischen Landesrecht handelt. Ihr kommt daher keinerlei Aussagekraft zu dem hier maßgeblichen bayerischen Landesrecht zu.

3. Auch die geltend gemachte Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt nicht vor. Dieser Berufungszulassungsgrund setzt voraus, dass das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung einen Rechts- oder Tatsachensatz aufgestellt hat, der von einem Rechts- oder Tatsachensatz eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Obergerichts in einer konkreten Entscheidung abweicht (Roth in Beck-OK VwGO, Stand 1.1.2017, § 124 Rn. 69 m.w.N.)

Eine derartige Divergenz von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08) liegt bereits aus dem Grunde nicht vor, da das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung keinen Rechtssatz über Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht aufstellt, sondern lediglich die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs insoweit wiedergibt.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil für den Eintritt der Vorteilslage darauf abgestellt, ob die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung betriebsbereit war. Entgegen der Argumentation der Beklagten im Zulassungsantrag hat sie damit keinen von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Auch der Senat spricht in seiner Rechtsprechung von der „insgesamt betriebsfertigen Einrichtung“ (U.v. 14.4.2011 - 20 BV 11.133 - BayVBl. 2012, 45 und v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 - BayVBl. 2011, 240). Im Urteil vom 31. August 1984 (23 B 82 A.461 - juris) erläutert der 23. Senat dies dahingehend, dass die betriebsbereite Einrichtung voraussetze, dass alle Teile fertiggestellt seien, die erforderlich seien, um eine unschädliche Beseitigung von Abwässern oder eine uneingeschränkte Wasserlieferung zu gewährleisten (juris Rn. 8). Damit gibt der Senat zu erkennen, dass keine vollständige Fertigstellung der Anlage gefordert wird, sondern nur, dass eine unschädliche Abwasserbeseitigung gewährleistet ist und damit die öffentliche Einrichtung benutzbar ist.

Entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung ist eine abweichende Maßstabsbildung auch nicht im Beschluss vom 1. Februar 2011 (23 ZB 00.3123 - juris) erfolgt. Denn in der dortigen Randnummer 6 wird wiederum an die „insgesamt betriebsfertige“ Entwässerungsanlage angeknüpft. Hinzu kommt, dass es in dieser Entscheidung über die Abgrenzung der insgesamt betriebsfertigen Entwässerungsanlage vom Provisorium (s.o.) ging. Gleiches gilt für den ebenfalls im Zulassungsantrag zitierten Beschluss vom 27. Juli 2007 (Az. 23 ZB 07.897).

Die bereits mehrfach zitierte Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts ist hier bereits deshalb irrelevant, da es sich dabei nicht um eine divergenzfähige Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO handelt, da das Thüringer Oberverwaltungsgericht dem Verwaltungsgericht nicht übergeordnet ist.

4. Das Verwaltungsgericht hat weder indem es keine weiteren Ermittlungen zur Art des „Probebetriebs“ der Entwässerungsanlage vorgenommen hat, noch indem es weiteren Vortrag der Beklagten zu den angeblichen Kalkulationsmängeln bezüglich der BGS-EWS 2007 nicht zugelassen hat, einen Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO verursacht, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

a) Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen den Untersuchungsgrundsatz verstoßen, indem es keine Ermittlungen zur Art des „Probebetriebs“ angestellt hat. Maßgeblich für die Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO ist die vom Verwaltungsgericht im Urteil vertretene Rechtsauffassung (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 48). Da nach der Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung das Abwasser bereits vor dem 31. Dezember 2008 in die neue Kläranlage geflossen ist, stand nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 5 d. Urteils) fest, dass die Anlage betriebsbereit war. Ob es sich vertragsrechtlich noch um einen Probebetrieb handelte, war daher aus der Sicht des Verwaltungsgerichts unerheblich. Weitere Ermittlungen waren daher nicht notwendig.

Das Urteil stellt sich unter diesem Gesichtspunkt auch nicht als Überraschungsurteil dar. Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten. Das Gericht ist allerdings nicht verpflichtet, den Beteiligten seine Rechtsauffassung zu offenbaren (Schmidt in Eyermann, a.a.O., § 108 Rn. 24 m.w.N.). Ein Überraschungsurteil liegt hier bereits aus dem Grunde nicht vor, als der Gesichtspunkt der Betriebsfertigkeit der Entwässerungseinrichtung im Jahr 2008 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erörtert wurde. Der entsprechende Zeitungsartikel lag bereits der Klagebegründung vom 14. Januar 2014 (Bl. 51 ff. der VG-Akte) bei. Auch wenn das Verwaltungsgericht zunächst, wie sich aus dem Vergleichsvorschlag ergab, eine andere Position eingenommen hatte, stellte sich die Entscheidung nicht als Überraschungsurteil im Sinne der genannten Rechtsprechung dar, da die maßgeblichen Aspekte vom Verwaltungsgericht erörtert wurden. Eine Verletzung der Erörterungspflicht in der mündlichen Verhandlung im Sinne von § 104 VwGO liegt bereits deshalb nicht vor, da diese stattfand.

b) Auch soweit die Beklagte beanstandet, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, den kurz vor der mündlichen Verhandlung erkannten Kalkulationsmangel bezüglich der BGS-EWS 2007 näher darzulegen, liegt ein Zulassungsgrund im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht vor. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Verwaltungsgerichtsentscheidung auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Auf die Frage eines Kalkulationsmangels kam es aber für das Verwaltungsgericht nicht an, da dieser auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Beschwerdeverfahren allenfalls zu einer Unterdeckung, und damit nicht zu einer Nichtigkeit der BGS-EWS 2007, hätte führen können (s.o.). Das Urteil kann daher weder auf der Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO, noch von § 104 VwGO oder von § 108 VwGO beruhen.

5. Aus den vorstehend dargestellten Gründen liegen auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor. Die rechtliche Frage, wann die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Entwässerungseinrichtung besteht, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, soweit es die vorliegende Sachverhaltsgestaltung betrifft. Der vorliegende Sachverhalt weist keine tatsächlichen Besonderheiten auf, die diese Feststellung besonders schwierig machen. Die im Zulassungsverfahren aufgeworfenen satzungsrechtlichen Fragen stellen sich auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten nicht als entscheidungserheblich dar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungszulassungsverfahren folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Gegenstand des Klagewie des Zulassungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013, in dem ein Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 12.302,23 € festgesetzt wird. Die Regelung des Bescheides beschränkt sich nicht allein auf das Zahlungsverlangen in Höhe von 3.048,75 €. Daher war der Streitwert in Höhe des Herstellungsbeitrags festzusetzen.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 24.449,35 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth (Verwaltungsgericht), mit dem dieses den von der Beklagten erlassenen Bescheid über einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung der Beklagten aufgehoben hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 ihrer Entwässerungssatzung vom 10. Dezember 1996 (EWS 1996) betrieb die Beklagte zur Abwasserbeseitigung zunächst eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung für das Gebiet der Gemeindeteile Emtmannsberg und Troschenreuth. Hierfür erließ sie unter anderem eine Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 22. Juni 2007 (BGS-EWS 2007) und zur Finanzierung der ab dem Jahr 2007 vorgenommenen Baumaßnahmen an der Entwässerungsanlage eine Beitragssatzung für die Verbesserung und Erneuerung der Entwässerungseinrichtung vom 22. Juni 2007 (BS-VE/EE).

