Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Apr. 2014 - AN 1 K 13.31140

published on 08/04/2014 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 08. Apr. 2014 - AN 1 K 13.31140
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger.

Der Kläger reiste im ... 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte politisches Asyl.

Das erste Asylverfahren des Klägers wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. Juni 2002 - AN 18 K 00.30317 für den Kläger negativ abgeschlossen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. August 2002 - 14 ZB 02.31238 abgelehnt.

Am 19. Dezember 2002 stellte der Kläger seinen ersten Asylfolgeantrag. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29. Januar 2003 erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. November 2003 - AN 18 K 03.30172, rechtskräftig seit 20. Dezember 2003, abgewiesen.

Mit seit dem 31. Juli 2008 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts ... vom selben Tage (Az. ...) wurde der Kläger wegen Handels mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet.

Vom 4. Februar 2008 bis zum 19. November 2009 befand sich der Kläger zum Vollzug der Maßregel im ...

Mit bestandskräftigem Bescheid der Stadt ... vom 24. September 2009 wurde der Kläger unbefristet aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen.

Mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 2. Februar 2011 ließ der Kläger einen dritten Asylantrag stellen.

Der Kläger sei am 18. Dezember 2010 in der ... in ... getauft worden. Der Kläger sei aus innerer Überzeugung den Gedanken des Christentums gefolgt und deswegen konvertiert. Er besuche regelmäßig den Gottesdienst in der ... in der .... Ferner beteilige sich der Kläger einmal monatlich an den christlichen Büchertischen in der ... Innenstadt.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2011 legte der frühere Bevollmächtigte des Klägers eine Bescheinigung der ... vom 19. November 2011 vor.

In dieser bestätigt der Leiter der Gemeinde, ..., dass der Kläger seit 2009 regelmäßig die iranischen Gottesdienste und christlichen Unterweisungen, die im Gemeindezentrum der Kirche stattfänden, besuche und seit einiger Zeit dort auch mitarbeite. Am 18. Dezember 2010 sei der Kläger nach eingehender Prüfung seines Wissens über die christliche Religion getauft worden. Auch bei den deutschen Gottesdiensten - bei denen immer eine Übersetzung vom Deutschen in das Persische angeboten werde - sei der Kläger, soweit es ihm beruflich möglich sei, anwesend. Er beteilige sich auch an Außen-Aktivitäten, die die Gemeinde für Ausländer und Migranten anbiete, wie z. B. Büchertische an öffentlichen Plätzen in ...

Am 7. August 2012 wurde der Kläger informatorisch durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) angehört.

Der Kläger trug vor, seine Eltern seien schon verstorben. Er habe einen Bruder in Teheran. Seitdem er sich in Deutschland aufhalte, sei er niemals im Ausland gewesen, insbesondere nicht im Iran. Er habe jedoch einmal Kontakt zum iranischen Konsulat in ... gehabt, weil er sich nach den Voraussetzungen für eine Eheschließung habe erkundigen wollen. Dies sei nach seiner Erinnerung im Jahr 2004 gewesen.

In Deutschland habe er angefangen Alkohol zu trinken und Drogen zu konsumieren. Er habe auch Schulden und sonstige Probleme gehabt. Schließlich habe er angefangen mit Drogen zu handeln, um seinen eigenen Bedarf zu finanzieren. Letztlich sei er deshalb auch ins Gefängnis gekommen. Vier oder fünf Monate nach seinem Haftantritt im März 2007 sei der Rumäne ... als Häftling zu ihm in die Zelle in der JVA ... gekommen. Dieser habe ihn gefragt, warum er nicht bete. Später habe ihm ... eine Bibel in persischer Sprache gebracht. Als er erwidert habe, dass er doch Moslem sei, habe ihm ... gesagt, er solle die Bibel einfach lesen, das sei wie ein Roman. ... habe sich auch dafür eingesetzt, dass er bereits im Gefängnis die Bibelstunden habe besuchen können.

Er habe dann auch in der Folgezeit die Bibelstunden im Gefängnis besucht, das sei eine Stunde pro Woche gewesen. Der Pfarrer habe „...“ geheißen. Nach seiner Freilassung habe er diesen Pfarrer noch einmal zufällig in ... getroffen.

