Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 16. Sept. 2016 - 1 L 616/16
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, vier der fünf ihm zum 1. August 2016 zugewiesenen Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 13 LBesO bei den Finanzämtern für Groß- und Konzernbetriebsprüfung mit den Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattet werden.
2. Der Streitwert wird auf bis zu 16.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäß gestellte, gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, vier der fünf ihm zum 1. August 2016 zugewiesenen Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 13 LBesO bei den Finanzämtern für Groß- und Konzernbetriebsprüfung mit den Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist,
4ist begründet.
5Der Antragsteller hat sowohl einen nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
6Zunächst ergibt sich der Anordnungsgrund daraus, dass der Antragsgegner beabsichtigt, die Beigeladenen nach A 13 LBesO zu befördern und ihnen jeweils eine der vier streitgegenständlichen Beförderungsplanstellen zu übertragen.
7Ferner hat der Antragsgegner einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn sein Bewerbungsverfahrensanspruch ist durch die Auswahlentscheidung verletzt.
8Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Leistungsgrundsatz). Einfachgesetzlich hat dies seinen Niederschlag in den Regelungen der § 9 BeamtStG und § 14 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW gefunden. Dieser Geltungsanspruch ist unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Für die Bewerber um ein öffentliches Amt begründet Art. 33 Abs. 2 GG einen Bewerbungsverfahrensanspruch in Form eines grundrechtgleichen Rechts auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Die Bewerbung um ein öffentliches Amt darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind.
9Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris; BVerwG, Beschlüsse vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 -, juris Rn. 31, und vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, NVwZ 2014, 75, sowie Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. August 2016 - 6 B 646/16 -, juris Rn. 5, und vom 24. März 2016 - 1 B 176/16 -, juris Rn. 10.
10Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähig, ohne dass es darauf ankommt, ob der um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchende übergangene Bewerber zwingend oder auch nur überwiegend wahrscheinlich seinem Konkurrenten hätte vorgezogen werden müssen. Ein Anordnungsanspruch ist in den Fällen der vorliegenden Art schon dann zu bejahen, wenn es nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erkennbaren Sach- und Streitstand gemessen an den vorgenannten Prüfungsmaßstäben nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die vom Dienstherrn getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Zugleich müssen die Aussichten des Betroffenen, in einem neuen rechtmäßigen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, zumindest „offen“ sein, was bereits der Fall ist, wenn seine Auswahl möglich erscheint.
11Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2016 - 2 BvR 2223/15 -, NVwZ 2016, 764; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Juni 2016 - 1 B 321/16 -, vom 25. August 2014 - 6 B 741/14 - und vom 5. Mai 2006 -1 B 41/06 -, jeweils juris, m.w.N.
12Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers durch die getroffene Auswahlentscheidung verletzt, denn diese Auswahlentscheidung ist jedenfalls in materieller Hinsicht zu beanstanden.
13Der Antragsgegner hat keine dem Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG, §§ 14 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW genügende Entscheidung getroffen.
14Nach der ständigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern im Grundsatz zugleich verpflichtet, die dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber – wie hier der Antragsteller und die Beigeladenen – inhaltlich auszuschöpfen. Er muss im Wege einer näheren „Ausschärfung“ des übrigen Beurteilungsinhalts der Frage nachgehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftigen Bewährung in diesem Amt (bzw. auf dem Beförderungsdienstposten) ermöglichen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, bei der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Beurteilungen einer ungerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede zu begegnen, etwa dadurch, dass er die Einzelfeststellungen in ihrer Wertigkeit gewichtet. Will der Dienstherr allerdings sich aufdrängenden oder zumindest naheliegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht. Es ist seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten bemisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern er nur das Prinzip selbst nicht in Frage stellt. Die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprungs heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung und ist im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der gesetzliche Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt worden ist, oder wenn dieser von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
15Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 - 2 VR 1.14 -, juris Rn. 22, und Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris Rn. 16f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. August 2016 - 6 B 646/16 -, juris Rn. 5, vom 20. November 2015 - 6 B 967/15 -, juris Rn. 10, und vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris Rn. 11, jeweils m.w.N.
16Grundsätzlich erst dann, wenn sich auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen in dem zuvor dargestellten Sinn kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen lässt, sind – vor Anwendung sogenannter Hilfskriterien – als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien die Aussagen in den jeweiligen Vorbeurteilungen und gegebenenfalls auch in noch davorliegenden Beurteilungen vergleichend zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich Aussagekraft besitzen.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 V 14.02 -, juris Rn. 23; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. August 2016 - 6 B 646/16 -, juris Rn. 11, und vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris Rn. 13.
18Diesen Anforderungen ist der Antragsgegner mit seiner Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen nicht gerecht geworden. Er hat keine inhaltlich Ausschöpfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen vorgenommen, sondern seine Entscheidung auf § 19 Abs. 6 Satz 2 und 3 LBG NRW in der ab 1. Juli 2016 geltenden Fassung und damit unmittelbar auf das Hilfskriterium „weibliches Geschlecht“ gestützt.
19Nach der vorgenannten Vorschrift sind Frauen bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ist in der Regel auszugehen, wenn die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist.
20Diese Vorschrift begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
21Ungeachtet der Frage, ob es dem Land bereits an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz fehlt,
22so VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. September 2016 - 2 L 2866/16 -, nrwe Rn. 19 ff.,
23bestehen erhebliche Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG, der sich nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG rechtfertigen lässt.
24Zwar ist die Förderung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz ist jedoch nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken. Es ist mit Art. 33 Abs. 2 GG vielmehr unvereinbar, eine Auswahlentscheidung ohne Ausschöpfung der Erkenntnismittel zur Qualifikation am Hilfskriterium „weibliches Geschlecht“ auszurichten.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris Rn. 20f.; siehe dazu auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 5. September 2016 - 2 L 2866/16 -, nrwe Rn. 41.
26Dies ist nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 6 Satz 2 und 3 LBG NRW jedoch vorgesehen. Ausweislich der Gesetzesgebegründung soll es einer weiteren Ausschärfung und eines Rückblicks auf vorangegangene Beurteilungen grundsätzlich nicht mehr bedürfen, wenn die aktuellen dienstlichen Beurteilungen ein gleichwertiges Gesamturteil aufweisen.
27Vgl. Gesetzentwurf zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Dezember 2015, LT-Drs. 16/10380, Seite 345.
28Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass nach der Gesetzesbegründung die Regelvermutung in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW nicht greifen soll, wenn die vergleichende aktuelle dienstliche Beurteilung in den Einzelbewertungen dennoch so gravierenden Unterschiede aufweisen, dass offensichtlich nicht mehr von einer gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ausgegangen werden kann.
29Ungeachtet der Frage, ob rechtmäßige dienstliche Beurteilungen vorliegen, wenn sie das gleiche Gesamturteil, aber gravierende Unterschiede in den Einzelbewertungen aufweisen, vermag auch dies dem Begehren des Antragstellers nicht entgegenzustehen. Denn es ist zum einen völlig offen, wann nunmehr doch eine Ausschärfung vorzunehmen ist. Zudem steht diese Regelung im Widerspruch zum Anliegen des Gesetzes.
30Selbst wenn jedoch eine verfassungsgemäße Auslegung der Norm möglich sein sollte, um – wie aus der Gesetzesbegründung hervorgeht – den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Geltung zu verschaffen,
31vgl. Gesetzentwurf zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Dezember 2015, LT-Drs. 16/10380, Seite 345,
32änderte dies im Übrigen nichts an der Rechtswidrigkeit der vorliegenden Auswahlentscheidung, da von der Oberfinanzdirektion NRW weder die Ausnahmeregelung in den Blick genommen noch eine Ausschärfung vorgenommen worden ist.
33Das Gericht ist auch in Anbetracht von Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Nach dieser Vorschrift hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei seiner Entscheidung ankommt. Bei Eilentscheidungen besteht eine Vorlagepflicht nur in Ausnahmefällen, insbesondere wenn in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung ergeht oder wenn die beantragte vorläufige Regelung die endgültige Entscheidung weitgehend vorwegnehmen würde. Das Gericht darf zwar Folgerungen aus der von ihm angenommenen Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes erst nach deren Feststellung durch das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dadurch wird ihm aber die Möglichkeit der vorläufigen Rechtsschutzgewährung nicht genommen, wenn eine solche nach den Umständen des Einzelfalles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird. Eine Rechtsschutzgewährung ist demnach insbesondere geboten, wenn dem betroffenen Bürger eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch ein Urteil in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann.
34Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1977 - 2 BvL 10/75 -, BVerfGE 46, 43 (51) = juris Rn. 35, vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382 (389) = juris Rn. 29, und vom 19. Juli 1996 - 1 BvL 39/95 -, juris Rn. 7f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Februar 2013 - 1 B 1316/12 -, juris Rn. 8, und vom 10. April 1992 - 12 B 2298/90 -, juris Rn. 1f.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 L 1704/13 -, juris Rn. 96; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 2 L 1869/14 -, juris Rn. 37; siehe dazu auch Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014 § 123 Rn. 14; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2014, § 123 Rn. 129.
35Die vorgenannten Voraussetzungen sind erfüllt. Dem Antragsteller droht eine Verletzung in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG, die durch eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren in der Regel wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität nach erfolgter Ernennung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Auch wird die Hauptsache nicht grundsätzlich vorweggenommen, auch wenn zu konstatieren ist, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren im Regelfall die Funktion des Hauptsachverfahrens übernimmt.
36Vgl. zur Funktion des einstweiligen Rechtschutzverfahrens in Konkurrentenstreitigkeiten: BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 = juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, NJW 2011, 695 = juris Rn. 31; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2015 - 1 B 146/15 -, juris Rn. 18; daher spricht sich Schoch, a.a.O., § 123 Rn. 129b, für eine Vorlagepflicht aus, wenn „das Eilverfahren erkennbar die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt“; ihm zustimmend Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 123 Rn. 16; a.A. Puttler, a.a.O., § 123 Rn. 15, wonach die Beendigung des Rechtsstreits mit dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht aus Rechtsgründen, sondern aus faktischen Gründen erfolge.
37Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen im Verfahren keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko unterworfen haben, kommt eine Erstattung etwaiger außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht.
38Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 6 Satz 4 GKG und berücksichtigt mit einem Betrag von einem Viertel der Jahresbezüge des angestrebten Amtes den vorläufigen Charakter des Verfahrens.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 16. Sept. 2016 - 1 L 616/16
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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 16. Sept. 2016 - 1 L 616/16 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Zubehör, das nicht dem Grundstückseigentümer gehört, kann enteignet werden, wenn ein Grundstück zur Entschädigung in Land oder zur Verlegung von Betrieben enteignet wird und der Eigentümer das Zubehör entbehren kann. § 12 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird für das Verfahren zweiter Instanz auf 9.557,31 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
3Der Senat ist bei der durch die Beschwerde veranlassten Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit es um deren Abänderung geht, auf die Prüfung der vom Rechtsmittelführer fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO). Diese Gründe rechtfertigen es nicht, dem mit der Beschwerde weiter verfolgten Antrag des Antragstellers zu entsprechen,
4unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu untersagen, im Rahmen der Beförderungsrunde nach Besoldungsgruppe A 9_vz auf der Beförderungsliste „DTTS“ die mit „sehr gut Basis“ beurteilten (namentlich benannten 46) Konkurrenten zu befördern, solange nicht über seine Beförderung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
5Das Verwaltungsgericht hat in seinem angefochtenen Beschluss ausgeführt, es sei auch unter Berücksichtigung der Mängel der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers für diesen realistischerweise nicht möglich, in einem neuen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden.
6Was der Antragsteller dagegen vorbringt, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
71. Das betrifft zunächst die gegen die Rechtmäßigkeit seiner eigenen dienstlichen Beurteilung vom 14./19. Januar 2015 erhobenen Einwände.
8a) Der Antragsteller rügt zunächst, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass seine durchgehende höherwertige Beschäftigung in seiner dienstlichen Beurteilung nicht angemessen berücksichtigt worden sei.
9Dies trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, die Beurteilerinnen hätten verkannt, dass der Antragsteller durchgehend höherwertig eingesetzt gewesen sei (Seite 3 unten des Beschlussabdrucks). Es hat weiter festgestellt, dass die Beurteilerinnen die höherwertige Tätigkeit des Antragstellers gleichwohl grundsätzlich berücksichtigt hätten, nur nicht vollständig und hinreichend (Seite 4 Mitte des Beschlussabdrucks). Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert (Seite 9 unten des Beschlussabdrucks), der Antragsteller habe bei einer Neubeurteilung keine realistische Chance, statt seiner bisherigen Gesamtnote „Rundum Zufriedenstellend“ mit dem Ausprägungsgrad „++“ die Gesamtnote „Sehr gut“ mit dem Ausprägungsgrad „Basis“ zu erhalten, die auf einer Skala von insgesamt sechs Gesamtnotenstufen und achtzehn Ausprägungsgraden zwei Gesamtnotenstufen und vier Ausprägungsgrade höher liegt.
10Der Senat teilt diese Einschätzung auch unter Berücksichtigung der Einwände des Antragstellers. Zwar lässt der bloße Hinweis in der Begründung des Gesamtergebnisses der dienstlichen Beurteilung „Dies [„teilweise“ höherwertige Beschäftigung] wird bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt“ nicht erkennen, mit welchem Gewicht und in welcher Weise diese Berücksichtigung im konkreten Fall bei der Zuordnung bestimmter Einzelnoten und/oder des Gesamturteils stattgefunden hat. Auch ist die höherwertige Tätigkeit grundsätzlich bei allen Einzelkriterien in den Blick zu nehmen; Abweichendes ist zu erläutern.
11Vgl. dazu z. B. OVG NRW, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 B 1513/15 –, juris, Rn. 16 ff., m. w. N.
12Da die ausgeübte Tätigkeit des Antragstellers lediglich eine Stufe (A 9) über seinem Statusamt (A 8) lag, hält der Senat es jedoch für ausgeschlossen, dass der Antragsteller bei einer angemessenen Berücksichtigung seiner höherwertigen Tätigkeit in einer neuen Beurteilung um zwei Gesamturteilsstufen von sechs – dies wäre insoweit ein Drittel der Notenskala – bzw. vier von insgesamt achtzehn Ausprägungsgraden besser zu bewerten wäre.
13b) Der Antragsteller hält seine Beurteilung weiter für rechtswidrig, weil die Stellungnahme zur dienstlichen Beurteilung von Herrn X. betreffend den Zeitraum vom 15. September 2011 bis zum 31. August 2012 nicht auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhe. Herr X. sei nicht die damals unmittelbare Führungskraft des Antragstellers gewesen, habe keine hinreichenden eigenen Erkenntnisse über die Leistungen des Antragstellers gehabt und sei von einer falschen Aufgabenbeschreibung ausgegangen. Ferner macht der Antragsteller auch unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 2016 – 2 A 1.14 –, IÖD 2016, 110 = juris, Rn. 25 f., geltend, dass die Antragsgegnerin anstelle der Äußerung des Herrn X. einen Beurteilungsbeitrag des im Ruhestand befindlichen früheren unmittelbaren Vorgesetzten, Herrn X1. , hätte einholen müssen.
14Dieser Vortrag führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Denn unabhängig davon, ob und inwiefern diese Einwände die auf den Beurteilungsbeitrag des Herrn X. bezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Nr. 2 a) des Beschlussabdrucks in Frage stellen, zeigt die Beschwerde nicht auf, dass der Antragsteller entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts im Falle einer neuerlichen Auswahlentscheidung nicht chancenlos wäre. Der Beurteilungsbeitrag des Herrn X. deckt elfeinhalb Monate des fünfundzwanzigeinhalb Monate (15. September 2011 bis 31. Oktober 2013) umfassenden Beurteilungszeitraums ab. Die in den elfeinhalb Monaten gezeigten Leistungen des Antragstellers müssten demnach in ganz besonderer Weise hervorstechend gewesen sein, um über den gesamten Beurteilungszeitraum betrachtet eine Leistungsbewertung plausibel darzustellen, die um vier Ausprägungsgrade höher liegt als die derzeit erreichte bzw. die zumindest in die Nähe einer solchen Bewertung gelangt. Eine derartige Leistung behauptet bereits der Antragsteller nicht. Es kommt hinzu, dass dem Antragsteller nach der derzeitigen Reihenfolge der Beförderungsaspiranten insgesamt ca. 900 Beamte vorgehen. Unabhängig von den im Antrag namentlich erwähnten 46 Konkurrenten sind dies 110 Beamte, die ebenfalls mit der Gesamtnote „sehr gut Basis“ benotet, aber mit Blick auf den Zeitpunkt ihrer letzten Beförderung noch nicht zum Zuge gekommen sind, sowie weitere fast 800 Beamte, die mindestens mit der Note „gut Basis“ und damit immer noch besser als der Antragsteller beurteilt worden sind. Es erscheint nach der Lebenserfahrung aber ausgeschlossen bzw. allenfalls theoretisch denkbar, dass der Antragsteller bei erneuter Auswahlentscheidung an dem weitaus überwiegenden Teil all dieser Beamten „vorbeiziehen“ könnte, angesichts dessen, dass er zwar hinsichtlich einzelner Beurteilungen der 46 namentlich benannten Konkurrenten Einwände erhebt, die auf die Rechtswidrigkeit dieser Beurteilungen führen könnten, das Beschwerdevorbringen aber keine dem Beurteilungssystem oder ‑verfahren insgesamt anhaftenden Fehler erkennen lässt.
15c) Soweit der Antragsteller schließlich meint, seine dienstliche Beurteilung sei nicht hinreichend plausibilisiert, setzt er im Wesentlichen seine eigene Bewertung seiner Leistungen der Einschätzung der Beurteilerinnen entgegen. Dies hat das Verwaltungsgericht auf Seite 8 und 9 oben des Beschlussabdrucks zutreffend ausgeführt. Bei der Frage, welche Formulierungen in den Freitexten der Beurteilung auf welche Einzelnote hindeuten, steht den Beurteilern und den Verfassern der Stellungnahmen ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Spielraum zu. Dass dieser hier überschritten sein könnte oder die Texte uneinheitlich verwendet worden sein könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Der allgemeine Hinweis darauf, Konkurrenten hätten bei vergleichbaren Freitexten bessere Noten erhalten, genügt dafür nicht.
162. Weiter macht der Antragsteller Mängel in den dienstlichen Beurteilungen seiner Konkurrenten geltend. Dies führt jedoch wegen der Vielzahl der dem Antragsteller vorgehenden Beamten sowie des Umstandes, dass das Beschwerdevorbringen keine dem Beurteilungssystem oder ‑verfahren anhaftenden grundsätzlichen Mängel aufzeigt (vgl. unter 1.b)) nicht zum Erfolg der Beschwerde.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
18Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG nach einem Viertel der fiktiv an den Antragsteller für die in Rede stehende Stelle (hier: A 9, Stufe 8) im Kalenderjahr 2016 an Beamte der Postnachfolgeunternehmen zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsbezügen abhängen. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Streitwert ([12 x 3.185,77 Euro] : 4).
19Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
Zubehör, das nicht dem Grundstückseigentümer gehört, kann enteignet werden, wenn ein Grundstück zur Entschädigung in Land oder zur Verlegung von Betrieben enteignet wird und der Eigentümer das Zubehör entbehren kann. § 12 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäߠ § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern oder aufzuheben.
4Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner zu Recht im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die ausgeschriebene Stelle des Dienstgruppenleiters in der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz des Polizeipräsidiums E. nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zugunsten des Beigeladenen getroffene und mit einem Qualifikationsvorsprung begründete Auswahlentscheidung erweise sich infolge des vorschnellen Rückgriffs auf die Vorbeurteilungen der Bewerber als rechtswidrig. Der Antragsgegner habe den Einzelfeststellungen in den aktuellen Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen keine hinreichende Bedeutung beigemessen, obwohl die Bewertungen der Merkmale „Arbeitsweise“ und „Leistungsgüte“ in der aktuellen Regelbeurteilung des Antragstellers mit jeweils 5 Punkten besser ausgefallen seien als in der aktuellen Regelbeurteilung des Beigeladenen (jeweils 4 Punkte). Diesen Bewertungsunterschieden hätte der Antragsgegner zunächst durch eine inhaltliche Ausschöpfung der aktuellen Regelbeurteilungen nachgehen müssen. Seine stattdessen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte schematische Vorgabe, Bewerber seien schon als wesentlich gleich qualifiziert anzusehen, wenn sie im Gesamtergebnis gleich beurteilt seien und die Summe der Punktwerte der einzelnen Merkmale (Wertesumme) um nicht mehr als zwei Punkte differierten, schließe es aus, Besonderheiten der konkreten, zur Entscheidung anstehenden Konkurrenz in den Blick zu nehmen und in die Entscheidung einfließen zu lassen. Das Beurteilungssystem der Richtlinien für die dienstliche Beurteilungen der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei – BRL Pol -, RdErl. d. Innenministeriums vom 9. Juli 2010 – Az.: 45.2-26.00.05 - sehe mit Blick auf den Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW) vor, dass durch die Vergabe von Punktwerten für jedes Merkmal Abstufungen innerhalb des Gesamturteils möglich seien (vgl. Nr. 6 BRL Pol).
5Die vom Beigeladenen hiergegen mit der Beschwerde erhobenen Einwände geben keinen Anlass zu einer von der Wertung des Verwaltungsgerichts abweichenden Einschätzung. Sie stellen den Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht in Frage.
6Auch der Beigeladene geht unter Bezugnahme auf zwei Beschlüsse des Senats,
7vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Mai 2013 – 6 B 335/13 – und vom 19. August 2013 – 6 B 816/13 -, jeweils juris,
8davon aus, dass der Dienstherr bei im Gesamturteil gleichlautenden aktuellen Beurteilungen zunächst zu einer inhaltlichen Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen durch Würdigung der Einzelfeststellungen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Ebenso steht sein weiterer Vortrag, in dem er die Ergebnisoffenheit der Ausschöpfung betont, weil es im Beurteilungsspielraum des Dienstherrn liege, welche Einzelfeststellungen er im Rahmen des Qualifikationsvergleichs heranziehe und welchen er keine Bedeutung beimesse bzw. wie er diese gewichte, in Einklang mit der vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassung. Dieses hat indes in der angegriffenen Entscheidung nicht die Ansicht vertreten, die inhaltliche Auswertung der aktuellen Regelbeurteilungen könne nur dazu führen, dass derjenige Beamte auszuwählen sei, der über die höchste Wertesumme verfüge, sondern bereits bemängelt, dass der Antragsgegner keine Ausschöpfung der aktuellen Regelbeurteilungen vorgenommen und nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen der besseren Bewertung des Antragstellers in zwei Merkmalen keine Bedeutung zugemessen worden sei.
9Mit dieser in Einklang mit der Rechtsprechung des BVerwG stehenden Ansicht,
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 -, juris, Rn. 16 und 17,
11hat das Verwaltungsgericht nicht – wie der Beigeladene geltend macht - den Entscheidungsspielraum des Antragsgegners verkannt. In Bezug auf die Pflicht des Dienstherrn, bei gleichlautenden Gesamturteilen in den aktuellen Regelbeurteilungen der Frage nachzugehen, ob die Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen, steht diesem kein Ermessen zu. Dies verkennt der Beigeladene, wenn er sich darauf beruft, dass der Antragsgegner im Rahmen einer „Binnendifferenzierung“ ermessensfehlerfrei von einem Beurteilungsgleichstand ausgehen und die Ergebnisse der Vorbeurteilungen heranziehen dürfe. Grundsätzlich erst dann, wenn sich auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen lässt, sind – vor der Anwendung so genannter Hilfskriterien – als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien die Aussagen in den jeweiligen Vorbeurteilungen und ggfs. in noch älteren Beurteilungen zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich Aussagekraft besitzen. Ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum kommt dem Dienstherrn dabei erst auf der Ebene der Würdigung der Einzelfeststellungen zu. Insoweit ist die Entscheidung des Dienstherrn, bestimmte Einzelfeststellungen zur Begründung eines Qualifikationsvorsprung heranzuziehen oder ihnen keine Bedeutung beizumessen, im Grundsatz nur dann zu beanstanden, wenn der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden ist oder wenn von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind. Will der Dienstherr allerdings sich aufdrängenden oder zumindest nahe liegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht.
12Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. November 2010 – 6 B 749/10 – und vom 1. August 2011 – 1 B 186/11 -, jeweils juris.
13In Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage, die bereits die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung begründet, kommt es auf den weiteren, den Qualifikationsvergleich anhand der Vorbeurteilungen betreffenden Beschwerdevortrag nicht an.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.
15Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
16Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Wegen anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile sind die Entschädigungen unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen, insbesondere für
- 1.
den vorübergehenden oder dauernden Verlust, den der von der Enteignung Betroffene in seinem Erwerb erleidet, jedoch nur bis zu dem Betrag des Aufwands, der erforderlich ist, um ein anderes Grundstück in der gleichen Weise wie das zu enteignende Grundstück zu nutzen oder zu gebrauchen, - 2.
die Wertminderung, die durch Enteignung eines Grundstücksteils oder eines Teiles eines räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundbesitzes bei dem anderen Teil oder durch Enteignung eines Rechts an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück entsteht, soweit die Wertminderung nicht schon bei der Festsetzung der Entschädigung nach Nummer 1 berücksichtigt ist.
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, fünf dem M. für August 2016 zugewiesene Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 11 BBesO nicht mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 22. August 2016 bei Gericht eingegangene, dem Entscheidungssatz sinngemäß entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
4Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die in Streit stehenden Stellen alsbald mit den Beigeladenen zu besetzen, besteht ein Anordnungsgrund. Denn durch die Beförderung der Mitbewerber und deren Einweisung in die Beförderungsplanstellen würde der geltend gemachte Bewerbungsverfahrensanspruch endgültig vereitelt.
5Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn die Entscheidung des Antragsgegners, ihn bei der Besetzung der streitigen Beförderungsstellen unberücksichtigt zu lassen, erweist sich als rechtswidrig.
6In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die vom Dienstherrn im Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 – 1 B 901/10 –, juris, Rn. 7 m. w. N.
8Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 – 1 B 41/06 –, juris, Rn. 4 m. w. N.
10Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW in der Fassung des am 1. Juli 2016 in Kraft getretenen Dienstrechtsrechtsmodernisierungsgesetzes vom 14. Juni 2016, GV. NRW., S. 309). Bei diesen Kriterien handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und dabei wiederum zunächst anhand des abschließenden Gesamturteils vorzunehmen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Der Dienstherr ist zu einer derartigen inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Er muss bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen. Er darf sich also im Rahmen des Qualifikationsvergleichs nicht ohne Weiteres auf das Gesamturteil der Beurteilungen beschränken.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2013 - 6 B 816/13 –, juris, Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris, Rn. 16.
12Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es demzufolge unzulässig, wenn der Dienstherr allein aufgrund gleicher Gesamturteile der Bewerber „vorschnell“ etwa auf das Hilfskriterium „weibliches Geschlecht“ zurückgreift und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG (Bestenauslese) bevorzugt. Einem solchen Hilfskriterium darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich der Beurteilungen anhand leistungsbezogener Kriterien auch unter Berücksichtigung der Einzelmerkmale kein Vorsprung eines Bewerbers ergibt.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris, Rn. 20.
14Lässt sich auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen, sind als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien die Aussagen in den jeweiligen Vorbeurteilungen und gegebenenfalls in noch älteren Beurteilungen zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich Aussagekraft besitzen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2015 – 6 B 967/15 –, juris, Rn. 10.
