Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 27. Juni 2016 - AN 4 S 16.30702
Tenor
1. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten der Verfahren. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung für die einstweiligen Rechtsschutzverfahren werden abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragsteller, armenische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischer Religionszugehörigkeit, reisten nach Aktenlage am
Als Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts gaben die Antragsteller die Ukraine an. Dort hätten sie die letzten 19 Jahre gelebt. Die Antragstellerin zu 3) sei in der Ukraine geboren. Nach eigenen Angaben hätten die Antragsteller in der Ukraine ein Daueraufenthaltsrecht in Form einer Niederlassungserlaubnis erworben.
Im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt)
Auf Nachfrage erläuterte der Antragsteller zu 1), dass die Familie die Ukraine verlassen habe, weil er keine Kraft mehr zum Arbeiten gehabt habe und für ihn eine kostspielige Operation angestanden habe. Der Antragsteller zu 1) sei bereits seit 15 Jahren Diabetiker und sei seit zwei Jahren von der Dialyse abhängig. In der Ukraine sei der Weg zur Dialyse zuletzt aufgrund der Entfernung vom Wohnort nach ... mit rund 100-130 km sehr beschwerlich gewesen. Außerdem habe der Antragsteller zu 1) Probleme mit dem Blutdruck und dem Herzen. Die notwendige Operation sei zwischenzeitlich in Deutschland durchgeführt worden.
Die Antragstellerin zu 2) leide zudem schon rund 18 Jahre unter psychischen Problemen. Die Antragsteller zu 1) und zu 2) seien wegen ihrer Erkrankungen in der Ukraine in Behandlung gewesen und hätten entsprechende Medikamente erhalten. Die Dialyse sei kostenlos gewesen. Für die Medikamente hätten sie allerdings selbst aufkommen müssen. Die Kosten hierfür hätten umgerechnet etwa 300 Dollar pro Monat betragen.
Für die Antragstellerin zu 3) wurden keine eigenen Gründe geltend gemacht.
Gemäß eines dem Bundesamt vorliegenden Kurzarztbriefs der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Schlaflabor des Klinikums ...
Mit Bescheid vom
Mit am 15. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eingegangenem Schriftsatz gleichen Datums ließen die Antragsteller durch ihre Prozessbevollmächtigten unter dem Az.: AN 4 K 16.30703 Klagen erheben gerichtet auf Aufhebung des Bundesamtsbescheids vom 3. Juni 2016 und Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Antragsteller als Asylberechtigte anzuerkennen, ihnen die Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise, das Offensichtlichkeitsurteil aufzuheben.
Die Antragsteller ließen ferner beantragen,
die aufschiebende Wirkung der erhobenen Hauptsacheklage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen sowie
der klagenden Partei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... für das Antrags- und Klageverfahren zu bewilligen.
Zur Begründung wurde Bezug genommen auf die bisherigen Angaben der Antragsteller. Ergänzend wurde vorgetragen, dass der Antragsteller zu 1) seit dem
Die Anfechtungsklage gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung habe zudem unabhängig von § 75 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung. Dies folge aus Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU. Da der Bundesgesetzgeber es bisher versäumt habe, die EU-Verfahrensrichtlinie vollständig umzusetzen und die Umsetzungsfrist am 20. Juli 2015 abgelaufen sei, könnten sich Schutzsuchende, deren Asylantrag nach dem 20. Juli 2015 gestellt wurde, unmittelbar auf diese Richtlinie berufen. Die Richtlinie sehe vor, dass Schutzsuchenden, deren Antrag auf internationalen Schutz, d. h. auf Flüchtlingsanerkennung und auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht in Übereinstimmung mit der Richtlinie als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, ein vorläufiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über ihre Klage gewährt werden müsse. Das Asylgesetz sehe aber bislang noch keine Grundlage für die Ablehnung eines Antrags auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet vor.
Für die Antragsgegnerin beantragte das Bundesamt mit Schriftsatz vom
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die in Ziffer 5 des Bundesamtsbescheids vom
1.
Die Anträge sind zulässig, insbesondere statthaft, da die Klagen gegen den Bescheid des Bundesamtes vom
2.
In der Sache sind die Rechtsschutzanträge jedoch nicht begründet. Es besteht kein Grund, den Klagen entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen.
a.
Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Unter dieser Prämisse sind gegen die Entscheidung des Bundesamtes keine Bedenken ersichtlich.
Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt.
Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid nicht zu beanstanden. Die Antragsteller haben offensichtlich weder eine ihnen drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht noch sind Anhaltspunkte für Umstände erkennbar, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes in Betracht käme. Auch die Feststellung, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, erweist sich als rechtmäßig. Nach dem allein in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot ergibt sich nicht aus den für die Antragsteller zu 1) und zu 2) vorgetragenen Erkrankungen. Erforderlich hierfür wäre, dass ernsthaft zu befürchten steht, dass sich der Gesundheitszustand der Antragsteller bei einer Rückkehr in ihr Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil sie auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung ihrer Leiden angewiesen wären und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnten (vgl. etwa BVerwG, B. v. 17.8.2011 - 10 B 13/11;
In Anbetracht der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG rechtmäßig.
Auch das verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG in Ziffer 6 des Bescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin im Rahmen einer auf den Maßstab des § 114 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden sind.
b.
Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klagen auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (RL 2013/32/EU - Verfahrensrichtlinie) ableiten (vgl. VG Berlin, B. v. 8.6.2016 - 23 L 337.16.A; VG Hannover, B. v. 11.5.2016 - 11 B 2258/16; VG Cottbus, B. v. 3.5.2016 - 4 L 182/16.A; VG Dresden, B. v. 21.4.2016 - 4 L 222/16.A; VG Köln, B. v. 7.4.2016 - 18 L 589/16.A; VG Gelsenkirchen, B. v. 22.3.2016 - 18a L 482/16.A; VG Düsseldorf, B. v. 13.1.2016 - 6 L 4047/15.A; a.A. VG Münster, B. v. 26.2.2016 - 6 L 142/16.A; VG Düsseldorf, B. v. 22.12.2015 - 7 L 3863/15.A). Zum einen hat der deutsche Gesetzgeber nach Auffassung des Gerichts die Vorgaben des Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ordnungsgemäß umgesetzt (aa.), zum anderen ist diese Norm ihrem Inhalt nach nicht unbedingt (bb.).
aa.
Nach Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
Dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht bis zur Entscheidung über die Klage besteht indes nicht uneingeschränkt. Die Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten dazu in Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gewährte (vorläufige) Bleiberecht zu beenden, wenn einer der in Art. 46 Abs. 6 lit. a) bis d) genannten Fälle vorliegt und verpflichtet sie zugleich - wenn sie sich hierfür entscheiden - ein gerichtliches Antragsverfahren, gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensrechtlichen Bleiberechts, einzuräumen.
Der deutsche Gesetzgeber hat durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG in Fällen der offensichtlichen Unbegründetheit und der Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 5 VwGO das Bleiberecht in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) Var. 1 der Verfahrensrichtlinie eingeschränkt (vgl. VG Berlin, B. v. 8.6.2016 - 23 L 337.16A, juris Rn. 8 ff.; VG Cottbus, B. v. 3.5.2016 - 4 L 182/16.A, juris Rn. 6 ff.; VG Köln, B. v. 7.4.2016 - 18 L 589/16.A, juris Rn. 7 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 22.3.2016 - 18a L 482/16.A, juris Rn. 40 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 13.1.2016 - 6 L 4047/15.A, juris Rn. 13 ff.; a.A. VG Dresden, B. v. 21.4.2016 - 4 L 222/16.A; VG Münster, B. v. 26.2.2016 - 6 L 142/16.A; VG Düsseldorf, B. v. 22.12.2015 - 7 L 3863/15.A). Art. 46 Abs. 6 lit. a) Var. 1 der Richtlinie 2013/32/EU verlangt eine Entscheidung, einen Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Dieser in Bezug genommene Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
Da der Antrag auf internationalen Schutz nach Art. 2 lit. b) der Verfahrensrichtlinie grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung des subsidiären Schutzes umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der RL 2013/32/EU stehende nationale Regelung voraus, dass der Antrag sowohl in Bezug auf die Flüchtlingsanerkennung als auch in Bezug auf den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.
Eine solche nationale Regelung ergibt sich vorliegend aus § 30 Abs. 1 AsylG. Hiernach ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Von diesem Offensichtlichkeitsverdikt ist nach Auffassung des Gerichts auch der subsidiäre Schutz erfasst. Zwar ist § 30 Abs. 1 AsylG seinem Wortlaut nach erkennbar lückenhaft, weil er auf der Ebene der Tatbestandsvoraussetzungen den subsidiären Schutz nicht ausdrücklich einbezieht. § 30 Abs. 1 AsylG kann jedoch richtlinienkonform dahingehend erweiternd ausgelegt werden, dass ein Asylantrag nur dann als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden darf, wenn auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. VG Berlin, B. v. 8.6.2016 - 23 L 337.16A, juris Rn. 12; VG Gelsenkirchen, B. v. 22.3.2016 - 18a L 482/16.A, juris Rn. 40).
Dass § 30 Abs. 1 AsylG nicht vorsieht, den Asylantrag auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes im Tenor des Bescheids als offensichtlich unbegründet abzulehnen, steht nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie (vgl. VG Berlin, B. v. 8.6.2016 - 23 L 337.16A, juris Rn. 14; VG Cottbus, B. v. 3.5.2016 - 4 L 182/16.A, juris Rn. 11; VG Gelsenkirchen B. v. 22.3.2016 - 18a L 482/16.A, juris Rn. 51; a.A. VG Münster, B. v. 26.2.2016 - 6 L 142/16.A; VG Düsseldorf, B. v. 22.12.2015 - 7 L 3863/15.A). Die auch vom Bevollmächtigten der Antragsteller angeführte Argumentation, wonach in der Entscheidung des Bundesamtes nicht nur tenoriert werden müsse, der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werde als offensichtlich unbegründet abgelehnt, sondern auch noch ausdrücklich die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ausgesprochen werden müsse, trägt nicht. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist das Gericht davon überzeugt, dass Art. 46 Abs. 6 lit. a) Var. 1 der Richtlinie 2013/32/EU weder fordert, dass die Ablehnung als offensichtlich unbegründet vom Bundesamt im Tenor des Bescheids ausdrücklich ausgesprochen wird, noch dass eine nationale Regelung überhaupt existiert, mit der die Behörde ermächtigt oder verpflichtet wird, einen Antrag hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet auszusprechen. Den Anforderungen des in Bezug genommenen Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie genügt eine nationale Regelung, nach der die Mitgliedstaaten unbegründete Asylanträge in den Fällen des Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU als offensichtlich unbegründet betrachten können. Ausgehend von diesem Wortlaut ist ein ausdrücklicher Ausspruch der offensichtlichen Unbegründetheit nicht zwingend zu fordern.
bb.
Im Übrigen können die Antragsteller ein Aufenthaltsrecht bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens auch deshalb nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten, da diese Vorschrift nicht inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist (vgl. VG Hannover, B. v. 11.5.2016 - 11 B 2258/16, juris Rn. 8 ff.; VG Dresden, B. v. 21.4.2016 - 4 L 222/16.A, juris Rn. 10; a.A. VG Münster, B. v. 26.2.2016 - 6 L 142/16.A; VG Düsseldorf, B. v. 22.12.2015 - 7 L 3863/15.A). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne gegenüber dem Staat auf die unmittelbare Anwendbarkeit einer nicht fristgemäß oder unrichtig in nationales Recht umgesetzten EU-Richtlinie nur dann berufen, sofern diese inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist (vgl. EuGH, U. v. 19.2.2009 - C-228/06; U. v. 23.2.1994 - C-236/92; U. v. 26.2.1986
Nach alledem bleiben die Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO insgesamt ohne Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
3.
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung im maßgeblichen Zeitpunkt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten für das Antragsverfahren unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragsteller gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen ist.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 27. Juni 2016 - AN 4 S 16.30702
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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 27. Juni 2016 - AN 4 S 16.30702 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
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1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
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2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
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3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
Gründe:
61. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung auch unter Berücksichtigung des im Prozesskostenhilfeverfahren geltenden, weniger strengen Prüfungsmaßstabs aus den nachstehenden Gründen zu 2. nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (– ZPO –) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
72. Der am 29. Februar 2016 sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
8die aufschiebende Wirkung der Klage – 18a K 989/16.A – gegen die in Ziffer 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Februar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung in den Libanon anzuordnen,
9hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
10Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, wenn der Rechtsbehelf entgegen der in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO getroffenen Regelung kraft gesetzlicher Ausnahmeregel keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO unter anderem in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz(– AsylG –) hat die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c AsylG aufschiebende Wirkung. Hingegen entfällt bei der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 AsylG – wie hier – nach §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage. Die einwöchige Antragsfrist nach § 36 Abs. 3 AsylG ist eingehalten. Dem Antragsteller wurde der Bescheid ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Empfangsbestätigung am 23. Februar 2016 übergeben.
11In der Sache ist der Rechtsschutzantrag jedoch nicht begründet.
12Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Der Asylantrag umfasst ausweislich der Legaldefinition in § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Gewährung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, d. h. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes. Das Gericht hat im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes daher die Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dabei darf das Gericht, wie aus § 36 Abs. 4 AsylG folgt, die aufschiebende Wirkung nur anordnen, sofern ernstliche Zweifel an der Offensichtlichkeitsentscheidung und infolgedessen an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
13Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2016 – 10 L 3781/15.A –, juris.
14Ausgehend davon kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung auf der Grundlage der Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers als offensichtlich unbegründet bestehen.
15Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
16Auch die Beurteilung des vorliegenden Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist rechtlich nicht zu beanstanden.
17Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
18Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000‑ 2 BvR 1429/98 –, juris; vom 8. März 1995– 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846 und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921.
19Nach § 30 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag insbesondere dann offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
20Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1. des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2.), des subsidiären Schutzes (Ziffer 3.) und der nationalen, zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4.) nicht zu beanstanden. Der Einzelrichter nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 4. Februar 2016 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
21Es ist offensichtlich, dass sich der Antragsteller nur aus wirtschaftlichen Gründen und um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält im Sinne des § 30 Abs. 2 AsylG. Auf die Frage nach seinem Verfolgungsschicksal hat der Antragsteller in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Januar 2016 angegeben, in einem Flüchtlingscamp gewohnt und dort keine gute Arbeit gehabt zu haben. Er habe keine Wohnung außerhalb des Lagers beziehen können und auch berufliche Weiterbildung sei ihm verwehrt gewesen. Die Frage, ob die allgemeine Lage Grund für das Verlassen des Heimatlandes gewesen sei, bejahte er. Er verneinte, dass es ein konkretes Ereignis für die Ausreise gegeben habe. Ebenso bestätigte er, dass die allgemeine und wirtschaftliche Lage ihn veranlasst habe, den Libanon zu verlassen. Eine Verfolgung oder drohende Gefahr sowie ein konkretes Ereignis, das Anlass für die Ausreise war, nannte er nicht.
22Die vom Antragsteller erst im gerichtlichen Verfahren geschilderten Umstände führen zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags.
23Der Antragsteller hat offensichtlich keine ihm drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Die Verfolgung muss zudem von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgehen, also vom Staat, von den Staat ganz oder zum Teil beherrschenden Parteien und Organisationen oder von nichtstaatlichen Akteuren, gegen die der Staat keinen Schutz zu gewähren bereit oder in der Lage ist. Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, diese Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt.
24Vgl. zu alledem nur OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 –8 A 2632/06.A –, juris, mit weiteren Nachweisen.
25Die im gerichtlichen Verfahren vorgebrachten Umstände erreichen schon nicht ein verfolgungsrelevantes Niveau. Die Schilderungen des Antragstellers bleiben insgesamt vage und unkonkret. So hat der Antragsteller vorgetragen, er habe sich der Fatah und Hamas im Lager kritiklos unterzuordnen gehabt. Die Sicherheit innerhalb der palästinensischen Flüchtlingslager wird zwar teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden.
26Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12.
27Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt, wieso er individuell dadurch politisch verfolgt sei. Auch die Beschreibung der vorgetragenen Verhöre durch „politische Gruppen“ bleibt detailarm und enthält keine Schilderung zur Methode. Die Ausführungen zum Versuch, ihn als Spion im Lager zu gewinnen, beschränken sich auf allgemeine Angaben. Auch trägt der Antragsteller lediglich undetailliert und ohne Nennung von konkreten Ereignissen vor, ihm drohe die Zwangsrekrutierung „von schiitischer Seite“ aufgrund seines sunnitischen Glaubens. Staatliche Repressionen sind jedoch weder aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit noch aufgrund der Religion bekannt.
28Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12, 14.
29Im Übrigen hat der anwaltlich vertretene Antragsteller insbesondere nicht glaubhaft vorgetragen, aus welchem Grund er die im gerichtlichen Eilverfahren geschilderten Vorgänge nicht schon bei der persönlichen Anhörung vorgebracht hat. Ein vernünftiger Grund, warum er die als maßgeblich bezeichneten Umstände so spät vorgetragen hat, besteht nicht. Der Antragsteller muss sich an seinen Angaben zu den wirtschaftlichen Umständen festhalten lassen. Von diesen Ausführungen in der persönlichen Anhörung hat der Antragsteller sich auch nicht im gerichtlichen Eilverfahren ausdrücklich distanziert.
30Aus denselben Gründen kommt auch die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht in Betracht. Der Gewährleistungsbereich des § 3 Abs. 1 AsylG überschneidet sich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat.
31Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 – BVerfGE 80, 315 (333 ff.) = juris Rn. 38 ff.
32Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG in Betracht käme, sind ebenfalls nicht erkennbar. Insoweit wird hinsichtlich des erst im Eilverfahren erfolgten Vortrags des Antragstellers auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz Bezug genommen.
33Bei Anwendung der eingangs genannten Maßstäbe besteht im Übrigen offensichtlich für den Kläger bei einer Rückkehr in den Libanon keine erhebliche individuelle Gefahr gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Der für die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erforderliche Grad an willkürlicher Gewalt ist nach den verfügbaren Erkenntnismitteln noch nicht erreicht, da Zivilpersonen jedenfalls bisher nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit im Libanon konkret gefährdet sind. Zwar kommt es im Zusammenhang mit dem Konflikt in Syrien im Grenzgebiet rund um die sunnitische Stadt B. zum Teil zu Kämpfen auf libanesischem Territorium sowie zu Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Extremisten und der schiitischen Hisbollah, welche teilweise auch auf schiitische Wohngebiete in der südlichen Vorstadt C1. stattfinden. Dennoch sind die Opferzahlen in der Zivilbevölkerung nach wie vor sehr gering.
34Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 8, und Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Köln vom 16. Oktober 2014, Seite 2 und 4, juris.
35Zudem stammt der Antragsteller den eigenen Angaben nach aus dem Flüchtlingslager D.°°°°-C. in der etwa 100 km südlich von C2. , am Mittelmeer gelegenen Stadt U. (T. ). Ein Übergreifen des Syrien-Konflikts ist nicht zu befürchten.
36Auch die Feststellung schließlich, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Libanon nicht vorliegen, erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
37Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ergibt sich nicht aus einer psychischen Erkrankung und der von dem Antragsteller vorgetragenen Traumatisierung. Bei psychischen Krankheitsbildern ist wegen der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome zu beachten, dass zum Nachweis einer solchen Erkrankung die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests notwendig ist. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören namentlich Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren ist Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) zu geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 S. 1 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007– 10 C 8.07 – BVerwGE 129, S. 251 ff. = NVwZ 2008, S. 330 ff. = juris Rn. 15 f. und Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 – juris Rn. 7.
39Ein fachärztliches Attest über die Traumatisierung hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers besteht.
40In Anbetracht der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG rechtmäßig, bei der eine Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Der Antragsteller kann insbesondere eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (RL 2013/32/EU – Verfahrensrichtlinie –) ableiten.
41So aber u.a. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A – und vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, jeweils zitiert nach juris.
42Nach Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
43Dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht besteht nicht uneingeschränkt. Die Richtlinie sieht dazu in Art. 46 Abs. 6 vor, dass das verfahrensrechtliche Bleiberecht durch die Mitgliedstaaten beendet werden kann, wenn einer der in Art. 46 Abs. 6 lit. a) bis d) genannten Fälle vorliegt und ein gerichtliches Verfahren eingerichtet ist zur Verschaffung des Bleiberechts. Bei der Umsetzung in nationales Recht hat der deutsche Gesetzgeber der Klage im Fall der §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukommen lassen und verweist den Schutzsuchenden auf das gerichtliche Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2. Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h) aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie legt fest, dass im Falle von unbegründeten Anträgen, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, die Mitgliedstaaten einen Antrag ferner als offensichtlich unbegründet betrachten können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
44Die Richtlinie sieht also für die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten vor, das verfahrensrechtliche Bleiberecht zu beschränken, nämlich durch die Ablehnung des Asylantrags unter Setzung eines Offensichtlichkeitsverdikts oder schlicht bei der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8. Die materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 werden in beiden Fällen also berücksichtigt.
45In richtlinienkonformer Weise hat die Antragsgegnerin nach § 30 Abs. 1 und 2 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 lit. a) Richtlinie 2013/32/EU im Bescheidtenor den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ und den Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Merkmale der Offensichtlichkeit insbesondere auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes vorliegen.
46Die Bundesrepublik Deutschland hat bei der Ausgestaltung des nationalen Rechts für das verfahrensrechtlichen Bleiberecht vorgesehen, dass dieses dann beschränkt werden kann, wenn der Asylantrag hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und der Antrag im Übrigen als (einfach) unbegründet abgelehnt wird. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten – wie bereits ausgeführt – unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese (materiellen) Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder" zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass die Verknüpfung „oder“ der Alternativen des Art. 46 Abs. 6 lit. a) der Richtlinie im Sinne eines exklusiven „Oders“ zu verstehen sind. Im Ergebnis wird auch bei der von der Bundesrepublik Deutschland gewählten Umsetzung gewährleistet, dass die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU im Rahmen der Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG geprüft werden und nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände die Klage keine aufschiebende Wirkung hat und eine einwöchige Ausreisefrist gesetzt werden kann.
47So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
48Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten "Sperrwirkung" der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
49Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
50Der erkennende Einzelrichter vermag die Befürchtung nicht zu teilen, die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als (einfach) unbegründet bei gleichzeitiger Ablehnung der subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet, könnte zu einem beschleunigten Verfahren führen.
51So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, juris Rn. 38.
52Abgesehen davon, dass das nationale Asylgesetz die Möglichkeit der Ablehnung des Asylantrags nur hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vorsieht, droht ein solches Szenario nicht. Denn über § 34 Abs. 1 AsylG bilden der Flüchtlingsschutz und der subsidiäre Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung untrennbare Einheit, bei der die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU für ein beschleunigtes Verfahren einheitlich zu prüfen sind.
53Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
54Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU vorgesehenen verfahrensrechtlichen Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die Ablehnung des Antrags als „offensichtlich unbegründet“ ist nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände zu bejahen sind. Ein solches Verständnis ergibt sich auch aus dem Begriff des Asylantrags nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylG. Denn danach wird zum Gegenstand des Asylantrags ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes.
55Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016– 4 L 35/16.A –, (n.v.), S. 6 f.
56Dass der Bescheidtenor insoweit – klarstellend – auch in Ziffer 3. den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ablehnen müsse, ist nicht zu fordern, da der materiell-rechtliche Gehalt des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie in ausreichender Form von der Antragsgegnerin über die Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 und 2 AsylG geprüft und in der Begründung des Bescheides richtlinienkonform zum Ausdruck gekommen ist. Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h) – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe a) durch die oben ausgeführte Bejahung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 2 AsylG erfüllt sind.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 18. Dezember 2015 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
6Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
8Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
9Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) von § 29a AsylG gedeckt. Demnach ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung des § 29a AsylG ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
10Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 12 BvR 1508/93 –, juris Rn. 97 f. (= BVerfGE 94, 115-166).
11Nach diesen Grundsätzen ist die gesetzliche Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG nicht widerlegt. Albanien – das Herkunftsland des Antragstellers – zählt nach dem am 21. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I 2015, 1722), welches insoweit keine Übergangsvorschriften vorsieht, zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben die Antragsteller bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Dezember 2015 nicht dargelegt. Ihr Vortrag, sie hätten Albanien aufgrund eines Familienstreites mit dem im selben Haushalt lebenden Vater des Antragstellers zu 1. verlassen, weil der Vater zuletzt versucht habe, seine Schwiegertochter – die Antragstellerin zu 2. – zu vergewaltigen, kann schon deshalb keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung zu begründen, weil innerfamiliäre Konflikte weder politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Verfolgungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 AsylG darstellen. Zudem sind die Antragsteller wegen der vorgeblichen Bedrohung durch den (Schwieger-)Vater auf den Schutz der generell schutzwilligen und schutzfähigen Sicherheitsbehörden in Albanien zu verweisen, deren Hilfe sie nach eigenen Angaben bewusst nicht in Anspruch genommen haben (§§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Aus diesem Grund scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes aus (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Schließlich ist nicht ansatzweise dargelegt, dass es den nach eigenem Bekunden wirtschaftlich gut gestellten Antragstellern unmöglich oder unzumutbar wäre, bei ihrer Rückkehr einer erneuten Bedrohung durch Umzug innerhalb Albaniens zu entgehen, vgl. § 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG.
12Zur weiteren Begründung wird – auch hinsichtlich der Ausführungen zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Abschiebungsandrohung und zur Befristungsentscheidung – gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen.
13Ob die Ablehnung des Asylantrags überdies auch auf § 30 Abs. 1 AsylG gestützt werden könnte, mag vor diesem Hintergrund dahin stehen.
14Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten. Denn die Antragsgegnerin hat das sich hieraus ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU eingeschränkt. Die Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz
15– dieser ist gemäߠ Art. 2 lit b) grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und – hilfsweise (vgl. Art. 2 lit. f der Richtlinie 2011/95/EU) – auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –,
16unter den in lit a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2.Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
17Mit diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet abgelehnt hat, vereinbar. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig, zumal die materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 – hinauslaufen. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) weder über Art. 32 Abs. 2 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
18Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 29a, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes den der 2. Alternative eröffnet. Dabei ist einzustellen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 AsylG nicht allein in das beschleunigte Verfahren führt. Denn § 36 Abs. 1 AsylG legt lediglich die Länge der Ausreisefrist fest. Die Ausreisefrist ist Bestandteil des Regelungskomplexes der Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 AufenthG), die ihrerseits eine Ausreisepflicht voraussetzt (§§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 75 Abs. 1 AsylG, 50 AufenthG). Deshalb müssen, um nach nationalem Recht § 36 AsylG anwenden zu können, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG vorliegen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG kann eine Abschiebungsandrohung aber nur dann erlassen werden, wenn dem Ausländer auch kein subsidiärer Schutz gewährt wird. Damit bilden über § 34 Abs. 1 AsylG beide Bestandteile des Antrags auf internationalen Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung im beschleunigten Verfahren untrennbare Einheit. Damit hat der nationale Gesetzgeber den Weg ins beschleunigte Verfahren normativ dann eröffnet, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt und sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf beide Bestandteile abgelehnt worden ist, wobei die Ablehnung bezüglich der Flüchtlingseigenschaft in qualifizierter Form als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Dieses Konzept ist von Art. 46 Abs. 6 a) insgesamt gedeckt. Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten „Sperrwirkung“ der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
19Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe b) erfüllt sind. Demnach können die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Verfahren festlegen, wenn der Antragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie“ kommt. Die diesbezüglichen Anforderungen des Unionsrechts werden über Art. 36, 37 und Anhang I der Richtlinie präzisiert.
20Gemäß Art. 37 Abs. 1 können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund deren sie im Einklang mit Anhang I sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Für die von dem Mitgliedstaat vorzunehmende Prüfung gibt Art. 37 Abs. 3 ferner die Heranziehung verschiedener Informationsquellen, insbesondere Informationen anderer Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR und des Europarates sowie anderer internationaler Organisationen vor.
21Diesen Anforderungen wird die durch § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG vorgenommene Bestimmung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I, S. 1722)
22BT.Drs. 18/6135, S. 38 ff.
23geht insbesondere deutlich hervor, dass sich die vorzunehmende abstrakt-generelle Prüfung nicht lediglich auf den Schutz bzw. die Sicherheit vor (politischer) Verfolgung, sondern auch auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes, namentlich die Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit erstreckt hat. Hierbei wurden zahlreiche Auskünfte, darunter auch solche des EASO, herangezogen und bewertet. Den von der Richtlinie 2013/32/EU an die Bestimmung des sicheren Herkunftsstaates gestellten Anforderungen ist damit der Sache nach Genüge getan.
24Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist auch in seiner Ausgestaltung durch Art. 16a Abs. 3 GG und §§ 29a, 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG mit Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann ein Drittstaat, der nach dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn a) der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder b) der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Zwar erstreckt sich die Reichweite der in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Sicherheitsvermutung nach ganz überwiegender Ansicht nicht, wie von Art. 36 Abs. 1 RL 2013/32/EU implizit vorgegeben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 42), mit auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes; sie ist vielmehr nach dem Wortlaut des 29a Abs. 1 AsylG und den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG entsprechend auf die Prüfungsgegenstände „Asyl“ i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG und des Flüchtlingsschutzes (§ 3 AsylG) beschränkt.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115-166, juris; GK-AsylVfG/Funke-Kaiser, § 29a Rn. 81 f; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand: Februar 1999, Art. 16a Rn. 130.
26Hieraus kann jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit des nationalen Konzepts des sicheren Herkunftsstaates mit der Verfahrensrichtlinie geschlossen werden. Dabei mag offen bleiben, ob § 29a Abs. 1 AsylG im Lichte des geltenden Unionsrechts, insbesondere der Richtlinien 2011/95/EU und 2013/32/EU, bereits vor der – nachzuholenden – Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU einer entsprechenden teleologischen Extension zugänglich sein könnte oder nicht.
27Vgl. zur Berücksichtigung des Unionsrechts bei der Auslegung von § 29a AsylG Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2014, § 29a AsylVfG, Rn. 4, 10.
28Denn das bestehende nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaates, welches bezüglich der Flüchtlingsanerkennung mit einer widerlegbaren Vermutung arbeitet und diese für den Zugang ins beschleunigte Verfahren ausreichen lässt (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes jedoch auf eine Vermutung verzichtet und stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG verlangt, stellt – da eine Vollprüfung eine umfangreichere und tiefergehende Prüfung (vgl. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU) als die an eine Vermutung anknüpfende Feststellung erfordert – weitergehend als eine Vermutungsregelung sicher, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers „in seinem speziellen Fall“ – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – als sicher zu betrachten ist. Denn bei einem negativen Ausgang der Vollprüfung sind „keine schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie denkbar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der sichere Herkunftsstaat im Einzelfall nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Stellt aber die im nationalen Recht bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten für den Zugang zum beschleunigten Verfahren vorgeschriebene Vollprüfung des subsidiären Schutzes, vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, 29 a Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG, weitergehend als die Vermutungsregelung sicher, dass für den Antragsteller in seinem speziellen Fall – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – sein Herkunftsstaat als sicher zu betrachten ist, wird ihm damit im nationalen Recht mindestens dasjenige gewährt, was Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie erfordert. Damit wird den Gewährleistungen des Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 31 Abs. 8 b) Verfahrensrichtlinie an einen effektiven Rechtsschutz entsprochen. Dies steht auch in Einklang mit Art. 5 der Verfahrensrichtlinie. Demnach können bei den Verfahren zur Zuerkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen eingeführt oder beibehalten werden, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Dies ist bezüglich des nationalen Rechts der Fall. Bei Ablehnung eines Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist dem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung eröffnet. Für den subsidiären Schutz sieht das nationale Recht bei einer Person aus einem sicheren Herkunftsstaat die günstigere Vollprüfung vor. Es bedarf nationalrechtlich keiner Einräumung einer Widerlegungsmöglichkeit, weil die Ablehnung nicht an die Vermutung anknüpft, dass der sichere Herkunftsstaat auch in dem speziellen des Antragstellers als sicher zu betrachten ist, sondern dies im Rahmen der Vollprüfung festzustellen ist. Diese im nationalen Recht vorgeschriebene Vollprüfung mit dem Ergebnis der Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als unbegründet gewährleistet mithin – weitergehend als das Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung –, dass der sichere Herkunftsstaat auch im speziellen Fall des Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.
29Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
31Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat mit dem in der Beschlussformel ausgesprochenen Inhalt Erfolg.
3Das Gericht versteht den Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung anzuordnen,
5unter Berücksichtigung des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers, das erkennbar darauf gerichtet ist, während der Dauer des Klageverfahrens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben, gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Antragsteller kann sein Antragsbegehren nur mit einer solchen gerichtlichen Feststellung erreichen. Die ausdrücklich beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommt dagegen nicht in Betracht. Denn die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung im angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat bereits aufschiebende Wirkung. Zwar entfaltet die Klage nach §§ 75 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung, weil das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ungeachtet dessen kommt der Klage des Antragstellers jedoch deshalb aufschiebende Wirkung zu, weil dem Antragsteller trotz der genannten Entscheidung des Bundesamts – wie noch auszuführen ist - der Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage zu gestatten ist.
6Der hiernach anzunehmende Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig. Die Antragsgegnerin berühmt sich nach der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung der Vollziehbarkeit ihrer Abschiebungsandrohung.
7Der Antrag ist auch begründet. Die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung hat aufschiebende Wirkung im Sinne des § 80 Abs. 1 VwGO, weil der Verbleib des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klage unmittelbar durch Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180 S. 60 („Verfahrensrichtlinie“), gestattet ist.
8Nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 6 den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Hiernach ist der Verbleib im Hoheitsgebiet – grundsätzlich – bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache zu gestatten,
9vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A -, juris, Rn. 17, und vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A -, www.nrwe.de.
10Das danach dem Grunde nach bestehende Recht des Antragstellers gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie auf Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Bundesamt die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat.
11Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie in Fällen der Ablehnung des Antrags u.a. als offensichtlich unbegründet (Art. 45 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie) auszuschließen und verpflichtet sie gleichzeitig, für diesen Fall ein gerichtliches Verfahren auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Bestimmungen in §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) prinzipiell Gebrauch gemacht. Der Ausschluss des Bleiberechts in Fällen der Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist nach Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie indessen nur zulässig, wenn der Antrag „im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet“ betrachtet wird. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
12Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. In Art. 31 Abs. 8 Buchstaben a bis g und i bis j der Verfahrensrichtlinie sind die Umstände im einzelnen und abschließend aufgeführt, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, Anträge als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Das Asylgesetz bietet derzeit aber keine Rechtsgrundlage dafür, einen Asylantrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Hierfür reicht es im Gegensatz zur „Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zu Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft“ (Verfahrensrichtlinie a.F.) nicht mehr aus, dass „der Antragsteller offensichtlich nicht als Flüchtling anzuerkennen ist oder die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem Mitgliedstaat nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG offensichtlich nicht erfüllt“ (vgl. Art. 23 Abs. 4 Buchstabe b der Verfahrensrichtlinie a.F.). Da der Antrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung nach Art. 2 Buchstabe b grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung stehende Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet nunmehr eine nationale Regelung voraus, dass auch der Antrag auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.
