Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 11. Feb. 2015 - 7 K 720/14.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
T a t b e s t a n d
2Die am 00. 0000. 1996 in B. B1. geborene Klägerin ist äthiopische Staatsangehörige. Sie reiste über Griechenland und Frankreich zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und beantragte am 29. Oktober 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
3Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 20. Februar 2014 gab die Klägerin an, sie habe bis einen Monat vor ihrer Ausreise Anfang September 2011 in B. B1. gewohnt, und zwar mit ihren Eltern und Geschwistern. Dann habe sie in dem Stadtteil H. B2. mit ihrem Freund U. C. zusammen gewohnt. Sie seien nicht verheiratet gewesen. Zu ihren Asylgründen gab die Klägerin an, ihre Eltern seien Muslime. Ihr Freund sei aber ein Christ gewesen. Deshalb habe es Schwierigkeiten mit ihren Eltern gegeben. Sie hätten einen Krieg gegeneinander geführt. Sie sei seit einem Jahr vor ihrer Ausreise mit ihrem Freund zusammen gewesen. Sie hätten sich in der Schule kennengelernt. Er habe Musikaufführungen gemacht, er sei Sänger gewesen. Nachdem sie sich kennengelernt hätten, seien sie etwa einen Monat später ein Paar gewesen. Sie hätten sich versteckt. Für sie sei es eigentlich unmöglich gewesen, sich mit einem Mann zu treffen. Sie hätten dann versucht, dass man sie nicht zusammen in der Öffentlichkeit sehe. Sie hätten sich heimlich getroffen. Sie habe etwa ein paar Stunden in der Schule geschwänzt und habe sich heimlich mit ihm getroffen. Meistens seien sie bei ihm zu Hause gewesen. Eines Tages habe ihr Bruder eine Kreuzkette an ihr entdeckt. Seitdem habe er sie beobachtet. Dies sei ungefähr im Mai 2011 gewesen. Auf Frage zu ihrer Ausreise im September 2011 gab die Klägerin an, sie sei als Christ getauft worden. Ihre Familie habe das mitbekommen. Bei ihnen sei es so, dass man in den Himmel komme, wenn man als Moslem einen Christen töte. Sie habe sich am 29. Mai 2011 taufen lassen, und zwar in der Kirche F. N. in B. B1. . Es handele sich um die koptisch-orthodoxe Kirche. Sie habe den Glauben sehr gemocht. Er habe sie sehr beeindruckt. Sie habe viel Wichtiges in diesem Glauben gefunden. Ihr habe alles gefallen, die Bibel, die Feiertage, die Fastenzeit, im Allgemeinen alles. Zu dem Entschluss zur Konversion sei sie durch ihren Freund gekommen. Er habe ihr viel über den christlichen Glauben erzählt und sie überzeugt. Sie habe dann viele Probleme bekommen, insbesondere mit ihrem Bruder. Sie sei an ihrem Bein verbrannt worden. Es war so, dass er sie habe töten wollen. Ihr Bruder habe es den Eltern erzählt. Ihr Bruder habe sie beobachtet und verfolgt. Auf Nachfrage, wie genau ihr Bruder mitbekommen habe, dass sie sich habe taufen lassen, gab die Klägerin an, die Leute hätten es ihm erzählt. Es hätten sie viele Leute gesehen. Viele Freunde ihres Bruders hätten die Taufe mitbekommen. Die Schwierigkeiten mit ihrem Bruder hätten begonnen, nachdem er die Kreuzkette gesehen und erfahren habe, dass sie getauft worden sei. Er habe es etwa einen Monat nach ihrer Taufe erfahren. Als ihr Bruder es erfahren habe, habe es viele, viele Probleme gegeben. Er habe versucht, sie von allen ihren Aktivitäten abzuhalten, und ihr verboten, in die Schule zu gehen. Er habe gesagt, dass er zuerst sie und dann sich selbst töten wolle. Nachdem er ihr Bein verbrannt habe, sei sie von zu Hause weg. Auf Nachfrage führte sie aus, der Vorfall habe sich die etwa 3-4 Tage vor ihrer Ausreise – korrigiert – etwa 15 Tage vor ihrem Weggang von zu Hause ereignet. Er habe Wasser gekocht und es ihr dann über ihr rechtes Bein geschüttet. Ihr Bruder rede viel. Er habe gesagt, dass sie einen Jungen geliebt habe, der Christ gewesen sei. Die Familie habe dann entschieden, dass sie getötet werden solle. Auf Vorhalt, dass das Tragen einer Kette nicht bedeute, dass man einen Freund habe, erwiderte die Klägerin, die Leute hätten sie gesehen. Etwa drei Tage, bevor sie das Haus verlassen habe, habe die Familie beschlossen, dass sie getötet werden solle. Sie sei im Haus in einer Kammer gefesselt worden. Sie habe dann viele Probleme erlebt. Sie sei von ihrem Bruder geschlagen worden. Ihr sei das Essen verweigert worden. Sie sei auch gezwungen worden, Pfeffer zu inhalieren. Hauptsächlich sei das von ihrem Bruder ausgegangen. Ihr Vater sei froh gewesen, dass ihr Bruder sie quäle. Die ganze Familie sei froh darüber gewesen. Auf Frage, wie sie das Haus habe verlassen können, gab die Klägerin an, sie sei durch das Fenster gestiegen und zu ihrem Freund gegangen. Auf Nachfrage: Normalerweise hätten sie die Wohnung zugeschlossen. Es sei nachts gewesen, als sie geflohen sei. Sie sei dann aus dem Fenster gesprungen. Auf Vorhalt, dass sie zuvor berichtet habe, in einer Kammer gefesselt gewesen zu sein: Sie sei nur tagsüber gefesselt gewesen, nachts nicht mehr. Außerdem sei ihr Bein durch die Verbrennung angeschwollen gewesen. Daher hätten sie sie nachts nicht mehr gefesselt. Auf Frage, ob in dem Monat, den sie bei ihrem Freund verbracht habe, noch etwas geschehen sei, gab sie an, es sei eine sehr schwierige Zeit für sie gewesen. Sie erinnere sich auch nicht mehr an alles. Ihre Familienmitglieder seien nicht aufgetaucht.
4Ergänzend legte sie die Schreiben der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik S. B3. – Dr. N1. T. – vom 04. Oktober 2013 und vom 20. Dezember 2013 vor.
5Mit Bescheid vom 04. April 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie den subsidiären Schutzstatus ab und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise drohte es ihr die Abschiebung nach Äthiopien an.
6Die Klägerin hat am 12. April 2014 Klage erhoben. Sie trägt unter Vorlage einer kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahme der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik S. B3. – Dr. N1. T. – vom 29. April 2014 gegenüber dem Jugendamt der Stadt B3. vor, dass sie an einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung und einer schweren depressiven Episode leide. Weiter führt sie aus, am Tag ihrer Taufe habe sie das bei der Anhörung erwähnte Kreuz erhalten. Im Familienkreis habe sie versucht, das Kreuz zu verbergen. Es sei ihr aber sehr wichtig gewesen, sie habe es immer getragen. Sie habe sich Schals umgewickelt, damit man es nicht habe sehen können. Einmal, als sie sich ausgezogen habe, habe ihr Bruder dieses Kreuz gesehen. Ihr Bruder habe sie angebrüllt und sie geschlagen. Die Mutter habe gefragt, woher sie das Kreuz habe. Sie habe das Haus nicht verlassen dürfen und sei in ein Zimmer gesperrt worden. Der Bruder habe gerüchtweise schon von dem Kontakt zu Herrn C. gehört und gesagt, jetzt wisse er, dass etwas Wahres daran sei. Er habe den Freund auch schon mit Namen gekannt. Als der Vater nach Hause gekommen sei, habe er gesagt, dass sie eine Schande sei. Er habe auf sie eingeschlagen. Sie sei später durch das Fenster zu ihrem Freund geflohen, sei dort aber nur kurz geblieben. Anschließend habe er sie zu seiner Tante nach B4. H1. gebracht.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 04. April 2014 zu verpflichten, ihr gemäß § 3 AsylVfG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
9hilfsweise,
10die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 04. April 2014 zu verpflichten, ihr subsidiären internationalen Schutz gemäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
11hilfsweise,
12die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 04. April 2014 zu verpflichten festzustellen, dass in ihrer Person ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Äthiopien vorliegt.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang sowie die Herrn U. C. betreffenden beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgang, Gerichtsakte VG Münster zu 9 K 911/14.A) Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18Die Kammer kann entscheiden, obwohl die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden unter Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen (vgl. § 102 Abs. 1 VwGO).
19Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 04. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20Die Klägerin hat nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG (nachfolgend I.). Zudem liegen in ihrer Person weder Gründe für die Zuerkennung subsidiären (internationalen) Schutzes nach § 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG (II.) noch die Voraussetzungen eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor (III.).
21I.
22Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG in ihrer Person.
23Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - zur Definition dieser Begriffe vgl. § 3 b Abs. 1 AsylVfG - außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
24Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 04. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3 a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden.
25Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 22.12 -, juris Rn. 19 m.w.N.
27Diese Anforderungen gelten auch für den Fall, dass die Verfolgung nicht von dem Staat, sondern von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht. Nach § 3 c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
28Nach diesen Kriterien kann eine Verfolgung aufgrund asylrelevanter Merkmale nicht festgestellt werden. Die Klägerin hat zwar geltend gemacht, wegen Zugehörigkeit zu einer Religion, nämlich dem Christentum, von ihrer Familie bedroht worden zu sein. Die Voraussetzungen gemäß § 3 c AsylVfG, diese Verfolgung durch private Akteure dem äthiopischen Staat zurechnen zu können, sind allerdings nicht gegeben. Denn es kann nicht angenommen werden, dass der äthiopische Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Äthiopien ist mehrheitlich christlich geprägt. Seine Verfassung enthält das Grundrecht der Religionsfreiheit. Ungeachtet vielschichtiger Spannungen inter- und intrareligiöser Art sieht sich Äthiopien als Modell für interreligiöse Toleranz und Verständigung.
29Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 08. April 2014, S. 9; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien - Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, S. 14: Muslime als religiöse Minderheit.
30Berichtet wird mitunter von Übergriffen gegen bzw. Diskriminierungen von Muslimen.
31Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 08 April 2014, S. 9; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien - Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, S. 14: Muslime als religiöse Minderheit.
32Dass aber die äthiopischen Behörden nicht bereit oder willens sind, gegen Repressionen von muslimischer Seite vorzugehen, kann auf dieser Grundlage nicht angenommen werden. Die von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Auskunft des Immigration and Refugee Board of Canada vom 14. Dezember 2011 rechtfertigt keine abweichende Sicht der Dinge. Denn in der Auskunft geht es vornehmlich um die Rolle der Frau und - u.a. - häusliche Gewalt gegen Frauen und deren Schutzmöglichkeiten. Das ist kategorial nicht mit der hier in Rede stehenden Verfolgung aus religiösen Gründen zu vergleichen.
33Es kommt hinzu, dass die Klägerin die Verfolgung durch ihre Familie nicht glaubhaft gemacht hat. Die Zweifel an ihrem Vorbringen betreffen sowohl den behaupteten Übertritt zum Christentum als auch die aufgrunddessen einsetzende Bedrohung bzw. Verfolgung durch ihre Familie.
34Was den eigentlichen Akt des Übertritts betrifft, hat sich die Klägerin auf die Aussage beschränkt, sie sei am 29. Mai 2011 in der koptisch-orthodoxen Kirche F. N. in B. B1. getauft worden. Weitere Einzelheiten hat sie dagegen nicht mitgeteilt. Zur Begründung ihrer Klage hat sie lediglich ergänzend vorgetragen, sie habe anlässlich der Taufe die Halskette mit dem Kreuz erhalten.
35Darüberhinaus steht das von ihr angegebene Datum der Taufe nicht in Einklang mit den Angaben ihres Freundes U. C. anlässlich seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 19. September 2013. Er hat bekundet, die Klägerin sei im Jahre 2010 konvertiert. Diesen bereits im Bescheid des Bundesamtes aufgezeigten Widerspruch hat sie nicht aufgelöst.
36Das Vorbringen der Klägerin ist auch deswegen unglaubhaft, weil sie ihre Motivation für die Hinwendung zum Christentum nur unzureichend beschrieben hat. Hierzu hat sie bei der Anhörung vor dem Bundesamt bekundet, zu dem Entschluss zur Konversion sei sie durch ihren Freund gekommen; Er habe ihr viel über den christlichen Glauben erzählt und sie überzeugt. Das ist lediglich im Ansatz nachvollziehbar. Vage und unsubstantiiert ist dagegen ihre Aussage zum Inhalt des Glaubens aus ihrer Sicht: Sie habe den Glauben sehr gemocht; er habe sie sehr beeindruckt. Sie habe viel Wichtiges in diesem Glauben gefunden; ihr habe alles gefallen, die Bibel, die Feiertage, die Fastenzeit, im Allgemeinen alles. Überdies ist gerade in der speziellen Konstellation einer Abwendung vom Islam zu erwarten, dass sich der Betreffende damit auseinandersetzt, was es bedeutet, Christ zu sein, zumal da ihr, wie ihr Verhalten nach der behaupteten Taufe belegt, klar war, dass diese von ihrer Familie zumindest nicht gebilligt würde. Von einer solchen inneren Auseinandersetzung hat die Klägerin nichts mitgeteilt.
37Ihr Vorbringen gewährt desweiteren kein klares Bild dazu, wie die Familie von dem Glaubensübertritt erfahren haben soll. So hat sie bei der Anhörung vor dem Bundesamt zunächst bekundet, ihr Bruder habe ihre Halskette mit einem Kreuz entdeckt und sie seither beobachtet. Später hat sie dagegen erklärt, viele Freunde ihres Bruders hätten die Taufe mitbekommen und ihm davon berichtet; er habe es dann den Eltern mitgeteilt. Demgegenüber hat sie zur Begründung der Klage schriftsätzlich vortragen lassen, ihr Bruder habe ihre Halskette mit einem Kreuz entdeckt; ihre Mutter sei dabei gewesen. Wenn letzteres aber zutreffen sollte, hätte für den Bruder keine Veranlassung bestanden, die Eltern zu informieren.