16Diesen Anforderungen wird die Auswahlentscheidung des M. nicht gerecht. Sie lässt nicht erkennen, dass auch Vorbeurteilungen der Bewerber in den Blick genommen worden sind. In der Konkurrentenmitteilung vom 5. August 2016 wird ausgeführt, dass in erster Linie das Leistungsbild der aktuellen dienstlichen Beurteilung maßgebend ist. Weiter heißt es dort: „Darüber hinaus werden gegebenenfalls (Hervorhebung durch die Kammer) auch die zurückliegenden Beurteilungen als weiterer Leistungsaspekt bei der Entscheidung in jedem Einzelfall in die Abwägung mit einbezogen“. Dass dies im Streitfall auch geschehen ist, ist nicht ersichtlich. Denn auf Seite 3 der angeführten Mitteilung hat das M. angegeben, dass die Beigeladenen in der aktuellen Beurteilung die gleiche Endnote („Die Leistung und Befähigung entspricht voll den Anforderungen“) und die gleiche Quersumme (3,43) wie der Antragsteller erzielt haben, und dass die Auswahlentscheidung „aufgrund der Frauenförderung im Rahmen der Dienstrechtsmodernisierung, die zum 1. Juli 2016 in Kraft getreten ist, gefallen (ist)“. Von Vorbeurteilungen ist nicht die Rede.
17Die so getroffene Auswahlentscheidung ist rechtsfehlerhaft, weil der vom M. in Bezug genommene § 19 Abs. 6 LBG NRW durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. In der Neufassung heißt es:
18„Beförderungen sind nach den Grundsätzen des § 9 des Beamtenstatusgesetzes vorzunehmen. Frauen sind bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Sinne von Satz 2 ist in der Regel auszugehen, wenn die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist. Satz 2 und 3 finden Anwendung, solange im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde innerhalb einer Laufbahn der Frauenanteil in dem jeweiligen Beförderungsamt entweder den Frauenanteil im Einstiegsamt oder den Frauenanteil in einem der unter dem zu besetzenden Beförderungsamt liegenden Beförderungsämter unterschreitet und der Frauenanteil in dem jeweiligen Beförderungsamt 50 Prozent noch nicht erreicht hat. Ist mit der Beförderung die Vergabe eines Dienstpostens mit Vorgesetzten- oder Leitungsfunktion verbunden, gilt Satz 4 bezogen auf die angestrebte Funktion. Abweichend von Satz 4 ist maßgeblich der Geschäftsbereich der obersten Landesbehörde, die den Beförderungsvorschlag macht, wenn die Landesregierung die für die Beförderung zuständige Behörde ist. Weitere Abweichungen von dem gemäß Satz 4 maßgeblichen Bezugsbereich oder in Bezug auf die Vergleichsgruppenbildung regelt die oberste Dienstbehörde durch Rechtsverordnung.“
19Jedenfalls für die in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW getroffene Regelung fehlt es dem Land bereits an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz.
20Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund die Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Nach Absatz 2 der des vorgenannten Artikels bemisst sich die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern nach den Vorschriften des Grundgesetzes über die ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung. In dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Dabei erstreckt sich die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs.1 Nr. 27 GG
21- in der Fassung des Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl. I, S. 2034 -
22auf die Statusrechte und –pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung.
23Der Begriff der Statusrechte und –pflichten soll nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers unter anderem Wesen, Voraussetzungen, Rechtsform der Begründung, Arten und Dauer, Nichtigkeits- und Rücknahmegründe des Dienstverhältnisses sowie wesentliche Rechte der Beamten umfassen.
24Vgl. Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006, BT-Drs. 16/813, S. 14; Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 3. Auflage, Band II, Art. 74 Rn. 135.
25Für den hier interessierenden Bereich der Beförderung von Beamten hat der Bund von seiner gesetzgeberischen Kompetenz in Gestalt von § 9 BeamtStG Gebrauch gemacht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht (Hervorhebung durch die Kammer), Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen. Diese Regelung ist – soweit es das Merkmal der Eignung anbelangt – abschließend. Für einschränkende landesrechtliche Regelungen - wie § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW -, wonach von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bereits dann auszugehen ist, wenn die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist, ist kein Raum mehr.
26In der Gesetzesbegründung zu § 9 BeamtStG
27- vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 23 -
28wird (lediglich) klarstellend der in der Vorschrift aufgeführte Katalog der beispielhaften Merkmale, die bei der Auswahl der Bewerber nicht berücksichtigt werden dürfen, weiter gefasst als bisher in § 7 BRRG. Damit hat der Bundesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls eine gesetzliche Änderung hinsichtlich der Frage, wann Bewerber (gleich) geeignet sind, nicht erfolgen sollte. In der Rechtsprechung war bereits unter Geltung des § 7 BRRG geklärt, dass es in Fällen, in denen eine Auswahlentscheidung unter mehreren Beamten zu treffen ist, deren Leistungsstand in den aktuellen Beurteilungen im Wesentlichen gleich beurteilt worden ist, mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG geboten ist, auch die früheren Beurteilungen bei der Auswahl zu berücksichtigen. Früheren dienstlichen Beurteilungen kommt gegenüber Hilfskriterien eine vorrangige Bedeutung zu, weil sie anders als Hilfskriterien unmittelbare Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung des Bewerbers in dem angestrebten Beförderungsamt ermöglichen. Ebenso können sich, ohne dass insoweit ein Rückgriff auf ältere dienstliche Beurteilungen geboten wäre, leistungsbezogene Auswahlkriterien allein aus den aktuellen dienstlichen Beurteilungen ergeben, wenn sich im Rahmen einer sogenannten Binnendifferenzierung aus innerhalb einer Notenstufe vergebenen Punktzahlen oder Bewertungszusätzen wie „oberer Bereich“, „mittlerer Bereich“ oder „unterer Bereich“ eine Differenzierung hinsichtlich Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistung ergibt oder eine solche Differenzierung aus den Bewertungen der Einzelmerkmale hergeleitet werden kann.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 – 2 C 16.02 –, juris, Rn. 13; OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. September 2006 – 2 ME 1137/06 –, juris, Rn. 4.
30Nach der nunmehr in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW getroffenen Regelung sind hingegen in der Regel Einzelmerkmale in aktuellen Beurteilungen ebensowenig wie Vorbeurteilungen zu berücksichtigen. Damit wird die Betrachtung, ob zwischen im Endurteil gleich beurteilten Beförderungsbewerbern ein Qualifikationsunterschied besteht, in einer § 9 BeamtStG widersprechenden Weise verkürzt. Für eine solche von § 9 BeamtStG hinsichtlich des Leistungsprinzips inhaltlich abweichende Regelung fehlt dem Land die Gesetzgebungskompetenz. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass regelmäßig zahlreiche oder zumindest mehrere Bewerber über dasselbe Gesamturteil verfügen, sodass bei der von der Neureglung beabsichtigten Außerachtlassung weiterer leistungsbezogener Kriterien (Einzelmerkmale in aktuellen Beurteilungen und frühere Beurteilungen) von einer an Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Bestenauslese nicht mehr die Rede sein kann.
31Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass nach der Gesetzesbegründung die Regelvermutung in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW nicht greifen soll, wenn die zu „vergleichenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen in den Einzelmerkmalen (…) so gravierende Unterschiede aufweisen, dass offensichtlich nicht mehr von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ausgegangen werden kann“.
32Vgl. Gesetzentwurf zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Dezember 2015, LT-Drs. 16/10380, S. 344.
33Für eine solche Regelvermutung ist angesichts der in § 9 BeamtStG getroffenen Regelung kein Raum mehr.
34Soweit die Landesregierung in ihrer Gesetzesbegründung Bezug auf das "Rechtsgutachten zur Frage der Zulässigkeit von Zielquoten für Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst sowie zur Verankerung von Sanktionen bei Nichteinhaltung" von Papier nimmt, ist anzumerken, dass die dortigen Ausführungen zur vermeintlichen Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht überzeugen. Zu kurz greift der in dem Gutachten
35- vgl. dort Seiten 5 und 6 -
36erfolgte Hinweis, der Bundesgesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung zum neuen, auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG gestützten Beamtenstatusgesetz betont, dass er das Gesetz nicht als abschließende Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz betrachte. Dort wo er keine Regelung treffe, seien die Länder weiterhin zur Gesetzgebung befugt.
37Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 20.
38Diese Ausführungen verkennen, dass der Bund in dem hier maßgeblichen Regelungsbereich des Leistungsprinzips eine abschließende Regelung getroffen hat. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung auch, dass dem Beamtenstatusgesetz die Konzeption zugrunde liegt, das Statusrecht hinsichtlich der wesentlichen Kernbereiche wie z.B. bei der Begründung des Beamtenverhältnisses oder für Pflichten und Rechte der Beamten erschöpfend zu regeln. Nicht zu überzeugen vermag auch der in dem Gutachten erfolgte Verweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in dem Beschluss vom 26. August 2010, 6 B 540/10. Dort hat das OVG NRW zwar festgestellt, dass die von einem Qualifikationsgleichstand ausgehende Gleichstellungsregelung des § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW a.F. eine zulässige Ergänzung des § 9 BeamtStG darstellt. Die angeführte Regelung hatte indes nur den Charakter eines sogenannten Hilfskriteriums. Das OVG NRW hat in der angeführten Entscheidung weiter ausgeführt, dass wegen des Grundsatzes der Bestenauslese (§ 9 BeamtStG) Voraussetzung für die Heranziehung von Hilfskriterien ist, dass ein Qualifikationsgleichstand zwischen den konkurrierenden Bewerbern besteht. Nur dann, wenn Beamte als im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen sind, so dass anhand von leistungsbezogenen Erkenntnisgrundlagen kein Vorsprung eines Bewerbers festzustellen ist, darf auf sachliche – auch vom Landesgesetzgeber geregelte – Hilfskriterien zurückgegriffen werden. Die Feststellung eines Qualifikationsvorsprungs setzt aber – was sich auch aus den in dem vorgenannten Beschluss weiter angeführten Entscheidungen ergibt – voraus, dass eine inhaltliche Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber vorgenommen worden ist. Hierauf soll es aber nach § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW jedenfalls in der Regel nicht mehr ankommen.
39Schließlich kann auch nicht aus der im Gutachten bemühten Vorschrift des § 9 Satz 2 BBG eine Gesetzgebungskompetenz des Landes geschlussfolgert werden. Diese Vorschrift rechtfertigt keine Einschränkung des Leistungsprinzips.
40Zutreffend verweist das Gutachten im Ansatz zwar darauf, dass es dem Landesgesetzgeber offen steht, geschlechtsbezogene Fördermaßnahmen zu treffen. Dies gilt aber gerade nicht für den Bereich, in dem der Bund – wie hier – von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat.
41Angesichts der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes geht die Kammer der Frage nicht weiter nach, ob die angeführten Neuregelungen nicht auch aus weiteren Gründen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen. Anzumerken ist, dass bereits fraglich erscheint, ob der Gesetzgeber hinreichend berücksichtigt hat, dass der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Leistungsgrundsatz auch dem öffentlichen Interesse an einer Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem leistungsstärksten Bewerber und damit auch der Sicherung der Qualität des öffentlichen Dienstes dient.
42Vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 – 2 BVR 1120/12 –, juris, Rn. 10.
43Zwar ist die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz ist aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 – juris, Rn. 21 (wonach die Bevorzugung von Frauen auch unionsrechtlich ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt ist).
45Soweit der Antragsgegner pauschal in der Erwiderung vom 30. August 2016 ausgeführt hat, dass der Antragsteller angesichts seiner Vorbeurteilung nicht zur Beförderung anstehe, vermag er diese Überlegungen zum Gegenstand einer neuen Auswahlentscheidung zu machen und dort zu plausibilisieren.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Den Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt, da sie keinen Antrag gestellt haben. Die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten wäre unbillig, weil sie sich nicht am Kostenrisiko beteiligt haben.
47Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 11) in Ansatz gebracht worden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, fünf dem M. für August 2016 zugewiesene Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 11 BBesO nicht mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 22. August 2016 bei Gericht eingegangene, dem Entscheidungssatz sinngemäß entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
4Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die in Streit stehenden Stellen alsbald mit den Beigeladenen zu besetzen, besteht ein Anordnungsgrund. Denn durch die Beförderung der Mitbewerber und deren Einweisung in die Beförderungsplanstellen würde der geltend gemachte Bewerbungsverfahrensanspruch endgültig vereitelt.
5Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn die Entscheidung des Antragsgegners, ihn bei der Besetzung der streitigen Beförderungsstellen unberücksichtigt zu lassen, erweist sich als rechtswidrig.
6In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die vom Dienstherrn im Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 – 1 B 901/10 –, juris, Rn. 7 m. w. N.
8Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 – 1 B 41/06 –, juris, Rn. 4 m. w. N.
10Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG in Verbindung mit § 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW in der Fassung des am 1. Juli 2016 in Kraft getretenen Dienstrechtsrechtsmodernisierungsgesetzes vom 14. Juni 2016, GV. NRW., S. 309). Bei diesen Kriterien handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen und dabei wiederum zunächst anhand des abschließenden Gesamturteils vorzunehmen, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Der Dienstherr ist zu einer derartigen inhaltlichen Ausschöpfung dienstlicher Beurteilungen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, eine solche zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen. Er muss bei gleichlautenden Gesamturteilen der Frage nachgehen, ob die Einzelfeststellungen in den dienstlichen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförderungsamt ermöglichen. Er darf sich also im Rahmen des Qualifikationsvergleichs nicht ohne Weiteres auf das Gesamturteil der Beurteilungen beschränken.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2013 - 6 B 816/13 –, juris, Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris, Rn. 16.
12Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es demzufolge unzulässig, wenn der Dienstherr allein aufgrund gleicher Gesamturteile der Bewerber „vorschnell“ etwa auf das Hilfskriterium „weibliches Geschlecht“ zurückgreift und Frauen unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG (Bestenauslese) bevorzugt. Einem solchen Hilfskriterium darf erst dann Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich der Beurteilungen anhand leistungsbezogener Kriterien auch unter Berücksichtigung der Einzelmerkmale kein Vorsprung eines Bewerbers ergibt.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris, Rn. 20.
14Lässt sich auch im Wege einer inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen kein Vorsprung eines der Bewerber feststellen, sind als weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien die Aussagen in den jeweiligen Vorbeurteilungen und gegebenenfalls in noch älteren Beurteilungen zu berücksichtigen, sofern sie für den aktuellen Leistungsvergleich Aussagekraft besitzen.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2015 – 6 B 967/15 –, juris, Rn. 10.
16Diesen Anforderungen wird die Auswahlentscheidung des M. nicht gerecht. Sie lässt nicht erkennen, dass auch Vorbeurteilungen der Bewerber in den Blick genommen worden sind. In der Konkurrentenmitteilung vom 5. August 2016 wird ausgeführt, dass in erster Linie das Leistungsbild der aktuellen dienstlichen Beurteilung maßgebend ist. Weiter heißt es dort: „Darüber hinaus werden gegebenenfalls (Hervorhebung durch die Kammer) auch die zurückliegenden Beurteilungen als weiterer Leistungsaspekt bei der Entscheidung in jedem Einzelfall in die Abwägung mit einbezogen“. Dass dies im Streitfall auch geschehen ist, ist nicht ersichtlich. Denn auf Seite 3 der angeführten Mitteilung hat das M. angegeben, dass die Beigeladenen in der aktuellen Beurteilung die gleiche Endnote („Die Leistung und Befähigung entspricht voll den Anforderungen“) und die gleiche Quersumme (3,43) wie der Antragsteller erzielt haben, und dass die Auswahlentscheidung „aufgrund der Frauenförderung im Rahmen der Dienstrechtsmodernisierung, die zum 1. Juli 2016 in Kraft getreten ist, gefallen (ist)“. Von Vorbeurteilungen ist nicht die Rede.
17Die so getroffene Auswahlentscheidung ist rechtsfehlerhaft, weil der vom M. in Bezug genommene § 19 Abs. 6 LBG NRW durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. In der Neufassung heißt es:
18„Beförderungen sind nach den Grundsätzen des § 9 des Beamtenstatusgesetzes vorzunehmen. Frauen sind bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Sinne von Satz 2 ist in der Regel auszugehen, wenn die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist. Satz 2 und 3 finden Anwendung, solange im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde innerhalb einer Laufbahn der Frauenanteil in dem jeweiligen Beförderungsamt entweder den Frauenanteil im Einstiegsamt oder den Frauenanteil in einem der unter dem zu besetzenden Beförderungsamt liegenden Beförderungsämter unterschreitet und der Frauenanteil in dem jeweiligen Beförderungsamt 50 Prozent noch nicht erreicht hat. Ist mit der Beförderung die Vergabe eines Dienstpostens mit Vorgesetzten- oder Leitungsfunktion verbunden, gilt Satz 4 bezogen auf die angestrebte Funktion. Abweichend von Satz 4 ist maßgeblich der Geschäftsbereich der obersten Landesbehörde, die den Beförderungsvorschlag macht, wenn die Landesregierung die für die Beförderung zuständige Behörde ist. Weitere Abweichungen von dem gemäß Satz 4 maßgeblichen Bezugsbereich oder in Bezug auf die Vergleichsgruppenbildung regelt die oberste Dienstbehörde durch Rechtsverordnung.“
19Jedenfalls für die in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW getroffene Regelung fehlt es dem Land bereits an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz.
20Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund die Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Nach Absatz 2 der des vorgenannten Artikels bemisst sich die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern nach den Vorschriften des Grundgesetzes über die ausschließliche und konkurrierende Gesetzgebung. In dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Dabei erstreckt sich die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs.1 Nr. 27 GG
21- in der Fassung des Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl. I, S. 2034 -
22auf die Statusrechte und –pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung.
23Der Begriff der Statusrechte und –pflichten soll nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers unter anderem Wesen, Voraussetzungen, Rechtsform der Begründung, Arten und Dauer, Nichtigkeits- und Rücknahmegründe des Dienstverhältnisses sowie wesentliche Rechte der Beamten umfassen.
24Vgl. Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006, BT-Drs. 16/813, S. 14; Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 3. Auflage, Band II, Art. 74 Rn. 135.
25Für den hier interessierenden Bereich der Beförderung von Beamten hat der Bund von seiner gesetzgeberischen Kompetenz in Gestalt von § 9 BeamtStG Gebrauch gemacht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht (Hervorhebung durch die Kammer), Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen. Diese Regelung ist – soweit es das Merkmal der Eignung anbelangt – abschließend. Für einschränkende landesrechtliche Regelungen - wie § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW -, wonach von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung bereits dann auszugehen ist, wenn die jeweils aktuelle dienstliche Beurteilung der Bewerberin und des Mitbewerbers ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist, ist kein Raum mehr.
26In der Gesetzesbegründung zu § 9 BeamtStG
27- vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 23 -
28wird (lediglich) klarstellend der in der Vorschrift aufgeführte Katalog der beispielhaften Merkmale, die bei der Auswahl der Bewerber nicht berücksichtigt werden dürfen, weiter gefasst als bisher in § 7 BRRG. Damit hat der Bundesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls eine gesetzliche Änderung hinsichtlich der Frage, wann Bewerber (gleich) geeignet sind, nicht erfolgen sollte. In der Rechtsprechung war bereits unter Geltung des § 7 BRRG geklärt, dass es in Fällen, in denen eine Auswahlentscheidung unter mehreren Beamten zu treffen ist, deren Leistungsstand in den aktuellen Beurteilungen im Wesentlichen gleich beurteilt worden ist, mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG geboten ist, auch die früheren Beurteilungen bei der Auswahl zu berücksichtigen. Früheren dienstlichen Beurteilungen kommt gegenüber Hilfskriterien eine vorrangige Bedeutung zu, weil sie anders als Hilfskriterien unmittelbare Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung des Bewerbers in dem angestrebten Beförderungsamt ermöglichen. Ebenso können sich, ohne dass insoweit ein Rückgriff auf ältere dienstliche Beurteilungen geboten wäre, leistungsbezogene Auswahlkriterien allein aus den aktuellen dienstlichen Beurteilungen ergeben, wenn sich im Rahmen einer sogenannten Binnendifferenzierung aus innerhalb einer Notenstufe vergebenen Punktzahlen oder Bewertungszusätzen wie „oberer Bereich“, „mittlerer Bereich“ oder „unterer Bereich“ eine Differenzierung hinsichtlich Eignung, Befähigung oder fachlicher Leistung ergibt oder eine solche Differenzierung aus den Bewertungen der Einzelmerkmale hergeleitet werden kann.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 – 2 C 16.02 –, juris, Rn. 13; OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. September 2006 – 2 ME 1137/06 –, juris, Rn. 4.
30Nach der nunmehr in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW getroffenen Regelung sind hingegen in der Regel Einzelmerkmale in aktuellen Beurteilungen ebensowenig wie Vorbeurteilungen zu berücksichtigen. Damit wird die Betrachtung, ob zwischen im Endurteil gleich beurteilten Beförderungsbewerbern ein Qualifikationsunterschied besteht, in einer § 9 BeamtStG widersprechenden Weise verkürzt. Für eine solche von § 9 BeamtStG hinsichtlich des Leistungsprinzips inhaltlich abweichende Regelung fehlt dem Land die Gesetzgebungskompetenz. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass regelmäßig zahlreiche oder zumindest mehrere Bewerber über dasselbe Gesamturteil verfügen, sodass bei der von der Neureglung beabsichtigten Außerachtlassung weiterer leistungsbezogener Kriterien (Einzelmerkmale in aktuellen Beurteilungen und frühere Beurteilungen) von einer an Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Bestenauslese nicht mehr die Rede sein kann.
31Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass nach der Gesetzesbegründung die Regelvermutung in § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW nicht greifen soll, wenn die zu „vergleichenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen in den Einzelmerkmalen (…) so gravierende Unterschiede aufweisen, dass offensichtlich nicht mehr von einer im Wesentlichen gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ausgegangen werden kann“.
32Vgl. Gesetzentwurf zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Dezember 2015, LT-Drs. 16/10380, S. 344.
33Für eine solche Regelvermutung ist angesichts der in § 9 BeamtStG getroffenen Regelung kein Raum mehr.
34Soweit die Landesregierung in ihrer Gesetzesbegründung Bezug auf das "Rechtsgutachten zur Frage der Zulässigkeit von Zielquoten für Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst sowie zur Verankerung von Sanktionen bei Nichteinhaltung" von Papier nimmt, ist anzumerken, dass die dortigen Ausführungen zur vermeintlichen Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht überzeugen. Zu kurz greift der in dem Gutachten
35- vgl. dort Seiten 5 und 6 -
36erfolgte Hinweis, der Bundesgesetzgeber habe in der Gesetzesbegründung zum neuen, auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG gestützten Beamtenstatusgesetz betont, dass er das Gesetz nicht als abschließende Ausübung seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz betrachte. Dort wo er keine Regelung treffe, seien die Länder weiterhin zur Gesetzgebung befugt.
37Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 20.
38Diese Ausführungen verkennen, dass der Bund in dem hier maßgeblichen Regelungsbereich des Leistungsprinzips eine abschließende Regelung getroffen hat. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung auch, dass dem Beamtenstatusgesetz die Konzeption zugrunde liegt, das Statusrecht hinsichtlich der wesentlichen Kernbereiche wie z.B. bei der Begründung des Beamtenverhältnisses oder für Pflichten und Rechte der Beamten erschöpfend zu regeln. Nicht zu überzeugen vermag auch der in dem Gutachten erfolgte Verweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in dem Beschluss vom 26. August 2010, 6 B 540/10. Dort hat das OVG NRW zwar festgestellt, dass die von einem Qualifikationsgleichstand ausgehende Gleichstellungsregelung des § 20 Abs. 6 Satz 2 LBG NRW a.F. eine zulässige Ergänzung des § 9 BeamtStG darstellt. Die angeführte Regelung hatte indes nur den Charakter eines sogenannten Hilfskriteriums. Das OVG NRW hat in der angeführten Entscheidung weiter ausgeführt, dass wegen des Grundsatzes der Bestenauslese (§ 9 BeamtStG) Voraussetzung für die Heranziehung von Hilfskriterien ist, dass ein Qualifikationsgleichstand zwischen den konkurrierenden Bewerbern besteht. Nur dann, wenn Beamte als im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen sind, so dass anhand von leistungsbezogenen Erkenntnisgrundlagen kein Vorsprung eines Bewerbers festzustellen ist, darf auf sachliche – auch vom Landesgesetzgeber geregelte – Hilfskriterien zurückgegriffen werden. Die Feststellung eines Qualifikationsvorsprungs setzt aber – was sich auch aus den in dem vorgenannten Beschluss weiter angeführten Entscheidungen ergibt – voraus, dass eine inhaltliche Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber vorgenommen worden ist. Hierauf soll es aber nach § 19 Abs. 6 Satz 3 LBG NRW jedenfalls in der Regel nicht mehr ankommen.
39Schließlich kann auch nicht aus der im Gutachten bemühten Vorschrift des § 9 Satz 2 BBG eine Gesetzgebungskompetenz des Landes geschlussfolgert werden. Diese Vorschrift rechtfertigt keine Einschränkung des Leistungsprinzips.
40Zutreffend verweist das Gutachten im Ansatz zwar darauf, dass es dem Landesgesetzgeber offen steht, geschlechtsbezogene Fördermaßnahmen zu treffen. Dies gilt aber gerade nicht für den Bereich, in dem der Bund – wie hier – von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat.
41Angesichts der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Landes geht die Kammer der Frage nicht weiter nach, ob die angeführten Neuregelungen nicht auch aus weiteren Gründen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen. Anzumerken ist, dass bereits fraglich erscheint, ob der Gesetzgeber hinreichend berücksichtigt hat, dass der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Leistungsgrundsatz auch dem öffentlichen Interesse an einer Besetzung eines öffentlichen Amtes gerade mit dem leistungsstärksten Bewerber und damit auch der Sicherung der Qualität des öffentlichen Dienstes dient.
42Vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 – 2 BVR 1120/12 –, juris, Rn. 10.
43Zwar ist die Förderung der Gleichberechtigung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG grundrechtlich verankert. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz ist aber nicht darauf gerichtet, die Geltung des Leistungsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe öffentlicher Ämter generell einzuschränken.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 – juris, Rn. 21 (wonach die Bevorzugung von Frauen auch unionsrechtlich ausdrücklich auf die Fälle gleicher Qualifikation beschränkt ist).
45Soweit der Antragsgegner pauschal in der Erwiderung vom 30. August 2016 ausgeführt hat, dass der Antragsteller angesichts seiner Vorbeurteilung nicht zur Beförderung anstehe, vermag er diese Überlegungen zum Gegenstand einer neuen Auswahlentscheidung zu machen und dort zu plausibilisieren.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Den Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt, da sie keinen Antrag gestellt haben. Die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten wäre unbillig, weil sie sich nicht am Kostenrisiko beteiligt haben.
47Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 11) in Ansatz gebracht worden.
Wegen anderer durch die Enteignung eintretender Vermögensnachteile sind die Entschädigungen unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen, insbesondere für
- 1.
den vorübergehenden oder dauernden Verlust, den der von der Enteignung Betroffene in seinem Erwerb erleidet, jedoch nur bis zu dem Betrag des Aufwands, der erforderlich ist, um ein anderes Grundstück in der gleichen Weise wie das zu enteignende Grundstück zu nutzen oder zu gebrauchen, - 2.
die Wertminderung, die durch Enteignung eines Grundstücksteils oder eines Teiles eines räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängenden Grundbesitzes bei dem anderen Teil oder durch Enteignung eines Rechts an einem Grundstück bei einem anderen Grundstück entsteht, soweit die Wertminderung nicht schon bei der Festsetzung der Entschädigung nach Nummer 1 berücksichtigt ist.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird 2.500,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der am geborene Antragsteller steht als Polizeibeamter (Besoldungsgruppe A 11 ÜBesO NRW) beim Q. F. im Dienst des Antragsgegners. Er ist verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind.
