Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 19. Mai 2014 - AN 1 K 14.30087
Gericht
Tatbestand
Der am ... 1986 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er beantragte am ... 2013 in Ungarn politisches Asyl. Nach eigenen Angaben fuhr der Kläger wenige Tage später mit dem Zug von ... aus über ... nach ..., wo er am ...2013 angekommen sei.
Am ... 2013 stellte der Kläger im Bundesgebiet einen Asylantrag.
Nachdem eine EURODAC-Anfrage positiv verlaufen war (Treffer für Ungarn und für Griechenland), richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unter dem ... 2013 ein formularmäßiges Wiederaufnahmegesuch an den Staat Ungarn. Unter „Bemerkungen“ wird als Anlage „EURODAC-Treffer“ bezeichnet und ausgeführt, der Ausländer habe am ... 2013 seine Anerkennung als Asylberechtigter in Deutschland beantragt. Er habe angegeben, am ... 2013 nach Deutschland eingereist zu sein. Da es keine Beweise für das Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten gebe, werde um Übernahme der genannten Person gebeten.
Mit Schreiben vom ... 2013 erklärte der Staat Ungarn, den Kläger zu übernehmen und gemäß Art. 16 Abs. 1 c der Dublin-II-Verordnung das Asylverfahren durchzuführen.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an. Der Bescheid wurde dem Kläger am 23. Januar 2014 zugestellt.
Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Januar 2014, eingegangen am selben Tag, Klage erheben und zunächst beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. Januar 2014 zu verpflichten, sich zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zu erklären und das Asylverfahren des Klägers fortzuführen.
Zugleich ließ der Kläger beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes vom 23. Januar 2014 anzuordnen
und dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Antrags- und Klageverfahren zu bewilligen.
Zur Begründung des Antrags und der Klage wurde vorgetragen, der Kläger habe sich vom ... 2008 bis ... 2010 in Griechenland aufgehalten. Am ... 2010 sei er erstmals nach Ungarn gekommen. Von Ungarn sei er dann am ...2011 nach Serbien abgeschoben worden. Am ...2011 sei der Kläger erneut nach Ungarn eingereist und sei dort am ...2011 abermals nach Serbien abgeschoben worden. Von Serbien sei er dann am ...20n nach Mazedonien und von dort am ... 2011 nach Griechenland abgeschoben worden.
Sodann sei der Kläger von Griechenland kommend am ... 2013 erneut in Ungarn eingereist und habe dort einen Asylantrag gestellt. Von Ungarn aus sei er dann weiter nach Deutschland gereist, wo er am ...2013 eingereist sei.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei zulässig und begründet. Im vorliegenden Fall überwiege bei der vorzunehmenden Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses mit dem privaten Aussetzungsinteresse das Interesse des Klägers an der Aussetzung der Vollziehung, so dass die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen sei. Die Voraussetzungen von § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 27 a AsylVfG für eine Abschiebung des Klägers nach Ungarn lägen bereits deswegen nicht vor, weil Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig sei und der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag dementsprechend zumindest nicht aus den im Bescheid vom 21. Januar 2014 angegebenen Gründen unzulässig sei. Tatsächlich sei nicht Ungarn, sondern Griechenland für die Bearbeitung des Asylgesuchs des Klägers zuständig.
Dies ergebe sich aus den Erwägungen des Verwaltungsgerichts Braunschweig in dem Beschluss vom 21. November 2013 - 5 B 209/13. Ausweislich der EURODAC-Treffer des Klägers liege ein Treffer der Kategorie 1 (= Asylantrag) des Klägers vor. Hieraus folge, dass gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO Griechenland und nicht Ungarn für das Asylverfahren des Klägers zuständig sei. Dies habe das Bundesamt in seiner Anfrage an die ungarischen Behörden vom ... 2013 verschwiegen und hierdurch zumindest gegen den Erwägungsgrund 4 der Dublin-II-VO sowie den Grundsatz der fairen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten verstoßen. Demzufolge sei die Zustimmungserklärung zur Aufnahme des Klägers durch die ungarischen Behörden nicht als konkludente Ausübung des Selbsteintrittsrechts anzusehen. Es verbleibe daher dabei, dass Griechenland und nicht Ungarn für das Asylverfahren zuständig sei und demnach die Abschiebungsandrohung nach Ungarn rechtswidrig sei. Höchstvorsorglich werde noch hinsichtlich der Situation von Asylsuchenden in Ungarn unter anderem auf das Positionspapier des UNHCR von April 2012 mit dem Titel „Ungarn als Asylland“, den Bericht von Pro-Asyl vom 15. März 2012 mit dem Titel „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, welche bis heute aktuell seien, sowie den Bericht des Hungarian Helsinki Commitee vom 8. Oktober 2013 und den Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013 mit dem Titel „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“ Bezug genommen und verwiesen.
