Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 13. Okt. 2016 - 2 K 2398/14
Gericht
Tenor
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für den Besuch der privaten I. -Schule in N. im Schuljahr 2014/15 ab dem 1. September 2014 bis zum Ende des Schuljahrs 2014/15 in Höhe von monatlich 1.400 € zu bewilligen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Der am 00.00.0000 geborene Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für den Besuch der privaten I. -Schule, einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule, in N. für das Schuljahr 2014/15 in Höhe von 1.400,‑ € monatlich.
3Zusammen mit seiner 1996 geborenen Schwester lebt der Kläger bei seiner Mutter, die von dem Kindesvater seit 2005 getrennt lebt. Der Kläger ist Autist und seine Entwicklungsverzögerung sowie Förderbedarf zeigten sich bereits im frühen Kindesalter. Die ärztliche Stellungnahme der M. -Klinik W. vom 26. November 2012 enthält die Diagnose:
4‑ atypischer Autismus (ICD‑10: F 84.1)
5‑ Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung vom gemischten Typ
6‑ Artikulationsstörung (ICD‑10: F 80.0)
7‑ überdurchschnittliche intellektuelle Gesamtbefähigung bei inhomogenem Intelligenzprofil.
8Dem psychischen Befund ist u.a. zu entnehmen, dass der Kläger nur verminderten Blickkontakt aufnimmt, in seiner Mimik und Interaktion deutlich eingeschränkt ist und seine Stimmungslage euthym bis indifferent wirkt bzw. kaum schwingungsfähig ist. Es bestehen zudem deutliche Artikulationsstörungen, d.h. die Sprache ist verwaschen und teils schwer verständlich. Ferner wurde eine deutlich verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit festgestellt. Darüber hinaus bestünden deutliche Hinweise auf ein Asperger-Syndrom mit leichter Verbesserung im Vergleich zu den Voruntersuchungen.
9Der Kläger wurde 2005 an der Grundschule X. -N1. eingeschult und wechselte zum zweiten Schuljahr an die Grundschule X. -B. . Während der Grundschulzeit erhielt er bereits sonderpädagogische Förderung mit dem Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung". Nach der Schulformempfehlung der Grundschule vom Januar 2009 war der Kläger für den Besuch einer Real- und Gesamtschule geeignet und eines Gymnasiums eingeschränkt geeignet. Der Kläger sei aufgrund seiner schnellen Auffassungsgabe, seines logischen Denkvermögens sowie seiner besonderen Interessen und Kenntnisse in Teilbereichen der Naturwissenschaften trotz seiner nur befriedigenden Leistung bedingt für das Gymnasium geeignet. Eine erfolgreiche Schullaufbahn könne jedoch nur mit umfassender Betreuung durch einen Integrationshelfer gewährleistet werden. Der Kläger wechselte im August 2009 auf das N2. -L. -Gymnasium in X. , welches erneut ein AO-SF-Verfahren einleitete. Mit Bescheid vom Mai 2011 wurde erneut der Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt "emotionale und soziale Entwicklung" festgestellt. Der Kläger wurde ausweislich des Überweisungszeugnisses vom Juli 2011 nach dem sechsten Schuljahr nicht versetzt und wechselte im September 2011 an die H3. (H2. ) X. , die er bis zum Ende des 9. Schuljahrs (2013/14) besuchte und mit dem Hauptschulabschluss abschloss. Die sonderpädagogische Förderung wurde auch an der H2. X. fortgeführt.
10Der Beklagte gewährte dem Kläger bereits seit August 2007 Eingliederungshilfe nach § 35a des Sozialgesetzbuches VIII. Buch (SGB VIII) in Form eines Schulbegleiters/Integrationshelfers und zwar durchgehend bis zum Ende des Schuljahrs 2013/14 sowie einer Autismus-Therapie, die der Kläger ab August 2008 aufnehmen konnte und bis zum November 2014 fortführte. Den Protokollen über die geführten Hilfeplangespräche lässt sich entnehmen, dass die Schulsituationen insgesamt schwierig waren, insbesondere im Hinblick auf die Kontakte zu den Mitschülern. Seine Leistungsbereitschaft war schwankend, wobei der Kläger als sehr intelligent eingestuft wurde, aber Vermeidungsstrategien entwickelt habe.
11Nachdem der Kläger bereits im Jahr 2012 Schwierigkeiten im sozialen Kontakt gegenüber Mädchen hatte und es zu Vorfällen in dem Gebrauch der sozialen Netzwerke kam ("Schmäh-Mails"), kam es im ersten Halbjahr des 9. Schuljahres (2013/14) seitens des Klägers wiederholt zu massiven verbalen Grenzüberschreitungen gegenüber Mitschülern und Lehrern, die zu wiederholten Unterrichtsausschlüssen, Interventionsgesprächen, Klassenkonferenzen und Reflektionsgesprächen zur Aufarbeitung der Situationen führten. Im März 2014 eskalierte das Verhalten des Klägers zudem durch verbale und körperlich aggressive Tätlichkeiten gegenüber seinem Integrationshelfer. In der Folge wurde für den Kläger durch das pädagogische Team der H2. X. in Absprache mit der Mutter des Klägers und dem Sonderpädagogen/Autismusfachberater Michael Dohmen eine außerschulische Betreuung des Klägers auf dem Schulbauernhof der K. -L1. -Schule (K1. -L2. -S, einer Förderschule) für zwei Wochen organisiert. Das pädagogische Team der H2. wurde um einen weiteren Sonderpädagogen erweitert und ein "Einzel-Coaching" für den Kläger initiiert sowie eine Beratung durch den Sonderpädagogen E. durchgeführt. Für den Kläger wurde ein strukturierter Rückkehrplan zur weiteren Teilnahme am Unterricht an der H2. X. erstellt, der mit dem Kläger und seiner Mutter Ende März 2014 besprochen wurde. In der Folgezeit kam es jedoch erneut zu massiven und wiederholten Beleidigungen seitens des Klägers gegenüber Mitschülern und auch tätlichen Angriffen. Die Teilnahme an einem Berufsanfängerseminar musste trotz klarer Vorgaben für den Kläger am dritten Tag abgebrochen werden.
12Am 20. Mai 2014 führten die Schulleitung und Lehrkräfte der H2. X. ein pädagogisches Gespräch mit der Mutter des Klägers, in dem unter anderem die Vorfälle, die Unterrichtsausschlüsse mit Reflektionsgesprächen und die bisherigen Maßnahmen nach dem "Einzel-Coaching-Plan" erläutert und mögliche schulische Perspektiven bzw. ein Schulwechsel besprochen wurden. In der Folgezeit wurde der Kläger jedoch wegen respektlosen und massiv provozierenden Verhaltens mit grenzüberschreitender Annäherung gegenüber seinem Integrationshelfer erneut vom Unterricht ausgeschlossen.
