Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 04. Jan. 2018 - Au 6 S 17.1805

bei uns veröffentlicht am04.01.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der am 30. November 2017 erhobenen Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. November 2017 wird angeordnet.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Kläger und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) wendet sich gegen einen Zuweisungsbescheid des Beklagten, nach dem er seinen Wohnsitz in einer Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis ... zu nehmen hat.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger und reiste 2017 alleine in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seine Mutter lebt in einer Privatwohnung in ...

Am 6. August 2017 beantragte der Antragsteller seine vorläufige Inobhutnahme. Im Rahmen eines Erstgesprächs mit dem Stadtjugendamt der Stadt ... am 10. August 2017 gab er Antragsteller an, am ... 2002 in ... (Nigeria) geboren zu sein. Drei Mitarbeiter des Stadtjugendamts stellten jedoch die Volljährigkeit des Antragstellers durch Inaugenscheinnahme fest (Bl. 39 der Behördenakte). Am selben Tag lehnte das Stadtjugendamt eine vorläufige Inobhutnahme ab (Bl. 46 der Behördenakte). Die Minderjährigkeit des Antragstellers habe zweifelsfrei ausgeschlossen werden können. Handschriftlich heißt es zu den Gründen: „Inhalt: sehr widersprüchliche, sich um Jahre verändernde Angaben, rechnet immer lange nach → nicht nachvollziehbar. Verhalten: nicht authentisch, ruhig, keine jugendlichen Verhaltensweisen. Äußeres Erscheinungsbild: markante Gesichtszüge, ausgewachsener Körperbau.“ Der Antragsteller wurde daraufhin am 14. August 2017 in einer Aufnahmeeinrichtung (für Erwachsene) in ... unterbracht.

Mit Antrag vom 17. August 2017 erhob er einen Eilantrag vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht ... (Az.: ...) auf einstweilige Inobhutnahme, über den soweit ersichtlich bisher nicht entschieden wurde. Im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens zur vorläufigen Inobhutnahme gab die Mutter des Antragstellers eine eidesstattliche Versicherung zu dessen Minderjährigkeit ab und erklärte sich bereit, ihren Sohn in ihrer Wohnung aufzunehmen. Zudem legte der Antragsteller die Kopie einer am 18. Oktober 2017 ausgestellten nigerianischen Geburtsurkunde vor, nach der der Antragsteller am ... 2002 in ... (Nigeria) geboren sei.

Am 9. November 2017 stellte er einen Asylantrag, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden wurde. Im Rahmen des Asylverfahrens wird der ... 1996 als Geburtsdatum des Antragstellers geführt. Am 13. November 2017 beantragte er die private Wohnsitznahme bei seiner Mutter in ...

Mit Bescheid vom 20. November 2017 wies die Regierung von ... den Kläger einer Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis ... zu.

Am 30. November 2017 ließ der Antragsteller gegen den Bescheid Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Regierung von ... vom 20. November 2017 aufzuheben. Gleichzeitig beantragte er:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, er sei minderjährig. Dies ergebe sich aus § 42f SGB VIII. Das Jugendamt habe zu Unrecht die Geburtsurkunde als Ausweispapier nicht berücksichtigt. Auch die qualifizierte Inaugenscheinnahme sei fehlerhaft durchgeführt worden. Eine ärztliche Untersuchung sei trotz Antrags des Antragstellers und Vorliegens eines Zweifelsfalls unterblieben. Jedenfalls solange ihm eine Wohnsitznahme bei seiner Mutter nicht erlaubt sei, gelte er daher im Zweifel als unbegleiteter Minderjähriger. Daher unterliege er den Regelungen des SGB VIII und nicht denen des AsylG. Selbst wenn der Antragsteller ein begleiteter Minderjähriger sei, verstoße die Entscheidung, ihn getrennt von seiner Mutter in eine Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene zu verlegen, gegen den Schutz der Familie gemäß Art. 6 GG.

Der Antragsgegner beantragt Klageabweisung sowie

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller halte sich noch im Regierungsbezirk ... auf. Grundsätzlich entfalteten Klagen gegen eine Unterbringung nach Art. 4 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 AufnG keine aufschiebende Wirkung. Eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei damit obsolet. Zum Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung sei zudem weder der Landesbeauftragten noch der Regierung von ... [„der Antragsgegnerin“] bekannt gewesen, dass der Antragsteller evtl. minderjährig sei. Eine Zuweisung des Antragstellers in einen anderen Regierungsbezirk sei für die Regierung von ... [„Antragsgegnerin“] zudem nicht möglich. Eine Umverteilung in den Regierungsbezirk ... sei auch nicht geplant, da zum Zeitpunkt der Entscheidung dort ebenfalls von einer eventuellen Minderjährigkeit nichts bekannt gewesen sei. Die Altersfestsetzung durch die Landeshauptstadt ... könne von der Regierung von ... nicht angezweifelt werden. Die Ausländerbehörde forciere keine Änderung des Geburtsdatums. Eine Prüfung der vorgelegten Dokumente und eine Änderung des Geburtsdatums seien durch die Regierung von ... nicht möglich. Bis zur endgültigen Klärung im gerichtlichen Verfahren gelte der Antragsteller daher als volljährig und müsse einer Unterkunft zugewiesen werden.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, über den die gesetzliche Einzelrichterin nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG entscheidet, ist zulässig und begründet.

1. Gegenstand des Antrags- und Klageverfahrens ist nach § 88 VwGO i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO der Zuweisungsbescheid des Antragsgegners vom 20. November 2017. Ob der Antragsteller einen Anspruch auf vorläufige Inobhutnahme, auf private Wohnsitznahme bei seiner Mutter oder auf Umverteilung in einen anderen Landkreis bzw. Regierungsbezirk hat, ist ausweislich der eindeutigen Antragsformulierung des Verfahrensbevollmächtigten und in Hinblick auf die Klagen und Anträge vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht ... nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens. Auf die Frage, ob die Regierung von ... den Antragsteller auch in einen anderen Regierungsbezirk umverteilen kann, kommt es daher nicht an.

2. Der Antrag ist zulässig.

1. Ein Rechtsschutzinteresse für den Antrag besteht.

Der Antragsgegner stützt seine Zuweisungsentscheidung maßgeblich auf § 50 AslyG und damit auf eine Norm des Asylgesetzes. Klagen gegen Entscheidungen nach dem AsylG haben jedoch grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Der Antragsteller ist damit nach § 50 Abs. 6 AsylG trotz Klageerhebung verpflichtet, sich unverzüglich zum Zuweisungsort zu begeben. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, droht ihm die Vollstreckung durch unmittelbaren Zwang (vgl. Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und damit den vorübergehenden Entfall der Verpflichtung, sich zum Zuweisungsort zu begeben, kann der Antragsteller nur durch die Durchführung eines Eilverfahrens erreichen. Aus diesem Grunde besteht in derartigen Fällen regelmäßig ein Rechtsschutzinteresse zur Durchführung eines Eilverfahrens. Dieses ist nicht – wie der Antragsgegner vorträgt – wegen des Entfalls der aufschiebenden Wirkung der Klage obsolet, sondern vielmehr gerade deswegen notwendig. Ein Rechtschutzinteresse besteht insbesondere auch deswegen, weil der Antragsteller derzeit ein gerichtliches Verfahren für seine vorläufige Inobhutnahme betreibt bzw. seine private Wohnsitznahme in der Landeshauptstadt ... beantragt hat. Eine bestandskräftige Zuweisung im Regierungsbezirk ... läuft diesen Interessen entgegen.

2. Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg ist nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 6 AGVwGO örtlich zuständig, da der Antragsteller mangels aufschiebender Wirkung der Klage (s.o.) derzeit zur Wohnsitznahme im Landkreis ... verpflichtet ist (vgl. VG Würzburg, B.v. 19.2.2016 – W 6 K 16.30046 – juris Rn. 3). Darauf, dass sich der Antragsteller tatsächlich und zuweisungswidrig im Regierungsbezirk ... aufhält, kommt es nicht an.

3. Der Antrag ist auch begründet.

Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Dabei hat das Gericht die widerstreitenden öffentlichen und privaten Vollzugsinteressen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen und die Erfolgsaussichten der Klage mit zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen. Lässt sich bei der im gerichtlichen Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung ohne Weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich rechtswidrig, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen bzw. wiederherzustellen, weil aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich dagegen die angefochtene Verfügung als offensichtlich rechtmäßig, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Vollziehung das private Aufschubinteresse überwiegt. Lässt sich die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Verfügung bei der im gerichtlichen Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung nicht feststellen, nimmt das Verwaltungsgericht eine Folgenabwägung vor unter Berücksichtigung der Folgen, die einträten, würde die Verfügung sofort vollzogen, aber im Nachhinein im Klageverfahren aufgehoben, gegenüber den Folgen, bliebe die Verfügung zunächst außer Vollzug, würde aber später im Klageverfahren bestätigt.

Im vorliegenden Fall erweist sich der streitgegenständliche Bescheid vom 20. November 2017 nach einer summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig, weshalb das private Aufschubinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.

1. Als Rechtsgrundlage für die Zuweisungsentscheidung in eine Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene kommen vorliegend nur § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 5 AsylG i.V.m. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Aufnahmegesetz – AufnG) vom 24. Mai 2002 (GVBl. S. 192; BayRS 26-5-A) i.V.m. § 7 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Asylgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes, des Aufnahmegesetzes und des § 12a des Aufenthaltsgesetzes (Asyldurchführungsverordnung – DVAsyl) vom 16. August 2016 (GVBl. S. 258; BayRS 26-5-1-A/I) in Betracht.

2. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt ist dabei, da sich der Antragsgegner auf § 50 AsylG als Rechtsgrundlage beruft, nach § 77 AsylG der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Eilverfahren der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird. Daher kommt es entgegen den Ausführungen des Antragsgegners für die Fragen, ob der Antragsteller minderjährig und unbegleitet ist, nicht auf den Zeitpunkt der Zuweisungsentscheidung an.

3. Ebenso wenig ist es für die Frage, ob der Antragsteller minderjährig ist, entscheidungserheblich, ob und wann der Antragsgegner hiervon Kenntnis erlangt hat. Die Tatsache der Minderjährigkeit ist ein objektives Merkmal, das nicht von der subjektive Kenntnis des Antragsgegners abhängt.

4. Die Rechtsgrundlage der Zuweisungsentscheidung (§ 50 AsylG) ist derzeit durch die vorrangigen gesetzlichen Verfahrensregelungen gem. §§ 42 ff. SGB VIII gesperrt, da der Antragsteller derzeit wegen Vorliegens eines Zweifelsfalls als ein unbegleiteter Minderjähriger anzusehen ist.

a) Nach § 42a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, einen ausländischen Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Hält sich eine mit dem Jugendlichen verwandte Person im Inland auf, hat das Jugendamt auf die Zusammenführung mit dieser Person hinzuwirken, § 42a Abs. 5 Satz 2 SGB VIII. Mit der Übergabe des Minderjährigen an den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten endet die vorläufige Inobhutnahme, § 42a Abs. 6 SGB VIII. Die Verpflichtung, unbegleitete Minderjährige in Obhut zu nehmen, gilt ausnahmslos, weswegen in derartigen Fällen die Bestimmungen zur Wohnpflicht nach dem Asylgesetz zurücktreten (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 – 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 – juris Rn. 16). Eine Kollision zwischen dem Asylgesetz und dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs ist insofern nicht möglich (BayVGH, a.a.O.). Das Zuweisungsverfahren nach § 50 AsylG ist daher aus Gründen des Kindeswohls nicht anwendbar, wenn ein unbegleiteter Ausländer minderjährig ist.

b) Im vorliegenden Fall bestehen Zweifel daran, ob der Antragsteller minderjährig ist. Dabei kann offen bleiben, ob auch im Rahmen einer auf § 50 AsylG beruhenden Zuweisungsentscheidung einer Bezirksregierung der Rechtsgedanke des § 42f SGB VIII, der unmittelbar nur das Verfahren der Jugendämter regelt, entsprechend Anwendung findet. Jedenfalls aus der Gesamtschau der nationalen, unionsrechtlichen und völkerrechtlichen Vorschriften des Asylrechts ergibt sich, dass die zuständigen Behörden bei Zweifeln in Bezug auf die Volljährigkeit des Asylbewerbers verpflichtet sind, hinreichende Ermittlungen zur Feststellung der Volljährigkeit anzustellen, dabei alle Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen und bei nicht ausräumbaren Zweifeln wegen des Kindeswohls von einer Zuweisung in eine Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene abzusehen.

c) Nach Art. 25 Abs. 5 Satz 1 Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung) können die Mitgliedstaaten ärztliche Untersuchungen durchführen, wenn aufgrund allgemeiner Aussagen oder anderer einschlägiger Hinweise Zweifel bezüglich des Alters eines Asylbewerbers bestehen. Bei verbleibenden Zweifeln ist von der Minderjährigkeit auszugehen, Art. 25 Abs. 5 Satz 2 Richtlinie 2013/32/EU. Nach Art. 22 Abs. 2 des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes sind minderjährige, unbegleitete Asylbewerber wie inländische Kinder zu behandeln. Auch nach Art. 1 und 2 des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 (Minderjährigenschutzabkommen – MSA) ist der Staat zum Schutz Minderjähriger nach ihrem innerstaatlichen Recht verpflichtet. § 42f Abs. 2 Satz 1 SGB wiederum verpflichtet die Jugendämter, in Zweifelsfällen ärztliche Untersuchungen durchzuführen, anstatt allein aufgrund einer qualifizierten Inaugenscheinnahme von der Volljährigkeit eines unbegleiteten Ausländers auszugehen. Die Wertung dieser Normen ist auch bei der Auslegung des § 50 AsylG zu beachten. Im Zweifel hat auch die Zuweisungsbehörde von der Minderjährigkeit des Asylbewerbers auszugehen und deshalb eine Zuweisung in eine Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene zu unterlassen.

d) Insbesondere ist die Regierung als zuständige Zuweisungsbehörde nicht an eine anderweitige Entscheidung des Jugendamtes gebunden. Zum einen enthält § 42f SGB VIII trotz Anregung des Bundesrats im Gesetzgebungsverfahren keine Anordnung der Bindungswirkung für andere Behörden (OVG Bremen, U.v. 2.3.2017- 1 B 331/16 – juris Rn. 11; Kirchhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, Stand 20.11.2017, § 42f Rn. 4.1 ff.). Zum anderen ist die Entscheidung des Jugendamts nicht bestandskräftig. Im Übrigen ist der Antragsgegner nicht die Regierung von, sondern der, der wiederum die Fach- und Rechtsaufsicht über das im übertragenen Wirkungskreis handelnde Jugendamt der Landeshauptstadt ... ausübt. Widersprechende Entscheidungen der Ausländerbehörde, der Regierungen und des Jugendamtes können daher verwaltungsorganisatorisch, verwaltungsintern oder auch im konkreten Fall durch ein Abwarten des Ergebnisses des gerichtlichen Verfahrens zur vorläufigen Inobhutnahme vermieden werden.

e) Zweifel an der Volljährigkeit des Antragstellers bestehen im vorliegenden Fall schon deshalb, weil der Antragsteller in Kopie eine nigerianische Geburtsurkunde abgegeben hat, die ihn als Minderjährigen ausweist. Dass die Geburtsurkunde erst im Oktober 2017 ausgestellt wurde und als Geburtstermin der ... 2002 anstatt wie beim Jugendamt vermerkt der ... 2002 angegeben ist, mindert den Beweiswert noch nicht derart, dass die Kopie der Geburtsurkunde gänzlich unbeachtlich wäre und keine Zweifel an der Volljährigkeit des Antragstellers mehr bestünden. Hinzu kommt, dass auch die Mutter des Antragstellers eine dementsprechende eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. In einem derartigen Fall sind die zuständigen Behörden verpflichtet, die Vorlage der Geburtsurkunde im Original zu verlangen, diese ggf. auf ihre Echtheit hin zu überprüfen und die Geburtsurkunde bei der Prüfung der Volljährigkeit als wesentlicher Anhaltspunkt zu berücksichtigen. Dass die Regierung von ... Urkunden nicht auf ihre Echtheit hin überprüfen kann, ist hierbei nicht entscheidungserheblich. Der Antragsgegner – der ... – muss verwaltungsintern regeln, welche Behörde Urkunden auf ihre Echtheit überprüft und wie die Ergebnisse der zuständigen Behörde übermittelt werden. Auch die qualifizierte Inaugenscheinnahme durch das Jugendamt ist – unabhängig von der fehlenden Bindungswirkung der Entscheidung des Jugendamtes – nicht geeignet, Zweifel an der Volljährigkeit zu beseitigen. Eine qualifizierte Inaugenscheinnahme durch das Jugendamt ist nur dann als geeignet anzusehen, wenn es darum geht, für jedermann ohne Weiteres erkennbare (offensichtliche), gleichsam auf der Hand liegende, über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Fälle eindeutiger Volljährigkeit auszuscheiden oder evidenter Minderjährigkeit festzustellen. In allen anderen Fällen – namentlich im Grenzbereich zwischen Volljährigkeit und Minderjährigkeit – ist hingegen regelmäßig vom Vorliegen eines Zweifelsfalls auszugehen, der zur Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung gemäß § 42f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII durch das Jugendamt zwingt (BayVGH, B.v. 5.4.2017 – 12 BV 17.185 – juris Rn. 39). Eine evidente Minderjährigkeit oder Volljährigkeit ist vorliegend nicht ersichtlich, vielmehr ist der Antragsteller nach eigenen Angaben 16 Jahre alt und liegt damit in einem Grenzbereich zur Volljährigkeit. Zudem ist die Inaugenscheinnahme durch das zuständige Jugendamt nur äußerst knapp und wenig konkret dokumentiert, was den Beweiswert weiter mindert. Insbesondere eine ärztliche Untersuchung, die möglicherweise Zweifel an der Minderjährigkeit auszuschließen imstande wäre, ist bisher durch die zuständigen Behörden nicht erfolgt.