38Es ist auch nicht nachzuvollziehen, dass sich die Klägern ihrem eigenen Vortrag zufolge öffentlich hat taufen lassen, obwohl sie und ihr Freund sich nach Möglichkeit nur heimlich getroffen haben wollen.
39Zweifel sind auch an dem Datum anzumelden, zu dem der Bruder die Halskette mit Kreuz entdeckt haben soll. Hierzu hat die Klägerin zunächst erklärt, dies sei „ungefähr im Mai 2011“ gewesen. Mit der späteren Aussage, der Bruder habe es ca. einen Monat nach der Taufe erfahren, ist das nicht in Einklang zu bringen. Denn die Taufe soll am 29. Mai 2011 gewesen sein.
40Desweiteren hat sie bei der Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, ihr Bruder habe ihr verboten, in die Schule zu gehen. Im Gegensatz dazu hat sie zur Klagebegründung vortragen lassen, ihr sei nach Entdeckung ihrer Halskette verboten worden, das Haus zu verlassen, und sie sei in ein Zimmer gesperrt worden. Warum für den Bruder eine Veranlassung bestanden haben soll, ihr konkret den Besuch der Schule zu untersagen, wenn sie doch schon generell das Haus nicht verlassen durfte und sogar in ein Zimmer gesperrt worden sein soll, erschließt sich nicht.
41Der Eindruck, dass die Klägerin von nicht selbst Erlebtem erzählt, wird ferner dadurch bestärkt, dass sie zu den den Problemen, die sie letztlich zur Flucht veranlasst haben sollen, konkret die Übergriffe des Bruders, durchweg nur vage Angaben gemacht hat.
42Schließlich ist auch die Flucht nicht glaubhaft geschildert. So hat sie bei der Anhörung vor dem Bundesamt zunächst angegeben, sie sei in einer Kammer gefesselt worden. Später hat sie erklärt, sie sei nur tagsüber gefesselt gewesen, so dass sie nachts aus dem Fenster habe fliehen können. Sollte die Klägerin tatsächlich von einem Familienangehörigen gefesselt worden sein, so dürfte diese Maßnahme zum Ziel gehabt haben zu verhindern, dass sie flieht. Dann aber macht es, auch wenn man die angebliche Verbrennung des Beins berücksichtigt, ersichtlich keinen Sinn, dass die Fesselung nur für einen Teil des Tages vorgenommen und zumal dann aufgehoben wird – nämlich nachts –, wenn ein unbemerktes Verlassen des Hauses am ehesten möglich sein dürfte.
43Bei der Anhörung vor dem Bundesamt hat die Klägerin ferner bekundet, in B. B1. habe sie bis einen Monat vor ihrer Ausreise Anfang September 2011 bei ihren Eltern gelebt, danach in dem Stadtteil H. B2. zusammen mit ihrem Freund. Im Klageverfahren hat sie dagegen erklärt, sie sei nur kurz bei ihrem Freund geblieben; er habe sie zu seiner Tante nach B4. H1. gebracht. Warum sie davon nicht bereits bei der Anhörung vor dem Bundesamt berichtet hat, ist unklar.
44Schließlich ist zu konstatieren, dass das Vorbringen der Klägerin in zahlreichen (weiteren) Punkten von den Angaben ihres Freundes U. C. erheblich abweicht. So hat er erklärt, sie hätten im September 2010 traditionell geheiratet, wohingegen die Klägerin die Frage, ob sie verheiratet seien, bei der Anhörung vor dem Bundesamt ausdrücklich verneint hat. Weiter hat U. C. angegeben, ihre Eltern hätten sie aus dem Haus geworfen. Das passt nicht zu ihrer Aussage, die Familie habe beschlossen sie zu töten bzw. dass ihr Bruder gedroht habe, erst sie und dann sich zu töten. Schließlich hat U. C. angegeben, ihr Bruder sei mit einer Gruppe anderer zu seinem Haus gekommen; außerdem sei er zwei Tage inhaftiert gewesen. Davon hat die Klägerin demgegenüber nichts berichtet, obwohl die Frage nach Geschehnissen in dem Monat, in dem sie bei ihrem Freund gewohnt haben will, durchaus Anlass geboten hätte. Im Gegenteil hat sie ausgesagt, ihre Familienangehörigen seien nicht aufgetaucht.
45Nach alledem kann die Kammer nicht davon ausgehen, dass die Klägerin von etwas wirklich Erlebtem berichtet hat. Dieses Fazit gilt auch vor dem Hintergrund der Aussage des Leitenden Psychologen Dr. N1. T. der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik S. B3. vom 05. August 2014. Darin heißt es, dass das Aussageverhalten der Klägerin sicherlich zum Teil durch die belastenden Ereignisse begründet sei. Vorrangiger Grund für möglicherweise widersprüchliche Angaben sei jedoch, dass sie große Schwierigkeiten habe, sich verständlich zu machen, wenn sie sich in einer Situation unsicher fühle. Das mag eine mögliche Erklärung sein. Allerdings ist sie nicht zwingend die einzig denkbare. Folglich kann nicht unterstellt werden, dass die Klägerin, würde sie ihre Aussage in einer Situation machen können, die sie nicht verunsichert, zu einem substantiierten und im Wesentlichen widerspruchsfreien Vortrag in der Lage wäre. Soweit der Leitende Psychologe auf widersprüchliche Aussagen abstellt, ist dem entgegenzuhalten: Das Vorbringen der Klägerin erweist sich nicht nur als widersprüchlich, sondern enthält vielmehr zahlreiche massive Widersprüche, und zwar nicht nur in Bezug auf ihre eigenen Angaben, sondern auch in Bezug auf die Aussagen ihres Freundes U. C. . Überdies sind ihre Angaben durchweg unsubstantiiert und detailarm.
46II.
47Gründe für die Zuerkennung subsidiären (internationalen) Schutzes nach § 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1, 3 AufenthG – zuvor Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in der bis zum 30. November 2013 geltenden Fassung ‑ sind ebenfalls nicht gegeben. Dies hat bereits das Bundesamt zu Recht festgestellt. Daher sieht die Kammer insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
48III.
49Die Voraussetzungen für die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben.
501.) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn sich seine Abschiebung in Anwendung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten als unzulässig erweist. Ausschließlich zu prüfen sind auch in diesem Rahmen nur etwaige zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote. In Betracht kommt damit vor allem ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK (Verbot der Folter). Das darin enthaltene Verbot von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung entspricht allerdings inhaltlich vollständig dem in § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG enthaltenen Grund für die Gewährung von subsidiären Schutz und ist bereits dort zu prüfen; insoweit hat § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK keine eigenständige Bedeutung mehr. In Ausnahmefällen kann sich ein Abschiebungsverbot aus Art. 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) ergeben, etwa dann, wenn im Zielstaat der Abschiebung eine Verurteilung unter krasser Missachtung der in Art. 6 EMRK normierten rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze droht. Auch kann Art. 9 EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) ein Abschiebungsverbot analog zum Asylrechtsschutz begründen.
51Vgl. etwa VGH BW, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 12. Juli 2010 - 8 LA 154/10 -, juris Rn. 14 f. m.w.N.
52Hier ist indes nicht ersichtlich, welches Menschenrecht der EMRK im konkreten Fall der Klägerin ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könnte. Auch insofern sieht die Kammer von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
532.) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
54a) Eine solche Gefahr kann insbesondere nicht deshalb angenommen werden, weil die Klägerin an einer Erkrankung leidet, die behandlungsbedürftig ist, aber in Äthiopien nicht behandelt werden könnte.
55Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des ausreisepflichtigen Ausländers nach Abschiebung in seinen Heimatstaat verschlimmert, kann allerdings grundsätzlich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darstellen. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass sich der Gesundheitszustand alsbald nach einer Rückkehr in das Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil der Ausländer dort nur unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden hat und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 – 9 C 58.96 –, juris Rn. 9; Nds.OVG, Beschluss vom 22.10.2014 – 8 LA 129/14 –, juris Rn. 31; BayVGH, Beschluss vom 18.09.2014 – 13a ZB 14.3002 –, juris Rn. 10; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26.09.2014 – 6a K 1327/14.A –, juris Rn. 29.
57Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstand vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf "optimale Behandlung" einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer alsbaldigen wesentlichen oder lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes im Heimatland bewahren, wenn eine bestehende Krankheit im Zielland wegen mangelnder Ressourcen – faktisch und/oder finanziell – nicht hinreichend behandelt werden kann.
58Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30.10.2006 – 13 A 2820/04.A –, juris Rn. 58; BayVGH, Urteil vom 16.05.2006 – 9 B 03.31193 –, juris Rn. 32; VG Bayreuth, Urteil vom 01.09.2014 – B 3 K 14.30195 –, juris Rn. 39 m.w.N.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 08.05.2014 – 17 K 2504/13.A –, juris Rn. 40.
59Für die Bestimmung der "Gefahr" gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutsverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein.
60Vgl. BayVGH, Urteil vom 23.07.2014 - 19 B 12.1073 -, juris Rn. 97; Nds. OVG, Urteil vom 10.11.2011 – 8 LB 108/10 –, juris Rn. 28; VG Ansbach, Urteil vom 21.01.2015 – AN 9 K 13.30394 –, juris Rn. 26 m.w.N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2014 – 17 K 6765/14.A –, juris Rn. 5 m.w.N.;
61Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich ein Abschiebungsverbot derzeit nicht feststellen.
62Trotz der bestehenden Amtsermittlungspflicht ergibt sich aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO die Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken, was in besonderem Maße für Umstände gilt, die, wie etwa eine Erkrankung, in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.
63Den sich hieraus ergebenden Anforderungen an einen substantiierten Vortrag einer Erkrankung an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) genügen die vorgelegten ärztlichen Berichte vom 04. Oktober 2013 und vom 20. Dezember 2013 sowie die Stellungnahme vom 29. April 2014 nicht.
64Zwar lassen sich die Anforderungen an die Qualität eines Gutachtens zum Vorliegen einer PTBS nicht abstrakt bestimmen. In erster Linie ist es dem Sachverständigen überlassen, in welcher Art und Weise er seine Stellungnahme unterbreitet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Gericht bei den in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen keine eigene, nicht durch entsprechenden medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde besitzt.
65Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.08.2011 - 10 B 13/11 und 10 PKH 10 PKH 11/11 -, juris Rn. 4.
66Gleichwohl ist dem Ergebnis eines Gutachtens oder einer fachlichen Stellungnahme nicht blindlings, sondern nur dann zu folgen, wenn es schlüssig, nachvollziehbar und transparent hergeleitet ist und auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage beruht.
67Gemäß der International Classification of Diseases (ICD-10:F43.1) entsteht eine Posttraumatische Belastungsstörung als Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde." Ein traumatisches Ereignis/Erlebnis ist damit zwingende Voraussetzung für die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung; ohne das Vorliegen eines Traumas kann die Diagnose einer einer solchen Beeinträchtigung folglich nicht gestellt werden. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss vom Schutzsuchenden gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber dem Begutachtenden nachgewiesen bzw. wahrscheinlich gemacht werden. Der objektive Ereignisaspekt ist nämlich nicht Gegenstand der gutachtlichen (ärztlichen) Untersuchung zu einer posttraumatischen Belastungsstörung. Allein mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher darauf geschlossen werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein Ereignis vorlag und wie dieses geartet war.
68Vgl. BayVGH, Beschluss vom 15.12.2010 - 9 ZB 10.30376 -, juris Rn. 3; VG Regensburg, Urteil vom 07.10.2014 – RN 5 K 14.30525 –, juris.
69Nach diesen Kriterien kann eine Posttraumatische Belastungsstörung nicht angenommen werden. Denn die Klägerin hat – wie bereits oben dargelegt – ein traumatisierendes Geschehen nicht glaubhaft gemacht. Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Blick auf die schon angesprochenen Schreiben des Leitenden Psychologen Dr. N1. T. angezeigt. Er übernimmt nämlich augenscheinlich die Sachverhaltsangaben der Klägerin mehr oder weniger ungeprüft und überprüft sie nicht auf ihren Wahrheitsgehalt. Eine Auseinandersetzung mit ihrem massiv widersprüchlichen und durchweg unsubstantiierten Vorbringen im Asylverfahren ist nicht erfolgt. Besonders deutlich wird das angesichts ihrer Aussage zum Umgang der Familie mit ihr. So heißt es in dem Schreiben vom 04. Oktober 2013, die Familie hätte sie verstoßen. In dem Schreiben vom 20. Dezember 2013 wird diese Aussage übernommen. In klarem Gegensatz dazu wird in dem Schreiben vom 29. April 2014 ausgeführt, die Familie hätte sie gegen ihren Willen festgehalten. Hier laufen die Aussagen der Klägerin augenscheinlich diametral auseinander, ohne dass dies plausibel erklärt wird.
70Auf dieser Grundlage ist auch die Gefahr einer Retraumatisierung im Fall der Rückkehr nach Äthiopien nicht als beachtlich wahrscheinlich anzunehmen.
71Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass der Klägerin eine schwere depressive Episode bescheinigt worden ist. Erhebliche Gefahren für Leib oder Leben treten bei Depressionen nicht zwangsläufig ein, wenn die Behandlung nicht fortgeführt wird. Die vorgelegten ärztlichen Schreiben lassen nicht erkennen, dass der Klägerin solche Gefahren drohen, wenn eine therapeutische Behandlung nicht fortgeführt wird.
