Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Aug. 2015 - 6 K 297/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d:
2Der Kläger wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen eine Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung durch das Polizeipräsidium Aachen (im Folgenden: Beklagter).
3Unter dem Aktenzeichen 102 Js 53/14 ermittelte die Staatsanwaltschaft Aachen gegen den Kläger wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Cannabis. Anlass für die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Kläger waren Hinweise aus der Bevölkerung an die Polizei, dass auf dem Parkplatz "L. " in Aachen in den Abendstunden Pkw-Insassen Drogen konsumierten und verkauften. Diesen Hinweisen gingen Zivilkräfte der Polizei nach. Diese beobachteten am 26. November 2013 gegen 19.20 Uhr einen schwarzen Golf mit dem amtlichen Kennzeichen , der auf den Parkplatz fuhr und in der hinteren linken Ecke parkte. Ausweislich der Sachverhaltsdarstellung zu der gefertigten Strafanzeige wurde der Motor nach wenigen Minuten abgestellt während die Fahrzeugbeleuchtung angeschaltet blieb. Es sei für die Polizeibeamten erkennbar gewesen, dass sich mehrere Personen in dem Fahrzeug befanden. Bei dem Herantreten an den Pkw habe der kontrollierende Polizeibeamte den typischen Geruch von Marihuana durch das geöffnete Fahrerfenster des Pkw festgestellt. In dem Moment der Ansprache durch den Polizeibeamten habe der Kläger, der Fahrer des Pkw, eine Umverpackung "Langblättchen" in den Fußraum fallen lassen. Als der Kläger ausgestiegen sei, habe ein Crusher für Marihuana auf dem Fahrersitz gelegen. Bei der Personenkontrolle vor dem Fahrzeug habe einer der eingesetzten Polizeibeamten beobachtet, dass der Kläger in einem aus seiner Sicht unbeobachteten Moment ein Minigriptütchen mit Marihuana zu Boden fallen ließ. In seiner Hosentasche führte der Kläger ausweislich der Sachverhaltsdarstellung zu der gefertigten Strafanzeige insgesamt 210,‑ € Bargeld in der Stückelung 1 x 50,- €, 3 x 20,- €, 8 x 10,- €, 4 x 5,‑ € mit sich. Ein bei dem Kläger auf der Polizeiwache freiwillig durchgeführter Drogenschnelltest verlief positiv auf Cannabisprodukte. Das daraufhin eingeleitete Anlassverfahren (447 Cs ‑ 102 Js 53/14 ‑ 86/14) gegen den Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 24. April 2014 gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Die Einstellung erfolgte im Hinblick auf eine in einem anderen Verfahren (447 Ds 101 Js 586/11 ‑ 404/12) mit Urteil vom 13. Januar 2014 verhängte Strafe.
4Bereits unter dem 17. Januar 2014 hatte der Beklagte mit der vorliegend streitgegenständlichen Verfügung die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers, der bereits in den Jahren 2000, 2003 und 2006 erkennungsdienstlich behandelt worden war, angeordnet. Die Maßnahme sollte die Aufnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Aufnahme eines dreiteiligen Lichtbildes (Profil, Portrait und Halbprofil) sowie eine Ganzaufnahme und die Feststellung äußerer Merkmale umfassen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Vorladung wurde dem Kläger die zwangsweise Vorführung im Wege der Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht. Zur Begründung führte der Beklagte aus, gegen den Kläger bestehe der Verdacht des illegalen Handeltreibens mit Cannabis. Er sei am 26. November 2013 am "L. 33" auf dem dortigen Parkplatz im Besitz von Betäubungsmitteln angetroffen worden. Aufgrund des mitgeführten Bargeldes in dealertypischer Stückelung sei davon auszugehen, dass bereits Betäubungsmittel verkauft worden seien. Bereits in den Jahren 2007, 2009, 2011, 2012 und 2013 sei der Kläger durch den Besitz von Betäubungsmitteln aufgefallen. Bei dieser Art von Delikten sei die Rückfallwahrscheinlichkeit sehr hoch. Angesichts der dem Kläger zur Last gelegten Tat und der Umstände des Einzelfalls bestünden hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger künftig in den Kreis potentieller Verdächtiger einer dann aufzuklärenden Straftat einbezogen werden könnte. Die erkennungsdienstliche Behandlung sei erforderlich, da ohne diese die Beteiligung des Klägers bei künftigen Strafermittlungen nicht aufzuklären wäre. Durch das bei der erkennungsdienstlichen Behandlung erlangte Fingerabdruckmaterial sei die Ermittlung oder der Ausschluss als Täter durch vergleichende Fingerabdruckuntersuchungen ermöglicht. Das bei der erkennungsdienstlichen Behandlung erlangte Lichtbildmaterial stehe für ein Wiedererkennungsverfahren mit möglichen Zeugen zur Verfügung. Die erkennungsdienstliche Behandlung stehe nicht außer Verhältnis zu dem präventivpolizeilichen Zweck des Erkennungsdienstes und stelle sich daher als verhältnismäßig dar. Da die Anfertigung von Lichtbildern und die Feststellung äußerer Merkmale insgesamt nur einen geringfügigen Eingriff in die Grundrechte des Klägers darstellten, müssten die Interessen des Klägers hinter das öffentliche Interesse, zukünftige Straftaten aufklären zu können und damit den Rechtsfrieden zu erhalten, zurücktreten.
5Der Kläger hat am 17. Februar 2014 Klage erhoben, zu deren Begründung er ausführt, die Anordnung dürfe nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen oder zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen. Allein aufgrund des am 26. November 2013 mitgeführten Bargeldes, das als "dealertypische Stückelung" bezeichnet werde, Anknüpfungstatsachen für eine Beschuldigteneigenschaft zu sehen, sei beliebig. Die Angabe, der Kläger sei bereits in den Jahren 2007, 2009, 2011, 2012 und 2013 durch den Besitz von Betäubungsmitteln "aufgefallen", sei zu unbestimmt, um die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 81b 2. Alt. StPO zu stützen. Darüber hinaus ende die geforderte Beschuldigteneigenschaft mit der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens oder einer rechtskräftigen Verurteilung. Beschuldigter im Sinne von § 81b StPO sei der Verdächtige, gegen den aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte ein Strafverfahren betrieben werde. Einer Ausweitung des Beschuldigtenbegriffs auf Personen, deren Verfahren eingestellt wurde, oder den rechtskräftig Verurteilten stehe die Gesetzessystematik der StPO entgegen. Die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer erneuten erkennungsdienstlichen Behandlung bestehe zudem nur, wenn sich das Aussehen der Person verändert habe. Hierzu verhalte sich die Anordnung aber nicht.
6Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
7die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung vom 17. Januar 2014 aufzuheben.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung des Klageabweisungsantrags weist der Beklagte darauf hin, dass auch ein späterer Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen unberührt lasse. Ausweislich der über den Kläger beim Polizeipräsidium Aachen geführten Kriminalakte und der im polizeilichen Verwaltungsvorgangsprogramm IGVP hinterlegten Vorgänge habe es gegen den Kläger als Beschuldigten in den Jahren 2007 bis 2014 mehrfach kriminalpolizeiliche Ermittlungen im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gegeben. Aus kriminalistischer Sicht und gerichtlich sei anerkannt, dass bei Betäubungsmitteldelikten wegen ihrer statistisch signifikant erhöhten Rückfallgefahr bereits bei erstmaliger Begehung die Annahme einer Wiederholungsgefahr naheliege. Die Wiederholungsgefahr sei beim Kläger bereits dadurch belegt, dass er am 13. Januar 2014 (Amtsgericht Aachen, Az. 447 Ds - 101 Js 586/11 - 404/12) wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10,- Euro verurteilt und am 30. Januar 2013 (Amtsgericht Aachen, 447 Cs 101 Js 41/13 871/13) gegen ihn ein Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 10,- Euro wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln erlassen worden sei. Ein im Jahr 2012 gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft Aachen, Az. 104 Js 653/12) wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Das Anlassverfahren (447 Cs ‑ 102 Js 53/14 ‑ 86/14) sei durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 24. April 2014 im Hinblick auf die mit Urteil vom 13. Januar 2014 in dem Verfahren 447 Ds 101 Js 586/11 ‑ 404/12 verhängte Strafe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden. Seit dem 1. Juli 2015 befinde sich der Kläger wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Düsseldorf. Die Bekämpfung der Drogenkriminalität liege wegen der in diesem Deliktsbereich bestehenden Wiederholungsgefahr im besonderen öffentlichen Interesse. Bei der Verfolgung von Straftaten komme dem Wiedererkennungsverfahren regelmäßig eine große Bedeutung zu. Vorhandenes erkennungsdienstliches Material diene dazu, Personen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu überführen. Hierzu würden die erkennungsdienstlichen Unterlagen benötigt. Im Rahmen von Lichtbild- oder Wahllichtbildvorlagen bestehe die Möglichkeit, dass der Täter durch Dritte identifiziert werden könne. Im Bereich der Betäubungsmittel könne darüber hinaus auf den Fingerabdruckvergleich als Sachbeweismöglichkeit nicht verzichtet werden. Dieser könne zum Abgleich von sichergestellten Fingerspuren, z. B. auf Verpackungen von Betäubungsmitteln wie Minigriptütchen, herangezogen werden. Die zu erstellenden erkennungsdienstlichen Unterlagen seien geeignet und erforderlich, potentielle zukünftige Straftaten, insbesondere in Sachzusammenhängen, wie sie beim Kläger relevant geworden seien, aufklären zu helfen, indem sie zur Feststellung oder zum Ausschluss der Tatbeteiligung beitrügen. Bei dem Kläger sei darüber hinaus festzustellen, dass er nicht nur im Bereich der Drogenkriminalität wiederkehrend strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, sondern auch anderwärts Anlass zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen seine Person gegeben habe. Hierzu beziehe man sich auf Verurteilungen aus den Jahren 2007 bis 2010 wegen Körperverletzung/Bedrohung (Polizeigericht Eupen, Az. (Z1200)-1235-), Beleidigung (Amtsgericht Aachen, Az. 507 Js 1047/08 Cs 732/08) und Sachbeschädigung (Amtsgericht Aachen, Az. 508 Js 845/09 50 Cs 421/09). Gerade die Häufung der bisher bekannt gewordenen Verfahren und Verurteilungen zeige, dass aufgrund der Persönlichkeit des Klägers auch künftig damit gerechnet werden müsse, dass der Kläger erneut in den Kreis potentieller Tatverdächtiger an noch aufzuklärenden Handlungen dieser oder anderer Art einzubeziehen sei und die vorhandenen erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen entlastend oder überführend fördern könnten. Die erneute erkennungsdienstliche Behandlung sei erforderlich, weil sich Personen im Laufe der Zeit optisch veränderten, sodass vor Jahren aufgenommene Lichtbilder veraltet seien. Selbst bei Fingerabdrücken handele es sich nicht um unveränderliche Merkmale, da Veränderungen der Papillarleistenstruktur insbesondere durch Verletzungen der Haut mit späterer Narbenbildung, mechanische oder chemische Beanspruchung oder Veränderungen der Haut infolge des natürlichen Alterungsprozesses möglich seien. Das öffentliche Interesse an einer effektiven polizeilichen Ermittlungsarbeit, die auf verlässliche erkennungsdienstliche Daten angewiesen sei, rechtfertige daher die erneute Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken bei einem bereits zu früherer Zeit erkennungsdienstlich behandelten Beschuldigten. Auch das erneute Anfertigen von Lichtbildern sei aus den genannten Gründen erforderlich. Bei der Abwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Klägers, nicht erkennungsdienstlich behandelt zu werden, und dem Interesse der Allgemeinheit, unter Zuhilfenahme seiner erkennungsdienstlichen Daten künftig Straftaten aufzuklären und in diesem Zusammenhang den Kläger als potentiellen Täter zu überführen oder auch von einem Tatvorwurf zu entlasten, müsse das Interesse des Klägers, von der Maßnahme verschont zu bleiben, zurückstehen.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Aachen (445 Cs 545/13 - 104 Js 653/12), der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Aachen (102 Js 53/14, 101 Js 41/13, 104 Js 653/12 und 101 Js 586/11) sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, da er auf diese Folge seines Ausbleibens in der ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
14Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
15Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 17. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Anordnung ist § 81b 2. Alt. der Strafprozessordnung (StPO), dem zufolge Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden können, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.
17Die Voraussetzungen des § 81b 2. Alt. StPO liegen vor.
18Erkennungsdienstliche Unterlagen werden nach § 81b 2. Alt. StPO nicht für die Zwecke eines gegen den Betroffenen gerichteten oder irgendeines anderen konkreten Strafverfahrens erhoben. Ihre Anfertigung, Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen dient nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung vielmehr - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind.
19Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 2.05 - und vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 - sowie Beschluss vom 12. Juli 1989 - 1 B 85.89 - < alle juris >; Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 - und vom 17. Dezember 1999 - 5 B 1944/99 - < beide NRWE >
20Ein unmittelbarer Zweckzusammenhang zwischen der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen und den gesetzlichen Zielen der Aufnahme und Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen nach § 81b 2. Alt. StPO besteht nicht. Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach dieser Vorschrift nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt insofern lediglich, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und sich jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gesetzlichen Zwecke dieser Anordnung und der durch sie vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Behandlung außerhalb des Strafverfahrens liegen, das Anlass zur Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschuldigten gibt, und dass somit der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freisprechung die Rechtmäßigkeit der gegen den Betroffenen als Beschuldigten des inzwischen abgeschlossenen Strafverfahrens getroffenen Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung unberührt lässt.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 - und Beschluss vom 12. Juli 1989 - 1 B 85.89 - < beide juris >; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 - und vom 17. Dezember 1999 - 5 B 1944/99 - < beide NRWE >
22Die Notwendigkeit der Anfertigung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere nach der Art, Schwere und Begehungsweise der im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, der Persönlichkeit des Betroffenen und unter Berücksichtigung des Zeitraumes, in dem er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist - Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, indem sie den Betroffenen überführen oder entlasten.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 - sowie Beschluss vom 12. Juli 1989 - 1 B 85.89 - < beide juris >; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 - und vom 17. Dezember 1999 - 5 B 1944/99 - < beide NRWE >
24Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG -), der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der präventive Charakter der erkennungsdienstlichen Maßnahmen verlangen eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Verhinderung und Aufklärung von Straftaten und dem Interesse des Betroffenen, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist.
25Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. September 2008 - 5 B 1046/08 -, vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 - und vom 24. November 1999 - 5 B 1785/99 - < alle NRWE >
26Im Rahmen dieser Abwägung sind insbesondere die Schwere und Begehungsweise des Delikts, der Umfang des Schadens für die geschützten Rechtsgüter und für die Allgemeinheit, die Wiederholungsgefahr, die Schwierigkeit bei der Aufklärung des in Rede stehenden Deliktstyps, die Konkretisierung des gegen den Beschuldigten gerichteten Verdachts sowie die Häufigkeit der Fälle, in denen der Betroffene einer Straftat verdächtigt worden ist, zu berücksichtigen.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. November 1999 - 5 B 1785/99 -; Verwaltungsgericht (VG) Aachen, Urteil vom 10. September 2014 - 6 K 2525/13 - < beide NRWE > m.w.N.
28§ 81b 2. Alt. StPO stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahme nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung ab. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle kommt es deshalb für die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahme auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 - < juris >
30Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.
31Sie erging nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt, sondern aus dem konkreten Anlass des gegen den Kläger als Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Aachen 102 Js 53/14 wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Der für eine Maßnahme im Zeitpunkt des Erlasses nach § 81b 2. Alt. StPO erforderliche Beschuldigtenstatus liegt daher vor. Dass das Strafverfahren später eingestellt worden ist, führt nach den eingangs dargelegten Grundsätzen nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Denn der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft lässt - wie aufgezeigt - die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen regelmäßig unberührt.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 - und Beschluss vom 12. Juli 1989 - 1 B 85.89 - < beide juris >; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 - und vom 17. Dezember 1999 - 5 B 1944/99 - < beide NRWE >
33Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn die für das Ermittlungsverfahren bestimmenden Verdachtsmomente vollständig ausgeräumt sind. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Einstellung erfolgte nach § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die in einem anderen Verfahren (447 Ds 101 Js 586/11 ‑ 404/12) mit Urteil vom 13. Januar 2014 verhängte Strafe. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Aachen vom 24. April 2014 hat der Kläger zwar das Handeltreiben mit Marihuana bestritten und angegeben, das bei ihm aufgefundene Bargeld (210,‑ €) in der Stückelung 1 x 50,- €, 3 x 20,- €, 8 x 10,- €, 4 x 5,‑ € habe ihm seine Schwester gegeben, damit er es bei der Bank zur Zahlung einer Telefonrechnung abgebe. Dies habe er aber vor halb sieben des fraglichen Abends nicht mehr geschafft. Hierzu wurden vor dem Hintergrund der dann beschlossenen Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO keine weiteren Feststellungen getroffen. Ein Restverdacht ist aber verblieben, auch vor dem Hintergrund, dass es wenig glaubhaft erscheint, dass der Kläger mit einem Bargeldbetrag in dieser Höhe und dieser Stückelung von seiner Schwester zur Bank geschickt wird, um die Telefonrechnung zu bezahlen, und dies dann nicht innerhalb der Öffnungszeiten erledigen konnte. Insbesondere hat der Kläger in der Hauptverhandlung aber selbst eingeräumt, dass die am 26. November 2013 von ihm fallen gelassenen 1,37 Gramm Marihuana ihm gehörten. Hinsichtlich des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln ist der Verdacht also nicht entfallen, sondern hat sich vor der Einstellung des Verfahrens vielmehr gerade bestätigt.