Im Ergebnis ist vorläufig aufgrund der Zweifel und des Unterbleibens einer ärztlichen Untersuchung von der Minderjährigkeit des Antragstellers auszugehen.

f) Der Antragsteller ist derzeit auch unbegleitet. Nach Art. 2 Buchstabe e) der Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung) ist ein unter 18-Jähriger unbegleitet, wenn er ohne Begleitung eines für ihn nach dem einzelstaatlichen Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreist, solange er sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befindet. Da die zuständigen Behörden derzeit eine Wohnsitznahme bei der Mutter des Antragstellers durch die Zuweisung in einen anderen Regierungsbezirk verhindern und der Antragsteller auch derzeit unter einer anderen Adresse als seine Mutter in ... wohnt, befindet er sich nicht tatsächlich in deren Obhut und ist daher unbegleitet. Damit ist das Verfahren nach § 42a SGB VIII vorrangig.

5. Selbst wenn – wie nicht – der Antragsteller wegen des tatsächlichen Aufenthalts der Mutter in derselben Stadt wie der Antragsteller derzeit als begleiteter Minderjähriger anzusehen wäre, so wäre die Zuweisung nach § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG gleichwohl rechtswidrig, weil sie in diesem Fall die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen nicht berücksichtigt.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 04. Jan. 2018 - Au 6 S 17.1805

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bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Tenor

I.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg ist örtlich unzuständig.

II.

Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.

Gründe

Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg ist örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten von Amts wegen gemäß § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth zu verweisen.

Denn die örtliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth resultiert aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO, wonach in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylverfahrensgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat. Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 18. Januar 2016 betreffend den Asylbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. November 2015 hatten die Kläger ihren Aufenthalt nach dem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zuweisungsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 8. Januar „2015“ (richtig: 2016), zugestellt am 12. Januar 2016, spätestens eine Woche nach Aushändigung im Zuständigkeitsbereich des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth, konkret Ankunfts- und Rückführungseinrichtung II Bayern (ARE II), ..., zu nehmen.

Für die Bestimmung des örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts spielt es keine Rolle, dass der Zuweisungsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 8. Januar „2015“ mit der Aufenthaltsbestimmung für ... noch nicht rechtskräftig ist. Auch die Rechtmäßigkeit des Zuweisungsbescheides ist unerheblich, solange er nicht nichtig ist. Genauso wenig ist der tatsächliche Aufenthaltsort bzw. Wohnsitz des Betreffenden sowie der Aufenthaltsort, den der Betreffende sich wünscht, maßgeblich. Es kommt allein auf die hier gegebene Wirksamkeit der Aufenthaltsbestimmung und den mit sofort vollziehbarer Wirkung verpflichtend zugewiesenen Aufenthaltsort an. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 28.7.1997 - 9 AV 3/97 - juris) hat ausdrücklich entschieden, dass auf den betreffenden Zuweisungsbescheid abzustellen ist, solange dieser nicht widerrufen oder zurückgenommen ist. Eine materielle Prüfung der Aufenthaltsentscheidung bereits bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts widerspricht zudem dem Bedürfnis nach einer schnellen und sicheren Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts. § 52 Nr. 2 Satz 3 1. Halbsatz VwGO knüpft ausdrücklich daran an, wo der Ausländer auf der Basis der zuletzt durch die Ausländerbehörde getroffene Entscheidung nach dem Asylverfahrensgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat (VG Hamburg, B. v. 4.6.2010 - 19 E 1074/10 - juris). Denn bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts kann es - wie auch sonst in Asylverfahren, die sich auf das eigentliche Asylbegehren und nicht auf die Aufenthaltsbestimmung beziehen - nicht davon abhängen, ob die zugrunde liegende Zuweisungsentscheidung rechtskräftig ist oder nicht. Andernfalls könne der betreffende Ausländer allein durch eine Anfechtung der Zuweisungsentscheidung und die beliebige Wahl eines anderen Aufenthaltsortes bzw. Wohnsitzes vor Klageerhebung die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts beeinflussen.

Der Zuweisungsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 8. Januar „2015“ ist wirksam und kraft Gesetzes sofort vollziehbar (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG). Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Kläger im Verfahren W 6 S 16.30129 mit ihrem Sofortantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (W 6 K 16.30128) gegen den Zuweisungsbescheid vom 8. Januar „2015“, der nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, begehren. Über diesen Antrag war bei Eingang des Antrags im streitgegenständlichen Verfahren noch nicht entschieden. Des Weiteren ist unschädlich, dass die Regierung von Oberfranken zugesichert hat, zunächst von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Denn diese Zusicherung bezieht sich nicht auf die uneingeschränkt weiter geltende Zuweisung nach ... (Oberfranken) in Nr. 1 des Bescheides der Regierung von Oberfranken vom 8. Januar „2015“, sondern auf dessen Nr. 3 betreffend die zwangsweise Vollstreckung durch die Behörde.

Auch bei der Wochenfrist unter Nr. 2 des Zuweisungsbescheides vom 8. Januar „2015“ handelt es sich - entgegen der Auffassung der Klägerseite - nicht um eine die innere Wirksamkeit des Zuweisungsbescheides betreffende Frist, sondern um die Erfüllungsfrist der Zwangsmittelandrohung, wie die Formulierung und Systematik der Nrn. 2 und 3 des Zuweisungsbescheides zeigen. Denn die Zuweisungsverfügung in Nr. 1 des Bescheides ist als Verwaltungsakt mit ihrer Bekanntgabe - hier durch Zustellung am 12. Januar 2016 - gemäß Art. 41 Abs. 1, Art. 43 BayVwVfG wirksam geworden. Sie ist des Weiteren kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 75 Abs. 1 AsylG). Die innere, d. h. materiell-rechtliche Wirksamkeit der Verfügung ist nicht durch eine Befristung oder Bedingung aufgeschoben bzw. aufgelöst. Bei der in Nr. 2 des Zuweisungsbescheides enthaltenen Fristbestimmung von einer Woche nach Aushändigung des Bescheides handelt es sich nicht um eine die innere Wirksamkeit betreffende Frist, sondern um die Erfüllungsfrist der Zwangsmittelandrohung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG, wie die Formulierung „spätestens“ sowie der systematischen Zusammenhang mit der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Nr. 3 des Bescheides belegen, die auf die Fristbestimmung in Nr. 2 Bezug nimmt (ebenso schon ausdrücklich VG Würzburg, B. v. 3.2.2016 - W 1 S 16.30053 - juris). Zudem bestimmt § 50 Abs. 6 AsylG ausdrücklich, dass sich der Ausländer unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben hat.

Die teilweise vertretene Gegenmeinung, die an eine vorhergehende bestandskräftige Aufenthaltsbestimmung anknüpft, betrifft - soweit ersichtlich - nur Fallgestaltungen, in denen der Bescheid über die Aufenthaltsbestimmung anders als hier selbst Gegenstand des Streitverfahrens ist (vgl. etwa Berstermann in Beck´scher Online-Kommentar VwGO, Herausgeber Poser/Wolff, 36. Edition Stand 1.1.2016, § 52 Rn. 9; VG Berlin, U. v. 4.7.2014 - 10 K 289.13 - juris. Ebenso: z. B. VG Bayreuth, B. v. 3.2.2016 - B 3 S 16.30101 und B 3 K 16.30102). Jedoch sprechen auch in dieser Konstellation die oben genannte gewichtigen Gründe dafür, allein auf die Wirksamkeit und Vollziehbarkeit der letzten Aufenthaltsbestimmung abzustellen (so VG Würzburg, B. v. 3.2.2016 - W 1 S 16.30053 - juris; VG München, B. v. 27.8.2014 - M 24 K 14.1252 - juris; VG Berlin, B. v. 20.3.2014 - 19 N 72.14 - juris; VG Hamburg, B. v 4.6.2010 - 19 E 1074/10 - juris; BVerwG, B. v. 28.7.1997 - 9 AV 3/97 - juris). Diese Frage kann vorliegend mangels Entscheidungsrelevanz indes offen bleiben.

Nach dem in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG statuierten Grundsatz der perpetuatio fori haben Änderungen ab Rechtshängigkeit keine Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Gerichts.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17b Abs. 2 GVG der Endentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vorbehalten.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Zur Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist ein Ausländer, der als Asylberechtigter, Flüchtling im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiär Schutzberechtigter im Sinne von § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes anerkannt worden ist oder dem nach §§ 22, 23, 24 Absatz 1 oder 25 Absatz 3 erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, verpflichtet, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Land seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, in das er zur Durchführung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Aufnahmeverfahrens zugewiesen oder gemäß § 24 Absatz 3 verteilt worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer, sein Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder ein minderjähriges lediges Kind, mit dem er verwandt ist und in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt oder aufgenommen hat, durch die diese Person mindestens über ein Einkommen in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Bedarfs nach den §§ 20 und 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für eine Einzelperson verfügt, oder eine Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat oder in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis steht oder einen Integrationskurs nach § 43, einen Berufssprachkurs nach § 45a, eine Qualifizierungsmaßnahme von einer Dauer von mindestens drei Monaten, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder eine Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 81 und 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch aufnimmt, aufgenommen oder abgeschlossen hat, sofern der Kurs oder die Maßnahme nicht an dem nach Satz 1 verpflichtenden Wohnsitz ohne Verzögerung durchgeführt oder fortgesetzt werden kann. Die Frist nach Satz 1 kann um den Zeitraum verlängert werden, für den der Ausländer seiner nach Satz 1 bestehenden Verpflichtung nicht nachkommt. Fallen die Gründe nach Satz 2 innerhalb von drei Monaten weg, wirkt die Verpflichtung zur Wohnsitznahme nach Satz 1 in dem Land fort, in das der Ausländer seinen Wohnsitz verlegt hat.

(1a) Wird ein Ausländer, dessen gewöhnlicher Aufenthalt durch eine Verteilungs- oder Zuweisungsentscheidung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch bestimmt wird, volljährig, findet ab Eintritt der Volljährigkeit Absatz 1 Anwendung; die Wohnsitzverpflichtung erwächst in dem Land, in das er zuletzt durch Verteilungs- oder Zuweisungsentscheidung zugewiesen wurde. Die bis zur Volljährigkeit verbrachte Aufenthaltszeit ab Anerkennung als Asylberechtigter, Flüchtling im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiär Schutzberechtigter im Sinne von § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes oder nach erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§ 22, 23, 24 Absatz 1 oder 25 Absatz 3 wird auf die Frist nach Absatz 1 Satz 1 angerechnet.

(2) Ein Ausländer, der der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegt und der in einer Aufnahmeeinrichtung oder anderen vorübergehenden Unterkunft wohnt, kann innerhalb von sechs Monaten nach Anerkennung, Aufnahme oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist zu seiner Versorgung mit angemessenem Wohnraum verpflichtet werden, seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen, wenn dies der Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegensteht. Soweit im Einzelfall eine Zuweisung angemessenen Wohnraums innerhalb von sechs Monaten nicht möglich war, kann eine Zuweisung nach Satz 1 innerhalb von einmalig weiteren sechs Monaten erfolgen.

(3) Zur Förderung seiner nachhaltigen Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kann ein Ausländer, der der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegt, innerhalb von sechs Monaten nach Anerkennung oder erstmaliger Erteilung der Aufenthaltserlaubnis verpflichtet werden, längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist seinen Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen, wenn dadurch

1.
seine Versorgung mit angemessenem Wohnraum,
2.
sein Erwerb ausreichender mündlicher Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen und
3.
unter Berücksichtigung der örtlichen Lage am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
erleichtert werden kann. Bei der Entscheidung nach Satz 1 können zudem besondere örtliche, die Integration fördernde Umstände berücksichtigt werden, insbesondere die Verfügbarkeit von Bildungs- und Betreuungsangeboten für minderjährige Kinder und Jugendliche.

(4) Ein Ausländer, der der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegt, kann zur Vermeidung von sozialer und gesellschaftlicher Ausgrenzung bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist auch verpflichtet werden, seinen Wohnsitz nicht an einem bestimmten Ort zu nehmen, insbesondere wenn zu erwarten ist, dass der Ausländer Deutsch dort nicht als wesentliche Verkehrssprache nutzen wird. Die Situation des dortigen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

(5) Eine Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 4 ist auf Antrag des Ausländers aufzuheben,

1.
wenn der Ausländer nachweist, dass in den Fällen einer Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 3 an einem anderen Ort, oder im Falle einer Verpflichtung nach Absatz 4 an dem Ort, an dem er seinen Wohnsitz nicht nehmen darf,
a)
ihm oder seinem Ehegatten, eingetragenen Lebenspartner oder einem minderjährigen ledigen Kind, mit dem er verwandt ist und in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne von Absatz 1 Satz 2, ein den Lebensunterhalt überwiegend sicherndes Einkommen oder ein Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung steht,
b)
ihm oder seinem Ehegatten, seinem eingetragenen Lebenspartner oder einem minderjährigen ledigen Kind, mit dem er verwandt ist und in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, ein Integrationskurs nach § 43, ein Berufssprachkurs nach § 45a, eine Qualifizierungsmaßnahme von einer Dauer von mindestens drei Monaten, die zu einer Berufsanerkennung führt, oder eine Weiterbildungsmaßnahme nach den §§ 81 und 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zeitnah zur Verfügung steht, oder
c)
der Ehegatte, eingetragene Lebenspartner oder ein minderjähriges lediges Kind, mit dem er verwandt ist und mit dem er zuvor in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt hat, an einem anderen Wohnort leben,
2.
zur Vermeidung einer Härte; eine Härte liegt insbesondere vor, wenn
a)
nach Einschätzung des zuständigen Jugendamtes Leistungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch mit Ortsbezug beeinträchtigt würden,
b)
aus anderen dringenden persönlichen Gründen die Übernahme durch ein anderes Land zugesagt wurde oder
c)
für den Betroffenen aus sonstigen Gründen vergleichbare unzumutbare Einschränkungen entstehen.
Fallen die Aufhebungsgründe nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a innerhalb von drei Monaten ab Bekanntgabe der Aufhebung weg, wirkt die Verpflichtung zur Wohnsitznahme nach Absatz 1 Satz 1 in dem Land fort, in das der Ausländer seinen Wohnsitz verlegt hat. Im Fall einer Aufhebung nach Satz 1 Nummer 2 ist dem Ausländer, längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 geltenden Frist, eine Verpflichtung nach Absatz 3 oder 4 aufzuerlegen, die seinem Interesse Rechnung trägt.