72Dafür spricht zunächst, dass der Umfang der ärztlichen Behandlung in Deutschland bislang gering ist. Er beschränkt sich auf eine monatlich einmalige Behandlung. Nach den ärztlichen Schreiben ist nicht anzunehmen, dass die Klägerin auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen ist. So heißt es in dem Schreiben vom 04. Oktober 2013, sie lehne eine medikamentöse Behandlung ab, weil sie Angst vor Medikamenten habe. Deswegen wird ärztlicherseits die Möglichkeit einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlung auch als "sehr gering" eingestuft. Auch in dem Schreiben vom 20. Dezember 2013 wird ausgeführt, dass die Klägerin eine antidepressive Pharmakotherapie abgelehnt habe, "auch" weil sie derzeit noch ihren Sohn stille. Dies ist auch der Grund, der in dem Schreiben vom 29. April 2014 dafür angegeben worden ist, dass eine medikamentöse Behandlung zwar erwogen, aber zunächst jedoch ausgesetzt worden ist.
73Es kommt hinzu, dass nach den vorgelegten ärztlichen Schreiben eine ärztliche Behandlung gar nicht als zwingend geboten angesehen wird. In dem Schreiben vom 04. Oktober 2013 wird ausgeführt: „Vorrangig erscheint uns eine Zusammenführung mit ihrem Freund, der im Münsterland lebe; von dieser Maßnahme erwarten wir eine viel deutlichere Stabilisierung, als dies durch eine psychiatrische Behandlung geschehen könnte.“ In Übereinstimmung damit heißt es in dem Schreiben vom 20. Dezember 2013, dass sich die Klägerin immer dann gut gestimmt zeige, wenn ihr Freund zu Besuch gewesen sei; sie sei aktuell insbesondere dadurch belastet, dass sie nur wenig Kontakt zu ihrem Freund habe. Daraus wird dann die Schlussfolgerung gezogen: „Insofern ist eine jugendpsychiatrische Behandlung sekundär, während eine möglichst zügige Familienzusammenführung die primäre Maßnahme zur Stabilisierung der Patientin ist.“ Empfohlen wird eine „Familien“zusammenführung auch in der Stellungnahme vom 29. April 2014. Erneut wird hier darauf hingewiesen, dass sich die Stimmung der Klägerin immer dann verbessere, wenn ihr Freund in B3. zu Besuch sei; insoweit zeige sich eine „Stimmungsstabilisierung“. Diese Ausführungen lassen zwei Schlussfolgerungen zu: Der Freund ist – wie von dem Leitenden Psychologen dargelegt – für das Wohlbefinden und die Stimmung der Klägerin wesentlich wichtiger ist als eine ärztliche Behandlung. Anhaltspunkte dafür, dass das in Äthiopien anders sein könnte, bestehen nicht. Folglich ist die Relevanz einer Behandlung im Heimatland ebenso gering einzuordnen. Es wird vielmehr – wie jetzt – entscheidend sein, ob ihre Freund bei ihr sein wird. Das führt zu der zweiten Überlegung: Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin ist jedenfalls dann nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, wenn sie mit ihrem Freund in ihr Heimatland zurückkehrt. Dass er allein hierbliebe, er sich mithin von der Frau trennen würde, von der er sogar behauptet hat, mit ihr verheiratet zu sein, und mit der er zwei kleine Kinder hat, ist nicht anzunehmen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ihm eine Rückkehr nach Äthiopien verwehrt sein könnte. Zum einen hat er seine Flucht damit begründet, dass er Schwierigkeiten mit der Familie der Klägerin nach deren Übertritt zum Christentum bekommen habe. Die Kammer hat allerdings, wie dargelegt, die Schilderung der Klägerin als nicht glaubhaft bewertet. Allein folgerichtig ist dann die Annahme, dass sich der Freund nicht auf die behauptete Verfolgung der Klägerin berufen kann. Zum anderen ist ungeachtet der Rechtsfrage, welche Staatsangehörigkeit der Freund besitzt, die äthiopische oder die eritreische, maßgeblich darauf abzustellen, dass er noch im Jahr seiner Geburt im Jahre 1990 das Gebiet des heutigen Eritrea verlassen und seither in Äthiopien gelebt hat, so dass nichts dafür spricht, dass er das nicht auch weiterhin könnte.
74Soweit in dem Schreiben der S. Uniklinik B3. vom 05. August 2014 an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausgeführt wird, ein Behandlungsabbruch hätte "das Fortbestehen und ggf. die Zunahme dieser Störung" – gemeint sind die Posttraumatische Belastungsstörung und die schwere depressive Episode – zur Folge, spricht diese Aussage nicht für die Annahme, dass der Klägerin im Falle der Rückkehr nach Äthiopien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erhebliche Gefahren für Leib oder Leben drohen. Hinsichtlich der Posttraumatischen Belastungsstörung folgt dies bereits daraus, dass nach den obigen Ausführungen nicht angenommen werden kann, dass eine solche wirklich vorliegt. Was die schwere depressive Episode anbelangt, so ist zu konstatieren, dass der Leitende Psychologe Dr. T. nicht von einer Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands ausgeht, sondern davon spricht, dass ein Behandlungsabbruch „ggf.“ die Zunahme dieser Störung zur Folge hat. Mit „ggf.“ kennzeichnet er die Zunahme der Störung, dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend, als möglich. Dass er auf diese Weise seine Aussage einschränkt, was angesichts des notwendig prognostischen Elements bei der Einschätzung des Verlaufs einer Erkrankung auch nachvollziehbar erscheint, erhellt auch daraus, dass er im Gegensatz dazu das zuerst erwähnte Fortbestehen der Störung – ohne einschränkenden Zusatz – als gegeben annimmt.
75Die von Dr. N1. T. befürchtete suizidale Krise im Falle einer drohenden Abschiebung – vgl. sein Schreiben vom 05. August 2014 – stellt ein sog. inländisches Abschiebungshindernis dar, das im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Berücksichtigung findet. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind. Gefahren, die sich allein als Folge oder im Zusammenhang mit der Abschiebung ergeben, fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes, sondern sind von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen,
76vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 ‑ 1 C 1.02 -, juris Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 29.07.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 18.01.2013 - 19 A 591/09.A -, juris Rn. 56; VG Ansbach, Urteil vom 10.02.2015 – AN 4 K 13.31104 –, juris Rn. 19; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26.09.2014 – 6a K 1327/14.A –, juris Rn. 62.
77Angesichts dessen drängt sich die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung durch das Gericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht auf.
78b) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die allgemeine wirtschaftlich schwierige Lage in Äthiopien berufen.
79Die Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst grundsätzlich nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen, da bei allgemeinen Gefahren gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a AufenthG über die Gewährung von Abschiebungsschutz im Wege politischer Leitentscheidungen entschieden werden soll (Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann.
80Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, juris (ständige Rechtsprechung).
81Dass hier eine solche extreme Gefahrenlage besteht, in der der Asylbewerber "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde” und die sich alsbald nach der Rückkehr realisiert,
82Vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rn. 38 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung,
83ist aus der Sicht der Kammer nicht anzunehmen. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sie in Äthiopien nicht auf die Unterstützung ihrer Großfamilie oder der des Freundes wird zählen können.
84Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung (Ziffer 4 des Bescheides) begegnen keinen durchgreifenden Bedenken (§§ 34, 38 AsylVfG).
85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 11. Feb. 2015 - 7 K 720/14.A
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 11. Feb. 2015 - 7 K 720/14.A zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 12. Juni 2013 geborene Klägerin ist die Tochter des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. des Verfahrens 6a K 5757/12.A und zugleich Schwester des Klägers zu 3. und der Klägerin zu 4. des Verfahrens 6a K 5757/12.A.
3Mit beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 9. Juli 2013 eingegangenem Schreiben vom 18. Juni 2013 informierte die Ausländerbehörde des Kreise V. das Bundesamt über die Geburt der Klägerin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Juni 2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass diese auf eine Anerkennung als Asylberechtigte verzichte, aus den für ihre Eltern dargestellten Gründen aber geprüft werden solle, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Die Eltern der Klägerin hatten zur Begründung ihrer Anträge im Wesentlichen vorgetragen, sie seien 1990 vor dem Krieg aus Masis nach Tskhinvali nach Georgien geflüchtet und von dort aus 2008 – nachdem ihr Haus zerstört worden sei – in die Russische Föderation geflohen. In der mündlichen Verhandlung hat der Vater der Klägerin vorgetragen, er werde wegen seiner früheren Tätigkeit für eine Mafiapersönlichkeit in Armenien verfolgt und befürchte, bei einer Rückkehr in sein Heimatland umgebracht zu werden. Weiter haben sie erkrankungsbedingte Abschiebungshindernisse geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte der verbundenen Verfahren der Familie der Klägerin 6a K 5757/12.A und 6a K 3723/13.A nebst Beiakten und auf den Inhalt des über die mündliche Verhandlung gefertigten Sitzungsprotokolls sowie auf den Tatbestand des Urteils des Gerichts vom heutigen Tage in dem Verfahren 6a K 5757/12.A Bezug genommen.
4Durch Bescheid vom 20. Februar 2014 (5648790-422) lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1.) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 2.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 3.). Es forderte die Klägerin unter Androhung der Abschiebung nach Armenien auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (Ziffer 4.).
5Die Klägerin hat am 13. März 2014 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt (6a L 419/14.A), den das Gericht mit Beschluss vom 10. April 2014 abgelehnt hat. Zur Begründung ihrer Klage nimmt die Klägerin Bezug auf das Verfahren und die Verwaltungsvorgänge zu dem Verfahren ihrer Eltern. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils vom heutigen Tage in dem Verfahren der Eltern der Klägerin 6a K 5757/12.A Bezug genommen.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2014 – 5648790-422 – zu verpflichten, für die Klägerin festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft,hilfsweise, für die Gewährung subsidiären internationalen Schutzes,weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Armenien vorliegen.
8Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
9die Klage abzuweisen.
10Sie nimmt Bezug auf die angefochtene Entscheidung.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtsakte des zugehörigen Eilverfahrens 6a L 419/14.A und der Gerichtsakten zu den verbundenen Verfahren der Familie der Klägerin 6a K 5757/12.A und 6a K 3723/13.A und der zugehörigen Eilverfahren 6a L 1618/12.A und 6a L 942/13.A sowie der in den vorgenannten Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 1. Juli 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind.
14Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO.
15Die Klägerin hat auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insoweit zunächst Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2014, denen es folgt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Darüber hinaus hat das Gericht bereits in seinem Beschluss vom 10. April 2014 in dem Eilverfahren der Klägerin ausgeführt:
16„Unter Zugrundelegung der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag der Klägerin (beschränkt auf die Zuerkennung internationalen Schutzes) als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG.
17Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
18Vgl. zu alldem BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 ‑ 2 BvR 1429/98 –, juris, vom 8. März 1995 – 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 ‑ 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921.
19Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides), des subsidiären internationalen Schutzes (Ziffer 2 des Bescheides) und der nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 3 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 20. Februar 2014 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
20Die zur Begründung ihres Antrags angeführte Bezugnahme der Antragstellerin auf den Inhalt der sie und ihre Eltern (Kläger in den Verfahren 6a K 3723/13.A und 6a K 5757/12.A und zugleich Antragsteller in den rechtskräftig abgeschlossenen zugehörigen Eilverfahren 6a L 942/13.A und 6a L 1618/12.A) betreffenden Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. In Bezug auf die Eltern der Antragstellerin hat die Kammer bereits mit Beschluss vom 30. August 2013 in dem diese betreffenden Eilverfahren 6a L 942/13.A ausgeführt:
21„Die im angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Bescheides vom 23. Juli 2013, der in Ergänzung des ebenfalls angegriffenen, die Antragsteller betreffenden Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) vom 27. November 2012 (5554571-430) ergangen ist, Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Die Kammer hat in dem den letztgenannten Bescheid betreffenden Beschluss vom 20. Dezember 2012 in dem von den Antragstellern geführten Eilverfahren 6a L 1618/12.A ausgeführt:
22„Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
23Vgl. zu alldem BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 – 2 BvR 1429/98 –, Juris, vom 8. März 1995 – 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921. Finkelnburg/Külpmann/Dombert, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 1262.
24Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Ablehnung der Asylanerkennung (Ziffer 1 des Bescheides) und der Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG (Ziffer 2 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 27. November 2012 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
25Dass eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte bereits wegen der Einreise über einen sicheren Drittstaat ausscheidet, liegt auf der Hand. Zudem haben die Antragsteller auch keine ihnen drohenden Verfolgungsmaßnahmen glaubhaft gemacht, so dass auch eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheidet. Vortrag, der unter dem Gesichtspunkt einer möglichen politischen Verfolgung zu prüfen ist, findet sich im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren lediglich insoweit als die Antragsteller ausführen, in Armenien würden sie aufgrund der Volkszugehörigkeit des Großvaters des Antragstellers zu 1. (Aseri) diskriminiert. Auch dieser Vortrag bleibt indessen völlig pauschal. Angesichts der Auskunftslage zu einer etwaigen Gefährdung von Abkömmlingen aserbaidschanischer Volkszugehöriger in Armenien,
26etwa Lagebericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungserhebliche Lage in der Republik Armenien von Januar 2012, Bundesasylamt Wien, Analyse der Staatendokumentation: Armenien – Situation von gemischtethnischen Paaren (Aktualisierung) von April 2012,
27hätten die Antragsteller konkret begründen müssen, warum sie eine entsprechende Verfolgungsgefahr für gegeben halten. Die genannten und die sonstigen dem Gericht vorliegenden Auskünfte legen eine solche Gefahr wegen des aserbaidschanischen Großvaters nicht gerade nahe. In Bezug auf Georgien haben die Antragsteller überhaupt keine politische Verfolgung ernsthaft behauptet.
28Auch die Feststellung in dem Bescheid, dass ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Georgien nicht vorliegt (Ziffer 3 des Bescheides), begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Annahme eines entsprechenden Abschiebungsverbotes setzt grundsätzlich das Bestehen einer individuellen Gefahr voraus. Beruft der betreffende Ausländer sich hingegen auf eine allgemeine Gefahr in dem betreffenden Zielstaat, so kann ein Abschiebungshindernis nur angenommen werden, wenn der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in das Heimatland in eine lebensgefährliche Situation geriete.
