Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Jan. 2015 - 1 K 1555/13
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheids vom 9. April 2013 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Klägerin und Beklagter tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe.
3Die am 6. September 1969 geborene Klägerin absolvierte von September 1989 bis August 1992 eine Berufsausbildung zur mathematisch-technischen Assistentin an der S. . Hieran schloss sich das Studium der Informatik an der S. von Oktober 1992 bis Mai 1997 an, das sie mit dem Abschluss Diplom-Informatikerin beendete. Von Mitte Mai 1997 bis zum 31. August 1997 war sie sodann an der S. Aachen beruflich tätig. Am 1. September 1997 nahm sie eine Tätigkeit bei dem Unternehmen F. auf, die sie bis zum 22. August 2010 fortsetzte. Am 28. Oktober 1999 gebar sie die Zwillingskinder B. und H. .
4Nach der Geburt ihrer Kinder reduzierte die Klägerin ihre Tätigkeit in dem Unternehmen F. auf eine Teilzeitbeschäftigung von zunächst 16 Stunden, die sie dann auf 19, später auf 24 und letztlich auf 26 Wochenstunden erhöhte. Parallel bemühte sie sich um die Übernahme in den Landesdienst als Lehrerin. Bereits am 26. Februar 2003 hatte sie die Anerkennung ihres Diplomstudiengangs als Erste Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II mit dem Erstfach Informatik und dem weiteren Fach Mathematik erhalten. Nachdem sie sich um die Einstellung in den Schuldienst des Landes NRW beworben hatte, erhielt sie ein Einstellungsangebot mit dem Inhalt, dass wegen der notwendigen Teilnahme an Weiterqualifizierungsmaßnahmen eine Teilzeitbeschäftigung aus dienstlichen Gründen nur mit einer Reduzierung von maximal 4 Stunden möglich sei. Die Klägerin erklärte unter dem 3. April 2003, dass sie das Einstellungsangebot nicht annehme.
5Im April 2010 bewarb sie sich erneut um die Einstellung in den Schuldienst des Landes NRW bei dem Berufskolleg Wirtschaft des Kreises I. in H1. , wo sie ab dem 30. August 2010 als Lehrerin mit 20 Wochenstunden unterrichtete. Ausweislich des Zeugnisses vom 22. August 2012 legte sie am 25. April 2012 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Berufkollegs mit den Fächern Wirtschaftsinformatik und Mathematik erfolgreich ab. Ab dem 23. August 2012 war sie als angestellte Lehrerin weiter an dem Berufskolleg Wirtschaft des Kreises I. in H1. tätig.
6Bereits mit Schreiben vom 4. Juli 2012 hatte die Klägerin die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe beantragt. Unter dem 14. Juli 2012 wies sie darauf hin, dass auf die Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung ihre Kinderbetreuungszeiten anzurechnen seien. Sie erziehe ihre Kinder seit der Geburt selbst. Im Zeitraum vom 21. September 1999 bis zum 27. Oktober 2002 sei sie im Erziehungsurlaub gewesen. Nach den damals gültigen Gesetzen sei es möglich gewesen, dabei einer Berufstätigkeit von bis zu 50 % nachzugehen. Diese Möglichkeit habe sie genutzt und überwiegend in Form von Telearbeit gearbeitet. Auch nachdem ihre Kinder im September 2003 einen Kindergartenplatz erhalten hätten, habe sie weiterhin eine Teilzeittätigkeit ausgeübt. Nur so sei ihr die Betreuung ihrer Kinder möglich gewesen. Sie habe das Angebot zum Schuleinstieg im Jahr 2003 abgelehnt, da nach den Aussagen des damaligen Schulleiters der Seiteneinstieg als Lehrerin nicht im Rahmen eines Teilzeitvertrags möglich sei.
7Mit Anhörungsschreiben vom 10. Dezember 2012 kündigte der Beklagte die Absicht an, den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe abzulehnen. Sie habe die Höchstaltersgrenze beim Einstellungstermin am 13. August 2012 um zwei Jahre, elf Monate und 18 Tage überschritten. Die verzögerte Bewerbung um die Übernahme in das Beamtenverhältnis sei vermeidbar gewesen. Schon ab dem Jahr 2003 sei sie überhälftig bei dem Unternehmen F. beschäftigt gewesen. Es wäre ihr deshalb schon zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen, trotz der Betreuung ihrer Kinder den angebotenen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst in Teilzeit abzuleisten. Im Anschluss daran (bei regulären Verlauf im August 2005) hätte sie dann die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe und eine Teilzeitbeschäftigung beantragen können. Der Kausalzusammenhang zwischen der Kinderbetreuung und der verzögerten Einstellung sei deshalb unterbrochen. Das Anhörungsschreiben wurde der Gleichstellungsbeauftragten zur Kenntnis gegeben, die keine Stellungnahme abgab.