(6) Bei einem Familiennachzug zu einem Ausländer, der einer Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 4 unterliegt, gilt die Verpflichtung oder Zuweisung längstens bis zum Ablauf der nach Absatz 1 für den Ausländer geltenden Frist auch für den nachziehenden Familienangehörigen, soweit die zuständige Behörde nichts anderes angeordnet hat. Absatz 5 gilt für die nachziehenden Familienangehörigen entsprechend.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Ausländer, deren Anerkennung oder erstmalige Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Sinne des Absatzes 1 vor dem 1. Januar 2016 erfolgte.

(8) Widerspruch und Klage gegen Verpflichtungen nach den Absätzen 2 bis 4 haben keine aufschiebende Wirkung.

(9) Die Länder können im Hinblick auf Ausländer, die der Verpflichtung nach Absatz 1 unterliegen, hinsichtlich Organisation, Verfahren und angemessenen Wohnraums durch Rechtsverordnung der Landesregierung oder andere landesrechtliche Regelungen Näheres bestimmen zu

1.
der Verteilung innerhalb des Landes nach Absatz 2,
2.
dem Verfahren für Zuweisungen und Verpflichtungen nach den Absätzen 2 bis 4,
3.
den Anforderungen an den angemessenen Wohnraum im Sinne der Absätze 2, 3 Nummer 1 und von Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a sowie der Form seines Nachweises,
4.
der Art und Weise des Belegs einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach Absatz 1 Satz 2, eines den Lebensunterhalt sichernden Einkommens sowie eines Ausbildungs- oder Studienplatzes im Sinne der Absätze 1 und 5 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a,
5.
der Verpflichtung zur Aufnahme durch die zum Wohnort bestimmte Gemeinde und zu dem Aufnahmeverfahren.

(10) § 12 Absatz 2 Satz 2 bleibt für wohnsitzbeschränkende Auflagen in besonders begründeten Einzelfällen unberührt.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher ist grundsätzlich dann als unbegleitet zu betrachten, wenn die Einreise nicht in Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Jugendliche verheiratet ist. § 42 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 5 sowie 6 gilt entsprechend.

(2) Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen einzuschätzen,

1.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet würde,
2.
ob sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält,
3.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert und
4.
ob der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt; hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.

(3) Das Jugendamt ist während der vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind. Dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen und der mutmaßliche Wille der Personen- oder der Erziehungsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

(3a) Das Jugendamt hat dafür Sorge zu tragen, dass für die in Absatz 1 genannten Kinder oder Jugendlichen unverzüglich erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes durchgeführt werden, wenn Zweifel über die Identität bestehen.

(4) Das Jugendamt hat der nach Landesrecht für die Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen zuständigen Stelle die vorläufige Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen innerhalb von sieben Werktagen nach Beginn der Maßnahme zur Erfüllung der in § 42b genannten Aufgaben mitzuteilen. Zu diesem Zweck sind auch die Ergebnisse der Einschätzung nach Absatz 2 Satz 1 mitzuteilen. Die nach Landesrecht zuständige Stelle hat gegenüber dem Bundesverwaltungsamt innerhalb von drei Werktagen das Kind oder den Jugendlichen zur Verteilung anzumelden oder den Ausschluss der Verteilung anzuzeigen.

(5) Soll das Kind oder der Jugendliche im Rahmen eines Verteilungsverfahrens untergebracht werden, so umfasst die vorläufige Inobhutnahme auch die Pflicht,

1.
die Begleitung des Kindes oder des Jugendlichen und dessen Übergabe durch eine insofern geeignete Person an das für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständige Jugendamt sicherzustellen sowie
2.
dem für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständigen Jugendamt unverzüglich die personenbezogenen Daten zu übermitteln, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 42 erforderlich sind.
Hält sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland auf, hat das Jugendamt auf eine Zusammenführung des Kindes oder des Jugendlichen mit dieser Person hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Das Kind oder der Jugendliche ist an der Übergabe und an der Entscheidung über die Familienzusammenführung angemessen zu beteiligen.

(6) Die vorläufige Inobhutnahme endet mit der Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder an das aufgrund der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde nach § 88a Absatz 2 Satz 1 zuständige Jugendamt oder mit der Anzeige nach Absatz 4 Satz 3 über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens nach § 42b Absatz 4.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. August 2014 - M 18 E 14.3412 - wird aufgehoben.

II.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller bis zur endgültigen Klärung seines Alters in dem vor dem Amtsgericht E. anhängigen familiengerichtlichen Verfahren - Az: 001F469/14 - bzw. im Rahmen des anhängigen Hauptsacheverfahrens in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen.

III.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Verfahren sind gerichtskostenfrei.

IV.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Klage- und Antragsverfahren erster Instanz bewilligt und Rechtsanwältin Dr. ... aus ... beigeordnet.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt seine In-Obhutnahme als unbegleitet eingereister Minderjähriger (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII). Seinen eigenen Angaben zufolge ist er afghanischer Staatsangehöriger und wurde am ... geboren. Nach seiner Einreise hat er Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter gestellt.

1. Anlässlich eines Gesprächs des Antragstellers mit Mitarbeitern des Jugendamts und der Ausländerbehörde der Stadt Dortmund am 6. Januar 2014 entstanden Zweifel hinsichtlich des von ihm angegebenen Alters. In einem Vermerk des Jugendamts Dortmund vom 7. Januar 2014 wurde festgehalten, für eine Minderjährigkeit des Antragstellers bestünden keine Anhaltspunkte; es sei davon auszugehen, dass er zumindest 18 Jahre alt sei. Das Geburtsdatum wurde fiktiv auf den 1. Januar 1996 festgelegt. Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern (Regierungsaufnahmestelle für Asylbewerber) vom 10. März 2014 wurde der Antragsteller ab dem 12. März 2014 dem Landkreis E. zugewiesen.

2. Mit Schreiben vom 24. Juli 2014 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers, diesen nach § 42 SGB VIII in Obhut zu nehmen und in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung oder bei einer Pflegefamilie unterzubringen. Der Antragsteller sei minderjährig. Zur Begründung wurde auf einen weder einen Briefkopf tragenden noch eine Unterschrift enthaltenen Bericht der Ausländerhilfe E. e.V. zur Einschätzung des Alters des Antragstellers Bezug genommen.

3. Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 (Az: 001F469/14) stellte das Amtsgericht E. im Wege der einstweiligen Anordnung fest, dass das elterliche Sorgerecht bis zur Abklärung des Alters des Betroffenen vorläufig ruht. Gleichzeitig wurde das Kreisjugendamt E. als vorläufiger Vormund ausgewählt. Mit weiterem Beschluss vom 1. August 2014 verfügte das Amtsgericht, dass zur Feststellung des Alters des Antragstellers ein Sachverständigengutachten einzuholen sei. Mit dessen Erstellung wurde das Institut für Rechtsmedizin der Universität M. beauftragt.

4. Mit undatiertem Bescheid, vermutlich vom 6. August 2014, lehnte der Antragsgegner die beantragte In-Obhutnahme (§ 42 SGB VIII) sowie die Gewährung von Hilfe zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII) ab. Der Antragsteller sei aufgrund der Alterseinschätzung durch das Jugendamt Dortmund als volljährig einzustufen. Die Alterseinschätzung einer ehrenamtlichen Initiative, hier der Ausländerhilfe E. e. V., könne die amtlich festgestellte Alterseinschätzung nicht abändern. Darüber hinaus sei das Kreisjugendamt mit Beschluss vom 31. Juli 2014 zum Vormund bestellt worden, so dass die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII entfallen seien. Zweifel an der Volljährigkeit des Antragstellers bestünden auch aufgrund einer Inaugenscheinnahme des Antragsgegners im Kreisjugendamt und im Team Asyl der Sozialhilfeverwaltung des Landratsamtes nicht; es hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Minderjährigkeit des Antragstellers ergeben. Auch ein - vorsorglich geprüfter - Bedarf für eine Jugendhilfemaßnahme habe nicht festgestellt werden können. Der Antragsteller sei in seiner Unterkunft gut integriert. Diese werde von zwei Mitarbeitern des Landratsamts regelmäßig besucht und betreut.

5. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 6. August 2014 ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 6. August 2014 erheben und beantragen, das Kreisjugendamt E. - zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung - zu verpflichten, ihn in Obhut zu nehmen und in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Er wohne als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in einer Asylunterkunft für Erwachsene. In dieser gebe es keine Betreuung für Minderjährige. Sein Wohl sei daher gefährdet. Bis zur endgültigen Klärung seines Alters im Rahmen des anhängigen familiengerichtlichen Verfahrens sei von seiner Minderjährigkeit auszugehen, so dass er gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII in Obhut zu nehmen sei. Eine Verpflichtung zur In-Obhutnahme bestehe auch deshalb, weil er um diese gebeten habe. Es sei ihm nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Ferner beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

6. Mit Beschluss vom 18. August 2014 lehnte das Verwaltungsgericht München die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft machen können, dass er Jugendlicher im Sinne des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB VIII i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII sei und insoweit ein Anordnungsanspruch gemäß § 123 VwGO bestehe. Es hätten Gespräche sachkundiger Personen mit dem Antragsteller stattgefunden, die zu dessen Einschätzung als volljährig geführt hätten, so dass er für das Eilverfahren nicht gleichsam „unbesehen“ als Jugendlicher betrachtet werden könne. Dem vom Antragsteller vorgelegten Bericht zur Einschätzung des Alters komme für das gerichtliche Verfahren kein eigener Erkenntniswert zu, weil dieser Bericht seinen Ersteller nicht erkennen lasse. Weitere Erkenntnismittel stünden nicht zur Verfügung. Auch dem computermäßig reproduzierten Schwarzweißbild des Antragstellers in der Behördenakte könne nicht entnommen werden, dass dieser noch minderjährig sei. Eine Beweiserhebung finde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht statt. Infolgedessen komme es auch nicht darauf an, ob im Hauptsacheverfahren ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen wäre. Aus den genannten Gründen könne auch der Antrag auf Gewähr von Prozesskostenhilfe keinen Erfolg haben.

7. Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Der Antragsgegner verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Unter Zugrundelegung der amtlichen Stellungnahme des Jugendamts Dortmund sei der Antragsteller volljährig. Die Voraussetzungen für eine In-Obhutnahme lägen deshalb nicht vor.

8. Mit Verfügung vom 11. September 2014 wies das Amtsgericht E. die Beteiligten des familiengerichtlichen Verfahrens darauf hin, dass nach den eingeholten Gutachten nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass der Antragsteller volljährig sei mit der Folge, dass er als Minderjähriger zu behandeln sei.

Der zusammenfassenden Beurteilung des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der LMU M. vom 1. September 2014 ist zu entnehmen, dass die Befunde zur Alterseinschätzung des Antragstellers sehr widersprüchlich seien. Der subjektive Eindruck des Untersuchers spreche (zwar) für ein Lebensalter von 18 bis 20 Jahren, was aber nur Hinweischarakter haben könne. (Auch) der zahnärztliche Untersuchungsbefund mit kariösen Läsionen von zwei Weisheitszähnen, die bereits vollständig ausgewachsen in der Kauebene stehen, belege im Regelfall ein Lebensalter von zumindest 22 Jahren. Die Röntgenaufnahme der linken Hand zeige auf der Daumenseite der Speichenwachstumsfuge noch eine kleine Kerbung, entsprechend offenbar einem sehr frischen Verschluss, alternativ einer irregulären Ausformung ohne Hinweiswert für das Alter. Insoweit sei zu sehen, dass die entsprechende Wachstumsfuge im Alter von 17 Jahren regelmäßig vollständig fusioniert sei. Die Befunde an den Brustbein-/Schlüsselbeingelenken des Antragstellers entsprächen aus radiologischer Sicht einer Teilfusion der Wachstumsfugen, wie sie bei Männern frühestens mit 17 ½ Jahren, aber auch bis zu 26 Jahren beobachtet werde. Die mittleren 50% mit einem solchen Befund lägen zwischen 20,1 und 23,9 Jahren. Die Fusion der Schlüsselbein-Wachstumsfuge des Antragstellers sei allerdings nur sehr gering ausgeprägt. Darüber hinaus wirkten die Schlüsselbeinschaftenden des Antragstellers ausgesprochen gleichmäßig wellig, wie dies regelmäßig einer aktiven Wachstumsfuge entspreche. Aktive Wachstumsfugen ohne Teilfusion würden bei Männern zwischen 14 ½ und 20 Jahren beobachtet. Die mittleren 50% mit einem solchen Entwicklungsstadium lägen zwischen 17,1 und 18,5 Jahren. Unklar sei jedoch, inwieweit die üblichen Kriterien zur Alterseinstufung auf den Antragsteller (überhaupt) angelegt werden könnten. Bei der körperlichen Untersuchung seien die besonders langen, schmalen Hände des Antragstellers aufgefallen, die auf eine Wachstumsstörung hinweisen könnten. Eine solche müsse gegebenenfalls durch die Fachabteilung für Auxologie (Wachstumskunde) abgeklärt werden, da sie durchaus Krankheitswert haben und therapiebedürftig sein könne. Eine entsprechende Abteilung stehe im Haunerschen Kinderspital der LMU M., Prof. Dr. ..., zur Verfügung. Obwohl insbesondere der zahnärztliche Befund ein Lebensalter noch deutlich höher als das zugewiesene zu belegen scheine, sei bei Unterstellung einer Wachstumsstörung das vom Antragsteller angegebene Geburtsdatum (gleichwohl) nicht auszuschließen.

Demgegenüber kommt das dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin beiliegende fachradiologische Gutachten vom 13. August 2014 - allerdings ohne Berücksichtigung einer möglichen Wachstumsstörung - zu der Einschätzung, dass der Antragsteller mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit älter als 18 Jahre sowie mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% älter als 21 Jahre sei. Auch nach dem zahnärztlichen Untersuchungsbefund vom 13. August 2014 handelt es sich beim Antragsteller nicht mehr um einen Minderjährigen, sondern um einen jugendlichen Erwachsenen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes und die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht können keinen Bestand haben. Nach den gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu prüfenden Gründen hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO). Dem Antrags- und Klagebegehren können ferner hinreichende Aussichten auf Erfolg nicht abgesprochen werden (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO).

1. Der Gesetzgeber hat die (Erst-)Versorgung und Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII primär den Jugendämtern zugewiesen (vgl. BVerwG, U. v. 8.7.2004 - 5 C 63.03 -, ZfJ 2005, 23 [25]; s. auch Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 42 Rn. 17; Peter, JAmt 2006, 60 [61]). Er trägt damit der UN-Kinderrechtskonvention Rechnung, die eindeutig verlangt, dass unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden der gleiche staatliche Schutz zu gewähren ist wie deutschen Kindern (vgl. insbes. Art. 6 Abs. 2, Art. 20, 22 u. 32 ff.). Auch Art. 1 und 2 des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 (Minderjährigenschutzabkommen - MSA) verlangen, dass der Staat die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Person des Minderjährigen trifft und dies nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts tut (vgl. Trenczek, in Münder/Meyßen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 15 u. 17; DIJuF-Rechtsgutachten vom 9. November 2010 - J 4.300 Sch -, JAmt 2010, 547 [548] m. w. N.). Bei der Durchführung der In-Obhutnahme sind Unterschiede zwischen (unbegleiteten) ausländischen und deutschen Minderjährigen unzulässig (vgl. Trenczek, in: Münder/Meyßen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 17). Der Schutz von Minderjährigen darf auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob diese sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten (vgl. Peter, JAmt 2006, 60 [64]).