34Die auf diesem hinsichtlich des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln bestätigten Verdacht und dem hinsichtlich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verbliebenen Restverdacht fußende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers erweist sich auch als notwendig im Sinne des § 81b 2. Alt. StPO.
35Der dem gegen den Kläger gerichteten Ermittlungsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt bietet angesichts aller Umstände des Einzelfalls hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Kläger schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten.
36Dabei ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass es sich bei dem im Anlassverfahren gemachten Vorwurf des unerlaubten Besitzes von und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht um einen Einzelfall gehandelt hat. Der Kläger ist vielmehr in der Vergangenheit mehrfach einschlägig polizeilich aufgefallen. Er war seit dem Jahr 2007 bereits in mindestens sechs weiteren Fällen Beschuldigter in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und wurde bereits fünf Mal rechtskräftig verurteilt, davon in zwei Fällen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Zwei weitere Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden nach § 170 Abs. 2 StPO (Staatsanwaltschaft Aachen, Az. 104 Js 653/12) und nach § 154 Abs. 2 StPO (Amtsgericht Aachen, Az. 447 Cs ‑ 102 Js 53/14 ‑ 86/14, Anlassverfahren) eingestellt. Aktuell befindet sich der Kläger wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft in der JVA Düsseldorf. Nach der Anlasstat zu der hier streitgegenständlichen Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist der Kläger also erneut einschlägig polizeilich aufgefallen. Dies zeigt, dass die Prognoseentscheidung des Beklagten, es sei mit guten Gründen zu erwarten, dass der Kläger auch künftig als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden Straftat einbezogen werden könnte, zutreffend ist.
37Fehler bei der Ausübung des dem Beklagten zukommenden Ermessens im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Fall der Ermessensüberschreitung vor. Namentlich stellt sich die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung als verhältnismäßig dar. Die erkennungsdienstlichen Unterlagen sind geeignet und erforderlich, potentielle zukünftige Straftaten, insbesondere in Tatzusammenhängen, wie sie bei den hier in Rede stehenden Betäubungsmittelstraftaten typischerweise relevant werden, aufklären zu helfen, indem sie zur Feststellung oder zum Ausschluss einer Tatbeteiligung beitragen können.
38Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 - und vom 24. November 1999 - 5 B 1785/99 - < beide NRWE >
39Gerade im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität sind neben Lichtbildern auch Finger- und Handflächenabdrücke geeignet, die Ermittlungen zu fördern.
40Vgl. Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (Nds. OVG), Beschluss vom 13. November 2009 - 11 ME 440/09 -; VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 6 K 1655/08 - < beide juris >
41So ist beispielsweise, wenn vor einer polizeilichen Kontrolle Betäubungsmittel, Transportmittel oder Verpackungsmaterial weggeworfen werden, eine Zuordnung zu einem Verdächtigen in erster Linie über den Abgleich von Finger- und Handflächenabdrücken möglich. Entsprechendes gilt für bei einem Betäubungsmittelkauf verwendete Geldscheine.
42Der Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung steht auch nicht entgegen, dass der Kläger bereits in den Jahren 2000, 2003 und 2006 erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Zwar sind erkennungsdienstliche Maßnahmen stets mit einem Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, verbunden. Liegt die zuletzt erfolgte erkennungsdienstliche Behandlung - wie hier - schon längere Zeit zurück, steht der mit der Aktualisierung der vorhandenen Daten durch Abnahme neuer Finger- und Handflächenabdrücke einhergehende Grundrechtseingriff aber nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufklärung künftiger Straftaten. Denn Finger- und Handflächenabdrücke sind zwar von Natur aus unveränderlich. Insbesondere Verletzungen mit späterer Narbenbildung, mechanische oder chemische Beanspruchung, Krankheiten und auch der natürliche Alterungsprozess der Haut können jedoch Veränderungen der Haut bewirken, die den Abgleich von Tatortspuren mit älteren Finger- und Handflächenabdrücken erschweren oder sogar unmöglich machen können.
43Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 11 LB 417/07 -; VG Düsseldorf, Urteile vom 7. Februar 2017 - 18 K 5188/13 und vom 13. September 2012 - 18 K 7552/11 -; VG Aachen, Urteil vom 8. November 2010 - 6 K 1843/09 -; vgl. i.E. auch Nds. OVG, Urteil vom 28. Juni 2007 - 11 LC 372/06 -
Hinsichtlich des Zeitraums, nach dem die erneute Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken angemessen erscheint, begegnet es keinen Bedenken, die in Ziffer 4.2.4 Satz 2 der erkennungsdienstlichen Richtlinien des Bundeskriminalamts (Stand: 15.06.2010, Bundeskriminalblatt Nr. 097) vorgesehene Zeitspanne von fünf Jahren vergleichend heranzuziehen. Der Zeitraum von fünf Jahren berücksichtigt in der polizeilichen Praxis gewonnene Erfahrungswerte über die Wahrscheinlichkeit des zwischenzeitlichen Eintritts von daktyloskopische Untersuchungen beeinträchtigenden Verletzungen und sonstigen Veränderungen der Haut. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere Verletzungen der Finger und Handinnenflächen auch bei alltäglichen Verrichtungen eintreten können und jeder Mensch dem natürlichen Alterungsprozess unterliegt, ist der für die erneute Abnahme von Abdrücken der Finger und der Handflächen vorgesehene Zeitabstand von fünf Jahren auch in Ansehung der Grundrechte des Betroffenen nicht zu kurz bemessen.
45Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 11 LB 417/07 -; VG Düsseldorf, Urteile vom 7. Februar 2014 - 18 K 5188/13 und vom 13. September 2012 - 18 K 7552/11 - < alle juris >
46Vorliegend sind seit der letzten erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers im Jahr 2006 bereits neun Jahre vergangen. Die erneute Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken ist daher erforderlich.
47Soweit es um die Herstellung von neuen Lichtbildern geht, weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass ältere Lichtbilder häufig nicht mehr für Identifizierungsmaßnahmen geeignet sind. Lichtbilder zur Identifizierung von Personen werden nicht allein durch besonders ausgebildete polizeiliche Dienstkräfte herangezogen. Sie sollen auch die Wiedererkennung von Personen durch Zeugen oder Geschädigte erleichtern. Diese Personen haben regelmäßig keine Erfahrung in Bezug auf die Identifizierung anhand von Lichtbildern. Sie orientieren sich deshalb bei Durchsicht der Lichtbildvorlage häufig an einem durch grobe Merkmale geprägten Gesamteindruck, während geschulte Polizeibedienstete auf bestimmte Einzelmerkmale einer Person achten. Zeugen und Geschädigte müssen zudem die Identifizierung aus der Erinnerung heraus vornehmen. Es ist daher sachgerecht, Zeugen oder Geschädigten möglichst aktuelle Lichtbilder vorzulegen.
48Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 28. Juni 2007 - 11 LC 372/06 - und Urteil vom 28. September 2006 - 11 LB 53/06 -
Davon, dass sich das Aussehen des Klägers, dessen letzte erkennungsdienstliche Behandlung inzwischen etwa neun Jahre zurückliegt, in der Zwischenzeit verändert hat, ist auszugehen. Im Rahmen der Hauptverhandlung des Anlassverfahrens hat der Kläger zudem selbst angegeben, innerhalb des vorangegangenen Jahres 23 kg abgenommen zu haben. Nach den zuvor dargelegten Grundsätzen sind die damals gefertigten Lichtbilder daher potentiell nicht mehr für Identifizierungsmaßnahmen geeignet. Die erneute erkennungsdienstliche Behandlung nach neun Jahren ist daher auch im Hinblick auf die Fertigung der Lichtbilder (Profil, Portrait, Halbprofil und Ganzaufnahme) erforderlich. Gleiches gilt für die Feststellung äußerer Merkmale.
50Vgl. insoweit auch Nds. OVG, Urteil vom 28. Juni 2007 - 11 LC 372/06 - und VG Düsseldorf, Urteile vom 7. Februar 2014 - 18 K 5188/13 für Zeiträume von acht bzw. neun Jahren < beide juris >
51Die Zwangsmittelandrohung entspricht schließlich den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 3, 55 und 56 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen - PolG NRW - und ist im Ergebnis ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Aug. 2015 - 6 K 297/14
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Aug. 2015 - 6 K 297/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.
(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern
- 1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt, - 2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, - 3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und - 4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.
(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn
- 1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde, - 2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder - 3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.
(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.