Mit Urteil vom 27. Juli 2011 (B 4 K 09.1084) bewertete das Verwaltungsgericht die der BS-VE/EE zugrundeliegenden Maßnahmen als Neuherstellung der Entwässerungseinrichtung und erhielt die dort streitgegenständliche, auf die BS-VE/EE gestützte Vorauszahlung als Herstellungsbeitragsvorauszahlung unter Zugrundelegung der BGS-EWS 2007 aufrecht. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. Januar 2012 (20 ZB 11.1948) ab.

In seiner öffentlichen Sitzung am 21. März 2013 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass die Abwasseranlage Emtmannsberg/Troschenreuth sowie die ab 2012 neu geschaffene Anlage Birk/Eichschlag eine Einrichtungseinheit bildeten. Die Gemeindeteile Birk und Eichschlag waren bis dahin nicht an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung vom 22. März 2013 (EWS 2013), in Kraft getreten am 1. April 2013, betreibt die Beklagte eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung für die Ortsteile Emtmannsberg (mit Ausnahme der Fl.Nr. 165 und 190/4 der Gemarkung …*), Troschenreuth, Eichschlag und Birk mit Ausnahme der Weiler Fickmühle, Eichen, Amoslohe und Eichhammer. Gleichzeitig mit der neugefassten EWS erließ die Beklagte die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 22. März 2013 (BGS-EWS 2013), die ebenfalls am 1. April 2013 in Kraft trat.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2013 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 276/3 der Gemarkung … (* … *) nach den Beitragssätzen der BGS-EWS 2013 einen Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 24.449,35 € fest und verlangte unter Verrechnung einer Vorauszahlung von 19.067,05 € (Bescheid v. 23.7.2007) die Zahlung von 5.382,30 €.

Der hiergegen vom Kläger fristgerecht erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Juni 2015 stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Festsetzung eines Herstellungsbeitrags für die Entwässerungseinrichtung nicht mehr zulässig gewesen sei, weil die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2012 abgelaufen sei. Diese beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Herstellungsbeitrag entstanden sei. Dieser sei spätestens mit Anschluss des im ursprünglichen Einrichtungsgebiet Emtmannsberg/Troschenreuth gelegenen Grundstücks an die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung vor dem 31. Dezember 2008 auf der Grundlage der BGS-EWS 2007 entstanden. Von der Wirksamkeit dieser Satzung sei auszugehen, da die Beklagte die darin bestimmten Beitragssätze nicht substantiiert in Frage gestellt habe. Das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass die diesen Beitragssätzen zugrundeliegende Globalberechnung fehlerhaft sei, weil ein Satzungsbüro im Rahmen der Globalberechnung 2013 einen anderen Aufwand ermittelt habe, reiche hierfür nicht aus. Zur Substantiierung der Kalkulationsrüge sei mindestens darzulegen gewesen, warum die Ansätze der Kämmerei für falsch und die des Satzungsbüros für richtig gehalten würden. Ohne ein konkretes Vorbringen müsse das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Beitragssätze nicht nachgehen. Der Beitragstatbestand sei erfüllt gewesen, als für das bebaute Grundstück des Klägers ein Recht zum Anschluss an die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth bestanden habe. Das Anschlussrecht setze gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EWS 1996 voraus, dass das Grundstück durch einen Kanal erschlossen werde, was dann der Fall sei, wenn es an einen betriebsbereiten öffentlichen Kanal tatsächlich angeschlossen werden könne. Betriebsbereit sei die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth vor dem 31. Dezember 2008 gewesen, weil bereits vor diesem Zeitpunkt das Abwasser nicht mehr der alten, sondern der neuen Kläranlage zugeführt worden sei. Dass es sich hierbei bis Anfang 2009 um einen „Probebetrieb“ in dem Sinne gehandelt habe, dass die technische Ausstattung - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - noch überprüft und ergänzt worden sei, sei für das Entstehen des Herstellungsbeitrags unerheblich. Entscheidend sei, dass die Vorteilslage, d.h. die Möglichkeit der Inanspruchnahme der neu hergestellten Entwässerungseinrichtung mit dem Anschluss an die neue Kläranlage zweifelsfrei eingetreten sei. Die vierjährige Festsetzungsfrist habe daher am 31. Dezember 2012 geendet.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit dem vorliegenden Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 4 und 5 VwGO geltend macht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestünden, da es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht allein darauf ankommen könne, ob das Abwasser noch der alten oder bereits der neuen Kläranlage zugeführt werde. Maßgeblich sei, ob die Kläranlage plangerecht und betriebsfertig hergestellt sei oder nicht. Die Fertigstellung des Rohbaus der neuen Kläranlage sei im Oktober 2008 erfolgt. Noch beim Jour fixe am 6. November 2008 sei festgelegt worden, dass die Anlage die nächste Zeit probeweise im internen Kreislauf betrieben werden solle, um eventuelle Fehler vor Inbetriebnahme zu lokalisieren. Das für die Planung und Bauleitung tätige Ingenieurbüro habe der Beklagten dazu bestätigt, dass ab dem 11. November 2008 das Einfahren der Anlage begonnen habe und im Frühjahr 2009 festgestellt worden sei, dass der Sauerstoffanteil nicht ausreichend sei. Als Ursache sei der Belüfter, ein wesentliches Element der biologischen Reinigungsstufe, erkannt worden, der dann später ausgetauscht worden sei. Daneben werde auf eine E-Mail der ausführenden Firma an das Ingenieurbüro und die Beklagte vom 27. August 2015 verwiesen, in welcher festgehalten sei, dass noch 2009 in erheblichem Umfang Arbeiten zur endgültigen Fertigstellung erforderlich gewesen seien. Die technische Abnahme sei am 15. Juni 2009 erfolgt. In dieser sei auch das tatsächliche Bauende am 10. Juni 2009 festgehalten. Aus dem tatsächlichen Verlauf folge daher, dass der Umstand, dass der Probebetrieb ab dem 11. November 2008 stattgefunden habe, nicht maßgeblich sei, weil die Anlage jedenfalls vor der technischen Abnahme nicht als endgültig hergestellt angesehen werden könne und auch nicht vollständig funktions- und leistungsfähig gewesen sei. Sowohl das Bundesverfassungsgericht (B.v. 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 2) als auch der Senat (U.v. 14.4.2011 - 20 BV 11.133 -) verlange für das Entstehen des Beitrags eine „insgesamt betriebsfertige Einrichtung“. Der 23. Senat habe in seinem Beschluss vom 27. Juli 2007 (23 ZB 07.897 - juris Rn. 26) ausgeführt, dass eine „voll funktionsfähige Entwässerungsanlage“ notwendig sei. Im Beschluss vom 1. Februar 2001 (23 ZB 00.3123 - juris Rn. 9) führe der 23. Senat aus, dass bei der Beurteilung, ob eine Entwässerungsanlage ein Provisorium darstelle oder als funktionsfähige und betriebsfertig hergestellte, also endgültig anzusehende Anlage zu betrachten sei, grundsätzlich in erster Linie auf dem Planungswillen des Einrichtungsträgers abzustellen sei. Daraus folgere die Beklagte, dass es nicht darauf ankomme, ab wann erstmals das Abwasser in die neue Kläranlage einfließe, sondern wann die Entwässerungseinrichtung betriebsfertig hergestellt sei. Dieser Zeitpunkt sei im Jahr 2009 gelegen. Dies sehe auch das OVG Thüringen in rechtlicher Hinsicht in gleicher Weise (B.v. 6.1.2011 - 4 ZKO 548/09).

