I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem die der Klägerin erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ widerrufen wird.
1. Mit Urkunde vom 4. Oktober 2005 wurde der Klägerin die Erlaubnis erteilt, die Berufsbezeichnung „Hebamme“ zu führen.
Mit seit 20. Februar 2015 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts ... (Az. ....) wurde die Klägerin u.a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die Klägerin hatte im Februar und März 2014 an ihren beiden leiblichen minderjährigen Kindern wiederholt sexuelle Handlungen vorgenommen. Diese hatte sie teilweise aufgezeichnet und Dritten, die sie zu solchen Handlungen aufgefordert hatten, zur Verfügung gestellt. Eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit konnte dabei nicht ausgeschlossen werden.
Auf das Strafurteil wird im Einzelnen verwiesen.
Die Strafvollstreckung erledigte sich ausweislich des Führungszeugnisses der Klägerin am 6. Juli 2017.
Am 12. September 2018 teilte das örtliche Gesundheitsamt dem Beklagten mit, dass die Klägerin in einer mobilen Hebammen-Praxis als Hebamme tätig sei und eine zweijährige Haftstrafe verbüßt habe.
Die Klägerin lässt sich derzeit zur Industriekauffrau umschulen.
2. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund ihrer Verurteilung durchgreifende Zweifel bestünden, ob sie die Pflege von Wöchnerinnen und Neugeborenen noch sachgerecht, zuverlässig und verantwortungsvoll verrichten könne. Es sei daher beabsichtigt, die erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ zu widerrufen. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12. November 2018 eingeräumt, wovon sie aber keinen Gebrauch machte.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2018, der Klägerin zugestellt am 22. November 2018, widerrief der Beklagte die der Klägerin erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ (Ziffer 1) und verpflichtete sie, das Original der Erlaubnisurkunde und alle noch in Besitz der Klägerin befindlichen beglaubigten Kopien zurückzusenden (Ziffer 2). Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 2 drohte der Beklagte der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- EUR an (Ziffer 4). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass gemäß § 3 Abs. 2 HebG eine bereits erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ zu widerrufen sei, wenn sich der Betroffene nachträglich eines Verhaltens schuldig gemacht habe, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergebe. Aufgrund der Verurteilung der Klägerin könne es nicht verantwortet werden, ihr den Kontakt und die Pflege von Wöchnerinnen und insbesondere von Neugeborenen zu überlassen. Sie habe als Hebamme eine besonders vertrauensvolle Stellung inne. Die zu versorgenden Neugeborenen, die sich nicht äußern könnten, seien häufig unbekleidet, was das Risiko berge, dass die Klägerin auch an ihnen sexuelle Handlungen ausführe. Die Hemmschwelle sei bei fremden Kindern möglicherweise noch geringer als bei ihren eigenen. Die Klägerin biete auch nicht mehr Gewähr, der Anleitung und Betreuung von Hebammenschülern, die ebenfalls zu den Aufgaben einer Hebamme gehörten, im nötigen Umfang gerecht zu werden. In Folge ihrer Verurteilung und des Verbots, Jugendliche zu beschäftigen, zu beaufsichtigen, anzuweisen oder auszubilden, sei ihr Einsatzbereich bei der Betreuung des Hebammennachwuchses stark eingeschränkt.
Auf den Bescheid wird im Einzelnen verwiesen.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 bestätigte die Regierung ... der Klägerin, dass sie ihrer Verpflichtung zur Rückgabe ihrer Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ nachgekommen sei. Gleichzeitig wurde sie um schriftliche Bestätigung gebeten, keine weiteren beglaubigten Kopien zu besitzen.
3. Gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2018 ließ die Klägerin am 3. Dezember 2018 Klage erheben.
Der Bescheid sei, wie sich aus seiner Begründung ergebe, erst am 15. November 2018 erlassen worden. Die Rechtsmittelfrist sei daher gewahrt. Der Bescheid sei rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Entziehung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ nicht vorlägen. Es bestünden keine durchgreifenden Zweifel an der Eignung der Klägerin zur Berufsausübung als Hebamme. Trotz der Verurteilung und der verbüßten Haftstrafe sei die Klägerin geeignet, den Beruf der Hebamme auszuüben.