29Vgl. Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 60 AufenthG Rdnr. 54.
30Für eine Gefahr in dem beschriebenen Sinne ist vorliegend nichts ersichtlich. Die Grundversorgung der Bevölkerung ist in Georgien gewährleistet. Für Personen mit (regionalem) Flüchtlingshintergrund gibt es staatliche und internationale Hilfsprogramme. Die Antragsteller haben nach eigenen Angaben viele Jahre – offenbar problemlos – in Georgien gelebt, der Antragsteller zu 1. sogar 18 Jahre lang. Als Flüchtlinge aus Zchinvali, also Südossetien, dürfte ihnen der Status von Binnenflüchtlingen zukommen, für die entsprechende Hilfs- und Integrationsprogramme existieren.
31Im Ergebnis lässt sich derzeit auch kein individuelles Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen Erkrankungen der Antragsteller annehmen. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des ausreisepflichtigen Ausländers nach Abschiebung in seinen Heimatstaat verschlimmert, kann allerdings grundsätzlich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darstellen. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass sich der Gesundheitszustand alsbald nach einer Rückkehr in das Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil der Ausländer dort nur unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden hat und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 –, BVerwGE 105, 383; BVerfG, Beschluss vom 16. April 2002 – 2 BvR 553/02 –, Juris.
33Eine entsprechende Gefahr kann sich auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung dort tatsächlich nicht erlangen kann. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation dem betroffenen Ausländer aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1.02 –, DVBl. 2003, 463.
35Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstand vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf „optimale Behandlung“ einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren.
36Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2005 – 11 A 4518/02.A – und vom 30. Oktober 2006 – 13 A 2820/04.A –.
37Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich ein Abschiebungsverbot derzeit nicht feststellen. Dazu wäre nämlich zunächst erforderlich, dass die insoweit mitwirkungspflichtigen Antragsteller, die sich inzwischen seit immerhin einem halben Jahr in Deutschland aufhalten, einigermaßen konkrete Angaben zu ihren Erkrankungen und der erforderlichen Therapie machen und diese Angaben durch entsprechende ärztliche Atteste belegen. An alldem fehlt es vorliegend. In der Klage- und Antragsschrift wird nur pauschal auf „gesundheitliche Probleme“ bzw. „gesundheitliche Einschränkungen“ verwiesen, ohne dass diese im Einzelnen benannt wären. Im Verwaltungsverfahren haben die Antragsteller durch ihre damalige Bevollmächtigte einen „Gehirntumor“ des Antragstellers zu 1. behauptet, wenig später jedoch einen neurologischen Entlassungsbericht des Evangelischen Krankenhauses C. vom 27. Juni 2012 vorgelegt, der dem Antragsteller zu 1. neben migräneartigen Kopfschmerzen im Wesentlichen unauffällige Befunde attestiert. Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. hat die damalige Bevollmächtigte eine Brustkrebserkrankung erwähnt, die aber offenbar in der Vergangenheit lag („litt an Brustkrebs“). Im Übrigen ist pauschal von „Herzproblemen“, „Unterleibsproblemen“, „Blutungen“ und „Entzündungen“ sowie „psychischen Folgen der Kriegserlebnisse“ die Rede. Auf der Basis dieser Stichworte lässt sich die Frage, ob und in welchem Umfang behandlungsbedürftige Erkrankungen vorliegen, die einer Ausreise nach Georgien entgegen stehen, nicht ernsthaft beantworten; ein Abschiebungshindernis lässt sich somit nicht feststellen.
38Dasselbe gilt naturgemäß hinsichtlich einer etwaigen Abschiebung nach Armenien, so dass auch der Klageantrag, Abschiebungshindernisse hinsichtlich dieses Staates festzustellen, derzeit erfolglos bleiben muss. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass Abschiebungshindernisse regelmäßig nur hinsichtlich desjenigen Staates geprüft werden (müssen), in den die Abschiebung konkret angedroht wird.
39Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 – 9 C 42.99 –, BVerwGE 111, 343 ff. (zu § 50 AuslG), und OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. Mai 2007 – 2 M 153/07 –, juris.
40Sollte die Ausländerbehörde in Zukunft eine Abschiebung nach Armenien ins Auge fassen, wird das Bundesamt zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse in Bezug auf diesen Staat zu prüfen haben.“
41An diesen Ausführungen hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung – auch im Hinblick auf Armenien – fest. Der Vortrag der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren und im zugehörigen Klageverfahren sowie im Hauptsacheverfahren 6a K 5757/12.A führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
42Insbesondere begründet weder die in der Zwischenzeit in dem Verfahren 6a K 5757/12.A (betreffend den Bescheid vom 27. November 2012) vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin X. L. aus T. vom 29. Januar 2013 bezüglich des Antragstellers zu 1. noch die im hier zugehörigen Hauptsacheverfahren 6a K 3723/13.A vorgelegten Bescheinigungen des Arztes X. L. vom 12. August 2013 betreffend sämtliche Antragsteller oder die ärztliche Bescheinigung der W. Kinder- und Jugendklinik E. vom 3. Juli 2013 betreffend die Antragstellerin zu 4. ernsthafte Zweifel an der in dem angegriffenen Bescheid vom 23. Juli 2013 getroffenen Feststellung des Bundesamtes, dass zu Gunsten der Antragsteller kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Armenien vorliegt.
43Auch diesen Bescheinigungen fehlt es an einer hinreichenden Aussagekraft. Feststellungen über eine in Armenien drohende Verschlimmerung der im Raum stehenden Erkrankungen der Antragsteller sind den ärztlichen Bescheinigungen des Arztes X. L. vom 12. August 2013 nicht zu entnehmen. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Aufzählung von offenbar zu verschiedenen Zeitpunkten diagnostizierten Erkrankungen der Antragsteller sowie – im Hinblick auf den Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. – auf die Auflistung der diesen verordneten Medikamente. Dabei wird nicht hinreichend deutlich, ob die Antragsteller aktuell noch unter sämtlichen bzw. unter welchen der in den Bescheinigungen angegebenen, seit November 2012 diagnostizierten Erkrankungen die Antragsteller derzeit (noch) leiden. Auch hinsichtlich der Antragsteller zu 3. und zu 4. ist ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht festzustellen. Insoweit lassen die vorgelegten Bescheinigungen keinen Behandlungsbedarf der diagnostizierten Erkrankungen erkennen. Soweit der Antragstellerin zu 4. in der Bescheinigung des Arztes L. vom 12. August 2013 eine Nierenfehlbildung bescheinigt wird, dürfte fraglich sein, ob dieser überhaupt ein behandlungsbedürftiger Krankheitswert zukommt. In der Bescheinigung der W. Kinder- und Jugendklinik E. vom 3. Juli 2013 wurden der Antragstellerin zu 4. unauffällige Nieren- und Harnwerte attestiert, der Bereich der Nieren und Harnwege blieb ohne pathologischen Befund.“
44Daran hält die Kammer unter Berücksichtigung der jetzigen Sach- und Rechtslage – auch im Hinblick auf die Antragstellerin – fest. Die Antragstellerin hat darüber hinaus keine ihr selbst drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht. Gründe für die Annahme, dass der Antragstellerin in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht – subsidiärer Schutz nach § 4 AsylVfG – sind von ihr weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Auch die Feststellung, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Armenien nicht vorliegen, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, insbesondere hat die Antragstellerin eine für sie im Zielstaat bestehende erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, welche Voraussetzung für ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist, nicht geltend gemacht.
45Nach erneuter Prüfung unter Beachtung des im vorliegenden Hauptsacheverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstabs hält das Gericht weiter an diesen Ausführungen fest. Auch die von den Klägern des Verfahrens 6a K 5757/12.A vorgetragenen weiteren Umstände führen im vorliegenden Fall zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom heutigen Tage in dem Verfahren 6a K 5757/12.A Bezug genommen. Darin hat das Gericht ausgeführt:
46„Der erstmalige Vortrag des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung, er werde in Armenien aufgrund seiner damaligen Tätigkeit für eine Mafiapersönlichkeit in Mafiastrukturen verfolgt, führt nicht zu einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ungeachtet des Umstandes, dass diese nun erstmals geltend gemachten Umstände nicht hinreichend konkret vorgetragen sind, fehlt es insoweit bereits an der Anknüpfung der geltend gemachten Verfolgung an einen der in § 3 Abs. 1 AsylVfG und § 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründe.
47Der Vortrag des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung, er befürchte, bei einer Rückkehr nach Armenien aufgrund seiner damaligen Tätigkeit in Mafiastrukturen umgebracht zu werden, führt auch nicht zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Kläger hat Umstände, die geeignet wären, die Feststellung des Bestehens einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Kläger bei einer Rückkehr in ihr Heimatland zu rechtfertigen, nicht hinreichend konkret und nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Gericht hat durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers zu 1. Dass der Kläger zu 1. sich und seine Familie über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum von mehr als neun Monaten dem Zugriff seines Chefs und seiner Leute ausgesetzt haben will, anstatt sich zu verstecken, nachdem diese Leute in seiner eigenen Wohnung auf ihn geschossen haben sollen, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Ebenso widerspricht es der Lebenserfahrung, in einer solchen Situation der Bedrohung, wie sie der Kläger zu 1. geschildert hat, zunächst die Eltern und die Schwester, nicht aber die schwangere Ehefrau und das gemeinsame Kleinkind aus dem Land zu bringen.
48Unabhängig hiervon bestehen durchgreifende Unstimmigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Zusammenhänge des vom Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung erstmals geschilderten Geschehens. Der Zeitpunkt der Ausreise der Eltern des Klägers zu 1. aus Armenien, der Zeitpunkt des Vorfalls in der Wohnung der Kläger, der Zeitpunkt des zwischen dem Kläger zu 1. und seinem Chef angeblich geführten ersten Gesprächs nach diesem Vorfall und der Zeitpunkt der Ausreise der Kläger aus ihrem Heimatland lassen sich nicht in einen schlüssigen und widerspruchsfreien Zusammenhang bringen. So soll sich der vorgenannte Vorfall in der Wohnung der Kläger während der Schwangerschaft der Klägerin zu 2. zugetragen haben. Die weiteren Angaben des Klägers zu 1. zugrunde gelegt – die Kläger seien vor gut acht, neun Jahren ausgereist, ihr Baby sei damals gut vier Monate alt gewesen – kann sich dieser Vorfall nur in der Zeit während der Schwangerschaft der Klägerin zu 2. mit der Klägerin zu 4., also vor der Geburt der Klägerin zu 4. (10. März 2006), zugetragen haben. Ausgehend vom Vortrag des Klägers zu 1., dass bei dem vorgenannten Vorfall auch seine Mutter zugegen gewesen sein soll, die gut neuneinhalb Monate vor der Ausreise der Kläger selbst ihr Heimatland verlassen haben soll, muss sich der Vorfall in der Wohnung der Kläger ungefähr im Oktober des Jahres 2005 ereignet haben. Der Kläger zu 1. hat angegeben, er habe seine Eltern und seine Schwestern gut acht Monate vor dem ersten Gespräch weggeschickt, welches er nach dem Vorfall in der Wohnung der Kläger mit seinem Chef geführt haben will. Dieses Gespräch habe zugleich etwa einen Monat und zehn Tage vor der Ausreise der Kläger aus ihrem Heimatland stattgefunden. Die Ausreise der Kläger wiederum soll gut vier Monate nach der Geburt der Klägerin zu 4. – d.h. ungefähr Mitte Juli 2006 – erfolgt sein. Hieraus würde folgen, dass das erste Gespräch des Klägers zu 1. mit seinem Chef nach dem Vorfall in der Wohnung des Klägers gegen Ende Mai oder Anfang Juni 2006 stattgefunden hätte. Ungeachtet dessen, dass ein sich hiernach ergebendes mehrmonatiges Zuwarten des Klägers zu 1. mit einem Aufsuchen seines Chefs in der vom Kläger zu 1. geschilderten Bedrohungssituation jeder Lebenserfahrung widerspricht, steht dies auch in Widerspruch zu den weiteren Angaben des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung, die nahelegen, dass das vorgenannte Gespräch in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorfall in der Wohnung der Kläger und nur wenige Wochen vor der Ausreise der Kläger aus ihrem Heimatland stattgefunden hat. Der Kläger hat insoweit angegeben, er habe nach dem Vorfall in seiner Wohnung verstanden, dass es sein Fehler gewesen sei, offen zuzugeben, dass er nicht mehr weitermachen wolle. Er habe sich geschickt verhalten wollen, sei zu seinem Chef gegangen und habe zum Schein eingestanden, dass es ein Fehler gewesen sei, aussteigen zu wollen. Diese Angaben sind indes entweder nicht vereinbar mit der Angabe, dass die Mutter des Klägers zu 1. zugegen gewesen sein soll, als man in seiner Wohnung auf ihn geschossen haben soll, oder nicht vereinbar mit der Angabe, dass die Eltern des Klägers zu 1. ihr Heimatland bereits acht Monate vor dem Gespräch verlassen haben sollen.
49Schließlich führen auch die Bescheinigung des Arztes L. vom 3. September 2014 und die Bescheinigungen der M. -Klinik E1. vom 17. September 2014 nicht zur Feststellung, dass zu Gunsten des Klägers zu 1. ein erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt. Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
50Vgl. grundlegend dazu BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, BVerwGE 129, 251 ff.
51Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der
52Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
53Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
54Gemessen daran lässt sich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen. Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen des Klägers zu 1. liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).
55Aus dem Attest des Arztes L. vom 3. September 2014 geht hervor, dass der Kläger zu 1. an einer arteriellen Hypertonie leidet, wobei eine koronare Herzerkrankung nicht vorliegt. Wie die arterielle Hypertonie des Klägers therapiert wird und ob der Kläger auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen ist, und wenn ja, welche Medikamente er benötigt, geht aus dem Attest nicht hervor. Dem Attest ist zu entnehmen, dass die darin ebenfalls diagnostizierte Hypercholesterinämie therapieresistent ist. Hinsichtlich der Diagnose der psychischen Erkrankung des Klägers zu 1. fehlt es bereits an der für die Berücksichtigungsfähigkeit von Attesten über psychische Erkrankungen erforderlichen Qualifikation des Arztes L. . Ob sich die äußerst pauschale Aussage, dass sich die Stabilität der Erkrankung ohne permanente medizinische Betreuung mit Sicherheit verschlechtern wird, auf die psychische Erkrankung oder die diagnostizierte Hypertonie bezieht, ist dem Attest nicht zu entnehmen.