13Die Mutter des Klägers erörterte am 26. Mai 2014 mit dem zuständigen Mitarbeiter des Jugendamtes die schulischen Probleme des Klägers sowie einen beabsichtigten Schulwechsel. Sie beantragte unter dem 26. Juni 2014 (Eingang per Fax am 27. Juni) Eingliederungshilfe für den Kläger durch Übernahme der Kosten für die private I. -Schule ab dem Schuljahr 2014/15. Der Kläger könne aufgrund seiner Behinderung ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr an der H2. X. beschult werden. Dazu lägen bereits die Stellungnahmen der Schulleitung und des Schulamtes vor. Sie beziehe sich auf die bisher geführten Gespräche und die bereits vorliegenden Unterlagen. Die Beschulung an der I. -Schule sei erforderlich, weil der Kläger im Rahmen des bestehenden allgemeinen Schulsystems nicht weiter beschult werden könne. Während des Schulbesuchs an der I. -Schule sei die Hinzuziehung eines Integrationshelfers nicht mehr erforderlich. Auch der sonderpädagogische Förderungsbedarf könne insoweit ausgesetzt werden. Sie beabsichtige, den Kläger in der nächsten Woche an der I. -Schule anzumelden, da ansonsten aufgrund der bevorstehenden Schulferien eine weitere Beschulung nicht möglich sei. Der Vater des Klägers werde seine Zustimmung nachreichen.
14Die H2. X. stellte mit Schreiben vom Juni 2014 und der Stellungnahme des Sonderpädagogen vom 29. Mai 2014 ("Sonderpädagogische Hypothesen") die Entwicklung des Klägers im Schuljahr 2013/14 dar und führte aus, dass trotz des enormen Aufwandes und der Bündelung zahlreicher pädagogischer Ressourcen keine Entspannung der Situation zu erkennen sei. Es komme weiterhin zu massiven provozierenden Verhaltensweisen und deutlichen Grenzüberschreitungen. Zu diesem Schreiben der Schule vom Juni 2014 existiert noch eine zweite Fassung, die damit endet, dass aus Sicht der Schule der Punkt erreicht sei, an dem in diesem System keine weiteren Ressourcen vorhanden seien, die eine Erfolg versprechende Beschulung ermöglichen könnten. Der Sonderpädagoge - Herr H. – legte in seinem Bericht unter anderem dar, dass sich das pädagogische Team mit den ihnen möglichen pädagogischen Interventionen in den Rahmenbedingungen einer allgemeinen Schule im Grenzbereich dessen befänden, was überhaupt für den Kläger in einem solchen System zu leisten sei. Es sei dringend notwendig, für den Kläger ein adäquates anderes Fördersetting möglich zu machen, in dem er seine Ressourcen weiter positiv entwickeln könne.
15Das Schulamt des Kreises I1. führte gegenüber dem Jugendamt des Beklagten unter dem 12. Juni 2014 aus, dass nach Auskunft der Schule mit der Mutter des Klägers mehrere Möglichkeiten der weiteren Beschulung besprochen worden seien, unter anderem der Wechsel zu einer anderen Schule (I. -Privatschule, W1. -Haus in B1. ). Die Mutter des Klägers habe um eine Stellungnahme gebeten, um ihr Anliegen zu einem Schulwechsel zu unterstreichen. Es werde um Prüfung in eigener Zuständigkeit gebeten. Dabei werde darauf hingewiesen, dass die Schule der Mutter Möglichkeiten der weiteren Beschulung an der H2. X. aufgezeigt habe. Da der Kläger sonderpädagogischen Förderbedarf habe, könne ihm auch ein Platz an der L2. . -L1. -Schule angeboten werden.
16Nachdem ebenfalls der Kindesvater dem Hilfeantrag am 17. Juli 2014 zugestimmt hatte, gab der Beklagte unter dem 22. Juli 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags im Hinblick auf die von dem Schulamt dargelegten Möglichkeiten einer weiteren Beschulung.
17Die Mutter des Klägers führte unter dem 31. August 2014 dazu aus, dass die Darstellung des Schulamtes nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspräche. Ihr Bestreben sei es gewesen, dass der Kläger bis zum Schulabschluss die H2. X. besuche. Dafür habe er alle in Betracht kommende Unterstützung (Integrationshelfer, Sonderförderung, Autismus-Therapie sowie Nachhilfe) erhalten. Im Übrigen habe sie Beratungen durch den Autismus-Therapeuten sowie durch das Jugendamt in Anspruch genommen und darüber hinaus den Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgesucht, der eine medikamentöse Behandlung empfohlen habe, die auch erfolgt sei. Sie habe alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine weitere Beschulung zu ermöglichen. Im Laufe des Schuljahres hätten mehrere Gespräche mit den Lehrkräften der H2. X. stattgefunden und ihr sei erklärt worden, dass man "mit dem Latein am Ende sei" und eine weitere Beschulung an der H2. X. nicht mehr vorstellbar sei. Am 20. Mai 2014 sei ihr schließlich mitgeteilt worden, dass eine weitere Beschulung an der H2. X. nicht mehr tragbar sei. Als Alternative sei die I. -Privatschule oder das W1. -Haus in B1. dringlich empfohlen worden, welche sie sodann kontaktiert habe. Im W1. -Haus B1. sei eine Beschulung nur mit einer Internatsunterbringung möglich, die von dem Kläger aber abgelehnt werde. Auch der zuständige Mitarbeiter des Jugendamtes sei der Auffassung, dass das Internat keine geeignete Alternative für den Kläger sei, da die Hauptprobleme im schulischen und weniger im privaten bzw. familiären Bereich lägen. Nach mehrfachen Gesprächen mit dem Leiter der I. -Schule habe sie die Überzeugung gewonnen, dass dort junge Menschen mit Autismus und ADHS bestmöglich beschult werden können und dies auch für den Kläger mit seinem atypischen Autismus und der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung vom gemischten Typ die richtige Schule sei. Der Schulwechsel sei nicht von ihr gewünscht worden. Die H2. X. habe jedoch dargelegt, dass sie nicht mehr über die Erfahrung und Kapazitäten verfüge, um eine weitere und angemessene Beschulung für den Kläger zu gewährleisten. Eine weitere Perspektive für eine Beschulung an der H2. X. sei ihr nicht aufgezeigt worden. Zudem sei von den dortigen Lehrkräften eine Beschulung an der Förderschule für den Kläger und dessen persönliche und schulische Entwicklung als nicht förderlich angesehen worden; diese Auffassung werde ferner von dem Sonderpädagogen und Fachberater Herrn E. , der zugleich Lehrer der K1. -L2. -S sei, geteilt.