13Abgesehen davon, dass das Bundesamt im Fall des Antragstellers den Asylantrag hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes nur als unbegründet und nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (Ziffer 3. des Bescheides vom 25. Januar 2016), sieht das Asylgesetz in den maßgeblichen Bestimmungen des § 29a AsylG oder des § 30 AsylG - an die § 36 AsylG über das Verfahren bei offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags anknüpft - die Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
14Die Vorschriften über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage (§§ 75 Abs. 1, 36 AsylG) und das Verfahren der vorzeitigen Beendigung des Aufenthalts des Ausländers nach § 36 AsylG greifen ein, wenn das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnt (vgl. 37 Abs. 2 AsylG) und nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung erlässt, mit der Folge, dass die dann dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist gemäß § 36 Abs. 1 AsylG eine Woche beträgt. Wann der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden darf oder muss, richtet sich allein nach § 29a AsylG oder § 30 AsylG. Eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes scheidet nach diesen Bestimmungen jedoch aus.
15Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage in Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Diese Regelung kann nur eine Grundlage dafür sein, den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
16Die der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet zu Grunde liegende Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG der Verfolgungsfreiheit bezieht sich ebenso wie die verfassungsrechtliche Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG allein auf eine politische Verfolgung, d.h. auf die Fragen nach der Asylberechtigung (Art. 16a Abs. 1 GG) und nach dem Flüchtlingsschutz (§ 3 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG),
17vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, NVwZ 1996, 691 (695 f.) zu Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG und § 51 Abs. 1 AuslG,
18nicht aber auf den subsidiären Schutz. Erstreckte sich die gesetzliche Vermutung nach § 29a Abs. 1 AsylG auch auf die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, bedeutete dies, dass ein Asylantrag – gemäß § 13 Abs. 2 AsylG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG einschließlich des Antrags auf subsidiären Schutz – als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden müsste, obwohl im Einzelfall die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen oder nur „schlicht“ nicht vorliegen. Dieses Ergebnis zwingt dazu, den Begriff der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 29a AsylG auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter zu beschränken,
19vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 38.
20Dafür, dass § 29a Abs. 1 AsylG den subsidiären Schutz nicht erfasst, spricht auch § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wonach die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gegen einen Ausländer neben der Ablehnung seines Asylantrags „nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet“ unter anderem voraussetzt, dass dem betreffenden Ausländer „kein subsidiärer Schutz zuerkannt“ wurde. Im Übrigen hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung des subsidiären Schutzes vom Regelungsbereich des § 29a AsylG nicht erfasst werde.
21Der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes kann auch nicht nach § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Auch diese Regelung sieht nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
22Den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass nach dem klaren Wortlaut von Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie Anträge nur dann als offensichtlich unbegründet betrachtet werden können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch die Neufassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen bislang nicht umgesetzt. Dies wird bestätigt durch den Inhalt des Referentenentwurfs des Bundesministeriums des Innern zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (Bearbeitungsstand: 1. Oktober 2015, 19:21 Uhr), der ausdrücklich der Umsetzung u.a. der Richtlinie 2013/32/EU dienen soll,
23http://www.frnrw.de/images/Themen/Asylverfahren/2015/Referententwurf_Umsetzung_EU-Asylrichtlinien.pdf (Stand: 26. Februar 2016),
24sowie durch den „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“, der u.a. die Einführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens i.S.v. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie und eine Entscheidungsfrist im Sinne von Art. 31 Abs. 9 der Verfahrensrichtlinie für das erstinstanzliche behördliche Verfahren vorsieht,
25BT-Drucks. 18/7538, S. 6, 16.
26Eine nationale Regelung, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung – wie im vorliegenden Fall geschehen – als offensichtlich unbegründet und den Antrag auf subsidiären Schutz nur als unbegründet abzulehnen, lässt sich nicht mit Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie vereinbaren. Nach dieser Regelung ist den Mitgliedstaaten neben der Möglichkeit, einen Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet zu betrachten, auch die Möglichkeit eröffnet, den Antrag nach Prüfung gemäß Art. 31 Abs. 8 als unbegründet zu betrachten, es sei denn, diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände gestützt. Auch wenn es danach den Mitgliedstaaten freisteht, sich für eine der in Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie genannten Alternativen zu entscheiden, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es nach Unionsrecht unschädlich sei, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die erste Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt und bezüglich des subsidiären Schutzes den der zweiten Alternative eröffnet, weil in beiden Fällen die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie zu prüfen seien,
27so VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016
28– 6 L 4047/15.A –, juris, Rn. 16, 17.
29Der deutsche Gesetzgeber hat von der Möglichkeit eines beschleunigten Prüfungsverfahrens im Sinne von Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a zweite Alternative i.V.m. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – wie der oben erwähnte Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren belegt – jedenfalls bis zu dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Gebrauch gemacht. Der Bundesgesetzgeber hat auch weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für Änderungen der §§ 29a, 30 AsylG genutzt. Angesichts dessen scheidet es aus, solche Änderungen im Wege der Auslegung oder Fortbildung des nationalen Rechts anzunehmen.
30Lässt sich somit den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG keine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnehmen, kann auch § 36 Abs. 1 AsylG nicht so ausgelegt werden, dass eine offensichtliche Unbegründetheit eines Asylantrags vorliegt, wenn auch ein Anspruch auf subsidiären Schutz offensichtlich nicht besteht,
31so aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 5.
32Vielmehr folgt aus der oben dargestellten Auslegung der §§ 29a, 30 AsylG, dass auch der Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags im Sinne von § 36 Abs. 1 AsylG auf die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte zu beschränken ist.
33Der Antragsteller kann sich auch auf sein Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie berufen.
34Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gemäß Art. 52 Abs. 1 auf den Asylantrag des Antragstellers anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Absatz 1 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden. Der Antragsteller hat seinen Asylantrag am 4. Januar 2016 und damit nach dem genannten Stichtag gestellt.
35Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie i.V.m. dem Erfordernis einer zureichenden Umsetzung von Ausnahmen nach Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie hat unmittelbare Wirkung zu Gunsten des Antragstellers im Verhältnis zur Antragsgegnerin, weil die Bundesrepublik Deutschland ihrer Umsetzungspflicht trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist nach dem 20. Juli 2015 nicht nachgekommen ist und die hier maßgeblichen Richtlinienbestimmungen unbedingt und inhaltlich bestimmt sind. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im bereits zitierten Beschluss vom 22. Dezember 2015 an und nimmt hierauf Bezug,
36VG Düsseldorf, vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 69 ff.
37Da das Gericht durch die ausgesprochene Feststellung dem Antrag des Antragstellers entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprochen hat, endet die Ausreisefrist nunmehr gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nach 83b AsylG werden Gerichtskosten nicht erhoben.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
1
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2- 3
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
- 4
3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
Gründe:
61. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung auch unter Berücksichtigung des im Prozesskostenhilfeverfahren geltenden, weniger strengen Prüfungsmaßstabs aus den nachstehenden Gründen zu 2. nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (– ZPO –) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
72. Der am 29. Februar 2016 sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
8die aufschiebende Wirkung der Klage – 18a K 989/16.A – gegen die in Ziffer 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Februar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung in den Libanon anzuordnen,
9hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
10Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, wenn der Rechtsbehelf entgegen der in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO getroffenen Regelung kraft gesetzlicher Ausnahmeregel keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO unter anderem in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz(– AsylG –) hat die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c AsylG aufschiebende Wirkung. Hingegen entfällt bei der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 AsylG – wie hier – nach §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage. Die einwöchige Antragsfrist nach § 36 Abs. 3 AsylG ist eingehalten. Dem Antragsteller wurde der Bescheid ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Empfangsbestätigung am 23. Februar 2016 übergeben.
11In der Sache ist der Rechtsschutzantrag jedoch nicht begründet.
12Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Der Asylantrag umfasst ausweislich der Legaldefinition in § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Gewährung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, d. h. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes. Das Gericht hat im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes daher die Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dabei darf das Gericht, wie aus § 36 Abs. 4 AsylG folgt, die aufschiebende Wirkung nur anordnen, sofern ernstliche Zweifel an der Offensichtlichkeitsentscheidung und infolgedessen an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
13Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2016 – 10 L 3781/15.A –, juris.
14Ausgehend davon kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung auf der Grundlage der Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers als offensichtlich unbegründet bestehen.
15Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
16Auch die Beurteilung des vorliegenden Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist rechtlich nicht zu beanstanden.
17Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
18Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000‑ 2 BvR 1429/98 –, juris; vom 8. März 1995– 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846 und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921.
19Nach § 30 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag insbesondere dann offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
20Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1. des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2.), des subsidiären Schutzes (Ziffer 3.) und der nationalen, zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4.) nicht zu beanstanden. Der Einzelrichter nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 4. Februar 2016 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
21Es ist offensichtlich, dass sich der Antragsteller nur aus wirtschaftlichen Gründen und um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält im Sinne des § 30 Abs. 2 AsylG. Auf die Frage nach seinem Verfolgungsschicksal hat der Antragsteller in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Januar 2016 angegeben, in einem Flüchtlingscamp gewohnt und dort keine gute Arbeit gehabt zu haben. Er habe keine Wohnung außerhalb des Lagers beziehen können und auch berufliche Weiterbildung sei ihm verwehrt gewesen. Die Frage, ob die allgemeine Lage Grund für das Verlassen des Heimatlandes gewesen sei, bejahte er. Er verneinte, dass es ein konkretes Ereignis für die Ausreise gegeben habe. Ebenso bestätigte er, dass die allgemeine und wirtschaftliche Lage ihn veranlasst habe, den Libanon zu verlassen. Eine Verfolgung oder drohende Gefahr sowie ein konkretes Ereignis, das Anlass für die Ausreise war, nannte er nicht.
22Die vom Antragsteller erst im gerichtlichen Verfahren geschilderten Umstände führen zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags.
23Der Antragsteller hat offensichtlich keine ihm drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Die Verfolgung muss zudem von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgehen, also vom Staat, von den Staat ganz oder zum Teil beherrschenden Parteien und Organisationen oder von nichtstaatlichen Akteuren, gegen die der Staat keinen Schutz zu gewähren bereit oder in der Lage ist. Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, diese Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt.
24Vgl. zu alledem nur OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 –8 A 2632/06.A –, juris, mit weiteren Nachweisen.
25Die im gerichtlichen Verfahren vorgebrachten Umstände erreichen schon nicht ein verfolgungsrelevantes Niveau. Die Schilderungen des Antragstellers bleiben insgesamt vage und unkonkret. So hat der Antragsteller vorgetragen, er habe sich der Fatah und Hamas im Lager kritiklos unterzuordnen gehabt. Die Sicherheit innerhalb der palästinensischen Flüchtlingslager wird zwar teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden.
26Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12.
27Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt, wieso er individuell dadurch politisch verfolgt sei. Auch die Beschreibung der vorgetragenen Verhöre durch „politische Gruppen“ bleibt detailarm und enthält keine Schilderung zur Methode. Die Ausführungen zum Versuch, ihn als Spion im Lager zu gewinnen, beschränken sich auf allgemeine Angaben. Auch trägt der Antragsteller lediglich undetailliert und ohne Nennung von konkreten Ereignissen vor, ihm drohe die Zwangsrekrutierung „von schiitischer Seite“ aufgrund seines sunnitischen Glaubens. Staatliche Repressionen sind jedoch weder aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit noch aufgrund der Religion bekannt.
28Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12, 14.
29Im Übrigen hat der anwaltlich vertretene Antragsteller insbesondere nicht glaubhaft vorgetragen, aus welchem Grund er die im gerichtlichen Eilverfahren geschilderten Vorgänge nicht schon bei der persönlichen Anhörung vorgebracht hat. Ein vernünftiger Grund, warum er die als maßgeblich bezeichneten Umstände so spät vorgetragen hat, besteht nicht. Der Antragsteller muss sich an seinen Angaben zu den wirtschaftlichen Umständen festhalten lassen. Von diesen Ausführungen in der persönlichen Anhörung hat der Antragsteller sich auch nicht im gerichtlichen Eilverfahren ausdrücklich distanziert.
30Aus denselben Gründen kommt auch die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht in Betracht. Der Gewährleistungsbereich des § 3 Abs. 1 AsylG überschneidet sich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat.
31Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 – BVerfGE 80, 315 (333 ff.) = juris Rn. 38 ff.
32Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG in Betracht käme, sind ebenfalls nicht erkennbar. Insoweit wird hinsichtlich des erst im Eilverfahren erfolgten Vortrags des Antragstellers auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz Bezug genommen.
33Bei Anwendung der eingangs genannten Maßstäbe besteht im Übrigen offensichtlich für den Kläger bei einer Rückkehr in den Libanon keine erhebliche individuelle Gefahr gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Der für die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erforderliche Grad an willkürlicher Gewalt ist nach den verfügbaren Erkenntnismitteln noch nicht erreicht, da Zivilpersonen jedenfalls bisher nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit im Libanon konkret gefährdet sind. Zwar kommt es im Zusammenhang mit dem Konflikt in Syrien im Grenzgebiet rund um die sunnitische Stadt B. zum Teil zu Kämpfen auf libanesischem Territorium sowie zu Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Extremisten und der schiitischen Hisbollah, welche teilweise auch auf schiitische Wohngebiete in der südlichen Vorstadt C1. stattfinden. Dennoch sind die Opferzahlen in der Zivilbevölkerung nach wie vor sehr gering.
34Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 8, und Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Köln vom 16. Oktober 2014, Seite 2 und 4, juris.
35Zudem stammt der Antragsteller den eigenen Angaben nach aus dem Flüchtlingslager D.°°°°-C. in der etwa 100 km südlich von C2. , am Mittelmeer gelegenen Stadt U. (T. ). Ein Übergreifen des Syrien-Konflikts ist nicht zu befürchten.
36Auch die Feststellung schließlich, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Libanon nicht vorliegen, erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
37Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ergibt sich nicht aus einer psychischen Erkrankung und der von dem Antragsteller vorgetragenen Traumatisierung. Bei psychischen Krankheitsbildern ist wegen der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome zu beachten, dass zum Nachweis einer solchen Erkrankung die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests notwendig ist. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören namentlich Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren ist Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) zu geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 S. 1 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007– 10 C 8.07 – BVerwGE 129, S. 251 ff. = NVwZ 2008, S. 330 ff. = juris Rn. 15 f. und Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 – juris Rn. 7.
39Ein fachärztliches Attest über die Traumatisierung hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers besteht.
40In Anbetracht der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG rechtmäßig, bei der eine Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Der Antragsteller kann insbesondere eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (RL 2013/32/EU – Verfahrensrichtlinie –) ableiten.
41So aber u.a. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A – und vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, jeweils zitiert nach juris.
42Nach Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
43Dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht besteht nicht uneingeschränkt. Die Richtlinie sieht dazu in Art. 46 Abs. 6 vor, dass das verfahrensrechtliche Bleiberecht durch die Mitgliedstaaten beendet werden kann, wenn einer der in Art. 46 Abs. 6 lit. a) bis d) genannten Fälle vorliegt und ein gerichtliches Verfahren eingerichtet ist zur Verschaffung des Bleiberechts. Bei der Umsetzung in nationales Recht hat der deutsche Gesetzgeber der Klage im Fall der §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukommen lassen und verweist den Schutzsuchenden auf das gerichtliche Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2. Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h) aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie legt fest, dass im Falle von unbegründeten Anträgen, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, die Mitgliedstaaten einen Antrag ferner als offensichtlich unbegründet betrachten können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
44Die Richtlinie sieht also für die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten vor, das verfahrensrechtliche Bleiberecht zu beschränken, nämlich durch die Ablehnung des Asylantrags unter Setzung eines Offensichtlichkeitsverdikts oder schlicht bei der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8. Die materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 werden in beiden Fällen also berücksichtigt.
45In richtlinienkonformer Weise hat die Antragsgegnerin nach § 30 Abs. 1 und 2 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 lit. a) Richtlinie 2013/32/EU im Bescheidtenor den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ und den Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Merkmale der Offensichtlichkeit insbesondere auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes vorliegen.
46Die Bundesrepublik Deutschland hat bei der Ausgestaltung des nationalen Rechts für das verfahrensrechtlichen Bleiberecht vorgesehen, dass dieses dann beschränkt werden kann, wenn der Asylantrag hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und der Antrag im Übrigen als (einfach) unbegründet abgelehnt wird. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten – wie bereits ausgeführt – unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese (materiellen) Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder" zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass die Verknüpfung „oder“ der Alternativen des Art. 46 Abs. 6 lit. a) der Richtlinie im Sinne eines exklusiven „Oders“ zu verstehen sind. Im Ergebnis wird auch bei der von der Bundesrepublik Deutschland gewählten Umsetzung gewährleistet, dass die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU im Rahmen der Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG geprüft werden und nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände die Klage keine aufschiebende Wirkung hat und eine einwöchige Ausreisefrist gesetzt werden kann.
47So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
48Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten "Sperrwirkung" der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
49Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
50Der erkennende Einzelrichter vermag die Befürchtung nicht zu teilen, die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als (einfach) unbegründet bei gleichzeitiger Ablehnung der subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet, könnte zu einem beschleunigten Verfahren führen.
51So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, juris Rn. 38.
52Abgesehen davon, dass das nationale Asylgesetz die Möglichkeit der Ablehnung des Asylantrags nur hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vorsieht, droht ein solches Szenario nicht. Denn über § 34 Abs. 1 AsylG bilden der Flüchtlingsschutz und der subsidiäre Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung untrennbare Einheit, bei der die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU für ein beschleunigtes Verfahren einheitlich zu prüfen sind.
53Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
54Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU vorgesehenen verfahrensrechtlichen Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die Ablehnung des Antrags als „offensichtlich unbegründet“ ist nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände zu bejahen sind. Ein solches Verständnis ergibt sich auch aus dem Begriff des Asylantrags nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylG. Denn danach wird zum Gegenstand des Asylantrags ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes.
55Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016– 4 L 35/16.A –, (n.v.), S. 6 f.
56Dass der Bescheidtenor insoweit – klarstellend – auch in Ziffer 3. den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ablehnen müsse, ist nicht zu fordern, da der materiell-rechtliche Gehalt des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie in ausreichender Form von der Antragsgegnerin über die Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 und 2 AsylG geprüft und in der Begründung des Bescheides richtlinienkonform zum Ausdruck gekommen ist. Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h) – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe a) durch die oben ausgeführte Bejahung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 2 AsylG erfüllt sind.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 18. Dezember 2015 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Es besteht kein Grund, der Klage entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in § 75 AsylG aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG liegen nicht vor.
6Derartige Zweifel liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die angegriffene Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält, wobei sich diese Prognose gerade auch auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes erstrecken muss.
7Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris (= NVwZ 1996, 678 [769 f.]).
8Dies ist nicht der Fall. Denn die Voraussetzungen für den Erlass der in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes erlassenen Abschiebungsandrohung gegen die Antragsteller liegen vor. Gemäß §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlässt das Bundesamt nach §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung und setzt eine Ausreisefrist von einer Woche, wenn der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird.
9Die Ablehnung des Asylantrags der Antragsteller als offensichtlich unbegründet ist zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) von § 29a AsylG gedeckt. Demnach ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Zur Ausräumung der Vermutung des § 29a AsylG ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Antragstellers gründet. Dabei kann er seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Die Vermutung ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine politische Verfolgung stattfindet, der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates und der Glaubwürdigkeit des Antragstellers glaubhaft sein. Zur Substantiierung trägt insoweit bei, wenn der Asylbewerber die Beweismittel vorlegt oder benennt, die nach den Umständen von ihm erwartet werden können.
10Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 12 BvR 1508/93 –, juris Rn. 97 f. (= BVerfGE 94, 115-166).
11Nach diesen Grundsätzen ist die gesetzliche Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG nicht widerlegt. Albanien – das Herkunftsland des Antragstellers – zählt nach dem am 21. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I 2015, 1722), welches insoweit keine Übergangsvorschriften vorsieht, zu den sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II. Ein individuelles Verfolgungsschicksal haben die Antragsteller bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 15. Dezember 2015 nicht dargelegt. Ihr Vortrag, sie hätten Albanien aufgrund eines Familienstreites mit dem im selben Haushalt lebenden Vater des Antragstellers zu 1. verlassen, weil der Vater zuletzt versucht habe, seine Schwiegertochter – die Antragstellerin zu 2. – zu vergewaltigen, kann schon deshalb keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung zu begründen, weil innerfamiliäre Konflikte weder politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Verfolgungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 AsylG darstellen. Zudem sind die Antragsteller wegen der vorgeblichen Bedrohung durch den (Schwieger-)Vater auf den Schutz der generell schutzwilligen und schutzfähigen Sicherheitsbehörden in Albanien zu verweisen, deren Hilfe sie nach eigenen Angaben bewusst nicht in Anspruch genommen haben (§§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Aus diesem Grund scheidet auch die Gewährung subsidiären Schutzes aus (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG). Schließlich ist nicht ansatzweise dargelegt, dass es den nach eigenem Bekunden wirtschaftlich gut gestellten Antragstellern unmöglich oder unzumutbar wäre, bei ihrer Rückkehr einer erneuten Bedrohung durch Umzug innerhalb Albaniens zu entgehen, vgl. § 3e, § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG.
12Zur weiteren Begründung wird – auch hinsichtlich der Ausführungen zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sowie zur Abschiebungsandrohung und zur Befristungsentscheidung – gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angegriffenen Bescheides Bezug genommen.
13Ob die Ablehnung des Asylantrags überdies auch auf § 30 Abs. 1 AsylG gestützt werden könnte, mag vor diesem Hintergrund dahin stehen.
14Die Antragsteller können eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ableiten. Denn die Antragsgegnerin hat das sich hieraus ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise gemäß Art. 46 Abs. 6 RL 2013/32/EU eingeschränkt. Die Vorschrift räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 eingeräumte Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz
15– dieser ist gemäߠ Art. 2 lit b) grundsätzlich auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und – hilfsweise (vgl. Art. 2 lit. f der Richtlinie 2011/95/EU) – auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet –,
16unter den in lit a) bis d) aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzuräumen. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag entweder im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2.Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
17Mit diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Bundesamtes, das im angefochtenen Bescheid die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und die Gewährung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet abgelehnt hat, vereinbar. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder“ zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Welchen Weg das nationale Recht wählt, ist nach Unionsrecht gleichgültig, zumal die materiellen Anforderungen an das beschleunigte Verfahren stets auf das identische Prüfprogramm – die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 – hinauslaufen. Für das beschleunigte Verfahren erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das nationale Recht sicherstellt, dass vor Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz geprüft und festgestellt worden ist, dass eine der Fallgruppen des Art. 31 Abs. 8 RL 2013/32/EU gegeben ist. Weitergehende materielle Anforderungen stellt Art. 46 Abs. 6 a) weder über Art. 32 Abs. 2 (1. Alternative) noch mit der 2. Alternative auf.
18Wegen der Gleichwertigkeit beider Alternativen im Hinblick auf den Prüfungsumfang – Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – ist es nach Unionsrecht auch unschädlich, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die 1. Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt (§§ 29a, 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes den der 2. Alternative eröffnet. Dabei ist einzustellen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 AsylG nicht allein in das beschleunigte Verfahren führt. Denn § 36 Abs. 1 AsylG legt lediglich die Länge der Ausreisefrist fest. Die Ausreisefrist ist Bestandteil des Regelungskomplexes der Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 AufenthG), die ihrerseits eine Ausreisepflicht voraussetzt (§§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 75 Abs. 1 AsylG, 50 AufenthG). Deshalb müssen, um nach nationalem Recht § 36 AsylG anwenden zu können, die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG vorliegen. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2a AsylG kann eine Abschiebungsandrohung aber nur dann erlassen werden, wenn dem Ausländer auch kein subsidiärer Schutz gewährt wird. Damit bilden über § 34 Abs. 1 AsylG beide Bestandteile des Antrags auf internationalen Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung im beschleunigten Verfahren untrennbare Einheit. Damit hat der nationale Gesetzgeber den Weg ins beschleunigte Verfahren normativ dann eröffnet, wenn der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt und sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf beide Bestandteile abgelehnt worden ist, wobei die Ablehnung bezüglich der Flüchtlingseigenschaft in qualifizierter Form als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Dieses Konzept ist von Art. 46 Abs. 6 a) insgesamt gedeckt. Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten „Sperrwirkung“ der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
19Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe b) erfüllt sind. Demnach können die Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Verfahren festlegen, wenn der Antragsteller aus einem „sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Richtlinie“ kommt. Die diesbezüglichen Anforderungen des Unionsrechts werden über Art. 36, 37 und Anhang I der Richtlinie präzisiert.
20Gemäß Art. 37 Abs. 1 können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- oder Verwaltungsvorschriften beibehalten oder erlassen, aufgrund deren sie im Einklang mit Anhang I sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Nach Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Für die von dem Mitgliedstaat vorzunehmende Prüfung gibt Art. 37 Abs. 3 ferner die Heranziehung verschiedener Informationsquellen, insbesondere Informationen anderer Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR und des Europarates sowie anderer internationaler Organisationen vor.
21Diesen Anforderungen wird die durch § 29a Abs. 2 i.V.m. Anlage II AsylG vorgenommene Bestimmung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl I, S. 1722)
22BT.Drs. 18/6135, S. 38 ff.
23geht insbesondere deutlich hervor, dass sich die vorzunehmende abstrakt-generelle Prüfung nicht lediglich auf den Schutz bzw. die Sicherheit vor (politischer) Verfolgung, sondern auch auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes, namentlich die Sicherheit vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit erstreckt hat. Hierbei wurden zahlreiche Auskünfte, darunter auch solche des EASO, herangezogen und bewertet. Den von der Richtlinie 2013/32/EU an die Bestimmung des sicheren Herkunftsstaates gestellten Anforderungen ist damit der Sache nach Genüge getan.
24Das nationale Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist auch in seiner Ausgestaltung durch Art. 16a Abs. 3 GG und §§ 29a, 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 AsylG mit Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann ein Drittstaat, der nach dieser Richtlinie als sicherer Herkunftsstaat bestimmt wurde, nach individueller Prüfung des Antrags nur dann als für einen bestimmten Antragsteller sicherer Herkunftsstaat betrachtet werden, wenn a) der Antragsteller die Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates besitzt oder b) der Antragsteller staatenlos ist und zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Staat hatte und er keine schwerwiegenden Gründe dafür vorgebracht hat, dass der Staat in seinem speziellen Fall im Hinblick auf die Anerkennung als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Zwar erstreckt sich die Reichweite der in § 29a Abs. 1 AsylG normierten Sicherheitsvermutung nach ganz überwiegender Ansicht nicht, wie von Art. 36 Abs. 1 RL 2013/32/EU implizit vorgegeben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 42), mit auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes; sie ist vielmehr nach dem Wortlaut des 29a Abs. 1 AsylG und den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG entsprechend auf die Prüfungsgegenstände „Asyl“ i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG und des Flüchtlingsschutzes (§ 3 AsylG) beschränkt.
25Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, BVerfGE 94, 115-166, juris; GK-AsylVfG/Funke-Kaiser, § 29a Rn. 81 f; a.A. Randelzhofer, in: Maunz/Dürig/Herzog, GG, Stand: Februar 1999, Art. 16a Rn. 130.
26Hieraus kann jedoch nicht auf eine Unvereinbarkeit des nationalen Konzepts des sicheren Herkunftsstaates mit der Verfahrensrichtlinie geschlossen werden. Dabei mag offen bleiben, ob § 29a Abs. 1 AsylG im Lichte des geltenden Unionsrechts, insbesondere der Richtlinien 2011/95/EU und 2013/32/EU, bereits vor der – nachzuholenden – Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU einer entsprechenden teleologischen Extension zugänglich sein könnte oder nicht.
27Vgl. zur Berücksichtigung des Unionsrechts bei der Auslegung von § 29a AsylG Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2014, § 29a AsylVfG, Rn. 4, 10.
28Denn das bestehende nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaates, welches bezüglich der Flüchtlingsanerkennung mit einer widerlegbaren Vermutung arbeitet und diese für den Zugang ins beschleunigte Verfahren ausreichen lässt (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG), bezüglich des subsidiären Schutzes jedoch auf eine Vermutung verzichtet und stattdessen eine Vollprüfung des § 4 Abs. 1 AsylG verlangt, stellt – da eine Vollprüfung eine umfangreichere und tiefergehende Prüfung (vgl. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU) als die an eine Vermutung anknüpfende Feststellung erfordert – weitergehend als eine Vermutungsregelung sicher, dass der Herkunftsstaat des Antragstellers „in seinem speziellen Fall“ – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – als sicher zu betrachten ist. Denn bei einem negativen Ausgang der Vollprüfung sind „keine schwerwiegenden Gründe“ im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie denkbar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass der sichere Herkunftsstaat im Einzelfall nicht als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist. Stellt aber die im nationalen Recht bei Personen aus sicheren Herkunftsstaaten für den Zugang zum beschleunigten Verfahren vorgeschriebene Vollprüfung des subsidiären Schutzes, vgl. §§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, 29 a Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG, weitergehend als die Vermutungsregelung sicher, dass für den Antragsteller in seinem speziellen Fall – auch in Bezug auf den subsidiären Schutz – sein Herkunftsstaat als sicher zu betrachten ist, wird ihm damit im nationalen Recht mindestens dasjenige gewährt, was Art. 36 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie erfordert. Damit wird den Gewährleistungen des Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 31 Abs. 8 b) Verfahrensrichtlinie an einen effektiven Rechtsschutz entsprochen. Dies steht auch in Einklang mit Art. 5 der Verfahrensrichtlinie. Demnach können bei den Verfahren zur Zuerkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen eingeführt oder beibehalten werden, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind. Dies ist bezüglich des nationalen Rechts der Fall. Bei Ablehnung eines Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 29 a Abs. 1 AsylG ist dem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Möglichkeit der Widerlegung der Vermutung eröffnet. Für den subsidiären Schutz sieht das nationale Recht bei einer Person aus einem sicheren Herkunftsstaat die günstigere Vollprüfung vor. Es bedarf nationalrechtlich keiner Einräumung einer Widerlegungsmöglichkeit, weil die Ablehnung nicht an die Vermutung anknüpft, dass der sichere Herkunftsstaat auch in dem speziellen des Antragstellers als sicher zu betrachten ist, sondern dies im Rahmen der Vollprüfung festzustellen ist. Diese im nationalen Recht vorgeschriebene Vollprüfung mit dem Ergebnis der Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als unbegründet gewährleistet mithin – weitergehend als das Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung –, dass der sichere Herkunftsstaat auch im speziellen Fall des Antragsteller als sicherer Herkunftsstaat zu betrachten ist.
29Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellern die Berufung auf eine unzureichende Umsetzung der Richtlinie 2013/32/EU verwehrt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
31Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat mit dem in der Beschlussformel ausgesprochenen Inhalt Erfolg.
3Das Gericht versteht den Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung anzuordnen,
5unter Berücksichtigung des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers, das erkennbar darauf gerichtet ist, während der Dauer des Klageverfahrens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben, gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Antragsteller kann sein Antragsbegehren nur mit einer solchen gerichtlichen Feststellung erreichen. Die ausdrücklich beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommt dagegen nicht in Betracht. Denn die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung im angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat bereits aufschiebende Wirkung. Zwar entfaltet die Klage nach §§ 75 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung, weil das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ungeachtet dessen kommt der Klage des Antragstellers jedoch deshalb aufschiebende Wirkung zu, weil dem Antragsteller trotz der genannten Entscheidung des Bundesamts – wie noch auszuführen ist - der Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage zu gestatten ist.
6Der hiernach anzunehmende Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig. Die Antragsgegnerin berühmt sich nach der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung der Vollziehbarkeit ihrer Abschiebungsandrohung.
7Der Antrag ist auch begründet. Die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung hat aufschiebende Wirkung im Sinne des § 80 Abs. 1 VwGO, weil der Verbleib des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klage unmittelbar durch Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180 S. 60 („Verfahrensrichtlinie“), gestattet ist.
8Nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 6 den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Hiernach ist der Verbleib im Hoheitsgebiet – grundsätzlich – bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache zu gestatten,
9vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A -, juris, Rn. 17, und vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A -, www.nrwe.de.
10Das danach dem Grunde nach bestehende Recht des Antragstellers gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie auf Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Bundesamt die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat.
11Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie in Fällen der Ablehnung des Antrags u.a. als offensichtlich unbegründet (Art. 45 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie) auszuschließen und verpflichtet sie gleichzeitig, für diesen Fall ein gerichtliches Verfahren auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Bestimmungen in §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) prinzipiell Gebrauch gemacht. Der Ausschluss des Bleiberechts in Fällen der Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist nach Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie indessen nur zulässig, wenn der Antrag „im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet“ betrachtet wird. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
12Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. In Art. 31 Abs. 8 Buchstaben a bis g und i bis j der Verfahrensrichtlinie sind die Umstände im einzelnen und abschließend aufgeführt, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, Anträge als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Das Asylgesetz bietet derzeit aber keine Rechtsgrundlage dafür, einen Asylantrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Hierfür reicht es im Gegensatz zur „Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zu Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft“ (Verfahrensrichtlinie a.F.) nicht mehr aus, dass „der Antragsteller offensichtlich nicht als Flüchtling anzuerkennen ist oder die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem Mitgliedstaat nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG offensichtlich nicht erfüllt“ (vgl. Art. 23 Abs. 4 Buchstabe b der Verfahrensrichtlinie a.F.). Da der Antrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung nach Art. 2 Buchstabe b grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung stehende Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet nunmehr eine nationale Regelung voraus, dass auch der Antrag auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.
13Abgesehen davon, dass das Bundesamt im Fall des Antragstellers den Asylantrag hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes nur als unbegründet und nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (Ziffer 3. des Bescheides vom 25. Januar 2016), sieht das Asylgesetz in den maßgeblichen Bestimmungen des § 29a AsylG oder des § 30 AsylG - an die § 36 AsylG über das Verfahren bei offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags anknüpft - die Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
14Die Vorschriften über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage (§§ 75 Abs. 1, 36 AsylG) und das Verfahren der vorzeitigen Beendigung des Aufenthalts des Ausländers nach § 36 AsylG greifen ein, wenn das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnt (vgl. 37 Abs. 2 AsylG) und nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung erlässt, mit der Folge, dass die dann dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist gemäß § 36 Abs. 1 AsylG eine Woche beträgt. Wann der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden darf oder muss, richtet sich allein nach § 29a AsylG oder § 30 AsylG. Eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes scheidet nach diesen Bestimmungen jedoch aus.
15Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage in Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Diese Regelung kann nur eine Grundlage dafür sein, den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
16Die der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet zu Grunde liegende Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG der Verfolgungsfreiheit bezieht sich ebenso wie die verfassungsrechtliche Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG allein auf eine politische Verfolgung, d.h. auf die Fragen nach der Asylberechtigung (Art. 16a Abs. 1 GG) und nach dem Flüchtlingsschutz (§ 3 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG),
17vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, NVwZ 1996, 691 (695 f.) zu Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG und § 51 Abs. 1 AuslG,
18nicht aber auf den subsidiären Schutz. Erstreckte sich die gesetzliche Vermutung nach § 29a Abs. 1 AsylG auch auf die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, bedeutete dies, dass ein Asylantrag – gemäß § 13 Abs. 2 AsylG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG einschließlich des Antrags auf subsidiären Schutz – als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden müsste, obwohl im Einzelfall die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen oder nur „schlicht“ nicht vorliegen. Dieses Ergebnis zwingt dazu, den Begriff der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 29a AsylG auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter zu beschränken,
19vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 38.
20Dafür, dass § 29a Abs. 1 AsylG den subsidiären Schutz nicht erfasst, spricht auch § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wonach die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gegen einen Ausländer neben der Ablehnung seines Asylantrags „nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet“ unter anderem voraussetzt, dass dem betreffenden Ausländer „kein subsidiärer Schutz zuerkannt“ wurde. Im Übrigen hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung des subsidiären Schutzes vom Regelungsbereich des § 29a AsylG nicht erfasst werde.
21Der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes kann auch nicht nach § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Auch diese Regelung sieht nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
22Den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass nach dem klaren Wortlaut von Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie Anträge nur dann als offensichtlich unbegründet betrachtet werden können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch die Neufassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen bislang nicht umgesetzt. Dies wird bestätigt durch den Inhalt des Referentenentwurfs des Bundesministeriums des Innern zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (Bearbeitungsstand: 1. Oktober 2015, 19:21 Uhr), der ausdrücklich der Umsetzung u.a. der Richtlinie 2013/32/EU dienen soll,
23http://www.frnrw.de/images/Themen/Asylverfahren/2015/Referententwurf_Umsetzung_EU-Asylrichtlinien.pdf (Stand: 26. Februar 2016),
24sowie durch den „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“, der u.a. die Einführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens i.S.v. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie und eine Entscheidungsfrist im Sinne von Art. 31 Abs. 9 der Verfahrensrichtlinie für das erstinstanzliche behördliche Verfahren vorsieht,
25BT-Drucks. 18/7538, S. 6, 16.
26Eine nationale Regelung, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung – wie im vorliegenden Fall geschehen – als offensichtlich unbegründet und den Antrag auf subsidiären Schutz nur als unbegründet abzulehnen, lässt sich nicht mit Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie vereinbaren. Nach dieser Regelung ist den Mitgliedstaaten neben der Möglichkeit, einen Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet zu betrachten, auch die Möglichkeit eröffnet, den Antrag nach Prüfung gemäß Art. 31 Abs. 8 als unbegründet zu betrachten, es sei denn, diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände gestützt. Auch wenn es danach den Mitgliedstaaten freisteht, sich für eine der in Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie genannten Alternativen zu entscheiden, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es nach Unionsrecht unschädlich sei, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die erste Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt und bezüglich des subsidiären Schutzes den der zweiten Alternative eröffnet, weil in beiden Fällen die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie zu prüfen seien,
27so VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016
28– 6 L 4047/15.A –, juris, Rn. 16, 17.
29Der deutsche Gesetzgeber hat von der Möglichkeit eines beschleunigten Prüfungsverfahrens im Sinne von Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a zweite Alternative i.V.m. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – wie der oben erwähnte Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren belegt – jedenfalls bis zu dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Gebrauch gemacht. Der Bundesgesetzgeber hat auch weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für Änderungen der §§ 29a, 30 AsylG genutzt. Angesichts dessen scheidet es aus, solche Änderungen im Wege der Auslegung oder Fortbildung des nationalen Rechts anzunehmen.
30Lässt sich somit den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG keine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnehmen, kann auch § 36 Abs. 1 AsylG nicht so ausgelegt werden, dass eine offensichtliche Unbegründetheit eines Asylantrags vorliegt, wenn auch ein Anspruch auf subsidiären Schutz offensichtlich nicht besteht,
31so aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 5.
32Vielmehr folgt aus der oben dargestellten Auslegung der §§ 29a, 30 AsylG, dass auch der Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags im Sinne von § 36 Abs. 1 AsylG auf die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte zu beschränken ist.
33Der Antragsteller kann sich auch auf sein Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie berufen.
34Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gemäß Art. 52 Abs. 1 auf den Asylantrag des Antragstellers anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Absatz 1 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden. Der Antragsteller hat seinen Asylantrag am 4. Januar 2016 und damit nach dem genannten Stichtag gestellt.
35Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie i.V.m. dem Erfordernis einer zureichenden Umsetzung von Ausnahmen nach Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie hat unmittelbare Wirkung zu Gunsten des Antragstellers im Verhältnis zur Antragsgegnerin, weil die Bundesrepublik Deutschland ihrer Umsetzungspflicht trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist nach dem 20. Juli 2015 nicht nachgekommen ist und die hier maßgeblichen Richtlinienbestimmungen unbedingt und inhaltlich bestimmt sind. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im bereits zitierten Beschluss vom 22. Dezember 2015 an und nimmt hierauf Bezug,
36VG Düsseldorf, vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 69 ff.
37Da das Gericht durch die ausgesprochene Feststellung dem Antrag des Antragstellers entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprochen hat, endet die Ausreisefrist nunmehr gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nach 83b AsylG werden Gerichtskosten nicht erhoben.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
1
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2- 3
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
- 4
3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
Gründe:
61. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung auch unter Berücksichtigung des im Prozesskostenhilfeverfahren geltenden, weniger strengen Prüfungsmaßstabs aus den nachstehenden Gründen zu 2. nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (– ZPO –) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
72. Der am 29. Februar 2016 sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
8die aufschiebende Wirkung der Klage – 18a K 989/16.A – gegen die in Ziffer 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Februar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung in den Libanon anzuordnen,
9hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
10Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, wenn der Rechtsbehelf entgegen der in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO getroffenen Regelung kraft gesetzlicher Ausnahmeregel keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO unter anderem in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz(– AsylG –) hat die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c AsylG aufschiebende Wirkung. Hingegen entfällt bei der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 AsylG – wie hier – nach §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage. Die einwöchige Antragsfrist nach § 36 Abs. 3 AsylG ist eingehalten. Dem Antragsteller wurde der Bescheid ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Empfangsbestätigung am 23. Februar 2016 übergeben.
11In der Sache ist der Rechtsschutzantrag jedoch nicht begründet.
12Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Der Asylantrag umfasst ausweislich der Legaldefinition in § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Gewährung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, d. h. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes. Das Gericht hat im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes daher die Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dabei darf das Gericht, wie aus § 36 Abs. 4 AsylG folgt, die aufschiebende Wirkung nur anordnen, sofern ernstliche Zweifel an der Offensichtlichkeitsentscheidung und infolgedessen an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
13Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2016 – 10 L 3781/15.A –, juris.
14Ausgehend davon kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung auf der Grundlage der Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers als offensichtlich unbegründet bestehen.
15Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
16Auch die Beurteilung des vorliegenden Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist rechtlich nicht zu beanstanden.
17Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
18Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000‑ 2 BvR 1429/98 –, juris; vom 8. März 1995– 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846 und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921.
19Nach § 30 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag insbesondere dann offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
20Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1. des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2.), des subsidiären Schutzes (Ziffer 3.) und der nationalen, zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4.) nicht zu beanstanden. Der Einzelrichter nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 4. Februar 2016 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
21Es ist offensichtlich, dass sich der Antragsteller nur aus wirtschaftlichen Gründen und um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält im Sinne des § 30 Abs. 2 AsylG. Auf die Frage nach seinem Verfolgungsschicksal hat der Antragsteller in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Januar 2016 angegeben, in einem Flüchtlingscamp gewohnt und dort keine gute Arbeit gehabt zu haben. Er habe keine Wohnung außerhalb des Lagers beziehen können und auch berufliche Weiterbildung sei ihm verwehrt gewesen. Die Frage, ob die allgemeine Lage Grund für das Verlassen des Heimatlandes gewesen sei, bejahte er. Er verneinte, dass es ein konkretes Ereignis für die Ausreise gegeben habe. Ebenso bestätigte er, dass die allgemeine und wirtschaftliche Lage ihn veranlasst habe, den Libanon zu verlassen. Eine Verfolgung oder drohende Gefahr sowie ein konkretes Ereignis, das Anlass für die Ausreise war, nannte er nicht.
22Die vom Antragsteller erst im gerichtlichen Verfahren geschilderten Umstände führen zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags.
23Der Antragsteller hat offensichtlich keine ihm drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Die Verfolgung muss zudem von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgehen, also vom Staat, von den Staat ganz oder zum Teil beherrschenden Parteien und Organisationen oder von nichtstaatlichen Akteuren, gegen die der Staat keinen Schutz zu gewähren bereit oder in der Lage ist. Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, diese Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt.
24Vgl. zu alledem nur OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 –8 A 2632/06.A –, juris, mit weiteren Nachweisen.
25Die im gerichtlichen Verfahren vorgebrachten Umstände erreichen schon nicht ein verfolgungsrelevantes Niveau. Die Schilderungen des Antragstellers bleiben insgesamt vage und unkonkret. So hat der Antragsteller vorgetragen, er habe sich der Fatah und Hamas im Lager kritiklos unterzuordnen gehabt. Die Sicherheit innerhalb der palästinensischen Flüchtlingslager wird zwar teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden.
26Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12.
27Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt, wieso er individuell dadurch politisch verfolgt sei. Auch die Beschreibung der vorgetragenen Verhöre durch „politische Gruppen“ bleibt detailarm und enthält keine Schilderung zur Methode. Die Ausführungen zum Versuch, ihn als Spion im Lager zu gewinnen, beschränken sich auf allgemeine Angaben. Auch trägt der Antragsteller lediglich undetailliert und ohne Nennung von konkreten Ereignissen vor, ihm drohe die Zwangsrekrutierung „von schiitischer Seite“ aufgrund seines sunnitischen Glaubens. Staatliche Repressionen sind jedoch weder aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit noch aufgrund der Religion bekannt.
28Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12, 14.
29Im Übrigen hat der anwaltlich vertretene Antragsteller insbesondere nicht glaubhaft vorgetragen, aus welchem Grund er die im gerichtlichen Eilverfahren geschilderten Vorgänge nicht schon bei der persönlichen Anhörung vorgebracht hat. Ein vernünftiger Grund, warum er die als maßgeblich bezeichneten Umstände so spät vorgetragen hat, besteht nicht. Der Antragsteller muss sich an seinen Angaben zu den wirtschaftlichen Umständen festhalten lassen. Von diesen Ausführungen in der persönlichen Anhörung hat der Antragsteller sich auch nicht im gerichtlichen Eilverfahren ausdrücklich distanziert.
30Aus denselben Gründen kommt auch die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht in Betracht. Der Gewährleistungsbereich des § 3 Abs. 1 AsylG überschneidet sich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat.
31Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 – BVerfGE 80, 315 (333 ff.) = juris Rn. 38 ff.
32Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG in Betracht käme, sind ebenfalls nicht erkennbar. Insoweit wird hinsichtlich des erst im Eilverfahren erfolgten Vortrags des Antragstellers auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz Bezug genommen.
33Bei Anwendung der eingangs genannten Maßstäbe besteht im Übrigen offensichtlich für den Kläger bei einer Rückkehr in den Libanon keine erhebliche individuelle Gefahr gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Der für die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erforderliche Grad an willkürlicher Gewalt ist nach den verfügbaren Erkenntnismitteln noch nicht erreicht, da Zivilpersonen jedenfalls bisher nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit im Libanon konkret gefährdet sind. Zwar kommt es im Zusammenhang mit dem Konflikt in Syrien im Grenzgebiet rund um die sunnitische Stadt B. zum Teil zu Kämpfen auf libanesischem Territorium sowie zu Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Extremisten und der schiitischen Hisbollah, welche teilweise auch auf schiitische Wohngebiete in der südlichen Vorstadt C1. stattfinden. Dennoch sind die Opferzahlen in der Zivilbevölkerung nach wie vor sehr gering.
34Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 8, und Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Köln vom 16. Oktober 2014, Seite 2 und 4, juris.
35Zudem stammt der Antragsteller den eigenen Angaben nach aus dem Flüchtlingslager D.°°°°-C. in der etwa 100 km südlich von C2. , am Mittelmeer gelegenen Stadt U. (T. ). Ein Übergreifen des Syrien-Konflikts ist nicht zu befürchten.
36Auch die Feststellung schließlich, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Libanon nicht vorliegen, erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
37Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ergibt sich nicht aus einer psychischen Erkrankung und der von dem Antragsteller vorgetragenen Traumatisierung. Bei psychischen Krankheitsbildern ist wegen der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome zu beachten, dass zum Nachweis einer solchen Erkrankung die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests notwendig ist. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören namentlich Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren ist Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) zu geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 S. 1 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007– 10 C 8.07 – BVerwGE 129, S. 251 ff. = NVwZ 2008, S. 330 ff. = juris Rn. 15 f. und Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 – juris Rn. 7.
39Ein fachärztliches Attest über die Traumatisierung hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers besteht.
40In Anbetracht der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG rechtmäßig, bei der eine Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Der Antragsteller kann insbesondere eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (RL 2013/32/EU – Verfahrensrichtlinie –) ableiten.
41So aber u.a. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A – und vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, jeweils zitiert nach juris.
42Nach Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
43Dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht besteht nicht uneingeschränkt. Die Richtlinie sieht dazu in Art. 46 Abs. 6 vor, dass das verfahrensrechtliche Bleiberecht durch die Mitgliedstaaten beendet werden kann, wenn einer der in Art. 46 Abs. 6 lit. a) bis d) genannten Fälle vorliegt und ein gerichtliches Verfahren eingerichtet ist zur Verschaffung des Bleiberechts. Bei der Umsetzung in nationales Recht hat der deutsche Gesetzgeber der Klage im Fall der §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukommen lassen und verweist den Schutzsuchenden auf das gerichtliche Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2. Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h) aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie legt fest, dass im Falle von unbegründeten Anträgen, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, die Mitgliedstaaten einen Antrag ferner als offensichtlich unbegründet betrachten können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
44Die Richtlinie sieht also für die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten vor, das verfahrensrechtliche Bleiberecht zu beschränken, nämlich durch die Ablehnung des Asylantrags unter Setzung eines Offensichtlichkeitsverdikts oder schlicht bei der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8. Die materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 werden in beiden Fällen also berücksichtigt.
45In richtlinienkonformer Weise hat die Antragsgegnerin nach § 30 Abs. 1 und 2 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 lit. a) Richtlinie 2013/32/EU im Bescheidtenor den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ und den Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Merkmale der Offensichtlichkeit insbesondere auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes vorliegen.
46Die Bundesrepublik Deutschland hat bei der Ausgestaltung des nationalen Rechts für das verfahrensrechtlichen Bleiberecht vorgesehen, dass dieses dann beschränkt werden kann, wenn der Asylantrag hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und der Antrag im Übrigen als (einfach) unbegründet abgelehnt wird. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten – wie bereits ausgeführt – unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese (materiellen) Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder" zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass die Verknüpfung „oder“ der Alternativen des Art. 46 Abs. 6 lit. a) der Richtlinie im Sinne eines exklusiven „Oders“ zu verstehen sind. Im Ergebnis wird auch bei der von der Bundesrepublik Deutschland gewählten Umsetzung gewährleistet, dass die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU im Rahmen der Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG geprüft werden und nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände die Klage keine aufschiebende Wirkung hat und eine einwöchige Ausreisefrist gesetzt werden kann.
47So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
48Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten "Sperrwirkung" der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
49Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
50Der erkennende Einzelrichter vermag die Befürchtung nicht zu teilen, die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als (einfach) unbegründet bei gleichzeitiger Ablehnung der subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet, könnte zu einem beschleunigten Verfahren führen.
51So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, juris Rn. 38.
52Abgesehen davon, dass das nationale Asylgesetz die Möglichkeit der Ablehnung des Asylantrags nur hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vorsieht, droht ein solches Szenario nicht. Denn über § 34 Abs. 1 AsylG bilden der Flüchtlingsschutz und der subsidiäre Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung untrennbare Einheit, bei der die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU für ein beschleunigtes Verfahren einheitlich zu prüfen sind.
53Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
54Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU vorgesehenen verfahrensrechtlichen Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die Ablehnung des Antrags als „offensichtlich unbegründet“ ist nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände zu bejahen sind. Ein solches Verständnis ergibt sich auch aus dem Begriff des Asylantrags nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylG. Denn danach wird zum Gegenstand des Asylantrags ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes.
55Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016– 4 L 35/16.A –, (n.v.), S. 6 f.
56Dass der Bescheidtenor insoweit – klarstellend – auch in Ziffer 3. den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ablehnen müsse, ist nicht zu fordern, da der materiell-rechtliche Gehalt des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie in ausreichender Form von der Antragsgegnerin über die Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 und 2 AsylG geprüft und in der Begründung des Bescheides richtlinienkonform zum Ausdruck gekommen ist. Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h) – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe a) durch die oben ausgeführte Bejahung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 2 AsylG erfüllt sind.
(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.
(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn
- 1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird, - 2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert, - 3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat, - 4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen, - 5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich, - 6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder - 7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.
(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
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1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
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2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (18a K 989/16.A) wird abgelehnt.
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3. Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gerichtskosten erhoben werden, trägt der Antragsteller.