56Die Bescheinigungen der M. -Klinik E1. vom 17. September 2014 führen – unabhängig von der Frage ihrer Berücksichtigungsfähigkeit, nachdem sie erst nach Ablauf der den Klägern gemäß § 87b Abs. 2 VwGO gesetzten Frist bei Gericht eingegangen sind – ebenfalls nicht zur Feststellung eines erkrankungsbedingten Abschiebungshindernisses. In der Behandlungsbescheinigung vom 17. September 2014 ist nicht einmal eine Diagnose genannt. Aber auch der vorläufige Entlassungsbericht vom selben Tag erfüllt nicht die oben genannten Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an die Berücksichtigungsfähigkeit vorgelegter Atteste. Über den Verweis darauf, dass der Kläger zu 1. vom 8. bis zum 17. September 2014 bei einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und Anpassungsstörungen stationär behandelt worden ist, ist der Bescheinigung ein konkreter Therapieverlauf nicht zu entnehmen, zumal in der Bescheinigung angedeutet wird, dass der Kläger zu 1. ambulant von einem Psychiater betreut wird, von dem jedoch eine Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist. Auch auf welche Art der Behandlung der Kläger zu 1. angewiesen ist, insbesondere ob eine stationäre Behandlung erforderlich ist, ergibt sich aus dem vorläufigen Entlassungsbericht nicht eindeutig. Die Bescheinigung enthält zudem keine Angaben zu den Auswirkungen einer Nichtbehandlung oder eines Behandlungsabbruchs. Mit diesen Angaben hätte das Gericht aber überhaupt erst der Frage nachgehen können, ob eine eventuell erforderliche Behandlung der geltend gemachten Erkrankungen des Klägers für diesen auch in Armenien gewährleistet wäre und ob das Ausbleiben einer Behandlung des Klägers zu 1. ein Abschiebungshindernis begründen würde. Zu einer anderen rechtlichen Bewertung führt auch nicht der vom Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, die Kläger könnten sich die Kosten für ein ausführliches, den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechendes Attest nicht leisten. Dieser Aspekt hat sich hier nicht ausgewirkt, nachdem der Kläger zu 1. die ausführliche Bescheinigung der M. -Klinik E1. vom 17. September 2014 vorgelegt hat. Dass die vorgelegte Bescheinigung im vorliegenden Fall nicht zur Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungshindernisses führt, betrifft die Frage der finanziellen Möglichkeit der Beibringung einer berücksichtigungsfähigen Bescheinigung nicht.
57Ungeachtet dessen sind Erkrankungen an arterieller Hypertonie und psychische Erkrankungen in Armenien behandelbar. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos.
58Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2014; Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesamt vom 19. Juli 2010.
59Die dem Kläger zu 1. verordneten Medikamente Olanzapin und Risperdal sind in Armenien erhältlich.
60Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 26. November 2010.
61Das Medikament Mirtazapin ist in Armenien zwar nicht erhältlich, indes stehen andere Antidepressiva zur Verfügung.
62Vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesamt vom 19. Juli 2010.
63Dass der Kläger zu 1. auf die Einnahme ausschließlich der derzeit verordneten Medikamente und auf eine kostenlose Behandlung angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich und vom Kläger nicht konkret geltend gemacht worden.
64Bei der geltend gemachten Suizidgefahr handelt es sich um ein so genanntes inländisches Abschiebungshindernis, welches im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Berücksichtigung findet.“
65Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren keine weiteren Umstände vorgetragen, die geeignet wären, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen beginnend mit dem Berufungsverfahren 19 B 07.2762 trägt der Kläger.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Die Antragstellung des Klägers ist sachgerecht, weil die Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 die behördliche Entscheidung enthält, die Ausweisung zu vollziehen, und diese Entscheidung durch seine Haftentlassung am 3. Februar 2013 nicht gegenstandslos geworden ist. Bei Bescheiden, die - wie der Bescheid vom 27. Februar 2006 in Nrn. II und III - sowohl von einer Abschiebung aus der Haft heraus als auch von einer Abschiebung nach Fristsetzung sprechen, liegt diese Vollzugsentscheidung trotz des gegenteiligen äußeren Erscheinungsbildes des Bescheides nur einmal vor. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (st. Rspr. des BVerwG, U. v. 27.6.2012 - 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222, und vom 2.9.1999 - 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>; BFH, U. v. 26.8.1982 - IV R 31/82 - BFHE 136, 351 m.w.N; vgl. zum Zivilrecht Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 133 Rn. 7, 9). Der Kläger konnte dem Bescheid vernünftigerweise nicht entnehmen, die Beklagte wolle ihn wegen der Ausweisung zweimal abschieben. Die Behörde wollte durch die Aufspaltung in zwei Tenor-Nummern (die Nrn. II und III ihres Bescheides vom 27. Februar 2006) ersichtlich nur den unterschiedlichen Detailregelungen Rechnung tragen, die § 59 AufenthG für die Abschiebung von Ausländern in Freiheit und von Ausländern in Haft enthält, weil bei dem Bescheidserlass noch nicht absehbar war, welche dieser beiden Detailregelungen anzuwenden sein würde. Nachdem die Behörde ihre Entscheidung, die Ausweisung zu vollziehen, bereits durch Nr. II des Bescheides bekannt gegeben hatte, beschränkte die später vom Verwaltungsgericht rechtskräftig aufgehobene Nr. III des Bescheides vom 27. Februar 2006 - wie auch ihre Einleitung deutlich macht („Sollte Ihre Abschiebung während Ihrer Inhaftierung nicht möglich sein und Sie daher aus der JVA entlassen werden….“) - lediglich die Gültigkeit des Zusatzes „unmittelbar aus der Haft heraus“ in Nr. II des Bescheides auf die Haftzeit und fügte der Abschiebungsandrohung die im Falle eines Aufenthalts des Ausländers in Freiheit gebotene Frist für eine freiwillige Ausreise hinzu (der Umstand, dass in Nr. II des Bescheides die Entscheidung bereits getroffen war, den Kläger nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung abzuschieben, dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass sich in der Nr. III des Bescheides nicht erneut die Wendung „nach Unanfechtbarkeit dieser Ausweisungsverfügung“ findet; zur Unabhängigkeit der grundlegenden Entscheidung zum Vollzug der Ausreisepflicht von der Regelung der Ausreisefrist vgl. Hailbronner, AuslR, § 59 AufenthG, Rn. 80,85 ff., Funke-Kaiser in GK AufenthG, Stand 3/2012, § 59 AufenthG Rn. 204 ff., 223, 226 ff. sowie Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 59 Rn. 13, 23, 25, 63 jeweils mit Rspr.-Nachw.; Aspekte einer solchen Abstraktion der Entscheidung, die Ausreisepflicht durchzusetzen, ergeben sich auch aus § 59 Abs. 1 Satz 6 AufenthG sowie aus dem Umstand, dass die Androhung der Abschiebung aus der Haft lediglich einen in Abs. 5 geregelten Unterfall der als solche in § 59 AufenthG geregelten Abschiebungsandrohung darstellt). Demzufolge ist die Abschiebungsandrohung vom 21. Dezember 2012, die ebenfalls ausdrücklich nur für den Fall Geltung beansprucht, dass eine Abschiebung aus der Haft heraus nicht möglich war, dahingehend auszulegen, dass die Beklagte mit ihr den in Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 bereits grundsätzlich verfügten Vollzug der Ausreisepflicht des Klägers lediglich für die Zeit nach der Haftentlassung regeln und mit der dann erforderlichen Fristsetzung versehen wollte. Nachdem die Verfügung in Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 bei der Haftentlassung des Klägers bereits durch den Bescheid vom 21. Dezember 2012 - nicht anders als vorher durch Nr. III des Bescheides vom 27. Februar 2006 - neugefasst gewesen ist, ist zu diesem Zeitpunkt nicht die Androhung der Abschiebung durch Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 gegenstandslos geworden, sondern lediglich der dortige Zusatz „unmittelbar aus der Haft heraus“.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist weiterhin ein Duldungsbegehren. Der Kläger macht geltend, in Folge der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen werde es zu einer zusätzlichen wesentlichen Beschädigung seiner Gesundheit zum einen schon im Rahmen der Abschiebung selbst kommen - was zutreffendenfalls eine Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (mit der Folge eines Duldungsanspruchs) darstellen würde, weil Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG einer Abschiebung mit solchen Folgen entgegensteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.2.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 7 und B. v. 10.7.2003 - 11 S 2622/02 - juris Rn. 16; vgl. auch AVwV AufenthG Nr. 60a.2.1.1.2.2) - und zum anderen auch nach der Abschiebung (vor allem wegen einer Unerreichbarkeit der in seiner gesundheitlichen Situation erforderlichen ärztlichen und medikamentösen Behandlung) - was zutreffendenfalls eine erhebliche konkrete Gefahr für die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genannten existenziellen Rechtsgüter darstellen würde (zu den Voraussetzungen dieser Bestimmung im einzelnen vgl. B vor I.). Aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG folgt zwar zunächst nur ein Abschiebungsverbot betreffend einen bestimmten Zielstaat und nicht unmittelbar ein Duldungsanspruch, weil grundsätzlich Abschiebungen nicht nur in das Heimatland des Ausländers möglich sind und die streitgegenständliche Ankündigung der Abschiebung auch nicht nur die Russische Föderation benennt; nachdem jedoch kein anderer aufnahmebereiter oder aufnahmeverpflichteter Staat ersichtlich ist, würde ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Russischen Föderation zu einem Duldungsanspruch führen.
Die Ausweisungsentscheidung in Nr. I. des Bescheides vom 27. Februar 2006 ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch seinen Beschluss vom 13. März 2009 (1 B 20.08) den Beschluss des Senats vom 3. September 2008 (19 B 07.2762) nur insoweit aufgehoben, als dieser Beschluss die Anfechtung der Abschiebungsandrohung (Nr. II des Bescheides vom 27.2.2006) und damit auch die von dieser Vollzugsentscheidung abhängigen Duldungsbegehren betrifft. Soweit durch diesen Beschluss die Berufung des Klägers gegen den Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen worden ist, durch den die Ausweisungsentscheidung selbst bestätigt worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht die Senatsentscheidung vom 3. September 2008 aufrechterhalten. Die Ausweisungsentscheidung in Nr. I. des Bescheides vom 27. Februar 2006 ist somit seit dem 13. März 2009 bestandskräftig.
Der Kläger wird nach seiner Rückkehr in die Heimat in der Lage sein, seinen gesamten Existenzbedarf zu verdienen.
Sollte es nach der Abschiebung zu einer produktivpsychotischen Episode aufgrund Nichteinnahme des Neuroleptikums kommen (was nach allem unwahrscheinlich ist), könnten sich daraus bereits deshalb die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht ergeben, weil die Abschiebung zwar der Episode zeitlich vorangegangen, nicht aber ihre wesentliche Ursache wäre.
Sollte der Kläger - was nicht wahrscheinlich ist - das Neuroleptikum nach der Abschiebung eigenverantwortlich absetzen und es in der Folge zu einer produktivpsychotischen Episode kommen, wären die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG auch deshalb nicht erfüllt, weil (worauf die Beklagte in Nr. 2 lit. a ihres Schriftsatzes vom 14.1.2014 hinweist) die Wahnvorstellungen, die solche Episoden des Klägers kennzeichnen, noch keine Gesundheitsverschlechterung des in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebenen Schweregrades darstellen und weil Weiterungen, die diesen Schweregrad erreichen, nicht beachtlich wahrscheinlich sind. Die (wenn auch kleinen, vgl. das Gutachten des Dr. W. vom 18.10.2001) psychiatrisch relevanten Ursachenanteile an der Gewalttat vom 7. Februar 2001 bewertet der Senat in Übereinstimmung mit dem Kläger (vgl. dessen Schriftsatz vom 13.5.2011 im Verfahren 1 C 3/11) als eine solche Weiterung, weil diese Gewalttat zu einem langjährigen Freiheitsverlust geführt hat und weil derartige Taten wegen des Notwehrrechts des Geschädigten mit einem hohen Risiko auch für den Täter verbunden sind. Die Mehrzahl der objektiv festgestellten produktivpsychotischen Episoden (mehrere Anfang der 90er Jahre in Russland und eine im Jahr 1998 im Bundesgebiet, überwiegend mit Misshandlung der Eltern) hat aber weder anhaltende noch schwerwiegende Folgen für den Kläger gehabt; er ist hier jeweils lediglich der medizinischen Behandlung zugeführt worden, soweit dies erforderlich war. Die vom Kläger angegebenen Wahnvorstellungen während einzelner Phasen der Strafhaft sind allesamt von selbst wieder abgeklungen.
Sollte dem Kläger - was nicht wahrscheinlich ist - aus Krankheitsgründen oder aus einem anderen Grund die Sicherung des Lebensunterhalts nicht möglich sein, kann er mit Unterstützung von verschiedenen Seiten rechnen, so dass die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geregelte Situation nicht eintreten wird.