Wie sich aus den Berichten ergebe, bestünden zumindest nach der für die im Eilverfahren vorzunehmende summarische Überprüfung erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen systemische Mängel aufwiesen und für den Kläger die europaweiten Mindeststandards nicht gewährleistet seien. Wie sich aus dem Bericht des Hungarian Helsinki Commitee vom 8. Oktober 2013 sowie dem Bericht von bordermonitoring.eu vom Oktober 2013 ergebe, werde die Asylhaft faktisch automatisch angeordnet. Wie sich aus dem ECRE Weekly Bulletin vom 14. Juni 2013 ergebe, finde auch keine rechtsstaatliche Überprüfung der Inhaftierung durch ein Gericht statt. So sei bei der Auswertung von 5.000 Gerichtsentscheidungen aus den Jahren 2011 und 2012 festgestellt worden, dass nur bei drei Gerichtsentscheidungen die Fortsetzung der Haft aufgehoben worden sei. Im Übrigen sei die behördlich angeordnete Inhaftierung ohne spezielle juristische Bewertung „durchgewunken“ worden.
Insoweit werde zudem darauf verwiesen, dass im Rahmen der Sendung „Europamagazin“ in der ARD am 12. Oktober 2013 auch ein Beitrag mit dem Titel „Ungarn: Menschenrechtswidrige Haft für Asylbewerber“ gesendet worden sei. Durch den Bericht werde deutlich, dass die Inhaftierung von Asylsuchenden keinen Einzelfall darstelle, sondern die Regel sei. Auch die Dauer der Inhaftierung sei nicht absehbar. Wie sich gerade auch aus den Aussagen der ungarischen Offiziellen in diesem Beitrag aus dem Europamagazin ergebe, werde Asylhaft unzweifelhaft zur Abschreckung von Flüchtlingen und generell eingesetzt.
Weiterhin werde noch die beiliegende Anfragebeantwortung von ACCORD vom 18. August 2013 zur Vorlage gebracht und auf diese vollinhaltlich Bezug genommen und verwiesen. Wie sich aus dieser ergebe, herrschten in der ungarischen Haft für Asylsuchende ein „beklemmendes Ausmaß an systematischer Gewalt“, welche umso mehr verdeutliche, dass systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen in Ungarn herrschten.
Aufgrund dieser Bericht bzw. Erkenntnismaterialien bestünden daher zumindest für die im Eilverfahren vorzunehmende summarische Prüfung erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass systemische Mängel hinsichtlich der Aufnahmebedingungen und im Asylverfahren in Ungarn bestünden. Es bestehe zumindest weiterer Sachaufklärungsbedarf, so dass dem Aussetzungsinteresse des Klägers ausnahmsweise der Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse einzuräumen sei. Sollten dem Gericht die vorstehend benannten Erkenntnismaterialien nicht vorliegen, so werde um entsprechenden Hinweis gebeten.
Die Rechtsauffassung werde auch durch die überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung geteilt. Insoweit werde eine Kopie des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder
Die Beklagte verwies mit Schriftsatz vom 3. Februar 2014 auf das Urteil des EuGH vom 10.12.2013 - C-394/12.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 10. Februar 2014 - AN 1 S 14.30086 - abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2014 änderten die Bevollmächtigten des Klägers den Klageantrag dahingehend,
den Bescheid des Bundesamtes vom 21. Januar 2014 aufzuheben.
Mit Schriftsätzen vom ... 2014 bzw. ...2014 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die (isolierte) Anfechtungsklage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig (vgl. OVG Münster U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A und VGH Baden-Württemberg U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13), aber nicht begründet.
Der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Januar 2014 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Ungarn angeordnet.
Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Unstreitig ist, dass die EURODAC-Abfrage je einen Treffer für Griechenland und Ungarn ergeben hat. Das Bundesamt ist im Dublin II - Verfahren von einer Zuständigkeit Ungarns auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 1 c) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ausgegangen. Ungarn hat
unter dem ... 2013 auf der Grundlage der genannten Bestimmung die Übernahme des Klägers und die Fortführung seines Asylverfahrens erklärt. Der Kläger geht hingegen von einer Zuständigkeit Griechenlands aus.