8Unter dem 9. Januar 2013 machte die Klägerin geltend, dass die ihr im Jahre 2003 angebotene berufsbegleitende Ausbildung zeitlich nicht mit der erforderlichen Betreuung ihrer Kinder vereinbar gewesen sei. Dies wäre auch bei einer Ausbildung auf einer Teilzeitstelle der Fall gewesen. Zwar hätte sich dann der stundenmäßige Umfang der Unterrichtserteilung, nicht jedoch der stundenmäßige Umfang der Teilnahme am Studienseminar reduziert. Sowohl bei den Unterrichts- als auch bei den Seminarstunden handele es sich zudem um feste zeitliche Belastungen, die in Konflikt mit der für die Kinderbetreuung erforderlichen zeitlichen Flexibilität getreten wären. Im Rahmen ihrer Teilzeitbeschäftigung bei dem Unternehmen F. habe sie hingegen die notwendige zeitliche Flexibilität besessen. Sie habe ihre Bürozeiten selbst flexibel wählen können und habe nur bis zu 60 % der Wochenstunden im Büro absolvieren müssen. Den Rest der Arbeitszeit habe sie zu Hause ableisten können. Bedingt durch die Tätigkeit in internationalen Projekten (Asien und Kanada) habe sie regelmäßig entweder in den sehr frühen Morgenstunden oder den späten Abendstunden arbeiten und so Kollisionen mit den für die Kinderbetreuung erforderlichen Zeiten vermeiden können. Ihrem Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe sei zudem zumindest aufgrund einer Ausnahmeentscheidung zu entsprechen. Zwar sei der so genannte Mangelfächererlass zwischenzeitlich aufgehoben worden, bei den von ihr erteilten Unterrichtsfächern handele es sich jedoch um solche, in denen ein Lehrermangel nach wie vor gegeben sei. Überdies sei ihrem Antrag auch deshalb zu entsprechen, weil sich ihr beruflicher Werdegang aufgrund der dargelegten Notwendigkeiten der Kinderbetreuung in einer von ihr nicht zu vertretender Weise verzögert habe, so dass die Anwendung der Regelaltersgrenze unbillig sei.
9Mit Bescheid vom 9. April 2013, zugestellt am 17. April 2013, lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ab. Soweit ihr ein Schulleiter im Jahr 2003 die fehlerhafte Auskunft gegeben habe, dass die angebotene berufsbegleitende Ausbildung nicht auf Basis einer Teilzeitbeschäftigung möglich sei, sei ihr dies zuzurechnen. Sie hätte diese Frage rechtsverbindlich bei der Bezirksregierung klären müssen. Spätestens ab dem 1. April 2001 habe sie eine überhälftige berufliche Tätigkeit in der Privatwirtschaft ausgeübt. Ab diesem Zeitpunkt habe sie nicht mehr ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet. Daran vermöge auch die Art der Berufsausübung – also die Erledigung in Heimarbeit oder die Möglichkeit der freien Zeiteinteilung – nichts zu ändern. Eine Ausnahmeregelung komme ebenfalls nicht in Betracht. Durch die Aufhebung des Mangelfacherlasses habe der Verordnungsgeber zu erkennen gegeben, dass er ein dienstliches Interesse an der Gewinnung bzw. dem Behalten von Lehrern in Abwägung mit den sich durch die Verbeamtung älterer Lehrer verbundenen Versorgungslasten nicht mehr als erheblich betrachte. Die Voraussetzungen der Härtefallklausel lägen nicht vor, da diese nur ganz außergewöhnlich gelagerte Sachverhalte erfasse.
10Die Klägerin hat am 16. Mai 2013 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Die in der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Land Nordrhein-Westfalen (LVO NRW) geregelte Altersgrenze verstoße gegen das Altersdiskriminierungsverbot. Entgegen der abweichenden Beurteilung durch den Beklagten sei die erforderliche Betreuung ihrer beiden Kinder für die Überschreitung der Altersgrenze kausal. Aus der überhälftigen Tätigkeit in der Privatwirtschaft folge nichts anderes. Es liege bei ihr ein atypischer Fall vor, da eine überhälftige Teilzeitbeschäftigung unter Vereinbarung mit der Betreuung ihrer Kinder nur wegen der enormen zeitlichen und örtlichen Flexibilität der ausgebübten Tätigkeit möglich gewesen sei.
11Die Klägerin beantragt,
12den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 9. April 2013 zu verpflichten, sie in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen,
13hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 9. April 2013 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er wiederholt und vertieft die Begründung aus dem angefochtenen Bescheid. Die Altersgrenze von 40 Jahren verstoße nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot.
17Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
20Die Klage hat mit dem Hauptantrag keinen Erfolg. Das Begehren der Klägerin, das beklagte Land zu verpflichten, sie in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, ist nicht spruchreif (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Im Rahmen der Entscheidung über die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe obliegt es dem Dienstherrn, auch über die Frage der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers zu befinden. Eine solche, durch den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum gekennzeichnete Entscheidung hat das beklagte Land bislang nicht getroffen.
21Vgl. zu den Anforderungen an eine Ermessensverengung auf Null bei der Verbeamtung von Lehrkräften OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - 6 A 2649/10 -, juris, Rn. 24; und vom 9. Oktober 2014 - 6 A 2486/13 -, juris, Rn. 7.
22Die Klage hat jedoch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihr Begehren, sie in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen. Insoweit ist der Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 9. April 2013 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
23Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde frühzeitig über die beabsichtigte Ablehnung unterrichtet und hatte Gelegenheit zur Stellungnahme, §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 LGG NRW. Die Klägerin wurde ordnungsgemäß gem. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört.
24Die Ablehnung ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ist jedoch materiell rechtswidrig.
25Das Klagebegehren ist auf der Grundlage der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Bestimmungen der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfallen in der Fassung vom 28. Juni 2014 - LVO NRW - (GV. NRW. 2014 S. 22) zu beurteilen. Die LVO NRW enthält keine Übergangsvorschriften für bereits vor Inkrafttreten dieser Neufassung der Laufbahnverordnung gestellte Verbeamtungsanträge.
26Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 K 6702/13 -, juris, Rn. 29, m.w.N.
27Nach der gemäß § 49 Abs. 1 LVO NRW auch für Lehrkräfte anwendbaren Vorschrift des § 8 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 LVO NRW in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
28Die am 6. September 1969 geborene Klägerin hat die Höchstaltersgrenze von 40 Jahren im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung um etwas mehr als 5 Jahre und 4 Monate überschritten. Im Zeitpunkt des Antrags auf Verbeamtung vom 4. Juli 2012 hatte sie die Höchstaltersgrenze um zwei Jahre und fast 10 Monate überschritten.
29Die durch diese Vorschriften festgelegte Höchstaltersgrenze ist wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 76/10 -, BVerwGE 142, 59 = juris, Rn. 14 ff.; OVG NRW, Urteil vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07 -, NVwZ-RR 2010, 992 = juris, Rn. 39 ff.
31Die Überschreitung der Altersgrenze ist jedoch nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO NRW unschädlich.
32Hiernach darf im Fall einer Verzögerung der Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines minderjährigen Kindes die Altersgrenze im Umfang der Verzögerung überschritten werden. Gemäß Satz 2 der Vorschrift darf bei Verzögerungen aus den genannten Gründen die Altersgrenze um bis zu drei Jahren, bei mehreren Kindern höchstens um bis zu sechs Jahre überschritten werden.
33Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor. Die Überschreitung der Altersgrenze durch die Klägerin beruht auf der tatsächlichen Betreuung ihrer minderjährigen Kinder. Da die Klägerin zwei Kinder betreut hat, kann die Altersgrenze maximal um sechs Jahre hinausgeschoben werden, was zur Deckung der eingetretenen Verzögerung genügt.
34Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Oberverwaltungsgerichts NRW ist maßgeblich für die individuell zulässige Überschreitung der Höchstaltersgrenze allerdings nicht der Umfang der Kinderbetreuungszeiten, sondern der Umfang der durch die Kinderbetreuung bedingten Verzögerung der Einstellung. Unterbrechungen des Kausalzusammenhangs durch weitere, vom Verordnungsgeber nicht privilegierte Ursachen bleiben deshalb bedeutsam, da insoweit kein Grund für eine Privilegierung der betroffenen Bewerber besteht. Die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen erfordert im Interesse einer berechenbaren und gleichmäßigen Verwaltungspraxis objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die rechtzeitige Hinwendung zu einem Beruf im öffentlichen Dienst - hier dem Lehrerberuf -, wenn der Einstellungsbewerber zuvor eine Ausbildung durchlaufen hat, die auf einen Beruf außerhalb des öffentlichen Dienstes hinführte.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, NVwZ-RR 2011, 329 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 6 A 1842/13 -, juris, Rn. 7 ff.; m.w.N.
36Die Klägerin hat sich nach ihrem Studium, und zwar spätestens im Jahr 2003, also noch weit vor einer Überschreitung der Höchstaltersgrenze, dem Beruf der Lehrerin zugewandt, wie aus der Anerkennung ihres Studienabschlusses als Erste Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II deutlich wird.
37Die Ergreifung des Berufs der Lehrerin hat sich sodann aus Gründen der Kinderbetreuung verzögert. Die Klägerin hat ihre Kinder nach deren Geburt im Jahr 1999 betreut. Ihre Tätigkeit für die Firma F. in den Jahren 1997 bis 2010 steht dem nicht entgegen.
38Die Betreuung von Kindern ist allerdings nur dann beachtlich, wenn sie den Tagesablauf der Betreuungsperson geprägt, d.h. im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung und/oder Beruf deutlich überwogen hat. Der Bewerber muss sich ganz oder jedenfalls überwiegend der Betreuung seiner Kinder gewidmet haben. Das ist regelmäßig nicht mehr anzunehmen, wenn er einer anderweitigen Tätigkeit, insbesondere einer mindestens halbtags (mit halber Stelle) ausgeübten Berufstätigkeit nachgegangen ist, die dazu führte, dass die Betreuungstätigkeit nicht mehr im Vordergrund stand.
39Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juli 2000 - 2 C 21.99 -, ZBR 2001, 32 = juris, Rn. 16, und vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 -, ZBR 1998, 419 = juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 2007 - 6 A 4769/04 -, juris, Rn. 42, jeweils zu insoweit gleichlautenden Vorgängerbestimmungen und mit weiteren Nachweisen; ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 2011 - 6 A 1340/11 -, juris, Rn. 7, und vom 26. August 2013 - 6 A 307/13 -, juris, Rn. 11.
40Mit der Begründung, von einer tatsächlichen Kinderbetreuung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO NRW sei "im Allgemeinen" nicht mehr auszugehen, wenn gleichzeitig eine überhälftige Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt wurde, lässt diese Rechtsprechung allerdings zu, dass es im Einzelfall möglich sein kann, dass ein Bewerber sein Kind tatsächlich betreut hat, sein Tagesablauf durch die Betreuung geprägt wurde und er dennoch einer überhälftigen Berufstätigkeit nachgehen konnte. Dies dürfte aber nur in besonderen Ausnahmefällen anzunehmen sein. Der Bewerber muss die maßgeblichen Besonderheiten in solchen Fällen besonders darlegen. Die Darlegungs- und Begründungslast für den Bewerber ist dabei im Hinblick auf seine prozessuale Mitwirkungspflicht aus § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO regelmäßig überdurchschnittlich hoch, da es sich für gewöhnlich um Umstände handeln dürfte, die in seiner Sphäre liegen. In die Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls ist regelmäßig zumindest einzubeziehen, in welchem zeitlichen Umfang eine überhälftige Tätigkeit überschritten wurde und unter welchen Rahmenbedingungen die berufliche Tätigkeit ausgeübt wurde.