Tenor
1. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit seiner Klage unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom
Der Kläger, geb. ..., ist Staatsangehöriger K.s und hat mit seinen Alias-Personalien einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gestellt. Der Asylantrag wurde vom Verwaltungsgericht Magdeburg mit
Am ... 2012 beantragte der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom ... 2012 beim Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 ff. AufenthG. Bei einer ärztlichen Überprüfung sei festgestellt worden, dass der Kläger an einer chronischen Hepatitis B leide. Da nach dessen Angaben beide Eltern an dieser Erkrankung gestorben seien, sei im Hinblick auf die offenbar bestehende erbliche Vorbelastung ohne intensive ärztliche Behandlung im Heimatland mit einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands und möglicherweise auch mit dem Tod zu rechnen. Der Antragsteller würde die notwendige Behandlung in K. auch nicht erhalten, zumindest sei diese für ihn nicht finanzierbar. Darüber hinaus sei er auch schwer depressiv, was zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Effektive und medizinisch-psychologische Begleitung für selbstmordgefährdete Personen sei in K. nicht erhältlich bzw. nicht finanzierbar. Deswegen drohe auch hinsichtlich der diagnostizierten Hypertonie im Fall einer Rückkehr Lebensgefahr.
Zum Nachweis der bestehenden Gesundheitssituation des Klägers wurden damals zwei Atteste des Internisten Dr. ...
Mit Bescheid vom
Zwar seien etwa 20% der Bevölkerung K.s an Hepatitis B erkrankt und gebe es in K. kein national wirksames Behandlungsprogramm für Hepatitis B. Insoweit verweist das Bundesamt auf die Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe vom 5. September 2005 bezüglich einer Behandlung von Hepatitis B in Y. (K.). Dort heißt es, die Behandlung kann zwar durchgeführt werden, hänge aber primär von den finanziellen Mitteln ab. Eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung seit dieser Auskunft ist nicht ersichtlich. Allerdings sei für den Kläger auch im Fall einer Nichtbehandlung der bei ihm vorliegenden Hepatitis-B-Infektion keine alsbaldige konkrete Gesundheitsverschlechterung erkennbar, da nach dem Attest vom 12. Oktober 2012 noch keine Behandlungsindikation gegeben sei. Der behandelnde Internist habe selbst ausgeführt, dass sich „die Fragen zu Prognose und Behandlungsindikation deshalb nicht beantworten lassen“. Im Übrigen sei eine Hepatitis B eine Infektionserkrankung und beruhe nicht auf einer genetischen Vorbelastung. Die Beklagte führt in ihrem Bescheid weiter aus, die Erkrankung einer im Attest vom 19. Oktober 2012 diagnostizierten Depression sei nicht substantiiert dargelegt, da nicht ausgeführt werde, wie sich diese äußere und wie diese konkret behandelt werde. Das gleiche gelte für den „aktuell“ stark erhöhten Bluthochdruck, der dem Attest vom 28. Februar zugrunde liege, und der noch nicht medikamentös eingestellt gewesen sei. Der Bluthochdruck sei nach Ansicht der Beklagten ohne weiteres behandelbar. Der Kläger könne sich zudem einen kleinen Medikamentenvorrat hier verordnen lassen und in seine Heimat mitnehmen, bis er dort einen Arzt seiner Wahl aufgesucht habe.
Die Beklagte geht davon aus, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, die Kosten für eine entsprechende Behandlung zu finanzieren bzw. es beachtlich wahrscheinlich ist, dass seine Familie ihn insoweit unterstützen könne. Mit Hilfe seiner hier zusätzlich erworbenen Sprachkenntnisse sei er beachtlich wahrscheinlich in der Lage, sich bei Rückkehr eine entsprechende Erwerbstätigkeit zu suchen bzw. ggf. auf die Hilfe seiner Familie zurückzugreifen und weiter auf der Farm auszuhelfen, was ihm das Existenzminimum und die Kosten für die Behandlung und Medikamente sichern werde.
Der Kläger hat am 20. Juni 2013 durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach erheben lassen. Der Bescheid des Bundesamts vom 31. Mai 2013 sei rechtswidrig, da ein Abschiebungsverbot aus medizinischen Gründen festzustellen sei. Zur näheren Begründung werde Bezug auf das klägerische Vorbringen im Verwaltungsverfahren genommen. Dort habe der Kläger ausreichend substantiiert glaubhaft gemacht und belegt, dass er aufgrund seiner Erkrankungen im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland erheblichen und konkreten Gefahren für seine existentiellen Grundrechte auf Gesundheit und Leben ausgesetzt wäre. In K. drohe binnen kurzer Zeit eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der bei ihm festgestellten Krankheiten. Die Beklagte unterstelle fälschlicherweise und ohne Heranziehung entsprechender Quellen, dass Behandlungsmöglichkeiten für den Kläger in K. bestünden. Zweifelhaft sei bereits, ob die notwendige qualifizierte ärztliche Behandlung und die notwendigen Medikamente erreichbar seien. Jedenfalls wäre eine solche Behandlung und Medikation für den Kläger mangels freien Zugangs zum Gesundheitswesen nicht finanzierbar. Der Kläger selbst werde in dem erforderlichen kurzfristigen Zeitraum keine Erwerbstätigkeit finden, die ihm die Finanzierung der Behandlungskosten ermöglichen würde. Die wirtschaftliche Situation in K. sei katastrophal und der Kläger verfüge aufgrund des langen Aufenthalts in Deutschland nicht über die notwendigen Beziehungen, die erforderlich seien, überhaupt eine Arbeitsstelle zu finden. Abgesehen davon verfüge er über keine Berufsausbildung und keine Berufserfahrungen. Selbst auf Hilfe und Unterstützung der Familie könne er nicht zurückgreifen, da seine Eltern nicht mehr leben und er keinen Kontakt zu sonstigen Verwandten habe.
Im weiteren Verfahren legte der Kläger weitere Atteste des Herrn Dr. med. ...
- Bocoprolol CT 5 mg Tabletten (2 x täglich)
- Baraclude 0,5 mg Tabletten (1 x täglich)
- Candesartan ABbZ comp 8 mg/12.5 (2 x täglich)
- Amlo 5 (1 x täglich).
Der Klägervertreter weist in seinem Schreiben vom
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Zur Begründung verweist sie auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom
Mit Beschluss vom 17. November 2014
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Das Gericht konnte im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung über die Klage entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr diesbezügliches Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
1. Da der Kläger vorliegend ausschließlich Krankheitsgründe als Prüfungsmaßstab zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote geltend macht, kommt allein ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Maßgebend ist insoweit allein das Bestehen einer konkreten, individuellen - zielstaatsbezogenen - Gefahr für die genannten Rechtsgüter, ohne Rücksicht darauf, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, die diesem alsbald nach seiner Rückkehr in die Heimat droht (vgl. BVerwG, U. v. 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris;
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG kann sich daraus ergeben, dass die Gefahr der Verschlimmerung einer Krankheit, unter welcher der Ausländer bereits in Deutschland leidet, in seinem Heimatstaat besteht, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind (BVerwG, U. v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - Rn. 9 bei juris). Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, das heißt die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Zuständen (vgl. BVerwG
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG können aber auch dann vorliegen, wenn im Herkunftsland zwar geeignete Behandlungsmöglichkeiten bestehen, die für den betreffenden Rückkehrer aber im Einzelfall aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht erreichbar sind (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9; BayVGH
Dies ist hier der Fall. Das Gericht ist nach den vorliegenden medizinischen Feststellungen, die von der Beklagten nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden sind, davon überzeugt, dass der Kläger bei einer Rückkehr binnen kurzer Zeit einer erheblichen individuellen Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt wäre. Das aktuelle fachärztliche Attest von Herrn Dr. med. ... vom 10. November 2014 belegt, dass der Kläger nach wie vor an einer chronischen Virushepatitis B und an arterieller Hypertonie leidet und deshalb weiterhin medikamentöser Behandlung bedarf. Ohne die Einnahme der in dem Medikamenteneinnahmeplan aufgeführten Medikamente ist mit einer wesentlichen Verschlechterung seines Allgemeinzustandes zu rechnen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen wird der Kläger bei seiner Rückkehr nach K. finanziell nicht in der Lage sein, sich die dauerhafte und spezielle Behandlung der bei ihm diagnostizierten Krankheiten im erforderlichen Umfang zu leisten. Der Klägervertreter hat plausibel dargelegt, dass die vom Kläger nach seinem Therapieplan einzunehmenden Medikamenten relativ teuer sind.
Wie die Beklagte in ihrem Bescheid vom
Die Nichtbehandlung der Hepatitis B-Erkrankung würde zu einer wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands führen, so dass eine Abschiebung des Klägers nach K. für ihn gravierende nachteilige, ihm nicht zumutbare Folgen hätte.
Unter zusammenfassender Betrachtung aller relevanten Umstände und Aspekte, insbesondere in Anbetracht der Erkenntnisse zur medizinischen Versorgungslage in K. sowie des durch die ärztlichen Berichte dokumentierten, von der Beklagtenseite nicht bestrittenen Krankheitsbilds des Klägers, hält das Gericht im vorliegenden Einzelfall eine weitere Sachaufklärung nicht für erforderlich.
Das Gericht ist unter Zugrundelegung all dieser Kriterien zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Es besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Falle seiner Rückkehr nach K. aufgrund der dort vorhandenen Verhältnisse erheblich verschlechtern wird.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben irakischer Staatsangehöriger arabischen Volkstums und sunnitischer Religion. Sein letzter Wohnort im I. sei ... gewesen, er sei im Frühjahr 2003 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland zur Asylantragstellung eingereist. Er habe sein Heimatland I. im Wesentlichen deswegen verlassen, weil er Angehöriger der Baath-Partei gewesen sei. Er habe Angst vor der Rache kurdischer Stämme aber auch Angst vor der Festnahme durch die Alliierten bzw. durch die irakische Opposition gehabt. Er sei auch wegen eines emotionalen Problems ausgereist, er habe um die Hand einer an seiner Schule tätigen Mathematiklehrerin aus einem kurdischen Stamm namens ... angehalten, die Eltern hätten ihn aber abgelehnt. Diese Frau sei mit ihm bis S. gegangen und befinde sich derzeit in ..., er habe Angst vor der Rache des Vaters. Er sei für die Baath-Partei Abteilungsleiter für Propaganda für die Schüler und Studentenvereinigung in ... gewesen, seit 1992 sei er Mitglied der Partei. Seine Familie habe auch Land von Kurden bestellt, denen man es weggenommen hatte, deren Rache befürchteten sie ebenfalls.
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 6. Februar 2004 wurde der Asylantrag des Klägers abgelehnt und er zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert. Die hiergegen gerichtete Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach
Mit Schriftsatz seiner früheren Prozessbevollmächtigten vom
Mit Bescheid des Bundesamts vom
Mit am
1. Der Bescheid des Bundesamts vom
2. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen sowie hilfsweise, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich einer Abschiebung in den I. vorliegen.
Mit Schreiben vom
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom
Mit Schreiben vom
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde den Beteiligten eine Liste der in das Verfahren einbezogenen Auskünfte etc. übermittelt. In der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2015 war der Kläger weder erschienen noch vertreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom
Auf das vorliegende Verfahren findet das durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I, S. 3474) geänderte Asylverfahrensgesetz Anwendung. Dementsprechend ist auch der Klageantrag dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG (I), die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (II) sowie die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG (III) begehrt. Diese Ansprüche stehen dem Kläger jedoch nicht zu. Das Gericht verweist insoweit auf die Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
I.
Nachdem der Kläger vorliegend bereits ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen hat, ist nach § 71 Abs. 1 AsylVfG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen; d. h. ein Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG kann nur dann gegeben sein, wenn sich die dem ursprünglichen Ablehnungsbescheid zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Klägers geändert hat, neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben wären. Keine der Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens sind hier gegeben, insbesondere hat der Kläger keinerlei neue Tatsachen oder Beweismittel vorgelegt, dass ihm im Fall der Rückkehr in den I. dort politische Verfolgung drohen würde. Anhaltspunkte für eine relevante Änderung der Sach- oder Rechtslage seit dem Abschluss des Erstasylverfahrens ergeben sich auch nicht aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen, insbesondere auch dem neuesten Lagebericht des Auswärtigen Amtes aus dem Jahr 2014. Damit hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG.
II.
Entsprechendes gilt für den vom Kläger begehrten subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG. Auch insofern hat der Kläger weder neue Tatsachen oder Beweismittel angegeben, dass ihm bei Rückkehr ein ernsthafter Schaden i. S. v. § 4 AsylVfG droht, Anhaltspunkte dafür sind ebenfalls den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen. Damit steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Feststellung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG zu.
III.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebehindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Insofern hat der Kläger zwar neue Tatsachen im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand vorgetragen und neue Beweismittel im Hinblick auf die eingereichten Atteste verschiedener Mediziner vorgelegt, beides ist jedoch nicht geeignet, eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage zugunsten des Klägers zu belegen oder eine ihm günstigere Entscheidung herbeizuführen. Soweit sich der Kläger auf die Atteste der ihn behandelnden Ärzte vom 14. Juni und 3. Mai 2011, 13. Juni 2012, 15. Mai und 5. Juni 2013 sowie 25. Februar 2014 beruft, sind diese Atteste nicht geeignet, ein Abschiebungsverbot wegen Krankheit beim Kläger zu belegen. Denn aus keinem der Atteste ergibt sich, warum der Kläger die von ihm behauptete PTBS-Erkrankung erstmals im Jahr 2010 ärztlich behandeln ließ und erstmals im Jahr 2011 zum Gegenstand eines Folgeantrags machte, obwohl die Ursachen der Erkrankung traumatisierende Erlebnisse im I. gewesen sein sollen, den der Kläger nach seinen eigenen Angaben spätestens im Jahr 2003 verlassen hatte (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2007, 10 C 8/07, juris, Rn. 15). Weiter hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger in seinem ersten Asylverfahren Kriegserlebnisse im I., die eine traumatisierende Wirkung auf ihn hätten haben können, mit keinem Wort erwähnt hatte. Schließlich fällt auch auf, dass in den ärztlichen Attesten, soweit die Ursache der Beschwerden des Klägers nicht in seinen Problemen während des Aufenthalts in Deutschland, sondern in angeblichen traumatisierenden Ereignissen im I. gewesen wird, diese allein auf den Erzählungen des Klägers gegenüber dem jeweiligen Arzt beruhen und somit keinerlei Gewähr dafür, dass diese Ereignisse tatsächlich stattgefunden hätten, besteht. Im Übrigen wäre auch eine Berücksichtigung traumatisierender Kriegserlebnisse im I. im vorliegenden Folgeverfahren gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG ausgeschlossen. Zu Recht weist die Beklagte im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass in dem - hier naheliegenden - Fall, dass die psychische Erkrankung des Klägers auf die im Attest des Dr. med. ... vom 5. Juni 2013 aufgezählten Lebensbedingungen in Deutschland wie den unsicheren Aufenthalt mit Furcht vor Abschiebung zurückzuführen ist, es sich um ein von der Ausländerbehörde zu berücksichtigendes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, nicht aber um ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis handelt. Zugleich hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt, dass nur die in den genannten Attesten geschilderte psychische Situation des Klägers, die aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf traumatisierenden Ereignissen im Heimatland, sondern auf aus der langjährigen Situation des Klägers in Deutschland entstandenen Problemen beruht, auch im Fall einer Rückkehr des Klägers in den I. nicht zu einem Flashback oder sonstigen Gefährdungen führen kann, sondern vielmehr die Beendigung der unsicheren Situation des Klägers in Deutschland sogar die Ursache für diese Erkrankung beseitigt wäre. Für die sonstigen in den Attesten geschilderten Erkrankungen sind darüber hinaus in den vorgelegten Attesten keine derartigen Folgen für den Fall einer Rückkehr oder Abschiebung des Klägers in den I. dargestellt, die zu einem Bleiberecht nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würden.