Ebenso wenig ist die In-Obhutnahme davon abhängig, ob der Minderjährige nach der Einreise ins Bundesgebiet um Asyl nachsucht (vgl. Kepert/Röchling, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 42 Rn. 44). Dies gilt auch dann, wenn der Minderjährige das 16. Lebensjahr bereits vollendet hat und nach § 12 AsylVfG handlungsfähig ist. § 42 SGB VIII wird durch Regelungen des Asylrechts nicht verdrängt (BVerwG, U. v. 24.6.1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 109, 155 [158 f.; 160]; siehe auch Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 16 f. m. w. N.). Das Asylbewerberleistungsgesetz enthält keine mit dem Achten Buch Sozialgesetzbuch vergleichbare Leistungen (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE 109, 155 [161 ff.]).

Die Verpflichtung des Jugendamts, unbegleitete Minderjährige nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII in Obhut zu nehmen, gilt deshalb ausnahmslos, und damit unabhängig davon, ob die Betroffenen in Ausübung ihrer Handlungsfähigkeit bereits einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Löhr, ZAR 2010, 378 [381]; Peter, JAmt 2006, 60 [64; 66]). Nimmt das Jugendamt einen unbegleitet eingereisten, sechzehnjährigen Asylantragsteller in Obhut, so ist dieser verpflichtet, in einer Einrichtung der Jugendhilfe zu wohnen. Die zuvor mit der Asylantragstellung begründete Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einer Aufnahmeeinrichtung (vgl. § 47 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 u. 2 Nr. 3 AsylVfG) entfällt (vgl. § 48 Nr. 1 AsylVfG bzw. § 47 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Alt. 5 AsylVfG). Unbegleitet eingereiste Minderjährige unter 16 Jahren unterliegen aufgrund der Systematik des Asylverfahrensrechts von vorneherein keiner Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einer Aufnahmeeinrichtung (vgl. § 47 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Eine „Kollision“ zwischen Asylverfahrensrecht einerseits und Achtem Buch Sozialgesetzbuch andererseits (vgl. hierzu Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 42 Rn. 17 f.) besteht daher in Wahrheit nicht. Vielmehr treten die Bestimmungen über die Wohnpflicht nach dem Asylverfahrensgesetz im Fall einer auf der Grundlage des Achten Buchs Sozialgesetzbuch verfügten Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung kraft gesetzlicher Anordnung (vgl. § 48 Nr. 1 AsylVfG bzw. § 47 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Alt. 5 AsylVfG) zurück (siehe auch Peter, JAmt 2006, 60 [64]). Ist ein vor Vollendung des 18. Lebensjahres unbegleitet nach Deutschland eingereister asylsuchender (minderjähriger) Ausländer, der weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland hat, in Obhut zu nehmen und unterzubringen, wie § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII dies ausnahmslos und unmissverständlich verlangt, so unterfällt er auch nicht dem gemäß §§ 45 f. AsylVfG vorgesehenen Verteilungsverfahren. Eine gleichwohl erfolgte, ihm gegenüber ergangene Weiterleitungsanordnung ist rechtswidrig (vgl. VG Berlin, B. v. 18.4.2011 - 20 L 331.10 - juris, Rn. 9; ebenso Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 18; Peter, JAmt 2006, 60 [64]).

Allein der Umstand, dass das zuständige Jugendamt seitens der Ausländerbehörden nicht oder nicht rechtzeitig von der Existenz des unbegleitet eingereisten asylsuchenden Minderjährigen Kenntnis erlangt, darf daher nicht dazu verleiten, eine nicht bestehende „Kollision“ oder gar einen Vorrang des Asylverfahrensrechts für die Unterbringung zu konstruieren. Vielmehr ist (auch) der unbegleitet eingereiste asylsuchende Minderjährige von der örtlichen Ausländerbehörde oder den Zentralen Aufnahmestellen für Asylbewerber unverzüglich an das nach § 87 SGB VIII zuständige Jugendamt weiterzuleiten (vgl. § 14 Satz 1 d. Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern - AGO: „Weiterleitung bei Unzuständigkeit“). Umgekehrt ist das nach § 87 SGB VIII zuständige Jugendamt gemäß § 81 SGB VIII gehalten, von der örtlichen Ausländerbehörde oder der Zentralen Aufnahmestelle Auskunft über den Aufenthalt unbegleitet eingereister Minderjähriger zu verlangen (vgl. Peters, JAmt 2006, 60 [63]: „Einmischungsauftrag“), um seiner Verpflichtung aus § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII genügen zu können.

Durch die in § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VIII getroffene Regelung hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass unbegleitet eingereiste Minderjährige - gleichviel welchen Alters - nicht in asylrechtlichen Aufnahmeeinrichtungen (§ 44 AsylVfG) oder Gemeinschaftsunterkünften (§ 53 AsylVfG) untergebracht werden (vgl. Peter, JAmt 2006, 60 [63; 64]). Dies allein entspricht zugleich den Anforderungen des Art. 20 UN-Kinderrechtskonvention. Nach dieser Bestimmung haben Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. Art. 1 UN-Kinderrechtskonvention) und aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst sind, Anspruch auf besonderen staatlichen Schutz und Beistand (Abs. 1). Dieser ist durch eine kindgerechte Betreuung in einer Pflegefamilie oder in einer geeigneten Kinderbetreuungseinrichtung sicherzustellen (Absätze 2 u. 3). Eine solche ist in einer asylrechtlichen Aufnahmeeinrichtung regelmäßig nicht gewährleistet (vgl. näher Peter, JAmt 2006, 60 [63 f.]; Löhr, ZAR 2010, 378 [381 f.]). Das Asylbewerberleistungsgesetz enthält keine mit dem Achten Buch Sozialgesetzbuch vergleichbare Leistungen (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE 109, 155 [161 ff.]).

Anders als beim typischen Eltern-Kind-Konflikt bedarf es bei der In-Obhutnahme unbegleiteter Minderjähriger auch keiner Gefährdungsabschätzung (mehr), vielmehr wird eine (latente) Gefahr für das Wohl unbegleiteter Minderjähriger (alleine in einem fremden Land, mangelnde Sprachkenntnisse) - gleichviel welchen Alters - vom Gesetzgeber unterstellt (vgl. Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 19; Kepert/Röchling, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 42 Rn. 44; Peter, JAmt 2006, 60 [61; 62]). Dies gilt nicht zuletzt auch im Hinblick auf unbegleitete minderjährige Asylbewerber, die das 16. Lebensjahr bereits vollendet haben, weil auch insoweit das Kindeswohl gefährdende körperliche oder gar sexuelle Übergriffe in Erstaufnahmeeinrichtungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können (vgl. hierzu auch Art. 34 UN-Kinderrechtskonvention - „Schutz vor sexuellem Missbrauch“). Der von Teilen der Literatur (vgl. etwa Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 42 Rn. 18) hinsichtlich dieses Personenkreises zusätzlich für erforderlich gehaltene „jugendhilferechtliche Bedarf“ liegt bereits von Gesetzes wegen vor.

Das nach § 87 SGB VIII örtlich zuständige Jugendamt muss deshalb, ohne dass ihm ein Ermessen eingeräumt wäre (vgl. Peter, JAmt 2006, 60 [63; 65]), nicht nur Obhut gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII gewähren, sondern darüber hinaus auch unverzüglich die Bestellung eines Vormunds veranlassen (§ 42 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII). Dessen Bestellung lässt die Erforderlichkeit einer In-Obhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII nicht entfallen. Ebenso wenig wie eine bereits angeordnete In-Obhutnahme durch eine Vormundbestellung endet (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 12.8.2004 - 5 C 53/03 - juris, Rn. 13 f.), wird eine In-Obhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII aufgrund der Anordnung einer Amtsvormundschaft entbehrlich. Die Aufgabe des Jugendamtes, gefährdeten Jugendlichen in einer Krisensituation Unterbringung und Betreuung zu gewährleisten, und der mit der In-Obhutnahme verbundene Schutzauftrag sind mit der Bestellung eines Amtsvormunds durch das Familiengericht noch nicht erfüllt; denn die bloße Existenz eines Personensorgeberechtigten, der anderweitige Hilfen beantragen könnte, lässt das Problem des akuten Unterkunfts- und Betreuungsbedarfs ungelöst (vgl. BVerwG, U. v. 12.8.2004 - 5 C 53/03 - juris, Rn. 14).

Da eine In-Obhutnahme Volljähriger rechtswidrig ist, hat das Jugendamt das Alter des Betroffenen festzustellen, ohne insoweit an die Feststellungen anderer Behörden gebunden zu sein (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten vom 9. November 2010 - J 4.300 Sch -, JAmt 2010, 547 [548]; Peter, JAmt 2006, 60 [62]; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 20.10.2011 - 6 S 51.11 - juris, Rn. 6; B. v. 4.3.2013 - 6 S 3.13 - juris, Rn. 9). Eine Altersschätzung allein aufgrund bestimmter äußerlicher körperlicher Merkmale stellt für sich genommen keine ausreichende Grundlage dar. Dies gilt auch dann, wenn sie durch Personal erfolgt, das in diesem Bereich erfahren ist (vgl. OVG Berlin-Bbg, B. v. 14.10.2009 - 6 S 33.09 -, JAmt 2010, 46). Eine zuverlässige Altersdiagnostik setzt vielmehr voraus, dass im Wege einer zusammenfassenden Begutachtung die Ergebnisse einer körperlichen Untersuchung, gegebenenfalls auch einer Röntgenuntersuchung der Hand und der Schlüsselbeine, sowie einer zahnärztlichen Untersuchung zu einer abschließenden Altersdiagnose zusammengeführt werden (vgl. OLG München, B. v. 15.3.2012 - 26 UF 308/12 - juris, Rn. 9; s. auch Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 22 m. w. N.). Dabei ist außerhalb von Strafverfahren zu beachten, dass keine juristische Legitimation für die Durchführung von Röntgenuntersuchungen vorliegt und insofern nur ein eingeschränktes Methodenspektrum zur Verfügung steht. Allgemein wird deshalb eine körperliche Untersuchung mit Erfassung anthropometrischer Maße, der sexuellen Reifezeichen und möglicher altersrelevanter Entwicklungsstörungen sowie eine zahnärztliche Untersuchung mit Erhebung des Zahnstatus empfohlen (vgl. OLG München, B. v. 15.3.2012 - 26 UF 308/12 - juris, Rn. 9; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 14.10.2009 - 6 S 22/09 -, JAmt 2010, 44).

Bestehen ernsthafte Zweifel hinsichtlich des Alters des Betroffenen, so haben sowohl das Jugendamt (§ 20 SGB X) als auch die Gerichte (§ 86 VwGO) von Amts wegen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, das Alter des Betroffenen festzustellen (so zutreffend OLG München, B. v. 15.3.2012 - 26 UF 308/12 - juris, Rn. 8 für das Kindschaftsrecht; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 20.10.2011 - 6 S 51.11 u. a. - juris, Rn. 6; B. v. 4.3.2013 - 6 S 3.13 u. a. -, juris, Rn. 9; siehe auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 9. November 2010 - J 4.300 Sch -, JAmt 2010, 547 [548]; Peter, JAmt 2006, 60 [62]; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl. 2010, § 33a Rn. 8). Erst wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind, trifft den um Obhutnahme bittenden Minderjährigen die materielle Beweislast für das von ihm behauptete Alter als anspruchsbegründende Tatsache (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 20.10.2011 - 6 S 51.11 u. a. - juris, Rn. 6).

Lässt sich eine verlässliche Klärung des Alters nicht sogleich herbeiführen, so hat das Jugendamt im Zweifel, also dann, wenn das Vorliegen von Minderjährigkeit nicht sicher ausgeschlossen werden kann, eine In-Obhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII gleichwohl anzuordnen, bis das tatsächliche Alter des Betroffenen festgestellt ist (vgl. Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 21 a.E.; DIJuF- Rechtsgutachten vom 9. November 2010 - J 4.300 Sch -, JAmt 2010, 547 [548 f.] m. w. N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn auch das Familiengericht die Vormundschaft vorläufig - zur näheren Abklärung des Alters des Betroffenen - angeordnet und zugleich beschlossen hat, zur Feststellung des tatsächlichen Alters des Betroffenen ein Sachverständigengutachten einzuholen. Auch die UNHCR-Richtlinie über allgemeine Grundsätze und Verfahren zur Behandlung asylsuchender unbegleiteter Minderjähriger vom Februar 1997 sieht ausdrücklich vor, dass im Zweifelsfall, also dann, wenn das genaue Alter ungewiss ist, zugunsten des betroffenen Kindes bzw. Jugendlichen entschieden werden soll (UNHCR 1997, 5.11 c).

2. Hiervon ausgehend kann die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht nicht aufrechterhalten werden. Weder der Vermerk des Jugendamts der Stadt Dortmund vom 7. Januar 2014 noch die Inaugenscheinnahme durch Vertreter des Kreisjugendamts E. und des Teams Asyl der Sozialhilfeverwaltung des Landratsamts genügen den oben genannten Anforderungen. Vor allem lassen sie nicht erkennen, auf welche Merkmale und Kriterien die handelnden Personen ihre Annahme, der Antragsteller sei bereits volljährig, stützen. Der persönliche Eindruck allein kann insoweit nicht genügen. Gleiches hat hinsichtlich der Annahmen der Ausländerhilfe E. e.V. zu gelten. Auch das in den Akten enthaltene Lichtbild des Antragstellers lässt eine rechtlich und tatsächlich tragfähige Beurteilung nicht zu. Eine Minderjährigkeit des Antragstellers erscheint danach mindestens ebenso wahrscheinlich wie dessen Volljährigkeit. Die klärungsbedürftige Frage, ob der Antragsteller, wie er vorträgt, am 30. Oktober 1997 geboren wurde, infolgedessen noch minderjährig ist und damit dem Anwendungsbereich des § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII unterfällt, muss derzeit vielmehr als offen angesehen werden. Dies deckt sich zugleich mit der Einschätzung des Amtsgerichts E. in den Beschlüssen vom 31. Juli und 1. August 2014 („möglicherweise noch minderjährig“) und der Verfügung des Amtsgerichts vom 11. September 2014, in der mitgeteilt wird, dass aufgrund der vorliegenden Gutachten nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass der Antragsteller bereits volljährig sei mit der Folge, dass er als noch Minderjähriger zu behandeln sei. In der Tat kann nach der (abschließenden) Altersdiagnose des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. vom 1. September 2014 aufgrund einer möglicherweise im Raum stehenden Wachstumsstörung Minderjährigkeit des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden. Das fachradiologische Gutachten vom 13. August 2014 und der zahnärztliche Befund ebenfalls vom 13. August 2014 stehen dem nicht entgegen, da sie die Möglichkeit einer Wachstumsstörung nicht berücksichtigen. Insoweit wird es, wie vom Institut für Rechtsmedizin angeregt, weiterer Aufklärung durch die Fachabteilung für Auxologie des Haunerschen Kinderspitals der LMU M. - entweder noch im familiengerichtlichen Verfahren oder aber spätestens im bereits anhängigen Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht - bedürfen.