18Der Kläger besucht seit dem Schuljahr 2014/15 die I. -Schule. Der Schulvertrag wurde mit den Eltern am 20. August 2014 mit Vertragsbeginn zum 01. August 2014 abgeschlossen und enthält als Zusatzvereinbarung ein Sonderkündigungsrecht zum Ende eines jeden Monats im Hinblick auf die beantragte Jugendhilfe und das schwebende Verfahren.
19Die Mutter des Klägers legte dem Beklagten eine weitere Stellungnahme der Schulleiterin der H2. X. vom 16. September 2014 vor, in der diese unter anderem die notwendige wöchentliche Betreuung des Klägers im Anschluss an den Aufenthalt auf dem Bauernhof darlegte und ausführte, dass die hohe Betreuung und alle Maßnahmen letztendlich dazu geführt hätten, dass der Kläger an der Schule einen Hauptschulabschluss nach Klasse 9 erreichen konnte und es zu keiner weiteren Klassen-Teilkonferenz gekommen sei. Der Kläger habe leider nicht zu einem Abschluss mit Qualifikation gebracht werden können, obwohl dies nach Einschätzung aller Kollegen bei anderem Sozial- und Arbeitsverhalten hätte erreicht werden können. Die hohe Betreuung, die sie in die Arbeit mit dem Kläger investiert hätten, sei nur temporär möglich gewesen. Diese notwendige Betreuung, die weit über dem liege, was an zusätzlicher Betreuung veranschlagt worden sei, hätten sie in dieser Form in diesem Schuljahr nicht noch einmal anbieten können.
20Der Beklagte holte eine weitere Stellungnahme des Schulamtes vom 31. Oktober 2014 zu den Ausführungen der Mutter des Klägers im Anhörungsverfahren ein. Danach nahm das Schulamt Bezug auf E-Mails der Schulleitung der H2. X. vom 11. und 12. Juni 2014, die den Hinweis enthalten hätten, dass dem Kläger Perspektiven zur weiteren Beschulung aufgezeigt worden seien und u.a. auch der Besuch des Berufskollegs in Erkelenz angesprochen worden sei. Seitens der Mutter des Klägers sei um eine Stellungnahme des Schulamtes gebeten worden, um einen Schulwechsel zu unterstreichen. Die Schule habe der Mutter des Klägers weitere Möglichkeiten zur Beschulung an der H2. X. aufgezeigt. Weiterhin könne eine Beschulung an einer entsprechenden Förderschule angeboten werden. Dieser Hinweis erfolge grundsätzlich. Der Stellungnahme des Sonderpädagogen könne entnommen werden, dass der Kläger bereits das Schulbauernhofprojekt der K1. -L2. -S besucht habe. Diese Beschulungsmöglichkeiten würden weiterbestehen. Zudem habe die K1. -L2. -S große Erfahrung im Umgang mit schwerwiegenden Verhaltensproblematiken.
21Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 00.00.0000 den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Privatbeschulung ab. Zwar lägen die Anspruchsvoraussetzungen auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII aufgrund der autistischen Störung des Klägers vor, aber es bestehe eine vorrangige Leistungsverpflichtung der Schule gemäß § 10 SGB VIII. Unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 4 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) sei davon auszugehen, dass das öffentliche Schulsystem in der Lage sei, auch den Kläger angemessen zu fördern. Dazu seien Stellungnahmen des Schulamtes des Kreises I1. eingeholt worden, wonach seitens der H2. X. dem Kläger weitere Beschulungsmöglichkeiten an der dortigen Schule aufgezeigt worden seien. Ferner könne dem Kläger im Hinblick auf seinen sonderpädagogischen Förderbedarf auch ein Beschulungsplatz an der K1. -L2. -S in H1. angeboten werden. Das Schulamt sei den Ausführungen zu einer nicht mehr möglichen weiteren Beschulung an der H2. X. nochmals mit Stellungnahme vom 31. Oktober 2014 entgegengetreten und habe seine bisherigen Ausführungen zu einer weiteren möglichen Beschulung aufrechterhalten. Zwar lägen zwei verschiedene Versionen des Schreibens der Schule aus Juni 2014 vor, es sei jedoch im Hinblick auf die Stellungnahme des Schulamtes vom 31. Oktober 2014 davon auszugehen, dass sich zumindest die Schulleitung der H2. X. der Beurteilung des Schulamtes anschließe. Ebenfalls habe der Sonderpädagoge in seiner Stellungnahme vom Mai 2014 auf kleine Fortschritte und Entspannung des hochbelasteten schulischen Systems hingewiesen. Die vorliegenden Unterlagen und Stellungnahmen der pädagogischen Fachkräfte ließen den Schluss zu, dass die Beschulung des Klägers im öffentlichen Schulsystem weiter möglich gewesen wäre. Jedenfalls seien zum Zeitpunkt der Anmeldung an der I. -Privatschule noch nicht alle im öffentlichen Schulsystem entwickelten und angebotenen Maßnahmen zur Förderung des Sohnes ausgeschöpft worden.
22Der Kläger schloss in der Folgezeit das 10. Schuljahr (2014/15) erfolgreich mit dem Erwerb eines mittleren Schulabschlusses (Fachoberschulreife) ohne Qualifikationsnachweis ab und wurde von der I. -Schule in die Oberstufe aufgenommen. Nach erneuter Antragstellung des Kläger auf Übernahme der Kosten für die Fortsetzung des Schulbesuchs an der I. -Schule leitete der Beklagte ein Hilfeplanverfahren ein und bewilligte dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme der Privatbeschulung für das Schuljahr 2015/16 und auch für das erste Schulhalbjahr 2016/17.
23Der Kläger hat am 00.00.0000 Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen weiter vertieft. Der Schulwechsel sei erst auf Grund des Gesprächs seiner Mutter mit der H2. X. im Mai 2014 eingeleitet worden und die Anmeldung erst mit dem Schulbeginn erfolgt, nachdem eine rechtzeitige Entscheidung des Beklagten nicht mehr habe erwartet werden können. Die Selbstbeschaffung sei zulässig gewesen, da ihm ein weiteres Zuwarten und ein späterer Wechsel während des Schuljahrs nicht zumutbar gewesen wären. Der Beklagte sei über die gesamte schulische Situation in Kenntnis gesetzt worden und habe keine konkreten Beschulungsangebote aufgezeigt. Die Lehrkräfte der H2. X. hätten eindeutig und unmissverständlich dargelegt, dass eine weitere Beschulung nicht mehr tragbar gewesen wäre. Es seien keine Perspektiven für einen Verbleib an der Schule aufgezeigt, sondern vielmehr ein dringender Schulwechsel angeraten und dabei ausdrücklich auf die I. -Schule und W1. -Haus in B1. hingewiesen worden. Für eine weitere Beschulung sei eine kleine Klassengröße und Lehrkräfte mit Autismuserfahrung als erforderlich angesehen worden. Die K1. -L2. -S sei gar nicht angesprochen worden. Es bestehe im Übrigen seit mehreren Jahren Kontakt zu dem Sonderpädagogen E. , der bisher immer der Auffassung vertreten habe, dass die K1. -L2. -S nicht die geeignete Schule für ihn sei.