Für die Prüfung des vom Kläger am ... 2013 in Deutschland gestellten Asylantrags sind weiterhin die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin-II-Verordnung), maßgebend.
Dem steht nicht entgegen, dass die Dublin-II-Verordnung durch Artikel 48 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-Verordnung), mit deren Inkrafttreten am 19. Juli 2013 aufgehoben worden ist. Gemäß Art. 49 Satz 3 Dublin-III-Verordnung erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für solche Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 1. Januar 2014 eingereicht wurden, weiterhin nach den Kriterien der außer Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 343/2003. Der am...2013 gestellte Asylantrag des Klägers umfasst mangels ausdrücklicher Beschränkung gemäß § 13 Absatz 2 AsylVfG zugleich den Antrag auf internationalen Schutz. Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ist vorliegend mithin weiterhin nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung vorzunehmen. Dies gilt nach Art. 49 Satz 2 Dublin-III-Verordnung im Übrigen auch für die Verfahrensanforderungen, da auch das Aufnahmeersuchen noch vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde.
Es kann vorliegend offenbleiben, ob das Bundesamt und nachfolgend auch Ungarn im Rahmen der Erklärung zur Übernahme des Klägers zu Recht davon ausgegangen sind, dass Ungarn gemäß Art. 16 Abs. 1 c) Dublin-II-Verordnung für die weitere Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ebenso ist es unerheblich, ob das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes den inhaltlichen Anforderungen des Art. 20 Abs. 1 a) Dublin-II-Verordnung (hier i. V. m. Art. 16 Abs. 1 c) Dublin-II-Verordnung) entsprochen hat.
Maßgeblich ist ausschließlich, dass Ungarn unter dem ...2013 seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers erklärt hat.
Die Dublin-II-Verordnung gewährt dem Kläger keinen subjektiven, einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird, den er für zuständig hält (GK-AsylVfG, Rn. 37, 199 zu § 27 a).
Dies entspricht auch der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat mit Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12
Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auch auf die vergleichbare Konstellation der Zustimmung eines Mitgliedstaates zur Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nach Art. 16 Dublin-II-Verordnung zu übertragen.
Es ist dem Kläger deshalb verwehrt, sich darauf zu berufen, das Wiederaufnahmegesuch habe nicht den Anforderungen des Art. 20 Abs. 1 a) Dublin-II-Verordnung (i. V. m. Art. 16 Abs. 1 c) Dublin-II-Verordnung) genügt. Der Einzelrichter teilt auch nicht die Auffassung des VG Braunschweig (B. v. 21.11.2013 - 5 B 209/13; vgl. auch: VG Frankfurt (Oder), B. v. 31.8.2011 -7 L 235/11.A), wonach eine Übernahmeerklärung unwirksam sei, soweit das Wiederaufnahmegesuch nicht den Anforderungen des Art. 20 Abs. 1 a) Dublin-II-Verordnung genügt. Vorliegend lässt sich den Akten bereits nicht entnehmen, dass das Bundesamt bei seinem Wiederaufnahmegesuch nur auf den EURODAC-Treffer für Ungarn hingewiesen hätte. So enthält die Anfrage die Bemerkung: „Anlage: EURODAC-Treffer“. Dies lässt den Rückschluss zu, dass alle Treffer beigefügt waren.
Selbst wenn das Bundesamt im Wiederaufnahmegesuch nur auf einen EURODAC-Treffer (hinsichtlich Ungarn) hingewiesen hätte, würde dies nichts an der Wirksamkeit der Übernahmeerklärung Ungarns ändern. Denn der ersuchte Staat hatte die Möglichkeit, innerhalb der zweiwöchigen Bearbeitungszeit des Art. 20 Abs. 1 b) Dublin-II-Verordnung selbst eine EURODAC-Abfrage vorzunehmen, um eine mögliche vorrangige Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates feststellen zu können.
Die Bundesrepublik Deutschland ist auch nicht gehalten, trotz der von Ungarn erklärten Übernahme des Klägers dessen Asylantrag nach Art. 3 Abs. 2 oder Art. 15 Dublin-II-Verordnung selbst inhaltlich zu prüfen. Die Auslegung der Dublin-II-Verordnung, die „einen der Bausteine des von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bildet“, und die sich daraus ergebenden Rechte der Asylbewerber sind durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt (EuGH, U. v. 21.12. 2011 - C-411/10 und C-493/10
Das in dieser Verordnung und in weiteren Rechtsakten geregelte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stützt sich - ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Rechtsprechung lässt in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann durchbrochen, wenn - wie oben ausgeführt - ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (vgl. EuGH vom 21.12.2011 - C 411/10, C 393/10
Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin II-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch machen muss. Mit anderen Worten muss in derartigen Fällen in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden, und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedstaat ist unzulässig (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013, a. a. O.).