Im Jahr 2008 sei er aus dem Gefängnis entlassen worden, danach aber noch 1 ½ Jahre in eine Therapie gekommen. Sechs Monate davon habe er in der geschlossenen Therapie verbracht. Auch in dieser Zeit habe er das Heilige Buch gelesen und gemerkt, dass er dabei die Ruhe gefunden habe, die er während seiner Abhängigkeit nicht gekannt habe. Er habe Johannes gelesen. Er habe die Stelle gelesen, wo Jesus sage, dass einer seiner Jünger ihn noch am gleichen Abend verraten würde. Trotzdem habe er allen seinen Jüngern die Füße gewaschen. Er sei der Meinung, dass dies nichts Menschliches, sondern etwas Göttliches sei. Wenn er sich vorstelle, jemand würde ihn verraten, könnte er diesem nie verzeihen. Beim Lesen dieser Stelle sei er zu Tränen gerührt gewesen. Das ganze Heilige Buch sei sehr schön, aber diese Stelle habe ihm besonders imponiert. Sie zeige, wer Jesus wirklich gewesen sei. Er habe sich in die Hände Jesus begeben, dies sei unglaublich gewesen. Er sei Moslem gewesen und habe auch an der Front gedient. Er habe Freunde den Märtyrertod sterben sehen. Er habe sogar Gott gefragt, warum er nicht selbst den Märtyrertod habe sterben dürfen. Im Nachhinein denke er, dies sei Gottes Wille gewesen. Im Islam habe er immer Angst gehabt, da einem immer die Strafe Gottes angedroht werde, wenn man eine Sünde begehe. Jetzt habe er keine Angst mehr vor Gott, er wisse jetzt, dass dieser immer vergeben werde. Er sei wie ein Vater, er sei wie sein Vater, jeder Vater vergebe seinen Kindern.

Am 2. November 2009 sei er aus der Therapie entlassen worden. Seit Ende 2009 besuche er die Gottesdienste der ... in .... Er habe diese Gemeinde gewählt, weil es dort einen Dolmetscher für persisch gebe und habe deshalb auch nur mit dieser Gemeinde Kontakt. Eine iranische Familie aus ... habe ihm diese Gemeinde empfohlen. Da er bei der Firma ... in ... arbeite, könne er nicht immer den Gottesdienst bei der ... in ... besuchen. Einmal im Monat sei dies aber sicher der Fall.

Am 18. Dezember 2010 sei er getauft worden. Vor der Taufe habe es keine eigene Schulung oder einen Vorbereitungskurs gegeben. Die Gottesdienste würden selbst schon eine Art Vorbereitung darstellen. Der Pfarrer spreche mit den Leuten, die den Wunsch zur Taufe äußerten.

Vom Alten Testament habe er nur wenig gelesen, das Neue Testament jedoch bereits vollständig.

Befragt, ob er außer der zitierten Stelle im Johannes-Evangelium noch eine andere Lieblingsstelle in der Bibel habe, erklärte der Kläger, an einer Stelle heiße es, ich hinterlasse euch ein Geschenk, das ist die Ruhe der Gedanken und des Lebens. Das ist nicht vergänglich, das wird in Ewigkeit bleiben. Als wichtigsten Grundsatz oder Kerninhalt des Christentums würde er die Liebe oder Vergebung ansehen.

Während der Therapie hätten sich andere Häftlinge über ihn lustig gemacht. Denen habe aber das Christentum nicht wirklich etwas bedeutet. Dies seien auch keine normalen Menschen, sondern Verbrecher gewesen.

Er sei auch im letzten Jahr in ... bei einem Seminar für iranische Christen gewesen.

Auch im Iran würde er seinen christlichen Glauben praktizieren und zwar in der Form, dass er Freunden und Bekannten erzählen würde, was mit ihm geschehen sei, seit er sich dem Christentum angeschlossen habe. Jesus habe gesagt, man könne seine Botschaft in jeder Sprache weitergeben und weiterleiten.

Unter dem 28. Juli 2013 erstellte die ... in ... eine weitere Bestätigung, wonach der Kläger regelmäßig die iranischen Gottesdienste und christlichen Unterweisungen besuche.

Mit Beschluss des Landgerichts ... vom 20. November 2013 - ... wurde dem Kläger die Restfreiheitsstrafe erlassen und die Maßregel für erledigt erklärt.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 25. November 2013 den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 27. Januar 2000 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab.

Der Bescheid wurde dem früheren Bevollmächtigten des Klägers per Einschreiben zugestellt und am 26. November 2013 zur Post gegeben.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10. Dezember 2013, eingegangen am selben Tag, Klage erheben und beantragen:

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. November 2013 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 3 Abs. 4 AsylVfG zuzuerkennen.

3. Hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2013 vorgetragen, der Kläger sei aus echter, innerer, ihn nachhaltig prägender Überzeugung zum Christentum konvertiert. Er habe sich ernsthaft mit dem Christentum auseinandergesetzt. Seit 2009 habe er in der ... regelmäßig an den iranischen Gottesdiensten sowie den christlichen Unterweisungen teilgenommen. Er habe Taufunterricht erhalten und sei am 18. Dezember 2010 getauft worden. Seitdem sei er weiter in der christlichen Kirche aktiv. Er helfe bei Veranstaltungen in der Küche sowie bei der Durchführung von Büchertischen.

Dem Kläger drohe daher bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG. Sein Leben oder seine Freiheit wäre wegen seiner Religion bedroht. Der Kläger habe erhebliche Kenntnisse über den christlichen Glauben erlangt und diese über die Jahre hinweg vertieft. Mittlerweile stehe er öffentlich zu seinem Glauben und müsse diesen nach außen tragen. Die Glaubensausübung des Klägers habe daher seit dem letzten Asylverfahren erheblich an Intensität zugenommen. Sie habe zwischenzeitlich Ausmaße angenommen, die für ihn bei Rückkehr in den Iran zu erheblichen Gefahren für Leib und Leben führten.

Der Kläger habe Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Die jetzt vorgetragenen Umstände seien geeignet, eine dem Kläger günstigere Entscheidung als in seinem Asylerstverfahren herbeizuführen. Dem Kläger drohten im Iran Verfolgungshandlungen im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und 2 RL, wenn er dort die durch Art. 10 Abs. 1 b RL geschützten Verhaltensweisen praktiziere, also seinen neu angenommenen christlichen Glauben nach außen erkennbar, insbesondere durch eine regelmäßige Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten, lebe. Konvertierte Muslime könnten im Iran keine öffentlichen-christlichen Gottesdienste besuchen ohne sich der Gefahr auszusetzen, festgenommen und möglicherweise unter konstruierten Vorwürfen zu Haftstrafen verurteilt zu werden (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20.2.2007 - 22 K 3453/05.A).

Es sei bekannt, dass konvertierte Muslime bei einer Rückkehr in den Iran nicht an religiösen Riten teilnehmen, insbesondere christliche Gottesdienste nicht besuchen könnten, ohne sich der Gefahr auszusetzen, festgenommen und möglicherweise unter konstruierten Vorwürfen zu Haftstrafen verurteilt zu werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 23.10.2007 - 14 B 06.30315). Durch die drohenden staatlichen Maßnahmen, die sich gegen die nach Art. 10 Abs. 1 b RL gestützte Glaubensbetätigung des Klägers richten würden, würde der Kläger landesweit jedenfalls in seiner Freiheit beeinträchtigt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass eine Verfolgung bereits dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe, wenn in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig Denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Schutzsuchenden Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.3.1988, BVerwGE 79, 143). Die vom Kläger im Falle der Rückkehr in den Iran zu befürchtenden angesprochenen Verfolgungsmaßnahmen seien danach als beachtlich wahrscheinlich anzusehen. Auf Grund der Willkür des iranischen Regimes sei bei einer offenen Darstellung des Glaubensübertritts sowie im Falle einer nicht verheimlichten Religionsausübung jedenfalls in einer beträchtlichen Anzahl der Fälle mit der Einleitung von Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen. Dabei sei in Rechnung zu stellen, dass im Iran Folter bei Verhören in der Untersuchungshaft und in regulärer Haft vorkomme. Es gebe im Iran weiterhin willkürliche Festnahmen sowie lang andauernde Haft ohne Anklage oder Urteil.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2013

die Klage abzuweisen

und trug mit weiterem Schriftsatz vom 9. Januar 2014 vor, der Kläger habe im Rahmen des Folgeantragsverfahrens eben nicht davon überzeugen können, dass der am 18. Dezember 2010 erfolgte formale Glaubenswechsel auf einer zutiefst verinnerlichten, festen und ihn nachhaltig prägenden Überzeugung beruhe.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nicht mehr aufrechterhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, der Antrag, die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, werde nicht mehr aufrechterhalten, ist die Klage konkludent teilweise zurückgenommen worden und das Verfahren insoweit unmittelbar beendet. Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses nach § 92 Abs. 3 VwGO bedarf es in diesem Fall nicht. Die Kostenentscheidung kann vielmehr im Urteil über den noch anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits getroffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.9.2005 - 3 C 50.04, DVBl. 2006, 118; Kopp/Schenke, VwGO, RdNr. 27 zu § 92).

Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid des Bundesamtes vom 25. November 2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Das Bundesamt hat die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 71 AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Hierfür ist erforderlich, dass der Folgeantrag binnen drei Monaten nach Bekanntwerden des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt wird (§ 51 Abs. 3 VwVfG) und der Antragsteller ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG).