24Der Kläger legte ergänzend ein psychologisches Gutachten der Dipl.-Psychologin C. /Bundesagentur für Arbeit vom 9. September 2014 zur Einschätzung realisierbarer Schul- und Berufsabschlüsse des Klägers sowie die von der Schulleiterin der H2. X. an das Schulamt übersandten E-Mails vom 11./12. Juni 2014 vor.
25Der Kläger beantragt,
26den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 00.00.0000 zu verpflichten, ihm Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Schulkosten für den Besuch der I. -Schule in N. während des Schuljahrs 2014/2015 ab dem 1. September 2014 zu bewilligen.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Die selbstbeschaffte Privatbeschulung sei nicht alternativlos gewesen, da weitere Beschulungsmöglichkeiten im öffentlichen Schulsystem bestanden hätten. Seitens des Beklagten habe keine Veranlassung bestanden, an den Angaben des Schulamtes zu zweifeln. Die Entscheidung über die Beschulung liege letztlich nicht bei der jeweiligen Schule, sondern bei der Schulaufsicht, die eine Beschulung außerhalb des öffentlichen Schulsystems nicht für erforderlich gehalten habe. Insoweit habe für ihn, den Beklagten, kein Handlungsbedarf bestanden.
30Die Bewilligung der Eingliederungshilfe ab dem Schuljahr 2015/16 sei auf Grund der neu entstandenen Beschulungs- bzw. Ausbildungssituation des Klägers nach Erreichen der Fachoberschulreife erfolgt und lasse keinen Rückschluss für die begehrte Eingliederungshilfe im Schuljahr 2014/15 zu.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
33Die Klage ist zulässig und begründet.
34Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 00.00.0000 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit er den Zeitraum ab dem 1. September 2014 bis zum Ende des Schuljahres 2014/15 betrifft, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat für diesen Zeitraum einen Anspruch auf Übernahme des im Zusammenhang mit dem Besuch der I. -Schule in N. zu leistenden Schulgeldes in Höhe von 1.400 € monatlich.
35Soweit Leistungsberechtigte sich - wie im vorliegenden Fall - eine Leistung, die grundsätzlich im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe gewährt werden kann, ohne vorherige Entscheidung bzw. Mitwirkung des Jugendamtes - vgl. § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII - selbst beschafft haben, besteht eine Verpflichtung zur Erstattung der dadurch entstandenen Kosten bzw. Aufwendungen nur unter den in § 36a Abs. 3 SGB VIII geregelten Voraussetzungen,
36vgl. eingehend zur entsprechenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 36a Abs. 3 SGB VIII: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 - und vom 20. Juni 2008 - 12 A 739/06-, jeweils juris und m.w.Nw..
37Ein Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen gegen den öffentlichen Jugendhilfeträger besteht danach nur, wenn
381. der Leistungsberechtigte den öffentlichen Jugendhilfeträger vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
392. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
403. die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des öffentlichen Jugendhilfeträgers über die Gewährung der Leistung oder bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
41Die Mutter des Klägers hat den Beklagte zunächst rechtzeitig i.S. der Ziffer 1 der Vorschrift über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt. Das "Inkenntnissetzen" umfasst dabei grundsätzlich auch die Beantragung der begehrten Jugendhilfeleistung, wobei allerdings keine besondere Form vorgeschrieben ist und dieser Antrag auch durch schlüssiges Verhalten gestellt werden kann. Der Antrag muss jedoch so rechtzeitig gestellt werden, dass dem Jugendhilfeträger eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen als auch möglicher Hilfemaßnahmen möglich ist,
42vgl. dazu etwa OVG NRW, Urteile vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 - mit Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11. August 2005 - 5 C 18/04 -, jeweils juris.
43In der Rechtsprechung ist ferner anerkannt, dass auch in Fällen einer ursprünglich unzulässigen Selbstbeschaffung bei Jugendhilfemaßnahmen, die zeitabschnittsweise geleistet werden können, eine Kostenübernahme für einen späteren Zeitpunkt in Betracht kommt, wenn die Selbstbeschaffung nachträglich zulässig geworden ist,
44vgl. dazu etwa: OVG NRW, Urteile vom 16. November 2015 - 1639/14 -, juris Rz. 84-87, vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 - und Beschlüsse vom 18. Dezember 2013 - 12 B 1190/13 -, vom 22. März 2006 - 12 A 806/03 - und vom 14. März 2003 - 12 A 1193/01 -, jeweils juris.
45Bezogen auf den in dem - in der mündlichen Verhandlung klargestellten - Klageantrag genannten Leistungszeitpunkt ab dem 1. September 2014 ist die vorliegende Antragstellung als rechtzeitig anzusehen. Zwar beantragte die Mutter des Klägers schriftlich zunächst allein am 27. Juni 2014 - der Kindesvater sodann am 17. Juli 2014 - die Kostenübernahme für den Privatschulbesuch und nahm der Kläger bereits am 20. August 2014 den Besuch der I. -Schule - unter gleichzeitigem Abschluss des Schulvertrages mit Beginn des Schuljahres 2014/15 zum 1. August 2014 - auf. Die Kammer sieht jedoch trotz der damals anstehenden Ferienzeit jedenfalls den Zeitraum bis zum 1. September 2014 als ausreichenden Entscheidungszeitraum zur Klärung der konkreten schulischen Bedarfslage des Klägers und der insoweit zur Verfügung stehenden schulischen Möglichkeiten an. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Beklagte keine umfangreichen Feststellungen mehr zu den Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 SGB VIII treffen musste, da er bereits seit 2007 Eingliederungshilfe für den Kläger erbrachte und regelmäßige Hilfeplangespräche stattfanden. Zudem hatte die Mutter des Klägers bereits am 26. Mai 2014 - nach dem Gespräch mit der Schule am 20. Mai 2014 - mit dem zuständigen Mitarbeiter des Jugendamtes die schulische Situation des Klägers an der H2. X. erörtert und diesen über die Vorfälle und Gespräche mit der Schule in Kenntnis gesetzt. Dabei wurde u.a. über eine beabsichtigte Privatbeschulung zum Beginn des Schuljahres 2014/15 und die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme im Rahmen der Eingliederungshilfe gesprochen. Trotz der am 7. Juli 2014 beginnenden Ferienzeit wäre bis zum tatsächlichen Schulbeginn am 20. August 2014 noch ein Hilfeplangespräch zu einem möglichen Hilfsmittel "Privatschule" möglich gewesen. Vor dem Hintergrund, dass der Schulvertrag ebenfalls erst am 20. August 2014 geschlossen wurde und ausdrücklich ein monatliches Sonderkündigungsrecht vorsah, ist die Selbstbeschaffung ab dem 1. September 2014 nicht als unzulässig anzusehen.