4Mit Vereinbarung vom 9. März 2013 beschlossen die für den öffentlichen Dienst der Länder zuständigen Tarifvertragsparteien für ihre Tarifbeschäftigten eine Erhöhung der Tabellenentgelte ab 1. Januar 2013 um linear 2,65 % und ab 1. Januar 2014 um weitere 2,95 %.
5Für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen wurde am 26. Juli 2013 das Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juli 2013 verkündet (GV. NRW. S. 486). Danach erhalten die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 die vorgenannten, für die Tarifbeschäftigten vereinbarten Erhöhungen für die Jahre 2013 und 2014. Für die Beamten der Besoldungsgruppen A 11 und A 12 sieht das Gesetz eine Erhöhung um jeweils ein Prozent in jedem der beiden Jahre vor, für die Beamten der Besoldungsgruppen A 13 und höher sowie aller Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen B, R, C, H und W bleibt das Grundgehalt unverändert. Für weitere Besoldungsbestandteile (allgemeine Stellenzulage, Familienzuschlag, Amtszulagen, Auslandszuschläge, Mehrarbeitsvergütungs- und Erschwerniszulagenbeträge) wurde das Tarifergebnis für alle Besoldungsgruppen in vollem Umfang übertragen.
6Das Verfahren zum Erlass des Gesetzes nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
7In dem Entwurf der Landesregierung für das Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2013 wurde die Staffelung der Übernahme der Tarifeinigung als Lösung bewertet, die einerseits allen Bezügeempfängern auch weiterhin eine amtsangemessene Lebensführung im Vergleich insbesondere zu entsprechenden Tarifbeschäftigten gewährleiste, andererseits in dieser Form notwendig sei, um der grundgesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtung zum Haushaltsausgleich entsprechen zu können, der ab 2020 grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten erfolgen müsse (LT-Drs. NRW 16/2880, S. 2). An anderer Stelle (LT-Drs. NRW 16/2880, S. 13 f.) heißt es ausdrücklich:
8„Der Abwägungsprozess hat einerseits die im Grundgesetz festgelegte und auch für das Land verbindliche Regelung zur Schuldenbremse und andererseits die zur Alimentation der Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger entwickelten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in einen für eine weit gehende Verwirklichung beider Forderungen des Grundgesetzes möglichst schonenden Ausgleich zu bringen.
9Da die Personalausgaben den mit Abstand größten Ausgabenblock des Landeshaushalts darstellen, mussten sie in eine nachhaltige und verantwortungsvolle Haushaltskonsolidierung einbezogen werden. Eine wirkungs- und zeitgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf alle Beamtinnen, Beamte, Richterinnen, Richter, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger wäre unausweichlich mit einem erheblichen Personalabbau und darüber hinaus mit längeren Arbeitszeiten, Beförderungsstopps oder einer weiteren Kürzung der Sonderzahlung (‚Weihnachtsgeld‘) verbunden gewesen. Eine zeitlich verzögerte Übertragung des Tarifergebnisses hätte lediglich eine einmalige, nicht jedoch eine auf Dauer gerichtete Haushaltsentlastung zur Folge. Eine auch denkbare gekürzte Übernahme des Tarifergebnisses auf den gesamten Beamtenbereich hätte die Bezieher unterer Einkommen stärker getroffen als die übrige Beamten- und Richterschaft.
10Nach Überzeugung des Landesgesetzgebers erfüllt die Maßnahme das Alimentationsprinzip, wonach den Beamtinnen, Beamten, Richterinnen, Richtern, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern ein ihrem Dienstrang und ihrer Verantwortung entsprechender und der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit angemessener Lebensunterhalt entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards zu gewähren ist. Die Systematik der amtsangemessenen Besoldungsunterschiede wird durch die geplante einmalige Nichtanhebung der Bezüge der oberen Besoldungsgruppen nicht berührt, der Grundsatz einer dem Dienstrang und der Verantwortung entsprechenden amtsangemessenen Alimentation qualitativ weiterhin gewahrt.“
11In der ersten Lesung des Gesetzesentwurfs rechtfertigte der Finanzminister am 15. Mai 2013 im Landtag die gestaffelte Erhöhung erneut mit der „Konsolidierung des Landeshaushalts“ und betonte gegenüber den Kosten einer kompletten Übertragung des Tarifergebnisses, die sich bis 2014 auf rund 1,3 Milliarden € belaufen hätte, vor allem die Einhaltung der Schuldenbremse als maßgebliches Kriterium (Plenarprotokoll 16/31 vom 15. Mai 2013, S. 2668).
12Demgegenüber wiesen Oppositionsvertreter mehrfach auf verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf hin: Insbesondere erhielten „80 % aller Beamten zum wiederholten Mal keinen Inflationsausgleich“ (Plenarprotokoll 16/31 vom 15. Mai 2013, S. 2672), obwohl sie bereits seit dem Jahr 2000 „mit ungefähr 2,4 Milliarden € pro Jahr zur Haushaltskonsolidierung beigetragen“ (a.a.O.) hätten. Die Vereinbarkeit mit Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 3 GG sei vor diesem Hintergrund sehr fraglich (a.a.O., S. 2680).
13Der Gesetzentwurf wurde nach der ersten Lesung am 15. Mai 2013 zur federführenden Beratung an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Kommunalpolitik, an den Innenausschuss, an den Rechtsausschuss und an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen (Plenarprotokoll 16/31 vom 15. Mai 2013, S. 2684 f.).
14In seiner Sitzung vom 16. Mai 2013 beschloss der Haushalts- und Finanzausschuss eine durch den Unterausschuss „Personal“ durchgeführte öffentliche Anhörung zum Gesetzesentwurf am 18. Juni 2013 (Ausschussprotokoll 16/256, S. 2).
15Zum Gesetz nahmen Stellung die Sachverständigen Prof. Dr. Ulrich Battis sowie Prof. Dr. Kyrill-Alexander Schwarz in ihren Rechtsgutachten (Stellungnahmen 16/809 vom 31. Mai 2013 und 16/874 vom 14. Juni 2013). Beide Sachverständige legten verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 dar. Insbesondere wiesen sie übereinstimmend darauf hin, dass der Gesetzgeber insoweit in erheblicher Weise prozedurale Pflichten verletzt habe, indem er den Ausschluss höherer Besoldungsgruppen von der Besoldungserhöhung nicht begründet habe (Sachverständiger Battis, Stellungnahme 16/809, S. 3, und Sachverständiger Schwarz, Stellungnahme 16/874, S. 2).
16Auch in der weit überwiegenden Mehrzahl der weiteren Stellungnahmen wurde die Auffassung vertreten, der Gesetzentwurf sei mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht zu vereinbaren. Sowohl schriftlich als auch mündlich in der Anhörung am 18. Juni 2013 (vgl. Ausschussprotokoll 16/276 vom 18. Juni 2013) äußerten sich
17 lehrer NRW(Stellungnahme 16/829 vom 3. Juni 2013),
18 Deutsche Steuer-Gewerkschaft NRW(Stellungnahme 16/832 vom 4. Juni 2013),
19 Philologen-Verband NRW(Stellungnahme 16/845 vom 6. Juni 2013),
20 Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen NRW(Stellungnahme 16/851 vom 12. Juni 2013),
21 Deutsche Polizeigewerkschaft(Stellungnahme 16/854 vom 12. Juni 2013),
22 Verband der Lehrerinnen und Lehrern an Berufskollegs in NRW(Stellungnahme 16/857 vom 13. Juni 2013),
23 Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände NRW(Stellungnahme 16/859 vom 14. Juni 2013),
24 DBB Beamtenbund NRW(Stellungnahme 16/860 vom 14. Juni 2013),
25 Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW(Stellungnahme 16/863 vom 14. Juni 2013),
26 Komba-Gewerkschaft NRW(Stellungnahme 16/864 vom 14. Juni 2013),
27 Deutscher Gewerkschaftsbund Nordrhein-Westfalen(Stellungnahme 16/865 vom 14. Juni 2013),
28 Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW(Stellungnahme 16/866 vom 14. Juni 2013)
29 Verband Bildung und Erziehung NRW(Stellungnahme 16/869 vom 14. Juni 2013),
30 Bund Deutscher Kriminalbeamter NRW(Stellungnahme 16/873 vom 14. Juni 2013),
31 Vereinigung der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter NRW(Stellungnahme 16/875 vom 14. Juni 2013)
32 Gewerkschaft der Polizei NRW(Stellungnahme 16/877 vom 14. Juni 2013),
33 ver.di NRW(Stellungnahme 16/879 vom 17. Juni 2013).
34Der Deutsche Gewerkschaftsbund führte in seiner Stellungnahme vom 14. Juni 2013 aus, von den im Haushaltsplan 2013 ausgewiesenen ca. 286.000 Stellen für Beamte (vgl. Anlage 6.5 zum Haushaltsgesetz des Landes NRW 2013, S. 110) beträfen lediglich etwa 30 % Besoldungsgruppen, die eine volle Anpassung des Besoldungsniveaus erhielten (Stellungnahme 16/865, S. 1).
35Lediglich der Bund der Steuerzahler NRW begrüßte den Gesetzesentwurf aufgrund der steuerlichen Entlastungswirkung, da eine „finanzpolitische Notwendigkeit, ab sofort wirksame Konsolidierungsmaßnahmen zu treffen“ gegeben sei (wörtlich Ausschussprotokoll APr 16/276 vom 18. Juni 2013, S. 29).
36Der Finanzminister übersandte unter dem 1. Juli 2013 der Präsidentin des Landtages eine Vorlage an den Unterausschuss „Personal“ sowie den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags. In dem darin enthaltenen Fazit heißt es (Vorlage 16/1014, S. 18):
37„Die gestaffelte Übernahme verletzt nach gründlicher Abwägung sämtlicher Alternativen, unter Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und unter Wahrung des Abstandsgebots den Kernbereich des Alimentationsprinzips nicht. Sie hält sich in dem von der Rechtsprechung anerkannten Gestaltungsrahmen.“
38Im Einzelnen wird diese Feststellung unter Hinweis auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Regelung der Beamten- und Richterbesoldung begründet. Da das Alimentationsprinzip lediglich eine verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive an den Gesetzgeber enthalte, sei ein Verstoß nur bei evidenter Unterschreitung der Alimentation gegeben, nicht hingegen zwangsläufig bei jedem Zurückbleiben der Entwicklung der Beamtenbesoldung hinter der Lohnentwicklung in der privaten Wirtschaft. Insoweit gebe es auch keinen generellen Anspruch auf Erhöhung der Besoldung entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung. Infolge der Föderalismusreform I komme den Ländern die grundsätzliche Befugnis zu, unter Beachtung des Alimentationsprinzips ungleiche und damit regional verschiedene Regelungen zu treffen (hierzu im Einzelnen Vorlage 16/1014).
39Darüber hinaus zeichneten die vorhandenen Tarifabschlüsse kein vollständiges Bild über das Gehaltsniveau in der Privatwirtschaft, weshalb ein adäquater Vergleich nicht möglich sei. Denn bei den Gehältern hochqualifizierter Personen in der privaten Wirtschaft hätten erhebliche Spannweiten und Niveauunterschiede festgestellt werden können. Weiterhin müsse ein Vergleich des Nettoarbeitseinkommens aufgrund der strukturellen Unterschiede beider Vergütungssysteme immer unvollständig bleiben: Neben der unterschiedlichen Risikovorsorge im Bereich Alter, Krankheit und Arbeitsunfähigkeit seien insoweit das Risiko der Arbeitslosigkeit und die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen einschließlich der Arbeitszeit, der Regelung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Möglichkeit von Teilzeitmodellen einzubeziehen. Im Ergebnis könne der Einkommensdifferenz für die Beurteilung der Amtsangemessenheit der Besoldung nur ein geringer Informationswert beigemessen werden, zumal es auch in 14 von 53 Tarifverträgen keine Tariferhöhung in 2012 gegenüber 2011 gegeben habe (Vorlage 16/1014).
40In Anbetracht der systembedingten Unterschiede zur Privatwirtschaft seien die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst als Vergleichsgröße besser geeignet. Doch sei der Gesetzgeber auch insoweit nicht verpflichtet, das Ergebnis von Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Beamtenbesoldung zu übertragen. Zudem sei festzustellen, dass die Nettobeträge der Beamten auch nach der Besoldungsanpassung über denjenigen vergleichbarer Tarifbeschäftigter lägen - und der Abstand zwischen Entgelt und Besoldung mit steigender Entgelt-/Besoldungsgruppe noch weiter zunehme. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur W-Besoldung in Hessen und der darin vorgenommenen Heranziehung der – unter dem Niveau in NRW liegenden – A‑Besoldung als Vergleichsgröße könne geschlussfolgert werden, dass zumindest für den beurteilten Zeitraum von Dezember 2005 bis Herbst 2010 offenbar keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestanden hätten. Im Übrigen sei der durch die fehlende Anpassung eintretende Reallohnverlust ab Besoldungsgruppe A 11 für die Jahre 2013 und 2014 in seiner Höhe zu verkraften und bleibe der Gesetzgeber insoweit im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes (Vorlage 16/1014).
41Die ausgebliebene Anpassung der Besoldung in den höheren Besoldungsgruppen könne mit der schrittweisen Absenkung der Nettoneuverschuldung auf Null bis 2020 gerechtfertigt werden. Infolge der gestaffelten Übertragung des Tarifergebnisses ergäben sich Einsparungen für den Landeshaushalt 2013 in Höhe von rund 300 Millionen Euro. Die für den Haushalt 2014 auf 2,4 Milliarden Euro bezifferte strukturelle Neuverschuldung müsste bei einer vollständigen Übertragung des Tarifergebnisses um rund 700 Millionen Euro höher ausfallen. Demgegenüber belaufe sich der Konsolidierungsanteil des Personalhaushalts, der als größter Ausgabenblock des Landeshaushalts hieran zwangsläufig mitwirken müsse, an der erhöhten Nettoneuverschuldung auf rund 1.352 Millionen Euro (43, 6 % von 3,1 Milliarden Euro). Alternativ wären entweder ein Stellenabbau von ca. 14.000 Beamten oder andere Personalmaßnahmen, wie beispielsweise längere Arbeitszeiten, Beförderungsstopps oder eine weitere Kürzung der Sonderzahlung („Weihnachtsgeld“), erforderlich. Allerdings ließe sich der Personalabbau mangels Kündigungsmöglichkeit lediglich durch unterbliebene Nachbesetzungen altersbedingt frei werdender Stellen und somit nur über eine lange Zeitspanne realisieren. Auch eine zeitlich verzögerte Übertragung des Tarifergebnisses hätte lediglich eine einmalige, nicht jedoch eine auf Dauer gerichtete Haushaltsentlastung zur Folge (Vorlage 16/1014).
42Die vollständige Umsetzung des Tarifergebnisses lediglich für die Besoldungsgruppen bis A 10 rechtfertige sich auch aus der Tatsache, dass durch eine gekürzte Übernahme des Tarifergebnisses über den gesamten Besoldungsbereich die Bezieher unterer Einkommen stärker getroffen würden als die übrige Beamtenschaft. Insbesondere gewähre das Alimentationsprinzips kein Recht auf eine prozentual stets vollkommen gleiche und gleichzeitig wirksam werdende Besoldungs- und Versorgungsanpassung für alle Besoldungsgruppen und Versorgungsempfänger, zumal es auch in der Vergangenheit bereits - von der Rechtsprechung unbeanstandet – Staffelungen gegeben habe. Da die Empfänger höherer Bezüge von der allgemeinen Teuerung, zu deren Ausgleich die lineare Erhöhung der Besoldung und Versorgung beitragen solle, weniger stark betroffen seien, sei es nicht sachwidrig, von ihnen bei einer allgemeinen Anpassung einen begrenzten Sparbeitrag zu fordern. Dem entspreche es auch, dass die unteren Einkommensgruppen einen höheren Anteil ihres Einkommens für die Grundbedürfnisse aufbringen müssten als die höheren Einkommensgruppen und letztere somit einen wesentlich höheren Anteil ihres Einkommens in den die Lebensqualität steigernden Konsum investieren könnten. Ferner läge für die Beamten niedrigerer Besoldungsgruppen infolge der für alle gleichen Beiträge in der privaten Krankenversicherung eine prozentual ungleich stärkere Belastung vor. Gleiches gelte für die Steuermehrbelastung, die mit zunehmender Besoldungsgruppe abnehme. Da von der Rechtsprechung kein bestimmter betragsmäßiger oder prozentualer Abstand zwischen den Besoldungsgruppen gefordert werde, sondern dessen Bestimmung dem Gesetzgeber obliege, wahre auch der vorliegende Gesetzentwurf einen amtsangemessenen Abstand, solange es nicht zur Nivellierung komme (Vorlage 16/1014).
43In der Sitzung des Unterausschusses „Personal“ des Haushalts- und Finanzausschusses vom 2. Juli 2013 fand eine Aussprache zu der öffentlichen Anhörung vom 18. Juni 2013 statt, in der die dortigen Ergebnisse ausgewertet sowie kontrovers diskutiert wurden. Im Hinblick auf die in der Anhörung geäußerte Kritik wiederholte der Staatssekretär die Argumente aus dem Schreiben des Finanzministers vom 1. Juli 2013 und betonte: Bei der im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegenden Entscheidung, welcher Vergleichsmaßstab zu wählen sei und welche alternativen Möglichkeiten bestünden, habe man die Pflicht zu Einsparungen und zur Konsolidierung unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Preissteigerungsraten bei höheren Besoldungsgruppen weniger stark durchgriffen, miteinander abgewogen und hinreichend gewichtet. Die zweistufige Staffelung sei bewusst an denjenigen Stellen (A 10 zu A 11, A 12 zu A 13) angesetzt worden, an denen im Nettolohn ein deutlicher Sprung bei dem Unterschied zwischen dem Beamten und Tarifbeschäftigten bestanden habe (Ausschussprotokoll APr 16/285 vom 2. Juli 2013, S. 7 ff. und 14 f.).
44Im weiteren Verlauf der Diskussion wiesen Vertreter der Regierungsparteien darauf hin, dass man im Ausgangspunkt von der Amtsangemessenheit der Besoldung bis Ende 2012 ausgegangen sei. Weder werde durch die geplante Nichtanpassung ein nicht mehr amtsangemessener Zustand erreicht noch der Abstand zwischen den einzelnen Stufen unzulässig verkürzt. In Orientierung an der Größenordnung der bisherigen Abstände habe man vielmehr die unterschiedlichen Wirkungen der Preissteigerung auf die verschiedenen Einkommen berücksichtigt. Es sei angesichts der vielen Bewerbungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erkennbar, dass die Attraktivität des Beamtentums in den vergangenen Jahren geschwunden sei. Obwohl der Personalbereich am Gesamthaushalt einen Anteil von 43 % habe, betreffe ihn nur ein Sparbeitrag von 27 % und damit kein überobligatorischer Einschnitt. Mit Blick auf die finanziellen Gründe sei zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht in keiner seiner bisherigen Entscheidungen eine Abwägung im Verhältnis zur Schuldenbremse habe treffen müssen (Ausschussprotokoll APr 16/285 vom 2. Juli 2013, S. 16 ff.). Von Seiten der Oppositionsvertreter im Unterausschuss wurde wie folgt argumentiert: Die Vorlage des Finanzministeriums sei lediglich der untaugliche Versuch, die fehlerhaften und unzureichenden Begründungen nachträglich zu reparieren. Angesichts von Steuereinnahmen im Jahr 2012 in Höhe von 43,4 Milliarden Euro, im Jahr 2013 von 44,8 Milliarden Euro (Steigerung um 3, 2 %) und für das Jahr 2014 von geschätzten 46,9 Milliarden Euro (Steigerung von 4, 7 %) könne eine problematische wirtschaftliche Entwicklung nicht angenommen werden. Schließlich wird auf eine gutachterliche Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des schleswig-holsteinischen Landtages hingewiesen, die dazu geführt habe, dass dort von einem entsprechenden Gesetzentwurf Abstand genommen worden sei (Ausschussprotokoll APr 16/285 vom 2. Juli 2013, S. 24 ff.).
45Abschließend empfahl der Unterausschuss „Personal“ dem Haushalts- und Finanzausschuss, dem Gesetzesentwurf der Landesregierung unverändert zuzustimmen (Ausschussprotokoll APr 16/285 vom 2. Juli 2013, S. 2).
46Den Gesetzentwurf billigte daraufhin in seiner Sitzung vom 3. Juli 2013 zunächst der Rechtsausschuss (Ausschussprotokoll APr 16/293 vom 3. Juli 2013, S. 2, 10 ff.) und sodann in der Sitzung vom 4. Juli 2013 auch der Innenausschuss (Ausschuss Protokoll APr 16/299 vom 4. Juli 2013, S. 2 und 9 ff.). In den jeweiligen Sitzungen fand eine ausführliche Aussprache und kontroverse Diskussion zum Gesetzentwurf statt, in der die bereits genannten Argumente nochmals wiederholt wurden. Im Rechtsausschuss wurde insbesondere kritisiert, dass die Vorlage des Finanzministeriums nicht – wie von den Regierungsfraktionen vorgetragen – der bloßen Erläuterung und Darstellung der Abwägungsergebnisse zum Gesetzentwurf dienen, sondern vielmehr eine unzureichende Gesetzesbegründung mindestens ergänzen, wenn nicht auswechseln solle. (Ausschussprotokoll APr 16/293 vom 3. Juli 2013, S. 5, 11).
47In der Sitzung vom 4. Juli 2013 empfahl der Haushalts- und Finanzausschuss nach entsprechender Empfehlung des in gemeinsamer Sitzung tagenden Ausschusses für Kommunalpolitik mit den Stimmen der regierungstragenden Fraktionen dem Landtag, den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert anzunehmen (Ausschussprotokoll APr 16/300 vom 4. Juli 2013, S. 3, 33 ff. sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. NRW 16/3459).
48Unter dem 10. Juli 2013 legten die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter der Überschrift „Besoldung bleibt amtsangemessen und fair!“ einen Entschließungsantrag zum Gesetzesentwurf der Landesregierung vor. Darin heißt es, dass sich der Landtag und seine Ausschüsse mit den rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen aus dem Maßstab amtsangemessener Alimentation auseinandergesetzt hätten. Doch bestünde hiernach weder die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf die Beamtenbesoldung zu übertragen, noch ein Anrecht auf stets prozentual gleiche Besoldungsanpassung für alle Besoldungsempfänger. Im Rahmen seines weiten Spielraums politischen Ermessens habe der Landtag die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse und das Ziel der Haushaltskonsolidierung stärker gewichtet. Der Abstand zwischen den Besoldungsgruppen, insbesondere zwischen A 10 und A 11 bzw. Art 12 und A 13, sei weiterhin amtsangemessen. Wegen der stark abweichenden Strukturen der öffentlichen Hand sei ein Vergleich der Tätigkeiten zwischen der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst und deren Nettovergütung sehr schwierig. Auf Grund der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses in Bezug auf Unkündbarkeit, fehlende Arbeitslosenversicherungsbeiträge, höhere Beihilfen sowie die beitragsfreie Versorgung trotz Ruhegehalts sei jedenfalls kein Nachteil der Beamten ersichtlich. Im Gegenteil ergebe sich insgesamt eine deutliche Besserstellung von Beamten und Pensionären gegenüber Angestellten und Rentnern bei der Vermögensverteilung und den Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland. Demgegenüber verfolge das Land bei der Konsolidierung einen Dreiklang aus Einnahmesteigerungen, Investitionen in die Zukunft und Ausgabensenkungen. Neben einer Vielzahl von strukturellen Verbesserungen (Mehreinnahmen z.B. durch Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes, Gebühren- und Beitragssteigerungen, zudem Einsparungen im Haushalt 2013) dürften auch die Personalkosten bei der Haushaltskonsolidierung nicht unberücksichtigt bleiben. Im Rahmen einer Besoldungsanpassung sei weiterhin zu berücksichtigen, dass die allgemeine Bruttolohnentwicklung weit hinter den einzelnen Tarifergebnissen zurückbleibe und zudem der Nettoeffekt für die Beschäftigten durch die ungleichmäßige Entwicklung der sozialversicherungsrechtlichen Beiträge und der steuerlichen Belastung maßgeblich bestimmt werde. Da die finanzielle Leistungsfähigkeit des Dienstherrn ein bei der Festsetzung der Besoldung berücksichtigungsfähiger Faktor sei, handele es sich auch nicht um ein Sonderopfer für die Beamten. Insoweit sei der Landtag auch der prozeduralen Pflicht zur Befolgung seiner Begründungs-, Beobachtungs- und Überwachungspflichten nachgekommen (LT-Drs. NRW 16/3518 vom 10. Juli 2013).
49Unter dem Titel „Für eine verfassungsgemäße und angemessene Alimentation der Beamtinnen und Beamten in Nordrhein-Westfalen!“ legten auch die Fraktionen der CDU und FDP am gleichen Tage einen Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, umgehend Gespräche mit Vertretern der Beamtenschaft aufzunehmen und eine Lösung zu finden, die den verfassungsrechtlichen Grundsätzen auf angemessene Alimentation sowie der Einhaltung der Schuldenbremse in gleichem Maße gerecht werde (LT-Drs. NRW 16/3524 vom 10. Juli 2013).
50In der zweiten Lesung des Landtags vom 10. Juli 2013 wurde der Gesetzentwurf nach eingehender diesbezüglicher Beratung und Diskussion mehrheitlich mit 126 Ja-Stimmen gegenüber 105 Nein-Stimmen bei 0 Enthaltungen angenommen (Plenarprotokoll 16/36 vom 10. Juli 2013, Seite 3225).
51Die Regierungsfraktionen führten in der Debatte aus, man habe sich mit den vorgelegten Argumenten intensiv auseinandergesetzt und eine klare Abwägung zwischen der amtsangemessenen Alimentierung und der Einhaltung der Schuldenbremse vorgenommen. Damit habe man sich gleichzeitig gegen für die Beamtenschaft ebenfalls nachteilige Alternativen entschieden, weil sich selbstverständlich eine angemessene und auf Dauer bezahlbare Besoldung an der Haushaltsrealität zu orientieren habe. Außerdem habe man den im Rahmen eines entsprechenden Vergleichs festgestellten Abstand im Nettoeinkommen zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten – eine Gerechtigkeitslücke, die durch eine Anpassung in den oberen Gehaltsstufen noch zementiert würde – auf diese Weise verringern können. Der Gesetzentwurf bewirke kein Sonderopfer der Beamtenschaft oder einer Gruppe innerhalb derselben, weil die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen am Landeshaushalt nicht allein die verbeamteten Beschäftigen beträfen. Nullrunden bei der Anpassung der Beamtenbesoldung habe es auch bereits in den Jahren 2005, 2006 und 2007 gegeben (Plenarprotokoll a.a.O., S. 3206 f., 3215, 3217 ff.).
52Dem wurde von Seiten der Opposition entgegengehalten, dass die Einhaltung der Schuldenbremse auf verfassungsmäßigen Mitteln beruhen müsse und insbesondere der nachgereichte Entschließungsantrag an der Verfassungswidrigkeit nichts ändere. Immerhin gebe es eine gute konjunkturelle Entwicklung, die zum niedrigsten Stand der Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren und zu Rekordeinnahmen für den Haushalt führe. Hingegen bewirke die fehlende Anpassung der Besoldung für die nächsten Jahrzehnte eine Minderung des Lebensarbeitsverdienstes der betroffenen Beamten in sechsstelliger Höhe (Plenarprotokoll a.a.O., S. 3208 f., 3213, 3220, 3222 f.).