Als Wiederaufgreifensgründe kommen nach § 51 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 VwVfG nur eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Betroffenen, das Vorliegen neuer Beweismittel oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO in Betracht.

Werden als Wiederaufnahmegründe erst nach unanfechtbarem Abschluss des früheren Verfahrens eingetretene Veränderungen geltend gemacht, sind diese substantiiert und glaubhaft darzulegen (BVerwG, Urteil vom 23.6.1987 - 9 C 251/86, BVerwGE 77, 323; Urteil vom 30.8.1988 - 9 C 47/87, NwVZ 1989,161). Die Verwaltungsgerichte sind im Übrigen nicht befugt, andere als vom Antragsteller selbst geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens der Prüfung des Folgeantrags zu Grunde zu legen (st.Rspr., vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 21.4.1982 - 8 C 75/80, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 11).

Die Zulässigkeit des Antrags an die Behörde erfordert bei dem hier einschlägigen Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zunächst die schlüssige und fristgerechte Behauptung, dass sich die Sach- oder Rechtslage geändert habe. Begründet ist der Antrag sodann, d. h., er vermag die Bestandskraft des ursprünglichen Verwaltungsaktes zu durchbrechen, wenn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage tatsächlich vorliegt und diese geeignet ist, eine neue für den Asylbewerber günstigere Sachentscheidung herbeizuführen (vgl. BVerwG Beschluss vom 3.5.2000 - 8 B 352.99, DVBl. 2001, 305; Urteile vom 25.6.1991 - 9 C 33.90, EZAR, 212 Nr. 8 und vom 23.6.1987 - 9 C 251.86, EZAR 224 Nr. 16; BayVGH Beschluss vom 24.4.1997 - 8 B 96.30918).

Vorliegend kann dahinstehend, ob der Folgeantrag fristgerecht (Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG) gestellt worden ist, da jedenfalls keine Änderung der Sachlage eingetreten ist, die geeignet ist, eine neue, für den Asylbewerber günstigere Sachentscheidung herbeizuführen.

Der Kläger beruft sich darauf, mehr als zehn Jahre nach dem Verlassen seines Heimatlandes und der Einreise in das Bundesgebiet zum christlichen Glauben übergetreten zu sein.

Gemäß § 28 Abs. 2 AsylVfG kann die Flüchtlingseigenschaft in einem Folgeverfahren in der Regel nicht zuerkannt werden, wenn der Ausländer sich auf Umstände stützt, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrages selbst geschaffen hat. Durch die genannte Vorschrift werden Nachfluchtgründe unter Missbrauchsverdacht gestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.2008 - 10 C 27.07, BVerwGE 133, 31).

Behauptet ein Asylbewerber also nach einem erfolglosen Asylverfahren, er habe seine religiöse Überzeugung in der Zeit danach geändert, muss er zur Widerlegung dieser Regelvermutung gute Gründe hierfür anführen, um den Verdacht auszuräumen, der behauptete Glaubenswechsel sei nur vorgeschoben, um die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung zu schaffen. Dazu sind die Persönlichkeit des Asylbewerbers und dessen Motive für den angeblichen Wechsel der religiösen Überzeugung vor dem Hintergrund seines bisherigen Vorbringens und seines Vorfluchtschicksals einer Gesamtwürdigung zu unterziehen (vgl. VG München, Urteil vom 6.3.2013 - M 2 K 12.31070; VGH BW, Urteil vom 16.3.2012 - A 2 S 1419/11 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 24.9.2009 - 10 C 25.08, NVwZ 2010, 383).

Denn nur in einem Fall des Glaubenswechsels aufgrund einer tiefen, inneren Glaubensüberzeugung kann ein bloß asyltaktisches und somit missbräuchliches Verhalten des Folgeantragstellers ausgeschlossen werden, womit eine günstigere Sachentscheidung als im Erstverfahren möglich wäre (vgl. OVG RhPf, Urteil vom 29.8.2007 - 1 A 1007/4/06; HessVGH, Urteil vom 18.9.2008 - 8 UE 858.06.A; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Rn. 67 ff. zu § 28; Bergmann in Renner, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, Rn. 17 zu § 28 AsylVfG).

Bezüglich der Darlegungslast und der Beweisanforderung ist hierbei ein besonders strenger Maßstab anzulegen, insbesondere ergibt sich aus der Unterscheidung zwischen Abs. 1a und Abs. 2 des § 28 AsylVfG, dass im Folgeverfahren höhere Anforderungen gelten als im Erstantragsverfahren (vgl. Funke-Kaiser in Hailbronner, Ausländerrecht, § 28 Rn. 26, 46 ff.).