46In dem hier maßgeblichen Zeitraum haben ferner i.S.v. § 36a Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII die Voraussetzungen für die Gewährung einer Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII vorgelegen. Dem Kläger stand insoweit ein Anspruch auf eine Hilfegewährung zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung nach § 35a Abs. 1 und 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und § 12 Nr. 2 der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHVO) in Form der Übernahme der Kosten für die Beschulung an der I. -Schule zu.
47Nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
481. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und
492. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt wird oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
50Bei gleichzeitigem Vorliegen beider Voraussetzungen geht das Gesetz von einer sog. "seelischen Behinderung" aus, wobei es ausreicht, wenn der Betroffene von einer "seelischen Behinderung" bedroht ist. Dies ist der Fall, wenn eine Teilhabebeeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII.
51Nach dem vorliegenden - den Anforderungen des § 35a Abs. 1a SGB VIII genügenden - ärztlichen bzw. jugendpsychiatrischen Stellungnahmen der M. -Klinik W. vom 26. November 2012 lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum eine seelische Störung vor. Dies ergibt sich aus den dort ausgewiesenen Diagnosen eines atypischen Autismus (ICD‑10: F 84.1) mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung vom gemischten Typ und einer Artikulationsstörung (ICD‑10: F 80.0).
52Unter Berücksichtigung dieser fachärztlichen Stellungnahme sowie den vorliegenden Schilderungen der Mutter des Klägers und den vorliegenden schulischen Berichten lag ferner im maßgeblichen Zeitraum eine - durch die seelische Störung hervorgerufene - Teilhabebeeinträchtigung des Klägers vor. Davon ist im i.S.v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB VIII auszugehen, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt und eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt,
53vgl. dazu eingehend: BVerwG, Urteile vom 11. August 2005 - 5 C 18/04 - und vom 26. November 1998 - 5 C 38/97 -, jeweils juris sowie OVG NRW, Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, m.w.Nw., juris.
54Auf Grund der diagnostizierten seelischen Störung bestanden tiefgreifende Probleme des Klägers, sich in den für sein Alter maßgeblichen Lebensbereichen - wie etwa Schule, Familie, außerschulische Sozialkontakte - zu integrieren. Das Vorliegen einer seelischen Behinderung wird auch seitens des Beklagten bereits seit Aufnahme der Jugendhilfemaßnahmen im Jahr 2007 als gegeben angesehen.
55Der Besuch der I. -Schule stellte sich ferner als erforderliche und geeignete Maßnahme der Eingliederungshilfe dar.
56Dabei ist von der damaligen Perspektive des leistungsberechtigten Klägers bzw. seiner Eltern auszugehen. Auch bei der Selbstbeschaffung einer aus fachlichen Gründen abgelehnten Leistung ist zu prüfen, ob der vom Jugendamt aufgestellte Hilfeplan verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, nicht von sachfremden Erwägungen beeinflusst und fachlich vertretbar ist. Diese Prüfung erstreckt sich dabei nicht auf eine reine Ergebniskontrolle, sondern umfasst auch die Begründung und rechtliche Bewertung des streitgegenständlichen Bescheides. Diese müssen für den Betroffenen nachvollziehbar sein, damit er entscheiden kann, ob in der gegebenen Situation eine Selbstbeschaffung gerechtfertigt ist. Hat das Jugendamt die begehrte Hilfe aus im vorgenannten Sinne vertretbaren Erwägungen abgelehnt, besteht weder ein Anspruch des Betroffenen auf die begehrte Eingliederungshilfeleistung noch auf den Ersatz von Aufwendungen für eine selbst beschaffte Hilfe. Hat demgegenüber das Jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht in einer den vorgenannten Anforderungen entsprechenden Weise über die begehrte Hilfeleistung entschieden, können an dessen Stelle die Betroffenen den sonst der Behörde zustehenden, nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Sie sind insoweit gezwungen, eine eigene Entscheidung über eine angemessene Lösung für die vorhandene Belastungssituation zu treffen, mit der Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs uneingeschränkt zu prüfen, sich hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe aber auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-Betrachtung der Leistungsberechtigten zu beschränken haben. Ist die Entscheidung der Berechtigten in diesem Sinne fachlich vertretbar, kann ihr etwa im Nachhinein nicht mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet gehalten,
57vgl. dazu eingehend und m.w.Nw. zur Rspr. d. BVerwG: OVG NRW, Urteil vom 22. August 2014 - 12 A 3019/11 -, juris Rz. 58f..
58Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich das von dem Beklagten eingeleitete Verwaltungsverfahren als nicht ausreichend und die mit Bescheid vom 00.00.0000 gegebene Begründung als nicht tragfähig für die erfolgte Ablehnung der Hilfe. Die sich nach den vorliegenden fachärztlichen sowie schulischen Berichten und Stellungnahmen aufdrängende Bedarfslage des Klägers zum Beginn des Schuljahrs 2014/15 wurde nur unzureichend erfasst und abgearbeitet.
59Bereits den damaligen ausführlichen Stellungnahmen der mit dem Kläger befassten Lehrkräfte sowie der Schulleitung der H2. X. von Mai und Juni 2014 konnte entnommen werden, dass die Möglichkeit einer weiteren Beschulung des Klägers an dieser Schule bzw. in einer Regelklasse wegen seines Fehlverhaltens insbesondere seines aggressiven und tätlichen Verhaltens gegenüber Mitschülern, Lehrern und auch dem Integrationshelfer nicht mehr als gegeben angesehen wurde. Insbesondere legte die Schule dar, dass die von ihr für den Kläger eingeleiteten zahlreichen Einzelmaßnahmen nicht zu einer Änderung des klägerischen Verhaltens bzw. Verbesserung der schulischen Situation geführt hätten und die im hohen Maße erforderliche intensive Zuwendung bzw. Einzelbetreuung des Klägers nicht mehr weiter fortgeführt werden könne. Dies bestätigte die Schulleiterin noch einmal mit Schreiben vom 16. September 2014, wonach nur auf Grund dieser notwendigen hohen Betreuung überhaupt noch eine Beschulung und ein Erreichen des Hauptschulabschlusses nach Klasse 9 möglich gewesen sei, diese jedoch nicht mehr im Schuljahr 2014/15 hätte fortgesetzt werden können. Ebenfalls wies der Sonderpädagoge der Schule (Herr H. ) in seiner Stellungnahme vom 29. Mai 2014 darauf hin, dass bereits der Grenzbereich des schulischen Leistungsvermögen erreicht worden sei und es dringend notwendig sei, für den Kläger ein anderes passendes Fördersetting zu ermöglichen. Dem entsprechen insoweit auch die Angaben der Mutter des Klägers, wonach ihr im Gespräch mit den Lehrkräften der H2. X. am 20. Mai 2014 ein Schulwechsel des Klägers als dringend erforderlich dargelegt worden sei.