(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Ersten Buches entsprechend. Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.
(4) Die Staatsanwaltschaft entscheidet
- 1.
über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen, - 2.
über eine Gestattung nach § 68 Absatz 3 Satz 1, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen, - 3.
über die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Absatz 2 und - 4.
bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung des Zeugen über die Verhängung der in den §§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln; dabei bleibt die Festsetzung der Haft dem nach § 162 zuständigen Gericht vorbehalten.
(5) Gegen Entscheidungen von Beamten des Polizeidienstes nach § 68b Absatz 1 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 und 4 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten jeweils entsprechend. Gerichtliche Entscheidungen nach Satz 1 sind unanfechtbar.
(6) Für die Belehrung des Sachverständigen durch Beamte des Polizeidienstes gelten § 52 Absatz 3 und § 55 Absatz 2 entsprechend. In den Fällen des § 81c Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt § 52 Absatz 3 auch bei Untersuchungen durch Beamte des Polizeidienstes sinngemäß.
(7) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung durch den Landrat als Kreispolizeibehörde E. (im Folgenden: Beklagter). Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
3Unter dem Aktenzeichen 406 Js 1183/13 ermittelte die Staatsanwaltschaft Aachen gegen den Kläger wegen Betruges. Anlass für die Aufnahme der Ermittlungen war eine Strafanzeige vom 4. Juli 2013. Dieser zufolge habe der Kläger mit dem Anzeigenerstatter am 6. April 2013 einen Werkvertrag über die Anbringung einer Hundeklappe in dessen Einfamilienhaus abgeschlossen, und zwar zu einem Preis von 550,-- €. Nach Erstellung des Aufmaßes habe der Kläger eine Anzahlung in Höhe von 300,-- € entgegengenommen, die vereinbarte Leistung in der Folgezeit aber nicht erbracht. Nach Aussage des Anzeigenerstatters sei der Kläger für ihn nicht mehr erreichbar gewesen. Seitdem sei weder die Hundeklappe eingebaut noch die Anzahlung zurückgezahlt worden. Im Ermittlungsverfahren ließ der Kläger sich dahingehend ein, er sei lediglich Handelsvertreter und habe den Auftrag über den Einbau der Hundeklappe weitergegeben an eine Firma I. . Der Firmeninhaber I. habe von ihm auch die Anzahlung in Höhe von 300,-- € erhalten. Über Verzögerungen bei der Abwicklung des Vertrages habe er keine Kenntnis gehabt. Inzwischen sei der Vertrag auch rückabgewickelt worden. Er, der Kläger, habe die Anzahlung in Höhe von 300,-- € zuzüglich einer Summe von 100,-- € zur Abgeltung der Aufwendungen des Anzeigenerstatters an diesen bereits zurückgezahlt. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin mit Verfügung vom 19. Dezember 2013 durch die Staatsanwaltschaft Aachen nach § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
4Gegen den Kläger war zuvor bereits in verschiedenen Ermittlungsverfahren strafrechtlich ermittelt worden:
5- 6
663 Js 332/09 - (Staatsanwaltschaft Bonn):
In diesem Verfahren erging am 4. September 2009 gegen den Kläger wegen Urkundenfälschung durch das Amtsgericht Bonn (82 Cs 587/09) ein Strafbefehl, mit dem gegen den Kläger eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 25,-‑ € festgesetzt wurde. Der Strafbefehl ist seit dem 28. Juli 2010 rechtskräftig.
8- 9
402 Js 1007/10 - (Staatsanwaltschaft Aachen):
Der Kläger wurde durch Urteil des Amtsgerichts Jülich vom 9. Januar 2012 (3 Ds 511/19) wegen gewerbsmäßigen Betruges in drei Fällen rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, die zur Bewährung bis einschließlich zum 11. Juni 2015 ausgesetzt wurde.
11- 12
521 Js 76/11 - (Staatsanwaltschaft Wuppertal):
In diesem Verfahren erging gegen den Kläger unter dem 27. Januar 2011 durch das Amtsgericht Solingen (23 Cs 47/11) ein Strafbefehl wegen Betruges, mit dem gegen den Kläger eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 30,-- € festgesetzt wurde. Dieser Strafbefehl ist seit dem 16. Februar 2011 rechtskräftig.
14- 15
663 Js 370/11 - (Staatsanwaltschaft Bonn):
Ermittelt wurde gegen den Kläger wegen Mietbetruges. Das Verfahren wurde am 2. November 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
17- 18
344 Js 11685/11 - (Staatsanwaltschaft Verden):
Ermittelt wurde gegen den Kläger wegen Tankbetruges. Das Verfahren wurde am 11. April 2011 mit Blick auf die Strafe im Verfahren 521 Js 76/11 nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt.
20- 21
666 Js 314/12 - (Staatsanwaltschaft Bonn):
In diesem Verfahren wurde gegen den Kläger wegen Mietbetruges ermittelt. Das Verfahren wurde am 9. Februar 2012 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
23Nach Anhörung ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2013, dem Kläger zugestellt am 21. August 2013, dessen erkennungsdienstliche Behandlung an. Die Maßnahme sollte umfassen die Aufnahme von Zehnfingerabdrücken, die Aufnahme eines mehrteiligen Lichtbildes, die Fertigung einer Ganzaufnahme, die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale und die Aufnahme von Handflächen-abdrücken. Zugleich ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung des Bescheides an und drohte dem Kläger für den Fall, dass er der Vorladung auf den 17. September 2013, 9.00 Uhr, nicht nachkomme, die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, gegen den Kläger werde erneut ein Strafverfahren wegen Betruges geführt. Neben diesem Strafverfahren sei in der Vergangenheit gegen den Kläger bereits in acht weiteren Verfahren wegen Provisionsbetruges, Leistungsbetruges, Betruges und Urkundenfälschung ermittelt worden. Wegen der Vielzahl der bereits durchgeführten Strafverfahren bestehe die Gefahr, dass der Kläger in naher Zukunft erneut polizeilich in Erscheinung treten werde, weshalb die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen notwendig sei.
24Der Kläger hat am 23. September 2013, einem Montag, Klage erhoben und unter dem Aktenzeichen 6 L 491/13 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, der nach beiderseitiger Erklärung der Erledigung der Hauptsache durch Beschluss der Kammer vom 8. Oktober 2013 eingestellt wurde. Zur Begründung von Klage und Antrag führt der Kläger aus, der angefochtene Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, weil die Prozessbevollmächtigten des Klägers, die sich rechtzeitig bestellt hätten, nicht ordnungsgemäß angehört worden seien. Im Übrigen sei die angefochtene Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung bereits deshalb rechtswidrig, weil der Kläger entgegen des eindeutigen Wortlauts des § 81 b 2. Alternative StPO nicht mehr "Beschuldigter" sei. Denn das Ermittlungsverfahren, das den Anlass für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gegeben habe, sei im Dezember 2013 eingestellt worden. Im Übrigen sei eine erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers auch nicht notwendig. Insbesondere hätten sich im Anlassverfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger tatsächlich einen Betrug begangen haben könnte. Er habe als Handelsvertreter lediglich einen Auftrag vermittelt, der später durch die Firma I. nicht erfüllt sei. Insoweit handele es sich ohnehin um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit. Er selbst sei zu keinem Zeitpunkt zur Erfüllung des Vertrages aufgefordert worden, obwohl er auch für den Anzeigenerstatter ohne weiteres erreichbar gewesen sei. Zwischenzeitlich sei der Vertrag rückabgewickelt und der Anzeigenerstatter habe vom Kläger die Vorauszahlung in Höhe von 300,-- € zuzüglich einer Auslagenerstattung in Höhe von 100,-- € erhalten. Hinsichtlich der in der Vergangenheit geführten Strafverfahren sei festzustellen, dass der Kläger lediglich in drei Fällen verurteilt worden sei. Im Übrigen seien die Verfahren eingestellt worden. Insbesondere sei der Kläger seit dem Jahr 2009 nicht mehr auffällig geworden. Ein derart langer Zeitraum der Bewährung müsse auch bei der Frage, ob die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen notwendig sei, Berücksichtigung finden. Insgesamt wäre die Durchführung der Maßnahme vor diesem Hintergrund daher unverhältnismäßig.