Daneben sei die BGS-EWS 2007 nichtig, da sie keine Regelung enthalte, wonach für Grundstücke, von denen nach der Stammsatzung kein Niederschlagswasser eingeleitet werden dürfe, der Grundstücksflächenbeitrag nicht erhoben werde. Die Regelung für das Entstehen von Herstellungsbeiträgen sei daher unvollständig, da es an der notwendigen Abstufungsregelung fehle. Die BGS-EWS 2007 sei daher im Beitragsteil nicht wirksam. Daneben sei die Beklagte nach Durchsicht der Unterlagen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kalkulation, die der BGW-EWS 2007 zugrunde gelegen habe, fehlerhaft sei. Dies ergebe sich daraus, dass bei Ermittlung des Beitragsbedarfs 2007 der ursprüngliche Kostenanschlag zugrunde gelegt worden sei, der sich später als zu gering veranschlagt herausgestellt habe. Eine Anpassung an die tatsächlich entstandenen Kosten sei offenbar unterblieben. Richtig zusammengeführt sei die Gesamtinvestition höher gewesen (wird im Einzelnen ausgeführt). Die Kalkulation der BGS-EWS 2007 sei daher nicht tragfähig. Daher habe erst die BGS-EWS 2013 den Beitragsvorteil vermitteln können.

Wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergebe, sei die Berufung auch wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Die Fragestellung sei, ob das erstmalige Einleiten von Abwasser in die neue Kläranlage maßgeblich sei, oder ob der maßgebliche Zeitpunkt der der technischen Abnahme sei, oder ob auf einen dazwischenliegenden Zeitpunkt abzustellen sei. Diese Frage übersteige im tatsächlichen Bereich das durchschnittliche Maß und führe zu über das Durchschnittsmaß hinausgehenden rechtlichen Fragen. Daneben seien auch im Bereich des Satzungsrechts Fragen aufgeworfen, die mindestens in rechtlicher Hinsicht über das normale Durchschnittsmaß erheblich hinausreichende Schwierigkeiten bereiteten.

Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der frühestmögliche Zeitpunkt für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bei der Teileinrichtung Kläranlage deren technische Bauabnahme sei. Das Thüringer OVG habe in der bereits genannten Entscheidung vom 6. Januar 2011 (4 ZKO 548/09) den Leitsatz aufgestellt, dass eine Teileinrichtung Kläranlage frühestens mit der Bauabnahme betriebsfertig hergestellt sei. Bei der Inanspruchnahme der Teileinrichtung vor der Bauabnahme handele es sich um eine bloße provisorische Nutzung, die noch keine sachlichen Teilbeitragspflichten entstehen lasse. Diese Frage bedürfe im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung und habe deshalb grundsätzliche Bedeutung. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stelle insoweit bisher auf die „insgesamt betriebsfertige Einrichtung“ ab, ohne dass dies gleichbedeutend mit der technischen Bauabnahme sei. Zu der Frage habe sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bisher nicht geäußert.

Daneben liege auch eine Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor. Das Bundesverfassungsgericht halte in seinem Beschluss vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08) unter Randnummer 2 ausdrücklich fest, dass es der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entspreche, dass eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung Voraussetzung für die Beitragsentstehung sei. Auch die bereits genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juli 2007 und vom 1. Februar 2001 knüpften an die „voll funktionsfähige Anlage“ an, was ein deutlich anderer Ansatz sei als der im angefochtenen Urteil. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht stelle im Beschluss vom 6. Januar 2011 (4 ZKO 548/09) sogar fest, dass die betriebsfertige Herstellung frühestens mit der technischen Bauabnahme vorliege. Von diesen Rechtssätzen weiche das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ab, indem es den frühest möglichen Zeitpunkt für das Entstehen der Beitragspflicht zugrunde lege, nämlich den Moment, in dem erstmals Abwasser in die neue Kläranlage einströme. Das Urteil beruhe auch auf dieser Abweichung.

Es liege auch ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen könne (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Noch im Vergleichsvorschlag vom 6. Mai 2015 habe das Verwaltungsgericht den Beteiligten mitgeteilt, dass von einer Festsetzungsverjährung nicht auszugehen sei. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger durch seinen Bevollmächtigten dann auf einen Zeitungsartikel hingewiesen, der über die Besichtigung der neuen Kläranlage durch den Gemeinderat 2008 berichtet habe. Trotz entsprechender Hinweise der Beklagten, insbesondere dass die technische Bauabnahme erst 2009 stattgefunden habe und vorher nur ein Probebetrieb, habe das Verwaltungsgericht diesen Punkt und die Tatsachenlage nicht näher aufgeklärt. Dies stelle eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO dar, auf dem das angefochtene Urteil auch beruhen könne. Daneben stelle es im Hinblick auf den vorangegangenen Hinweis auch eine Überraschungsentscheidung dar, weil sich das Gericht auf den überraschenden Einwurf, obwohl der Zeitungsartikel sich bereits vorher und auch bei dem gerichtlichen Hinweis vom 6. Mai 2015 bereits in den Akten befunden hatte, plötzlich auf die Seite des Klägers gestellt habe, ohne darauf hinzuweisen, dass es beabsichtigte, dieser Betrachtung zu folgen. Wäre ein solcher Hinweis erfolgt, hätte sich die Beklagte eine weitere Äußerungsfrist erbeten. Dies stelle eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes sowie der Erörterungspflicht in der mündlichen Verhandlung, § 104 VwGO, sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, § 108 VwGO, dar. Umgekehrt habe das Verwaltungsgericht den Vortrag der Beklagten, dass Bedenken gegen die Wirksamkeit der BGS-EWS 2007 bestünden, trotz entsprechender kurzer Erläuterung durch die Bevollmächtigten der Beklagten nicht zugelassen, ohne der Beklagten Gelegenheit zur weiterer Darlegung einzuräumen. Auch dadurch seien der Untersuchungsgrundsatz, die Erörterungspflicht in der mündlichen Verhandlung und der Grundsatz rechtlichen Gehörs verletzt.