60Vor diesem Hintergrund ist das eingeleitete Verwaltungsverfahren als nicht ausreichend anzusehen. Dem Verwaltungsvorgang kann insoweit lediglich entnommen werden, dass sich der Beklagte nach Eingang der bereits von der Mutter veranlassten Stellungnahmen der Schule und des Schulamtes und nach ihrer Anhörung im Oktober 2014 erneut an das Schulamt wandte mit der Bitte um eine weitere Stellungnahme. Der Beklagte leitete jedoch kein Hilfeplanverfahren ein, um der sich angesichts der Stellungnahme des Schulamtes vom 12. Juni 2014 nach Auffassung des Gerichts aufdrängenden Frage, ob (überhaupt) und (ggfs.) welche Art von Regelschulplatz der konkret geltend gemachten Bedarfslage des Klägers gerecht wird, weiter nachzugehen. Er führte weder ein Hilfeplangespräch mit der Mutter des Klägers noch beteiligte er die bisher mit dem Kläger befassten Lehrkräfte bzw. Sonderpädagogen der H2. X. . Dazu bestand vorliegend nach Auffassung der Kammer Veranlassung, da sich der Stellungnahme des Schulamtes vom 12. Juni 2014 lediglich entnehmen ließ, dass der Mutter des Klägers Möglichkeiten einer weiteren Beschulung an der H2. X. aufgezeigt worden seien und dies im Widerspruch zu den dem Beklagten vorliegenden Angaben der Schule selbst und derjenigen der Mutter des Klägers stand. Darüber hinaus sind gerade die Stellungnahmen der bisherigen Lehrkräfte bzw. Sonderpädagogen ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Würdigung der schulischen Belastungs- bzw. Bedarfssituation eines Kindes bzw. Jugendlichen, da sie einen unmittelbaren pädagogischen Eindruck vermitteln. Ferner lag es aus Sicht der Kammer auch nahe, den im Klageverfahren als "Autismusbeauftragten" benannten Sonderpädagogen E. , der auch gleichzeitig Lehrer an der K1. -L2. -S war bzw. ist und zu dem sowohl die Lehrkräfte der H2. X. als auch die Mutter des Klägers bereits mehrfach in der Vergangenheit Kontakt aufgenommen hatten, in ein Hilfeplangespräch bzw. Hilfeplanverfahren einzubeziehen. Schließlich drängte sich auch eine Einbeziehung des von dem Beklagten bereits im Rahmen der Eingliederungshilfe eingesetzten und selbst betroffenen Integrationshelfers des Klägers auf.
61Soweit sich der Beklagte in seiner ablehnenden Begründung unter Hinweis auf den Nachranggrundsatz in § 10 SGB VIII sowie den Bildungs- und Erziehungsauftrag der öffentlichen Schulen in § 2 Abs. 4 SchulG NRW auf die Stellungnahmen des Schulamtes bezieht, die die Möglichkeit einer weiteren Beschulung im öffentlichen Schulsystem aufgezeigt hätten, ist dies nicht als ausreichend anzusehen. Die von dem Beklagten im Klageverfahren vertretene Auffassung, dass für ihn angesichts dieser Stellungnahmen kein Handlungsbedarf bestand, da die Entscheidung, ob eine Beschulung im öffentlichen Schulsystem möglich sei, der Schulverwaltung obliege und keine Veranlassung bestand, die Angaben der Schulaufsicht anzuzweifeln, trägt im vorliegenden Fall die Ablehnung nicht.
62Ein Anspruch des Klägers war nicht wegen des Nachrangs der Jugendhilfe ausgeschlossen.
63Der Grundsatz des Nachrangs ist in § 10 Abs. 1 SGB VIII verankert, wonach Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen durch dieses Buch nicht berührt werden. Es genügt für die Nachrangigkeit der Jugendhilfe allerdings nicht, dass eine anderweitige Verpflichtung überhaupt besteht, diese muss vielmehr auch rechtzeitig realisierbar und nach den Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe zu erhalten sein. Insoweit hat die höchstrichterliche Rechtsprechung,
64vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 5 C 21/11 -, a.a.O., m.w. Nw. zur Rspr. d. BVerwG,
65einen vorrangigen Anspruch gegen die Schulverwaltung nur angenommen, soweit und solange die Schule tatsächlich Hilfe gewährt oder der Betroffene den Anspruch auf Hilfeleistung gegen die Schulverwaltung rechtzeitig verwirklichen kann.
66Nach der gefestigten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen muss sich ein Antragsteller nur dann auf das öffentliche Schulsystem verweisen lassen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht auch zur Verfügung steht, d.h. präsent ist,
67vgl. etwa: OVG NRW, Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 - und Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 12 B 1190/13 -, juris jeweils m.w.Nw..
68Damit ist zunächst der bloße Hinweis des Beklagten auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen nach § 2 Abs. 4 und 5 SchulG NRW zur individuellen Förderung und inklusiven Bildung und der damit der Schulverwaltung obliegenden Aufgabe, eine angemessene Beschulung entweder durch Wahl einer geeigneten Schule oder durch eine in pädagogischer Hinsicht angemessene personelle Ausstattung der zugewiesenen Schule zur Verfügung zu stellen, nicht ausreichend. Denn die Verpflichtung des öffentlichen Schulsystems, auch förderintensive Kinder und Jugendliche angemessen zu beschulen, entbindet die Jugendhilfe für sich genommen nicht von ihrer umfassenden Hilfe- und Steuerungsverantwortung. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung darf insbesondere die Auseinandersetzung um den Nachrang der Jugendhilfe und den Vorrang des Schulwesens nicht auf dem Rücken des betroffenen Kindes/Jugendlichen ausgetragen werden,
69vgl. auch: OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2014 - 12 A 1350/14 -, wonach auf die rechtliche Verpflichtung eines Schulträgers nicht ankommt, (Beschluss über die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Düsseldorf vom 29. April 2014 - 19 L2. 469/14), juris, m.w.Nw. zur Rspr..