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger den Verdacht, die Konversion sei primär erfolgt, um die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung zu schaffen, nicht ausräumen; der Einzelrichter konnte sich -wie bereits das Bundesamt - nicht von der Ernsthaftigkeit des Übertritts des Klägers zum christlichen Glauben überzeugen.

Das erkennende Gericht teilt die Auffassung des Bundesamtes, folgt der zutreffenden, ausführlichen Begründung des Bundesamtes in dem angefochtenen Bescheid und sieht gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG von einer erneuten Darstellung in den Entscheidungsgründen ab.

Insbesondere vermag die am 18. Dezember 2010 formell durch die ... in ... vollzogene Taufe nicht zu belegen, dass sich der Kläger aus ernster, innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewandt hat.

Aus anderen Verfahren ist gerichtsbekannt, dass die ... ein Treffpunkt iranischer Asylbewerber ist, der durch Mund-zu-Mund-Propanda gegenüber anderen iranischen Asylbewerbern bekanntgemacht wird. Es liegt nahe, dass iranische Asylbewerber bei derartigen Treffen, die z. B. in Form von Bibelkreisen stattfinden, miteinander auch über ihre Situation und erfolgversprechende Möglichkeiten, einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu erhalten, sprechen. Als eine solche Möglichkeit wird die Konversion zum Christentum angesehen, die inzwischen in fast allen Asylverfahren von Iranern vorgetragen wird (vgl. auch VG Braunschweig, Urteil vom 11.6.2013 - 2 A 1271/12).

Vorliegend fällt auf, dass die vom Kläger behauptete „Überprüfung“ der Beweggründe für seine Konversion durch die ... bereits etwa ein Jahr vor der Taufe erfolgt und lediglich in der Beantwortung von drei schriftlichen Fragen bestanden hat. Die Taufe des Klägers kann deshalb nicht als Beleg dafür dienen, dass der Kläger sich aus ernster, innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewandt hat.

In der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger die drei christlichen Tugenden nicht fehlerfrei benennen und auch nur den Beginn des Vaterunser (in persischer Sprache) vortragen, wobei er als Entschuldigung seine Aufregung anführte. Obwohl der Kläger ein regelmäßiges Bibelstudium insbesondere des Neuen Testaments behauptet hat, konnte er auch nicht die Verfasser der dort befindlichen ersten vier Schriften (Evangelium) vollständig benennen.

Der behauptete Glaubenswechsel des Klägers zehn Jahre nach seiner Einreise in das Bundesgebiet ist zur Überzeugung des Einzelrichters deshalb nur vorgeschoben und hat sich beim Kläger nicht in identitätsprägender Weise manifestiert. Es ist deshalb auch nicht zu erwarten, dass sich der Kläger in seiner Heimat anderen gegenüber als Christ bezeichnen oder christliche Veranstaltungen besuchen wird.

Allein die Tatsache, dass der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland bereits mehrere Asylanträge gestellt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach der Rückkehr in den Iran aus (vgl. BayVGH, Beschluss vom 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023; Lagebericht vom 8.10.2012). Den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen und hierzu Asylverfahren betreiben, also eine Asylantragstellung keinen Rückschluss auf die politische Einstellung des Asylbewerbers zulässt.

Personen, die nicht aus ernster, innerer Überzeugung konvertieren, sondern nur, um ihre Aussichten auf den Erwerb einer Aufenthaltsmöglichkeit zu verbessern, müssen im Iran ebenfalls nicht mit einer Verfolgung, insbesondere nicht mit einer Verurteilung als Apostat rechnen (vgl. VG Ansbach, Urteil vom 31.1.2013 - AN 3 K 12.30615; VG Augsburg, Urteil vom 11.4.2012 - 22 K 6259/11.A).

Bei der Rückkehr kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.6.2011 - 13 A 1050/11.A; VG Düsseldorf, Urteile vom 11.10.2011 - 5 K 7134/10.A und vom 9.3.2011 - 5 K 3257/10.A, mit weiteren Hinweise zur ständigen Rechtsprechung des OVG NRW, Urteil vom 30.4.1992 - 16 A 1193/91.A, S. 14 ff. UA, und Beschluss vom 28.9.1998 - 9 A 4328/98.A).

Die Entscheidung des Bundesamtes, das Verfahren hinsichtlich des Begehrens, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zu gewähren und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, nicht wieder aufzugreifen, kann deshalb ebenfalls nicht beanstandet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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published on 16/03/2012 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2010 - A 2 K 1707/09 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der K
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published on 16/07/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tat
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.