41Dieses Verständnis der Vorschrift orientiert sich an ihrer familienpolitischen Bedeutung, die das Ziel verfolgt, Bewerbern, die gerade zugunsten der Kinderbetreuung die Aufnahme einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst hinausgeschoben oder unterbrochen haben, die damit verbundene Verzögerung in begrenztem Umfang hinsichtlich des Einstellungshöchstalters auszugleichen. Um diesem Ziel zu maximaler Wirksamkeit zu verhelfen, ist in jedem Einzelfall eine Betrachtung erforderlich. Die Kammer hält es mit dem Regelungszweck für unvereinbar, Kinderbetreuungszeiten nicht anzuerkennen, wenn ein Bewerber sein Kind tatsächlich betreut hat und es ihm wegen besonderer Umstände möglich war, gleichzeitig einer überhälftigen Tätigkeit nachzugehen.
42Ein solches Verständnis des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO NRW ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Bedürfnis einer gleichbleibenden Verwaltungspraxis richtig. Zwar ist aus Sicht der Verwaltung das Bedürfnis nachvollziehbar, den Umfang anerkennungsfähiger Kinderbetreuungszeiten klar zu definieren. Indes entspricht eine abstrakt-generelle Regelung dieser Frage gerade nicht der gesetzgeberischen Konzeption des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO NRW. Denn die Vorschrift verlangt durch das aufgestellte Kausalitätskriterium eine Bestimmung der betreuungsbedingten Verzögerung in jedem Einzelfall. Dem Bedürfnis der Verwaltungspraxis dürfte zudem schon dadurch Rechnung getragen werden, dass im Regelfall bei einer überhälftigen Tätigkeit nicht mehr von einer tatsächlichen Kinderbetreuung ausgegangen werden kann. Nur Ausnahmefälle rechtfertigen eine andere Bewertung.
43Nach diesen Maßstäben durchbricht die überhälftige berufliche Tätigkeit der Klägerin für das Unternehmen F. nicht den Kausalzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verzögerter Übernahme in den öffentlichen Dienst. Die Klägerin kann sich auf besondere Umstände berufen, die die Regelannahme, dass eine solche Tätigkeit einer überwiegenden Kinderbetreuung entgegensteht, widerlegen.
44Die Klägerin hat eine berufliche Tätigkeit ausgeübt, die ihr den nötigen zeitlichen Freiraum für eine überwiegende Kinderbetreuung ließ. Die zeitliche Flexibilität besaß sie auf Grund der besonderen Rahmenbedingungen ihrer beruflichen Tätigkeit. Zum einen besaß sie die Möglichkeit zur Telearbeit. Zum anderen betreute sie Projekte in Asien und Kanada, weshalb sie ihre Tätigkeit in Zeiträumen (frühe Morgen- und späte Abendstunden) ausüben konnte, in denen eine Betreuung der Kinder nicht erforderlich war. Der frühere Arbeitgeber der Klägerin hat diese Besonderheiten ihrer Tätigkeit ausdrücklich bestätigt.
45Die Kammer stellt in die Betrachtung zudem ein, dass die Klägerin nur im Umfang von maximal sieben Stunden eine überhälftige Tätigkeit überschritten hat. Zwischen den Beteiligten ist es unstreitig, dass eine Tätigkeit mit 19 Wochenstunden noch keine überhälftige Tätigkeit darstellt. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte wäre eine berufliche Tätigkeit in diesem Umfang, auch wenn sie voll außerhalb der eigenen Wohnung zu verrichten wäre, im Hinblick auf die Anerkennung von Kinderbetreuungszeiten nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO NRW also von vornherein unbedenklich. Dass die Klägerin zeitweise im Umfang von 26 Wochenstunden gearbeitet hat, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeit zur Telearbeit und zur Arbeit in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden war es ihr leicht möglich, sieben Stunden Mehrarbeit hierdurch aufzufangen.
46Auch eine weitere Berechnung bestätigt diese Einschätzung. Nach den Angaben der Klägerin musste sie maximal 60% ihrer Stundenzahl im Büro ableisten. Dies bedeutet, dass sie bei einer Stundenzahl von 26 Stunden pro Woche im Umfang von 15,6 Stunden (d.h. etwas mehr als drei Stunden pro Tag) außer Haus und im Umfang von 10,4 Stunden (etwas mehr als zwei Stunden pro Tag) zu Hause beruflich tätig war. Diese Arbeitszeiten stehen der Annahme von Kinderbetreuungszeiten, die den Tagesablauf maßgeblich prägen, nicht entgegen.
47Andere (nicht privilegierte) Gründe, die den Kausalzusammenhang zwischen den Kinderbetreuungszeiten und der verzögerten Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unterbrochen haben könnten, liegen nicht vor. Entgegen der Ansicht des Beklagten hätte die Klägerin insbesondere nicht bereits im Jahr 2003 den angebotenen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst antreten können. Auch soweit dies in Teilzeit möglich gewesen wäre, hätte sie dennoch im vollen Umfang an dem Studienseminar teilnehmen müssen. Da dies nach den Angaben der Klägerin, denen das beklagte Land nicht entgegengetreten ist, nachmittags stattfindet, wäre dies mit einer Kinderbetreuung unvereinbar gewesen.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Jan. 2015 - 1 K 1555/13
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 22. Jan. 2015 - 1 K 1555/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 25.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag hat keinen Erfolg.
2Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
3Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts habe. Der ablehnende Bescheid vom 26. November 2012 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Bescheid sei nicht wegen einer unterbliebenen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten formell rechtswidrig, da dem aus § 17 Abs. 1 LGG resultierenden Mitwirkungserfordernis nach Maßgabe des § 18 LGG durch die „Mitzeichnung“ der Gleichstellungsbeauftragten vor der Absendung des Bescheides Rechnung getragen worden sei. Die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe sei auch materiell rechtmäßig. Das beklagte Land habe die in seinem Ermessen stehende Entscheidung vorrangig am Prinzip der Bestenauslese zu orientieren (Art. 33 Abs. 2 GG). Es habe seine ablehnende Entscheidung in dem Bescheid vom 26. November 2012 unter Bezugnahme auf den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 11. April 2001 erneut darauf gestützt, dass die Klägerin seinerzeit nicht nach dem Maßstab der Bestenauslese ausgewählt worden sei, was unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden sei. Es sei keine generelle, in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG anspruchsbegründende Verfahrensweise des beklagten Landes feststellbar, Lehrkräfte nach – wie auch im Fall der Klägerin – erfolgreicher Entfristungsklage stets in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen. Schließlich könne die Klägerin eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht aufgrund einer Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG NRW beanspruchen, da in dem Schreiben des beklagten Landes vom 27. Juli 2009 die Feststellung, nunmehr sei die Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis möglich, ausdrücklich unter den Vorbehalt der sonstigen beamtenrechtlichen Voraussetzungen gestellt worden sei.
4Die gegen diese eingehend begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
5Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Bescheid vom 26. November 2012 nicht wegen einer unzureichenden Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten formell rechtswidrig ist. Die Klägerin meint, die Gleichstellungsbeauftragte könne nicht mehr hinreichend auf die Meinungsbildung einwirken, wenn der Bescheid – wie hier – im Zeitpunkt ihrer Beteiligung bereits schriftlich erstellt ist. Es sei „mental einfacher, Nein zu sagen“, wenn der Bescheid noch nicht fertig in Schriftform vorliege. Zwar mag diese Einschätzung zutreffen. Auch ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Satz 1 LGG, dass die Gleichstellungsbeauftragte grundsätzlich frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören ist. Die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides folgt daraus gleichwohl nicht. Denn § 18 Abs. 3 LGG geht davon aus, dass die Gleichstellungsbeauftragte auch bei späterer Beteiligung noch ohne Weiteres zu einer sachgerechten, unbeeinflussten Stellungnahme in der Lage ist und lässt ausdrücklich bei nicht rechtzeitig erfolgter Beteiligung die Aussetzung der Maßnahme sowie die Nachholung der Beteiligung zu.
6Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 – 6 E 811/12 –.
7Aber auch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur materiellen Rechtmäßigkeit unterliegen keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit. Die Klägerin geht fehl, wenn sie aus den Ausführungen des Senats in dem Vergleichsvorschlagsbeschluss vom 11. Oktober 2012 (in 6 A 1925/11), den die Beteiligten angenommen haben, folgert, damit seien dem beklagten Land konkrete, bei einer Neubescheidung zu beachtende Vorgaben für die Ermessensausübung gemacht worden. Die klägerseitig in Bezug genommene Passage befasst sich nicht mit der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung in dem damals streitgegenständlichen Bescheid (vom 11. September 2009), sondern betrifft allein die Frage, ob die Verwaltungsentscheidung (Ablehnung der Verbeamtung) „rechtlich alternativlos“ war, ob also eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag. Denn in diesem Fall wäre der aus der damals fehlenden Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten folgende Verfahrensfehler nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich gewesen und hätte von vornherein keinen Aufhebungsanspruch der Klägerin hinsichtlich des Bescheides allein wegen formeller Rechtswidrigkeit begründen können. Das war jedoch nicht der Fall. Mit Blick auf die in der Vergangenheit nicht immer ausnahmslose Handhabung der Verwaltungspraxis (betreffend die Ablehnung der Verbeamtung von nicht im landeseinheitlich geregelten Auswahlverfahren ausgewählten Bewerbern bei erfolgreicher arbeitsgerichtlicher Entfristungsklage) einiger Bezirksregierungen in frühen Jahren sowie auf den Umstand, dass dem Senat nichts über eine eventuelle Ermessenspraxis hinsichtlich „entfristeter Lehrkräfte“ in Anwendung des Erlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 30. Juli 2009 (Az. 211 – 1.12.03.03 – 973) bekannt war, konnte keine die Ablehnung der Verbeamtung der Klägerin zwingend verlangende Verengung des dem beklagten Land zustehenden Ermessensspielraums festgestellt werden. Dem entsprechend kommt sowohl in dem Vergleichsvorschlagsbeschluss vom 11. Oktober 2012 (6 A 1925/11) als auch in dem nachfolgenden Beschluss über die Kosten des Verfahrens vom 2. November 2012 (lediglich) zum Ausdruck, dass der Senat den Verfahrensfehler für erheblich und den damaligen Bescheid als formell rechtswidrig ansah, woraus dann auch die vorgeschlagene Neubescheidung folgte. Darüber hinausgehende konkrete Vorgaben für die Ermessensausübung im Fall einer Neubescheidung – wie von der Klägerin geltend gemacht – enthalten diese rechtlichen Erwägungen nicht.