70Ferner ist der Verweis des Beklagten auf die vom dem Schulamt angegebene weitere Beschulungsmöglichkeiten an der H2. X. oder an der Förderschule - der K1. -L2. -S - vorliegend fachlich nicht vertretbar bzw. stellte keine angemessene Bewältigung des konkreten Hilfebedarfs dar. Weder dem Ablehnungsbescheid noch dem Verwaltungsvorgang kann entnommen werden, dass an der H2. X. - weiterhin eine den damals besonderen - autismusgeprägten - schulischen Bedarf des Klägers deckende Hilfe für das kommende Schuljahr zur Verfügung stand. Für eine weitere Beschulung an der H2. X. lagen auf Grund der oben aufgeführten eindeutigen Stellungnahmen der Lehrkräfte bzw. Schulleitung gerade gegenteilige Anhaltspunkte vor. Der Hinweis des Schulamtes auf die seitens der Schulleitung gegenüber der Mutter des Klägers aufgezeigten Perspektiven für eine weitere Beschulung an der H2. X. , wie sie den E-Mails der Schule vom 11. und 12. Juni 2016 an das Schulamt entnommen werden können, war nicht geeignet, diese Anhaltspunkte zu entkräften. Nach diesen - durch die Mutter des Klägers vorgelegten - E-Mails der Schule handelte es sich nach Auffassung des Gerichts bei den dort angeführten Wechsel des Klägers in die Klasse 10 B der Schule oder Wiederholung der Klasse 9 nicht um ein Aufzeigen von Möglichkeiten im Sinne einer "Bleibeperspektive", sondern vielmehr um ein Aufzeigen dessen, was dem Kläger und der Schule bei Fortsetzung des bisherigen Verhaltens in einem nächsten Schuljahr bevorsteht. Die Schulleiterin verwies ausdrücklich auf die eingebrochene Zusammenarbeit des Klägers mit dem Integrationshelfer, die anstehenden Teilkonferenzen und zu beschließenden Ordnungsmaßnahmen oder die Beantragung eines Förderortwechsels. Sie prognostizierte damit keine bedarfsgerechte Beschulung, sondern ein "Scheitern" der Beschulung des Klägers im kommenden Schuljahr. Sie brachte - wie auch in ihren anderen Stellungnahmen - eindeutig zum Ausdruck, dass seitens der Schule ein Schulwechsel unbedingt erforderlich sei und gewünscht werde.
71Soweit der Beklagte demgegenüber darauf verweist, dass es sich letztlich um einen zwischen der einzelnen Schule und der Schulaufsicht zu klärenden Sachverhalt handele und für ihn maßgeblich - allein - die Angaben der Schulaufsicht seien, kann dem für den vorliegenden Sachverhalt nicht gefolgt werden. Denn von dem Beklagten ist in eigener Zuständigkeit der von dem Kläger ihm gegenüber geltend gemachte jugendhilferechtliche Hilfebedarf im Bereich schulische Eingliederung zu prüfen (worum im Übrigen auch das Schulamt in seiner Stellungnahme gebeten hat). Dies umfasst im Einzelfall auch die Frage, ob die seitens der Schulverwaltung mitgeteilten Beschulungsmöglichkeiten im öffentlichen Schulsystem geeignet erscheinen, den konkreten schulischen Eingliederungsbedarf tatsächlich zu decken, etwa im Hinblick auf eine konkret erforderliche geringe Klassengröße, besondere Unterrichtsbedingungen/Förderungen, hohe Einzelbetreuung, etc.. Dies stellt entgegen der Auffassung des Beklagten auch keinen Eingriff in die der Schulverwaltung obliegenden Aufgaben dar, denn es handelt sich um die allein dem Beklagten obliegende Prüfung, ob es sich insoweit um eine Beschulung handelt, die den geltend gemachten jugendhilferechtlichen Bedarf abdeckt, d.h. bedarfsgerecht ist. Der gegebenenfalls unter Beteiligung der Schulaufsichtsbehörden zu führende Nachweis einer vorhandenen bedarfsdeckenden Hilfe im öffentlichen Schulsystem durch Aufzeigen einer konkreten Alternative zum Privatschulbesuch obliegt dem Jugendamt,
72vgl. etwa: OVG NRW, Urteil vom 16. November 2015 - 12 A 1639/14 -, juris Rz. 107 ff, 112 m.w.Nw. zur Rspr.
73Mit dem alleinigen Hinweis auf eine nach Mitteilung des Schulamtes zur Verfügung stehende Beschulungsmöglichkeit im öffentlichen Schulsystem ist der Nachweis einer konkreten Alternative zum Privatschulbesuch vorliegend - noch - nicht erbracht worden. Der Verweis auf das öffentliche Schulsystem ist insbesondere dann nicht ausreichend, wenn gerade die aufgezeigte Schule - wie vorliegend - einen Schulwechsel für erforderlich gehalten und angestoßen hat. Dem steht schließlich angesichts der sich zum Mai 2014 zuspitzenden schulischen Situation auch nicht der Hinweis des Beklagten auf einen Bericht der H2. X. vom 14. (12.) Februar 2014 an den Beklagten bzgl. der weiteren Notwendigkeit des Einsatzes eines Integrationshelfers zur Ermöglichung einer weiteren Beschulung des Klägers an der H2. entgegen, da die Schule gerade zum damaligen Zeitraum zahlreiche Einzelmaßnahmen zur Bewältigung der Situation eingeleitet hatte bzw. durchführte. Im Übrigen weist die Schule in diesem Bericht bereits auf den zum damaligen Zeitpunkt "massiven Unterstützungsbedarf" des Klägers hin.
74Schließlich stellte auch der Verweis des Beklagten auf eine Beschulungsmöglichkeit an einer Förderschule mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung - hier: der K1. -L2. -S - kein konkret bedarfsdeckendes Angebot dar.
75Zum einen kann dem Ablehnungsbescheid schon nicht entnommen werden, ob tatsächlich für den Kläger ein Platz im Schuljahr 2014/15 für das 10. Schuljahr vorhanden war, denn nach der ergänzenden Stellungnahme des Schulamtes vom 31. Oktober 2014 erfolgt ein derartiger Hinweis "grundsätzlich", soweit sonderpädagogischer Förderbedarf besteht. Zum anderen lag zwar eine schulrechtliche Entscheidung über den sonderpädagogischen Förderbedarf des Klägers mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung vor, jedoch keine Entscheidung über eine Förderschule als Förderort. Vielmehr war zum damaligen Zeitpunkt Förderort die H2. X. im Anschluss an den Wechsel des Klägers von dem N2. -L. -Gymnasium (so noch Bescheid der C1. L3. vom 00.00.0000) und ein Förderortwechsel hätte erst beantragt werden müssen (vgl. oben genannte E-Mail der Schule vom 11./12. Juni 2014 an das Schulamt). Darüber hinaus lässt sich weder dem Ablehnungsbescheid noch dem Verwaltungsvorgang entnehmen, dass die genannte Förderschule geeignet gewesen wäre, dem Kläger eine im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglVO angemessene Schulbildung zu vermitteln. Angemessen ist eine Schulbildung dann, wenn der Hilfeempfänger nach seinen Fähigkeiten und Leistungen erwarten lässt, dass er das damit angestrebte Bildungsziel erreichen wird, d.h. es besteht ein Anspruch auf die Ermöglichung einer der dem individuellen Potential des Betreffenden entsprechenden Bildung,
76vgl. etwa: OVG NRW, Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, juris Rz. 88 m.w.Nw. zur Rspr.