25Der Kläger beantragt,
26den Bescheid des Landrats als Kreispolizeibehörde E. vom 13. August 2013 über die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung aufzuheben.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Zur Begründung seines Klageabweisungsantrages nimmt er Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Ergänzend weist er darauf hin, dass die hohe kriminelle Energie des Klägers sich auch darin zeige, dass er sich von der Vielzahl der in der Vergangenheit bereits durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht habe abhalten lassen und erneut straffällig geworden. Das Anlassverfahren sei zwar eingestellt worden. In diesem Verfahren hätten sich aber ausreichende Anhaltspunkte für die Begehung einer Straftat durch den Kläger ergeben. Dass der Kläger auch künftig in den Kreis Verdächtiger gerade im Bereich der Vermögensdelikte geraten könne, zeige schließlich auch der Umstand, dass aktuell gegen ihn beim Amtsgericht Düren (14 Ds 138/14) erneut ein Strafverfahren wegen Betruges geführt werde (Staatsanwaltschaft Aachen - 402 Js 54/14). In diesem Verfahren werde dem Kläger zur Last gelegt, mit dem Anzeigenerstatter einen Vertrag über die Errichtung einer Terrassen- und Haustürüberdachung abgeschlossen zu haben, ohne willens und in der Lage zu sein, eine ordnungsgemäße Überdachungskonstruktion zu errichten. Der Kläger werde immer wieder einschlägig auffällig, weshalb das Vorhalten erkennungsdienstlichen Materials über ihn notwendig sei. Dass der Kläger nach Einstellung des Anlassverfahrens nicht mehr "Beschuldigter" im Sinne des § 81 b 2. Alternative StPO sei, sei im Übrigen unschädlich, da die Beschuldigteneigenschaft lediglich im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme vorliegen müsse. Dies sei aber der Fall gewesen. Insgesamt sei die Anordnung rechtlich daher nicht zu beanstanden.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie der beigezogenen Strafakten 663 Js 332/09, 663 Js 370/11, 344 Js 11685/11, 402 Js 1007/10, 521 Js 76/11 und 666 Js 314/12 und auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Heft) Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
32Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
33Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 13. August 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
34Sie begegnet zunächst in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dieser insbesondere ordnungsgemäß angehört worden im Sinne des § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Der Beklagte hat den Kläger mit seinem Schreiben vom 13. Juli 2013 über die beabsichtigte Maßnahme informiert und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen gegeben. Nachdem diese Frist fruchtlos verstrichen war, wurde die im vorliegenden Verfahren angefochtene Anordnung mit Verfügung vom 13. August 2013 getroffen. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Dass sich die Prozessbevollmächtigten (erst) am Folgetag für den Kläger bestellt und Akteneinsicht beantragt haben und zu diesem Zeitpunkt der Bescheid dem Kläger noch nicht zugestellt war, ändert an dieser Einschätzung nichts. Insbesondere war der Beklagte nicht zu einer erneuten Anhörung verpflichtet. Ungeachtet dessen wäre eine fehlerhafte Anhörung ohnehin nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW inzwischen geheilt, weil diese jedenfalls im Laufe des Klageverfahrens vollumfänglich nachgeholt worden ist.
35Die angefochtene Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
36Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Anordnung ist § 81 b 2. Alt. StPO, dem zufolge Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden können, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.
37Die Voraussetzungen des § 81 b 2. Alt. StPO sind hier gegeben.
38Erkennungsdienstliche Unterlagen werden nach § 81 b 2. Alt. StPO nicht für Zwecke eines gegen den Betroffenen gerichteten oder irgendeines anderen konkreten Strafverfahrens erhoben. Ihre Anfertigung, Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen dient nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung vielmehr - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind. Ein unmittelbarer Zweckzusammenhang zwischen der Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen und den gesetzlichen Zielen der Aufnahme von erkennungsdienstlichen Unterlagen nach § 81 b 2. Alt. StPO besteht nicht. Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81 b 2. Alt. StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt lediglich, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt daher die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen auch unberührt.
39Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), u.a. Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 2.05 -, juris Rn. 20, und vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 -, juris Rn. 28.
40Die Notwendigkeit der Anfertigung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungs-weise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist - Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten.
41Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 2.05 -, juris Rn. 22, und vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 -, juris Rn. 33; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 23. September 2008 - 5 B 1046/08 -, juris Rn. 6.
42Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeits-grundsatz und der präventive Charakter der erkennungsdienstlichen Maßnahmen verlangen eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Verhinderung und Aufklärung von Straftaten und dem Interesse des Betroffenen, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potenzieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist. Im Rahmen der Abwägung ist insbesondere danach zu differenzieren, in welchem Umfang Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen. Sind die für das Ermittlungsverfahren bestimmenden Verdachtsmomente ausgeräumt, sind erkennungsdienstliche Maßnahmen nicht mehr notwendig. Ist das nicht der Fall, kommt es entscheidend darauf an, welcher Art das Delikt ist, auf das sich die bestehenden Verdachtsmomente beziehen. Je schwerer ein Delikt wiegt, je höher der Schaden für die geschützten Rechtsgüter und die Allgemeinheit zu veranschlagen ist und je größer die Schwierigkeiten einer Aufklärung einzustufen sind, desto mehr Gewicht erlangt das oben beschriebene öffentliche Interesse.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1967 - I C 57.66 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. März 2001 - 5 B 1972/00 -, NRWE-Rechtsprechungsdatenbank (NRWE), dort Rn. 10, vom 17. Dezember 1999 - 5 B 1944/99 -, NRWE Rn. 11, und vom 24. November 1999 - 5 B 1785/99 -, NRWE Rn. 12.
44§ 81 b 2. Alt. StPO stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung ab. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle kommt es deshalb für die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahme auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz an.
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 -, juris Rn. 31.
46Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die angefochtene Anordnung nicht zu beanstanden.
47Sie erging nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt, sondern aus dem konkreten Anlass des gegen den Kläger als Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Aachen 406 Js 1183/13 wegen des Verdachts des Betruges.
48Dass dieses Ermittlungsverfahren später eingestellt worden ist, führt nach den eingangs dargelegten Grundsätzen nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Denn der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft lässt - wie aufgezeigt - die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen regelmäßig unberührt.
49Vgl. BVerwG, u.a. Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 2.05 -, juris Rn. 20, und vom 19. Oktober 1982 - 1 C 29.79 -, juris Rn. 28.
50Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn die für das Ermittlungsverfahren bestimmenden Verdachtsmomente vollständig ausgeräumt sind. Vorliegend ist im Anlassverfahren hinsichtlich des Tatvorwurfs eines Betruges aber ein Restverdacht geblieben. Bereits nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Aachen in ihrer Einstellungsverfügung vom 19. Dezember 2013 ist der Kläger nach wie vor der Begehung eines Betruges verdächtig gewesen. Die Verfahrenseinstellung ist, gestützt auf § 153 Abs. 1 StPO, damit begründet worden, dass erwartet werden könne, dass der Kläger durch das Ermittlungsverfahren bereits hinreichend beeindruckt und gewarnt worden, der Schaden relativ gering und inzwischen auch wiedergutgemacht sei. Die Einschätzung der Staatsanwaltschaft ist auch nicht offensichtlich falsch und willkürlich, sondern wird gestützt durch die Aussagen der im Ermittlungsverfahren angehörten Zeugen U. und I. . Insbesondere der Zeuge U. hat ausgesagt, dass sich der Kläger nach Auftragserteilung und Entgegennahme der Anzahlung in Höhe von 300,‑ € nicht mehr gemeldet habe und für ihn auch nicht mehr erreichbar gewesen sei. Der Einlassung des Klägers, er habe den Auftrag einschließlich der erhaltenen Anzahlung weitergegeben an den Zeugen I. , der seinerseits jedoch die vereinbarte Leistung nicht erbracht habe, steht die Aussage des Zeugen I. entgegen, der dieser Darstellung vehement widersprochen hat. Im Übrigen ist auch nicht plausibel erklärt, warum der Kläger dem Zeugen U. im Zuge der Rückabwicklung des Vertrages die Anzahlung zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von 100,-- € zurückgezahlt hat. Denn hierzu wäre, seinem Vortrag zufolge, nicht er, sondern der Zeuge I. verpflichtet gewesen, der die Anzahlung auch vereinnahmt haben soll. Angesichts dieser Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten kann keine Rede davon sein, dass im Anlassverfahren kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Straftat verblieben sei.
51Die auf diesem verbliebenen Restverdacht fußende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers erweist sich auch als notwendig im Sinne des § 81 b 2. Alt. StPO.
52Der dem gegen den Kläger gerichteten Ermittlungsverfahren zugrunde liegende Sachverhalt bietet angesichts aller Umstände des Einzelfalls hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass er künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Kläger schließlich überführend oder entlastend - fördern könnten.