Die Klägerin lässt beantragen,
den Bescheid der Regierung ... vom 15. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin das Original ihrer Erlaubnisurkunde zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ zurückzugeben.
Unter Vorlage der notwendigen Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat die Klägerin die Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung beantragt.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 24. Januar 2019 von einer weiteren Äußerung zur Klage abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung bleibt erfolglos.
Nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dem Sinn, dass der Prozessgewinn schon gewiss sein muss, ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr eine sich bei summarischer Prüfung ergebende Offenheit des Erfolgs.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Mit dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2018 wurde die der Klägerin erteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ widerrufen und die Klägerin verpflichtet, das Original der Erlaubnisurkunde und alle noch in ihrem Besitz befindlichen beglaubigten Kopien zurückzusenden. Die Klage gegen diesen Bescheid wird nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren erfolglos bleiben, der angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 15. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klägerin wurde vom Landgericht ... rechtskräftig wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Im Jahr 2014 hatte die Klägerin ihre beiden leiblichen Kinder mehrfach sexuell misshandelt, dies teilweise aufgezeichnet und Dritten zur Verfügung gestellt. Die sexuellen Handlungen hatte sie an ihrem zur Tatzeit noch nicht einmal einjährigen Sohn vorgenommen, der sich aufgrund seines Alters weder wehren noch äußern konnte. Auch ihre zur Tatzeit siebenjährige Tochter hatte die Klägerin sexuell misshandelt. Den Widerstand und das Weinen des Kindes hatte die Klägerin dabei mehrfach ignoriert, um die Misshandlungen fortzusetzen und aufzuzeichnen.
2. Gemäß § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (Hebammengesetz vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 902), zuletzt geändert durch Artikel 17 b des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191) - HebG) ist die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ zu widerrufen, wenn sich die Erlaubnisinhaberin nachträglich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt.
a) Dies setzt ein Verhalten voraus, das nach Art, Schwere und Zahl von Verstößen, insbesondere gegen Berufspflichten, die zu begründende Prognose rechtfertigt, der Erlaubnisinhaber biete aufgrund der begangenen Verfehlungen nicht die Gewähr, in Zukunft alle in Betracht kommenden, insbesondere die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten, zu beachten. Dabei sind die gesamte Persönlichkeit des Erlaubnisinhabers und seine Lebensumstände zu würdigen, so dass auch nicht berufsbezogene Verfehlungen die Annahme der Unzuverlässigkeit begründen können (OVG Lüneburg, B.v. 18.1.2017 - 8 LA 162/16 - juris Rn. 17; vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1995 - 3 B 7.95 - NVwZ-RR 1996, 477 f. zum Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Unzuverlässigkeit nach Abrechnungsbetrug).
Die Berufspflichten einer Hebamme sind nicht ausdrücklich normiert. Sie können aber den Regelungen des Hebammengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebAPrV) entnommen werden. Ziel der Ausbildung zur Hebamme ist nach § 5 HebG insbesondere die Befähigung, Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und dem Wochenbett Rat zu erteilen und die notwendige Fürsorge zu gewähren, normale Geburten zu leiten, Komplikationen des Geburtsverlaufs frühzeitig zu erkennen, Neugeborene zu versorgen, den Wochenbettverlauf zu überwachen und eine Dokumentation über den Geburtsverlauf anzufertigen. Gemäß § 1 Abs. 3 HebAPrV i.V.m. Art. 40 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) soll die Ausbildung auch dazu befähigen, Betreuung und Pflege des Neugeborenen in eigener Verantwortung durchzuführen. Wesentlicher Teil der Tätigkeit als Hebamme ist daher der persönliche Kontakt zu Mutter und Kind. Gerade in der von Emotion und Intimität geprägten Zeit unmittelbar nach der Geburt ist ein vertrauensvolles Verhältnis der Patienten zur Hebamme unabdingbar. Eine Mutter gäbe ihr Neugeborenes nicht in die Obhut einer Hebamme, wenn sie nicht voll auf deren Integrität und Fürsorge vertraute. Die Berufsaufsichtsbehörde darf daher nicht zulassen, dass Vertrauensverhältnisse zu Hebammen entstehen, die für eine verantwortungsvolle Ausführung ihrer Tätigkeit nicht Gewähr bieten.
b) Das Gericht teilt die Einschätzung des Beklagten, dass die Klägerin diese Gewähr aufgrund ihrer Verfehlungen nicht mehr bieten kann. Die Klägerin ist unzuverlässig zur Ausübung des Berufs der Hebamme.