77Vor dem Hintergrund, dass etwa in der fachärztlichen Stellungnahme vom 26. November 2012 eine überdurchschnittliche intellektuelle Gesamtbefähigung des Klägers bei inhomogenen Intelligenzprofil festgestellt wurde, dass dementsprechend den Hilfeplanprotokollen des Jugendamtes eine Einstufung des Klägers als sehr intelligent zu entnehmen ist und sich dies ebenfalls in den schulischen Berichten und u.a. in der Schulformempfehlung der Grundschule (Realschule und eingeschränkt Gymnasium) wiederspiegelt, erweist sich der schlichte Hinweis auf eine bestehende Förderschulmöglichkeit als nicht ausreichend. Eine konkrete Auseinandersetzung mit dem von dem Kläger angestrebten Bildungsziel, nämlich das Erreichen eines Realschulabschlusses oder eines Hauptschulabschlusses mit Qualifikation, das auch nach Einschätzung der Lehrkräfte der H2. X. auf Grund des Potentials des Klägers hätte erreicht werden können (und ebenfalls durch das von dem Kläger vorgelegte psychologische Gutachten der Dipl.-Psychologign C. vom 9. September 2014 bestätigt wird), ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus hat die Mutter des Klägers - bisher unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass eine Beschulung an der Förderschule bisher überhaupt nicht im Raum gestanden habe und ihr weder von der H2. -X. noch von dem dortigen Sonderpädagogen Herrn E. für den Kläger vorgeschlagen worden bzw. diese als angemessen angesehen worden sei. Wie bereits oben dargelegt, war seitens des Beklagten kein Hilfeplanverfahren eingeleitet worden und weder eine Rücksprache mit der K1. -L2. -S oder dem dort tätigen Sonderpädagogen Herrn E. erfolgt. Allein die Hinweise auf die Erfahrungen der Schule im Umgang mit schwerwiegenden Verhaltensproblematiken und auf den zweiwöchigen Aufenthalt des Klägers im dortigen Bauernhofprojekt sind nicht ausreichend, um die Geeignetheit und Angemessenheit einer dortigen Beschulung zu begründen. Letztere war im Übrigen lediglich als eine "Auszeitmaßnahme" der H2. X. für den Kläger eingerichtet worden, um danach erneut die unterbrochene Beschulung aufzunehmen.
78Ausgehend von der danach maßgeblichen ex-ante Perspektive des leistungsberechtigten Klägers – bzw. seiner Eltern – stellt sich die Entscheidung für die Aufnahme bzw. Fortführung der Beschulung an der Privatschule als fachlich vertretbar dar. Die I. -Schule N. ist eine staatlich anerkannte Ergänzungsschule zur Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss, die mittlere Reife und das Abitur. Sie wendet sich mit ihrem Schulkonzept, kleinen Klassengrößen und einem Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:4 und hoher individueller Förderung u.a. gerade an Schülerinnen und Schüler mit Autismus, ADS, ADHS, usw. Durch kleinere Lerngruppen und individuellere Betreuung durch das überschaubare Kollegium der Schule konnte und kann den oben beschriebenen Schwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten des Klägers in angemessener Form begegnet werden. Eine Beschulung an der I. -Schule oder dem W1. -Haus in B1. war im Übrigen der Mutter des Klägers durch die Lehrkräfte der H2. X. empfohlen worden. Die Entscheidung für die I. -Schule erfolgte erst nachdem die Mutter des Klägers beide Schulen aufgesucht, dort Gespräche mit der Schulleitung geführt hatte und der Kläger sich gegen den in B1. erforderlichen Internatsaufenthalt ausgesprochen habe. Die Geeignetheit der I. -Schule wird zudem von dem Beklagten nicht angezweifelt, der im Übrigen seit dem Schuljahr 2015/16 auf Grund der neuen Beschulungssituation des Klägers nach Erreichen der Fachoberschulreife die Beschulungskosten trägt.
79Die Bedarfsdeckung duldete ferner keinen weiteren zeitlichen Aufschub i.S.v. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII. Dem Kläger war angesichts des Schulbeginns am 20. August 2014 nicht zumutbar, die Bedarfsdeckung – etwa durch Verbleib an der H2. X. - bis zur Entscheidung des Beklagten bzw. den Abschluss eines Rechtsschutzverfahrens hinauszuschieben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass für den Kläger mit dem 10. Schuljahr ein Abschlussjahr mit Prüfungen anstand und ein Schulwechsel während des Halbjahrs bzw. nach einem Halbjahr angesichts der Prüfungsvorbereitungen und seelischen Behinderung des Klägers nicht zumutbar war.
80Dem Kläger steht schließlich bis zum Ende des Schuljahres 2014/15 ein Anspruch auf Übernahme der ihm bzw. seinen Eltern entstandenen Aufwendungen in Höhe des vereinbarten Schulgeldes von 1.400 € monatlich zu.
81Der Erstattungsanspruch des § 36a Abs. 3 SGB VIII orientiert sich an den zivilrechtlichen Vorschriften zum Aufwandersatz im Auftragsverhältnis bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag, wie er in den Rechtsgedanken des § 683 Satz 1 i.V.m. § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Ausdruck kommt. Danach sind als „erforderliche Aufwendungen“ diejenigen Aufwendungen anzusehen, welche dem Kläger bzw. dessen Eltern nach ihrem subjektiven vernünftigem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Jugendhilfeträgers für erforderlich halten durften,
82vgl. dazu eingehend: OVG NRW, Urteile vom 25. April 2012 – 12 A 659/11 -, Rz. 96 ff, vom 28. Juni 2012 – 12 A 2374/11 -, Rz. 57 ff; sowie daran festhaltend: Beschluss vom 2. November 2015 – 12 A 567/15 -, S. 3 und 4 BA; Kunkel/Pattar in Kunkel, LPK-SGB VIII, 5. Auflg. 2014, § 36a Rz. 16; Stähr in Hauck/Nofz, SGB VIII, Stand: Juni 2015, § 36a Rz. 43ff.
83Darunter fallen die Kosten, die tatsächlich durch den Leistungsberechtigten für eine private Beschulung aufgewandt werden, wie etwa das vorliegend regelmäßig gezahlte Schulgeld.
84Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 und § 188 Satz 2 VwGO.
85Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.