53Dabei ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass es sich bei dem im Anlassverfahren gemachten Vorwurf des Betruges nicht um einen Einzelfall gehandelt hat. Der Kläger ist vielmehr in der Vergangenheit mehrfach einschlägig polizeilich aufgefallen und seit dem Jahr 2009 Beschuldigter in nicht weniger als sechs weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gewesen. Insbesondere ist er bereits drei Mal rechtskräftig verurteilt worden, davon in zwei Fällen wegen Betruges. Durch Urteil des Amtsgerichts Jülich vom 9. Januar 2012 ist der Kläger sogar zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßigen Betruges in drei Fällen verurteilt worden (402 Js 1007/10). Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Verden wegen Tankbetrugs (344 Js 11685/11) wurde (lediglich) nach § 154 Abs. 1 Nr. StPO wegen der im Verfahren 521 Js 76/11 erfolgten Bestrafung eingestellt. Aktuell wird beim Amtsgericht Düren erneut ein Strafverfahren gegen den Kläger wegen Betruges geführt (402 Js 54/14), bei dem der Tatvorwurf dem im Anlassverfahren gemachten Tatvorwurf auffällig gleicht. Denn auch im aktuellen Strafverfahren soll der Kläger einen Auftrag (über die Errichtung einer Terrassen- und Haustürüberdachung) sowie eine Anzahlung in Höhe von 5.000,-- € entgegengenommen haben, ohne willens und in der Lage gewesen zu sein, eine ordnungsgemäße Konstruktion zu errichten. Auch wenn dieses Strafverfahren, in dem am 30. September 2014 die Hauptverhandlung stattfinden soll, noch nicht beendet ist, zeigt allein der Umstand, dass erneut ein Strafverfahren wegen Betruges gegen den Kläger geführt wird, dass die Prognoseentscheidung des Beklagten, es sei mit guten Gründen zu erwarten, dass der Kläger auch künftig als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden Straftat einbezogen werden könnte, zutreffend ist. Dies hat der Kläger im Übrigen bereits seit dem Jahr 2009 wiederholt gezeigt.
54Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände hält auch die Kammer es daher für erforderlich, über den Kläger erkennungsdienstliches Material vorzuhalten.
55Die angeordneten erkennungsdienstlichen Unterlagen sind schließlich auch geeignet und erforderlich, potenzielle zukünftige Straftaten, insbesondere in Tatzusammenhängen, wie sie bei den hier in Rede stehenden Straftaten typischerweise regelmäßig relevant werden, aufklären zu helfen, indem sie zur Feststellung oder zum Ausschluss einer Tatbeteiligung beitragen können. Dass der Kläger bislang (noch) nicht über seine Identität getäuscht hat, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Lediglich dann, wenn Gewissheit bestünde, dass der Kläger künftig nur von Ermittlungsverfahren betroffen würde, bei denen seine Tatbeteiligung nicht zweifelhaft ist bzw. verschleiert wird, könnte dies der Erforderlichkeit der Vorhaltung erkennungsdienstlichen Materials entgegenstehen.
56Vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 16. April 2014 - 3 A 274/12 -, juris Rn. 15 (unter Anführung des Beispiels der "Verletzung der Unterhaltspflicht" als Straftat, bei der typischerweise die Identität des Täters nicht zweifelhaft ist).
57Eine solche Gewissheit besteht hier indes nicht.
58Die angefochtene Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers vom 13. August 2013 weist schließlich auch keine Ermessensfehler auf.
59Da auch die Zwangsmittelandrohung den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 3, 55 und 56 PolG NRW entspricht, erweist sich die angefochtene Verfügung der Kreispolizeibehörde E. insgesamt als rechtmäßig, weshalb der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt und die Klage daher in vollem Umfang abzuweisen ist.
60Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Ausweislich einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister ist der am 17. Januar 1980 geborene Kläger am 23. März 1999 vom Amtsgericht Leverkusen wegen gemeinschaftlicher Nötigung, schwerem Raub, vorsätzlicher Körperverletzung und Diebstahl in drei Fällen zu 10 Monaten Jugendstrafe mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren verurteilt worden. Am 28. März 2000 verurteilte ihn das Amtsgericht Leverkusen wegen Diebstahls in zwei Fällen und Betrug in 11 Fällen zu zwei Jahren Jugendstrafe mit einer Bewährungszeit von drei Jahren. Am 18. Januar 2001 verurteilte ihn das Amtsgericht Bergheim wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in 19 Fällen, Betrugs in acht Fällen und fahrlässiger Körperverletzung zu drei Jahren Jugendstrafe. Am 4. Juli 2005 wurde der Rest der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Am 20. Dezember 2005 verurteilte das Amtsgericht Leverkusen den Kläger wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Datum der letzten Tat war der 29. September 2005. Am 1. April 2008 wurde der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt.
3In dem Ermittlungsverfahren 177 Js 304/13 der Staatsanwaltschaft Köln (Anlassverfahren) wurde der Kläger einer gefährlichen Körperverletzung beschuldigt, die er am 19. März 2013 in M. begangen haben sollte. Der Kläger habe auf der Straße den Geschädigten angehalten und ihm mit schwarzen Lederhandschuhen mit Sandfüllungen ins Gesicht geschlagen, sodass dieser einen Nasenbeinbruch erlitt. Er habe gesagt, dass dies aus Rache für die Körperverletzung an seinem Bruder U. geschehe. Der Geschädigte habe dem Kläger gesagt, dass er mit der im Dezember 2012 erfolgten Körperverletzung seines Bruders nichts zu tun habe. Er habe aber dieselbe Schule wie der Bruder des Klägers besucht und sei bei der Körperverletzung des Bruders des Klägers als Täter beschuldigt worden. Der Bruder des Klägers hatte vor der Polizei angegeben, dass im Dezember 2012 vier Personen auf dem Schulhof auf ihn eingeschlagen hätten. Einer dieser Personen soll der Geschädigte im Ermittlungsverfahren 177 Js 304/12 gewesen sein. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen habe eine Tatbeteiligung des Geschädigten nicht verifiziert werden können. Der zu diesem Zeitpunkt sechzehnjährige Bruder des Klägers wurde bei diesem Vorfall leicht an der linken Gesichtshälfte verletzt. Ursächlich für die körperlichen Übergriffe zu seinem Nachteil seien nach den polizeilichen Ermittlungen andauernde fremdenfeindliche Äußerungen gegen zwei thailändische Mitschüler gewesen. Bei einer im Rahmen der Ermittlung im Anlassverfahren am 23. April 2013 erfolgten Gefährderansprache, um den Kläger vor weiteren Aktivitäten gegen den Geschädigten abzuhalten, gab der Kläger nach Angabe des Beamten, der die Gefährderansprache durchgeführt hat, folgendes an: „Ich lasse das von meinem Anwalt regeln, ich streite nichts ab, ich gehe auch mit erhobenen Armen in den Gerichtssaal und gebe alles zu, ich zahle die Strafe und Schmerzensgeld ‑ kein Problem, für mich ist die Sache erledigt, Problem ist gelöst, die lassen meinen Bruder jetzt in Ruhe, keine Sorge, ich halte mich von denen fern, klar ist Selbstjustiz scheiße, aber wenn andere nichts tun, muss ich meinem Bruder helfen. Die Lehrer hat das ja nicht interessiert.“ Der Kläger ließ sich über seinen Anwalt dahingehend ein, dass sein Bruder seit Monaten Opfer einer Mobbing-Aktion mehrerer Jungen aus seiner ehemaligen Schule geworden sei. Dabei sei dieser mehrfach Opfer von Übergriffen geworden, bei denen er im einen Fall ‑ am 21. Dezember 2012 ‑ eine schwere Schädelprellung erlitten habe. Es sei nicht zutreffend, dass der Bruder andere Mitschüler als „Mongos“ u.ähnl. bezeichnet habe, sondern eine Schutzbehauptung derjenigen, die den Bruder angegriffen hätten. Diese Mobbing-Aktionen seien so heftig gewesen, dass seine Mutter den Bruder habe von der Schule nehmen müssen. Wortführer, Anführer und Initiator der Aktionen gegen seinen Bruder sei der Geschädigte als Anführer einer Gruppe von Jungen gewesen. Sein Bruder sei auch nach seinem Schulwechsel von dem Geschädigten bedroht worden. Dies habe er ‑ der Kläger ‑ im März 2013 erfahren und seinem Bruder versprochen, dass er mit dem Geschädigten reden wolle, damit dieser ihn in Ruhe lassen solle. Er, der in seiner Jugend bekanntermaßen mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, habe kein Interesse an Konflikten mit dem Gesetz, führe seit 2005 ein geregeltes Leben, sei verheiratet und arbeite im elterlichen Betrieb. Bei seinem Zusammentreffen mit dem Geschädigten habe er diesen erst geschlagen, nachdem dieser ihn am Jackenkragen gepackt habe, also in Notwehr gehandelt. Er habe bei diesem Schlag auch keine „Handschuhe mit Sandfüllungen“ getragen, die er gar nicht besitze. Die Staatsanwältin teilte dem Kläger über seinen Anwalt mit Schreiben vom 19. Juni 2013 mit, dass sie eine Notwehrsituation des Klägers nicht erkennen könne. Es sei verständlich, dass der Kläger Groll gegen den Geschädigten im Hinblick auf dessen Körperverletzung zum Nachteil seines Bruders hege. Selbstjustizhandlungen seien in unserem Rechtssystem jedoch nicht gestattet. Im Hinblick auf das strafrechtlich bedeutsame Vorlegen des Klägers könne eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 StPO nicht erfolgen. Sie sei ‑ dem Hintergrund des Falles Rechnung tragend ‑ bereit, das Verfahren gegen den Kläger gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 300 Euro binnen zwei Monaten an die Staatskasse einzustellen, wenn der Kläger zustimme. Nachdem dies der Fall war, stellte die Staatsanwaltschaft Köln das Verfahren gegen den Kläger am 23. Juli 2013 nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 300 Euro ein. Nach den bisherigen Ermittlungen sei der Kläger der gefährlichen Körperverletzung hinreichend verdächtig. Es handele sich jedoch um eine Auseinandersetzung vor dem Hintergrund der Übergriffe auf den Bruder des Klägers, sodass die Auflage geeignet sei, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.