Die Beklagte beantragt sinngemäß:

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird zugelassen.

Der Kläger beantragt,

den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückzuweisen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden nicht. Mit dem Begriff der „insgesamt vollständig“ und damit betriebsfertig hergestellten Einrichtung werde eine Einrichtung bezeichnet, in die Abwasser eingeleitet werde, welches in der Einrichtung einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werde. Es sei nicht erforderlich, dass die Einrichtung eine „Testphase“ bereits abgeschlossen habe und eine Abnahme in privatrechtlichem Sinne bereits erfolgt sei. Vielmehr sei durch den Begriff der betriebsfertigen Einrichtung eine Abgrenzung zu einem nicht beitragsfähigen Provisorium vorzunehmen. Die Beklagte habe hier nicht die Absicht gehabt, die Kläranlage lediglich als Provisorium zur Überbrückung bis zur Herstellung einer anderen betriebsfertigen Einrichtung zu nutzen. Von Anfang an habe die Absicht bestanden, die neu hergestellte Kläranlage als Teil der öffentlichen Einrichtung nicht nur vorübergehend zu nutzen. Damit sei die Herstellungsbeitragspflicht mit der Einleitung der Abwässer in die neue Kläranlage, die wohl erstmals im November 2008 erfolgt sei, entstanden. Diese Auffassung werde durch die Gesetzesbegründung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 (GVBl S. 70), mit dem gesetzliche Ausschlussfristen, die auf den Eintritt der konkreten Vorteilslage abstellten, eingeführt wurden, bestätigt (LT-Drs. 17/370 S. 13 ff.). Soweit die Beklagte vortrage, in der zum 11. November 2008 erfolgten tatsächlichen Inbetriebnahme der Anlage sei noch keine endgültige Fertigstellung im Rechtssinne zu erkennen, weil im Frühjahr 2009 festgestellt worden sei, dass der Sauerstoffeintrag nicht ausreichend gewesen sei, weil ein Belüfter unzureichend gearbeitet habe und ausgetauscht habe werden müssen, könne dies eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Die Beseitigung von Mängeln an einer Entwässerungsanlage, welche nicht dazu führten, dass die Entwässerungsanlage außer Betrieb genommen werden müsse, könne nicht zur Annahme des Fehlens einer vollständig fertiggestellten Anlage führen. Gerade aus dem Umstand, dass der mangelhaft arbeitende Belüfter erst im Winter 2009/2010 ausgetauscht worden sei, werde deutlich, dass es ansonsten der Einrichtungsträger durch die Wahl des Zeitpunktes einer Mangelbeseitigungsmaßnahme in der Hand hätte, den Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsschuld zu bestimmen. Eine grundsätzliche Bedeutung liege nicht vor. Denn das Thüringer Oberverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung maßgeblich auf eine Regelung des Thüringer Landesrechts abgestellt. Dieses könne für ein anderes Bundesland keine grundsätzliche Bedeutung begründen. Die BGS-EWS 2007 habe eine wirksame Rechtsgrundlage zur Entstehung des streitbefangenen Beitrags dargestellt. Sie sei einerseits sowohl durch das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. Juli 2011 als auch durch den Senat im Beschluss vom 17. Januar 2012 als wirksam angesehen worden. Dementsprechend habe das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung auch zu erkennen gegeben, dass es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar sei, wenn sich die Beklagte in den bisherigen Verfahren auf die BGS-EWS 2007 gestützt habe, um nun die Unwirksamkeit geltend zu machen. Schließlich wäre aber von der Beklagten zu fordern, dass sie die Unwirksamkeitsbedenken substantiiert darlege. Hinsichtlich der Bedenken an der Kalkulation zur BGS-EWS 2007 sei nicht einmal dargelegt worden, warum die Ansätze der Kämmerei für falsch gehalten würden. Ungeachtet dessen hätte die BGS-EWS 2007 nach dem nun von der Beklagten präsentierten Zahlenwerk allenfalls zu niedrige Beitragssätze enthalten. Solche machten eine Satzung aber nicht unrichtig, sondern führten lediglich dazu, dass der Satzungsgeber möglicherweise einen Teil seines deckungsfähigen Aufwands selbst tragen müsse. Soweit das Fehlen einer nach § 6 Abs. 2 der so genannten „Mustersatzung BGW-EWS 2008“ entsprechenden Regelung geltend gemacht werde, sei anzumerken, dass es nicht zwingend erforderlich sei, dass der unterschiedliche Vorteil aus der Entwässerungsanlage in der Satzung Berücksichtigung finden müsse. Eine Abstufungsregelung in der Satzung sei nur erforderlich, wenn jedenfalls mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem von der Satzung geregeltem Normaltypus widersprächen, so dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit festzustellen wäre. Hierzu trage die Beklagte selbst aber nichts vor, obwohl sie ohne Weiteres darlegen könne, in welcher Anzahl von Fällen die Regelung des § 4 Abs. 5 EWS 1996 im Anwendungsbereich der BGS-EWS 2007 überhaupt Geltung beanspruche. Damit führe das Fehlen einer Abstufungsregelung nicht zur Nichtigkeit der BGS-EWS 2007 im Beitragsteil. Auch lägen keine relevanten Verfahrensmängel vor. Auch wenn die Beklagte das, was jetzt Gegenstand ihres Berufungszulassungsantrags sei, bereits erstinstanzlich vorgetragen hätte, wäre die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht anders ausgefallen. Damit könne ein Verfahrensmangel für die Entscheidung gar nicht ursächlich geworden sein.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Berufungszulassungsverfahren, die Akten des Verwaltungsgerichts und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 24. Juni 2015 wird abgelehnt, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.

1. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente in Frage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838; BayVGH, B.v. 24.2.2006 - 1 ZB 05.614 - juris Rn. 11; B.v. 19.3.2013 - 20 ZB 12.1881 - juris Rn. 2).

a) Es bestehen auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten im Zulassungsverfahren keine ernstlichen Zweifel in diesem Sinne daran, dass die Vorteilslage hier bereits 2008 eintrat.

Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) i.d.F.d. Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264) können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Für die Frage, wann hier die Festsetzungsfrist für den Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung der Beklagten entstand, ist also maßgeblich, wann für den Kläger die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth, und zwar nach deren Neuherstellung, bestand. Der 23. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat bereits in seinem Urteil vom 31. August 1984 (23 B 82 A.461 - juris) ausgeführt, dass für das Entstehen der Beitragspflicht für das einzelne Grundstück nur maßgeblich sein könne, wann für dieses Grundstück eine betriebsbereite Einrichtung so zur Verfügung stehe, dass es anschließbar sei. Dies setze voraus, dass alle Teile fertiggestellt seien, die erforderlich seien, um eine unschädliche Beseitigung von Abwässern zu gewährleisten. Demgegenüber hat die Abnahme im Sinne des § 640 BGB, die nach dem Vortrag der Beklagten erst im Jahre 2009 stattfand und auf die sich die Beklagte im Zulassungsverfahren maßgeblich bezieht, allein vertragsrechtliche Bedeutung zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer, indem der Auftraggeber damit die Vertragsgemäßheit des hergestellten Werkes anerkennt, was unter anderem die Fälligkeit des vollständigen Kaufpreises auslöst (vgl. zum Ganzen nur Mansel in Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, Rn. 1 bis 2). Eine unschädliche Beseitigung von Abwässern im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des 23. Senats kann aber bereits dann möglich sein, wenn eine werkvertragsrechtliche Abnahme noch nicht möglich ist, weil etwa noch einzelne Mängel abzustellen sind oder noch nicht genau feststeht, dass die Anlage tatsächlich wie vertraglich vereinbart arbeitet. Für die Frage, ob im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung besteht, ist die werkvertragsrechtliche Abnahme daher ohne direkte Bedeutung oder Aussagekraft (dementsprechend offengelassen im Beschluss des 23. Senats vom 27.7.2007 - 23 ZB 07.897 - juris Rn. 26).

Im vorliegenden Fall war die unschädliche Abwasserbeseitigung aber bereits im Jahr 2008 vor der werkvertragsrechtlichen Abnahme gewährleistet, wie sich insbesondere aus der im Zulassungsverfahren vorgelegten Erklärung der ausführenden … … … … GmbH, B* … vom 27. August 2015 ergibt: Darin wird nach Darstellung der während des so genannten „Probebetriebs“ abgestellten Mängel ausgeführt, dass während des Probebetriebs das Abwasser zwar gereinigt werde, aber der Nachweis fehle, dass dies auch in allen Belastungsstufen gewährleistet sei. Dies stellt eine allein werkvertragsrechtliche Argumentation dar, die für den Eintritt der Vorteilslage im Sinne des Kommunalabgabenrechts aber irrelevant ist. Fest steht damit aber, dass bereits Ende 2008 eine unschädliche Beseitigung von Abwasser erfolgt ist und damit die neue Anlage benutzbar war.

Durch die bis Ende 2009 erfolgten „Nacharbeiten“ wird der Eintritt der Vorteilslage Ende 2008 entgegen der Argumentation der Beklagten nicht in Frage gestellt. Weder die nach der bereits erwähnten Erklärung der … … … … GmbH, B* … noch erfolgte Änderung der Öffnungsrichtung der Überstromklappen, die Änderung am Zulaufpumpwerk oder der Austausch der Sauerstoffsonde wegen Fehlfunktionen stellen die grundsätzliche Betriebsbereitschaft der Anlage in Frage. Bezeichnenderweise trägt die Beklagte auch gar nicht vor, dass während des so genannten „Probebetriebs“ eine unschädliche Beseitigung von Abwässern nicht erfolgt sei. Dies wäre aber der maßgebliche Ansatz.

Mit der Bezeichnung des Betriebs bis zur Abnahme als „Probebetrieb“ versucht die Beklagte vergeblich einen Bezug zu der Rechtsprechung des Senats zum Begriff einer provisorischen Entwässerungseinrichtung herzustellen. Nach der Rechtsprechung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist für die Beurteilung der Frage, ob eine leitungsgebundene öffentliche Einrichtung (noch) als Provisorium anzusehen ist, mit der Folge, dass hierfür noch keine Beiträge verlangt werden dürfen, in erster Linie auf die Planungsabsichten des Einrichtungsträgers abzustellen (U.v. 19.4.1993, - 23 B 92.171 - juris, Leitsatz und Rn. 28 bis 30; -ebenso U.v. 23.7.1998 - 23 B 96.918 - juris Rn. 31/32; B.v. 1.2.2001, - 23 ZB 00.3123 - juris Rn. 9). Hier hatte die Beklagte aber nie die Errichtung eines bloßen Provisoriums im Sinne. Nach der Planungsabsicht der Beklagten ging es ihr von Anfang an um die Herstellung einer neuen Entwässerungseinrichtung und nicht lediglich um die Herstellung eines Provisoriums. Daher führt die irreführende Verwendung des Begriffs „Probebetrieb“ nicht zu ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