Die Versorgung von Neugeborenen ist Hauptbestandteil der Tätigkeit einer Hebamme. Wie im Bescheid vom 15. Oktober 2018 zutreffend ausgeführt, sind Neugeborene oftmals nicht bekleidet. Zu den wesentlichen Berufspflichten einer Hebamme zählt daher auch angesichts ihrer besonders vertrauensvollen Stellung die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre insbesondere der Neugeborenen (vgl. im Fall des Widerrufs der Berufserlaubnis eines Logopäden BVerwG, U.v. 28.4.2010 - 3 C 22/09 - BVerwGE 137, 1 ff.). Die Fürsorge für Neugeborene, die sich gegen Misshandlungen weder verbal noch körperlich zur Wehr setzen können, darf nicht einer Person überlassen werden, die in der Vergangenheit mehrfach Kinder sexuell misshandelt hat. Wer ein eigenes Kind gegen den mehrfach geäußerten Willen wiederholt sexuell misshandelt, offenbart ein unerträglich hohes Maß an fehlendem Mitgefühl. Dieses wird bei fremden Kindern, zu denen die emotionale Bindung nicht vergleichbar stark ist, umso geringer sein. Auch insofern ist die Einschätzung des Beklagten uneingeschränkt nachvollziehbar.
Einiges spricht dafür, dass die Klägerin auch in Zukunft ihre Pflichten als Hebamme missachten wird. Nach den Feststellungen in dem Strafurteil des Landgerichts ... ist die Klägerin von dritten Personen dazu aufgefordert worden, ihre Kinder sexuell zu befriedigen, hiervon Videos anzufertigen und diese einem Dritten zur Verfügung zu stellen. Diesen Aufforderungen und Handlungsanweisungen ist die Klägerin gefolgt. Weiterhin stellte die zuständige Strafkammer in ihrem Urteil fest, dass die Klägerin eine große Durchlässigkeit für Fremdbeeinflussung aufzeigt, sodass eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Tatzeitraum nicht ausgeschlossen werden konnte. Es besteht daher die erhebliche Gefahr, dass die Klägerin auch künftig unter dem Einfluss von dritten Personen strafbare Handlungen an Kindern begeht. Ob dies allein im privaten Bereich oder auch während der beruflichen Tätigkeit als Hebamme stattfinden wird, ist nicht vorhersehbar. Für Mütter und ihre Neugeborenen, die sich in die Obhut der Klägerin begeben, ist diese Unsicherheit nicht hinnehmbar.
Für den Widerruf der Erlaubnis spricht darüber hinaus der Schutz des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität von Personen, denen die staatliche Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Hebamme verliehen ist. Die mit Behalten der Erlaubnis mögliche weitere Berufstätigkeit der Klägerin als Hebamme ist geeignet, das notwendige Vertrauen der Patienten in die Zuverlässigkeit der Berufsangehörigen über die Person der Klägerin hinaus zu beeinträchtigen.
3. Die Verpflichtung zur Rückgabe der der Klägerin verliehenen Urkunde über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Hebamme“ sowie aller amtlich beglaubigten Kopien findet seine Rechtsgrundlage in Art. 52 Satz 1 und 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).
Ist ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ist seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben, so kann die Behörde nach Art. 52 Satz 1 BayVwVfG die auf Grund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Der Inhaber dieser Urkunden oder Sachen ist nach Art. 52 Satz 2 BayVwVfG zu ihrer Herausgabe verpflichtet. Eine Rückforderung kann auch schon dann erfolgen, wenn der die Unwirksamkeit auslösende Verwaltungsakt wie hier sofort vollziehbar ist (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 52 Rn. 15). Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids erweist sich damit als rechtmäßig. Die Klage wird daher auch insoweit voraussichtlich erfolglos bleiben.
4. An der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids, die auf Art. 29, 31 Abs. 1 und 36 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (BayVwZVG) beruht, bestehen keine Zweifel.