4Mit Schreiben vom 9. April 2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, ihn erkennungsdienstlich zu behandeln. Die Anordnung sollte aus präventiv‑polizeilichen Gründen erfolgen und folgende Maßnahmen umfassen:
5Aufnahme von Zehnfingerabdrücken,Aufnahme eines dreiteiligen Lichtbildes (Profil, Portrait und Halbprofil),Fertigung einer Ganzaufnahme,Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,Aufnahme von Handflächenabdrücken.
6Zur Begründung führte der Beklagte aus: Der Kläger sei bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er sei auch bereits rechtskräftig wegen schwerem Raub, Nötigung, Körperverletzung, Diebstahl und Betrug verurteilt worden. Im Anlassverfahren habe er eine andere Person geschlagen und dieser das Nasenbein gebrochen. Der Kläger sei zuletzt 2005 erkennungsdienstlich behandelt worden. Aufgrund der bei ihm vorliegenden kriminellen Energie müsse davon ausgegangen werden, dass er auch zukünftig in Erscheinung trete. Da insbesondere die Lichtbilder nicht mehr auf dem neuesten Stand seien, sei die erneute erkennungsdienstliche Behandlung erforderlich. Deshalb habe er sich in Abwägung der widerstreitenden Interessen entschlossen, den Kläger erkennungsdienstlich zu behandeln.
7Nach Anhörung des Klägers ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2013 die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers zum Zwecke des Erkennungsdienstes gemäß § 81b 2. Alt. StPO unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250 Euro an.
8Der Kläger hat am 17. Juni 2013 Klage erhoben. Diese begründet er im Wesentlichen wie folgt: Eingestellte Ermittlungsverfahren seien nicht geeignet, die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu begründen. Zudem habe es sich bei der Anlasstat ausweislich des polizeilichen Anschreibens nur um eine einfache Körperverletzung gehandelt; eine solche sei auf Grund des vorgesehenen Strafrahmens als eher leichte Straftat einzustufen. Zudem sei er 2005, vor acht Jahren letztmals straffällig geworden. Im Vollzug sei er beanstandungsfrei gewesen und der Leiter der JVA habe ihm attestiert, dass er sich in Gesprächen aufgeschlossen und auskunftsbereit gebe und seine Äußerungen von Schuld‑ und Strafeinsicht zeugten. Es sei davon auszugehen, dass bei ihm ein Nachreifungsprozess stattgefunden habe, der eine positive Sozial‑ und Legalprognose zulasse. Er habe im Nachgang seinem Leben eine positive Wende gegeben, lebe seit langem in gefestigten Verhältnissen, habe geheiratet und sei berufstätig. Aus all diesen Erwägungen heraus ergebe sich keinesfalls die begründete Annahme, dass er auch in Zukunft als Verdächtiger einer Straftat in Betracht komme.
9Der Kläger beantragt sinngemäß,
10den Bescheid des Beklagten vom 14. Mai 2013 über die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung aufzuheben.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er führt aus: Der Kläger sei einschlägig vorbestraft. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sei durch ein gegen den Kläger als Beschuldigten gerichtetes Strafverfahren veranlasst worden. Es bestehe vorliegend ein besonderes kriminalistisches Interesse, weil der Kläger als Rückfalltäter anzusehen und ungeachtet des seit der letzten Tat verstrichenen Zeitraumes eine Wiederholungsgefahr gegeben sei. Dies werde auch dadurch unterstützt, dass es sich bei der Anlasstat nicht um eine spontane Aktion gehandelt habe, sondern der Kläger an ein Ereignis angeknüpft habe, das Monate zurücklag und planvoll gehandelt habe. Es handele sich bei der Anlasstat angesichts des betroffenen Rechtsgutes auch nicht um eine eher leichte Straftat. Das ältere erkennungsdienstliche Material sei für Zwecke des Erkennungsdienstes nicht mehr geeignet, sodass eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung unabdingbar sei.
14Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und den Inhalt der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft Köln 177 Js 304/13.
16Entscheidungsgründe:
17Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
18Die Klage ist unbegründet.
19Der Bescheid des Beklagten vom 14. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
20Er ist zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der Kläger zuvor gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW ordnungsgemäß angehört worden.
21Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
22Gemäß § 81b 2. Alt. StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten aufgenommen sowie Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit dies für Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die Vorschrift dient der vorsorgenden Bereitstellung von Hilfsmitteln für die künftige Erforschung und Aufklärung von Straftaten als Mittel der Kriminalitätsbekämpfung. Die Notwendigkeit der Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ‑ insbesondere von Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist – Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass er in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen ‑ den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend ‑ fördern könnten.
23BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 ‑ 6 C 2.05 ‑, NJW 2006, 1225 f. m. w. Nachw..; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. September 2008 - 5 B 1046/08 ‑, juris, und vom 6. Februar 2007 ‑ 5 A 1217/06 ‑; ferner Urteil vom 28. März 1995 - 5 A 1171/94 ‑.
24Dabei verlangen der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und der präventive Charakter der erkennungsdienstlichen Maßnahmen eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Verhinderung und Aufklärung von Straftaten und dem Interesse des Betroffenen, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potenzieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist. Im Rahmen der Abwägung kommt es insbesondere darauf an, in welchem Umfang konkrete Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen. In diesem Zusammenhang ist zum einen maßgeblich, welcher Art das Delikt ist, auf das sie sich beziehen. Je schwerer das Delikt wiegt, je höher der Schaden für die geschützten Rechtsgüter und die Allgemeinheit zu veranschlagen ist und ggfs. auch je größer die Schwierigkeiten einer Aufklärung einzustufen sind, desto mehr Gewicht erlangt das oben beschriebene öffentliche Interesse.
25OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Januar 1999 – 5 B 2562/98 ‑, DÖV 1999, 522 f., vom 14. Juli 1994 ‑ 5 B 2686/93 ‑ und vom 16. Oktober 1996 – 5 B 2205/96 ‑, Urteile vom 25. Juni 1991 ‑ 5 A 1257/90 ‑ und vom 29. November 1994 - 5 A 2234/93 ‑.
26Ferner darf die erkennungsdienstliche Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen. Vielmehr muss sich ihre Notwendigkeit jedenfalls auch aus den Ergebnissen des gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahrens herleiten lassen, auch wenn der gesetzliche Zweck der Anordnung außerhalb des betreffenden Strafverfahrens liegt. Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die erkennungsdienstlich zu behandelnde Person zukünftig strafrechtlich in Erscheinung treten werde und in einem solchen Falle die anzufertigenden Unterlagen für die polizeilichen Ermittlungen förderlich sein können. Eine derartige Prognose kann auch allein aus Art und Begehung der Anlasstat(en) zu rechtfertigen sein, sofern der Sachverhalt bereits in zureichendem Maße ermittelt ist.
27OVG NRW, Beschluss vom 23. September 2008 - 5 B 1046/08 ‑ a.a.O.; Nieders. OVG, Beschluss vom 24. Oktober 2007 - 11 ME 309/07 ‑, juris.
28Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze genügt die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 14. Mai 2013 den Anforderungen des § 81 b 2. Alt. StPO. Zum Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung war der Kläger Beschuldigter in dem Ermittlungsverfahren 177 Js 304/13. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen unberührt,
29vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 - 6 C 2/05 ‑,a.a.O.
30Angesichts der Art der dem Kläger in der Vergangenheit vorgeworfenen Straftaten kann nicht zweifelhaft sein, dass die erkennungsdienstliche Behandlung zur Förderung möglicher künftiger Ermittlungen für Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.