Gründe:
61. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung auch unter Berücksichtigung des im Prozesskostenhilfeverfahren geltenden, weniger strengen Prüfungsmaßstabs aus den nachstehenden Gründen zu 2. nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (– ZPO –) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
72. Der am 29. Februar 2016 sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
8die aufschiebende Wirkung der Klage – 18a K 989/16.A – gegen die in Ziffer 5. des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Februar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung in den Libanon anzuordnen,
9hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
10Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (– VwGO –) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, wenn der Rechtsbehelf entgegen der in § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO getroffenen Regelung kraft gesetzlicher Ausnahmeregel keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO unter anderem in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz(– AsylG –) hat die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c AsylG aufschiebende Wirkung. Hingegen entfällt bei der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 30 AsylG – wie hier – nach §§ 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung der Klage. Die einwöchige Antragsfrist nach § 36 Abs. 3 AsylG ist eingehalten. Dem Antragsteller wurde der Bescheid ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Empfangsbestätigung am 23. Februar 2016 übergeben.
11In der Sache ist der Rechtsschutzantrag jedoch nicht begründet.
12Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Der Asylantrag umfasst ausweislich der Legaldefinition in § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Gewährung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, d. h. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes. Das Gericht hat im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes daher die Einschätzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes offensichtlich nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dabei darf das Gericht, wie aus § 36 Abs. 4 AsylG folgt, die aufschiebende Wirkung nur anordnen, sofern ernstliche Zweifel an der Offensichtlichkeitsentscheidung und infolgedessen an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält.
13Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2016 – 10 L 3781/15.A –, juris.
14Ausgehend davon kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung auf der Grundlage der Ablehnung des Asylantrags des Antragstellers als offensichtlich unbegründet bestehen.
15Vorliegend bestehen unter Zugrundelegung der jetzigen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
16Auch die Beurteilung des vorliegenden Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist rechtlich nicht zu beanstanden.
17Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
18Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000‑ 2 BvR 1429/98 –, juris; vom 8. März 1995– 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846 und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921.
19Nach § 30 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag insbesondere dann offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalls offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.
20Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1. des Bescheides), der Asylberechtigung (Ziffer 2.), des subsidiären Schutzes (Ziffer 3.) und der nationalen, zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 4.) nicht zu beanstanden. Der Einzelrichter nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 4. Februar 2016 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
21Es ist offensichtlich, dass sich der Antragsteller nur aus wirtschaftlichen Gründen und um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält im Sinne des § 30 Abs. 2 AsylG. Auf die Frage nach seinem Verfolgungsschicksal hat der Antragsteller in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Januar 2016 angegeben, in einem Flüchtlingscamp gewohnt und dort keine gute Arbeit gehabt zu haben. Er habe keine Wohnung außerhalb des Lagers beziehen können und auch berufliche Weiterbildung sei ihm verwehrt gewesen. Die Frage, ob die allgemeine Lage Grund für das Verlassen des Heimatlandes gewesen sei, bejahte er. Er verneinte, dass es ein konkretes Ereignis für die Ausreise gegeben habe. Ebenso bestätigte er, dass die allgemeine und wirtschaftliche Lage ihn veranlasst habe, den Libanon zu verlassen. Eine Verfolgung oder drohende Gefahr sowie ein konkretes Ereignis, das Anlass für die Ausreise war, nannte er nicht.
22Die vom Antragsteller erst im gerichtlichen Verfahren geschilderten Umstände führen zu keiner anderen Beurteilung hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags.
23Der Antragsteller hat offensichtlich keine ihm drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer dann internationaler Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). Von einer „Verfolgung“ kann dabei nur ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen, so dass der davon Betroffene gezwungen ist, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Die Verfolgung muss zudem von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgehen, also vom Staat, von den Staat ganz oder zum Teil beherrschenden Parteien und Organisationen oder von nichtstaatlichen Akteuren, gegen die der Staat keinen Schutz zu gewähren bereit oder in der Lage ist. Es obliegt dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, diese Voraussetzungen glaubhaft zu machen. Er muss in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, seinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen. Ein in diesem Sinne schlüssiges Schutzbegehren setzt im Regelfall voraus, dass der Schutz Suchende konkrete Einzelheiten seines individuellen Verfolgungsschicksals vorträgt und sich nicht auf unsubstantiierte allgemeine Darlegungen beschränkt. Er muss nachvollziehbar machen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt.
24Vgl. zu alledem nur OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2013 –8 A 2632/06.A –, juris, mit weiteren Nachweisen.
25Die im gerichtlichen Verfahren vorgebrachten Umstände erreichen schon nicht ein verfolgungsrelevantes Niveau. Die Schilderungen des Antragstellers bleiben insgesamt vage und unkonkret. So hat der Antragsteller vorgetragen, er habe sich der Fatah und Hamas im Lager kritiklos unterzuordnen gehabt. Die Sicherheit innerhalb der palästinensischen Flüchtlingslager wird zwar teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden.
26Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12.
27Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt, wieso er individuell dadurch politisch verfolgt sei. Auch die Beschreibung der vorgetragenen Verhöre durch „politische Gruppen“ bleibt detailarm und enthält keine Schilderung zur Methode. Die Ausführungen zum Versuch, ihn als Spion im Lager zu gewinnen, beschränken sich auf allgemeine Angaben. Auch trägt der Antragsteller lediglich undetailliert und ohne Nennung von konkreten Ereignissen vor, ihm drohe die Zwangsrekrutierung „von schiitischer Seite“ aufgrund seines sunnitischen Glaubens. Staatliche Repressionen sind jedoch weder aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit noch aufgrund der Religion bekannt.
28Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 12, 14.
29Im Übrigen hat der anwaltlich vertretene Antragsteller insbesondere nicht glaubhaft vorgetragen, aus welchem Grund er die im gerichtlichen Eilverfahren geschilderten Vorgänge nicht schon bei der persönlichen Anhörung vorgebracht hat. Ein vernünftiger Grund, warum er die als maßgeblich bezeichneten Umstände so spät vorgetragen hat, besteht nicht. Der Antragsteller muss sich an seinen Angaben zu den wirtschaftlichen Umständen festhalten lassen. Von diesen Ausführungen in der persönlichen Anhörung hat der Antragsteller sich auch nicht im gerichtlichen Eilverfahren ausdrücklich distanziert.
30Aus denselben Gründen kommt auch die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht in Betracht. Der Gewährleistungsbereich des § 3 Abs. 1 AsylG überschneidet sich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat.
31Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 – BVerfGE 80, 315 (333 ff.) = juris Rn. 38 ff.
32Anhaltspunkte für Umstände, aufgrund derer die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG in Betracht käme, sind ebenfalls nicht erkennbar. Insoweit wird hinsichtlich des erst im Eilverfahren erfolgten Vortrags des Antragstellers auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz Bezug genommen.
33Bei Anwendung der eingangs genannten Maßstäbe besteht im Übrigen offensichtlich für den Kläger bei einer Rückkehr in den Libanon keine erhebliche individuelle Gefahr gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Der für die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erforderliche Grad an willkürlicher Gewalt ist nach den verfügbaren Erkenntnismitteln noch nicht erreicht, da Zivilpersonen jedenfalls bisher nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit im Libanon konkret gefährdet sind. Zwar kommt es im Zusammenhang mit dem Konflikt in Syrien im Grenzgebiet rund um die sunnitische Stadt B. zum Teil zu Kämpfen auf libanesischem Territorium sowie zu Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Extremisten und der schiitischen Hisbollah, welche teilweise auch auf schiitische Wohngebiete in der südlichen Vorstadt C1. stattfinden. Dennoch sind die Opferzahlen in der Zivilbevölkerung nach wie vor sehr gering.
34Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht zum Libanon vom 30. Dezember 2015, S. 8, und Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Köln vom 16. Oktober 2014, Seite 2 und 4, juris.
35Zudem stammt der Antragsteller den eigenen Angaben nach aus dem Flüchtlingslager D.°°°°-C. in der etwa 100 km südlich von C2. , am Mittelmeer gelegenen Stadt U. (T. ). Ein Übergreifen des Syrien-Konflikts ist nicht zu befürchten.
36Auch die Feststellung schließlich, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Libanon nicht vorliegen, erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach dem allenfalls in Betracht zu ziehenden § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
37Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ergibt sich nicht aus einer psychischen Erkrankung und der von dem Antragsteller vorgetragenen Traumatisierung. Bei psychischen Krankheitsbildern ist wegen der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome zu beachten, dass zum Nachweis einer solchen Erkrankung die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests notwendig ist. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören namentlich Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren ist Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) zu geben. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 S. 1 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007– 10 C 8.07 – BVerwGE 129, S. 251 ff. = NVwZ 2008, S. 330 ff. = juris Rn. 15 f. und Beschluss vom 26. Juli 2012 – 10 B 21.12 – juris Rn. 7.
39Ein fachärztliches Attest über die Traumatisierung hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers besteht.
40In Anbetracht der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist auch die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG rechtmäßig, bei der eine Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Der Antragsteller kann insbesondere eine aufschiebende Wirkung der Klage auch nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (RL 2013/32/EU – Verfahrensrichtlinie –) ableiten.
41So aber u.a. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A – und vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, jeweils zitiert nach juris.
42Nach Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
43Dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht besteht nicht uneingeschränkt. Die Richtlinie sieht dazu in Art. 46 Abs. 6 vor, dass das verfahrensrechtliche Bleiberecht durch die Mitgliedstaaten beendet werden kann, wenn einer der in Art. 46 Abs. 6 lit. a) bis d) genannten Fälle vorliegt und ein gerichtliches Verfahren eingerichtet ist zur Verschaffung des Bleiberechts. Bei der Umsetzung in nationales Recht hat der deutsche Gesetzgeber der Klage im Fall der §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG keine aufschiebende Wirkung zukommen lassen und verweist den Schutzsuchenden auf das gerichtliche Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit a) zulässig, wenn ein Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alt.) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Abs. 8 als unbegründet betrachtet wird (2. Alt.), es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 lit. h) aufgeführten Umstände (illegale Einreise) gestützt. Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie legt fest, dass im Falle von unbegründeten Anträgen, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 aufgeführten Umstände gegeben ist, die Mitgliedstaaten einen Antrag ferner als offensichtlich unbegründet betrachten können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
44Die Richtlinie sieht also für die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten vor, das verfahrensrechtliche Bleiberecht zu beschränken, nämlich durch die Ablehnung des Asylantrags unter Setzung eines Offensichtlichkeitsverdikts oder schlicht bei der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8. Die materiell-rechtlichen Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 werden in beiden Fällen also berücksichtigt.
45In richtlinienkonformer Weise hat die Antragsgegnerin nach § 30 Abs. 1 und 2 AsylG i.V.m. Art. 32 und Art. 31 Abs. 8 lit. a) Richtlinie 2013/32/EU im Bescheidtenor den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ und den Antrag auf subsidiären Schutz als einfach unbegründet abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Merkmale der Offensichtlichkeit insbesondere auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes vorliegen.
46Die Bundesrepublik Deutschland hat bei der Ausgestaltung des nationalen Rechts für das verfahrensrechtlichen Bleiberecht vorgesehen, dass dieses dann beschränkt werden kann, wenn der Asylantrag hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und der Antrag im Übrigen als (einfach) unbegründet abgelehnt wird. Die Verfahrensrichtlinie eröffnet den Mitgliedstaaten – wie bereits ausgeführt – unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie die Möglichkeit zur Durchführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens. Liegen diese (materiellen) Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie vor, steht es den Mitgliedstaaten je nach Ausgestaltung ihres nationalen Rechtsrahmens frei, den Antrag auf internationalen Schutz entweder als offensichtlich unbegründet oder als einfach unbegründet abzulehnen. Dabei sind, wie die Verknüpfung „oder" zeigt, beide Entscheidungsmodalitäten für die Ablehnung eines Antrags auf internationalen Schutz im beschleunigten Verfahren gleichwertig. Aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass die Verknüpfung „oder“ der Alternativen des Art. 46 Abs. 6 lit. a) der Richtlinie im Sinne eines exklusiven „Oders“ zu verstehen sind. Im Ergebnis wird auch bei der von der Bundesrepublik Deutschland gewählten Umsetzung gewährleistet, dass die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU im Rahmen der Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG geprüft werden und nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände die Klage keine aufschiebende Wirkung hat und eine einwöchige Ausreisefrist gesetzt werden kann.
47So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
48Berücksichtigt man ferner, dass Art. 288 Abs. 4 AEUV die Verbindlichkeit der Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels vorgibt, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt, ist die Annahme einer wie auch immer gearteten "Sperrwirkung" der 1. Alternative von Art. 46 Abs. 6 a) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 abzulehnen. Für das Unionsrecht stellt allein die formale Einheitlichkeit der Tenorierung beider Aspekte des Antrags auf internationalen Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gegenüber dem hier streitgegenständlichen Tenor keinen rechtlichen Mehrwert dar.
49Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
50Der erkennende Einzelrichter vermag die Befürchtung nicht zu teilen, die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt hinsichtlich der Asylanerkennung und des Flüchtlingsschutzes als (einfach) unbegründet bei gleichzeitiger Ablehnung der subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet, könnte zu einem beschleunigten Verfahren führen.
51So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Februar 2016– 7 L 4154/15.A –, juris Rn. 38.
52Abgesehen davon, dass das nationale Asylgesetz die Möglichkeit der Ablehnung des Asylantrags nur hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vorsieht, droht ein solches Szenario nicht. Denn über § 34 Abs. 1 AsylG bilden der Flüchtlingsschutz und der subsidiäre Schutz eine in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung untrennbare Einheit, bei der die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU für ein beschleunigtes Verfahren einheitlich zu prüfen sind.
53Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016– 6 L 4047/15.A –, juris Rn. 17.
54Der Entzug des grundsätzlich gemäß Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU vorgesehenen verfahrensrechtlichen Bleiberechts während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens durch die Ablehnung des Antrags als „offensichtlich unbegründet“ ist nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie hinsichtlich aller drei Verfahrensgegenstände zu bejahen sind. Ein solches Verständnis ergibt sich auch aus dem Begriff des Asylantrags nach § 13 Abs. 1 und 2 AsylG. Denn danach wird zum Gegenstand des Asylantrags ausdrücklich auch das Begehren auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU und damit auch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes.
55Vgl. VG Aachen, Beschluss vom 1. März 2016– 4 L 35/16.A –, (n.v.), S. 6 f.
56Dass der Bescheidtenor insoweit – klarstellend – auch in Ziffer 3. den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ablehnen müsse, ist nicht zu fordern, da der materiell-rechtliche Gehalt des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie in ausreichender Form von der Antragsgegnerin über die Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 und 2 AsylG geprüft und in der Begründung des Bescheides richtlinienkonform zum Ausdruck gekommen ist. Die demnach vorzunehmende Prüfung des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – mit Ausnahme des Buchst. h) – ergibt, dass dessen Voraussetzungen in der Variante von Buchstabe a) durch die oben ausgeführte Bejahung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 2 AsylG erfüllt sind.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat mit dem in der Beschlussformel ausgesprochenen Inhalt Erfolg.
3Das Gericht versteht den Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung anzuordnen,
5unter Berücksichtigung des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers, das erkennbar darauf gerichtet ist, während der Dauer des Klageverfahrens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben, gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Antragsteller kann sein Antragsbegehren nur mit einer solchen gerichtlichen Feststellung erreichen. Die ausdrücklich beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommt dagegen nicht in Betracht. Denn die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung im angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat bereits aufschiebende Wirkung. Zwar entfaltet die Klage nach §§ 75 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung, weil das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ungeachtet dessen kommt der Klage des Antragstellers jedoch deshalb aufschiebende Wirkung zu, weil dem Antragsteller trotz der genannten Entscheidung des Bundesamts – wie noch auszuführen ist - der Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage zu gestatten ist.
6Der hiernach anzunehmende Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig. Die Antragsgegnerin berühmt sich nach der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung der Vollziehbarkeit ihrer Abschiebungsandrohung.
7Der Antrag ist auch begründet. Die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung hat aufschiebende Wirkung im Sinne des § 80 Abs. 1 VwGO, weil der Verbleib des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klage unmittelbar durch Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180 S. 60 („Verfahrensrichtlinie“), gestattet ist.
8Nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 6 den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Hiernach ist der Verbleib im Hoheitsgebiet – grundsätzlich – bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache zu gestatten,
9vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A -, juris, Rn. 17, und vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A -, www.nrwe.de.
10Das danach dem Grunde nach bestehende Recht des Antragstellers gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie auf Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Bundesamt die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat.
11Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie in Fällen der Ablehnung des Antrags u.a. als offensichtlich unbegründet (Art. 45 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie) auszuschließen und verpflichtet sie gleichzeitig, für diesen Fall ein gerichtliches Verfahren auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Bestimmungen in §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) prinzipiell Gebrauch gemacht. Der Ausschluss des Bleiberechts in Fällen der Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist nach Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie indessen nur zulässig, wenn der Antrag „im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet“ betrachtet wird. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
12Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. In Art. 31 Abs. 8 Buchstaben a bis g und i bis j der Verfahrensrichtlinie sind die Umstände im einzelnen und abschließend aufgeführt, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, Anträge als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Das Asylgesetz bietet derzeit aber keine Rechtsgrundlage dafür, einen Asylantrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Hierfür reicht es im Gegensatz zur „Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zu Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft“ (Verfahrensrichtlinie a.F.) nicht mehr aus, dass „der Antragsteller offensichtlich nicht als Flüchtling anzuerkennen ist oder die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem Mitgliedstaat nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG offensichtlich nicht erfüllt“ (vgl. Art. 23 Abs. 4 Buchstabe b der Verfahrensrichtlinie a.F.). Da der Antrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung nach Art. 2 Buchstabe b grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung stehende Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet nunmehr eine nationale Regelung voraus, dass auch der Antrag auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.