In einer solchen Fallkonstellation ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - im Lichte der den Verwaltungsprozess beherrschenden Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) im Wege einer (reinen) Folgenabwägung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden (vgl. BVerfG, B. v. 25.7.1996 - 1 BvR 638/96 -, NVwZ 1997, 479 [481]; B. v. 29.11.2007 - 1 BvR 2496/07 -, NVwZ 2008, 880 [881]; B. v. 25.2.2009 - 1 BvR 120/09 -, NVwZ 2009, 715 f.; BVerwG, B. v. 13.10.1994 - 7 VR 10/94 -, NVwZ1995, 379 [380]; siehe auch Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 123 Rn. 100 f.), die die Wertung des Gesetzgebers, die Unterbringung und Erstversorgung asylbegehrender unbegleiteter Minderjähriger der Primärzuständigkeit des Jugendamts zu überantworten (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII), und den von Verfassungs wegen gebotenen Schutz Minderjähriger (Art. 6 Abs. 1 GG) gleichermaßen entscheidungserheblich in den Blick nimmt.

Vorliegend überwiegen insoweit die persönlichen Interessen des Antragstellers gegenüber möglicherweise entgegenstehenden öffentlichen Belangen. Sollte sich in dem vom Amtsgericht E. eingeleiteten Altersfeststellungsverfahren bzw. im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vor dem Verwaltungsgericht herausstellen, dass der Antragsteller - wie von ihm behauptet - tatsächlich minderjährig ist, so ginge er, würde die einstweilige Anordnung nicht erlassen, des durch § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII vermittelten Rechtsanspruchs auf In-Obhutnahme und Unterbringung in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung für einen nicht unerheblichen Zeitraum verlustig. Gleichzeitig bliebe er weiterhin den möglichen Gefahren einer unbegleiteten Unterbringung in einer Asylbewerberunterkunft für Erwachsene ausgesetzt, denen der Gesetzgeber mit dem Erlass der in § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII getroffenen Regelung gerade begegnen wollte. Darüber hinaus würde die Einleitung geeigneter Fördermaßnahmen verzögert. Demgegenüber wiegen die finanziellen Nachteile, die der Antragsgegner möglicherweise dadurch erleiden könnte, dass sich im Rahmen des laufenden Feststellungsverfahrens die Volljährigkeit des Antragstellers ergibt und die diesem bis zur Klärung des Alters zuteil gewordene In-Obhutnahme sich im Nachhinein als überflüssig erweist, deutlich geringer.

Damit hat der Antragsteller sowohl den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch als auch den hierfür nötigen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 u. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO). Der Antragsteller kann nicht darauf verwiesen werden, bis zur endgültigen Klärung seines Alters einstweilen in der Asylbewerberunterkunft zu verbleiben, da eine Unterbringung dort und eine solche in einer Jugendhilfeeinrichtung oder in einer Pflegefamilie (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. SGB VIII) nicht annähernd gleichwertig sind (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE 109, 155 [161 ff.]).

Die begehrte einstweilige Anordnung ist daher in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - bis zur endgültigen Feststellung des Alters des Antragstellers im anhängigen familiengerichtlichen Verfahren bzw. bis zur endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren - zu erlassen. Eine (unzulässige) Vorwegnahme der Hauptsache liegt insoweit nicht inmitten, da die einstweilige Anordnung zeitlich befristet - bis zur endgültigen Klärung des Alters - und damit lediglich vorläufig erfolgt, die Maßnahme der Existenzsicherung dient und dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung im familiengerichtlichen Verfahren bzw. im Hauptsacheverfahren aufgrund des damit (möglicherweise) verbundenen Rechtsverlustes nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.1.1999 - 11 VR 8/98 -, NVwZ 1999, 650; siehe auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 14; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 123 Rn. 104 f.).

3. Zugleich ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Antrags- und Klageverfahren unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 Abs. 1, 121 Abs. 2 ZPO), da die weitere Klärung von einer (weiteren) Beweiserhebung abhängt und nach derzeitiger Sachlage hinreichende Aussichten auf Erfolg nicht ausgeschlossen werden können (vgl. BayVGH, B. v. 11.3.2014 - 12 C 14.380 - juris, Rn.10 m. w. N.).

4. Die Kostenentscheidung im Eilverfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei. Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren betreffend die Versagung von Prozesskostenhilfe ist nicht erforderlich, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 188 Satz 2 VwGO) und Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet werden (§ 127 Abs. 4 ZPO).

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person gemäß § 42a deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. § 8 Absatz 1 und § 42 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen hat das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen. Ist eine ärztliche Untersuchung durchzuführen, ist die betroffene Person durch das Jugendamt umfassend über die Untersuchungsmethode und über die möglichen Folgen der Altersbestimmung aufzuklären. Ist die ärztliche Untersuchung von Amts wegen durchzuführen, ist die betroffene Person zusätzlich über die Folgen einer Weigerung, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, aufzuklären; die Untersuchung darf nur mit Einwilligung der betroffenen Person und ihres Vertreters durchgeführt werden. Die §§ 60, 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(3) Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung des Jugendamts, aufgrund der Altersfeststellung nach dieser Vorschrift die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a oder die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abzulehnen oder zu beenden, haben keine aufschiebende Wirkung. Landesrecht kann bestimmen, dass gegen diese Entscheidung Klage ohne Nachprüfung in einem Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung erhoben werden kann.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person gemäß § 42a deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. § 8 Absatz 1 und § 42 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen hat das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen. Ist eine ärztliche Untersuchung durchzuführen, ist die betroffene Person durch das Jugendamt umfassend über die Untersuchungsmethode und über die möglichen Folgen der Altersbestimmung aufzuklären. Ist die ärztliche Untersuchung von Amts wegen durchzuführen, ist die betroffene Person zusätzlich über die Folgen einer Weigerung, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, aufzuklären; die Untersuchung darf nur mit Einwilligung der betroffenen Person und ihres Vertreters durchgeführt werden. Die §§ 60, 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(3) Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung des Jugendamts, aufgrund der Altersfeststellung nach dieser Vorschrift die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a oder die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abzulehnen oder zu beenden, haben keine aufschiebende Wirkung. Landesrecht kann bestimmen, dass gegen diese Entscheidung Klage ohne Nachprüfung in einem Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung erhoben werden kann.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger, der seinen eigenen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger ist und am 21. März 2001 geboren wurde, als unbegleiteten minderjährigen Flüchtling (umF) nach § 42 a Abs. 1 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII vorläufig in Obhut zu nehmen.

1. Der Kläger wurde am 2. September 2016 von der Polizeiinspektion 16 am Hauptbahnhof München erkennungsdienstlich behandelt und aufgrund seiner Angabe, am 21. März 2001 geboren zu sein, in die Aufnahmeeinrichtung Young Refugee Center in München verbracht. Am 5. September 2016 fand ein Alterseinschätzungsgespräch beim Jugendamt der Beklagten statt. Als Ergebnis wurde festgehalten, der Kläger sei volljährig. Mit Bescheid vom gleichen Tage wurde das Geburtsdatum des Klägers auf den 21. März 1998 festgesetzt und eine Inobhutnahme gemäß § 42 a Abs. 1 SGB VIII abgelehnt. Als Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keine beweiskräftigen Ausweispapiere oder sonstige Papiere vorgelegt und seine Minderjährigkeit auch nicht durch eine schlüssige mündliche Sachverhaltsdarstellung begründen können. Nach Aushändigung des Bescheids wurde der Kläger in eine Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene verlegt.

2. Am 26. September 2016 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 5. September 2016 Klage zur Niederschrift und beantragte ferner, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) zu verpflichten, ihn umgehend in Obhut zu nehmen. Zur Begründung gab er an, die Ablehnung der Inobhutnahme sei rechtswidrig. Er sei tatsächlich noch minderjährig und am 21. März 2001 geboren. Das festgesetzte Datum 21. März 1998 sei unzutreffend.

3. Die Beklagte trat dem mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2016 unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Eilverfahren - M 18 E 16.4362 - entgegen und beantragte, die Klage abzuweisen. Die Volljährigkeit des Klägers sei in einem 60-minütigen Altersfeststellungsgespräch durch zwei erfahrene Mitarbeiter unter Beachtung der Handlungsempfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen festgestellt worden. Ein Zweifelsfall im Sinne des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII liege nicht vor. Ergänzend wurde eine Stellungnahme der Sozialpädagogen vorgelegt, die das Alterseinschätzungsgespräch mit dem Kläger führten. Diese hat - jeweils unter Bezugnahme auf die in der Behördenakte (vgl. Bl. 11 f.) enthaltene Niederschrift - im Wesentlichen folgenden Inhalt: 5

„1. Äußeres Erscheinungsbild

Herr R. hatte volles schwarzes Haar, stark ausgeprägte Koteletten, wie auch buschige, zusammengewachsene Augenbrauen. Auch die Körperbehaarung war stark ausgeprägt, so wiesen seine Unterarme und Hände eine deutliche Behaarung auf. Seine Stimme war tief, der Kehlkopf deutlich sichtbar. Der Körperbau des jungen Mannes war ausgewachsen und reif. Dies kennzeichnete sich durch einen sehr großen, kräftigen Körperbau und breite Schulterpartien. Seine Hände wirkten groß, kräftig und als seien sie stark beansprucht worden. Herr R. wies männliche Gesichtszüge auf, insbesondere hatte er ein markantes breites Kinn. Auch seine Haut war großporig und deutlich vernarbt, was auf eine scheinbar veraltete Akne hindeutete. Ebenso waren zwei nicht mimische durchzogene Stirnfalten und zusätzlich sehr stark ausgeprägte mimische Stirnfalten sichtbar. Auch hatte der junge Mann eine deutliche, gut erkennbare Falte unter den Augen. Die Nasolabialfalte war sichtbar. Herr R. hatte mehrere deutlich sichtbare und sehr stark ausgeprägte Halsfalten. Die oben genannte Person wies einen starken, festen und vollen Bartwuchs an Oberlippe und Kinn auf. Dieser war frisch rasiert, jedoch konnte der Schatten des Bartes gut erkannt werden.

Insgesamt beurteilten alle beteiligten Personen des AE-Teams sein Erscheinungsbild als körperlich ausgereift. Es handelt […] sich bei dem Kläger um eine volljährige Person.

2. Inhaltliche Angaben

Der junge Mann wirkte im Gespräch von Beginn an sehr aufgeregt und nervös. Auch trotz des Versuches ihm die Angst vor der Situation durch eine ausführliche Aufklärung zu nehmen, legte er seine Nervosität über das gesamte Gespräch hinweg nicht ab. Herr R. gab an, am 01.01.1380 [21.3.2001] geboren zu sein, konnte dies aber durch keinerlei beweiskräftige Dokumente belegen. Er wisse sein Geburtsdatum seit seiner frühen Kindheit. Im Jahr 2012 habe sein Vater ihm gesagt, dass er nun 11 Jahre alt sei. Herr R. widersprach sich bei Fragen zu seiner Schulzeit. Zunächst gab der junge Mann an, die Schule acht Jahre lang besucht zu haben, korrigierte sich dann aber und gab zu Protokoll drei Jahre lang in der Schule gewesen zu sein und die 5. bis einschließlich 7. Klasse beendet zu haben. Des Weiteren fiel auf, dass er angab weder in seiner Muttersprache noch in englischer Schrift schreiben zu können, schrieb dann aber im Gesprächsverlauf sowohl auf Paschtu als auch in englischer Schrift sehr gekonnt und in gutem Schriftbild.

Der junge Mann machte den Eindruck sehr nervös zu sein und widersprach sich an einigen Stellen des Gespräches. Insgesamt machte er nur sehr wenig Angaben.

3. Verhalten

Herr R. gab an, Paschtu zu sprechen und den Dolmetscher zu verstehen. Bei der Bekanntgabe der Entscheidung protestierte er heftig gegen die Festsetzung der Volljährigkeit und diskutierte reif und überlegt mit den Fachkräften. Er sprach sehr selbstbewusst und reif, unterbrach den geschäftsführenden Kollegen mehrfach und erhob seine Stimme in einer, der Situation nicht entsprechenden Art und Weise. Er verweigerte die Unterschrift, welche eine Empfangsbestätigung darstellt, auf dem Bescheid über die Ablehnung der Inobhutnahme. Als ihm bewusst wurde, dass die Entscheidung des Alterseinschätzungsteams feststand, begann er stark zu weinen und ließ sich zunächst nicht beruhigen. Alle beteiligten Personen versuchten in einfühlsamer Art und Weise ihn über seine Möglichkeiten aufzuklären und schließlich ihn dazu zu bewegen, den Raum zu verlassen. Als er sich auch nach längerer Zeit nicht dazu bewegen ließ, wurde ein Mitarbeiter des im Hause ansässigen Security-Teams zur Unterstützung hinzugezogen, erst dann erklärte sich der junge Mann dazu bereit, den Raum zu verlassen.

Auch das dominante und fordernde Verhalten Herrn R`s. lässt zweifelsfrei den Schluss zu, dass es sich bei ihm um eine volljährige Person handelt.

Unter Berücksichtigung aller Aspekte (äußeres Erscheinungsbild, inhaltliche Angaben und Verhalten) ist davon auszugehen, dass es sich bei Herrn R. um eine volljährige Person handelt.“

4. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2016 - M 18 E 16.4362 - verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte im Eilverfahren (§ 123 VwGO), den Kläger vorläufig in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- oder Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Angesichts der in der (Behörden-)Akte enthaltenen Fotos erscheine nicht in jeder Hinsicht ausgeschlossen, dass der Kläger noch minderjährig sein könne.

5. Mit Urteil vom 7. Dezember 2016 gab das Verwaltungsgericht auch der in der Hauptsache erhobenen Klage statt und verpflichtete die Beklagte unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 5. September 2016, den Kläger vorläufig in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Das Klagebegehren sei gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Kläger eine vorläufige Inobhutnahme nach § 42 a SGB VIII erreichen wolle. Ein Anspruch auf endgültige Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII scheide aus. Die §§ 42a ff. SGB VIII begründeten ein chronologisch gestuftes System, das zunächst nur eine vorläufige Inobhutnahme zulasse. Eine endgültige Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII komme nur dann in Betracht, wenn die Zuweisung oder der Ausschluss aus dem Verteilungsverfahren nach § 42 b SGB VIII bereits stattgefunden habe. Die so verstandene Klage sei zulässig und begründet. Das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren zur Feststellung der Minderjährigkeit nach § 42 f SGB VIII sei nicht vollständig durchgeführt worden. Eine qualifizierte Inaugenscheinnahme nach § 42 f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII habe am 5. September 2016 durch die Beklagte zwar stattgefunden. Infolge des Vorliegens eines Zweifelsfalles, der nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs immer dann anzunehmen sei, wenn nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis komme, der Betroffene sei noch minderjährig, sowie angesichts der nicht offensichtlichen Volljährigkeit des Klägers habe die Beklagte jedoch von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII durchzuführen. Aufgrund des Bildes, das die Kammer sich in der mündlichen Verhandlung habe machen können, sei nicht ausgeschlossen, dass der Kläger minderjährig sei. Selbst die Beklagte habe als Geburtstermin den 21. März 1998 festgesetzt und damit zu erkennen gegeben, dass sie davon ausgehe, dass der Kläger erst seit einem halben Jahr volljährig sei. Um Fehlbeurteilungen zu Lasten von Minderjährigen zu vermeiden sei in jedem Fall eine medizinische Untersuchung geboten und ein Anspruch auf vorläufige Inobhutnahme gegeben.

6. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter. Die Klage sei abzuweisen. Der Kläger habe mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 42, 42a SGB VIII keinen Anspruch darauf, vorläufig in Obhut genommen zu werden. Aufgrund der im Rahmen der qualifizierten Inaugenscheinnahme (§ 42 f Abs. 1 SGB VIII) gewonnenen Erkenntnisse, handele es sich beim Kläger um eine volljährige Person. Einer ärztlichen Untersuchung habe es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht bedurft, da kein Zweifelsfall im Sinne des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII vorliege. Der weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Zweifelsfall“ durch das Verwaltungsgericht, welches einen solchen bereits dann annehme, wenn nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis komme, der Betroffene sei noch minderjährig, könne nicht gefolgt werden; sie entspreche nicht der gesetzgeberischen Intention. Bereits aus der Gesetzessystematik werde deutlich, dass die ärztliche Untersuchung „Ausnahmecharakter“ besitze. Das Altersfeststellungsverfahren sei dreistufig - Vorlage der Ausweisdokumente, qualifizierte Inaugenscheinnahme und in Zweifelsfällen ärztliche Untersuchung - aufgebaut. Folge man der weiten Auslegung des Verwaltungsgerichts, so wäre - letztlich unabhängig von den im Rahmen der qualifizierten Inaugenscheinnahme gewonnenen Erkenntnissen - ein Zweifelsfall in den meisten Fällen zu bejahen, weil von wenigen Einzelfällen abgesehen wohl nur sehr selten für jedermann ohne weiteres erkennbar sei, dass es sich um eine volljährige Person handele. Im Endeffekt würde damit die vom Gesetzgeber lediglich als letztes Mittel konzipierte ärztliche Untersuchung zum Regelfall und die qualifizierte Inaugenscheinnahme in den meisten Fällen entbehrlich. Ein solches Ergebnis sei mit der ratio des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, die ärztliche Untersuchung in einem separaten Absatz des § 42 f SGB VIII, nach den allgemein vorrangigen Regeln zur Altersfeststellung zu verorten und damit deren Ausnahmecharakter betont. Der weiten Auslegung des Begriffs „Zweifelsfall“ liege augenscheinlich die Überzeugung zugrunde, dass eine ärztliche Untersuchung grundsätzlich erkenntnisreicher sei, als eine qualifizierte Inaugenscheinnahme. Da ärztliche Untersuchungen jedoch weder eine Genitaluntersuchung beinhalten dürften noch - mangels gesetzlicher Grundlage - eine radiologische, sei eine präzise Alterseingrenzung kaum möglich, sodass der Mehrwert einer solchen Untersuchung im Vergleich zu einer qualifizierten Inaugenscheinnahme gering erscheine. Bei weiter Auslegung des Begriffs „Zweifelsfall“ könnten zudem die in § 42 a Abs. 4 und § 42 b Abs. 4 Nr. 4 SGB VIII vorgesehenen Fristen für eine Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge nicht mehr eingehalten werden, weil auf eine ärztliche Expertise erfahrungsgemäß sechs bis acht Wochen gewartet werden müsse. Dass ein solches Ergebnis vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sei, liege auf der Hand. Anhaltspunkte, die das Ergebnis der durchgeführten Altersfeststellung erschüttern könnten, lägen nicht vor. Vielmehr erwiesen sich die Angaben des Klägers, insbesondere im Hinblick auf seine Schulzeit bzw. deren Dauer als widersprüchlich. Zunächst habe er angegeben, die Schule acht Jahre lang besucht zu haben, sich dann aber sogleich korrigiert und behauptet, lediglich drei Jahre lang in der Schule gewesen zu sein. Auch die Angaben zu seinen sprachlichen, in der Schule erworbenen Kenntnissen seien widersprüchlich. Zunächst habe er angegeben, weder in seiner Muttersprache noch in lateinischer Schrift schreiben zu können, im weiteren Verlauf der Anhörung habe er jedoch sowohl auf Paschtu als auch in Englisch sehr gekonnt und in gutem Schriftbild geschrieben. Derartige Widersprüche könnten die Annahme eines Zweifelsfalls nicht begründen. Die Ablehnung der vorläufigen Inobhutnahme sei daher rechtmäßig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Die Angaben in der Berufungsbegründung genügten nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Die Ausführungen zur qualifizierten Inaugenscheinnahme beschränkten sich darauf, dass das Gespräch durch zwei sehr erfahrene Mitarbeiterinnen durchgeführt worden sei. Diese würden jedoch weder namentlich genannt, noch werde deren Qualifikation offengelegt. Darüber hinaus befasse sich die Berufungsbegründung mit behaupteten Widersprüchen, ohne darzulegen, auf welche konkreten Fragen welche konkreten Antworten gegeben worden seien. Jedenfalls sei die Berufung unbegründet. Auf die behaupteten Widersprüche lasse sich eine offensichtliche Volljährigkeit des Klägers nicht stützen. Einzelne korrekturbedürftige Angaben seinen in einer 60-minütigen Befragung durch mehrere Personen nicht ungewöhnlich, sondern geradezu zwangsläufig zu erwarten. Sollte der Kläger auf die Frage zur Dauer der Schulausbildung tatsächlich mit „8“ geantwortet haben, so könne damit zunächst auch das Alter zu Beginn der Schulausbildung gemeint gewesen sein. Jedenfalls habe der Kläger dies - wie auch die Berufungsbegründung einräume - sofort korrigiert. Weshalb dann jedoch die ursprüngliche oder korrigierte Angabe ein untrügliches Indiz für die Volljährigkeit des Klägers darstellen solle, sei nicht nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang befasse sich die Berufungsbegründung auch nicht damit, dass das Verwaltungsgericht aufgrund eigener Einschätzung zu der Auffassung gelangt sei, dass es sich beim Kläger nach dessen Erscheinungsbild und Auftreten in der mündlichen Verhandlung um einen Minderjährigen handeln könne. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagte davon ausgehe, dass der Kläger erst ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung volljährig geworden sei. In einem solchen Fall könne eine sorgfältige Beurteilung nicht zu dem tragfähigen Ergebnis gelangen, es sei von der Volljährigkeit des Klägers auszugehen.

Die Landesanwaltschaft Bayern ist dem Verfahren als Vertreterin des öffentlichen Interesses beigetreten, allerdings ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Sie hält die Berufung des Beklagten für begründet. Es sei Aufgabe des Jugendamts, das den Sachverhalt gemäß § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) von Amts wegen zu ermitteln habe, die Voraussetzungen einer Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII zu prüfen. Nach § 21 SGB X bediene sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich halte. Angesichts dessen gingen die Handlungsempfehlungen des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration für die Altersbegutachtung unbegleiteter Minderjähriger davon aus, dass nach einer durch zwei Fachkräfte des Jugendamts unabhängig voneinander durchgeführten qualifizierten Inaugenscheinnahme Zweifel bei der Festlegung des Alters (§ 42 f Abs. 2 SGB VIII) nur dann bestünden, wenn die Altersbeurteilungen der mit der Einschätzung befassten Fachkräfte nicht übereinstimmten oder wenn die Prüfpersonen erhebliche Zweifel daran hätten, dass das Altersbegutachtungsverfahren ohne medizinischen Sachverstand zu einem schlüssigen Ergebnis führen könne. Selbst wenn seitens des Gerichts ein Zweifelsfall angenommen werde, dürfe nicht ohne weiteres zugunsten des Klägers entschieden werden. Vielmehr habe eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige, den Begründungsanforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO Rechnung tragende Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, da er diese einstimmig für zulässig, aber unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Rechtssache weist weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht außergewöhnliche Schwierigkeiten auf (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, U.v. 30.6.2004 - 6 C 28.02 -, BVerwGE 121, 211 [212]; U.v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 -, BVerwGE 138, 289 [297 f.]). Derart außergewöhnliche Schwierigkeiten liegen nicht schon dann vor, wenn das Verfahren die Notwendigkeit beinhaltet, Rechtsnormen nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik oder Sinn und Zweck auszulegen (vgl. BVerwG, B.v. 3.9.2015 - 2 B 29.14 - juris, Rn. 22). Vielmehr ist ein vereinfachtes Berufungsverfahren nach § 130 a VwGO auch dann möglich, wenn - wie im vorliegenden Fall - die aufgeworfenen Rechtsfragen sich durch Subsumtion unter die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen lösen lassen. Die Beteiligten hatten im Berufungsverfahren hinreichend Gelegenheit, sich zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu äußern. Tatsachenfragen, die eine Beweiserhebung erfordert hätten, haben sich vorliegend entscheidungserheblich nicht gestellt. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Alterseinschätzung im Wesentlichen allein aufgrund bestimmter äußerlicher körperlicher Merkmale - etwa im Rahmen einer (richterlichen) Inaugenscheinnahme - jedenfalls im hier relevanten Grenzbereich zwischen Minderjährigkeit und Volljährigkeit keine ausreichende Grundlage für eine Entscheidungsfindung darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23 f.] Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 34). Ebenso wenig haben die Verfahrensbeteiligten Beweisanträge formuliert. Mithin konnte der Senat nach § 130 a Satz 1 VwGO in der Sache durch Beschluss entscheiden. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits hinreichend geklärt (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 ff.; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris). Der Senat setzt insoweit lediglich seine bisherige Rechtsprechungslinie fort.

2. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 5. September 2016 zu Recht verpflichtet, den Kläger vorläufig in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Die Ablehnung der (vorläufigen) Inobhutnahme mit Bescheid der Beklagten vom 5. September 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der mutmaßlich minderjährige Kläger besitzt aufgrund seiner unbegleiteten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Rechtsanspruch auf die begehrte Maßnahme (§ 42 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII).

a) Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 42 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind ausländische Kinder oder Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland einreisen, (vorläufig) in Obhut zu nehmen. Die Inobhutnahme erfolgt aus Gründen des Kindeswohls und ist unabhängig davon, ob der Betreffende die Eigenschaft eines Flüchtlings besitzt. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall die Minderjährigkeit. Eine Inobhutnahme Volljähriger ist rechtswidrig (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 u. 12 C 112 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 Rn. 13; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 9; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 21).

Das Verfahren zur Feststellung der Minderjährigkeit ist seit dem 1. November 2015 ergänzend zu §§ 20, 21 SGB X (vgl. hierzu Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42 f Rn. 22 m.w.N.) in § 42 f Abs. 1 und 2 SGB VIII ausdrücklich gesetzlich normiert (BGBl I, S. 1802). Danach ist die Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in die Ausweispapiere festzustellen (§ 42 f Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB VIII). Sind aussagekräftige Ausweispapiere nicht vorhanden, bleibt zunächst nur die Selbstauskunft des Betroffenen (vgl. OVG Bremen, B.v. 18.11.2015 - 2 B 221/15, 2 PA 223/15 -, JAmt 2016, 42 [43]). Dieser kommt besondere Bedeutung zu (so mit Recht Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 6: „Primat der Selbstauskunft“). Begegnet diese Zweifeln, ist eine Alterseinschätzung und -feststellung in Form einer qualifizierten Inaugenscheinnahme vorzunehmen (§ 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII). In Zweifelsfällen ist auf Antrag des Betroffenen bzw. seines Vertreters oder von Amts wegen durch das Jugendamt eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Dabei handelt es sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut („hat“) um eine gebundene Entscheidung mit der Folge, dass dem Jugendamt ein Ermessen nicht zukommt (vgl. Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 42 f Rn. 5; Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.1; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 f. Rn. 14; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 10; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 22). Die Auffassung der Landesanwaltschaft Bayern, selbst bei Annahme eines Zweifelsfalls (seitens des Gerichts) dürfe nicht ohne weiteres zugunsten des Klägers entschieden werden, vielmehr habe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine „Abwägung“ zu erfolgen, findet im Gesetz keinerlei Grundlage.

Dieses abgeschichtete Verfahren entspricht im Wesentlichen den „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“, die auf der 116. Arbeitstagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom 14. bis 16. Mai 2014 in Mainz beschlossen wurden. Die Gesetzesbegründung zu § 42 f SGB VIII nimmt ausdrücklich auf diese Handlungsempfehlungen Bezug (vgl. BT-Drs. 18/6392, S. 20). Durch dieses Verfahren wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele der Jugendlichen ohne gültige Papiere nach Europa kommen und auch sonst kaum Möglichkeiten besitzen, ihr Alter zu dokumentieren. In vielen Herkunftsländern der südlichen Hemisphäre hat das Geburtsdatum keine besondere Bedeutung und wird deshalb auch nicht in Geburtsregistern erfasst (vgl. Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 20). Gibt eine Person an, minderjährig zu sein, oder liegen anderweitige Hinweise vor, dass eine Person minderjährig sein kann, muss dies mit besonderer Sorgfalt geprüft werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 15; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 11; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 23). Da es keine Methode gibt, mit der das genaue Alter einer Person bestimmt werden kann, ist es umso notwendiger, dass dieser Unsicherheit in der Einschätzung des Alters durch transparente Verfahrensstandards, die kindgerecht auszugestalten sind, begegnet wird (so zutreffend Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 1).

Das Ergebnis der Alterseinschätzung ist dabei nicht Voraussetzung für eine vorläufige Inobhutnahme, vielmehr ist die Alterseinschätzung selbst erst Aufgabe im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme. Eine vorläufige Inobhutnahme ist deshalb bereits dann möglich und geboten, wenn das Alter des jungen Menschen noch nicht sicher festgestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 u. 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 16; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 12; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 24; OVG Bremen, B.v. 18.11.2015 - 2 B 221/15, 2 PA 223/15 -, JAmt 2016, 42 [43]; ebenso Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 4). Mit Blick auf das Ziel, Minderjährige wirksam vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen, kann eine Inobhutnahme deshalb nicht mit der Erwägung abgelehnt werden, die Minderjährigkeit des Betroffenen erscheine zweifelhaft (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 16; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 12; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 24). Vielmehr hat die Alterseinschätzung in einem solchen Fall nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme zu erfolgen (so zutreffend Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42 f Rn. 14; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 4).

b) Kann der Betroffene kein aussagekräftiges Ausweispapier vorlegen und ist seine Selbstauskunft nicht zweifelsfrei, so ist (zunächst) eine qualifizierte Inaugenscheinnahme (§ 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII) durchzuführen. Diese erstreckt sich auf das äußere Erscheinungsbild, das nach nachvollziehbaren Kriterien zu würdigen ist. Darüber hinaus schließt sie - unter Hinzuziehung eines Sprachmittlers - in jedem Fall eine Befragung des Betroffenen ein, in der dieser mit den Zweifeln an seiner Eigenangabe zu konfrontieren und ihm Gelegenheit zu geben ist, diese Zweifel auszuräumen (so zutreffend OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 13; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 17; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 13; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 2333 - juris, Rn. 25). Die im Gespräch gewonnenen Informationen zum Entwicklungsstand sind im Einzelnen zu bewerten. Maßgeblich ist der Gesamteindruck, der neben dem äußeren Erscheinungsbild insbesondere die Bewertung der im Gespräch gewonnenen Informationen zum Entwicklungsstand umfasst (vgl. Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 7). Gegebenenfalls sind weitere Unterlagen beizuziehen. Das Verfahren ist stets nach dem Vier-Augen-Prinzip von mindestens zwei beruflich erfahrenen Mitarbeitern des Jugendamts durchzuführen (vgl. OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 13 unter Bezugnahme auf BT-Drs. 18/6392, S. 20 und die dort erwähnten „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom Mai 2014). Das Ergebnis dieses Verfahrens ist in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise zu dokumentieren, insbesondere muss die Gesamtwürdigung in ihren einzelnen Begründungsschritten transparent sein (so zutreffend OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 16; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 17; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 13; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 25).

c) Führt die qualifizierte Inaugenscheinnahme nicht zu einem hinreichend sicheren Ergebnis, bleiben mit anderen Worten Zweifel, so ist eine medizinische Untersuchung zu veranlassen (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Derartige Zweifel bestehen immer dann, wenn nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Betroffene sei noch minderjährig (vgl. bereits BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 u. 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, [22] Rn. 18; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 14; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 26; zustimmend Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.2), denn im Hinblick auf die im Jugendhilfeverfahren entsprechend anwendbare Regelung des Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU (vgl. hierzu bereits BayVGH, B.v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1186 - juris, Rn. 22 m.w.N.) ist bezüglich des Alters eines Antragstellers zwingend davon auszugehen, dass dieser noch minderjährig ist, solange entsprechende Zweifel nicht ausgeräumt werden können und deshalb weiter fortbestehen (vgl. Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.4 und 27; ders., juris PR-SozR 25/2016 Anm. 6, S. 4 f.; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 9; Winkler, in: BeckOK Sozialrecht, § 42 f SGB VIII Rn. 9; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 18; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 14; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 26 und BGH, B.v. 29.9.2010 - V ZB 233/10 -, NVwZ 2011, 320 Rn. 11; B.v. 12.2.2015 - V ZB 185/14 -, NVwZ 2015, 840 Rn. 7 jeweils für den Bereich der Abschiebungshaft).

d) Ob ein solcher Zweifelsfall vorliegt, unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum umfassender verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Dies schließt eine wie auch immer geartete Einschätzungsprärogative des Jugendamts von vornherein aus. Das Ergebnis einer qualifizierten Inaugenscheinnahme nach § 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII ist daher von den Verwaltungsgerichten im Hinblick auf gleichwohl fortbestehende Zweifel an der Minder- bzw. Volljährigkeit des Betroffenen nicht lediglich daraufhin zu überprüfen, ob alle relevanten Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, sämtliche zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft und von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und der Gehalt der anzuwendenden Begriffe und der gesetzliche Rahmen, in dem diese sich bewegen, erkannt wurde und keine sachfremden Erwägungen in die Beurteilung eingeflossen sind (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 19; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 15; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 27; zustimmend Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.1).

Ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn und soweit das Jugendamt durch das Achte Buch Sozialgesetzbuch zur abschließenden Beurteilung ermächtigt würde (vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Juli 2014, Art. 19 Abs. 4 Rn. 191 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 160 ff.). Gerade dies indes ist nicht der Fall, wie die in § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII vorgesehene Verpflichtung des Jugendamts zeigt, in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen. § 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII begründet daher keine normative Ermächtigung zur administrativen Letztentscheidung, die allein eine Reduzierung der Kontrolldichte zur Folge haben könnte (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 185 ff.). Fragen sachlicher und fachlicher Richtigkeit sind stets von den (Verwaltungs-)Gerichten zu überprüfen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 177 m.w.N.; siehe hierzu auch bereits BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22 f.] Rn. 20; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 16; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 28).

Ebenso wenig handelt es sich bei den die qualifizierte Inaugenscheinnahme durchführenden Mitarbeitern des Jugendamts um weisungsfreie, interessenpluralistisch zusammengesetzte, auf dem Gebiet der Altersfeststellung mit besonderer (medizinischer) Sachkunde ausgestattete Personen oder Gremien (vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 195; Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 192, 204 ff.). Wenn bereits die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungsmethoden mit erheblichen Unwägbarkeiten und Schwankungsbreiten behaftet sind (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6; ders., in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 29 jeweils m.w.N.), kann der Einschätzung von Mitarbeitern eines Jugendamts ein weitergehender Erkenntniswert erst recht nicht beigemessen werden. Bei der Feststellung von Tatsachenbegriffen - wie insbesondere dem der Minder- oder Volljährigkeit - ist die Annahme einer Beurteilungsermächtigung vielmehr im Gegenteil grundsätzlich abzulehnen (so ausdrücklich Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 211). Eine Reduzierung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte kommt daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23] Rn. 21; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 17; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 29). Konsequenterweise hat der Gesetzgeber sich auch ausdrücklich gegen eine Bindungswirkung der behördlichen Alterseinschätzung Dritten gegenüber ausgesprochen (vgl. BT-Drucks. 18/6392, S. 20).

Die bereits im Verfahren 12 CS 16.1550 geäußerte und vorliegend - allerdings ohne jede Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats - lediglich noch einmal wiederholte Auffassung der Landesanwaltschaft Bayern, Zweifel bei der Feststellung des Alters im Sinne von § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestünden nur dann, wenn die Altersbeurteilungen der mit der Einschätzung befassten Fachkräfte des Jugendamts nicht übereinstimmten oder die Prüfpersonen erhebliche Zweifel hätten, dass das Altersbegutachtungsverfahren ohne medizinischen Sachverstand zu einem schlüssigen Ergebnis führen könne, greift daher notgedrungen ins Leere. Ungeachtet dessen wäre eine solche Interpretation auch mit dem in § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ausdrücklich normierten Antragsrecht der Betroffenen unvereinbar (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23] Rn. 22; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 18; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 30).

e) Ausgehend von der Tatsache, dass eine exakte Bestimmung des Lebensalters weder auf medizinischem, psychologischem, pädagogischem oder anderem Wege möglich ist, alle bekannten Verfahren - auch eine ärztliche Untersuchung - allenfalls Näherungswerte liefern können, manche medizinischen Untersuchungsmethoden zum Teil eine Schwankungsbreite von bis zu fünf Jahren aufweisen (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6; ders., in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 29 jeweils m.w.N.) und allgemein von einem so genannten „Graubereich“ von ca. ein bis zwei Jahren (über der gesetzlichen Altersgrenze von 18 Jahren) auszugehen ist (vgl. hierzu näher Ziff. 5.1.2 der in der Gesetzesbegründung zu § 42 f SGB VIII [BT-Drs. 18/6392 S. 20] ausdrücklich in Bezug genommenen „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ vom Mai 2014, S. 15), kann eine qualifizierte Inaugenscheinnahme durch Mitarbeiter eines Jugendamts gemäß § 42 f Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SGB VIII lediglich dann als zur Altersfeststellung geeignet angesehen werden, wenn es darum geht, für jedermann ohne Weiteres erkennbare (offensichtliche), gleichsam auf der Hand liegende, über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Fälle evidenter Minderjährigkeit festzustellen oder eindeutiger Volljährigkeit auszuscheiden, in welchen ein Sich-Berufen des Betroffenen auf den Status der Minderjährigkeit selbst vor dem Hintergrund möglicher eigener Unkenntnis vom genauen Geburtsdatum als evident rechtsmissbräuchlich erscheinen muss (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23] Rn. 23; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 19; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 31; zustimmend Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.2).

In allen anderen Fällen - namentlich im Grenzbereich zwischen Voll- und Minderjährigkeit - ist hingegen regelmäßig vom Vorliegen eines Zweifelsfalls auszugehen, der entweder auf Antrag des Betroffenen bzw. seines gesetzlichen Vertreters oder aber von Amts wegen durch das Jugendamt zur Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zwingt. Letzteres gilt vor allem in dem in den „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vom Mai 2014“ angesprochenen „Graubereich“ von rund ein bis zwei Jahren (über der gesetzlichen Altersgrenze von 18 Jahren). Mindestens in diesem Grenzbereich ist mit Blick auf die auf das Jugendhilferecht entsprechend anwendbare, in Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU enthaltene Zweifelsregel („im Zweifel pro Minderjährigkeit“) vom Vorliegen eines Anwendungsfalls des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auszugehen. Angesichts der erheblichen Schwankungsbreiten medizinischer Untersuchungsmethoden von bis zu fünf Jahren (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6; ders., in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 29 jeweils m.w.N.), wird es darüber hinaus eines „Sicherheitszuschlages“ von weiteren zwei bis drei Jahren bedürfen, um dem Kindeswohl angemessen Rechnung zu tragen und jeder vermeidbaren Fehlbeurteilung entgegenzuwirken (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23] Rn. 24; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 20; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 32; zustimmend Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.2).

f) In sich widersprüchlicher Vortrag des Betroffenen über sein Alter kann vor dem Hintergrund, dass dem Geburtsdatum in vielen Herkunftsländern der südlichen Hemisphäre keine besondere Bedeutung beigemessen wird (vgl. hierzu näher Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42 f Rn. 20 u. 26.3; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 6) und entsprechenden Angaben in Ausweispapieren deshalb ein Beweiswert nicht zukommt (vgl. OVG NRW, B.v. 29.9.2014 - 12 B 923/14 - juris, Rn. 11 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 4.3.2013 - OVG 6 S. 3.13, OVG 6 M 5.13 - juris, Rn. 6), nicht zum Nachteil des betroffenen Antragstellers gewertet werden. Denn auch derjenige, der über sein Alter, etwa infolge von nicht auszuschließender Unkenntnis, widersprüchliche Angaben macht, kann gleichwohl (noch) minderjährig sein (verkannt von OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 1.4.2016 - OVG 6 S. 7.16, OVG 6 M 20.16 -, NVwZ-RR 16, 594 f. - Leitsatz). Widersprüchlicher Vortrag begründet vielmehr im Gegenteil das Vorliegen von Zweifeln an der Selbstauskunft des Betroffenen (so zutreffend Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www...de § 42 f N 6), denen durch Anwendung des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII von Amts wegen mittels Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung weiter nachzugehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23] Rn. 25; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 -juris, Rn. 21; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 33; zustimmend Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.3).

g) Eine Alterseinschätzung im Wesentlichen allein aufgrund bestimmter äußerlicher körperlicher Merkmale stellt für sich genommen keine ausreichende Grundlage dar. Dies gilt selbst dann, wenn sie durch Personal erfolgt, das in diesem Bereich erfahren ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23 f.] Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 34; ebenso OVG NRW, B.v. 13.11.2014 - 12 B 1280/14 - juris, Rn.18 a.E.; VG Magdeburg, B.v. 16.07.2013 - 1 B 185/13 - juris, Rn. 7 a.E.; VG Augsburg, B.v. 23.09.2015 - Au 3 E 15.1306 - juris, Rn. 29). Auch der Bundesgerichtshof lässt im Regelfall nicht einmal die auf ein großes Erfahrungswissen gestützte Einschätzung eines Haftrichters zur Volljährigkeit einer betroffenen Person genügen, um ein sicheres Bild zu gewinnen (vgl. BGH, B.v. 29.9.2010 - V ZB 233/10 -, NVwZ 2011, 320 Rn. 11; B.v. 12.2.2015 - V ZB 185/14 -, NVwZ 2015, 840 Rn. 7). Eine (einigermaßen) zuverlässige Altersdiagnostik setzt vielmehr voraus, dass im Wege einer zusammenfassenden Begutachtung die Ergebnisse einer körperlichen Untersuchung, gegebenenfalls auch einer Röntgenuntersuchung der Hand und der Schlüsselbeine, sowie einer zahnärztlichen Untersuchung zu einer abschließenden Altersdiagnose zusammengeführt werden (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23 f.] Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 34; OLG München, B.v. 15.3.2012 - 26 UF 308/12 - juris, Rn. 9; siehe auch Trenzcek, in: Münder/Meysen/Trenzcek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 22 m.w.N.). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 42 f SGB VIII fest und sieht sich durch die in dieser Vorschrift getroffene Anordnung, dass in sämtlichen Zweifelsfällen auf Antrag des Betroffenen bzw. seines Vertreters oder von Amts wegen durch das Jugendamt eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen ist, in seiner bisherigen Rechtsansicht ausdrücklich bestätigt. Sind bereits die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungsmethoden mit erheblichen Unwägbarkeiten und Schwankungsbreiten behaftet, so kann der Einschätzung von Mitarbeitern eines Jugendamts - mit Ausnahme der Feststellung auch von einem Facharzt nicht anders bewertbarer Fälle offensichtlichen Rechtsmissbrauchs - ein weiterer Erkenntniswert erst recht nicht beigemessen werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, BayVBl. 2017, 21 [23 f.] Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 34).

h) Lässt sich eine verlässliche Klärung des Alters nicht kurzfristig herbeiführen, so hat das Jugendamt dann, wenn die Minderjährigkeit des Betroffenen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, eine (vorläufige) Inobhutnahme gleichwohl anzuordnen, bis das tatsächliche Alter des Betroffenen festgestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23) oder aber die Zweifelsregel des entsprechend anwendbaren Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU gebietet, wegen nicht ausräumbarer Ungewissheit weiterhin vom Vorliegen von Minderjährigkeit auszugehen (vgl. bereits BayVGH, B.v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1186 - juris, Rn. 22 u. 24; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [24] Rn. 27; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 35; siehe auch BGH, B.v. 29.9.2010 - V ZB 233/10 -, NVwZ 2011, 320 Rn. 11; B.v. 12.2.2015 - V ZB 185/14 -, NVwZ 2015, 840 Rn. 7 jeweils für den Bereich der Abschiebungshaft). Solange nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der junge Mensch bereits volljährig ist, ist er als Minderjähriger zu behandeln (ebenso Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42 f Rn. 26.4). Dabei ist zugunsten des Minderjährigen jeweils das geringstmögliche Lebensalter zu unterstellen (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [24] Rn. 27; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 35).

i) Demgegenüber vermögen die Einwendungen der Rechtsmittelführerin nicht zu überzeugen. Die qualifizierte Inaugenscheinnahme behält für den Regelfall des Fehlens von Ausweispapieren die ihr vom Gesetzgeber beigemessene Bedeutung für alle Fälle eindeutig verifizierbarer Minderjährigkeit einerseits und eindeutig feststellbarer Volljährigkeit andererseits. (Nur) in „Zweifelsfällen“ (aber eben auch stets dann) greift, entweder auf Antrag des Betroffenen bzw. seines gesetzlichen Vertreters oder aber von Amts wegen die ärztliche Untersuchung (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) Platz. Von einem „Ausnahmecharakter“ derselben kann insoweit, entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht gesprochen werden. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht schon daraus, dass der Gesetzgeber die ärztliche Untersuchung in einem separaten Absatz geregelt hat. Ausgehend von der Tatsache, dass eine exakte Bestimmung des Lebensalters weder auf medizinischem, psychologischem, pädagogischem oder anderem Wege möglich ist, alle bekannten Verfahren - auch eine ärztliche Untersuchung - allenfalls Näherungswerte liefern können, manche medizinischen Untersuchungsmethoden zum Teil eine Schwankungsbreite von bis zu fünf Jahren aufweisen (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6; ders., in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 29 jeweils m.w.N.) und allgemein von einem so genannten „Graubereich“ von ca. ein bis zwei Jahren (über der gesetzlichen Altersgrenze von 18 Jahren) auszugehen ist (vgl. hierzu näher Ziff. 5.1.2 der in der Gesetzesbegründung zu § 42 f SGB VIII [BT-Drs. 18/6392 S. 20] ausdrücklich in Bezug genommenen „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ vom Mai 2014, S. 15), ist vielmehr im Gegenteil anzunehmen, dass im Grenzbereich zwischen Voll- und Minderjährigkeit der „Zweifelsfall“ die Regel und nicht etwa die Ausnahme bildet mit der Folge, dass eine qualifizierte Inaugenscheinnahme - auch nach der Auffassung des Gesetzgebers - allein keine tragfähigen Ergebnisse liefert und deshalb eine ärztliche Untersuchung hinzutreten muss, um das Lebensalter des Betroffenen zu bestimmen. Die qualifizierte Inaugenscheinnahme wird damit nicht etwa entbehrlich, wie die Beklagte meint; sie ist nur alleine nicht ausreichend.

Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die ärztliche Untersuchung biete mangels Zulässigkeit einer Genitaluntersuchung (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/6392, S. 21) und des Fehlens einer gesetzlichen Grundlage für eine radiologische Untersuchung gegenüber der qualifizierten Inaugenscheinnahme nur einen geringen Mehrwert. Zum einen hat der Gesetzgeber in § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII eine „ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung“ ausdrücklich vorgegeben. Es ist daher nicht Sache der Beklagten, den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zu negieren oder auch nur zu relativieren. Zum anderen hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung auf die „zuverlässigsten Methoden“ abgestellt (vgl. BT-Drucks. 18/6392, S. 21), weshalb auch Röntgenuntersuchungen möglich sind, soweit sie dem jeweiligen Stand der medizinischen Altersdiagnostik entsprechen und der Betroffene - wie bei jeder ärztlichen Untersuchung - seine Einwilligung hierzu erteilt hat (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42 f Rn. 28.3 m.w.N.).