b) Zum Zeitpunkt der Entstehung der Vorteilslage Ende 2008 fehlte es auch nicht an einer satzungsrechtlichen Grundlage für die Beitragserhebung. Das Entstehen der Beitragspflicht setzt neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine betriebsfertige Einrichtung auch das Vorliegen einer wirksamen Abgabesatzung voraus (st.Rspr. d. Senats, U.v. 14.4.2011 - 20 BV 11.133 - juris Rn. 23 m.w.N.). Zum maßgeblichen Zeitpunkt Ende 2008 war die maßgebliche Beitragssatzung, da laut dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Neuherstellung der Entwässerungseinrichtung Emtmannsberg/Troschenreuth auszugehen war, die BGS-EWS 2007. Diese enthält zwar, wie die Beklagte im Zulassungsverfahren richtig ausgeführt hat, keine Regelung über einen eingeschränkten Grundstücksflächenbeitrag entsprechend des § 6 Abs. 2 der BGS-EWS 2013 für Grundstücke, die nach § 4 Abs. 5 der EWS 1996 nicht zur Einleitung von Niederschlagswasser berechtigt sind. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 21.10.2003 - 23 B 03.824 - BeckRS 2003, 31483 m.w.N.) ist eine derartige Beitrags- und Gebührensatzung in ihrem Beitragsteil nichtig, wenn eine zunehmende Häufung von derartigen Sonderfällen vorliegt, die eine hierfür geltende eigenständige Satzungsregelung erforderlich macht (vgl. U.v. 24.10.1996 - 23 B 93.3172 - BeckRS 1996, 17832). Andernfalls, also wenn keine Häufung von derartigen Sonderfällen vorliegt, überschreitet der Satzungsgeber, auch wenn er eine derartige Regelung unterlässt, seinen ihm zustehenden weiten Ermessensspielraum nicht (ebenso B.v. 17.9.2001 - 23 CS 01.1517 - juris Rn. 41 bis 43). Dass hier im Einzugsbereich der Entwässerungsanlage Emtmannsberg/Troschenreuth eine Situation vorläge, bei der so viele Grundstücke, die nur Schmutzwasser in die Entwässerungseinrichtung einleiten dürften, vorlägen, dass eine entsprechende Satzungsregelung in der Beitrags- und Gebührensatzung erforderlich wäre, ist nicht ersichtlich und wird bezeichnenderweise auch von der Beklagten, die dies ohne besondere Schwierigkeit auch darlegen könnte, nicht geltend gemacht. Von einer Nichtigkeit der BGS-EWS 2007 kann daher aus diesem Grunde nicht ausgegangen werden.

Zu einer Nichtigkeit der BGS-EWS 2007 führt schließlich auch nicht der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und im Zulassungsverfahren geltend gemachte Kalkulationsfehler. Denn die geltend gemachten Abweichungen würden im Ergebnis allenfalls eine Unterdeckung der Kalkulation für die BGS-EWS 2007 bewirken, da nach dem Vortrag der Beklagten richtigerweise höhere Kosten hätten angesetzt werden müssen. Dies ist jedoch unerheblich, da zur Nichtigkeit einer Beitragssatzung eine Unterdeckung im Regelfall nicht führt (vgl. Thimet, Gemeindliches Satzungs- und Unternehmungsrecht, Teil IVa Frage 4 Nr. 3 m.w.N.).

2. Die Frage, ob der frühest mögliche Zeitpunkt für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht bei der Teileinrichtung Kläranlage deren technische Bauabnahme ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Happ in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Hier fehlt es bereits an der Klärungsbedürftigkeit der Frage. Klärungsbedürftig sind nämlich nur Fragen, die nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind oder durch die Rechtsprechung, insbesondere auch des Berufungsgerichts, geklärt sind (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 38). Wann die Beitragspflicht für eine Entwässerungseinrichtung entsteht, ist durch die bereits oben genannte Rechtsprechung des Senats geklärt. Die im Zulassungsantrag zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung angeführte Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 6. Januar 2011 (4 ZKO 548/09) ist hierfür bereits aus dem Grunde ungeeignet, als es sich dabei um eine Entscheidung zum thüringischen Landesrecht handelt. Ihr kommt daher keinerlei Aussagekraft zu dem hier maßgeblichen bayerischen Landesrecht zu.

3. Auch die geltend gemachte Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt nicht vor. Dieser Berufungszulassungsgrund setzt voraus, dass das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung einen Rechts- oder Tatsachensatz aufgestellt hat, der von einem Rechts- oder Tatsachensatz eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Obergerichts in einer konkreten Entscheidung abweicht (Roth in Beck-OK VwGO, Stand 1.1.2017, § 124 Rn. 69 m.w.N.) Eine derartige Divergenz von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08) liegt bereits aus dem Grunde nicht vor, da das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung keinen Rechtssatz über Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht aufstellt, sondern lediglich die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs insoweit wiedergibt.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil für den Eintritt der Vorteilslage darauf abgestellt, ob die neu hergestellte Entwässerungseinrichtung betriebsbereit war. Entgegen der Argumentation der Beklagten im Zulassungsantrag hat sie damit keinen von der Rechtsprechung des Senats abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Auch der Senat spricht in seiner Rechtsprechung von der „insgesamt betriebsfertigen Einrichtung“ (U.v. 14.4.2011 - 20 BV 11.133 - BayVBl. 2012, 45 und v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 - BayVBl. 2011, 240). Im Urteil vom 31. August 1984 (23 B 82 A.461 - juris) erläutert der 23. Senat dies dahingehend, dass die betriebsbereite Einrichtung voraussetze, dass alle Teile fertiggestellt seien, die erforderlich seien, um eine unschädliche Beseitigung von Abwässern oder eine uneingeschränkte Wasserlieferung zu gewährleisten (juris Rn. 8). Damit gibt der Senat zu erkennen, dass keine vollständige Fertigstellung der Anlage gefordert wird, sondern nur, dass eine unschädliche Abwasserbeseitigung gewährleistet ist und damit die öffentliche Einrichtung benutzbar ist.

Entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung ist eine abweichende Maßstabsbildung auch nicht im Beschluss vom 1. Februar 2011 (23 ZB 00.3123 - juris) erfolgt. Denn in der dortigen Randnummer 6 wird wiederum an die „insgesamt betriebsfertige“ Entwässerungsanlage angeknüpft. Hinzu kommt, dass es in dieser Entscheidung über die Abgrenzung der insgesamt betriebsfertigen Entwässerungsanlage vom Provisorium (s.o.) ging. Gleiches gilt für den ebenfalls im Zulassungsantrag zitierten Beschluss vom 27. Juli 2007 (Az. 23 ZB 07.897).

Die bereits mehrfach zitierte Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts ist hier bereits deshalb irrelevant, da es sich dabei nicht um eine Divergenz fähige Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO handelt, da das Thüringer Oberverwaltungsgericht dem Verwaltungsgericht nicht übergeordnet ist.

4. Das Verwaltungsgericht hat weder indem es keine weiteren Ermittlungen zur Art des „Probebetriebs“ der Entwässerungsanlage vorgenommen hat, noch indem es weiteren Vortrag der Beklagten zu den angeblichen Kalkulationsmängeln bezüglich der BGS-EWS 2007 nicht zugelassen hat, einen Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO verursacht, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

a) Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen den Untersuchungsgrundsatz verstoßen, indem es keine Ermittlungen zur Art des „Probebetriebs“ angestellt hat. Maßgeblich für die Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO ist die vom Verwaltungsgericht im Urteil vertretene Rechtsauffassung (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 48). Da nach der Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung das Abwasser bereits vor dem 31. Dezember 2008 in die neue Kläranlage geflossen ist, stand nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 5 d. Urteils) fest, dass die Anlage betriebsbereit war. Ob es sich vertragsrechtlich noch um einen Probebetrieb handelte, war daher aus der Sicht des Verwaltungsgerichts unerheblich. Weitere Ermittlungen waren daher nicht notwendig.