13Abgesehen davon, dass das Bundesamt im Fall des Antragstellers den Asylantrag hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes nur als unbegründet und nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (Ziffer 3. des Bescheides vom 25. Januar 2016), sieht das Asylgesetz in den maßgeblichen Bestimmungen des § 29a AsylG oder des § 30 AsylG - an die § 36 AsylG über das Verfahren bei offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags anknüpft - die Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
14Die Vorschriften über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage (§§ 75 Abs. 1, 36 AsylG) und das Verfahren der vorzeitigen Beendigung des Aufenthalts des Ausländers nach § 36 AsylG greifen ein, wenn das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnt (vgl. 37 Abs. 2 AsylG) und nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung erlässt, mit der Folge, dass die dann dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist gemäß § 36 Abs. 1 AsylG eine Woche beträgt. Wann der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden darf oder muss, richtet sich allein nach § 29a AsylG oder § 30 AsylG. Eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes scheidet nach diesen Bestimmungen jedoch aus.
15Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage in Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Diese Regelung kann nur eine Grundlage dafür sein, den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
16Die der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet zu Grunde liegende Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG der Verfolgungsfreiheit bezieht sich ebenso wie die verfassungsrechtliche Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG allein auf eine politische Verfolgung, d.h. auf die Fragen nach der Asylberechtigung (Art. 16a Abs. 1 GG) und nach dem Flüchtlingsschutz (§ 3 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG),
17vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, NVwZ 1996, 691 (695 f.) zu Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG und § 51 Abs. 1 AuslG,
18nicht aber auf den subsidiären Schutz. Erstreckte sich die gesetzliche Vermutung nach § 29a Abs. 1 AsylG auch auf die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, bedeutete dies, dass ein Asylantrag – gemäß § 13 Abs. 2 AsylG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG einschließlich des Antrags auf subsidiären Schutz – als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden müsste, obwohl im Einzelfall die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen oder nur „schlicht“ nicht vorliegen. Dieses Ergebnis zwingt dazu, den Begriff der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 29a AsylG auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter zu beschränken,
19vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 38.
20Dafür, dass § 29a Abs. 1 AsylG den subsidiären Schutz nicht erfasst, spricht auch § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wonach die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gegen einen Ausländer neben der Ablehnung seines Asylantrags „nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet“ unter anderem voraussetzt, dass dem betreffenden Ausländer „kein subsidiärer Schutz zuerkannt“ wurde. Im Übrigen hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung des subsidiären Schutzes vom Regelungsbereich des § 29a AsylG nicht erfasst werde.
21Der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes kann auch nicht nach § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Auch diese Regelung sieht nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
22Den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass nach dem klaren Wortlaut von Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie Anträge nur dann als offensichtlich unbegründet betrachtet werden können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch die Neufassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen bislang nicht umgesetzt. Dies wird bestätigt durch den Inhalt des Referentenentwurfs des Bundesministeriums des Innern zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (Bearbeitungsstand: 1. Oktober 2015, 19:21 Uhr), der ausdrücklich der Umsetzung u.a. der Richtlinie 2013/32/EU dienen soll,
23http://www.frnrw.de/images/Themen/Asylverfahren/2015/Referententwurf_Umsetzung_EU-Asylrichtlinien.pdf (Stand: 26. Februar 2016),
24sowie durch den „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“, der u.a. die Einführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens i.S.v. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie und eine Entscheidungsfrist im Sinne von Art. 31 Abs. 9 der Verfahrensrichtlinie für das erstinstanzliche behördliche Verfahren vorsieht,
25BT-Drucks. 18/7538, S. 6, 16.
26Eine nationale Regelung, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung – wie im vorliegenden Fall geschehen – als offensichtlich unbegründet und den Antrag auf subsidiären Schutz nur als unbegründet abzulehnen, lässt sich nicht mit Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie vereinbaren. Nach dieser Regelung ist den Mitgliedstaaten neben der Möglichkeit, einen Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet zu betrachten, auch die Möglichkeit eröffnet, den Antrag nach Prüfung gemäß Art. 31 Abs. 8 als unbegründet zu betrachten, es sei denn, diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände gestützt. Auch wenn es danach den Mitgliedstaaten freisteht, sich für eine der in Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie genannten Alternativen zu entscheiden, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es nach Unionsrecht unschädlich sei, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die erste Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt und bezüglich des subsidiären Schutzes den der zweiten Alternative eröffnet, weil in beiden Fällen die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie zu prüfen seien,
27so VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016
28– 6 L 4047/15.A –, juris, Rn. 16, 17.
29Der deutsche Gesetzgeber hat von der Möglichkeit eines beschleunigten Prüfungsverfahrens im Sinne von Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a zweite Alternative i.V.m. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – wie der oben erwähnte Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren belegt – jedenfalls bis zu dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Gebrauch gemacht. Der Bundesgesetzgeber hat auch weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für Änderungen der §§ 29a, 30 AsylG genutzt. Angesichts dessen scheidet es aus, solche Änderungen im Wege der Auslegung oder Fortbildung des nationalen Rechts anzunehmen.
30Lässt sich somit den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG keine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnehmen, kann auch § 36 Abs. 1 AsylG nicht so ausgelegt werden, dass eine offensichtliche Unbegründetheit eines Asylantrags vorliegt, wenn auch ein Anspruch auf subsidiären Schutz offensichtlich nicht besteht,
31so aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 5.
32Vielmehr folgt aus der oben dargestellten Auslegung der §§ 29a, 30 AsylG, dass auch der Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags im Sinne von § 36 Abs. 1 AsylG auf die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte zu beschränken ist.
33Der Antragsteller kann sich auch auf sein Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie berufen.
34Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gemäß Art. 52 Abs. 1 auf den Asylantrag des Antragstellers anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Absatz 1 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden. Der Antragsteller hat seinen Asylantrag am 4. Januar 2016 und damit nach dem genannten Stichtag gestellt.
35Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie i.V.m. dem Erfordernis einer zureichenden Umsetzung von Ausnahmen nach Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie hat unmittelbare Wirkung zu Gunsten des Antragstellers im Verhältnis zur Antragsgegnerin, weil die Bundesrepublik Deutschland ihrer Umsetzungspflicht trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist nach dem 20. Juli 2015 nicht nachgekommen ist und die hier maßgeblichen Richtlinienbestimmungen unbedingt und inhaltlich bestimmt sind. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im bereits zitierten Beschluss vom 22. Dezember 2015 an und nimmt hierauf Bezug,
36VG Düsseldorf, vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 69 ff.
37Da das Gericht durch die ausgesprochene Feststellung dem Antrag des Antragstellers entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprochen hat, endet die Ausreisefrist nunmehr gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nach 83b AsylG werden Gerichtskosten nicht erhoben.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die in dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat mit dem in der Beschlussformel ausgesprochenen Inhalt Erfolg.
3Das Gericht versteht den Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 2. Februar 2016 (6 K 270/16.A) gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Januar 2016 verfügte Abschiebungsandrohung anzuordnen,
5unter Berücksichtigung des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers, das erkennbar darauf gerichtet ist, während der Dauer des Klageverfahrens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen verschont zu bleiben, gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Antragsteller kann sein Antragsbegehren nur mit einer solchen gerichtlichen Feststellung erreichen. Die ausdrücklich beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommt dagegen nicht in Betracht. Denn die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung im angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat bereits aufschiebende Wirkung. Zwar entfaltet die Klage nach §§ 75 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung, weil das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat. Ungeachtet dessen kommt der Klage des Antragstellers jedoch deshalb aufschiebende Wirkung zu, weil dem Antragsteller trotz der genannten Entscheidung des Bundesamts – wie noch auszuführen ist - der Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage zu gestatten ist.
6Der hiernach anzunehmende Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässig. Die Antragsgegnerin berühmt sich nach der dem angefochtenen Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung der Vollziehbarkeit ihrer Abschiebungsandrohung.
7Der Antrag ist auch begründet. Die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung hat aufschiebende Wirkung im Sinne des § 80 Abs. 1 VwGO, weil der Verbleib des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klage unmittelbar durch Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180 S. 60 („Verfahrensrichtlinie“), gestattet ist.
8Nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 6 den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Hiernach ist der Verbleib im Hoheitsgebiet – grundsätzlich – bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache zu gestatten,
9vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22. Dezember 2015 – 7 L 3863/15.A -, juris, Rn. 17, und vom 2. Februar 2016 – 7 L 118/16.A -, www.nrwe.de.
10Das danach dem Grunde nach bestehende Recht des Antragstellers gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie auf Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Entscheidung über seine Klage ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Bundesamt die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat.
11Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, das Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie in Fällen der Ablehnung des Antrags u.a. als offensichtlich unbegründet (Art. 45 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie) auszuschließen und verpflichtet sie gleichzeitig, für diesen Fall ein gerichtliches Verfahren auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Antragsgegnerin durch die Bestimmungen in §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) prinzipiell Gebrauch gemacht. Der Ausschluss des Bleiberechts in Fällen der Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet ist nach Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie indessen nur zulässig, wenn der Antrag „im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet“ betrachtet wird. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
12Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie ermächtigt die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. In Art. 31 Abs. 8 Buchstaben a bis g und i bis j der Verfahrensrichtlinie sind die Umstände im einzelnen und abschließend aufgeführt, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, Anträge als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Das Asylgesetz bietet derzeit aber keine Rechtsgrundlage dafür, einen Asylantrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Hierfür reicht es im Gegensatz zur „Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zu Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft“ (Verfahrensrichtlinie a.F.) nicht mehr aus, dass „der Antragsteller offensichtlich nicht als Flüchtling anzuerkennen ist oder die Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem Mitgliedstaat nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG offensichtlich nicht erfüllt“ (vgl. Art. 23 Abs. 4 Buchstabe b der Verfahrensrichtlinie a.F.). Da der Antrag im Sinne der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung nach Art. 2 Buchstabe b grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie in der Neufassung stehende Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet nunmehr eine nationale Regelung voraus, dass auch der Antrag auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.
13Abgesehen davon, dass das Bundesamt im Fall des Antragstellers den Asylantrag hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes nur als unbegründet und nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (Ziffer 3. des Bescheides vom 25. Januar 2016), sieht das Asylgesetz in den maßgeblichen Bestimmungen des § 29a AsylG oder des § 30 AsylG - an die § 36 AsylG über das Verfahren bei offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags anknüpft - die Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
14Die Vorschriften über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage (§§ 75 Abs. 1, 36 AsylG) und das Verfahren der vorzeitigen Beendigung des Aufenthalts des Ausländers nach § 36 AsylG greifen ein, wenn das Bundesamt den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ablehnt (vgl. 37 Abs. 2 AsylG) und nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung erlässt, mit der Folge, dass die dann dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist gemäß § 36 Abs. 1 AsylG eine Woche beträgt. Wann der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden darf oder muss, richtet sich allein nach § 29a AsylG oder § 30 AsylG. Eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes scheidet nach diesen Bestimmungen jedoch aus.
15Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage in Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Diese Regelung kann nur eine Grundlage dafür sein, den Asylantrag hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
16Die der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet zu Grunde liegende Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG der Verfolgungsfreiheit bezieht sich ebenso wie die verfassungsrechtliche Vermutung des Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG allein auf eine politische Verfolgung, d.h. auf die Fragen nach der Asylberechtigung (Art. 16a Abs. 1 GG) und nach dem Flüchtlingsschutz (§ 3 Abs. 1 AsylG und § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG),
17vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 -, NVwZ 1996, 691 (695 f.) zu Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG und § 51 Abs. 1 AuslG,
18nicht aber auf den subsidiären Schutz. Erstreckte sich die gesetzliche Vermutung nach § 29a Abs. 1 AsylG auch auf die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes, bedeutete dies, dass ein Asylantrag – gemäß § 13 Abs. 2 AsylG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG einschließlich des Antrags auf subsidiären Schutz – als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden müsste, obwohl im Einzelfall die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen oder nur „schlicht“ nicht vorliegen. Dieses Ergebnis zwingt dazu, den Begriff der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 29a AsylG auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter zu beschränken,
19vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 38.
20Dafür, dass § 29a Abs. 1 AsylG den subsidiären Schutz nicht erfasst, spricht auch § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wonach die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gegen einen Ausländer neben der Ablehnung seines Asylantrags „nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet“ unter anderem voraussetzt, dass dem betreffenden Ausländer „kein subsidiärer Schutz zuerkannt“ wurde. Im Übrigen hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung des subsidiären Schutzes vom Regelungsbereich des § 29a AsylG nicht erfasst werde.
21Der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes kann auch nicht nach § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Auch diese Regelung sieht nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Ablehnung des Asylantrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nicht vor.
22Den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Einer solchen Auslegung steht schon entgegen, dass nach dem klaren Wortlaut von Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie Anträge nur dann als offensichtlich unbegründet betrachtet werden können, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch die Neufassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen bislang nicht umgesetzt. Dies wird bestätigt durch den Inhalt des Referentenentwurfs des Bundesministeriums des Innern zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (Bearbeitungsstand: 1. Oktober 2015, 19:21 Uhr), der ausdrücklich der Umsetzung u.a. der Richtlinie 2013/32/EU dienen soll,
23http://www.frnrw.de/images/Themen/Asylverfahren/2015/Referententwurf_Umsetzung_EU-Asylrichtlinien.pdf (Stand: 26. Februar 2016),
24sowie durch den „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“, der u.a. die Einführung eines beschleunigten Prüfungsverfahrens i.S.v. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie und eine Entscheidungsfrist im Sinne von Art. 31 Abs. 9 der Verfahrensrichtlinie für das erstinstanzliche behördliche Verfahren vorsieht,
25BT-Drucks. 18/7538, S. 6, 16.
26Eine nationale Regelung, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylanerkennung – wie im vorliegenden Fall geschehen – als offensichtlich unbegründet und den Antrag auf subsidiären Schutz nur als unbegründet abzulehnen, lässt sich nicht mit Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie vereinbaren. Nach dieser Regelung ist den Mitgliedstaaten neben der Möglichkeit, einen Antrag im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 als offensichtlich unbegründet zu betrachten, auch die Möglichkeit eröffnet, den Antrag nach Prüfung gemäß Art. 31 Abs. 8 als unbegründet zu betrachten, es sei denn, diese Entscheidungen sind auf die in Art. 31 Abs. 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände gestützt. Auch wenn es danach den Mitgliedstaaten freisteht, sich für eine der in Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie genannten Alternativen zu entscheiden, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es nach Unionsrecht unschädlich sei, wenn nationales Recht bezüglich des Bestandteils der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft den Weg über die erste Alternative wählt und die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vorschreibt und bezüglich des subsidiären Schutzes den der zweiten Alternative eröffnet, weil in beiden Fällen die Anforderungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie zu prüfen seien,
27so VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Januar 2016
28– 6 L 4047/15.A –, juris, Rn. 16, 17.
29Der deutsche Gesetzgeber hat von der Möglichkeit eines beschleunigten Prüfungsverfahrens im Sinne von Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a zweite Alternative i.V.m. Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie – wie der oben erwähnte Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren belegt – jedenfalls bis zu dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Gebrauch gemacht. Der Bundesgesetzgeber hat auch weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für Änderungen der §§ 29a, 30 AsylG genutzt. Angesichts dessen scheidet es aus, solche Änderungen im Wege der Auslegung oder Fortbildung des nationalen Rechts anzunehmen.
30Lässt sich somit den Regelungen in §§ 29a, 30 AsylG keine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnehmen, kann auch § 36 Abs. 1 AsylG nicht so ausgelegt werden, dass eine offensichtliche Unbegründetheit eines Asylantrags vorliegt, wenn auch ein Anspruch auf subsidiären Schutz offensichtlich nicht besteht,
31so aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 5.
32Vielmehr folgt aus der oben dargestellten Auslegung der §§ 29a, 30 AsylG, dass auch der Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrags im Sinne von § 36 Abs. 1 AsylG auf die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte zu beschränken ist.
33Der Antragsteller kann sich auch auf sein Bleiberecht nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie berufen.
34Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gemäß Art. 52 Abs. 1 auf den Asylantrag des Antragstellers anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Art. 51 Absatz 1 auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden. Der Antragsteller hat seinen Asylantrag am 4. Januar 2016 und damit nach dem genannten Stichtag gestellt.
35Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie i.V.m. dem Erfordernis einer zureichenden Umsetzung von Ausnahmen nach Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie hat unmittelbare Wirkung zu Gunsten des Antragstellers im Verhältnis zur Antragsgegnerin, weil die Bundesrepublik Deutschland ihrer Umsetzungspflicht trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist nach dem 20. Juli 2015 nicht nachgekommen ist und die hier maßgeblichen Richtlinienbestimmungen unbedingt und inhaltlich bestimmt sind. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im bereits zitierten Beschluss vom 22. Dezember 2015 an und nimmt hierauf Bezug,
36VG Düsseldorf, vom 22. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 69 ff.
37Da das Gericht durch die ausgesprochene Feststellung dem Antrag des Antragstellers entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprochen hat, endet die Ausreisefrist nunmehr gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nach 83b AsylG werden Gerichtskosten nicht erhoben.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage 7 K 8009/15.A aufschiebende Wirkung hat.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 1. Dezember 2015 wörtlich gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen,
4hat unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Rechtsschutzinteresses der Antragsteller in der tenorierten Fassung Erfolg.