53Das Gesetz über die Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 im Land Nordrhein-Westfalen (Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2013/2014 Nordrhein-Westfalen – BesVersAnpG 2013/2014 NRW) vom 16. Juli 2013 wurde am 26. Juli 2013 verkündet (GV. NRW Nr. 26 vom 26. Juli 2013) und trat zum 1. Januar 2013 in Kraft (vgl. § 5 des Gesetzes).
54Am 16. September 2013 beantragten 91 Abgeordnete des Landtags Nordrhein-Westfalen beim Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen im Wege der abstrakten Normenkontrolle, festzustellen, dass Art. 1, §§ 2 und 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juli 2013 gegen Art. 4 Abs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen i.V.m. Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verstießen und das Gesetz insoweit nichtig sei (VerfGH 21/13).
55Mit Schreiben vom legte der Antragsteller beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV) Widerspruch gegen die nach seiner Auffassung nicht amtsangemessene Besoldung ein und beantragte, eine Anpassung seiner Besoldung unter Berücksichtigung der Tariferhöhungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Land Nordrhein-Westfalen für die Jahre 2013/2014 vorzunehmen. Dies begründete er damit, dass die gegenwärtige Höhe nicht mehr dem Grundsatz amtsangemessener Alimentation entspreche und somit im Land Nordrhein-Westfalen eine verfassungskonforme Besoldung und Versorgung nicht gewährleistet sei. Stattdessen sei die Besoldung seit dem Jahr 2003/2004 deutlich abgesenkt worden, so dass die Nettobezüge nunmehr spürbar hinter der Preisentwicklung zurückblieben. Aufgrund eines Vorlagebeschlusses des OVG NRW aus dem Jahr 2009 (Beschluss vom 9. Juli 2009 - 1 A 1525/08 -) liege dem BVerfG (‑ 2 BvL 19/09 und 20/09 -) schon die Frage zur Entscheidung vor, ob die Nettoalimentation bereits im Kalenderjahr 2003 mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar gewesen sei. Die aktuelle - lediglich teilweise - Übernahme der Besoldungsanpassung für die Besoldungsgruppe A 11 verletze zudem den Grundsatz der Ämterhierarchie und das Abstandsgebot. Im Übrigen lasse das Gesetz die von der Rechtsprechung geforderte umfängliche Begründung vermissen und könne mit der angespannten Haushaltslage nicht legitimiert werden.
56Durch Widerspruchsbescheid vom wies das LBV den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass für die beantragte Erhöhung der Bezüge keine gesetzliche Grundlage bestehe. Das Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 sei in einem ordnungsgemäßen parlamentarischen Verfahren zustande gekommen und entspreche den durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums vorgegebenen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Anforderungen. Insbesondere besitze der Gesetzgeber bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation einen weiten Entscheidungsspielraum. Für die Überprüfung der Amtsangemessenheit sei die Entwicklung der Verbraucherpreise für sich genommen kein geeigneter Maßstab, vielmehr sei im Wesentlichen auf die Nettolohnentwicklung im Vergleich zu den Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes abzustellen und um einen systemexternen Gehaltsvergleich mit der Privatwirtschaft zu ergänzen. Im Rahmen eines solchen Vergleichs sei jedoch - insoweit unter Verweis auf die Landtagsdrucksachen - festzustellen, dass die Nettobezüge der Beamten auch nach der Besoldungsanpassung 2013/2014 in allen von der gestaffelten Tarifübertragung betroffenen Besoldungsgruppen über den Nettobezügen vergleichbarer Tarifbeschäftigter lägen. Demgegenüber sei der Gehaltsvergleich mit der Privatwirtschaft angesichts der sich erheblich unterscheidenden Strukturen schwierig, bestätige aber exemplarisch ebenfalls eine angemessene Differenz zu Gunsten der Beamten. Da zudem der Haushaltskonsolidierung durch die in Art. 109 Abs. 3 GG eingeführte Schuldenbremse, die auch das Land Nordrhein-Westfalen zu beachten habe, Verfassungsrang zukomme, sei die gestaffelte Besoldungsanpassung jedenfalls gerechtfertigt.
57Am hat der Antragsteller Klage erhoben ( ) mit den Anträgen, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom festzustellen, dass die Alimentation aus der Besoldungsgruppe A 11 ÜBesG NRW den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer (amts-) angemessenen Besoldung nicht genüge, hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller eine erhöhte (amts-) angemessene Besoldung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Alimentation aus der Besoldungsgruppe A 11 ÜBesG NRW zu gewähren.
58Bereits am hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung trägt er vor, dass ihm das Abwarten des Hauptsacheverfahrens angesichts der zu erwartenden Gesamtverfahrensdauer von bis zu einem Jahrzehnt bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unzumutbar sei. Da eine rückwirkende Regelung des Bundesverfassungsgerichts wenig wahrscheinlich sei, trete für die Jahre 2013/2014 ein endgültiger Alimentationsverlust ein, der sich auch in späteren Erhöhungen perpetuiere und schließlich auf die Versorgung auswirke. Umgekehrt wäre eine für mehrere Jahre rückwirkende Besoldung angesichts der erheblichen Haushaltsbelastung nicht zu leisten. Durch den seit 2003 erlittenen Reallohnverlust sei die Beamtenbesoldung sowohl von der Entwicklung der Tariflöhne als auch von den Verbrauchspreisen „abgehängt“ worden. Konkret ergebe sich anhand eines Vergleichs der addierten Jahresgehälter 2003 bis 2013 auf der Basis der tatsächlichen wie der fiktiven Entwicklung eine Lohnlücke von 15.000 € und eine Konsumlücke von 17.000 € als addierte Differenz zwischen Beamtenbesoldung und Verbrauchspreisentwicklung. Vor diesem Hintergrund bedeute die unterlassene Besoldungsanpassung in 2013/2014 eine erneute Absenkung des Lebensstandards der betroffenen Besoldungsgruppen. An der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes seien die Fachgerichte für den Fall, dass sie eine Regelung für verfassungswidrig erachten, durch Art. 100 GG nicht gehindert.
59Der Anordnungsanspruch folge daraus, dass den Beamten durch ihren Dienstherrn entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung unter Berücksichtigung des allgemeinen Lebensstandards ein angemessener Lebensunterhalt zu gewähren sei. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sei durch das Alimentationsprinzip beschränkt, ohne dass hierfür die Grenze des Existenzminimums bemüht werden müsse und dürfe. Für die Betrachtung müsse bis zu demjenigen Zeitpunkt zurückgegangen werden, in dem die letztmalige Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit der Angemessenheit der Alimentation stattgefunden habe – gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei insoweit davon auszugehen, dass jedenfalls im Jahr 1998 noch das verfassungsrechtliche Minimum einer amtsangemessenen Alimentation gewährt wurde. Maßgeblich sei eine vergleichende, nicht an spezifische Prozentzahlen geknüpfte Betrachtung der Einkommensentwicklung der maßgeblichen Vergleichsgruppen, namentlich innerhalb des Besoldungssystems selbst, gegenüber der Lohnentwicklung der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes sowie gegenüber der Entwicklung der Einkommen der Privatwirtschaft. Ergänzend könne insoweit auch die bundesweite Besoldungsentwicklung Berücksichtigung finden. Wenn nämlich eine Erhöhung der Besoldung verfassungsrechtlich geboten sei, handele es sich bei einer Nichtanpassung tatsächlich um eine durch sachliche Gründe zu rechtfertigende Kürzung, weil das Besoldungsniveau unter das verfassungsrechtlich zulässige Minimum absinke.
60Insbesondere sei es dem Dienstherrn verwehrt, zur Ersparnis von Aufgaben und Haushaltskonsolidierung die Beamten insgesamt oder Teile von ihnen von einer Anpassung der Bezüge auszunehmen. Dies könne allenfalls dann ein tauglicher Rechtfertigungsgrund sein, wenn eine spürbare Rezession oder extreme Notsituation mit einem allgemeinen Absinken des Lebensstandards gegeben sei. In Anbetracht steigender Steuereinnahmen und Zinsersparnissen im Milliardenbereich könne hiervon allerdings keine Rede sein, zumal die gegenwärtige Regierung seit dem Jahr 2010 den Haushalt wesentlich belastende freiwillige Maßnahmen beschlossen habe und demgegenüber bislang kein schlüssiges Haushaltskonsolidierungskonzept habe vorlegen können. Greife der Gesetzgeber zu diesem Zweck jedoch in das Realeinkommen der Beamten und Richter ein, fordere er von ihnen ein unzulässiges Sonderopfer, welches auch nicht mit der grundgesetzlich vorgesehenen Schuldenbremse gerechtfertigt werden könne.
61Die Verfassungswidrigkeit folge außerdem bereits aus der Verletzung der durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenen prozeduralen Pflichten, wonach der Gesetzgeber Begründungs-, Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflichten unterliege. Diesen Anforderungen genügten weder die Gesetzesbegründung noch die im Gesetzgebungsverfahren eingeführte Stellungnahme des Finanzministeriums oder der Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen. Die letztgenannten Nachträge seien vielmehr als unzulässige Ergänzung einer defizitären Begründung aufzufassen, wobei in Anbetracht des Verfahrensverlaufs und der knappen Zeitspanne eine ernsthafte Befassung mit der Materie schlichtweg unmöglich gewesen sei. Im Umkehrschluss ergebe sich aus diesen Versuchen, die untaugliche Begründung zu heilen, dass der Gesetzgeber sich der nicht ordnungsgemäßen Begründung des Gesetzentwurfs bewusst gewesen sei. Gleichwohl sei der Umstand, das Gesetz ausschließlich auf fiskalische Erwägungen zu stützen, zu keinem Zeitpunkt nachträglich beseitigt worden. Obwohl die Begründungsanforderungen angesichts der guten konjunkturellen Lage und der Einnahmen des öffentlichen Haushalts besonders hoch anzulegen seien, habe der Gesetzgeber weder Vergleiche zu der Einkommensentwicklung bei vergleichbaren Angestellten innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes im Wege einer aussagekräftigen Vergleichsbetrachtung dargelegt noch sich eingehend mit den tragenden Erwägungen der Sachverständigen in der Anhörung auseinander gesetzt. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, inwiefern eine Beobachtung und Überprüfung der Alimentation im Verhältnis zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung (mittels Gegenüberstellung der Einkommensverhältnisse zur Beamtenbesoldung) stattgefunden habe. Der Hinweis auf die Schwierigkeit eines Vergleichs könne aber den Gesetzgeber nicht von der Pflicht entbinden, zumal die Möglichkeit anhand des Bruttolohnindexes des statistischen Bundesamtes gegeben sei. Im Übrigen fehle eine Auseinandersetzung mit der abweichenden Besoldungsgesetzgebung in den anderen Bundesländern, darunter insbesondere einer Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Präsidenten des schleswig-holsteinischen Landtages zur Frage der amtsangemessenen Alimentation.
62Wollte man hingegen – wie seitens der Regierungsfraktionen geschehen – zur Begründung einer Abweichung von der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses zurückgreifen, werde der Sachverhalt nur unzureichend erfasst (im Hinblick etwa auf Betriebsrenten und das öffentliche Interesse). Auch dürften zwecks Orientierung an der wirtschaftlichen Entwicklung nicht nur die Tarifangestellten in den Blick genommen werden. Ebenso unzulässig sei es, eine geteilte Besoldungsanpassung mit dem andernfalls nötigen Personalabbau zu begründen, da insoweit keine Alternativität vorliegen könne. Insgesamt gesehen stelle sich die unterlassene Besoldungsanpassung als deutliche Reallohnkürzung dar und kopple die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung ab.
63Zusammenfassend habe das OVG NRW erst im April 2013 (Beschluss vom 18. April 2013 - 1 A 2093/12 -) festgestellt, dass die Alimentation der Richter und Beamten seit Jahren nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werde. So summierten sich in 2012 die finanziellen Auswirkungen von Rechtsänderungen für den Bereich der Beamtenbesoldung und Versorgung seit dem Jahr 2000 auf insgesamt 2,4 Milliarden Euro pro Jahr, womit sich die Beamten jährlich bereits mit einer 10-prozentigen Beteiligung „eingebracht“ hätten. Selbst die tarifvertraglich vereinbarten Anpassungen für die Jahre 2013 und 2014, denen das Land Nordrhein-Westfalen als Gesetzgeber selbst zugestimmt habe, lägen weit unterhalb der erwarteten Steigerung der Steuereinnahmen. Mit Ausnahme einiger Bereiche, die keine Fachhochschul- oder Hochschulausbildung voraussetzten, habe es entgegen dem Blickwinkel der Landesregierung in 39 von 53 Tarifverträgen Tarifsteigerungen gegeben. Demgegenüber seien der Verbraucherpreisindex sowie die Mietpreise und Grund- und Wohnungseigentumspreise in den letzten Jahren stark angestiegen.
64Daneben komme dem Erhalt eines Besoldungsniveaus ähnlich der Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes und im länderübergreifenden Vergleich eine qualitätssichernde Funktion zu. Doch bereits die in den vergangenen Jahren gewährten Besoldungsanpassungen seien durch die Inflationsrate „aufgefressen“ worden. Insoweit dürfe nicht nur auf das Nettoeinkommen abgestellt werden, sondern müsse als Folge der Föderalismusreform und Trennung der Gesetzgebungskompetenzen auch das Bruttoeinkommen in den Blick genommen werden. Dieses schaffe eine hinreichend aussagekräftige Vergleichsgrundlage, soweit aufgrund von prozentualen Vergleichszahlen über die Jahre hinweg und infolge nur geringer Änderungen im Anteil der Sozialabgaben die verhältnismäßige Einkommensentwicklung nachvollzogen werden könne. Nicht nur gegenüber der Privatwirtschaft, sondern auch im Vergleich zu anderen Bundesländern sei in Nordrhein-Westfalen ein Zustand der Unteralimentation gegeben, der sich durch die Nichtübernahme des Tarifergebnisses für 2013/2014 noch einmal verschlechtere. Darunter leide auch die Attraktivität für einen Aufstieg bzw. Einstieg in den höheren Dienst, die sich bereits in den vergangenen Jahren in einer deutlichen Verschlechterung der Bewerberzahlen wiedergespiegelt habe und deren weiterer Rückgang zu befürchten sei.
65Das eingebrachte Argument einer Sozialstaffelung könne - auch in Anbetracht der durch die Beamtenbesoldung erstrebten Verwirklichung des Leistungsprinzips und des Abstandsgebots - nur im Falle einer bestehenden Überalimentation rechtfertigend wirken, die vorliegend jedoch nicht gegeben sei. Soweit der Wille zur Veränderung der Abstände zwischen der Wertigkeit der Ämter geäußert worden sei, diene dies lediglich der Verschleierung der tatsächlichen Gesetzesbegründung, handele sich aber nicht um das eigentlich verfolgte Ziel. Vielmehr müsse aufgrund von Art. 33 Abs. 5 GG ein Mindestmaß der Differenzierung zwischen den statusrechtlichen Ämtern gewährleistet bleiben.
66Der Antragsteller beantragt,
67im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass die dem Antragsteller gewährte Alimentation aus der Besoldungsgruppe A 11 ÜBesG NRW den verfassungsrechtlichen Anforderungen seiner (amts-) angemessenen Besoldung nicht genügt,
68hilfsweise,
69den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, dem Antragsteller seine erhöhte (amts-) angemessene Besoldung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Alimentation aus der Besoldungsgruppe A 11 ÜBesG NRW zu gewähren.
70Der Antragsgegner beantragt,
71den Antrag abzulehnen.
72Zur Begründung trägt er vor, dass es bereits an der Glaubhaftmachung des zwingend notwendigen Anordnungsgrundes fehle. Zum einen könne nicht allein der Zeitablauf für das Durchlaufen mehrerer Instanzen die Eilbedürftigkeit begründen, da dieser dem Rechtssystem immanent sei. Zum anderen müsse das beim Verfassungsgerichtshof NRW anhängige Normenkontrollverfahren berücksichtigt werden, infolge dessen in absehbarer Zeit mit einer Entscheidung bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu rechnen sei. Im Übrigen liege wegen der Möglichkeit rückwirkender Anpassung der Alimentation keine Konstellation vor, in welcher das Abwarten der Hauptsache unzumutbar sei. Bereits in anderen Verfahren (beispielhaft Beschluss vom 14. Februar 2012 - 2 BvR 4/10 -) habe das Bundesverfassungsgericht eine Verpflichtung des Gesetzgebers angenommen, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten. Darüber hinaus könne die im Hauptantrag begehrte Feststellung nicht Gegenstand einer einstweiligen Anordnung sein, zumal weder die konkret begehrte Regelung noch die tatsächliche Höhe einer genügenden Alimentation klargestellt würden. Entgegen der Antragsformulierung könne das Gericht des Eilverfahrens in seiner Entscheidung keine allgemeine, alle Angehörigen der Besoldungsgruppe A 11 betreffende Regelung treffen, sondern sei insoweit auf die Beteiligten der Hauptsache beschränkt. Demgegenüber sei der Hilfsantrag wegen fehlender Statthaftigkeit der Leistungsklage im Hauptsacheverfahren unzulässig, weil die Frage der amtsangemessenen Alimentation im Wege der Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung, dass das Nettoeinkommen verfassungswidrig zu niedrig bemessen sei, zu klären sei. Für eine wirtschaftliche Notlage, welche Voraussetzung für eine vorläufige Zahlung wäre, fänden sich hingegen keine Anhaltspunkte.
73Ferner fehle es an den hinreichenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache: Für eine volle Erhöhung der Bezüge in den Besoldungsgruppen ab A 11 aufwärts finde sich bereits keine gesetzliche Grundlage, da das Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014 eine solche lediglich den Besoldungsgruppen bis einschließlich A 10 gewähre. Dieses Gesetz entspreche auch den verfassungsrechtlichen wie einfachgesetzlichen Anforderungen. Dem Gesetzgeber stehe zur Konkretisierung des Anspruchs auf amtsangemessene Besoldung ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu, der gerichtlich nur insoweit untersucht werden könne, als die Besoldung evident unzureichend sei. Insbesondere seien Abweichungen der Bezüge im Vergleich zu anderen Bundesländern und dem Bund seit der Föderalismusreform I verfassungsrechtlich unbedenklich. Aus einem Vergleich der Beamtenbesoldung mit dem Nettolohnniveau bei vergleichbaren Tätigkeiten sowohl im Bereich der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst als auch im Bereich der Beschäftigten in der Privatwirtschaft folge, dass von einer Amtsangemessenheit der Alimentation weiterhin auszugehen sei. Denn die Nettobezüge der Beamten lägen in allen von der gestaffelten Tarifübertragung betroffenen Besoldungsgruppen über den Nettobezügen vergleichbarer Beschäftigter innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes. Eine spiegelbildliche Übertragung sei von Art. 33 Abs. 5 GG nicht gefordert, vielmehr müsse der öffentliche Dienst Konditionen bieten, die insgesamt einem Vergleich mit den Tarifbeschäftigten und der Privatwirtschaft standhalten könnten. Hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Abstandsgebots fehle es bereits an der konkreten Begründung; im Übrigen gewähre der Grundsatz amtsangemessener Alimentation ohnehin keinen Anspruch auf stets gleiche Besoldungsdistanz.
74Auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 2. Juni 2011 - 2 BvR 571/00 -) erkenne an, dass die Empfänger höherer Bezüge von der allgemeinen Teuerung, zu deren Ausgleich die lineare Erhöhung der Besoldung beitragen solle, weniger stark betroffen seien, ein diesbezüglicher Sparbeitrag demzufolge nicht sachwidrig sei. Zudem sei die gestaffelte Besoldungsanpassung durch die Notwendigkeit zur verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Haushaltskonsolidierung und Einhaltung der Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 sachlich gerechtfertigt: Die hieraus folgende Konsolidierungsnotwendigkeit könne den großen Ausgabenblock der Personalausgaben nicht unberücksichtigt lassen. Weil beide Verfassungsgrundsätze zu einem schonenden Ausgleich gebracht werden müssten, fehle es auch an einem Sonderopfer der Beamten.
75Schließlich habe der Landesgesetzgeber auch die ihm von Verfassungs wegen obliegende Darlegungs- und Begründungslast hinreichend erfüllt. Insbesondere habe er die in den Artikeln 65 ff. der Landesverfassung NRW konkretisierten Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren eingehalten, wohingegen eine Auseinandersetzung mit spezifischen Einwänden von Sachverständigen nicht vorgesehen sei. Bereits der Gesetzentwurf der Landesregierung habe sich ausführlich mit der verfassungsrechtlichen Abwägungsentscheidung auseinandergesetzt und sei in zulässiger Weise durch die Erläuterungen der Vorlage des Finanzministeriums vom 1. Juli 2013 ergänzt worden. Daraufhin habe der Landesgesetzgeber die ihn wegen der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe treffende Begründungs- und Darlegungslast erfüllt, indem während des Gesetzgebungsverfahrens in besonderer Weise Ausführungen zu den verfassungsrechtlichen Spielräumen, den hinsichtlich des Alimentationsniveaus herangezogenen Maßstäben, der Staffelung der Besoldungsanpassung, der Wahrung des Abstandsgebots und der Verfassungskonformität im Allgemeinen im Vordergrund gestanden hätten. Vor allem sei es verfassungsrechtlich unbedenklich, die weiteren Darlegungen in einem ergänzenden und erläuternden Entschließungsantrag niederzulegen, da sich der Gesetzgeber diesen zu eigen gemacht habe. Schließlich habe sich der Gesetzgeber ausdrücklich (vgl. LT-Drs. NRW 16/3518, Seite 13) dazu bekannt, die Amtsangemessenheit der Alimentation laufend und im Rahmen der Tarifanpassung in zwei Jahren erneut zu prüfen.
76Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des zugehörigen Klageverfahrens und des Verwaltungsvorgangs des LBV Bezug genommen.
77II.
78Das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
791. Im Hinblick auf den als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrag fehlt es dem Antragsteller bereits an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
80In der Hauptsache entsprechender Verfahren auf amtsangemessene Besoldung sind Feststellungsanträge zwar oft indiziert. Denn eine feste Vorgabe für die (amts-) angemessene Besoldung in diesbezüglichen Klageverfahren dürfte schon wegen des insoweit bestehenden gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums im Besoldungsbereich,
81vgl. ständige Rspr. des BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (375 f.) = juris (Rn. 48), vom 24. September 2007 - 2 BvR 1673/03, 2267/03, 1046/04, 584/07, 585/07, 586/07 -, juris (Rn. 40) m. zahlr. Nachw.; außerdem BVerfG, Urteile vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 -, BVerfGE 117, 330 (352 f.) = juris (Rn. 69), sowie vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, BVerfGE 130, 263 (294) = juris (Rn. 148 ff.); ferner Battis, Rechtsgutachten „Amtsangemessene Besoldung“, 2013, S. 14 f.; Wolff, ZBR 2005, 361 (364 f.),
82grundsätzlich unzulässig sein.
83Zudem ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allgemein anerkannt, dass beklagte öffentlich-rechtliche Körperschaften der unmittelbaren Rechtsgestaltung durch ein Gestaltungsurteil oder des Vollstreckungsdrucks aufgrund eines Leistungsurteils nicht bedürfen, weil diese auch eine bloße gerichtliche Feststellung beachten und die gebotenen Konsequenzen (Tun oder Unterlassen) ziehen werden. Insoweit ist eine gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gerichtete Feststellungsklage gegenüber einer Leistungsklage nicht unbedingt subsidiär, da der jeweilige Beklagte regelmäßig bereits einem nicht vollstreckbaren Feststellungsurteil Folge leisten wird. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Feststellung fehlt in solchen Konstellationen nicht.
84Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1970 - VI C 8.69 -, BVerwGE 36, 179 (181) = juris (Rn. 12), in Anlehnung an zivilprozessuale Urteile, u.a. BGH, Urteile vom 9. Juni 1983 - II ZR 74/82 -, juris (Rn. 15) m.w.N., und vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94 -, juris (Rn. 16 f.); s.a. BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 - 1 C 2/95 -, juris (Rn. 25 f.); erläuternd, aber offen lassend zudem BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 - 3 C 8/95 -, juris (Rn. 31) m.w.N., sowie BAG, Urteil vom 4. April 1989 - 8 AZR 427/87 -, juris (Rn. 25). Kritisch zur Übertragung auf verwaltungsprozessuale Feststellungsklagen: Kopp/Schenke, VwGO,19. Auflage 2013, § 43 Rn. 28 mit zahlreichen Nachweisen.
85Darüber hinaus sind in Anbetracht der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG auch im Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich Feststellungsbegehren des Rechtsschutzsuchenden nicht von vornherein ausgeschlossen und vorläufige Feststellungen des Gerichts (mit einem bestimmten Inhalt) zulässig.
86Die Möglichkeit einstweiliger Feststellung betonend bereits BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1987 - 2 BvR 104/87 -, juris (Rn. 35); HessVGH, Beschlüsse vom 14. Juli 1988 - 11 TG 1736/85 -, juris (Rn. 56) mit Nachweisen zur gegenteiligen Auffassung, sowie vom 12. Oktober 1989 - 3 TG 2633/89 -, juris (Ls. 1 und Rn. 14) m.w.N.; vgl. aus der Rechtsprechung des OVG NRW die Beschlüsse vom 11. April 2005 - 13 B 1959/04 -, vom 16. März 2007 - 7 B 134/07 - und vom 16. Juli 2013 - 11 B 639/13 -, jeweils juris; anders hingegen noch Beschluss vom 28. April 1988 - 21 B 1011/88 -, juris (Ls. 1). Eingehende Untersuchung einstweiliger Feststellungsverfügungen bei Vogg, NJW 1993, 1357 ff.; vgl. zudem Schoch, in: Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 35; Kopp/Schenke, 19. Auflage 2013, § 123 VwGO Rn. 9; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 123 Rn. 40.
87Dennoch fehlt dem auf vorläufige Feststellung einer verfassungswidrigen Besoldungslage gerichteten Hauptantrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dieses setzt voraus, dass der Kläger bzw. Antragsteller mit dem von ihm angestrengten Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt und die begehrte Rechtsstellung überhaupt erreichen kann.
88Vgl. anstelle vieler Kopp/Schenke, 19. Auflage 2013, Vorb § 40 VwGO Rn. 30 ff.; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, vor § 40 Rn. 11 ff., insbes. Rn. 16 ff. m.w.N.
89Wenngleich ein vorläufiger Feststellungstenor trotz der fehlenden Vollstreckbarkeit regelmäßig durch Hoheitsträger befolgt wird und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Allgemeinen vorstellbar ist, kann dem Antragsteller vorliegend gleichwohl durch einen Feststellungsausspruch in der einstweiligen Anordnung kein effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden. Denn durch die damit - den Erfolg des Antrags unterstellt - bloß tenorierte Feststellung einer nicht amtsangemessenen, d.h. verfassungswidrigen, Alimentation wird die Dringlichkeit, anders als durch eine tenorierte Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zahlung, nicht beseitigt. Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund, dass das Besoldungsrecht gemäß § 2 Abs. 1 ÜBesG NRW einem durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich begründeten, umfassenden Gesetzesvorbehalt unterliegt.