IV.
Der sonstige Inhalt des Bescheids ist rechtmäßig. Damit war die Klage abzuweisen.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 12. Juni 2013 geborene Klägerin ist die Tochter des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. des Verfahrens 6a K 5757/12.A und zugleich Schwester des Klägers zu 3. und der Klägerin zu 4. des Verfahrens 6a K 5757/12.A.
3Mit beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 9. Juli 2013 eingegangenem Schreiben vom 18. Juni 2013 informierte die Ausländerbehörde des Kreise V. das Bundesamt über die Geburt der Klägerin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Juni 2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass diese auf eine Anerkennung als Asylberechtigte verzichte, aus den für ihre Eltern dargestellten Gründen aber geprüft werden solle, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Die Eltern der Klägerin hatten zur Begründung ihrer Anträge im Wesentlichen vorgetragen, sie seien 1990 vor dem Krieg aus Masis nach Tskhinvali nach Georgien geflüchtet und von dort aus 2008 – nachdem ihr Haus zerstört worden sei – in die Russische Föderation geflohen. In der mündlichen Verhandlung hat der Vater der Klägerin vorgetragen, er werde wegen seiner früheren Tätigkeit für eine Mafiapersönlichkeit in Armenien verfolgt und befürchte, bei einer Rückkehr in sein Heimatland umgebracht zu werden. Weiter haben sie erkrankungsbedingte Abschiebungshindernisse geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte der verbundenen Verfahren der Familie der Klägerin 6a K 5757/12.A und 6a K 3723/13.A nebst Beiakten und auf den Inhalt des über die mündliche Verhandlung gefertigten Sitzungsprotokolls sowie auf den Tatbestand des Urteils des Gerichts vom heutigen Tage in dem Verfahren 6a K 5757/12.A Bezug genommen.
4Durch Bescheid vom 20. Februar 2014 (5648790-422) lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1.) und erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 2.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 3.). Es forderte die Klägerin unter Androhung der Abschiebung nach Armenien auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (Ziffer 4.).
5Die Klägerin hat am 13. März 2014 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt (6a L 419/14.A), den das Gericht mit Beschluss vom 10. April 2014 abgelehnt hat. Zur Begründung ihrer Klage nimmt die Klägerin Bezug auf das Verfahren und die Verwaltungsvorgänge zu dem Verfahren ihrer Eltern. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils vom heutigen Tage in dem Verfahren der Eltern der Klägerin 6a K 5757/12.A Bezug genommen.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2014 – 5648790-422 – zu verpflichten, für die Klägerin festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft,hilfsweise, für die Gewährung subsidiären internationalen Schutzes,weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Armenien vorliegen.
8Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
9die Klage abzuweisen.
10Sie nimmt Bezug auf die angefochtene Entscheidung.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Gerichtsakte des zugehörigen Eilverfahrens 6a L 419/14.A und der Gerichtsakten zu den verbundenen Verfahren der Familie der Klägerin 6a K 5757/12.A und 6a K 3723/13.A und der zugehörigen Eilverfahren 6a L 1618/12.A und 6a L 942/13.A sowie der in den vorgenannten Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Entscheidung ergeht nach § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch die Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 1. Juli 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist. Das Gericht kann gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen eines Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind.
14Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO.
15Die Klägerin hat auf der Grundlage der gemäß § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylVfG, auf Feststellung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insoweit zunächst Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2014, denen es folgt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Darüber hinaus hat das Gericht bereits in seinem Beschluss vom 10. April 2014 in dem Eilverfahren der Klägerin ausgeführt:
16„Unter Zugrundelegung der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag der Klägerin (beschränkt auf die Zuerkennung internationalen Schutzes) als offensichtlich unbegründet ablehnen durfte und damit zugleich auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG.
17Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
18Vgl. zu alldem BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 ‑ 2 BvR 1429/98 –, juris, vom 8. März 1995 – 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 ‑ 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921.
19Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung in dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1 des Bescheides), des subsidiären internationalen Schutzes (Ziffer 2 des Bescheides) und der nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (Ziffer 3 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 20. Februar 2014 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
20Die zur Begründung ihres Antrags angeführte Bezugnahme der Antragstellerin auf den Inhalt der sie und ihre Eltern (Kläger in den Verfahren 6a K 3723/13.A und 6a K 5757/12.A und zugleich Antragsteller in den rechtskräftig abgeschlossenen zugehörigen Eilverfahren 6a L 942/13.A und 6a L 1618/12.A) betreffenden Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. In Bezug auf die Eltern der Antragstellerin hat die Kammer bereits mit Beschluss vom 30. August 2013 in dem diese betreffenden Eilverfahren 6a L 942/13.A ausgeführt:
21„Die im angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Bescheides vom 23. Juli 2013, der in Ergänzung des ebenfalls angegriffenen, die Antragsteller betreffenden Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) vom 27. November 2012 (5554571-430) ergangen ist, Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Die Kammer hat in dem den letztgenannten Bescheid betreffenden Beschluss vom 20. Dezember 2012 in dem von den Antragstellern geführten Eilverfahren 6a L 1618/12.A ausgeführt:
22„Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG dann offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Beurteilung als offensichtlich unbegründet ist dann gerechtfertigt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt. Erweist sich der Asylantrag als nicht offensichtlich, sondern lediglich schlicht unbegründet, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
23Vgl. zu alldem BVerfG, Beschlüsse vom 21. Juli 2000 – 2 BvR 1429/98 –, Juris, vom 8. März 1995 – 2 BvR 2148/94 –, DVBl. 1995, 846, und vom 28. April 1994 – 2 BvR 2709/93 –, DVBl. 1994, 921. Finkelnburg/Külpmann/Dombert, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 1262.
24Gemessen daran ist die getroffene Entscheidung im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Ablehnung der Asylanerkennung (Ziffer 1 des Bescheides) und der Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG (Ziffer 2 des Bescheides) nicht zu beanstanden. Die Kammer nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Begründung des Ablehnungsbescheides vom 27. November 2012 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
25Dass eine Anerkennung der Antragsteller als Asylberechtigte bereits wegen der Einreise über einen sicheren Drittstaat ausscheidet, liegt auf der Hand. Zudem haben die Antragsteller auch keine ihnen drohenden Verfolgungsmaßnahmen glaubhaft gemacht, so dass auch eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausscheidet. Vortrag, der unter dem Gesichtspunkt einer möglichen politischen Verfolgung zu prüfen ist, findet sich im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren lediglich insoweit als die Antragsteller ausführen, in Armenien würden sie aufgrund der Volkszugehörigkeit des Großvaters des Antragstellers zu 1. (Aseri) diskriminiert. Auch dieser Vortrag bleibt indessen völlig pauschal. Angesichts der Auskunftslage zu einer etwaigen Gefährdung von Abkömmlingen aserbaidschanischer Volkszugehöriger in Armenien,
26etwa Lagebericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungserhebliche Lage in der Republik Armenien von Januar 2012, Bundesasylamt Wien, Analyse der Staatendokumentation: Armenien – Situation von gemischtethnischen Paaren (Aktualisierung) von April 2012,
27hätten die Antragsteller konkret begründen müssen, warum sie eine entsprechende Verfolgungsgefahr für gegeben halten. Die genannten und die sonstigen dem Gericht vorliegenden Auskünfte legen eine solche Gefahr wegen des aserbaidschanischen Großvaters nicht gerade nahe. In Bezug auf Georgien haben die Antragsteller überhaupt keine politische Verfolgung ernsthaft behauptet.
28Auch die Feststellung in dem Bescheid, dass ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Georgien nicht vorliegt (Ziffer 3 des Bescheides), begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Annahme eines entsprechenden Abschiebungsverbotes setzt grundsätzlich das Bestehen einer individuellen Gefahr voraus. Beruft der betreffende Ausländer sich hingegen auf eine allgemeine Gefahr in dem betreffenden Zielstaat, so kann ein Abschiebungshindernis nur angenommen werden, wenn der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in das Heimatland in eine lebensgefährliche Situation geriete.
29Vgl. Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 60 AufenthG Rdnr. 54.
30Für eine Gefahr in dem beschriebenen Sinne ist vorliegend nichts ersichtlich. Die Grundversorgung der Bevölkerung ist in Georgien gewährleistet. Für Personen mit (regionalem) Flüchtlingshintergrund gibt es staatliche und internationale Hilfsprogramme. Die Antragsteller haben nach eigenen Angaben viele Jahre – offenbar problemlos – in Georgien gelebt, der Antragsteller zu 1. sogar 18 Jahre lang. Als Flüchtlinge aus Zchinvali, also Südossetien, dürfte ihnen der Status von Binnenflüchtlingen zukommen, für die entsprechende Hilfs- und Integrationsprogramme existieren.
31Im Ergebnis lässt sich derzeit auch kein individuelles Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen Erkrankungen der Antragsteller annehmen. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des ausreisepflichtigen Ausländers nach Abschiebung in seinen Heimatstaat verschlimmert, kann allerdings grundsätzlich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG darstellen. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass sich der Gesundheitszustand alsbald nach einer Rückkehr in das Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil der Ausländer dort nur unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden hat und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 – 9 C 58.96 –, BVerwGE 105, 383; BVerfG, Beschluss vom 16. April 2002 – 2 BvR 553/02 –, Juris.
33Eine entsprechende Gefahr kann sich auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung dort tatsächlich nicht erlangen kann. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation dem betroffenen Ausländer aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1.02 –, DVBl. 2003, 463.
35Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Heimatstand vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert auch für chronisch Erkrankte keinen Anspruch auf „optimale Behandlung“ einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren.
36Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2005 – 11 A 4518/02.A – und vom 30. Oktober 2006 – 13 A 2820/04.A –.
37Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich ein Abschiebungsverbot derzeit nicht feststellen. Dazu wäre nämlich zunächst erforderlich, dass die insoweit mitwirkungspflichtigen Antragsteller, die sich inzwischen seit immerhin einem halben Jahr in Deutschland aufhalten, einigermaßen konkrete Angaben zu ihren Erkrankungen und der erforderlichen Therapie machen und diese Angaben durch entsprechende ärztliche Atteste belegen. An alldem fehlt es vorliegend. In der Klage- und Antragsschrift wird nur pauschal auf „gesundheitliche Probleme“ bzw. „gesundheitliche Einschränkungen“ verwiesen, ohne dass diese im Einzelnen benannt wären. Im Verwaltungsverfahren haben die Antragsteller durch ihre damalige Bevollmächtigte einen „Gehirntumor“ des Antragstellers zu 1. behauptet, wenig später jedoch einen neurologischen Entlassungsbericht des Evangelischen Krankenhauses C. vom 27. Juni 2012 vorgelegt, der dem Antragsteller zu 1. neben migräneartigen Kopfschmerzen im Wesentlichen unauffällige Befunde attestiert. Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. hat die damalige Bevollmächtigte eine Brustkrebserkrankung erwähnt, die aber offenbar in der Vergangenheit lag („litt an Brustkrebs“). Im Übrigen ist pauschal von „Herzproblemen“, „Unterleibsproblemen“, „Blutungen“ und „Entzündungen“ sowie „psychischen Folgen der Kriegserlebnisse“ die Rede. Auf der Basis dieser Stichworte lässt sich die Frage, ob und in welchem Umfang behandlungsbedürftige Erkrankungen vorliegen, die einer Ausreise nach Georgien entgegen stehen, nicht ernsthaft beantworten; ein Abschiebungshindernis lässt sich somit nicht feststellen.
38Dasselbe gilt naturgemäß hinsichtlich einer etwaigen Abschiebung nach Armenien, so dass auch der Klageantrag, Abschiebungshindernisse hinsichtlich dieses Staates festzustellen, derzeit erfolglos bleiben muss. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass Abschiebungshindernisse regelmäßig nur hinsichtlich desjenigen Staates geprüft werden (müssen), in den die Abschiebung konkret angedroht wird.
39Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2000 – 9 C 42.99 –, BVerwGE 111, 343 ff. (zu § 50 AuslG), und OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. Mai 2007 – 2 M 153/07 –, juris.
40Sollte die Ausländerbehörde in Zukunft eine Abschiebung nach Armenien ins Auge fassen, wird das Bundesamt zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse in Bezug auf diesen Staat zu prüfen haben.“
41An diesen Ausführungen hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung – auch im Hinblick auf Armenien – fest. Der Vortrag der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren und im zugehörigen Klageverfahren sowie im Hauptsacheverfahren 6a K 5757/12.A führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.