In Bezug auf Ungarn folgt der Einzelrichter der in der Rechtsprechung ganz vorherrschend vertretenen Auffassung, dass in Ungarn derartige systemische Mängel nicht bestehen (vgl. VG Trier, B. v. 16.4.2014 - 5 L 569/14.TR; VG Würzburg, B. v. 14.4.2014 - W 6 K 14.30159; VG Augsburg, B. v. 4.4.2014 - Au 7 S 14.30247; VG Ansbach, B. v. 31.3.2014 - AN 9 S 13.31028 und vom 17.2.2014 - AN 4 S 14.30069; VG Würzburg, B. v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147; VG Regensburg, B. v. 7.3.2014 - RN 5 S 14.30199; VG Potsdam, B. v. 29.1.2014 -6 L 29/14.A; VG München, B. v. 27.1.2014 - M 4 S 14.30066; VG Ansbach, B. v. 21.1.2014 -AN 10 S 14.30039; VG Gelsenkirchen, B. v. 15.1.2014 - 6a L 1836/13.A; VG Ansbach, U. v. vom 9.1.2014 - AN 2 K 13.30861; VG Regensburg, B. v. 27.12.2013 - RN 6 S 13.30709; VG Augsburg, B. v. 5.12.2013 - Au 7 S 13.30454; VG Ansbach, B. v. 3.12.2013 - AN 11 S 13.31074; VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13; OVG Magdeburg, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12).
Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass dem Kläger als Dublin-Rückkehrer eine Existenzgefahr im Sinne einer Verelendung droht. Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Ungarn schon im Allgemeinen nicht eingehalten werden. Womöglich vorkommende Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage.
Das Auswärtige Amt hat sich 2013 in zwei umfangreichen Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (an das VG Augsburg am 23.5.2013 und an den BayVGH am 9.7.2013). Danach hat sich die Situation in Ungarn erheblich verbessert; jedenfalls ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.
Entsprechendes gilt für den Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23. September - 2 Oc-tober 2013“. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich aufgrund ihres Mandats nicht mit dem Asylverfahren speziell, sondern allgemein mit „willkürlicher Haft“ („arbitrary detention“); der Bericht kritisiert demzufolge in erster Linie den exzessiven Gebrauch und Mängel bei der Zugänglichkeit von Rechtsbeiständen bei der Untersuchungshaft in Ungarn. In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen; auch wenn diese in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse („preliminary findings“). Aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens (a.A. VG München, B. v. 28.10.2013 - M 21 S 13.31076).
Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4.10.2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand vermag, worauf das Verwaltungsgericht Würzburg (B. v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147; ebenso: VG Augsburg, B. v. 4.4.2014 - Au 7 S 14.30247) zutreffend hinweist, - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen.
So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9). Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a., NvWZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Mohammed gegen Österreich, Nr. 2283/12, hier zitiert nach der inoffiziellen Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration) festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet.
Ferner hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Situation eines Asylbewerbers schlechter sein wird als in dem anderen Vertragsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Art. 3 EMRK kann nicht so ausgelegt werden, dass er die Vertragsstaaten verpflichtet, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; diese Regelung enthält auch keine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, B. v. 2.4.2013 - 27725/10, ZAR 2013, 336, Rn. 70, 71; bezogen auf Italien; ebenso EGMR, B. v. 18.6.2013 - 53852/11, ZAR 2013, 338; hierzu auch BVerwG, B. v. 11.9.2013 - 10 B 17.13).
Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch die Erkenntnis des Österreichischen Asylgerichtshofes vom 9. Juli 2013 (S 21 436096-1/2013 - RIS; www.r...bka.gv.at). Dieser hat ausdrücklich festgestellt, dass in Ungarn am 1. Januar 2013 ein überarbeitetes Asylgesetz in Kraft getreten ist, das die nötigen Verbesserungen gebracht habe, weshalb nicht erkannt werden könne, „dass im Hinblick auf Asylbewerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, so dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde“.
Nach alledem vermag das Gericht keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Ungarn zu erkennen.
Ungarn gilt zudem als sicherer Drittstaat im Sinn des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs führen. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Ungarns nicht vor.
Ist eine Rückführung des Klägers nach Ungarn demnach möglich, durfte das Bundesamt auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Ungarn anordnen.
Die Klage war deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.