90Ständige Rspr. des BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52, 46/52 -, BVerfGE 8, 1 (15 f.) = juris (Rn. 46), und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (386) = juris (Rn. 70); ferner Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, BVerfGE 130, 263 (299) = juris (Rn. 158); zur Thematik eingehend Summer, DÖV 2006, 249 ff.
91Aus der Zugehörigkeit des Gesetzesvorbehalts zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums folgt, dass die Alimentation generell durch Gesetz zu regeln ist und nur nach Maßgabe eines Gesetzes zuerkannt werden kann. Die Zulässigkeit leistungsbezogener Bezahlungselemente setzt danach voraus, dass ein gesetzlicher Rahmen den Anlass und die Möglichkeiten der Leistungsgewährung bestimmt, die Leistung aufgrund Verwaltungsentscheidung bewilligt wird und diese Bewilligungsentscheidung dann in die Bezügeberechnung eingeht.
92BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, BVerfGE 130, 263 (299) = juris (Rn. 158) m.w.N., u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvL 149/52 -, BVerfGE 8, 28 (35) = juris (Rn. 23), und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (386) = juris (Rn. 70); zudem Summer, DÖV 2006, 249 ff.
93Aufgrund der strikten Gesetzesbindung ist es dem Antragsgegner verwehrt, entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut tätig zu werden und dem Antragsteller auf Grundlage einer gerichtlichen Feststellung - sei es auch nur vorläufig - eine erhöhte Besoldung auszahlen. Er ist wegen der Besonderheiten des Besoldungsrechts abweichend von den oben genannten Fällen nicht dazu in der Lage, einem die Verfassungswidrigkeit nur feststellenden Tenor in der einstweiligen Anordnung nachzukommen und eine vom Gesetz abweichende Regelung zu treffen.
94Eine Zahlung an den Beamten kann es nach dieser Maßgabe ohne vollstreckbare Verpflichtung des Antragsgegners nicht geben, weil die Besoldung nur auf der Grundlage eines geltenden Gesetzes gewährt wird. Schließlich ist der auf vorläufige Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Alimentationsniveaus gerichtete Hauptantrag auch deshalb nicht geeignet, das Rechtsschutzziel einer - nach Auffassung des Antragstellers - verfassungsgemäßen Alimentation zu erreichen, weil der nach dem Antrag zu tenorierenden Feststellung keine hinreichend bestimmten Maßgaben zu entnehmen sind, wie, d.h. vor allem in welcher Höhe, der Antragsgegner die - nach dem Antrag zu tenorierende - Verfassungswidrigkeit zu beseitigen hätte.
952. Soweit der Antragsteller hilfsweise die Zahlung einer erhöhten (amts-) angemessenen Besoldung begehrt, ist dieses Begehren hingegen in zulässiger Weise im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verfolgen, da die Erweiterung des Rechtskreises begehrt wird und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch durchsetzbar ist.
96a)
97Dass der Antrag insoweit - wie der Antragsgegner rügt - von dem üblichen Feststellungsantrag in der Hauptsache abweicht, ist dem vorstehend geschilderten Umstand, aufgrund der Dringlichkeit der Sachlage eine vollstreckbare Entscheidung treffen zu können, geschuldet. Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG kann es dem Antragsteller nicht verwehrt werden, sein Begehren entweder durch Feststellungs- oder durch Leistungsantrag vor Gericht geltend machen zu können. Angesichts der dargelegten, gegen einen Feststellungstenor sprechenden Gründe verbleibt insoweit nur die Rechtsschutzmöglichkeit durch Erhebung eines auf Zahlung gerichteten Antrags. Einen solchen hat der Antragsteller hilfsweise gestellt.
98b)
99Die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zahlung ist weiterhin auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Gericht im Falle einer festgestellten Verfassungswidrigkeit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG gehalten wäre, das Gesetz, von dessen Gültigkeit seine Entscheidung abhängt, dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Denn im Eilverfahren besteht unter bestimmten Voraussetzungen keine Vorlagepflicht, um dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG hinreichend Rechnung zu tragen.
100Urban, NVwZ 1989, 433 ff. Siehe auch Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 13 f. und Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 128 f.
101Insbesondere kann eine Vorlage nach ständiger Rechtsprechung über den Wortlaut der Verfassungsnorm hinaus unterbleiben, wenn nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes die Gewährung desselben geboten erscheint und die Hauptsache nicht (weitgehend) vorweggenommen wird.
102Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1977 - 2 BvL 10/75 -, BVerfGE 46, 43 (51) = juris (Rn. 35), vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382 (389) = juris (Rn. 29), und vom 19. Juli 1996 - 1 BvL 39/95 -, juris (Rn. 7 f.); dies setzt etwa OVG NRW, Beschluss vom 10. April 1992 - 12 B 2298/90 -, juris (Rn. 1 f.), um; eingehende Erläuterung bei Urban, NVwZ 1989, 433 ff. S.a. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 14; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 123 Rn. 57; zudem noch Schenke, JZ 1996, 1155 (1168).
103Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Fachgerichte sind in Besoldungsfragen grundsätzlich in der Lage, im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch ohne Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden.
104Insbesondere wäre im Falle einer Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zahlung wegen der Möglichkeit zur Rückgewähr auch keine Vorwegnahme der Hauptsache anzunehmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass jede vorläufige Entscheidung (mittels Regelungsanordnung) für die Dauer ihrer Gültigkeit eine entsprechende Hauptsacheentscheidung in gewisser Weise vorwegnimmt, indem vorläufig (ganz oder teilweise) gewährt wird, was endgültig erst im Hauptsacheverfahren zugesprochen werden kann. Demgegenüber liegt eine grundsätzlich unzulässige und deshalb vom Bundesverfassungsgericht angenommene Vorwegnahme der Hauptsache nur vor, wenn die Entscheidung und ihre Folgen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch nach der Hauptsacheentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden können.
105Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1977 - 2 BvL 10/75 -, BVerfGE 46, 43 (51) = juris (Rn. 35), vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382 (389) = juris (Rn. 29), und vom 19. Juli 1996 - 1 BvL 39/95 -, juris (Rn. 7 f.); hierzu näher Kopp/Schenke, 19. Auflage 2013, § 123 VwGO Rn. 14 m.w.N. und ebenso Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 11, 104; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 88 ff., jeweils mit Kritik an zum Teil behaupteten abstrakten Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache.
106Die hier begehrte vorläufige Auszahlung einer Geldleistung führt im Allgemeinen allerdings nur zu einer rein tatsächlichen, nicht aber rechtlichen Vorwegnahme der Hauptsache. Eine irreversible und damit grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache liegt in der hierdurch gegebenen Gewährung faktischer Vorteile nicht. Vielmehr kann die vorläufige Geldzahlung im Falle eines gegenteiligen Ausgangs der Hauptsache gemäß § 12 Abs. 2 ÜBesG NRW zurückgefordert werden.
107Vgl. allgemein zu ähnlichen Rückabwicklungen gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 945 ZPO: Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 123 Rn. 66b. S.a. allgemeiner Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 102; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 141 m.w.N; Kuhla, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 123 Rn. 152, 153 (mit Beispielen).
108Schließlich besteht vorliegend auch nicht die - üblicherweise bei Geldleistungen anzunehmende - Gefahr, dass der Anspruch auf Rückforderung der vorläufigen Zahlungen wirtschaftlich wertlos werden könnte.
109Vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 123 Rn. 66b.
110Dies gilt zumindest im Hinblick auf die hier maßgeblichen Besoldungszahlungen an Beamte, da der Antragsgegner etwaige Rückzahlungsansprüche nötigenfalls mittels Aufrechnung gegenüber künftigen Besoldungsleistungen, die angesichts der hier in Rede stehenden Besoldungsgruppe auch nicht an einer Unpfändbarkeit scheitern dürfte, und notfalls sogar bei längerem Zeitablauf auch gegenüber künftigen Versorgungsleistungen unmittelbar geltend machen könnte (vgl. § 11 Abs. 2 S. 1 ÜBesG NRW, § 51 Abs. 2 S. 1 LBeamtVG NRW).
111c)
112Das in diesem Sinn als Leistungsantrag zu verstehende Begehren des Antragstellers ist auch nicht mangels Bestimmtheit unzulässig.
113Nach § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO (analog) soll die Antragsschrift - neben der nach Satz 1 gebotenen Angabe des Gegenstands des Begehrens - auch einen bestimmten Antrag enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnis (§ 88 VwGO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 121 VwGO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt.
114Vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97 -, juris (Rn. 7) m.w.N.; Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Auflage, § 82 RdNr. 10.
115Der erforderliche Konkretisierungsgrad eines Antrags hängt vom geltend gemachten Anspruch ab. Insoweit sind Geldleistungsansprüche grundsätzlich zu beziffern.
116Vgl. Gerhardt in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 113 Rn. 72 m.w.N.; Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 113 Rn. 438.
117Die Formulierung, „dem Antragsteller seine erhöhte (amts-) angemessene Besoldung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Alimentation aus der Besoldungsgruppe A 11 ÜBesG NRW zu gewähren“, ist - gemessen an diesen Maßstäben - hinreichend bestimmt. Eine fehlende Bezifferung des Antrags ist regelmäßig unschädlich, solange der Verfahrensgegenstand insgesamt hinreichend bestimmt ist, vgl. § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO.
118Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch ist insoweit ausreichend, dass eine „amtsangemessene“ Besoldung begehrt wird. Denn damit sind Besoldungsleistungen umschrieben, die in ihrer Höhe der Wertigkeit des jeweiligen Statusamtes entsprechen. Obwohl damit die genaue Vorstellung einer amtsangemessenen Besoldung nicht zahlenmäßig konkretisiert ist, wird durch einen in dieser Weise gefassten Antrag das Risiko des Unterliegens nicht ungerechtfertigt auf den Antragsgegner abgewälzt. Denn die „Ungenauigkeit“ des Antrags ist für den Antragsteller nicht vermeidbar. Sie folgt aus dem Anspruch auf amtsangemessene Alimentation, der dem Antragsteller nach materiellem Recht zusteht, und dessen nähere Bestimmung grundsätzlich allein dem Landesgesetzgeber obliegt,
119vgl. hierzu ständige Rspr. des BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (375 f.) = juris (Rn. 48), vom 24. September 2007 - 2 BvR 1673/03, 2267/03, 1046/04, 584/07, 585/07, 586/07 -, juris (Rn. 40) m. zahlr. Nachw.; außerdem BVerfG, Urteile vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 -, BVerfGE 117, 330 (352 f.) = juris (Rn. 69), sowie vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, BVerfGE 130, 263 (294) = juris (Rn. 148 ff.); OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 1 A 904/08 -, juris (Rn. 33 ff.) m.w.N.; ferner Battis, Rechtsgutachten „Amtsangemessene Besoldung“, 2013, S. 14 f.; Wolff, ZBR 2005, 361 (364 f.).
120Dies hat zur Folge, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung zur Zahlung eines bestimmten Betrages im Regelfall unbegründet ist. Einen solchen, von vornherein wenig aussichtsreichen Antrag zu stellen, ist dem Antragsteller nicht zumutbar. Insoweit genügt es, wenn er sein Zahlungsbegehren durch die - nicht notwendig im Antrag selbst enthaltene - Bezugnahme auf die Berechnungsgrundlagen sowie die verfassungsrechtliche Argumentation näher bestimmt. Hierdurch wird der Rahmen der richterlichen Entscheidungsbefugnis - bezogen auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt - hinreichend genau dargelegt. Inhalt und Umfang der begehrten Entscheidung (§ 123 Abs. 1 VwGO) sind erkennbar.
121Vgl. in einer ähnlichen Konstellation zu der Frage amtsangemessener Beschäftigung VGH Baden-Württemberg vom 16. März 2009 - 4 S 3235/07 -, juris (Rn. 21).
122Der Antragsteller hat vorliegend durch argumentative Erläuterungen im Rahmen der Antragsbegründung sowie durch Mitteilung der nötigen Berechnungsgrundlagen seinen Antrag hinreichend konkretisiert. Insbesondere lässt sich den Ausführungen in der Antragsschrift entnehmen, dass der Antragsteller mit Blick auf die Jahre 2013 und 2014 dieselben Besoldungserhöhungen begehrt, wie sie die Tarifangestellten und die niedrigeren Besoldungsgruppen bis A 10 erhalten haben. Die Ausführungen zur Entwicklung der Besoldung im Vergleich zu der Entwicklung der Gehälter bei den Tarifangestellten des öffentlichen Dienstes sowie in der Privatwirtschaft in den letzten Jahren dienen in diesem Zusammenhang lediglich dazu, einen Verstoß gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation zu begründen. Jedoch ist dem Begehren nach der Antragsschrift nicht zu entnehmen, dass eine Unteralimentation für vergangene Jahre geltend gemacht werden und insbesondere im Eilverfahren zu einer rückwirkenden Zahlung führen soll.
123Unter diesen Voraussetzungen ist es Aufgabe des Gerichts, die Zahlbeträge genau auszurechnen und so - nicht zuletzt im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit - im Falle einer Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers zu konkretisieren.
124Vgl. beispielhaft die von BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91, 5-10/96, 3-6/97 -, BVerfGE 99, 300 (316 ff.) = juris (Rn. 41 ff.), vorgenommenen Berechnungen; vgl. auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 12. März 2008 - 1 K 4057/05 -, juris (Rn. 15 ff., 32), und 11. Juni 2008 - 1 K 3047/07 -, juris (Rn. 15 ff., 47).
1253. Allerdings fehlt es dem hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung einer erhöhten (amts-) angemessenen Besoldung gerichteten einstweiligen Anordnung vorliegend an dem von § 123 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Anordnungsgrund.
126Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands - wie hier - liegt vor, wenn der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem erstrebten Inhalt zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Dem Antragsteller dürfte es unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und schutzwürdiger Interessen anderer Personen nicht zumutbar sein, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.
127Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 123 Rn. 26 m.w.N.; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 80, 84; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 81; Kuhla, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 123 Rn. 119.
128Der Anordnungsgrund bringt insoweit das bei der Hauptsacheentscheidung nicht zu berücksichtigende zeitliche Element der Eilbedürftigkeit bzw. Dringlichkeit zum Ausdruck, welches dem vorläufigen Rechtsschutz nach seinem Sinn und Zweck verfahrensimmanent ist.
129Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 64, 81 m. zahlr. Nachw., darunter etwa OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 1992 - 7 B 2686/92 -, juris (Rn. 20).
130Nach dem eigenen Vortrag ist dem Antragsteller das Abwarten der Hauptsache deshalb unzumutbar, weil er bis zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichts voraussichtlich für die Dauer eines Jahrzehnts seiner amtsangemessenen Besoldung und damit seiner gegenwärtigen Bedarfsbefriedigung verlustig ginge. Denn auch im Falle einer späteren Feststellung der Verfassungswidrigkeit werde es eine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer auch rückwirkenden Regelung in Anbetracht der immensen Belastungen des Haushalts sowie der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses mit großer Wahrscheinlichkeit nicht geben. Damit werde jedoch der bis dahin eingetretene Alimentationsverlust für die nachfolgenden Jahre und die späteren Versorgungsleistungen perpetuiert.
131a)
132Dem Antragsteller ist das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht - wie er meint - unzumutbar.
133Ob das Wartenmüssen auf die Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller unzumutbar ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden.
134Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1995 - 2 BvR 384/95 -, juris (Rn. 52 ff.). Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 83 f.; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 81 m.w.N.
135Zeitliche Nachteile alleine genügen insoweit nicht zur Begründung des Anordnungsgrundes, weil diese jedem – zumal durch mehrere Instanzen geführten – Hauptsacheverfahren immanent sind. Insoweit bedarf es vielmehr eines spezifischen Interesses an einer vorläufigen Regelung, das sich von dem allgemeinen Interesse an einem baldigen Verfahrensabschluss abhebt.
136Vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25. Juni 1993 - 2 M 53/92 -, LVK 1994, 65 (65) = juris (nur Kurztext); Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 81.
137Allerdings dürfen die Fachgerichte sich dem Bedürfnis nach wirksamem Rechtsschutz nicht dadurch entziehen, dass sie überspannte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes stellen. Dies gilt insbesondere dort, wo mit einem Ergebnis im Hauptsacheverfahren erst nach Jahren zu rechnen sein wird und die Rechtsbeeinträchtigung durch eine spätere Entscheidung überwiegend oder sogar vollständig nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
138Hierzu BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 -, BVerfGE 93, 1 (15) = juris (Rn. 32 a.E.); ferner Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 83 f.; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 85 f.; s.a. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1995 - 2 BvR 384/95 -, juris (Rn. 53 ff.).
139Zur Annahme wesentlicher Nachteile reichen auch mögliche finanzielle Schäden des Antragstellers regelmäßig nicht aus, es sei denn, der Antragsteller wird langfristig und nachhaltig in seiner wirtschaftlichen Betätigung beeinträchtigt. Diese Grenze wird erreicht, wenn die erlittenen Einbußen bei einer späteren Regelung nicht mehr ausgeglichen werden können, der Höhe nach erheblich erscheinen und zu einer erheblichen Gefährdung der finanziellen Verhältnisse des Betroffenen führen.
140Vgl. VG Gießen, Beschluss vom 13. Februar 2006 - 10 G 115/06 -, juris (Rn. 16); ähnlich die Konstellation bei OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2008 - 1 B 1745/07 -, juris (Rn. 6 ff.).S.a. Kuhla, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 123 Rn. 129.
141Dies entspricht auch dem Verständnis, welches die Verwaltungsgerichte in den 1990er-Jahren in Bezug auf Sozialhilfeleistungen vertraten: Danach war ein wesentlicher Nachteil und damit Eilbedürftigkeit anzunehmen, sobald der Anspruchsberechtigte in der Zukunft auf jede Mark angewiesen war, regelmäßig aber nicht, wenn er lediglich die Vergangenheit betreffende Sozialhilfeansprüche geltend machte.
142Vgl. nur BayVGH, Beschlüsse vom 26. November 1993 - 12 CE 93.3058 -, juris (Rn. 16), und vom 24. August 1994 - 12 CE 94.2401 -, juris (Rn. 28 f.). Zusammenfassend Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 86 m.w.N., u.a.
143Diesen Grundsatz haben die Sozialgerichte in ihrer Rechtsprechung übernommen,
144vgl. stellvertretend LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Februar 2008 - L 13 AS 237/07 ER -, juris (Rn. 36) m.w.N.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 22. April 2008 - L 2 B 111/08 AS-ER -, juris (Rn. 33 f.); Bayerisches LSG, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - L 8 SO 191/09 B ER -, juris (Ls. 1).
145Diesem Verständnis entspricht auch die Annahme eines Anordnungsgrundes nur für die künftige Befriedigung dringender Lebensbedürfnisse und demgegenüber die Beschränkung des zivilrechtlichen Unterhalts für die Vergangenheit. Danach ist eine rückwirkende Nachforderung von Unterhalt regelmäßig ausgeschlossen, weil insoweit davon ausgegangen werden müsse, dass eine eventuelle finanzielle Not jedenfalls überwunden ist. (sog. Grundsatz des „in praeteritum non vivitur“).
146Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 19. August 1997 - 4 UF 42/97 -, juris (Rn. 3); im Einzelnen heute niedergelegt in den gesetzlichen Regelungen u.a. der § 1613 und § 1585b BGB; hierzu stellvertretend OLG Hamm, Beschluss vom 10. Juli 2013 - II-13 UF 39/13 -, juris (Rn. 13 ff.).
147Die konkreten Anforderungen an die Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit dürfen in der Gesamtschau allerdings nicht überspannt werden. Zwar begehrt der Antragsteller hier die vorläufige Zahlung einer amtsangemessenen Besoldung, d.h. faktisch nicht nur die Regelung eines zwischenzeitlichen Zustands, sondern eine Leistung. Zudem wäre der Kammer eine Verpflichtung zur Zahlung grundsätzlich nicht unmöglich, da sie - wie bereits ausgeführt - im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entgegen Art. 100 Abs. 1 GG nicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet ist. Doch wäre mit der Verpflichtung zu einer vorläufigen Geldzahlung nach den vorstehenden Ausführungen lediglich eine tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache verbunden, die sich mittels Erstattung rückgängig machen ließe. Angesichts der nur unwesentlichen Risiken besteht insoweit kein Bedarf nach strengeren Anforderungen an den Anordnungsgrund.
148b)
149Ein das Vorliegen eines Anordnungsgrundes tragender wesentlicher Nachteil kann nicht auf das Entstehen einer finanziellen Notlage gestützt werden.
150Zwar wird das Vorliegen eines wesentlichen Nachteils im Rahmen von Besoldungsrechtsstreitigkeiten insbesondere angenommen, wenn aufgrund der derzeitigen Alimentation eine finanzielle Notlage des Antragstellers durch Annäherung an das Existenzminimum bestünde, die ein Einschreiten des Gesetzgebers dringend erforderlich machen würde.
151Zur Maßgeblichkeit des dem Existenzminimum entsprechenden Teils des Beamtengehalts für die Feststellung wirtschaftlicher Not abstrakt auch Kopp/Schenke, 19. Auflage 2013, § 123 VwGO Rn. 14.
152Die Kammer vermag eine solche, die Annahme eines Anordnungsgrundes rechtfertigende finanzielle Notlage des Antragstellers allerdings nicht festzustellen.
153In Ermangelung einer Vergleichsgrundlage orientiert sich die Kammer insoweit bei der Beurteilung der Frage, ab welcher Grenze eine finanzielle Notlage anzunehmen sein dürfte, an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern. Danach lässt ein um 15 % über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem einem Beamten und seiner Familie geschuldeten Unterhalt - gemessen jedenfalls am damaligen Entscheidungszeitpunkt - hinreichend deutlich werden. Auf Grundlage dessen ermittelte das Bundesverfassungsgericht den alimentationsrechtlichen Gesamtbedarf des dritten - bzw. jedes weiteren - Kindes auf der um 15 % erhöhten Grundlage des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes.
154Hierzu im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91, 5-10/96, 3-6/97 -, BVerfGE 99, 300 (321 f.) = juris (Rn. 57 ff.). Vgl. auch die Übernahme dieser Rspr. in VG Gelsenkirchen, Urteile vom 12. März 2008 - 1 K 4057/05 -, juris (Rn. 34 ff.), und 11. Juni 2008 - 1 K 3047/07 -, juris (Rn. 35, 49 ff.).
155Die Sozialhilfe bietet hierbei einen vom Bundesgesetzgeber vorgegebenen, greifbaren Maßstab für die Bezifferung des Existenzminimums und damit eine taugliche Grundlage für weitere Berechnungen mit dem Ziel festzustellen, ob sich der Antragsteller ohne Erhöhung der Besoldung in einer finanziellen Notlage befindet. Denn die Sozialhilfe dient der Sicherung einer menschenwürdigen Existenz für eine Bevölkerungsgruppe, die sich diese aus eigener Kraft, namentlich wegen fehlender eigener Mittel aus Erwerbstätigkeit, nicht selbst verschaffen kann. Ihre Aufgabe ist es gemäß § 1 S. 1 SGB XII, dem Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.
156Letztgenannter Zweck der Sozialhilfe wird auch erkennbar an der Bemessung am Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums: BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 153/11 R - und LSG NRW, Vorlagebeschluss vom 26. Juli 2010 - L 20 AY 13/09 -, beide juris. S.a. Battis, Rechtsgutachten „Amtsangemessene Besoldung“, 2013, S. 17.
157Die Anlegung eines solchen Maßstabs entspricht der obergerichtlichen Feststellung, dass sozialhilferechtliche Erwägungen ausschließlich als evidenter (äußerster) Kontrollmaßstab taugen, wenn die gewährte Besoldung nicht einmal das Existenzminimum sichert.
158So OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2009 - 1 A 1525/08 -, juris (Rn. 441 ff.).
159Mit der Anknüpfung an die Sozialhilfe als Maßstab des Anordnungsgrundes ist hingegen nicht der Maßstab für die Bemessung einer amtsangemessenen Alimentation - wie sie im Rahmen des Anordnungsanspruchs zu prüfen wäre - gleichzusetzen. Denn die hier zu beurteilende Frage nach dem finanziellen Notbedarf ist von der an Art. 33 Abs. 5 GG zu messenden Frage der amtsangemessenen Alimentation klar zu trennen. Letztgenannte Prüfung unterliegt anderen Faktoren und knüpft insoweit an vom Existenzminimum verschiedene Maßstäbe an. Diesbezüglich schließt sich die Kammer den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts an, dass die vom Dienstherrn geschuldete Alimentierung sich keinesfalls ihrem Umfang nach anhand des allgemeinen Sozialstaatsprinzips messen lasse. Danach ist die Alimentation des Beamten und seiner Familie etwas anderes und Eindeutigeres als staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen Standards für alle und findet ihren Rechtsgrund nicht im Sozialstaatsprinzip, sondern in Art. 33 Abs. 5 GG.
160Vgl. BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 -, BVerfGE 114, 258 (291) = juris (Rn. 122); BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 -, BVerfGE 117, 372 (388) = juris (Rn. 57); s.a. OVG NRW, Urteil vom 10. September 2007 - 1 A 4955/05 ‑, juris (Rn. 65); OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2009 - 1 A 1525/08 -, juris (Rn. 441 ff.)
161Zur Beantwortung der hier interessierenden Frage, ob der Antragsteller sich in Anbetracht seiner derzeitigen Besoldung bereits in einer finanziellen Notlage befindet, ist der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf hingegen als Ausgangsgröße geeignet.
162Dass, wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, die Alimentation des Beamten demgegenüber etwas qualitativ anderes ist, muss bei der Bemessung des Beamtengehalts sichtbar werden. In Anlehnung an die dortigen Ausführungen lässt jedenfalls ein um 15 % über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und der finanziell nicht mehr dem absoluten Minimum entsprechenden Besoldung hinreichend deutlich werden. Die Überlegungen zum alimentationsrechtlichen Bedarf eines - dritten und weiteren - Kindes werden insoweit auf den im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang des Anordnungsgrundes maßgeblichen alimentationsrechtlichen Minimalbedarf der gesamten Beamtenfamilie übertragen und an dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf einer entsprechenden Familie bemessen. Eine Bestimmung der Amtsangemessenheit der dem Beamten gewährten Alimentation ist hiermit - wie erläutert - nicht verbunden.
163Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (382 f.) = juris (Rn. 62), und vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91, 5-10/96, 3-6/97 -, BVerfGE 99, 300 (321 f.) = juris (Rn. 57 ff.); dem folgend OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2009 - 1 A 1525/08 -, juris (Rn. 441 ff.); erläuternd zudem Möllenbrink, ZfPR 1999, 38 ff.
164Für die Entscheidung ist demgegenüber ohne Relevanz, dass Sozialhilfeempfängern in vergleichbaren Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von den Verwaltungsgerichten früher regelmäßig nur 80 % des Regelsatzes zuerkannt wurden. Die Ablehnung des Anordnungsgrundes für die Gewährung der vollen regelsatzmäßigen Leistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt bei Erwachsenen wurde seitens der Gerichte ehemals damit begründet, dass schlechthin unzumutbare Folgen durch das Warten auf eine Hauptsacheentscheidung nicht zu erwarten seien.
165Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2002 - 12 B 443/02 -, juris (Rn. 18); s.a. VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 31. Juli 2003 - 3 L 1729/03 -, juris (Rn. 17 ff.) und vom 18. November 2004 - 3 L 2318/04 -, juris (Rn. 12 ff.).