42Insbesondere begründet weder die in der Zwischenzeit in dem Verfahren 6a K 5757/12.A (betreffend den Bescheid vom 27. November 2012) vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin X. L. aus T. vom 29. Januar 2013 bezüglich des Antragstellers zu 1. noch die im hier zugehörigen Hauptsacheverfahren 6a K 3723/13.A vorgelegten Bescheinigungen des Arztes X. L. vom 12. August 2013 betreffend sämtliche Antragsteller oder die ärztliche Bescheinigung der W. Kinder- und Jugendklinik E. vom 3. Juli 2013 betreffend die Antragstellerin zu 4. ernsthafte Zweifel an der in dem angegriffenen Bescheid vom 23. Juli 2013 getroffenen Feststellung des Bundesamtes, dass zu Gunsten der Antragsteller kein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf Armenien vorliegt.
43Auch diesen Bescheinigungen fehlt es an einer hinreichenden Aussagekraft. Feststellungen über eine in Armenien drohende Verschlimmerung der im Raum stehenden Erkrankungen der Antragsteller sind den ärztlichen Bescheinigungen des Arztes X. L. vom 12. August 2013 nicht zu entnehmen. Sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Aufzählung von offenbar zu verschiedenen Zeitpunkten diagnostizierten Erkrankungen der Antragsteller sowie – im Hinblick auf den Antragsteller zu 1. und die Antragstellerin zu 2. – auf die Auflistung der diesen verordneten Medikamente. Dabei wird nicht hinreichend deutlich, ob die Antragsteller aktuell noch unter sämtlichen bzw. unter welchen der in den Bescheinigungen angegebenen, seit November 2012 diagnostizierten Erkrankungen die Antragsteller derzeit (noch) leiden. Auch hinsichtlich der Antragsteller zu 3. und zu 4. ist ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht festzustellen. Insoweit lassen die vorgelegten Bescheinigungen keinen Behandlungsbedarf der diagnostizierten Erkrankungen erkennen. Soweit der Antragstellerin zu 4. in der Bescheinigung des Arztes L. vom 12. August 2013 eine Nierenfehlbildung bescheinigt wird, dürfte fraglich sein, ob dieser überhaupt ein behandlungsbedürftiger Krankheitswert zukommt. In der Bescheinigung der W. Kinder- und Jugendklinik E. vom 3. Juli 2013 wurden der Antragstellerin zu 4. unauffällige Nieren- und Harnwerte attestiert, der Bereich der Nieren und Harnwege blieb ohne pathologischen Befund.“
44Daran hält die Kammer unter Berücksichtigung der jetzigen Sach- und Rechtslage – auch im Hinblick auf die Antragstellerin – fest. Die Antragstellerin hat darüber hinaus keine ihr selbst drohende politische Verfolgung glaubhaft gemacht. Gründe für die Annahme, dass der Antragstellerin in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht – subsidiärer Schutz nach § 4 AsylVfG – sind von ihr weder vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Auch die Feststellung, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Armenien nicht vorliegen, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln, insbesondere hat die Antragstellerin eine für sie im Zielstaat bestehende erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, welche Voraussetzung für ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist, nicht geltend gemacht.
45Nach erneuter Prüfung unter Beachtung des im vorliegenden Hauptsacheverfahrens anzulegenden Prüfungsmaßstabs hält das Gericht weiter an diesen Ausführungen fest. Auch die von den Klägern des Verfahrens 6a K 5757/12.A vorgetragenen weiteren Umstände führen im vorliegenden Fall zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom heutigen Tage in dem Verfahren 6a K 5757/12.A Bezug genommen. Darin hat das Gericht ausgeführt:
46„Der erstmalige Vortrag des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung, er werde in Armenien aufgrund seiner damaligen Tätigkeit für eine Mafiapersönlichkeit in Mafiastrukturen verfolgt, führt nicht zu einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ungeachtet des Umstandes, dass diese nun erstmals geltend gemachten Umstände nicht hinreichend konkret vorgetragen sind, fehlt es insoweit bereits an der Anknüpfung der geltend gemachten Verfolgung an einen der in § 3 Abs. 1 AsylVfG und § 3b AsylVfG genannten Verfolgungsgründe.
47Der Vortrag des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung, er befürchte, bei einer Rückkehr nach Armenien aufgrund seiner damaligen Tätigkeit in Mafiastrukturen umgebracht zu werden, führt auch nicht zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Kläger hat Umstände, die geeignet wären, die Feststellung des Bestehens einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Kläger bei einer Rückkehr in ihr Heimatland zu rechtfertigen, nicht hinreichend konkret und nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Gericht hat durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers zu 1. Dass der Kläger zu 1. sich und seine Familie über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum von mehr als neun Monaten dem Zugriff seines Chefs und seiner Leute ausgesetzt haben will, anstatt sich zu verstecken, nachdem diese Leute in seiner eigenen Wohnung auf ihn geschossen haben sollen, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Ebenso widerspricht es der Lebenserfahrung, in einer solchen Situation der Bedrohung, wie sie der Kläger zu 1. geschildert hat, zunächst die Eltern und die Schwester, nicht aber die schwangere Ehefrau und das gemeinsame Kleinkind aus dem Land zu bringen.
48Unabhängig hiervon bestehen durchgreifende Unstimmigkeiten hinsichtlich der zeitlichen Zusammenhänge des vom Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung erstmals geschilderten Geschehens. Der Zeitpunkt der Ausreise der Eltern des Klägers zu 1. aus Armenien, der Zeitpunkt des Vorfalls in der Wohnung der Kläger, der Zeitpunkt des zwischen dem Kläger zu 1. und seinem Chef angeblich geführten ersten Gesprächs nach diesem Vorfall und der Zeitpunkt der Ausreise der Kläger aus ihrem Heimatland lassen sich nicht in einen schlüssigen und widerspruchsfreien Zusammenhang bringen. So soll sich der vorgenannte Vorfall in der Wohnung der Kläger während der Schwangerschaft der Klägerin zu 2. zugetragen haben. Die weiteren Angaben des Klägers zu 1. zugrunde gelegt – die Kläger seien vor gut acht, neun Jahren ausgereist, ihr Baby sei damals gut vier Monate alt gewesen – kann sich dieser Vorfall nur in der Zeit während der Schwangerschaft der Klägerin zu 2. mit der Klägerin zu 4., also vor der Geburt der Klägerin zu 4. (10. März 2006), zugetragen haben. Ausgehend vom Vortrag des Klägers zu 1., dass bei dem vorgenannten Vorfall auch seine Mutter zugegen gewesen sein soll, die gut neuneinhalb Monate vor der Ausreise der Kläger selbst ihr Heimatland verlassen haben soll, muss sich der Vorfall in der Wohnung der Kläger ungefähr im Oktober des Jahres 2005 ereignet haben. Der Kläger zu 1. hat angegeben, er habe seine Eltern und seine Schwestern gut acht Monate vor dem ersten Gespräch weggeschickt, welches er nach dem Vorfall in der Wohnung der Kläger mit seinem Chef geführt haben will. Dieses Gespräch habe zugleich etwa einen Monat und zehn Tage vor der Ausreise der Kläger aus ihrem Heimatland stattgefunden. Die Ausreise der Kläger wiederum soll gut vier Monate nach der Geburt der Klägerin zu 4. – d.h. ungefähr Mitte Juli 2006 – erfolgt sein. Hieraus würde folgen, dass das erste Gespräch des Klägers zu 1. mit seinem Chef nach dem Vorfall in der Wohnung des Klägers gegen Ende Mai oder Anfang Juni 2006 stattgefunden hätte. Ungeachtet dessen, dass ein sich hiernach ergebendes mehrmonatiges Zuwarten des Klägers zu 1. mit einem Aufsuchen seines Chefs in der vom Kläger zu 1. geschilderten Bedrohungssituation jeder Lebenserfahrung widerspricht, steht dies auch in Widerspruch zu den weiteren Angaben des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung, die nahelegen, dass das vorgenannte Gespräch in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorfall in der Wohnung der Kläger und nur wenige Wochen vor der Ausreise der Kläger aus ihrem Heimatland stattgefunden hat. Der Kläger hat insoweit angegeben, er habe nach dem Vorfall in seiner Wohnung verstanden, dass es sein Fehler gewesen sei, offen zuzugeben, dass er nicht mehr weitermachen wolle. Er habe sich geschickt verhalten wollen, sei zu seinem Chef gegangen und habe zum Schein eingestanden, dass es ein Fehler gewesen sei, aussteigen zu wollen. Diese Angaben sind indes entweder nicht vereinbar mit der Angabe, dass die Mutter des Klägers zu 1. zugegen gewesen sein soll, als man in seiner Wohnung auf ihn geschossen haben soll, oder nicht vereinbar mit der Angabe, dass die Eltern des Klägers zu 1. ihr Heimatland bereits acht Monate vor dem Gespräch verlassen haben sollen.
49Schließlich führen auch die Bescheinigung des Arztes L. vom 3. September 2014 und die Bescheinigungen der M. -Klinik E1. vom 17. September 2014 nicht zur Feststellung, dass zu Gunsten des Klägers zu 1. ein erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt. Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
50Vgl. grundlegend dazu BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 –, BVerwGE 129, 251 ff.
51Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer psychischen Erkrankung, etwa einer PTBS, auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der
52Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
53Vgl. zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8.07 – und Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 B 205/93 –, jeweils juris.
54Gemessen daran lässt sich ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht feststellen. Ein den vorgenannten Anforderungen entsprechendes Vorbringen des Klägers zu 1. liegt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).
55Aus dem Attest des Arztes L. vom 3. September 2014 geht hervor, dass der Kläger zu 1. an einer arteriellen Hypertonie leidet, wobei eine koronare Herzerkrankung nicht vorliegt. Wie die arterielle Hypertonie des Klägers therapiert wird und ob der Kläger auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen ist, und wenn ja, welche Medikamente er benötigt, geht aus dem Attest nicht hervor. Dem Attest ist zu entnehmen, dass die darin ebenfalls diagnostizierte Hypercholesterinämie therapieresistent ist. Hinsichtlich der Diagnose der psychischen Erkrankung des Klägers zu 1. fehlt es bereits an der für die Berücksichtigungsfähigkeit von Attesten über psychische Erkrankungen erforderlichen Qualifikation des Arztes L. . Ob sich die äußerst pauschale Aussage, dass sich die Stabilität der Erkrankung ohne permanente medizinische Betreuung mit Sicherheit verschlechtern wird, auf die psychische Erkrankung oder die diagnostizierte Hypertonie bezieht, ist dem Attest nicht zu entnehmen.
56Die Bescheinigungen der M. -Klinik E1. vom 17. September 2014 führen – unabhängig von der Frage ihrer Berücksichtigungsfähigkeit, nachdem sie erst nach Ablauf der den Klägern gemäß § 87b Abs. 2 VwGO gesetzten Frist bei Gericht eingegangen sind – ebenfalls nicht zur Feststellung eines erkrankungsbedingten Abschiebungshindernisses. In der Behandlungsbescheinigung vom 17. September 2014 ist nicht einmal eine Diagnose genannt. Aber auch der vorläufige Entlassungsbericht vom selben Tag erfüllt nicht die oben genannten Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an die Berücksichtigungsfähigkeit vorgelegter Atteste. Über den Verweis darauf, dass der Kläger zu 1. vom 8. bis zum 17. September 2014 bei einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen und Anpassungsstörungen stationär behandelt worden ist, ist der Bescheinigung ein konkreter Therapieverlauf nicht zu entnehmen, zumal in der Bescheinigung angedeutet wird, dass der Kläger zu 1. ambulant von einem Psychiater betreut wird, von dem jedoch eine Bescheinigung nicht vorgelegt worden ist. Auch auf welche Art der Behandlung der Kläger zu 1. angewiesen ist, insbesondere ob eine stationäre Behandlung erforderlich ist, ergibt sich aus dem vorläufigen Entlassungsbericht nicht eindeutig. Die Bescheinigung enthält zudem keine Angaben zu den Auswirkungen einer Nichtbehandlung oder eines Behandlungsabbruchs. Mit diesen Angaben hätte das Gericht aber überhaupt erst der Frage nachgehen können, ob eine eventuell erforderliche Behandlung der geltend gemachten Erkrankungen des Klägers für diesen auch in Armenien gewährleistet wäre und ob das Ausbleiben einer Behandlung des Klägers zu 1. ein Abschiebungshindernis begründen würde. Zu einer anderen rechtlichen Bewertung führt auch nicht der vom Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, die Kläger könnten sich die Kosten für ein ausführliches, den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechendes Attest nicht leisten. Dieser Aspekt hat sich hier nicht ausgewirkt, nachdem der Kläger zu 1. die ausführliche Bescheinigung der M. -Klinik E1. vom 17. September 2014 vorgelegt hat. Dass die vorgelegte Bescheinigung im vorliegenden Fall nicht zur Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungshindernisses führt, betrifft die Frage der finanziellen Möglichkeit der Beibringung einer berücksichtigungsfähigen Bescheinigung nicht.
57Ungeachtet dessen sind Erkrankungen an arterieller Hypertonie und psychische Erkrankungen in Armenien behandelbar. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos.
58Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2014; Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesamt vom 19. Juli 2010.
59Die dem Kläger zu 1. verordneten Medikamente Olanzapin und Risperdal sind in Armenien erhältlich.
60Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 26. November 2010.
61Das Medikament Mirtazapin ist in Armenien zwar nicht erhältlich, indes stehen andere Antidepressiva zur Verfügung.
62Vgl. Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland an das Bundesamt vom 19. Juli 2010.
63Dass der Kläger zu 1. auf die Einnahme ausschließlich der derzeit verordneten Medikamente und auf eine kostenlose Behandlung angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich und vom Kläger nicht konkret geltend gemacht worden.
64Bei der geltend gemachten Suizidgefahr handelt es sich um ein so genanntes inländisches Abschiebungshindernis, welches im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keine Berücksichtigung findet.“
65Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren keine weiteren Umstände vorgetragen, die geeignet wären, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Zivilprozessordnung.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.