8Nicht nachvollziehbar ist der Einwand, das Verwaltungsgericht habe „unter Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip“ die Verwaltung nicht kontrolliert, sondern die Rolle der Verwaltung übernommen, indem es nicht den Bescheid vom 26. November 2012 überprüft, sondern „selbst bescheidmäßig geprüft“ habe. Gegenstand der rechtlichen Überprüfung in dem angefochtenen Urteil ist ausdrücklich „die ablehnende Entscheidung der Bezirksregierung B. über den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe“. Diese begegne keinen Rechtmäßigkeitsbedenken. Insbesondere sei es unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land seine ablehnende Entscheidung in dem Bescheid vom 26. November 2012 unter Bezugnahme auf den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 11. April 2001 (erneut) darauf gestützt habe, dass die Klägerin damals als Erziehungsurlaubsvertretung eingestellt und daher nicht nach dem Maßstab der Bestenauslese ausgewählt worden sei (vgl. jeweils S. 12 der Urteilsabschrift). Darauf folgt eine eingehende Überprüfung, ob diese (ablehnende) Ermessensentscheidung ermessensfehlerhaft war, etwa weil das beklagte Land damit entgegen einer anderweitigen, bindenden (bzw. in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG anspruchsbegründenden) Ermessenspraxis gehandelt haben könnte. Für eine eigene, mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Prinzip der Gewaltenteilung nicht zu vereinbarende Ermessensentscheidung des Verwaltungsgerichts ist nichts ersichtlich.
9Die Klägerin benennt auch keine durchgreifenden Zweifel, dass das Verwaltungsgericht bei dieser Überprüfung zu Unrecht zu der Einschätzung gelangt sein könnte, dass die streitige Ablehnungsentscheidung unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden sei.
10Der Hinweis auf die (in der Vergangenheit teilweise) fehlende Einheitlichkeit der Verwaltungspraxis bei der Entscheidung über Verbeamtungen nach erfolgreichen arbeitsgerichtlichen Entfristungsklagen, lässt keinen Anhaltspunkt für einen Ermessensfehler hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Bescheides erkennen. Der weiter erhobene Einwand der Klägerin, es sei nach dem Vergleichsvorschlag keine Einzelfallentscheidung getroffen worden, ist nicht nachvollziehbar, da sich das beklagte Land in seinem Bescheid vom 26. November 2012 erneut mit ihrem auf die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe gerichteten Begehren befasst hat. Soweit der Bescheid zur Begründung auf den früheren Bescheid vom 11. April 2004 Bezug nimmt und sich (erneut) darauf stützt, dass die Klägerin nicht nach den Grundsätzen der Bestenauslese ausgewählt worden ist, hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass (allein) daraus kein Ermessensfehler folgt. Nichts Abweichendes folgt aus der zwischenzeitlichen Änderung der vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Februar 2009 – 2 C 18.07 – beanstandeten Regelungen zur laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze sowie dem Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 30. Juli 2009 (Az. 211 – 1.12.03.03 -973) zur Verfahrensweise mit Verbeamtungsanträgen nach der geänderten Rechtslage. Es ist weder dargelegt noch sonst erkennbar, dass dadurch ein (erneutes) Abstellen auf die nicht erfolgte Auswahl der Klägerin nach dem Grundsatz der Besten-auslese ermessenswidrig wäre.
11Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer Ermessenspraxis, aus der sich in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ein Übernahmeanspruch ergeben könnte, verneint. Die Klägerin geht fehl, wenn sie meint, das beklagte Land sei insoweit beweispflichtig. Zwar kann aus dem Umstand, dass sich die zur Beweisführung benötigten Unterlagen allein im Verantwortungs- und Verfügungsbereich eines Beteiligten befinden, eine prozessuale Mitwirkungspflicht folgen, die unter besonderen Voraussetzungen auch die materielle Beweislast bestimmt.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2000 – 2 C 13.99 –, juris.
13Soweit es hier allerdings um die negative Tatsache des Nichtbestehens einer von der Klägerin behaupteten (anspruchsbegründenden) Verwaltungspraxis geht, bedürfte es jedenfalls einer substantiierten Darlegung von Anhaltspunkten durch die Klägerin. Dem genügt sie mit dem nicht näher konkretisierten Vorbringen, dem Unterzeichner seien zahlreiche Fälle der Verbeamtung nach Entfristung bekannt, nicht.
14Die Ausführungen der Klägerin zum Anspruch auf Neubescheidung aus dem Vergleich (entsprechend dem Vergleichsvorschlagsbeschluss vom 11. Oktober 2012) gehen ins Leere, weil das beklagte Land diesem Anspruch durch den Bescheid vom 26. November 2012 nachgekommen ist. Unter welchem Gesichtspunkt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur „Vertretungspoolproblematik“, zur „Bevorzugung von EZU-Kräften“ sowie „in Bezug auf die Folgenbeseitigungslast“ ernstlichen Zweifeln unterliegen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Selbst wenn es keiner Überprüfung durch das Verwaltungsgericht bedurft hätte, ob aus den genannten Aspekten ein Verbeamtungs- oder Neubescheidungsanspruch folgen kann, ergibt sich daraus nichts für die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides.