166Nach anfänglicher Übernahme der vorgenannten Rechtsprechung entwickelte sich die Praxis der Sozialgerichte jedoch hin zu einer vollständigen Gewährung der regelsatzmäßigen Leistungen und insoweit Ablehnung ihrer Begrenzung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren,
167vgl. zunächst noch LSG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2006 - L 1 B 13/05 AS ER -, juris (Rn. 13) unter Bezugnahme auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung; später sodann LSG NRW, Beschlüsse vom 8. Juli 2009 - 7 B 188/09 AS ER -, juris (Ls. 2), und vom 8. Mai 2012 - L 7 AS 541/11 B -, juris (Ls. 2).
168c)
169Nach diesem Maßstab liegen die Einkünfte des Antragstellers - noch - über der maßgeblichen Grenze.
170Die Besoldungsleistungen heben sich im Rahmen einer vergleichenden Gegenüberstellung und bei Zugrundelegung des 115 %-Maßstabs noch hinreichend von dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf ab. Dazu sind das Nettoeinkommen des Beamten und der sozialhilferechtliche Gesamtbedarf, jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr, pauschalierend und typisierend zu ermitteln sowie miteinander zu vergleichen.
171BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 - 2 C 34.02 -, BVerwGE 121, 91 (99 f.) = juris (Rn. 31 f.), unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (380 f.) = juris (Rn. 48 ff.), und vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 -, BVerfGE 99, 300 (321) = juris (Rn. 37 ff., 56); im Anschluss hieran OVG NRW, Urteile vom 6. Oktober 2006 - 1 A 1927/05 -, juris (Rn. 51 ff.), und vom 15. Januar 2007 - 1 A 3433/05 -, juris (Rn. 66 ff.); s.a. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Juni 2008 - 1 K 3047/07 ‑, juris (Rn. 78).
172Der Ermittlung der jeweiligen jährlichen Nettobezüge wird im Sinne einer abstrakten, vom einzelnen Antragsteller losgelösten Betrachtung der Einkommensverhältnisse das Musterbeispiel eines verheirateten Beamten in der Besoldungsgruppe A 11, dort Erfahrungsstufe 3, mit zwei Kindern zugrunde gelegt. Insoweit hat die Kammer als maßgeblich vor allem die Besoldungsgruppe, das jeweilige Alter des Beamten und die familiäre Situation, insbesondere die Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder, erachtet.
173Auch das Bundesverfassungsgericht hat seinen Entscheidungen zur Besoldung der Beamten - gewissermaßen in Gestalt eines Leitbildes - eine vierköpfige Beamtenfamilie zu Grunde gelegt,
174vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91 -, BVerfGE 99, 300 (317, 320) = juris (Rn. 41, 51) und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - , BVerfGE 81, 363 (377) = juris (Rn. 51).
175Die von der beruflichen und familiären Situation des Antragstellers differierende Berechnungsgrundlage verfolgt hierbei den Zweck, diejenige Konstellation mit der denkbar niedrigsten Alimentation in den Besoldungsgruppen, denen eine vollständige Besoldungsanpassung in den Jahren 2013 und 2014 verwehrt wurde (d.h. A 11 bis A 16), herauszugreifen und ins Verhältnis zu den durchschnittlichen Sozialleistungen einer entsprechenden Familie zu setzen. Genügt bereits diese fiktive Konstellation mit der relativ geringsten Besoldung und den am Leitbild des Bundesverfassungsgerichts ausgerichteten Familienverhältnissen dem 15 %-igen Abstandsgebot zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf, kann im Erst-Recht-Schluss davon ausgegangen werden, dass auch die Besoldungsgruppen ab A 11 aufwärts den genannten Anforderungen genügen, soweit nicht gerade die Familienverhältnisse erheblich abweichen. Denn vor dem Hintergrund des ab Besoldungsgruppe A 11 und mit zunehmendem Dienstalter ansteigenden Grundgehalts genügt diesbezüglich die abstrakte Feststellung, dass jedenfalls auch die in der Besoldungsgruppe A 11 gewährten Leistungen - zumal mit der in 2013 und 2014 jeweils gewährten 1%-igen Erhöhung - das in Höhe der Sozialhilfe anzusiedelnde Existenzminimum um mindestens 15 % übersteigen.
176Auf die tatsächliche Besoldungsgruppe des Antragstellers kommt es unter diesen Umständen nicht an, sofern nicht relevante Abweichungen vom familiären Leitbild oder sonstige besondere Umstände mit nachteiligen Folgen für das vorhandene Nettoeinkommen vorgetragen oder sonst ersichtlich sind. Neben der speziellen Berücksichtigung etwa eines dritten unterhaltsberechtigten Kindes - oder weiterer Kinder - im Falle einer mit A 11, Erfahrungsstufe 3, vergleichbaren Besoldungshöhe müssten gegebenenfalls - abweichend vom generellen Maßstab - beispielsweise erhebliche Krankheiten oder eine Schwerbehinderung in der Berechnung Berücksichtigung finden. Solche Umstände, die ein weiteres Absinken der Nettobezüge oder ein Ansteigen des Mindestbedarfs gegenüber dem hier zu Grunde gelegten Vergleichsmaßstab zur Folge hätten, sind beim Antragsteller jedoch nicht ersichtlich.
177Aus dem gleichen Grund findet auch der Umstand keine gesonderte Berücksichtigung, dass der Antragsteller Polizeibeamter ist. Denn es wirkt sich lediglich zu seinen Gunsten aus und entfernt ihn somit von dem Musterbeispiel des denkbar gering besoldeten Beamten in Besoldungsgruppe A 11, dass ihm einerseits gemäß Nr. 9 Vorbemerkung ÜBesO A/B (Anlage I zu ÜBesG NRW) eine besondere Polizei‑/Fahndungszulage als weiterer Einkommensbestandteil und andererseits gemäß § 113 Abs. 2 LBG NRW ein Anspruch auf freie Heilfürsorge zusteht, d.h. die Beiträge zur Krankenversicherung entsprechend zu mindern wären.
178Dies vorausgesetzt hat die Kammer zunächst die Jahresbruttobezüge der vierköpfigen Familie berechnet und dabei - dem ursprünglichen Leitbild folgend sowie in Relation zur Sozialhilfe - unterstellt, dass der Beamte Alleinverdiener ist. Für die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens des Beamten und seiner Familie in den Jahren 2013 und 2014 wird jeweils von dem Bruttogrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 in der Erfahrungsstufe 3 (§ 27 ÜBesG NRW i.V.m. Anlage I, Besoldungstabelle A) ausgegangen und diesem der volle Familienzuschlag der Stufe 2 zuzüglich einer weiteren Erhöhung für das zweite Kind (Differenz zwischen Stufe 1 und 2, vgl. §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 2 ÜBesG NRW i.V.m. Anlage V in der jeweils gültigen Fassung) hinzugerechnet. Hingegen findet eine Addition der allgemeinen Stellenzulage nicht statt, da entsprechend der bisherigen Ausführungen ein Beamter mit denkbar geringer Besoldung in Besoldungsgruppe A 11 der Berechnung zugrunde gelegt wird, die Zulage ausweislich ihrer Rechtsgrundlage in Nr. 27 Abs. 1 b) Vorbemerkung ÜBesO A/B (Anlage I zu ÜBesG NRW) jedoch nicht allen Beamten dieser Besoldungsgruppe zusteht. Für die Berechnung der Jahresbruttobezüge ist schließlich die jährliche Sonderzuwendung in Höhe von 30 % der für den Monat Dezember maßgebenden Bezüge (§§ 2, 6 Abs. 1 Sonderzahlungsgesetz NRW) mitsamt der Sonderbeträge für zwei Kinder in Höhe von jeweils 25,56 € (§ 8 Abs. 1 Sonderzahlungsgesetz NRW) hinzuzurechnen.
179Die Jahresnettobezüge ergeben sich nach Abzug der Lohn- bzw. Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer. Die Lohn- bzw. Einkommensteuer, hier Steuerklasse III, ist durch Anwendung der Formeln des § 32a Abs. 1 S. 2 EStG auf das zu versteuernde Einkommen zu berechnen, welches sich aus dem Jahresbruttoeinkommen unter Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrags gem. § 9a S. 1 Nr. 1a EStG (1000,- €), des Sonderausgabenpauschbetrags gem. § 10c EStG (36,- € pro Ehegatte) und der tatsächlichen Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 3, 4 EStG ergibt. Zur Berechnung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer bedurfte es zusätzlich noch des Ansatzes der Kinderfreibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG, weil sie sich nur dort auswirken. Denn bei der Lohn- bzw. Einkommensteuer werden die Kinderfreibeträge nicht berücksichtigt, weil sich das Kindergeld bei der hier maßgeblichen Höhe des zu versteuernden Einkommens als günstiger darstellt und eine kumulative Berücksichtigung beider Vorteile unzulässig ist. Ausgehend von dem hierfür gesondert ermittelten, zu versteuernden Einkommen sowie der darauf entfallenden Einkommensteuer konnten schließlich noch der Solidaritätszuschlag - unter Berücksichtigung der Freigrenze gemäß § 3 Abs. 5 SolzG - und die mit 9 % anzusetzende Kirchensteuer berechnet werden.
180Weiterhin hat die Kammer noch die gesundheitliche Absicherung der Familie angemessen in die Berechnung einbezogen, indem sie einen nach der Versicherungspraxis durchschnittlich bemessenen Pauschalbetrag in Höhe von monatlich 400,- Euro für die private Krankenversicherung einschließlich Pflegeversicherung der gesamten Familie in Abzug gebracht hat. Daneben wurde die Kostendämpfungspauschale, um welche die Beihilfe je Kalenderjahr gekürzt wird, abzüglich der Minderung für die beiden berücksichtigungsfähigen Kinder - ausgehend von Besoldungsgruppe A 11 jährlich 150,- € minus 2x 60,- € - verrechnet (vgl. § 12a Abs. 1, 5 Beihilfeverordnung NRW). Hinzuzurechnen war abschließend das Kindergeld in Höhe von monatlich 184 Euro für jedes der beiden Kinder (vgl. § 6 Bundeskindergeldgesetz), weil es der Lohn- bzw. Einkommensteuer nicht unterworfen ist. Individuelle Gehaltsbestandteile, wie etwa nicht ruhegehaltsfähige Zulagen, sind ebenso wie individuelle Umstände, die zu einer Verringerung des Brutto- oder Nettoeinkommens führen, außer Betracht gelassen worden.
181In der Berechnung stellt sich dies wie folgt dar:
182 183Ob angesichts der daraus resultierenden Jahresnettobezüge eine aktuelle Notlage des fiktiven Beamten angenommen werden kann, lässt sich nur im Wege einer Gesamtschau anhand eines Vergleichs mit den Sozialhilfeleistungen bei gleichen, insbesondere familiär identischen, Voraussetzungen ermitteln.
184Seit dem 1. Januar 2005 stehen mit den Bestimmungen des SGB XII Regelungen zur Verfügung, welche die Bemessung des äußersten Mindestbedarfs ermöglichen und somit auch zur Ermittlung des von dem Bundesverfassungsgericht definierten „sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs“ herangezogen werden können.
185So bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Juni 2008 - 1 K 3047/0 ‑, juris (Rn. 57).
186Zur Berechnung des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs einer entsprechenden Familie im Kalenderjahr hat die Kammer die monatlichen Regelbedarfe der Eltern und der beiden Kinder zusammengerechnet. Denn gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB XII wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach Regelsätzen erbracht, die unter Berücksichtigung der §§ 27a Abs. 3 und 4 SGB XII festgesetzt und in den kommenden Jahren fortgeschrieben werden, vgl. §§ 28, 28a SGB XII. Um hierbei - und damit umgekehrt gegenüber der Herangehensweise bei der Berechnung der Beamtenbesoldung - die für den Sozialhilfeempfänger denkbar höchsten Bezüge als Vergleichsmaßstab heranzuziehen, wird von zwei 15- bis 18-jährigen Kindern in der Familie ausgegangen, da insoweit die höchsten Regelsätze gewährt werden. Dies zugrunde gelegt ergibt sich aus der aktuellen Anlage zu § 28 SGB XII für die Eltern/Ehegatten eine monatliche Regelbedarfsleistung in Höhe von 345,- € (Regelbedarfsstufe 2), für die beiden Kinder jeweils in Höhe von 289,- € (Stufe 4). Durch Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2014 sind die Leistungen zum 1. Januar 2014 auf 353,- € (Stufe 2) sowie 296,- € (Stufe 4) erhöht worden. Das Kindergeld war hingegen nicht gesondert zu addieren, da dieses bei der Berechnung der verfügbaren Einkommens angerechnet wird (vgl. § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII). Auch eventueller Mehrbedarf (§ 30 SGB XII) oder einmaliger Bedarf (§ 31 SGB XII) bleibt bei den Berechnungen außer Ansatz. Soweit das Bundesverfassungsgericht darüber hinaus zur Abgeltung einmaliger Leistungen zum Lebensunterhalt den Regelsätzen noch einen pauschalierten Zuschlag von 20 % der Regelbedarfsleistungen hinzugerechnet hat,
187vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 - 2 BvL 26/91, 5-10/96, 3-6/97 -, BVerfGE 99, 300 (322) = juris (Rn. 58) m.w.N.,
188war dies lediglich auf die damals geltende Rechtslage (vgl. § 21 Abs. 1 a BSHG a.F.) zurückzuführen und lässt sich auf die vorliegenden Berechnungen für die Jahre 2013 und 2014 nicht übertragen. Denn die einmaligen Leistungen zum Lebensunterhalt sind zwischenzeitlich fast vollständig in die - deutlich angehobenen - Regelsätze eingearbeitet worden.
189Vgl. bereits VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Juni 2008 - 1 K 3047/0 ‑, juris (Rn. 57 f.).
190Zusätzlich zu den Regelsätzen werden im Rahmen der Sozialhilfe außerdem Leistungen für Unterkunft (§ 35 Abs. 1 - 3 SGB XII) und Heizung (§ 35 Abs. 4 SGB XII) in ihrer tatsächlichen Höhe erbracht. Für die hier - unabhängig von einem konkreten Sachverhalt - vorzunehmenden Berechnungen ist jedoch in Ermangelung tatsächlicher Miet- und Heizkosten ein Rückgriff auf pauschalierte Werte unumgänglich. Um die Einheitlichkeit dieser Pauschalkosten mit der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu gewährleisten und zugleich - wie bereits bei den Regelsätzen - die denkbar höchsten Sozialhilfeleistungen den Berechnungen zugrunde zu legen, hat die Kammer sich jeweils an den in der Praxis üblichen Angemessenheitsgrenzen nach oben orientiert.
191Im Hinblick auf die Mietkosten lässt sich die Angemessenheit mit den Sozialgerichten,
192vgl. BSG, Urteile vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R ‑, juris (Rn. 36) m.w.N., und vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R -, juris (Orientierungssatz 3) m.w.N.; LSG NRW, Urteil vom 20. Juni 2012 - L 12 AS 1880/11 -, juris (Orientierungssatz 1) m.w.N.; in derselben Weise bereits OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28. August 1996 - 5 O 28/96 -, juris (Ls. 1),
193an der aktuell gültigen Wohngeldtabelle (§ 12 WoGG) und dort den maximalen Tabellenwerten bei vier Haushaltsangehörigen (Stufe VI) ablesen, vorausgesetzt, dass lokale Erkenntnismöglichkeiten in Gestalt von Mietspiegeln o.ä. nicht weiterführen. Bei den hier vorgenommenen abstrakten Berechnungen liegen solche konkreten Hinweise zum Mietniveau jedoch gerade nicht vor.
194Hinsichtlich der Heizkosten liegt den nachstehenden Berechnungen der aktuelle - in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Mieterbund erstellte und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderte - „Bundesweite Heizspiegel 2013“ zugrunde, der für das Referenzjahr 2012 Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der Größe der Wohnanlage und des Verbrauchs bereithält (abrufbar unter http://www.heizspiegel.de/heizspiegel/bundesweiter-heizspiegel/). Aus diesem Richtwert für die Heizkosten pro Quadratmeter und der angemessenen Wohnfläche, hier in Ermangelung eines konkret bezifferten Sachverhalts 90 m² für vier Haushaltsangehörige,
195vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 73/08 R -, juris (Rn. 22); LSG NRW, Beschluss vom 28. Februar 2006 - L 9 B 99/05 AS ER -, juris (Orientierungssatz 3).
196ist entsprechend der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ein Produkt zu bilden,
197vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 41/08 R -, juris (Rn. 29 f.) m.w.N.; LSG NRW, Urteil vom 14. Mai 2012 - L 19 AS 2007/11 -, juris (Rn. 41 ff.) m.w.N.
198Um für die Heizungskosten wiederum die Angemessenheitsgrenze nach oben zu bestimmen, war von den im Heizspiegel genannten Werten die kostenintensivste der drei Möglichkeiten (Heizöl) auszuwählen und deren Kosten beim höchstmöglichen Verbrauch (vgl. rechte Spalte der Tabelle) zugrunde zu legen, d.h. Heizkosten in Höhe von 21,90 Euro/m². Dass dem Heizspiegel 2013 lediglich die Werte des Vorjahres zugrunde liegen und damit eventuelle Schwankungen des Energiepreises in den Jahren 2013 und 2014 keine Berücksichtigung finden, muss aus Gründen der Praktikabilität - in Ermangelung anderer Daten - hingenommen werden.
199So bereits LSG NRW, Urteil vom 14. Mai 2012 - L 19 AS 2007/11 -, juris (Rn. 43).
200Auf Grundlage dieser Rechenwerte ergeben sich für die Sozialhilfe folgende Beträge:
201 202Anhand eines Vergleichs der jeweiligen Jahresnettobeträge lässt sich nunmehr die absolute Differenz sowie das prozentuale Verhältnis der Besoldung gegenüber den Sozialhilfeleistungen berechnen:
203 204Hieraus ergibt sich, dass die Besoldung eines Beamten in der als Vergleichsmaßstab zu Grunde gelegten Besoldungsgruppe A 11, Erfahrungsstufe 3, in den Jahren 2013 und 2014 die Sozialhilfeleistungen um (gerundet) jeweils 32 % überstiegen hat. Die berechneten Werte liegen damit noch erkennbar über dem hier zu Grunde gelegten Mindestabstand von 15 % zu dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf einer entsprechenden Familie.
205In Ermangelung einer finanziellen Notlage des als Vergleichsgrundlage herangezogenen fiktiven Beamten der Besoldungsgruppe A 11, Erfahrungsstufe 3, mit Ehepartner und zwei Kindern befindet sich aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses auch der Antragsteller als Beamter der Besoldungsstufe A 11 in der aktuellen Erfahrungsstufe 11 mit Ehefrau und einem unterhaltsberechtigten Kind nicht in einer finanziellen Notlage, welche die Dringlichkeit einer dem Hauptsacheverfahren vorgeschalteten einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnte.
206d)
207Über die genannten Erwägungen zu einer finanziellen Notlage hinaus ergibt sich ein Anordnungsgrund vorliegend auch nicht aus sonstigen zeitlichen und finanziellen Erwägungen zur Frage der Eilbedürftigkeit:
208Er folgt nicht aus der voraussichtlichen Verfahrensdauer.
209Mit Blick auf die Dauer bis zum rechtskräftigen Erfolg in einem Hauptsacheverfahren sind in zeitlicher Hinsicht insbesondere die voraussichtliche restliche Dienstzeit sowie die restliche Lebenszeit des Antragstellers von Relevanz. Dabei geht der Antragsteller zu Recht davon aus, dass für den weiteren Rechtsstreit durch den vollen Instanzenzug der Fachgerichtsbarkeit sowie dem sich daran anschließenden Verfahren beim Bundesverfassungsgericht ein Zeitraum von etwa zehn Jahren anzusetzen sein dürfte, während dessen er - gegebenenfalls - unteralimentiert bliebe. Speziell bei Beamten mit fortgeschrittenem Dienst- und Lebensalter führt dies zwangsläufig zu der Überlegung, inwieweit sie noch während ihrer aktiven Dienstzeit oder zumindest während des Ruhegehaltsbezuges von einer vergangenen Erhöhung ihrer Bezüge profitieren könnten. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich eine eventuelle Unteralimentation in der Versorgung nach der Zurruhesetzung fortsetzt.
210Doch können - unabhängig von ihrer genauen Bezifferung - Lebensalter und Dienstzeit des Antragstellers vorliegend im Ergebnis einen Anordnungsgrund nicht begründen, weil bei einer Betrachtung des voraussichtlichen Geschehensverlaufs eine richtungweisende Entscheidung zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit der besoldungsrechtlichen Regelungen bereits innerhalb der kommenden zwei Jahre zu erwarten ist.
211Insoweit ist - unabhängig von der Frage der Wahrscheinlichkeit, ob das Bundesverfassungsgericht im Falle einer positiven Entscheidung auch eine rückwirkende Regelung treffen würde - jedenfalls der voraussichtliche Entscheidungszeitpunkt des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen in dem dort bereits anhängigen Normenkontrollverfahren (VerfGH 21/13) in die Gesamtschau einzubeziehen. Weil letzteres bereits im September 2013 durch 91 Abgeordnete des nordrhein-westfälischen Landtags angestrengt wurde, ist bereits deutlich früher als vor Ablauf eines Jahrzehnts mit einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2013/2014 zu rechnen. Denn bei üblichem Fortgang des Verfahrens und unter Zugrundelegung der üblichen Verfahrensdauer dürfte eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs voraussichtlich etwa innerhalb eines Zweijahreszeitraums zu erwarten sein. Der vom Verfassungsgerichtshof anzulegende Prüfungsmaßstab ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Landesverfassung NRW i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG und deckt sich insoweit im Wesentlichen mit demjenigen des Bundesverfassungsgerichts. Denn zu den über Art. 4 Abs. 1 Landesverfassung NRW rezipierten Grundrechten und staatsbürgerlichen Rechten zählen auch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG.
212Vgl. Kamp, in: Heusch/Schönenbroicher, Landesverfassung NRW, 2010, Art. 4 Rn. 31; Menzel, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes NRW, 2002, Art. 4 Rn. 17; hierzu ebenfalls Antragsschrift von Prof. Dr. Schwarz vom 16. September 2013 zum Verfassungsgerichtshof NRW, S. 14 (https://www.drb-nrw.de/wissenswertes/106-besoldung/622-normenkontrollantrag-2013).
213Angesichts dieses Zeitraums von etwa zwei Jahren bis zu einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung bestehen im Hinblick auf das Dienst- und Lebensalter des Antragstellers keine durchgreifenden Bedenken in zeitlicher Hinsicht. Auf die Frage, ob eine Auszahlung gegebenenfalls auch an die Erben des Antragstellers erfolgen müsste, kommt es insoweit nicht an.
214Ein Anordnungsgrund folgt ferner nicht aus den steuerlichen Auswirkungen einer verspäteten Hauptsacheentscheidung.
215Zwar dürfen in finanzieller Hinsicht - sollte eine einstweilige Anordnung nicht erlassen werden - die bei einem Erfolg in der Hauptsache den Antragsteller belastenden steuerrechtlichen Folgen einer späteren Nachzahlung nicht unberücksichtigt bleiben. Aufgrund der steuerlichen Progression wäre der Antragsteller in dem Kalenderjahr, in dem er eine rückwirkende Einmalzahlung erhielte, erheblichen zusätzlichen Steuerbelastungen ausgesetzt. Auch diese Belastungen bestärkten tendentiell, zumal vor dem - bereits dargelegten - Hintergrund einer nur beschränkten zeitlichen Dringlichkeit, eine Ablehnung des Anordnungsgrundes. Denn es besteht beim Erlass einer einstweiligen Regelung aufgrund nur summarischer Prüfung stets die Gefahr, dass diese im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens und gegebenenfalls nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf Vorlage des Gerichts hin abgeändert werden müsste.
216Ob und inwieweit solche Nachteile durch einen Schadensersatzanspruch aufgefangen werden könnten, kann vor dem Hintergrund des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen und der dort zu erwartenden Entscheidung offen bleiben. In dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum von etwa zwei Jahren vermögen etwaige Nachteile wegen steuerrechtlicher Mehrbelastungen jedenfalls noch kein relevantes Gewicht zu erreichen.
217e)
218Schließlich liegt auch keine Sachlage vor, die eine Absenkung der regelmäßig bei § 123 Abs. 1 VwGO zur Anwendung gebrachten Maßstäbe verlangen könnte. Derart geminderte Anforderungen an den Anordnungsgrund werden insbesondere für den Fall bejaht, dass eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich zulässig und begründet ist (bzw. wäre), hier also im möglichen Falle der offensichtlichen Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Normen.
219Vgl. die Ausführungen bei BVerfG, Beschlüsse vom 3. Dezember 2002 - 2 BvE 3/02 -, BVerfGE 106, 253 (261) = juris (Rn. 34), und vom 23. Juni 2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147 (153) = juris (Rn. 13 a.E.), jeweils m.w.N., zu dem einer einstweiligen Anordnung vergleichbaren § 32 BVerfGG; unter Hinweis darauf etwa BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 8. November 2013 - 1 BvQ 52/13 -, juris. Ferner Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 123 Rn. 26 m.w.N. Zum „funktionalen Zusammenhang“ zwischen Anordnungsanspruch und ‑grund ebenfalls Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 81, 83.
220Insoweit wird sogar vertreten, dass im Falle eines Anordnungsanspruchs mit besonders hohem Evidenzgrad der Anordnungsgrund gleichsam automatisch zu bejahen sein solle.
221In diese Richtung offenbar: OVG Berlin, Beschluss vom 5. April 1995 - 8 S 577.94, 8 M 26.94 -, juris (Rn. 12). Kritisch zu einer solch weit gehenden Vorbestimmung des Anordnungsgrundes durch den Anordnungsanspruch: Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 83.
222Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann hier jedoch nicht festgestellt werden.
223Soweit vorliegend ein formaler Verfassungsverstoß wegen der Verletzung der prozeduralen Beobachtungs- und Begründungspflichten des Gesetzgebers seitens des Antragstellers geltend gemacht und auch von Seiten der Sachverständigen im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wird,
224vgl. nur Rechtsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Battis (Stellungnahme 16/809 vom 31. Mai 2013, S. 1 f.) sowie die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte öffentliche Anhörung aller Sachverständigen am 18. Juni 2013 (Ausschussprotokoll 16/276, dort z.B. S. 9, 27 f., 30 f.),
225handelt es sich zwar möglicherweise um einen derart offensichtlichen Verstoß. Doch genügen rein formale Verstöße für die Absenkung der Anforderungen an den Anordnungsgrund nicht, weil sie nicht den Inhalt der Regelung, sondern lediglich ihr Zustandekommen betreffen und somit nicht hinreichendes Gewicht im Hinblick auf die Erhöhung der Besoldung besitzen.
226Ob demgegenüber wegen nicht mehr amtsangemessener Alimentation auch ein materieller Verfassungsverstoߠ anzunehmen sein dürfte, ist nicht in gleicher Weise offensichtlich. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
227vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2012 - 2 BvL 17/08 -, juris (Rn. 19 ff.),
228erfordert der Nachweis einer verfassungswidrigen Besoldungslage eine ausführliche und eingehende Auseinandersetzung mit ihrer Entwicklung in den letzten Jahrzehnten am Maßstab diverser Vergleichsgruppen (allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung, Entwicklung der Gehälter der Tarifangestellten des öffentlichen Dienstes sowie von vergleichbaren Beschäftigten in der Privatwirtschaft) und lässt sich nicht allein durch eine Begutachtung der aktuellen Besoldung feststellen.
229Vgl. die umfangreichen Ausführungen in den folgenden Vorlagebeschlüssen: OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2009 - 1 A 1525/08 -, juris (Rn. 202 ff.); VG Halle, Beschluss vom 28. September 2011 - 5 A 206/09 HAL -, juris (Rn. 18 ff., insbes. 68 ff.); VG Koblenz, Beschluss vom 12. September 2013 - 6 K 445/13.KO -, n.v.