31Die Prognose des Beklagten, angesichts der bisherigen strafrechtlichen Auffälligkeiten sei damit zu rechnen, dass der Kläger auch zukünftig im Fokus polizeilicher Ermittlungsverfahren stehen werde, ist nicht zu beanstanden. Der durch die beigezogene staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten vermittelte Sachverhalt stützt die auf kriminalistischen Erfahrungswerten beruhende Einschätzung des Beklagten, der Kläger könnte zukünftig erneut in den Verdacht einer Straftat geraten, bei deren Aufklärung die erkennungsdienstlichen Unterlagen – sei es für den Kläger be- oder entlastend – förderlich sein könnten. Dabei ist ausschlaggebend, dass die bisherigen polizeilichen Auffälligkeiten des Klägers belegen, dass der erheblich vorbestrafte Kläger u.a. bei Konflikten dazu neigt, seine Interessen unangemessen aggressiv in Form von strafbaren Handlungen gegenüber seinen Mitmenschen zu vertreten. Dabei ist aus seinem Verhalten bei der Anlasstat ersichtlich, dass den bei seiner letzten strafbaren Handlung bereits 25 Jahre alten Kläger auch die absolvierte Strafhaft und Änderung seiner Lebensweise nicht davon abhält erneut eine strafbare Handlung begehen, in dem er in Form von Selbstjustiz einem anderen Menschen eine erhebliche Körperverletzung (Bruch des Nasenbeins) zufügte, damit dieser seinen jüngeren Bruder nicht mehr belästigte. Aus den Ermittlungsakten ist nicht ersichtlich, dass der Kläger hierbei in Notwehr gehandelt hat. Vielmehr spricht alles dafür, dass der nunmehr 33 Jahre alte Kläger den zur Tatzeit sechzehn Jahre alten Geschädigten zielgerichtet Monate nach dem Vorfall mit seinem Bruder, für den er den Geschädigten für verantwortlich hielt, nachdem sein Bruder bereits die Schule verlassen hatte, aufsuchte und dem Geschädigten keine Möglichkeit der Verteidigung ließ. Auch der Verdacht der gefährlichen Körperverletzung ist nach den Ermittlungen nicht ausgeräumt. Aus seinen Äußerungen im Rahmen der Gefährderansprache ist zudem ersichtlich, dass der Kläger keinerlei Unrechtsbewusstsein an den Tag legte und sein Verhalten zu Gunsten seines Bruders als gerechtfertigt empfand, da er sein Ziel erreicht zu haben glaubte. Der Umstand, dass das Anlassverfahren von der Staatsanwaltschaft nach § 153a StPO eingestellt worden sind, entzieht der Prognose, dass der Kläger künftig mit guten Gründen erneut in den Verdacht einer strafbaren Handlung geraten werde, nicht die Grundlage. Die Prognose kann sich auch auf nach § 170 Abs. 2 StPO oder anderen Vorschriften abgeschlossene Ermittlungsverfahren stützen, wenn in dem jeweiligen Verfahren Verdachtsmomente nicht ausgeräumt worden sind,
32vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 ‑ und 1. Juni 2006 – 1 BvR 2293/03 ‑ beide in juris, sowie OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2008 - 5 E 63//08 ‑ m.w.Nachw.
33wie es hier der Fall ist. Denn die Weiterführung der Ermittlungen ist nicht wegen erwiesener Unschuld des Klägers unterlassen worden, sondern im Hinblick auf die vorherigen Übergriffe auf den Bruder des Klägers. Dabei hat die Staatsanwaltschaft deutlich gemacht, dass der Kläger die ihm vorgeworfene Körperverletzung begangen hat und nicht durch eine Notwehrsituation gerechtfertigt war. Mithin bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger auch künftig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potenzieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, indem sie den Kläger überführen oder entlasten. Sollte der Kläger in Zukunft nicht wegen weiterer Straftaten auffällig werden, kann er zum gegebenen Zeitpunkt einen Antrag auf Vernichtung der erhobenen erkennungsdienstlichen Unterlagen stellen.
34Die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger bereits im Jahr 2005 erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Gemäß Ziffer 4.2.4 Satz 1 der Erkennungsdienstlichen Richtlinien des Bundeskriminalamtes (Ed-Richtlinien), Stand: 15.06.2010 (Bundeskriminalblatt Nr. 097), kann eine erkennungsdienstliche Behandlung unter Beachtung von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit nach jeder neuen Anlasstat angeordnet werden. Ziffer 4.2.5 der Ed-Richtlinien sieht vor, dass Lichtbilder neu aufzunehmen sind, wenn sich das Aussehen der Person verändert hat. Hiervon ist im Fall des Klägers, dessen letzte erkennungsdienstliche Behandlung inzwischen acht Jahre zurückliegt, auszugehen. Im Ergebnis das Gleiche gilt für Fingerabdrücke. Gemäß Ziffer 4.2.4 Satz 2 der Ed-Richtlinien sind Finger‑ und Handflächenabdrücke spätestens dann neu aufzunehmen, wenn die letzte erkennungsdienstliche Behandlung – wie hier – mehr als fünf Jahre zurückliegt. Zwar handelt es sich bei Richtlinien um bloße Verwaltungsvorschriften, denen eine Bindungswirkung für die Verwaltungsgerichte nicht zukommt. Dies hindert das Gericht aber nicht, die in Verwaltungsvorschriften vorgesehene Handhabung aus eigener Überzeugung für sachgerecht und mit der Rechtslage vereinbar zu halten. So liegt der Fall hier. Der in den Richtlinien des Bundeskriminalamtes für die Erneuerung von Finger‑ und Handflächenabdrücken bestimmte Zeitraum berücksichtigt in der polizeilichen Praxis gewonnene Erfahrungswerte über die Wahrscheinlichkeit des zwischenzeitlichen Eintritts von Veränderungen der Haut. Abgesehen davon, dass jeder Mensch dem natürlichen Alterungsprozess unterliegt, können Verletzungen der Fingerflächen schon bei alltäglichen Verrichtungen eintreten. Da bereits kleine Veränderungen der Haut die Brauchbarkeit vorhandenen Abdruckmaterials zur Identitätsfeststellung beeinträchtigen können, ist die Aktualisierung von Fingerabdrücken auf Grund eines neuen Anlassverfahrens jedenfalls nach fünf Jahren grundsätzlich – vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls, für die hier nichts ersichtlich ist – nicht zu beanstanden.
35So OVG Niedersachsen, Urteil vom 21. Februar 2008 ‑ 11 LB 417/07 ‑, juris; vgl. ferner VG Köln, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 20 L 478/07 ‑ und VG Augsburg, Urteil vom 27. November 2008 ‑ Au 5 K 08.547 ‑, jeweils juris.
36Auch im Übrigen verstößt die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht gegen die Unschuldsvermutung. Die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen enthält keine verbindliche Aussage über Schuld und Unschuld des Betroffenen,
37vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2008, a.a.O. m.w.Nachw.
38Bei dieser Sachlage ist die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auch im Übrigen angemessen, insbesondere verhältnismäßig. Bei den gegen den Kläger in der Vergangenheit geführten Ermittlungsverfahren handelt sich nicht um Bagatellkriminalität sondern um Delikte, die gegen die körperliche Integrität gerichtet sind bzw. einen hohen finanziellen Schaden bei Dritten auslösen können. Hinter dem so begründeten gewichtigen Gemeinwohlbelang müssen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers zurückstehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die anzufertigenden Unterlagen für den innerdienstlichen Gebrauch der Ermittlungsbehörden bestimmt und der Allgemeinheit grundsätzlich nicht zugänglich sind. Zwar können die Lichtbilder durch ihre Aufnahme in die Lichtbildervorzeigekartei Dritten vorgelegt werden. Die Berechtigung der Polizei zur Aufnahme von Lichtbildern zum internen Dienstgebrauch enthält aber nicht ohne Weiteres die Befugnis, die Lichtbilder Personen zu zeigen, die nicht das Amtsgeheimnis zu wahren haben. Bevor sie über den innerdienstlichen Bereich hinaus einer Privatperson vorgelegt werden, müssen erneut die widerstreitenden Interessen der Allgemeinheit und des Betroffenen abgewogen werden.
39Vgl. BVerwG, u.a. Beschluss vom 18. Mai 1973 - 1 B 39.73 ‑, DÖV 1973, 752.
40Hinsichtlich der Fingerabdrücke ist zu beachten, dass sie für eine Täteridentifizierung durch Laien ungeeignet sind. Da Privatpersonen den Verdächtigen auf Grund dieser Maßnahmen nicht wiedererkennen können, ist die Möglichkeit, dem Kläger könnten durch ihre Anfertigung Nachteile entstehen, verschwindend gering.
41Die Androhung von Zwangsgeld ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Nr. 2, 53 und 56 PolG NRW. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 250 Euro hält sich im unteren Bereich des von § 53 Abs. 1 PolG NRW eröffneten Rahmens und ist daher auch sonst verhältnismäßig.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
44Gründe für die Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
45Beschluss:
46Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
47Gründe:
48Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.