15Das Vorbringen zu den rechtlichen Wirkungen des Schreibens der Bezirksregierung B. vom 27. Juli 2009 ist nicht nachvollziehbar. Die von der Klägerin als Folge dieses Schreibens geltend gemachte „Ermessensreduzierung auf den Gesundheitsaspekt“ ist bereits deshalb nicht verständlich, weil die gesundheitliche Eignung nicht Gegenstand der Ermessensausübung ist.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG in der Fassung vom 23. Juli 2013 (§ 71 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG).
18Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 00.00.1971 in J. (Türkei) geborene Klägerin, die seit 1992 in Deutschland lebt, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und als tarifbeschäftigte Lehrkraft im öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes steht, begehrt ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
3Die Klägerin schloss im Jahr 1992 an der Universität in C. (Türkei) ein Studium mit dem akademischen staatlichen Diplomgrad ab. Im Jahr 1993 nahm sie an der Philosophischen Fakultät der Universität zu L. ein Studium auf. Am 7. Juli 2003 erwarb sie nach bestandener Magisterprüfung in dem Hauptfach Politikwissenschaft und den Nebenfächern Deutsche Philologie und Pädagogik den Grad eines Magister Artium. Diese Magisterprüfung wurde durch Bescheid der Bezirksregierung Münster vom 6. November 2003 als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule mit der Note „gut“ (2,5) anerkannt.
4Am 1. Februar 2005 wurde die Klägerin in den Vorbereitungsdienst für ein entsprechendes Lehramt eingestellt. Dieser war in der Zeit vom 2. Februar 2005 bis zum 16. August 2009 unterbrochen, weil die Klägerin sich im Hinblick auf ihre am 00.0.2004 geborene Tochter und ihren am 00.0.2007 geborenen Sohn in Elternzeit befand. Im März 2012 bestand sie die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule in den Fächern „Deutsch“ und „Sozialwissenschaften/Politik“ mit der Note „befriedigend“ (3,2). Vom 7. Mai 2012 bis zum 6. Juli 2012 sowie vom 22. August 2012 bis zum 6. Mai 2013 war die Klägerin mit 20 bzw. 28 Unterrichtsstunden in der Woche als Lehrkraft zur Aushilfe an Grundschulen in L. tätig. Eine Bewerbung um unbefristete Einstellung entsprechend ihrer Lehramtsbefähigung erfolgte nicht.
5Nachdem die Klägerin schließlich erfahren hatte, dass auch Lehrkräfte für den Herkunftssprachlichen Unterricht (HSU) gesucht würden, bewarb sie sich unter dem 8. Juni 2013 auf eine vom Schulamt für die Stadt N. (Schulamt) ausgeschriebene Stelle als Lehrerin in türkischer Sprache. Die Bezirksregierung Düsseldorf (Bezirksregierung) teilte ihr unter dem 17. Juli 2013 die Absicht mit, sie als HSU-Lehrkraft einzustellen, wegen Überschreitung der Höchstaltersgrenze von 40 Jahren gemäß § 6 der Laufbahnverordnung in der damals geltenden Fassung (nunmehr: § 8 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2014, GV. NRW. S. 22, auf die sich die nachfolgend zitierten Vorschriften der LVO NRW beziehen) allerdings nicht im Beamtenverhältnis auf Probe, sondern als Tarifbeschäftigte. Die Überschreitung der Höchstaltersgrenze sei nicht wegen der Kinderbetreuung unschädlich. Denn diese sei nicht ursächlich für die Nichteinhaltung der Höchstaltersgrenze gewesen. Die fiktive Prüfung ihres beruflichen Werdeganges ergebe, dass sie ohne die Kinderbetreuung zwar bereits im Februar 2007 ihren Vorbereitungsdienst abgeschlossen hätte; es lasse sich aber im Nachhinein nicht mehr feststellen, dass sie nachfolgend als Lehrkraft für den HSU unbefristet eingestellt worden wäre. Derartige Stellen würden ausschließlich aufgrund des Ergebnisses eines Vorstellungs- bzw. Auswahltermins im Rahmen einer wertenden Entscheidung vergeben, die nachträglich nicht mehr rekonstruierbar sei.Die Klägerin trat dem mit dem Hinweis darauf entgegen, die Auffassung des Beklagten führe im Ergebnis dazu, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 2 LVO NRW faktisch leerlaufe, weil kein Bewerber den Nachweis führen könne, dass es zu einem früheren Zeitpunkt eine Einstellungsmöglichkeit gegeben habe.
6Nachdem die Gleichstellungsbeauftragte sich am 8. August 2013 hiermit einverstanden erklärt hatte, lehnte die Bezirksregierung mit Bescheid vom 9. August 2013 den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Vertiefung ihrer Ausführungen im Anhörungsschreiben ab. Ergänzend verwies sie auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 14. März 2013 - 6 A 1194/12 -, wonach hinsichtlich des Nachweises der Einstellungsmöglichkeit im Ausschreibungsverfahren eine abweichende Verteilung der materiellen Beweislast zu Lasten des beklagten Landes nicht in Betracht komme. Am 12.August 2013 schlossen die Beteiligten einen Arbeitsvertrag, durch den die Klägerin ab dem 30. August 2013 auf unbestimmte Zeit als HSU-Lehrkraft eingestellt wurde.