230Nicht nur die unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Ländern, sondern gerade das Erfordernis einer langfristigen - und von den gewählten Referenzwerten abhängigen - Untersuchung der Besoldungsentwicklung haben zu einer Reihe unterschiedlicher Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den vergangenen Jahren geführt. Während mehrere Gerichte von einem Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Art. 33 Abs. 5 GG in Gestalt des Alimentationsprinzips überzeugt sind und die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt haben,
231vgl. u.a. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2009 - 1 A 1525/08 ‑, juris, VG Halle, Beschluss vom 28. September 2011 - 5 A 206/09 HAL -, juris, oder jüngst VG Koblenz, Beschluss vom 12. September 2013 - 6 K 445/13.KO -, n.v.,
232haben andere Gerichte die Alimentation für verfassungsgemäß erachtet,
233vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. August 2007 - 2 A 10516/07 -, juris; VG Berlin, Urteile vom 6. November 2012 - 28 K 5.12 - und vom 9. November 2012 - 26 K 30.11 ‑, beide juris.
234Vor diesem Hintergrund gelangt die Kammer zu der Überzeugung, dass die Prüfung, ob die Netto-Besoldung des Antragstellers das verfassungsrechtliche Minimum unterschreitet, einer eingehenden Untersuchung anhand statistischer Zahlen für die letzten Jahre und gegebenenfalls Jahrzehnte bedarf, wie sie auch die jeweiligen Gerichte in den benannten Vorlagebeschlüssen vorgenommen haben.
2354. Die Richtigkeit der vorstehenden Überlegungen zum Fehlen eines Anordnungsgrundes wird dadurch bestätigt, dass sich auch im Rahmen einer reinen Folgenabwägung kein anderes Ergebnis ergeben würde.
236Mit Blick auf die im Wesentlichen die Interessen der Beteiligten an der zeitlichen Dauer bis zu einer Entscheidung wiederspiegelnden Fragestellungen im Rahmen des Anordnungsgrundes wäre insoweit eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der begehrten Regelung und dem Interesse des Antragsgegners an der Beibehaltung des bestehenden Zustands vorzunehmen. Hierbei ist nacheinander im Wege einer Folgenbetrachtung zu prüfen, welche nachteiligen Folgen für den jeweiligen Beteiligten (Antragsteller bzw. Antragsgegner) zu befürchten sind, wenn eine einstweilige Anordnung abgelehnt bzw. erlassen wird, sich im Hauptsacheverfahren aber das jeweilige Gegenteil herausstellt.
237Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 29. Dezember 1989 - Bs VI 93/89 -, juris (Rn. 3); Kuhla, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 123 Rn. 127 f., 130. Außerdem Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 123 Rn. 84 m.w.N.; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. II, Stand: 25. EL (April 2013), § 123 Rn. 82 m.w.N.; ferner schließlich die übliche Ergänzung des Maßstabs der Erfolgsaussichten um die Kontrolle, ob der Entscheidung ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen, hierzu näher BVerfG, Beschluss vom 11. März 2005 - 1 BvR 2298/04 -, juris (Rn. 15) m.w.N.
238Die vorstehend beschriebene Herangehensweise entspricht dabei derjenigen einer Folgenabwägung, wie sie auch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des § 32 BVerfGG vornimmt. In Anbetracht der maßgeblichen Entscheidungserheblichkeit verfassungsrechtlicher Fragestellungen ist diese Rückanknüpfung im Wege einer Kontrollüberlegung geboten, da der dortige Prüfungsmaßstab deutlich von demjenigen der VwGO abweicht. Während die Verwaltungsgerichte in der Regel im Hinblick auf § 123 Abs. 1 VwGO prüfen, ob ein im Wege einstweiliger Anordnung zu sichernder Anspruch glaubhaft gemacht ist, stellt das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des § 32 BVerfGG grundsätzlich nicht auf die Erfolgsaussichten ab. Bei offenem Ausgang des Verfahrens wägt das Bundesverfassungsgericht vielmehr die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, gegenüber den Nachteilen ab, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, im Hauptverfahren aber der Erfolg zu versagen wäre. Von diesem durch das unterschiedliche Prozessrecht vorgegebenen Ansatz her ist das Bundesverfassungsgericht eher als die Verwaltungsgerichte in der Lage, erhebliche Nachteile vom Betroffenen abzuwenden, wo die zu Grunde liegende Rechtsfrage, mag sie auch eine kurzfristige Meinungsbildung zulassen, der vertieften Untersuchung bedarf.
239Ob hieraus die Befugnis der Verwaltungsgerichte zu einer von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängigen Interessenabwägung folgt, wenn die verbleibende Zeit für eine umfangreiche Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht ausreicht und der Ausgang der Hauptsache offen ist, die unverzügliche Rechtsschutzgewährung jedoch wegen andernfalls drohender, schwerer Nachteile für den Antragsteller notwendig erscheint,
240vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 (74 f.) = juris (Rn. 17 f.), vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 -, BVerfGE 93, 1 (14) = juris (Rn. 28), vom 25. Juli 1996 - 1 BvR 638/96 - juris (Rn. 15), vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 -, juris (Rn. 16), und vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 -, juris (Rn. 11); ferner Klenke NWVBl 1990, 334, 338 f.; VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 22. Juni 2011 - 1 L 544/11 -, n.v., sowie vom 18. Januar 2012 - 1 L 1408/11, 1 L 1409/11 -, beide juris,
241bedarf für die hier vorliegende Konstellation keiner abschließenden Entscheidung. Denn es liegt schon keine vergleichbare Situation vor. Vor diesem Hintergrund bietet das Ergebnis in der Folgenabwägung lediglich ein zusätzliches Argument für die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses zum Anordnungsgrund anhand der Überlegungen, die das Bundesverfassungsgericht in einer solchen Situation erwägen würde. Im Rahmen einer solchen Folgenbetrachtung nimmt das Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen eine Abwägung der Folgen des Ergehens oder Nichtergehens einer einstweiligen Anordnung für den Antragsteller vor.
242Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 (74 f.) = juris (Rn. 17 f.), vom 25. Juli 1996 - 1 BvR 638/96 - juris (Rn. 15), vom 11. März 2005 - 1 BvR 2298/04 -, juris (Rn. 15), vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 -, juris (Rn. 16), und vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 -, juris (Rn. 11); vgl. auch Dombert in: Finkelburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 314; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, 2010, § 123 Rn. 94, 100 f. (der sich jedoch auf die Prüfung der Folgen für den Antragsteller beschränken möchte).
243Überträgt man diesen Ansatz im Sinne einer Kontrollüberlegung auf die vorliegende Konstellation, werden die zuvor gefundenen Ergebnisse bestätigt. Auch hieran gemessen erscheint es nicht geboten, eine einstweilige Anordnung aus Gründen der Dringlichkeit zu erlassen und den Interessen des Antragstellers den Vorrang vor den Interessen des Antragsgegners und der Allgemeinheit zu gewähren. Im Einzelnen stellt sich die eingangs beschriebene Folgenabwägung unter wiederholter Berücksichtigung der im vorstehenden Abschnitt erörterten Argumente wie folgt dar:
244Falls die beantragte einstweilige Anordnung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht erginge, der Antragsteller jedoch im späteren Hauptsacheverfahren obsiegte, könnte er mit erheblichen finanziellen Nachteilen belastet sein. Neben der gegebenenfalls für einen längeren Zeitraum fortbestehenden Unteralimentierung könnte es zu den bereits geschilderten steuerrechtlichen Nachteilen aufgrund der späten Einmalzahlung kommen. Diese Nachteile wären für den Antragsteller zwar zu berücksichtigen, jedoch gleichzeitig nicht derart schwerwiegend, dass ihm ein Abwarten gänzlich unzumutbar wäre. Denn mit einer Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit ist bereits in naher Zukunft durch den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zu rechnen, weshalb es auf eine spätere und vermutlich länger dauernde Befassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr ankäme. Allerdings wäre aufgrund der anzunehmenden Solvenz des Landes Nordrhein-Westfalen als Schuldner keine Befürchtung - ähnlich derjenigen in Zivilprozessen - gegeben, dass der Beamte die finanziellen Leistungen zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt nicht mehr erhalten würde. Ein irreversibler Eingriff in sein Recht auf eine amtsangemessene Alimentation aus Art. 33 Abs. 5 GG steht insofern nicht zu erwarten und sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG dürfte auch im Falle des Nichterlasses der begehrten einstweiligen Anordnung gewahrt bleiben.
245Sollte die Kammer demgegenüber die beantragte einstweilige Anordnung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erlassen, der Antragsteller jedoch im späteren Hauptsacheverfahren unterliegen, wären gewichtige öffentliche Interessen betroffen. Dies gilt insbesondere, weil in diesem Falle von einer Rückforderung der bis dahin vorläufig gezahlten Besoldung auszugehen wäre. Im Hinblick auf eine möglicherweise seitens des Beamten eingewandte Entreicherung und die allgemein mit der Rückforderung einmal gezahlter Geldbeträge einhergehenden Belastungen ergeben sich ernst zunehmende Schwierigkeiten. Hierbei sind zulasten des Antragsgegners insbesondere der Umfang des erforderlichen Verwaltungsaufwands für die Rückforderung sowie die bis dahin ungerechtfertigt bestehende Belastung des Landeshaushalts in die Abwägung einzubeziehen.
2465. In Ermangelung eines Anordnungsgrundes bedarf es im Rahmen des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keiner näheren Erörterung des Anordnungsanspruchs sowie der darin liegenden Kernfrage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2013/2014. Die Klärung dieser Frage bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
247Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
248Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und war im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilverfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die am Berufskolleg des Kreises L. ausgeschriebene Stelle des Oberstudiendirektors nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen werden dem Antragsgegner auferlegt.
3. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 19.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 14.08.2014 gestellte, dem ersten Entscheidungssatz entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierfür sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
4Ein Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsgegner die Absicht hat, allein den Beigeladenen der Schulkonferenz zur Wahl vorzuschlagen und diesen nach erfolgreicher Wahl und Zustimmung des Schulträgers zum Oberstudiendirektor zu befördern. Denn durch dessen Ernennung und Einweisung in die Stelle würde das vom Antragsteller geltend gemachte Recht endgültig vereitelt werden. Mangels Einbeziehung der Bewerbung des Antragstellers in den Vorschlag an die Schulkonferenz wird dessen Rechtsverfolgung bereits jetzt jedenfalls wesentlich erschwert.
5Ein Anordnungsanspruch ist gleichfalls gegeben, weil die Entscheidung der Bezirksregierung E. vom 05.08.2014, den Antragsteller nicht in das Auswahlverfahren einzubeziehen, rechtsfehlerhaft ist.
6Ein Anordnungsanspruch besteht in Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes dann, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die von dem Dienstherrn in dem Besetzungsverfahren getroffene Entscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint.
7Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG i. V. mit § 20 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW).
8Mit Schreiben vom 05.08.2014 teilte die Bezirksregierung E. dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung unzulässig sei, weil er nicht über die in § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW vorausgesetzte Verwendungsbreite verfüge. Allerdings könne seine Bewerbung dann noch in die Auswahlentscheidung einbezogen werden, wenn er alsbald für drei Monate mit mindestens der Hälfte der Pflichtstundenzahl an einer anderen Schule tätig würde. Zwar mag das Schreiben vorwiegend als Angebot auf Erwerb der Verwendungsbereite gemeint gewesen sein; die Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ergibt aber, dass das Schreiben hinsichtlich der aktuellen Zulässigkeit der Bewerbung des Antragstellers bereits eine ablehnende Entscheidung enthält.
9Diese Entscheidung, den Antragsteller – ohne Nachholung der Verwendungsbreite – nicht in das Auswahlverfahren einzubeziehen, ist bereits in formeller Hinsicht zu beanstanden, denn eine vorherige Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten ist entgegen § 17 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 LGG NRW unterblieben. Hingegen war eine Beteiligung des Personalrats noch nicht erforderlich, denn dieser hat gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW erst bei der Beförderung mitzubestimmen.
10Die Entscheidung vom 05.08.2014 steht ferner mit dem materiellen Recht nicht in Einklang, weil sie auf einem nichtigen Gesetz beruht. Die Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW ist mit Art. 3 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 4 Abs.1 LVerf NRW) unvereinbar.
11Hierzu hat die Kammer im Beschluss vom 15.02.2008 – 2 L 2145/07, Rn. 6-35 Folgendes ausgeführt:
12„Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 und 2 SchulG NRW prüft die obere Schulaufsichtsbehörde nach Ausschreibung einer Schulleiterstelle die eingegangenen Bewerbungen und benennt der Schulkonferenz die geeigneten Personen. Für Hausbewerber trifft Satz 3 folgende Regelung: Lehrerinnen und Lehrer der betroffenen Schule können benannt werden, wenn sie vor ihrer Tätigkeit an dieser Schule in mindestens einer anderen Schule oder in der Schulaufsicht gearbeitet und damit ihre Verwendungsbreite nachgewiesen haben.
13[…]
14Indem die Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG […] einen Hausbewerber nur dann zulässt, wenn dieser zuvor eine andere (gleichwertige) Tätigkeit an einer anderen Schule oder in der Schulaufsicht ausgeübt hat, verstößt sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie Außenbewerber zulässt, ohne von ihnen gleichermaßen den Nachweis einer derartigen „Verwendungsbreite" zu fordern.
15Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.
16Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 24. September 2007 - 2 BvR 1673/03 - u.a., DVBl 2007, 1435, m.w.N.
17Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsgrund unterschiedliche Anforderungen an gesetzliche Vorschriften. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers geht am weitesten, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt und die Betroffenen sich durch eigenes Verhalten auf die unterschiedliche Regelung einstellen können. Dagegen sind ihm um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann. Die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grenzen sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
18BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1992 - 1 BvR 296/88 -, BVerfGE 88, 5, m.w.N.
19Dieser Maßstab ist hier anzuwenden. § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG differenziert zwar seinem Wortlaut nach nicht zwischen Haus- und Außenbewerbern, sondern befasst sich ausschließlich mit den Hausbewerbern. Damit enthält er aber der Sache nach eine Sonderregelung für Hausbewerber, weil weder Satz 3 noch die übrigen Bestimmungen des § 61 SchulG den Nachweis der Verwendungsbreite in der Form vergleichbarer anderweitiger Tätigkeiten an mindestens einer weiteren Schule oder in der Schulaufsicht gleichermaßen auch für Außenbewerber fordern. Da Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck eine Deutung dahingehend, der Außenbewerber müsse eine Verwendungsbreite in Form einer anderweitigen Tätigkeit ebenfalls nachweisen, nicht zulassen, ist auch eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führende (verfassungskonforme) Auslegung nicht möglich.
20Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 -, ZBR 2007, 381.
21Die Benachteiligung der Hausbewerber um eine Schulleiterstelle wird nicht durch ausreichende sachliche Gründe gerechtfertigt.
22Die Auswirkungen der Ungleichbehandlung sind für den Hausbewerber durchaus beträchtlich, weil es dessen beruflichen Aufstieg in einem gewachsenen beruflichen und privaten Umfeld verhindert. Dieser Eingriff wird auch nicht dadurch entscheidend gemildert, dass dem Hausbewerber der Weg zu einer Schulleiterstelle an einer anderen Schule nicht verstellt ist. Denn durch das mit Satz 3 verbundene Hausbewerbungsverbot wird in das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt und somit auch auf Berücksichtigung bei der Besetzung von Beförderungsämtern nach Art. 33 Abs. 2 GG eingegriffen.
23Vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147.
24§ 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG eröffnet die Möglichkeit, dass ein Hausbewerber, obwohl er (ansonsten) deutlich besser qualifiziert ist als der Außenbewerber, allein deshalb aus dem unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes durchzuführenden Auswahlverfahren ausscheidet, weil er in der Vergangenheit nicht an einer anderen Schule unterrichtet hat.
25Die Unterschiede zwischen den unterschiedlich behandelten Personengruppen sind auch nicht von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine so erhebliche Ungleichbehandlung rechtfertigten. Die Materialien zum 2. Schulrechtsänderungsgesetz zeigen derartige Umstände nicht auf. Die Gesetzesfassung beruht auf der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung vom 19. Juni 2006 (LT-Drs. 14/2112), mit der der ursprüngliche Gesetzentwurf der Landesregierung („Lehrerinnen und Lehrer der betroffenen Schule dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen benannt werden"; vgl. LT-Drs. 14/1572) abgeändert worden war. Bezüglich der ursprünglichen Fassung des Satzes 3 schweigt sich die Gesetzesbegründung aus. Die Begründung der geänderten Fassung des Satzes 3 macht die maßgeblichen Erwägungen gleichfalls nicht deutlich, beschränkt sich vielmehr lediglich auf den Hinweis, dass die Tätigkeit als Referendar nicht als Tätigkeit als Lehrkraft an einer anderen Schule ausreicht.
26Soweit der Antragsgegner den Gesetzeszweck zu erläutern versucht, vermögen seine Ausführungen einen tragfähigen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Haus- und Außenbewerber nicht aufzuzeigen. Der von ihm in Bezug genommene Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2007 (Az.: 212 - 1.13.03 - 4015) beleuchtet nicht die Hintergründe dieser Regelung, sondern gibt lediglich norminterpretierende Hinweise darauf, welche Anforderungen an den anderweitigen Einsatz zu stellen sind. Wenn der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung den mit § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG angestrebten Zweck darin sieht, Schulleitungsstellen mit möglichst berufs- und lebenserfahrenen Bewerbern zu besetzen, verkennt er, dass diese Norm genau das gegenteilige Ergebnis ermöglicht. Während nämlich ein Außenbewerber zugelassen wird, der außer dem Umstand, dass er bislang (zudem ausschließlich) an einer anderen Schule tätig war, weder hinsichtlich der mit einer Schulleiterstelle verbundenen besonderen Anforderungen noch in sonstiger Hinsicht eine besondere Qualifikation nachgewiesen haben muss, wird ein Hausbewerber von vornherein selbst dann ausgeschlossen, wenn er bereits (etwa als stellvertretender Schulleiter) Leitungserfahrung gesammelt und seine Eignung gerade auch bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben, der Personalführung und in sonstigen Leitungsaufgaben nachgewiesen hat.
27Einzuräumen ist zwar, dass Außenbewerber aus dem bisherigen Umgang mit anderen Kollegen, Eltern und Schülern möglicherweise einen Erfahrungshintergrund besitzen, den sie in dem neuen Umfeld auch im Bereich der Schulleitung durch neue Ideen und sonstige Innovationen nutzbar machen können. Ob sich auch der Gesetzgeber hiervon hat leiten lassen, wenn er das Erfordernis der anderweitigen Tätigkeit anspricht und „damit" den Nachweis der „Verwendungsbreite" verbindet, ist offen. Jedenfalls rechtfertigt dieser Gesichtspunkt nicht eine generelle Ungleichbehandlung von Haus- und Außenbewerber.
28Allerdings gehört die „Verwendungsbreite" zu den leistungsbezogenen Kriterien, die bei der Auswahl nach dem Grundsatz der Bestenauslese berücksichtigt werden können, weil sie Auskunft geben kann über Befähigung und Eignung eines Bewerbers.
29Vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH), Beschluss vom 13. Juni 1988 - 1 TG 2054/88 -, DVBl 1988, 1071; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 13. April 2006 - 2 EO 1065/05 -, NVwZ-RR 2006, 745; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 13. September 2006 - 3 BS 111/06 -, vom 26. Januar 2006 - 3 BS 255/05 -, vom 28. Juli 2005 - 3 BS 72/05 - und vom 26. Mai 2005 - 3 BS 48/05 -, jeweils Juris.
30Der Gesetzgeber hat aber in § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG lediglich einen Teilaspekt der „Verwendungsbreite" in den Blick genommen und zugleich weitere Teilaspekte von höherem Gewicht außer Betracht gelassen. Abgestellt hat er nämlich in Wahrheit lediglich darauf, dass der Außenbewerber - anders als der Hausbewerber - durch seine Bewerbung an eine andere Schule zu erkennen gibt, dass er bereit ist, sich der erhöhten Belastung zu stellen, die mit der Einarbeitung in einen neuen Wirkungskreis verbunden ist. Damit ist aber lediglich der Gesichtspunkt der Flexibilität angesprochen. Insbesondere ist damit noch nicht der „Nachweis" der Verwendungsbreite, und zwar nicht einmal im Sinne der Fruchtbarmachung von an anderer Stelle erworbenen Erfahrungen, erbracht. Dies muss sich vielmehr auch bei einem Außenbewerber erst erweisen. Von besonderem Gewicht ist auch, dass die Gleichsetzung der „Verwendungsbreite" mit Flexibilität dieses Merkmal bei weitem nicht ausschöpft. Denn der Begriff Verwendungsbreite wird - bei aller Unschärfe dieses Terminus - im Wesentlichen davon geprägt, ob jemand bereits in Funktionen oder Aufgabengebieten tätig war, die sich deutlich voneinander unterscheiden und geeignet sind, breitgefächerte, für die neue (höherwertige) Funktion nutzbar zu machende Fähigkeiten zu vermitteln. Zudem kann durch derartige Erfahrungen der Gesichtspunkt der Flexibilität ohne weiteres kompensiert werden.
31Vgl. hierzu im Zusammenhang mit der Besetzung von Stellen als Vorsitzende Richter: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, a.a.O.
32Da die Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG Hausbewerber nicht schlechthin ausschließt, diese vielmehr auch dann zulässt, wenn sie bereits seit vielen Jahren (wieder) der fraglichen Schule angehören, stützt sich die gesetzliche Regelung auch nicht auf die Erwägung, von schulinternen Bewerbern sei deshalb Abstand zu nehmen, weil diese - anders als die dem Kollegium nicht angehörenden Bewerber - durch alte Freundschaften oder Konflikte vorbelastet sein könnten und deshalb möglicherweise nicht mit der gebotenen Autorität und Distanz aufträten.
33Nach allem kann der Ausschluss des Hausbewerbers aus dem Auswahlverfahren allein deswegen, weil dieser sich bislang hinsichtlich eines Wechsels seiner Dienststelle nicht flexibel gezeigt hat, nicht auf einen vernünftigen, sich aus der Natur der Sache ergebenden oder sonst wie sachlich einleuchtenden Grund von solcher Art und solchem Gewicht stützen, dass die ungleiche Behandlung von Haus- und Außenbewerber gerechtfertigt wäre.
34Im Ergebnis ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 13. Juni 1988, a.a.O.
35Erweist sich mithin die Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG als nicht vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, kann dahinstehen, ob sie auch gegen das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG verstößt, welcher für alle Berufe, die „öffentlicher Dienst" sind, als Sonderregelung die Anwendung des vom Antragssteller in den Vordergrund seiner Argumentation gestellten Art. 12 Abs. 1 GG verdrängt.
36Vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, Juris.
37[…]
38Das beschließende Gericht ist an einer stattgebenden Entscheidung nicht durch das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts gehindert. Den Fachgerichten ist es durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht verwehrt, schon vor der im Hauptsacheverfahren einzuholenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung von der Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies - wie hier - nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird.
39BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 -, BVerfGE 86, 382; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. April 1992 - 12 B 2298/90 -, ZBR 1993, 372.“
40Das Oberverwaltungsgericht NRW hat im Beschluss vom 07.05.2008 – 6 B 408/08, Rn. 3 f. (zitiert nach juris) die Entscheidung der Kammer mit folgenden Ausführungen bestätigt:
41„Das hinter § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW zu vermutende gesetzgeberische Ziel, nur diejenigen Lehrer zu Schulleitern zu berufen, die hinreichend berufliche Erfahrungen - in der Regel an mehreren Schulen - gesammelt haben, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings scheint die Umsetzung dieses Ziels in der besagten Vorschrift - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - misslungen. Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, einen besonderen Erfahrungshorizont nur von denjenigen Bewerbern zu verlangen, die an der Schule tätig sind, an der die Schulleiterstelle zu besetzen ist. Ein Bewerber von Außen, der bislang nur an einer Schule tätig war, hat mit seiner Bewerbung lediglich die Bereitschaft zu einem Schulwechsel zu erkennen gegeben, was allerdings regelmäßig angesichts der Umstände des beabsichtigten Wechsels - nämlich die angestrebte Beförderung - für sich genommen nur geringen Wert hat. Diese Form der Flexibilität vermag die nachgewiesene Verwendungsbreite im Sinne einer "Erfahrungsbreite", wie sie von den hausinternen Bewerbern gefordert wird, nicht aufzuwiegen.
42Soweit der Antragsgegner mit dem Beschwerdevorbringen die Erwartung in den Vordergrund rückt, ein Lehrer, der zuvor (auch) an einer anderen Schule tätig gewesen sei, werde auf Grund der dort gewonnenen Erkenntnisse als Schulleiter neue Impulse geben und festgefahrene Strukturen aufbrechen, rechtfertigt dies die Schlechterstellung hausinterner Bewerber, die bisher nur an einer Schule unterrichtet haben, nicht. Dieser Gesichtspunkt mag im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt haben, hat aber in der fraglichen Vorschrift letztlich keinen Niederschlag gefunden. Abgesehen davon, dass die Erwartung einer Fruchtbarmachung von an anderer Stelle erworbenen Erfahrungen keinen Aspekt der Verwendungsbreite beschreibt, taugt sie zu deren Nachweis schon deshalb nicht, weil es eben nur eine bloße Erwartung ist. Handelt es sich zudem um einen hausinternen Bewerber, der vor vielen Jahren und vielleicht sogar nur für einen kürzeren Zeitraum an einer anderen Schule tätig war, wird eine darauf fußende Erwartung innovativer Anstöße bei der Ausfüllung der Schulleiterstelle kaum begründet sein.“
43Eine geltungserhaltende Auslegung des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW dahingehend, dass diese Norm nur bei Auswahlentscheidungen zwischen zwei Hausbewerbern anzuwenden wäre, erscheint nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck schwerlich vertretbar und wäre überdies ebenfalls sachwidrig. Denn eine derartige Reduktion des Anwendungsbereichs der Norm hätte zur Folge, dass die Zulässigkeit der Bewerbung des Antragstellers von dem zufälligen Umstand der Existenz einer Außenbewerbung abhinge. Tatsächlich hatte sich auf die streitgegenständliche Stelle zunächst auch ein Studienrat eines anderen Berufskollegs beworben, seine Bewerbung später aber wieder zurückgezogen. Die Bewerbung des Antragstellers wäre demnach zeitweise – aufgrund der Außenbewerbung – zulässig gewesen, dann aber – nach Verbleib zweier Hausbewerbungen – wieder unzulässig geworden.
44Auch das Oberverwaltungsgericht NRW hatte sich in seinem Beschluss vom 07.05.2008 – 6 B 408/08, Rn. 5 (zitiert nach juris) mit der Konstellation zu befassen, dass der Beigeladene in der Vergangenheit an mehreren Schulen tätig war und somit den von hausinternen Bewerbern verlangten besonderen Erfahrungshorizont besaß. Es hat bekräftigt, dass dieser Umstand die Unanwendbarkeit des § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW nicht in Frage stellt, da die generelle Sachwidrigkeit der Norm dadurch nicht beseitigt wird.