5Der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht nicht entgegen, dass nach § 75 Abs. 1 AsylG die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 sowie der §§ 73, 73b und 73c aufschiebende Wirkung hat. Der Klage 7 K -8009/15.A kommt nach diesen Vorschriften keine aufschiebende Wirkung zu, da sie gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Oktober 2015 gerichtet ist, mit der die Antragsteller betreffend folgende Entscheidung erging:
6- 7
1. Die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 8
2. Die Anträge auf Asylanerkennung werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 9
3. Die Anträge auf subsidiären Schutz werden als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
- 10
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzesliegen nicht vor.
- 11
5. Die Antragsteller werden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Mazedonien abgeschoben. Die Antragsteller können auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rücknahme verpflichtet ist.
- 12
6. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet.
- 13
7. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Es handelt sich wegen der gesetzten Ausreisefrist von nur einer Woche um einen Fall des § 36 Abs. 1 AsylG, in dem die Klage nach § 75 Abs. 1 AsylGkeine aufschiebende Wirkung entfaltet.
15Die Antragsteller können sich indes im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) aufArtikel 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie
16Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. der EU, L 180/60 (Verfahrensrichtlinie)
17berufen (Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf, I.), dessen Ausnahmen hiervon nicht vorliegen (Befugnis zum „beschleunigten Verfahren“ in Abs. 6, II.) und der im Verhältnis der Antragsteller zur Antragsgegnerin unmittelbar anwendbar ist (III.).
18I. Gemäß Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie gestatten die Mitgliedstaaten – unbeschadet des Absatzes 6 (hierzu unter II.) – den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf.
19Aus Art. 46 Abs. 1 und 3 Verfahrensrichtlinie ergibt sich, dass es sich bei dem Rechtsbehelf um einen gerichtlichen Rechtsbehelf (zumindest vor einem erstinstanzlichen Gericht) handeln muss, der eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt. Nationalrechtlich wird dieses Recht durch die Klagemöglichkeit (§§ 74 ff AsylG) gegen die Entscheidungen des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gewährte aufschiebende Wirkung der Klage umgesetzt und gewährleistet. Insbesondere durch den systematischen Zusammenhang mit Art. 46 Abs. 3, 5 und 6 Verfahrensrichtlinie wird auch deutlich, dass es sich bei dem genannten Rechtsbehelf nicht nur um einen Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes handeln kann, sondern nationalrechtlich eine Klagemöglichkeit im Hauptsachverfahren erfordert.
20Diese Klagemöglichkeit haben die Antragsteller auch fristgerecht ergriffen. Damit steht ihnen bis zur Entscheidung der Klage ein Recht auf den Verbleib im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates – Deutschland - zu.
21II. Das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung über die Klage ist gegenüber den Antragstellern auch nicht durch die Ablehnung der Anträge als „offensichtlich unbegründet“ beendet.
22Die Verfahrensrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten in Art. 46 Abs. 6 die Möglichkeit ein, dieses verfahrensrechtliche Bleiberecht in Fällen der Ablehnung des Antrags
23der nach Art. 2 lit. b) grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst,
24u.a. als „offensichtlich unbegründet“ zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig – wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen – ein gerichtliches Antragsverfahren gerichtet auf Verschaffung eines solchen Bleiberechts einzurichten. Hiervon hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 34, 36 Abs. 1 AsylG und die Möglichkeit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich Gebrauch gemacht.
25Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Verfahrensrichtlinie für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nach Art. 46 Abs. 6 lit a) indes nur zulässig, wenn ein Antragim Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 der Verfahrensrichtlinie als offensichtlich unbegründet oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet betrachtet wird, es sei denn diese Entscheidungen sind auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände (unerlaubte Einreise und Aufenthalt) gestützt.
26Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
27Zwar hat das Bundesamt auch den Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes in Ziffer 3. des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es hat damit aber nicht die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 6 Verfahrensrichtlinie zu begründen vermocht. Denn die Ablehnungsentscheidung als „offensichtlich unbegründet“ kann nach dem klaren Richtlinienwortlaut das verfahrensrechtliche Bleiberecht des Art. 45 Abs. 5 nur dann beenden, wenn sie „im Einklang mit Artikel 32 Abs. 2“ ergeht. Nach Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie setzt die Möglichkeit der Ablehnung von unbegründeten Anträgen,
28bei denen einer der in Artikel 31 Absatz 8 aufgeführten Umstände gegeben ist,
29als „offensichtlich unbegründet“ voraus, dass dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist.
30Das Asylgesetz bietet (derzeit) aber keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Gewährung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“.
31Dies gilt zunächst für die hier in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 29a AsylG, auf die das Bundesamt die angefochtene Tenorierung stützt. Denn die Vorschrift bietet (derzeit) nur eine Ermächtigungsgrundlage, die begehrte Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Grundlage zur Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.
32Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 Grundgesetz (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Dem steht die Verwendung des Begriffs „Asylantrag“ und dessen Definition in § 13 Abs. 1 AsylG nicht entgegen. Danach werden alle Streitgegenstände des AsylG
33außer der dem Bundesamt nach § 24 Abs. 1 AsylG zugewiesenen Entscheidung der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG
34umfasst. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, die Vorschrift des § 29a Abs.1 AsylG erstrecke damit auch die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet auf den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes.
35In diesem Sinne Zeitler, HTK-AuslR § 13 AsylG, Anm 1.
36Ein solches Verständnis, das der Änderung des § 13 Abs. 1 und 2 AsylG
37durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie vom 28. August 2013, BGBl. I 3474
38durchaus zu Grunde gelegen haben mag,
39vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu Nummer 14 (§ 13) a) in BT Drs. 17/13063 S. 20,
40würde bei der derzeit unvollständigen Umsetzung der Verfahrensrichtlinie dazu führen, dass ein alle Streitgegenstände des AsylG umfassender Asylantrag – also auch der Antrag auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG - nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könnte,obwohl die Voraussetzungen für subsidiären Schutz vorliegen. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift kann der aus einem sicheren Herkunftsstaat stammende Ausländer diese Entscheidung nur abwenden, wenn die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung drohe. Dieses widersinnige Ergebnis lässt sich derzeit nur vermeiden, wenn der Begriff des „Asylantrags“ im Sinne des § 29a AsylG entgegen des Wortlauts des § 13 Abs. 1, 2 AsylG teleologisch auf die Streitgegenstände „Asyl“ und „Flüchtlingseigenschaft“ reduziert wird.
41Auch die verfassungsunmittelbare Vermutung nach Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG
42- und dessen Ausformung in § 29a Abs. 1 AsylG –
43der Verfolgungsfreiheit von Personen, die aus sicheren Herkunftsstaaten im Sinne des Gesetzes stammen, bezieht sich nämlich allein auf die Freiheit vor politischer Verfolgung
44Hailbronner, Ausländerrecht, zu § 29a AsylG, Rz. 21 und 25; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81ff; BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33-36;
45und damit auf die Streitgegenstände der Asylanerkennung nach Art. 16a Abs. 1 GG und derZuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG/§ 60 Abs. 1 AufenthG.
46So ausdrücklich BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f; Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, zu § 29a Rz. 81f.
47Denn zum Einen ist in Art. 16a Abs.3 S. 2 Halbsatz 1 GG entsprechend der im zweiten Halbsatz vorgenommenen Präzisierung das Wort „verfolgt“ um das Adverb „politisch“ zu ergänzen.
48BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Rz. 93.
49Zum Anderen regelt die in Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG genannte Aufzählung der Gefahren „unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung“ nicht die Reichweite der Vermutungswirkung, sondern allein die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der (einfachrechtliche) Gesetzgeber Staaten zu „sicheren Herkunftsstaaten“ bestimmen darf und geht damit über den Schutzbereich des Art. 16a Abs. 1 GG hinaus. Damit erstreckt sich die Vermutung von Vornherein nicht darauf, dass dem Asylbewerber aus dem sicheren Herkunftsstaat keine unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung droht.
50BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 –, BVerfGE 94, 115-166, - juris Leitsatz Nr. 5, Rz. 95.
51Eine Ablehnung des Streitgegenstands „subsidiärer Schutz“ als offensichtlich unbegründet lässt sich demnach auf § 29a AsylG nicht stützen. Vielmehr sind Bundesamt und Verwaltungsgerichte, an die sich die gesetzliche Vermutung richtet, verpflichtet, die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes i.S.v. § 4 AsylG sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in jedem Einzelfall zu prüfen.
52So ausdrücklich auch BeckOK Heusch AsylVfG § 29a Rn. 33f und Marx AsylVfG § 29a Rn. 24.
53Dass hiervon auch die Bundesregierung ausgeht, ergibt sich aus dem noch die Umsetzung der Verfahrensrichtlinie beabsichtigenden Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes und weiterer Gesetze“ vom 14. September 2015 (12:30 Uhr), der letztlich aber nicht in die Gesetzgebungsorgane eingebracht wurde. Darin war vorgesehen, in § 29a Abs. 1 AsylG das Wort „politische“ zu streichen und nach dem Wort „Verfolgung“ die Wörter „oder ein ernsthafter Schaden“ einzufügen. Damit hätte der Gesetzgeber die Vermutungswirkung, die sich aus der Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat ergibt, auf die Freiheit vor den Gefahren, vor denen der subsidiäre Schutz bewahren soll, ausgedehnt.
54Die angefochtene Tenorierung lässt sich auch nicht auf die Vorschrift § 30 Abs. 1 und 2 AsylG stützen, die das Bundesamt insoweit zu Recht auch nicht heranzieht. Auch im Rahmen dieser Vorschrift könnte aus der Benutzung des in § 13 Abs. 1 und 2 AsylG definierten Begriffs „Asylantrag“ der Schluss gezogen werden, die Norm ermögliche (auch) die Ablehnung des darin enthaltenen Antrags auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“. Und mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen der Norm, dass die „Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen“, wäre mithin denkbar, den im Asylantrag enthaltenen Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abzulehnen, obwohl die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen. Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch aus den vorgenannten Gründen derzeit eine teleologische Reduktion des Begriffs „Asylantrag“ auf die Streitgegenstände „Asylanerkennung“ und „Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft“ geboten.
55Dem § 29a AsylG kann auch nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ entnommen werden. Der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue verpflichtet alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Europäischen Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten.
56BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. September 2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 –, juris Rz 46f.
57Methodisch ausgeschlossen ist hier eine erweiternde Auslegung des § 29a AsylG schon deswegen, weil der Gesetzgeber die (Neu-)Fassung der Verfahrensrichtlinie mit den über die Vorgängerrichtlinie hinausgehenden Regelungen noch überhaupt nicht umgesetzt hat. Es hieße die Lehre der unmittelbaren Anwendbarkeit (s.u. III.) von nicht oder nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien umzukehren, wollte man aus der Richtlinie heraus das nationale Recht erweiternd auslegen, um so dem säumigen Gesetzgeber eines Mitgliedstaates Ermächtigungsgrundlagen zu verschaffen. Darüber hinaus stellt die Verfahrensrichtlinie, wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 32 Abs. 2 ergibt, das beschleunigte Asylverfahren unter den ausdrücklichen Vorbehalt des Gesetzgebers des Mitgliedsstaates.
58III. Das den Antragstellern zustehende Bleiberecht bis zur Entscheidung der Klage aus Art. 46 Abs. 5Verfahrensrichtlinie ist im Verhältnis der Antragsteller und der Antragsgegnerin auch unmittelbar anwendbar.
59Zunächst ist die Verfahrensrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 52 Abs. 1 (Übergangsbestimmungen) auf die Asylanträge der Antragsteller anwendbar. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Artikel 51 Absatz 1
60i.e. die Artikel 1 bis 30, Artikel 31 1, 2 und 6 bis 9, den Artikeln 32 bis 46, den Artikeln 49 und 50 sowie den Anhang I
61auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz
62sowie auf hier nicht weiter einschlägige eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des internationalen Schutzes
63nach dem 20. Juli 2015 oder früher anzuwenden.
64Die Antragsteller haben ihre Asylanträge nach Aktenlage am 21. Juli 2015 und damit nach dem vorgenannten Stichtag gestellt.
65Nach Art. 288 S. 4 AEUV
66Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 25. März 1957, UNTS Bd. 298 S. 11;
67ist eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Damit begründen Richtlinien im Ausgangspunkt keine Rechte oder Pflichten einzelner sich im innerstaatlichen Recht gegenüberstehender Rechtsträger, sondern nur Pflichten für die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten haben also die Pflicht, die von der Richtlinie formulierten Ziele in nationales Recht umzusetzen, indem ihre Organe inhaltlich den Vorgaben der Richtlinie entsprechend Regelungen im nationalen Recht erlassen.
68Nach der Rechtsprechung des EuGH
69EuGH, Rs. 148/78 (Ratti), Slg 1979, 1629 Rdn. 18; Rs. 8/81 (Becker), Slg. 1982, 53 Rdn. 24f; Streinz, EUV/EGV, zu Art. 249 EUV Rdn. 101ff; zu Unterlassungspflichten zuletzt: EuGH, Urteil vom 19.2.2009 (Soysal), Rs. C‑228/06 , InfAuslR 2009, 135.
70ist eine unmittelbare Anwendbarkeit europäischer Richtlinien im Verhältnis zwischen den staatlichen Behörden und dem Einzelnen aber dann anzunehmen, wenn die Vorschrift nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt ist, die Bestimmung hinreichend genau die Verpflichtung einer staatlichen Stelle begründet und die Verpflichtung nicht an eine Bedingung geknüpft ist. Durch diese vom EuGH entwickelte „unmittelbare Wirkung“ europäischer Rechtsakte wird gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten die effektive Geltung der in Richtlinien enthaltenen Vorgaben nicht durch bloße Untätigkeit über die Umsetzungsfrist hinaus oder durch unzureichende Umsetzung verzögern oder vermeiden können. Daraus folgt aber zugleich, dass die unmittelbare Anwendbarkeit nur gegenüber den staatlichen Stellen gegeben sein kann, denn die Richtlinien richten sich von vornherein nur an die Mitgliedstaaten. Das heißt, der Mitgliedstaat und seine Organe und Behörden können sich nicht gegenüber einer Privatperson zu deren Lasten auf Regelungen der Richtlinie stützen. Dies widerspräche auch dem Sanktionscharakter der unmittelbaren Anwendbarkeit.
71Die Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie liegen hier vor.
72Dies sieht auch die Antragsgegnerin so: BAMF Referat 410 „Leitfaden zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung der Richtlinie 2013/32/EU des Rates vom 26.6.2013 (Verfahrensrichtlinie)“, in InfAuslR 2015, 398.
73Die Verfahrensrichtlinie vom 26. Juni 2013 war nach Art. 51 Abs. 1 der Richtlinie hinsichtlich der hier einschlägigen Vorschriften bis spätestens zum 20. Juli 2015 umzusetzen. Die Umsetzungspflicht ist – bezogen auf die Vorschriften über das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf - auch nicht durch Nr. 61 der Erwägungsgründe eingeschränkt, weil diese Vorschriften im Vergleich zu der Richtlinie 2005/85/EG
74vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, Abl L 326/13,
75inhaltlich geändert wurden. Dies ergibt sich schon daraus, dass Art. 39 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG es noch den Mitgliedstaaten überließ, ein verfahrensabhängiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf zu gewährleisten, während Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie dies nun für den Regelfall vorschreibt.
76Die Bundesrepublik Deutschland hat bis zum 20. Juli 2015 (und bis heute) keine Rechtsvorschriften erlassen, die im Einklang mit den Vorschriften der Verfahrensrichtlinie das dort in Art. 46 Abs. 5 verbriefte Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf beenden (s.o. I.). Die nach Art. 46 Abs. 6 lit. a) und Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie erforderliche (nationale) Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung eines Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ gibt es nicht.
77Der Bundesgesetzgeber hat weder das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) noch das vorletzte Änderungsgesetz zum Asylverfahrensgesetz (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 2014, BGBl I S. 2439) noch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015, BGBl I S. 1386, für entsprechende Änderungen genutzt.
78Die Verfahrensrichtlinie selbst kann nach der oben dargestellten Rechtsprechung des EuGH aus systematischen Gründen nicht als Ermächtigungsgrundlage für Entscheidungen des Bundesamtes herangezogen werden, denn nicht die Mitgliedstaaten und ihre Organe und Behörden – hier das Bundesamt – können sich gegenüber den Betroffenen nach der oben dargestellten Systematik auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie berufen, sondern nur die betroffenen selbst. Auch inhaltlich kann die Antragsgegnerin sich nicht auf die unmittelbare Anwendbarkeit berufen, da Art. 32 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie - wie bereits ausgeführt – voraussetzt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Ablehnung eines Antrages - auch soweit er auf die Gewährung subsidiären Schutzes gerichtet ist – als „offensichtlich unbegründet“ vorsehen. Dieser Vorbehalt entsprechender nationalrechtlicher Vorschriften kann nicht durch den Rückgriff auf die Richtlinie umgangen werden.
79Die Bestimmung des Art. 46 Abs. 5 Verfahrensrichtlinie, auf die sich die Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag berufen, ist in ihrer Verpflichtung der staatlichen Stellen hinreichend genau und nicht an eine Bedingung geknüpft. Ihr lässt sich ohne weitere Voraussetzungen entnehmen, dass die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet gestatten, bis die Klagefrist abgelaufen oder im Fall der Klageerhebung über die Klage entschieden ist.
80Nationalrechtlich lässt sich damit die unmittelbare Anwendbarkeit der Verfahrensrichtlinie im Hinblick auf Art. 46 Abs. 5 durch die tenorierte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage verwirklichen.
81Das Gericht weist daraufhin, dass mit der tenorierten Feststellung dem Antrag der Antragsteller gem. § 37 Abs. 2 AsylG entsprochen wurde und die im angefochtenen Bescheid gesetzteAusreisefrist von Gesetzes wegen nunmehr 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Verfahrens endet.
82Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.
83Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.