Das Urteil stellt sich unter diesem Gesichtspunkt auch nicht als Überraschungsurteil dar. Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten. Das Gericht ist allerdings nicht verpflichtet, den Beteiligten seine Rechtsauffassung zu offenbaren (Schmidt in Eyermann, a.a.O., § 108 Rn. 24 m.w.N.). Ein Überraschungsurteil liegt hier bereits aus dem Grunde nicht vor, als der Gesichtspunkt der Betriebsfertigkeit der Entwässerungseinrichtung im Jahr 2008 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erörtert wurde. Der entsprechende Zeitungsartikel lag bereits der Klagebegründung vom 14. Januar 2014 (Bl. 51 ff. der VG-Akte) bei. Auch wenn das Verwaltungsgericht zunächst, wie sich aus dem Vergleichsvorschlag ergab, eine andere Position eingenommen hatte, stellte sich die Entscheidung nicht als Überraschungsurteil im Sinne der genannten Rechtsprechung dar, da die maßgeblichen Aspekte vom Verwaltungsgericht erörtert wurden. Eine Verletzung der Erörterungspflicht in der mündlichen Verhandlung im Sinne von § 104 VwGO liegt bereits deshalb nicht vor, da diese insoweit stattfand.

b) Auch soweit die Beklagte beanstandet, dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, den kurz vor der mündlichen Verhandlung erkannten Kalkulationsmangel bezüglich der BGS-EWS 2007 näher darzulegen, liegt ein Zulassungsgrund im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht vor. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Verwaltungsgerichtsentscheidung auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Auf die Frage eines Kalkulationsmangels kam es aber für das Verwaltungsgericht nicht an, da dieser auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Beschwerdeverfahren allenfalls zu einer Unterdeckung, und damit nicht zu einer Nichtigkeit der BGS-EWS 2007, hätte führen können (s.o.). Das Urteil kann daher weder auf der Verletzung von § 86 Abs. 1 VwGO, noch von § 104 VwGO oder von § 108 VwGO beruhen.

5. Aus den vorstehend dargestellten Gründen liegen auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vor. Die rechtliche Frage, wann die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Entwässerungseinrichtung besteht, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, soweit es die vorliegende Sachverhaltsgestaltung betrifft. Der vorliegende Sachverhalt weist keine tatsächlichen Besonderheiten auf, die diese Feststellung besonders schwierig machen. Die im Zulassungsverfahren aufgeworfenen satzungsrechtlichen Fragen stellen sich auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten nicht als entscheidungserheblich dar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungszulassungsverfahren folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Gegenstand des Klagewie des Zulassungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013, in dem ein Herstellungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung in Höhe von 24.449,53 € festgesetzt wird. Die Regelung des Bescheides beschränkt sich nicht allein auf das Zahlungsverlangen in Höhe von 5.382,30 €. Daher war der Streitwert in Höhe des Herstellungsbeitrags festzusetzen.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung

Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Kläger erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € für einen Dachausbau heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

Während des Widerspruchsverfahrens erwiesen sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 und deren Vorgängersatzungen als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

Die vom Kläger gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2006 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005, basierend auf der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 24. Juli 2000, geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Kläger sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab.

Mit Beschluss vom 5. März 2013 erklärte das Bundesverfassungsgericht Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) für unvereinbar und hob den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - auf und verwies die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurück.

Mit Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), in Kraft getreten am 1. April 2014, wurden die Verjährungsvorschriften durch den bayerischen Gesetzgeber neu gefasst. Ein Beitrag ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) Spiegelstrich 1 KAG spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres nach Eintreten der Vorteilslage zu erheben. Liegt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandkräftigen Bescheid festgesetzt wurden, gilt nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG eine Frist von 30 Jahren.

Auf die Nachfrage des Senats legte die Beklagte eine schriftliche Äußerung der Tochter der im Zeitpunkt des Dachausbaus eingetragenen, inzwischen verstorbenen Eigentümer vom 21. Mai 2014 vor. Danach sei der Dachausbau in den Jahren 1986/1987 fertig gestellt worden. Der Kläger war dagegen mit Schreiben vom 22. Mai 2014 der Meinung, dass das Dachgeschoss im Zeitpunkt 1991 mehr als 10 Jahre bereits ausgebaut gewesen sei.

Mit seiner durch den Senat zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Freising vom 26. Juni 2006 aufzuheben.

Die Neuregelung des bayerischen Gesetzgebers genüge nach wie vor nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Gebot der Rechtssicherheit. Hierfür sei die gewählte Frist zu lange. Jedenfalls genüge sie den Anforderungen nicht, soweit es um Sachverhalte vor Erlass der Regelung gehe, bei denen eine Anpassung der Vertragsgestaltungen nicht mehr möglich sei. Zudem sei nicht klar, dass die Vorgängersatzungen tatsächlich nichtig gewesen seien. Dies sei im Berufungsverfahren aufzuklären, mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sein könnte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 zum Thema des Zeitpunktes des Dachausbaues Beweis erhoben durch Einvernahme der Tochter der früheren Eigentümer als Zeugin. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift sowie auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts vom 26. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl Seite 264, BayRS 2024-1-I) zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70) sowie in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) der Beklagten vom 18. April 2005, rückwirkend in Kraft getreten zum 1. April 1995.

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die der Beklagten. Gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG entsteht ein zusätzlicher Beitrag, wenn sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern. So liegt es hier.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Beklagte mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) vom 18. April 2005 erstmals über eine wirksame Beitragssatzung verfügt hat. Die vorausgehenden Beitragssatzungen der Beklagten enthielten eine unzulässige Regelung zur Veranlagung einzelner Geschosse innerhalb von Gebäuden oder selbständigen Gebäudeteilen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U.v. 27.2.2003 - 23 B 02.1032 - BayVBl 2003, 373; B.v. 17.5.2006, - 23 CS 06.928 - juris) zur Nichtigkeit des gesamten Beitragsteils der Satzung führt. Die Entwässerungssatzung mit Beitrags- und Gebührenteil vom 30. Juli 1973 ist wegen einer mit dem Prinzip der gerechten Vorteilsabgeltung nicht zu vereinbarenden Begünstigung kleinerer Einfamilienhäuser beim Beitragsmaßstab Grundstücksfläche (§ 34 Abs. 2 c) im Beitragsteil als nichtig anzusehen (BayVGH, U.v. 14.4.1989 - 23 B 87.03112). Die BGS-EWS vom 12. Dezember 1960 ist allein schon wegen des nicht vorteilsgerechten Grundbeitrags mit Berücksichtigung der Geschossfläche erst ab dem dritten Vollgeschoss (§ 6 Abs. 1) nichtig (vgl. BayVGH v. 14.4.1989 a.a.O.). Diese vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und wurde vom Kläger nicht substantiell in Frage gestellt. Auf der Grundlage der rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft getretenen BGS-EWS 2005 ist die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung von 74,0 qm im Dachgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens somit erstmals am 1. April 1995 entstanden. Die persönliche Beitragsschuld trifft den Kläger als zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch eingetragenen Eigentümer (Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG, § 4 BGS-EWS 2005).