45Schließlich erscheint eine Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls als möglich. Insbesondere liegt es nicht nahe, dass die Bewerbung des Antragstellers wegen der Hinweise in der Stellenausschreibung als unzulässig anzusehen wäre. Dort steht: „Die Bewerberin/der Bewerber sollte nicht durchgängig an der gleichen Schule tätig gewesen sein, sondern zumindest für drei Monate mit halber Stelle anderweitig (z. B. andere Schule, Schulaufsicht) eingesetzt worden sein.“ Zwar erfasst diese Formulierung Haus- und Außenbewerber gleichermaßen, so dass eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG (auch in Verbindung mit Art. 4 Abs.1 LVerf NRW) hier nicht zu erkennen ist; die Auslegung des Hinweises nach den §§ 133, 157 BGB ergibt aber in Anbetracht des Verbs „sollte“, dass es sich hierbei nicht um eine zwingende, sondern lediglich um eine wünschenswerte Anforderung handelt. Inwieweit ein möglicher Erfahrungsvorsprung des Beigeladenen in dem noch durchzuführenden Auswahlverfahren den Ausschlag zu seinen Gunsten geben kann, ist offen, zumal der Schulleiter gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW von der Schulkonferenz gewählt wird und dieser gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SchulG NRW möglichst mindestens zwei geeignete Personen zur Wahl vorzuschlagen sind.
46Der weiter gestellte Antrag,
47dem Antragsgegner aufzugeben, den Antragsteller zum zulässigen Bewerber um die Stelle des Oberstudiendirektors am Berufskolleg des Kreises L. zu erklären und die Bewerbung des Antragstellers in die Auswahlentscheidung einzubeziehen,
48hat keinen Erfolg.
49Soweit dieser Antrag darauf zielt, dass der Antragsgegner den Antragsteller zum „zulässigen Bewerber“ erklärt, ist bereits keine Anspruchsgrundlage für eine derartige behördliche Entscheidung ersichtlich. Dem Begehren des Antragstellers, in die Auswahlentscheidung einbezogen zu werden, wird teilweise durch den ersten Entscheidungssatz dieses Beschlusses Rechnung getragen. Dass der Antragsgegner nicht berechtigt ist, den Antragsteller unter Berufung auf § 61 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW aus dem Auswahlverfahren auszuschließen, ergibt sich bereits aus der in diesem Beschluss geäußerten Rechtsauffassung des Gerichts, die der Antragsgegner bei seiner erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Klägers zu beachten hat. Auf eine darüber hinausgehende gerichtliche Entscheidung, die dem Antragsgegner die Einbeziehung des Antragstellers in das Auswahlverfahren aufgeben würde, hat der Antragsteller keinen Anspruch. Denn es ist nunmehr zunächst Sache der Behörde, die Bewerbung des Antragstellers weiter zu prüfen und erneut darüber zu entscheiden.
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 und § 162 Abs. 3 VwGO. Der Antragsteller ist nur zu einem geringen Teil unterlegen. Zugunsten des Beigeladenen kommt eine Erstattung etwaiger außergerichtlicher Kosten aus Gründen der Billigkeit nicht in Betracht, weil er sich nicht durch Stellung eines eigenen Antrags am Kostenrisiko beteiligt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) und zudem in der Sache unterlegen ist.
51Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 16) in Ansatz gebracht worden.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren auf 8.590,68 Euro und für das Beschwerdeverfahren auf 8.789,51 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat zwar die Argumentation des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage gestellt (dazu 1.). Der angefochtene Beschluss ist aber im Ergebnis aus anderen Gründen richtig (dazu 2.).
3Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die in der Einheit „DT Technik“ im Rahmen der Beförderungsrunde 2014/15 ausgewiesenen und zu besetzenden Planstellen der Besoldungsgruppe A 8 BBesO mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über das diesbezügliche Beförderungsbegehren des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die der Bewerbung des Antragstellers zugrundeliegende dienstliche Beurteilung sei rechtswidrig. Denn der nach § 13 Abs. 1 SUrlV beurlaubte Antragsteller hätte nicht dienstlich beurteilt werden dürfen. Seine Laufbahn hätte vielmehr im Wege einer fiktiven Fortschreibung nachgezeichnet werden müssen.
41. Diese Argumentation des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin mit ihrem fristgerecht vorgelegten Beschwerdevorbringen durchgreifend in Frage gestellt.
5Beamte, die im Rahmen einer Beurlaubung nach § 4 Abs. 3 PostPersRG oder einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV bei einem Postnachfolgeunternehmen, einem Tochter‑ oder Enkelunternehmen oder einem anderen Unternehmen beschäftigt sind, sind nach den §§ 48 ff. BLV, § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 PostPersRG i. V. m. § 1 Abs. 1 PostLV grundsätzlich dienstlich zu beurteilen und erhalten nicht lediglich eine fiktive Fortschreibung ihrer letzten dienstlichen Beurteilung.
6Vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2013 – 1 B 133/13 – ZBR 2013, 266 = juris, Rn. 85 ff., im Ergebnis ebenso VG Stuttgart, Beschluss vom 7. Februar 2013 – 8 K 3954/12 –, juris, Rn. 16; Lenders/Weber/ Wehner, PostPersRG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 23.
7Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 PostPersRG i. V. m. § 1 Abs. 1 PostLV gelten für Beamte, die bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigt sind, die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften, also auch diejenigen der Bundeslaufbahnverordnung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Bundesbeamte werden grundsätzlich nach den §§ 48 ff. BLV dienstlich beurteilt. Da die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten keinen Dienst im beamtenrechtlichen Sinne verrichten, weil sie bei Privatunternehmen arbeiten, fingiert § 4 Abs. 1 PostPersRG die berufliche Tätigkeit solcher Beamter als Dienst. Dieser Dienst kann grundsätzlich dienstlich beurteilt werden. § 1 Abs. 5 Nr. 2 PostLV erweitert die Fiktion des Dienstes auf Beamte in der Situation des Antragstellers, die im Rahmen einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV bei einem der Tochter‑/Beteiligungsunternehmen beschäftigt sind. Eine solche Beurlaubung steht nach den §§ 4 Abs. 3 Satz 4 und 8 PostPersRG, 6 Abs. 1 Satz 1 PostLV der Beförderung eines Beamten im Rahmen einer regelmäßigen Laufbahnentwicklung nicht entgegen. Beförderungen erfolgen nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 32 BLV nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Feststellungen über diese Kriterien sind nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BLV in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Um beurlaubte Beamte in der Situation des Antragstellers bei Beförderungen im Verhältnis zu nicht beurlaubten Beamten nicht zu benachteiligen, sind demnach auch sie regelmäßig dienstlich zu beurteilen. Die Postlaufbahnverordnung sieht nicht grundsätzlich Gegenteiliges vor.
8Dies ergibt sich aus Folgendem: § 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 PostLV geht der Sache nach davon aus, dass grundsätzlich auch während einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV eine dienstliche Beurteilung erstellt wird. Denn nach § 6 Abs. 2 Satz 1 PostLV ist im Fall einer solchen Beurlaubung (nur dann) die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Entwicklung vergleichbarer Beamtinnen und Beamten derselben Laufbahn und Laufbahngruppe mit der gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, die bei dem jeweiligen Postnachfolgeunternehmen hauptamtlich tätig sind, fiktiv fortzuschreiben, wenn eine zur Vorbereitung der Beurteilung geeignete Stellungnahme des Unternehmens, bei dem die Beamtin oder der Beamte beschäftigt ist, nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums erlangt werden kann. Die Annahme, dass grundsätzlich eine dienstliche Beurteilung erstellt wird, ergibt sich schon aus dem Wortlaut: „zur Vorbereitung der Beurteilung“.
9Das Erfordernis einer dienstlichen Beurteilung folgt weiter aus der Systematik der Postlaufbahnverordnung: § 6 Abs. 2 Satz 1 PostLV wäre als Ausnahmeregelung für einen Sonderfall nämlich überflüssig, wenn beurlaubte Beamte ohnehin keine aktuelle dienstliche Beurteilung, sondern nur eine fiktive Fortschreibung einer älteren Beurteilung erhielten. Weiter gelten nach der (sprachlich verunglückten) Regelung des § 1 Abs. 5 Nr. 2 PostLV auch Tätigkeiten bei den Postnachfolgeunternehmen oder anderen Unternehmen, die während einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV wahrgenommen werden, als Dienstposten im Sinne der Bundeslaufbahnverordnung (ebenso nach § 1 Abs. 5 Nr. 1 PostLV während einer Beurlaubung nach § 4 Abs. 3 PostPersRG). Das ist so zu verstehen, dass damit zugleich die auf dem (fiktiven) Dienstposten wahrgenommene Tätigkeit als "Dienst" gilt; hierdurch ist auch die Möglichkeit dienstlicher Beurteilung ebenso wie bei den nicht beurlaubten und bei Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten grundsätzlich eröffnet, deren Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 1 PostPersRG ebenfalls als Dienst gilt.
10Vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2013 – 1 B 133/13 –, ZBR 2013, 266 = juris, Rn. 85 f.
11Die generelle Anordnung nur einer fiktiven Fortschreibung der letzten regelmäßigen dienstlichen Beurteilung folgt auch nicht aus § 6 Abs. 1 Satz 2 PostLV. Danach ist in den Fällen des § 4 Abs. 3 und 4 PostPersRG (Beurlaubung und Zuweisung) sowie im Falle einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV Maßstab für die regelmäßige Laufbahnentwicklung das Fortkommen der Beamtinnen und Beamten derselben Laufbahn und Laufbahngruppe mit der gleichen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, die bei dem jeweiligen Postnachfolgeunternehmen hauptamtlich beschäftigt sind. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass nach § 6 Abs. 1 Satz 1 PostLV sowie § 4 Abs. 3 Satz 4 und 8, Abs. 4 Satz 6 PostPersRG Zuweisungen und Beurlaubungen einer Beförderung im Rahmen einer regelmäßigen Laufbahnentwicklung nicht entgegenstehen dürfen. § 6 Abs. 1 Satz 2 PostLV nennt insoweit die Vergleichsgruppe für die regelmäßige Laufbahnentwicklung. Inhaltliche Vorgaben für regelmäßige dienstliche Beurteilungen außerhalb des Sonderfalls einer fiktiven Fortschreibung der letzten regelmäßigen dienstlichen Beurteilung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 PostLV ergeben sich daraus jedoch nicht.
12Vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2013 – 1 B 133/13 –, ZBR 2013, 266 = juris, Rn. 87.
13Dass Beamte mit einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV oder einer Beurlaubung nach § 4 Abs. 3 PostPersRG nicht nur im Wege einer fiktiven Fortschreibung dienstlich beurteilt werden, entspricht auch dem Willen des Verordnungsgebers, wie er sich aus der von der Antragsgegnerin übersandten Begründung zur Postlaufbahnverordnung (Bearbeitungsstand: 16. Dezember 2011) ergibt. Darin heißt es zu § 6 Abs. 2 PostLV: „Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind gemäß § 33 Absatz 1 BLV in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Eine fiktive Fortschreibung früherer Beurteilungen kommt nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 Absatz 3 BLV in Betracht.“ Weiter wird ausgeführt, dass es sich in der Anwendungspraxis der Postnachfolgeunternehmen als zunehmend schwierig gestalte, inhaltlich verwertbare und normativ vergleichbare Stellungnahmen der zahlreichen Einsatzstellen außerhalb der Konzernunternehmen zu erhalten. Um die konzernextern eingesetzten Beamten nicht zu benachteiligen, sehe § 6 Abs. 2 Satz 1 PostLV notfalls eine fiktive Laufbahnnachzeichnung vor. Dementsprechend gehen auch die Hinweise des Bundesministeriums der Finanzen zur Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Geltungsbereich des Postpersonalrechtsgesetzes (Postlaufbahnverordnung – PostLV) – VIII A 3 – PM 1501/08/10001 – vom 23. Januar 2012 unter der (auch bei Lenders/Weber/Wehner, PostPersRG, 2. Aufl. 2014, Anhang I, § 6 PostLV, Rn. 23, abgedruckten) Ziffer 3 davon aus, eine fiktive Fortschreibung der Beurteilung sei immer nur subsidiär gegenüber der tatsächlichen Beurteilung. Vor einer fiktiven Beurteilung seien stets alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine zur Vorbereitung der Beurteilung geeignete Stellungnahme des Unternehmens, bei dem die Beamtin oder der Beamte tätig sei, zu erlangen.
14Es erscheint auch sachgerecht, Beamte mit einer Beurlaubung nach § 4 Abs. 3 PostPersRG bzw. einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV dienstlich zu beurteilen. Nach Kenntnis des Senats aus zahlreichen Verfahren mit Beteiligung von Postnachfolgeunternehmen verrichten aktive und beurlaubte, aber tatsächlich beschäftigte Beamte häufig einander entsprechende Tätigkeiten, wobei hinsichtlich der entsprechenden Posten nicht grundsätzlich nach ihrer Besetzung mit beurlaubten und nicht beurlaubten Beamten differenziert wird. Es gibt also nicht notwendig einen qualitativen Unterschied in den Tätigkeiten, wie dies etwa bei Beamten der Fall ist, die als Personalratsmitglieder oder während einer Elternzeit vollständig vom Dienst freigestellt sind und deren dienstliche Beurteilung daher nur fiktiv fortgeschrieben werden kann (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 BLV). Hinzu kommt, dass es nach den Erfahrungen des Senats schon wegen der notwendigen Vergleichsgruppenbildung in der Praxis sehr schwierig sein kann, eine Beurteilung in rechtmäßiger Weise fiktiv fortzuschreiben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die letzte dienstliche Beurteilung schon viele Jahre zurückliegt und zu Beginn der Beurlaubung oder Freistellung keine Vergleichsgruppe gebildet worden ist. Auch dies spricht dafür, die fiktive Fortschreibung von Beurteilungen auf die Ausnahmefälle zu beschränken, in denen keine Anhaltspunkte für eine dienstliche Bewertung bestehen (vgl. die in § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV genannten Fälle).
15Soweit das Verwaltungsgericht darauf hinweist, die Fiktion in § 1 Abs. 5 Nr. 2 PostLV zeige, dass der Verordnungsgeber selbst davon ausgehe, die Tätigkeit während der Beurlaubung sei kein Dienst, trifft dies ebenso auf die Tätigkeit der nicht beurlaubten Beamten in Postnachfolgeunternehmen zu: Auch für diese fingiert § 4 Abs. 1 PostPersRG die berufliche Tätigkeit als Dienst. Diese Fiktion ist u. a. deswegen sinnvoll, um dienstliche Beurteilungen verfassen zu können, damit solche Beamten auf deren Grundlage die Möglichkeit haben, nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen befördert zu werden. Würde man für Beamte mit einer Beurlaubung nach § 4 Abs. 3 PostPersRG oder einer ruhegehaltfähigen Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 SUrlV dienstliche Beurteilungen lediglich fiktiv fortschreiben, bestände wegen der hohen Fehleranfälligkeit solcher fiktiver Beurteilungen im Streitfall die Gefahr, dass weder die beurlaubten Beamten noch deren Konkurrenten befördert werden könnten, bis rechtmäßige fiktive Fortschreibungen der letzten dienstlichen Beurteilungen erstellt worden wären. Dies wäre in hohem Maße unpraktikabel und würde letztlich zu Lasten aller bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten in Beförderungsverfahren gehen.
162. Der angefochtene Beschluss ist allerdings im Ergebnis aus anderen Gründen richtig. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die einstweilige Anordnung ist mit Blick auf die von der Antragsgegnerin konkret beabsichtigte Besetzung der streitgegenständlichen Stellen mit den Beigeladenen notwendig, um den materiellen Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers zu sichern.
17Die Prüfung, ob sich der Beschluss aus anderen Gründen als richtig erweist, ist dem Senat nicht wegen der Beschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO verwehrt. Ergibt die nach diesen Bestimmungen prinzipiell auf die dargelegten Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts, dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts - wie hier - die Stattgabe des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht trägt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist. Der verfassungsrechtlich gebotene effektive Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebietet es dann, die weitere Prüfung durch das Beschwerdegericht an denselben Maßstäben auszurichten, wie sie auch ohne die Regelung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO anzuwenden wären.
18Ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. die Beschlüsse vom 12. Mai 2010 – 1 B 587/10 –, n. v., BA, S. 3 f., und vom 7. August 2006 – 1 B 653/06 –, juris, Rn. 24 f., jeweils m. w. N.; vgl. ferner etwa OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2014 – 2 B 1111/14 –, NVwZ-RR 2015, 172 = juris, Rn. 25 f., m. w. N.
19Dabei ist Folgendes zu beachten: Die Prüfung der Auswahlentscheidung im gerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht auf eine lediglich summarische Prüfung beschränkt. Vielmehr ist der Prüfungsmaßstab in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten im Eilverfahren wegen der sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen grundsätzlich derselbe wie im Hauptsacheverfahren. Denn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes übernimmt im Regelfall die Funktion des Hauptsacheverfahrens. Das Verfahren darf daher nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht mit einer summarischen Prüfung begnügen dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten.
20Ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –, DVBl. 2002, 1633 = juris, Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – 2 C 16.09 –, NJW 2011, 695 = juris, Rn. 32, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 22. August 2011 – 1 B 469/11 –, juris, Rn. 8 f.; vgl. ferner Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 3 Rn. 84, Gliederungspunkt (1): gründliche und äußerst anspruchsvolle Sachprüfung.
21Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch zu. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch ist verletzt, weil seine dienstliche Beurteilung vom 13. August 2014 rechtswidrig ist.
22Dienstliche Beurteilungen sind verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar. Nur der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem Sinn der Regelungen über dienstliche Beurteilungen ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den – ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden – zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Bei einem derartigen dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Gegenüber dieser hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
23Vgl. etwa das Senatsurteil vom 16. Mai 2012 – 1 A 499/09 ‑, juris, Rn. 35 f. m. w. N.
24a) Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers beruht nicht auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Die Beurteilerinnen haben die Abweichungen von dem von ihnen herangezogenen Beurteilungsbeitrag nicht nachvollziehbar begründet.
25Im vorliegenden Fall hat die Beklagte ein Beurteilungsverfahren mit zentralen Beurteilern eingeführt, welche die zu beurteilenden Beamten nicht aus eigener Anschauung kennen und zur Vorbereitung der Beurteilungen Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte einholen. Dieser Ansatz ist nicht schon grundsätzlich zu beanstanden.
26Siehe zum Beurteilungssystem der Deutschen Telekom AG den Senatsbeschluss vom 2. Juni 2015– 1 B 206/15 –, juris, Rn. 10 ff.
27Bei einem solchen Verfahren gelten allerdings besondere Anforderungen an die Stellungnahmen, welche der Beurteilung zugrundeliegen: Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den gesamten Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt. Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt, d. h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Der Beurteiler ist zwar an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste, sondern er kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren. Kennt der Beurteiler die dienstlichen Leistungen des zu Beurteilenden nicht ‑ oder nicht hinreichend ‑ aus eigener Anschauung, muss er sich voll auf die Beurteilungsbeiträge verlassen. Er kann sie also nur noch in das Beurteilungssystem - idealerweise mit dem Blick des erfahrenen und das Leistungs- und Befähigungsspektrum der vergleichbaren Beamten kennenden Beurteilers - einpassen. In einem solchen Fall müssen die Beurteilungsbeiträge entweder hinreichende textliche Ausführungen für die Vergabe der Einzelbewertungen enthalten oder die Einzelbewertungen selbst vornehmen (sei es durch Ankreuzen der entsprechenden Beurteilungsstufe oder durch Vergabe der entsprechenden Punktzahl).
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 2 A 10.13 –, NVwZ 2015, 526 = juris, Rn. 21 ff.
29Diesen Vorgaben wird die dienstliche Beurteilung des Antragstellers bisher nicht gerecht. Sie beruht auf einer Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft, des Herrn I. . Dieser hat dazu denselben Vordruck wie für eine dienstliche Beurteilung verwendet. In dieser Stellungnahme hat der Antragsteller für fünf Einzelkriterien die beste Notenstufe („sehr gut“) und einmal die zweitbeste („gut“) erhalten, in der dienstlichen Beurteilung dagegen dreimal die beste und dreimal die zweitbeste Notenstufe. Für zwei Einzelkriterien („Praktische Arbeitsweise“ und „“Wirtschaftliches Handeln“) haben die Beurteilerinnen die Einzelnote jeweils abgesenkt. Zum Kriterium „Praktische Arbeitsweise“ steht in der Beurteilung, es habe sich eine abweichende Bewertung zur Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft ergeben, die Schilderung entspreche eher einer Bewertung „Gut“. Diese Begründung trägt nicht. In der Stellungnahme von Herrn I. finden sich zur Begründung der Bewertung „sehr gut“ für das Kriterium „Praktische Arbeitsweise“ zwei Sätze: „Er nutzt die sich ihm bietenden Freiräume zur Gestaltung seines Arbeitsumfeldes. Er weitet seinen Arbeitsbereich stetig aus.“ Aus welchen Gründen diese Einschätzung „eher einer Bewertung ‚Gut‘“ entsprechen sollen, ist weder erläutert, noch erschließt es sich von selbst. Wenn die Beurteilerinnen aufgrund dieser kurzen textlichen Erläuterungen ein Einzelkriterium wegen der Formulierung abwerten wollen, hätten sie dazu bei Herrn I. nachfragen und sich seine Bewertung erläutern lassen müssen. Eine solche Nachfrage hätte überdies dokumentiert werden müssen, um die Abweichung nachvollziehbar begründen zu können. Vorstehendes gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach den anzuwendenden Beurteilungsrichtlinien sich der Beurteilungsbeitrag nur auf den konkreten Dienst/‑Arbeitsposten und nicht auf das vom Beamten innegehabte Statusamt bezieht, während für die Beurteilung vorrangig das Statusamt maßgebend ist (vgl. hierzu unter b)). Sollten sich hieraus Unterschiede in der Bewertung ergeben, wären diese nachvollziehbar zu begründen. Zu dem anderen abgewerteten Kriterium „Wirtschaftliches Handeln“ ist in der Beurteilung vermerkt, es ergebe sich eine abweichende Bewertung zur Stellungnahme der Führungskraft. Eine Begründung dafür wird nicht genannt. Sie ergibt sich auch nicht aus der Begründung des Gesamtergebnisses der dienstlichen Beurteilung.
30Die Antragsgegnerin führt in ihrem Schriftsatz vom 23. Dezember 2014 an, aufgrund der „Gesamtbetrachtung mit anderen Beamten derselben Beurteilungsliste“ seien „Abweichungen von der Notenskala der Stellungnahme naturgemäß die Folge, da nur so die gleichmäßige Anwendung des Beurteilungssystems auf alle Beamtinnen und Beamte sowie die Einhaltung der Richtwerte gewährleistet werden“ könne. Auch dieser Vortrag ersetzt die fehlende Begründung für die konkreten Abweichungen nicht. Er ist zu allgemein, weil man mit derselben Begründung jedes Einzelkriterium hätte ab‑ oder aufwerten können.
31b) Abgesehen von der unzureichenden Tatsachengrundlage für die dienstliche Beurteilung ist diese auch deswegen rechtswidrig, weil sie allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet.
32Vgl. hierzu auch den Senatsbeschluss vom heutigen Tage im Verfahren 1 B 384/15.
33Der Antragsteller war während des gesamten Beurteilungszeitraumes unstreitig höherwertig als seinem Statusamt der Besoldungsgruppe A 7 entsprechend beschäftigt, nämlich auf einem Arbeitsposten, den die Antragsgegnerin mit T 5 – entsprechend A 9 – bewertet. Für seine vorbereitende Stellungnahme sollte Herr I. nach § 1 und § 2 Abs. 3 der Anlage 4 zu den Beurteilungsrichtlinien für die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigten Beamtinnen und Beamten vom 23. Oktober 2014 (im Folgenden: Beurteilungsrichtlinien), welche rückwirkend zum 31. Oktober 2013 in Kraft getreten sind, ausdrücklich nicht das Statusamt des Antragstellers berücksichtigen, sondern wohl dessen tatsächliche Aufgabenerfüllung auf dem wahrgenommenen Dienst‑/Arbeitsposten. Die dienstliche Beurteilung erfolgt dagegen vorrangig am Maßstab des Statusamtes (vgl. Ziffer 6 der Beurteilungsrichtlinien).
34Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beamter, der jahrelang die Aufgaben eines Dienst-/Arbeitspostens ganz überwiegend „sehr gut“ erfüllt, der einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnet ist, als sie seinem Statusamt entspricht (hier: zwei Besoldungsgruppen), die geringeren Anforderungen seines Statusamtes in mindestens ebenso sehr guter Weise erfüllt. Diese Annahme basiert auf der hier vergleichend heranzuziehenden unbestrittenen Einschätzung, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden ist, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhalten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind.
35Vgl. etwa den Senatsbeschluss vom 17. Februar 2015 – 1 B 1327/14 –, juris, Rn. 13 f. m. w. N.
36Fallen Statusamt und Bewertung des tatsächlich innegehabten Dienst-/Arbeitspostens eines Beamten derart wie vorliegend auseinander, muss sich der Beurteiler konkret und hinreichend ausführlich mit der eben genannten Annahme auseinandersetzen. Sollte es im Einzelfall Gründe geben, aus denen vorgenannte Annahme nicht gerechtfertigt wäre, müsste dies in der Beurteilung detailliert und nachvollziehbar begründet werden.
37Diesen Anforderungen genügt die dem Antragsteller erteilte Beurteilung nicht. Dem Antragsteller wird in der Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft attestiert, seine dem Statusamt A 9 entsprechende und damit das innegehabte Statusamt (A 7) um zwei Besoldungsgruppen „übersteigende“ Tätigkeit hinsichtlich der zu beurteilenden Einzelkriterien ganz überwiegend mit der Bestnote „sehr gut“ auszuüben. Daher ist hier nicht nachvollziehbar, aus welchen konkreten Gründen er gemessen an seinem Statusamt nur die drittbeste Gesamtnote („gut“) mit dem höchsten Ausprägungsgrad „++“ und keine bessere Gesamtbeurteilung erhalten hat. Die bloße Behauptung, die höherwertige Tätigkeit sei „in der Gesamtbeurteilung berücksichtigt“ worden, ersetzt die erforderliche Begründung auch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraumes der Beurteilerinnen nicht.
38Demnach erscheint es durchaus möglich, dass der Antragsteller bei einer erneuten Erstellung seiner dienstlichen Beurteilung die nächsthöhere Gesamtnote „sehr gut“ mit der niedrigsten Ausprägung „Basis“ oder besser erreicht. In diesem Fall würde er zum Kreis der Beamten gehören, die nach den Angaben der Antragsgegnerin zu befördern waren.
39Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
40Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach der aktuellen Streitwertpraxis der mit beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren befassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
41vgl. z. B. Beschlüsse vom 17. April 2015 – 6 B 296/15 –, juris, Rn. 10 ff., und vom 15. April 2014– 1 B 195/14 –, juris, Rn. 42 ff.,
42nicht in Anlehnung an das Endgrundgehalt, sondern gemäß den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG nach einem Viertel der fiktiv an den Antragsteller für die in Rede stehende Stelle (hier: A 8 der Stufe 8 für Beamte, die bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigt sind) im Kalenderjahr 2015 zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsbezügen abhängen. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Besoldung für Beamte bei den Postnachfolgeunternehmen ab dem 1. März 2015 erhöht hat. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Streitwert ([2 x 2.876,91 Euro + 10 x 2.940,42 Euro] : 4).
43Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Dieser Streitwert berechnet sich nach denselben Grundsätzen wie für das Beschwerdeverfahren, allerdings ist das Kalenderjahr 2014 maßgeblich. Im Jahr 2014 hat sich die Besoldung für Beamte bei den Postnachfolgeunternehmen ab dem 1. März 2014 erhöht. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Streitwert ([2 x 2.796,81 Euro + 10 x 2.876,91 Euro] : 4).
44Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.