Ebenso wenig vermag die Beklagte dem Erfordernis einer „ärztlichen Untersuchung im Zweifelsfall“ entgegenzuhalten, die vom Gesetzgeber bezweckte bundesweite Verteilung der Betroffenen würde dadurch vereitelt, weil dann die in §§ 42a Abs. 4, 42b Abs. 4 Nr. 4 SGB VIII vorgesehenen Fristen nicht mehr eingehalten werden könnten. Selbstredend können nur solche Personen zur Verteilung gemeldet werden, deren Minderjährigkeit zuvor den gesetzlichen Anforderungen entsprechend festgestellt wurde. Die Beklagte hat deshalb die Durchführung von ärztlichen Untersuchungen so einzurichten, dass die behaupteten Laufzeiten von sechs bis acht Wochen verkürzt und die gesetzlich vorgesehenen Fristen für eine Verteilung gewahrt werden können. Wie jeder Verwaltungsträger ist auch die Landeshauptstadt von Verfassungs wegen gehalten, ihre Verwaltung nach Art, Umfang und Leistungsvermögen entsprechend den Anforderungen sachgerechter Erledigung des sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Aufgabenbestandes (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) einzurichten (vgl. BVerfGE 55, 274 [318]).

3. Nachdem Ausweispapiere oder sonstige die Feststellung des Alters des Klägers ermöglichende Dokumente nicht vorgelegt wurden und auch dessen Selbstauskunft einen zweifelsfreien Beleg für die behauptete Minderjährigkeit nicht bietet, hat das Verwaltungsgericht die Beklagte in Anwendung der oben entfalteten Maßstäbe und Grundsätze zu Recht verpflichtet, den Kläger vorläufig in Obhut zu nehmen, bis das Verfahren zur Feststellung der Minderjährigkeit nach § 42 f SGB VIII vollständig - d.h. inklusive ärztlicher Untersuchung (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII) - durchgeführt ist.

a) Eine Alterseinschätzung im Wesentlichen allein aufgrund bestimmter äußerlicher körperlicher Merkmale - wie vorliegend vom Jugendamt der Beklagten praktiziert - bietet nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 CE 112 CE 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 [23] Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 38; ebenso OVG NRW, B.v. 13.11.2014 - 12 B 1280/14 - juris, Rn.18 a.E.; VG Magdeburg, B.v. 16.07.2013 - 1 B 185/13 - juris, Rn. 7 a.E.; VG Augsburg, B.v. 23.09.2015 - Au 3 E 15.1306 - juris, Rn. 29) für die Annahme von Volljährigkeit keine ausreichende Grundlage.

Volles schwarzes Haar, stark ausgeprägte Koteletten, buschige und zusammenwachsende Augenbrauen, eine stark ausgeprägte Behaarung der Unterarme und Hände, eine tiefe Stimme und ein deutlich sichtbarer Kehlkopf, ein großer und kräftiger Körperbau mit breiten Schulterpartien und große, kräftige, stark beansprucht wirkende Hände, aufgrund eines markanten breiten Kinns männlich wirkende Gesichtszüge und eine großporige mutmaßlich infolge von Akne vernarbte Haut, stark ausgeprägte Stirn-, Gesichts- und Halsfalten sowie ein - allerdings frisch rasierter (!) - starker, fester und voller Bartwuchs an Oberlippe und Kinn sind für die Feststellung der mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintretenden Volljährigkeit eines Menschen gänzlich unergiebig; denn alle diese Merkmale können auch bereits bei einem (reifen) jugendlichen Minderjährigen in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen. Diese Merkmale besitzen deshalb für die Altersfeststellung im Grenzbereich zwischen Voll- und Minderjährigkeit keinerlei Aussagekraft. Daran vermag auch die ergänzende Heranziehung weiterer Kriterien, wie beispielsweise ein selbstbewusstes und reifes Auftreten, ein dominantes und forderndes Verhalten, der Protest gegen behördliche Entscheidungen oder auch das Verweigern der Unterschrift unter eine Empfangsbestätigung nichts zu ändern. Ein solches Benehmen kann auch ein bereits (reifer) jugendlicher Minderjähriger an den Tag legen (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 38). Derartige Feststellungen begründen vielmehr im Gegenteil weitere, durch eine ärztliche Untersuchung klärungsbedürftige „Zweifel“ an der Selbstauskunft des Betroffenen.

Ebenso wenig von Bedeutung für die Frage der Feststellung des Alters ist der Umstand, dass der Kläger sich bei Fragen zur Dauer seiner Schulzeit während des mit ihm geführten Gesprächs korrigiert hat. Inwieweit hieraus ein „Widerspruch“ erwachsen soll, bleibt unerfindlich. Soweit der Kläger darüber hinaus zunächst angab, weder in seiner Muttersprache noch in englischer Schrift schreiben zu können, dann aber offenbar doch in sehr gekonnter Weise und in gutem Schriftbild zu schreiben vermochte, vermag darin zwar ein „Widerspruch“ zu sehen sein. Indes ist dieser für die Feststellung des tatsächlichen Alters des Klägers ohne jede Bedeutung. Gleiches gilt auch insoweit, als die Beklagte meint, die relativ kurze Beschulung des Klägers stehe in Widerspruch zu dessen Schreibfähigkeiten. Auch hierfür fehlt jeder objektivierbare Anhaltspunkt. Die Beklagte verkennt, dass auch eine Person, die lediglich die 5., 6. und 7. Klasse besucht hat, bereits über ein gutes Schriftbild verfügen kann. Ungeachtet dessen lässt die anlässlich der qualifizierten Inaugenscheinnahme gefertigte Niederschrift vom 5. September 2016 (vgl. Bl. 11 f. d. Behördenakte) auch in keiner Weise erkennen, dass der Kläger mit den Zweifeln des Jugendamtes an seiner Selbstauskunft konfrontiert und ihm Gelegenheit gegeben worden wäre, diese auszuräumen (vgl. OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 13; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [22] Rn. 17; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 13; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 2333 - juris, Rn. 25). Nach der Niederschrift (Bl. 11) wurde dem Kläger lediglich das - negative - Ergebnis eröffnet.

b) Die im Rahmen der „qualifizierten“ Inaugenscheinnahme des Klägers getroffenen Feststellungen vermögen deshalb die Annahme, beim Kläger handle es sich um eine bereits volljährige Person, nicht zu tragen. Es fehlt jede Transparenz der einzelnen Begründungsschritte und des Gesamtergebnisses (vgl. zu diesem Erfordernis BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl. 2017, 21 [24] Rn. 28; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 24; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 41). Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts stellen letztlich allein auf das äußere Erscheinungsbild des Klägers und den aus dessen Verhalten gewonnenen - persönlichen - Eindruck ab, ohne dass insoweit eine Objektivierung der gewonnenen Erkenntnisse standfände und für einen außenstehenden Dritten nachvollziehbar würde. Vor dem Hintergrund, dass selbst die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungsmethoden mit enormen Schwankungsbreiten behaftet sind (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 [23] Rn. 21; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 17; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn.29 jeweils m.w.N.) lässt sich das Alter eines Menschen auch durch in der Jugendhilfe erfahrene Fachkräfte im Grenzbereich zwischen Voll- und Minderjährigkeit nicht allein aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes bestimmen. Auch der Bundesgerichtshof lässt im Regelfall nicht einmal die auf ein großes Erfahrungswissen gestützte Einschätzung eines Haftrichters zur Volljährigkeit einer betroffenen Person genügen, um ein sicheres Bild zu gewinnen (vgl. BGH, B.v. 29.9.2010 - V ZB 233/10 -, NVwZ 2011, 320 Rn. 11; B.v. 12.2.2015 - V ZB 185/14 -, NVwZ 2015, 840 Rn. 7). Gleiches gilt - wie bereits erwähnt - im Hinblick auf die Heranziehung weiterer (vermeintlicher) Hilfskriterien, wie beispielsweise ein selbstbewusstes und reifes Auftreten oder ein dominantes und forderndes Verhalten (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 41).

Die (angeblichen) Feststellungen und Schlussfolgerungen der Beklagten reichen über bloße Mutmaßungen nicht hinaus und können daher weder Grundlage eines Verwaltungsnoch eines Gerichtsverfahrens sein. Es erscheint vielmehr im Gegenteil gerade so, als wolle die Beklagte aus Belanglosigkeiten Widersprüche zum Nachteil des Klägers konstruieren. Die Altersfeststellung nach § 42 f SGB VIII hat jedoch mit einer asylrechtlichen Glaubwürdigkeitsprüfung nichts zu tun. Das Alter eines Menschen ist eine zumindest näherungsweise zu ermittelnde naturwissenschaftliche Tatsache. Dem hat der Gesetzgeber durch die in § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII für „Zweifelsfälle“ vorgesehene ärztliche Untersuchung Rechnung getragen. Die Beklagte wird insoweit „umdenken“ müssen. Dies gilt namentlich für die bereits im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. VG-Akte, Bl. 12) geäußerte und auch ausdrücklich als solche bezeichnete, jedoch durch nichts belegte „Vermutung“ der Prozessvertreterin der Beklagten, bei dem vom Kläger angegebenen Geburtsdatum handele es sich um ein falsches, ausgedachtes Datum, durch dessen Angabe der Kläger die Beklagte über sein wahres Alter täuschen und dadurch in Obhut genommen werden wolle.

c) Ungeachtet dessen gehört der Kläger - nachdem sein Geburtsdatum im Rahmen der qualifizierten Inaugenscheinnahme am 5. September 2016 fiktiv auf den 21. März 1998 festgesetzt wurde, woraus sich am Tage der getroffenen Feststellung ein Alter von 18 Jahren, fünf Monaten und zwei Wochen errechnen würde - in den in den „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vom Mai 2014“ näher beschriebenen „Graubereich“ von ca. ein bis zwei Jahren über der gesetzliche Altersgrenze von 18 Jahren, in welchem nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch in Ansehung der entsprechend anzuwendenden Zweifelsregel des Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der RL 2013/32/EU stets eine ärztliche Untersuchung gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII stattzufinden hat, ohne dass es insoweit auf einen zusätzlich zu berücksichtigenden „Sicherheitszuschlag“ entscheidungserheblich ankäme (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 [23] Rn. 23 f.; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 19 f.; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 31 f.). Der rein spekulativen und damit zugleich auch objektiv willkürlichen Festlegung des Geburtsdatums des Klägers auf den 21. März 1998 kann deshalb keinerlei Erkenntniswert beigemessen werden.

Der Kläger gehört ersichtlich nicht zum Kreis der eingangs beschriebenen, für jedermann ohne weiteres erkennbaren (offensichtlichen), gleichsam auf der Hand liegenden, über jeden vernünftigen Zweifel erhabenen Fälle eindeutiger Volljährigkeit, in welchem auch von einem Facharzt kein anderes Urteil zu erwarten ist und ein Sich-Berufen des Betroffenen auf den Status der Minderjährigkeit als evident rechtsmissbräuchlich erscheinen muss. Vielmehr kann, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, angesichts der erheblichen Schwankungsbreite medizinischer Feststellungen zur Altersdiagnostik auch vorliegend nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Betroffene sei noch minderjährig (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 [23] Rn. 23; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 19; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 31).

d) Die Beklagte wird deshalb unverzüglich von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung des Klägers gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII in die Wege leiten, um damit die Grundlage für eine einigermaßen verlässliche Entscheidung über die endgültige Inobhutnahme des Klägers zu schaffen. Lässt sich - wie vorliegend - eine verlässliche Klärung des Alters nicht kurzfristig herbeiführen, so hat das Jugendamt dann, wenn die Minderjährigkeit des Betroffenen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, eine vorläufige Inobhutnahme gleichwohl anzuordnen, bis das tatsächliche Alter des Betroffenen festgestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 CE 112 CE 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 [24] Rn. 27; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 44) oder aber die Zweifelsregel des entsprechend anwendbaren Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU gebietet, wegen nicht ausräumbarer Ungewissheit weiterhin vom Vorliegen von Minderjährigkeit auszugehen (vgl. bereits BayVGH, B.v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1886 - juris, Rn. 24; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 -, BayVBl 2017, 21 [24] Rn. 27; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23; B.v. 13.12.2016 - 12 CE 16.2333 - juris, Rn. 44).

e) Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte deshalb zu Recht verpflichtet, den Kläger bis zur endgültigen Klärung seines Alters weiterhin vorläufig in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Der Aufenthalt in einer Asylbewerberunterkunft ist einer Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung oder in einer Pflegefamilie nicht annähernd gleichwertig (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE 109, 155 [161 ff.]; BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 959 [961] Rn. 27).

Die Berufung der Beklagten ist deshalb zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO und ist vorläufig vollstreckbar (§ 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO).

5. Gründe, nach § 132 VwGO die Revision gegen die vorliegende Entscheidung zuzulassen, sind nicht gegeben. Solche Gründe bestehen nicht bereits dann, wenn zu den aufgeworfenen Rechtsfragen noch keine ausdrückliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt, sich ihre Beantwortung jedoch - wie hier - ohne Weiteres aus dem Gesetz selbst, dem bislang erreichten Klärungsstand in der Rechtsprechung und dem allgemein anerkannten Meinungsstand im Schrifttum ergibt (vgl. statt aller Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 132 Rn. 56 m.w.N.).

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher ist grundsätzlich dann als unbegleitet zu betrachten, wenn die Einreise nicht in Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Jugendliche verheiratet ist. § 42 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 5 sowie 6 gilt entsprechend.

(2) Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen einzuschätzen,

1.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet würde,
2.
ob sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält,
3.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert und
4.
ob der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt; hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.

(3) Das Jugendamt ist während der vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind. Dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen und der mutmaßliche Wille der Personen- oder der Erziehungsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

(3a) Das Jugendamt hat dafür Sorge zu tragen, dass für die in Absatz 1 genannten Kinder oder Jugendlichen unverzüglich erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes durchgeführt werden, wenn Zweifel über die Identität bestehen.

(4) Das Jugendamt hat der nach Landesrecht für die Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen zuständigen Stelle die vorläufige Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen innerhalb von sieben Werktagen nach Beginn der Maßnahme zur Erfüllung der in § 42b genannten Aufgaben mitzuteilen. Zu diesem Zweck sind auch die Ergebnisse der Einschätzung nach Absatz 2 Satz 1 mitzuteilen. Die nach Landesrecht zuständige Stelle hat gegenüber dem Bundesverwaltungsamt innerhalb von drei Werktagen das Kind oder den Jugendlichen zur Verteilung anzumelden oder den Ausschluss der Verteilung anzuzeigen.

(5) Soll das Kind oder der Jugendliche im Rahmen eines Verteilungsverfahrens untergebracht werden, so umfasst die vorläufige Inobhutnahme auch die Pflicht,

1.
die Begleitung des Kindes oder des Jugendlichen und dessen Übergabe durch eine insofern geeignete Person an das für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständige Jugendamt sicherzustellen sowie
2.
dem für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständigen Jugendamt unverzüglich die personenbezogenen Daten zu übermitteln, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 42 erforderlich sind.
Hält sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland auf, hat das Jugendamt auf eine Zusammenführung des Kindes oder des Jugendlichen mit dieser Person hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Das Kind oder der Jugendliche ist an der Übergabe und an der Entscheidung über die Familienzusammenführung angemessen zu beteiligen.

(6) Die vorläufige Inobhutnahme endet mit der Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder an das aufgrund der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde nach § 88a Absatz 2 Satz 1 zuständige Jugendamt oder mit der Anzeige nach Absatz 4 Satz 3 über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens nach § 42b Absatz 4.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.