Die Festsetzung des Herstellungsbeitrags im Jahr 2004 war noch zulässig, da die Vorteilslage für das veranlagte Anwesen frühestens im Jahr 1987 eintrat.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist § 169 der Abgabenordnung (AO) in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe anwendbar, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt (vgl. Art. 19 Abs. 2 KAG). Durch die Neufassung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes, welches die Vorgängerregelung, die bei einer nichtigen Beitragssatzung keine zeitliche Begrenzung der Beitragserhebung nach dem Entstehen der Vorteilslage vorsah, für verfassungswidrig erklärte (BVerfG, B.v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08 – BGBl I 2013, 820 = BayVBl 2013, 465), nachgekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung Folgendes ausgeführt (a.a.O. Rn. 45, 46):

„Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.“

Gemessen an diesen Anforderungen ist die vom bayerischen Gesetzgeber gewählte zwanzigjährige Ausschlussfrist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst wurde dadurch erstmals eine zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung eines Beitrages nach Art. 5 KAG eingeführt und dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, so dass der Bürger nunmehr eine klare Höchstfrist vor Augen hat und nicht mehr im Unklaren ist. Bei der Bestimmung der Dauer der Frist ist mit zwanzig Jahren kein unangemessen langer Zeitraum gewählt worden. Entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts hatte der Gesetzgeber hier einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Bürgers an baldiger Rechtssicherheit und dem öffentlichen Interesse an einem Vorteilsausgleich für die Zurverfügungstellung einer öffentlichen Einrichtung der Daseinsvorsorge durchzuführen. Dem Gesetzgeber steht hier ein weiter Gestaltungsspielraum zu und die Vorteile, die die öffentliche Einrichtung vermittelt, können hier noch relativ lange fortwirken. So hält der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abgesehen von der hier einschlägigen Konstellation allgemein eine 30jährige Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des Art. 53 Abs. 2 BayVwVfG für angemessen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Wege des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung in Anlehnung an § 53 Abs. 2 VwVfG eine 30jährige Ausschlussfrist entgegen gehalten werden und zwar unabhängig von der Entstehung des Anspruches (BVerwG, U.v. 20.3.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211, ebenso VGH Baden-Württemberg, B.v. 27.1.2015 - 2 S 1840/14 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 4.12.2014 - 4 L 220/13 - juris). Im Hinblick darauf bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Zwanzigjahresfrist keine Bedenken. Zum einen hat der bayerische Gesetzgeber eine im Vergleich zu vorstehenden Erwägungen wesentlich kürzere Frist gewählt, zum anderen handelt es sich um eine klar ersichtliche gesetzliche Ausschlussfrist, die den Bürgern unabhängig von den Umständen des Einzelfalls Rechtsklarheit verschafft. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung der unterschiedlichen Interessen (vgl. LT-Drs. 17/370 Nr. 2) ist von sachgerechten Erwägungen getragen und hält sich im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums.

Bei Ergänzungsbeitragen für die Verwirklichung zusätzlicher Geschossflächen kann man für den Beginn der Ausschlussfrist aber nicht auf den erstmaligen Anschluss an die öffentliche Einrichtung abstellen. Hier wird der (zusätzliche) Vorteil, den die öffentliche Einrichtung vermittelt, erst mit der tatsächlichen Fertigstellung der betreffenden Geschossflächen vermittelt und muss damit Ausgangspunkt der Betrachtung sein.

Der Dachausbau des streitgegenständlichen Anwesens wurde frühestens im Jahre 1987 fertiggestellt. Dies steht nach der in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugin ... zur Überzeugung des Senats fest. Die Zeugin hat mit ihrer Aussage nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass sie sich dieser zeitlichen Einordnung ziemlich sicher sei, weil sie 1985, als sie 18 Jahre alt war, ihre Berufstätigkeit begonnen habe und sich damals die Frage stellte, ob sie ausziehen solle oder im elterlichen Haus bleiben könne. Die Familie habe sich dann entschlossen das Dach als Wohnung für die Zeugin auszubauen. Diese zu keinen Zweifeln Anlass gebende Aussage wurde auch vom Kläger bei der Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht in Frage gestellt. Demnach ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass der Dachausbau im Jahre 1987 fertiggestellt wurde. Folglich begann die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit Ablauf des Jahres 1987 am 1. Januar 1988 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Die Festsetzung des Beitrags erfolgte jedoch mit der Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten vom 5. April 2004, dessen Rechtsgrundlage die BGS-EWS vom 18. April 2005 ist, und damit vor Ablauf der Zwanzigjahresfrist.

Damit erfolgte die Festsetzung des Ergänzungsbeitrags noch rechtzeitig und es kommt nicht auf die Anwendung der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG an. Nach dieser Vorschrift gilt für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Diese Norm hätte zwar im hier zu entscheidenden Fall Anwendungsvorrang, weil der streitgegenständliche Ergänzungsbeitrag durch vor dem 1. April 2014 nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt worden ist. Der Senat hegt jedoch verfassungsrechtliche Bedenken, ob die Übergangsregelung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV zu vereinbaren ist. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung von Beitragsfestsetzungen die vor dem 1. April 2014 mit nicht bestandskräftigem Bescheid festgesetzt worden sind und Beitragsfestsetzungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgt sind, erschließt sich dem Senat - jedenfalls bisher - nicht. Die im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes gegebene Begründung (LT-Drs. 17/370 S. 18) überzeugt nicht. Sie beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass eine unterschiedliche Behandlung von (ausgesetzten) Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, aufgrund der unterschiedlich maßgeblichen Entscheidungszeitpunkte, vermieden werden soll. Eine solche Erwägung spielt aber erkennbar keine Rolle, weil es bei Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG maßgeblich auf die Festsetzung des Beitrags und somit auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids ankommt. Nachdem im hier zu entscheidenden Fall bereits die regelmäßige zwanzigjährige Ausschlussfrist eingehalten wurde, kann die Frage, ob die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG verfassungsgemäß ist oder gegebenenfalls einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, jedoch dahinstehen.

2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

 

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.197,32 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.