7Die Klägerin hat am 20. August 2013 die Klage auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt:
8Die Überschreitung der Höchstaltersgrenze sei wegen beachtlicher Betreuungszeiten unschädlich. Sie habe sich in der Zeit von Februar 2005 bis August 2009 in Elternzeit befunden und während dieser mehr als 55 Monate ihre beiden Kinder betreut. Darüber hinaus habe sie ab Februar 2001 ihren mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderten Vater im häuslichen Bereich gepflegt. Durch die Betreuungstätigkeiten werde die Überschreitung der Höchstaltersgrenze um – im Zeitpunkt ihrer Einstellung – lediglich 1 Jahr und 9 ½ Monate mehr als ausgeglichen. Ohne Bedeutung seien in diesem Zusammenhang bereits wegen des deutlich geringeren zeitlichen Umfangs ihre Beschäftigungszeiten von Mai 2012 bis Mai 2013.
9Ohne die Betreuung der Kinder und des Vaters hätte sie den Vorbereitungsdienst im Januar 2007 abgeschlossen. Danach wäre sie problemlos vor Erreichen der Altersgrenze eingestellt worden. Der Einwand des Beklagten, sie könne nicht den Nachweis führen, dass sie bei einer Bewerbung zu einem früheren Zeitpunkt ausgewählt worden wäre, betreffe nicht die Frage der Kausalität, sondern die der materiellen Beweislast. Insoweit sei es entgegen der Ansicht des Beklagten nicht angängig, ihr die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass sie während der Betreuungszeiten im schulscharfen Auswahlverfahren eingestellt worden wäre. Der Bewerber verfüge weder über eine umfassende Kenntnis darüber, an welchen Schulen welche Stellen mit welcher Fächerkombination angeboten würden, noch könne er den Nachweis erbringen, dass er in dem Auswahlverfahren obsiegt hätte. Deshalb müssten für das Ausschreibungsverfahren dieselben Beweislastregeln gelten, welche die Rechtsprechung für das sog. Listenverfahren entwickelt habe. Hiernach trage das beklagte Land die prozessualen Folgen der Unerweislichkeit der Einstellung, wenn es Unterlagen der Bewerbungsverfahren nicht vorhalte und dadurch die Aufklärung der Kausalitätsfrage unmöglich mache. Dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 20. Januar 2000 - 2 C 13.99 - die Beweislastumkehr lediglich für das Listenverfahren ausgesprochen habe, stehe einer Übertragung auf das Ausschreibungsverfahren nicht entgegen. Seinerzeit habe es nur das Listenverfahren gegeben. Dieses sei nunmehr fast völlig von dem Ausschreibungsverfahren abgelöst worden. Im Hinblick hierauf habe auch das Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens - 2 C 34.07 - am 19. Februar 2009 und in der nachfolgenden Pressemitteilung zum Ausdruck gebracht, dass es in derartigen Fällen zu einer unzureichenden Berücksichtigung etwa der Kinderbetreuungszeiten und der Grundwehrdienstzeiten kommen könne. Der Beklagte könne sich für seine gegenteilige Auffassung nicht mit Erfolg auf den Beschluss des OVG NRW vom 14. März 2013 stützen, weil in jenem Verfahren bereits die Voraussetzungen der Kausalität in hohem Maße zweifelhaft gewesen seien.
10Ohne die Betreuungstätigkeiten wäre sie jedenfalls ab dem Jahr 2010 und somit vor Erreichen der Höchstaltersgrenze als HSU-Lehrkraft für Türkisch eingestellt worden. Sie hätte eine der seit dem Schuljahr 2010/2011 ausgeschriebenen zahlreichen Stellen erhalten. Das ergebe sich daraus, dass sie sich in dem ihrer (späteren) Einstellung vorausgegangenen Auswahlverfahren als Spitzenkraft erwiesen habe. Der Beklagte habe seinerzeit festgestellt, dass aufgrund ihrer Ausbildung und nach ihrer Vorstellung im Bewerbergespräch die Auswahl mit weitem Abstand auf sie gefallen sei.
11Die hiernach anzunehmende Kausalität ihrer Betreuungstätigkeiten für die Einstellung erst nach Überschreitung der Höchstaltersgrenze sei auch nicht etwa dadurch wieder entfallen, dass sie danach zeitweilig als Aushilfslehrkraft gearbeitet und in dieser Zeit etwaige Einstellungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen habe. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW entfalle zwar der Ursachenzusammenhang zwischen der Kinderbetreuung und der Verzögerung der Einstellung, wenn der Bewerber eine weitere Einstellungschance aus einem anderen Grund als dem der Kinderbetreuung nicht genutzt habe. Diese Prüfung erfasse aber lediglich den Zeitraum bis zum Erreichen der Höchstaltersgrenze von 40 Jahren. Eine spätere Einstellungsmöglichkeit sei unbeachtlich. Das entspreche in ihrem Fall auch der Billigkeit. Angesichts dessen, dass in anderen Ländern die Höchstaltersgrenze bei 45 oder 50 Jahren liege und die Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre – mit zu erwartender steigender Tendenz – angehoben worden sei, sei bei dieser Betrachtungsweise auch das angemessene Verhältnis zwischen aktiver Dienstzeit und dem Zeitraum des Versorgungsbezugs nicht in Frage gestellt. Zudem seien die Fälle, in denen eine Lehrkraft nach Vollendung des 40. Lebensjahres unter Verweis auf vorherige Kinderbetreuung die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis erfülle, der Natur der Sache nach eng begrenzt.
12Jedenfalls sei nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze in Betracht zu ziehen. Das Schulamt für die Stadt N. habe deutlich gemacht, dass die Stelle, auf die sie sich erfolgreich beworben habe, zur Unterrichtsversorgung im Fach Türkisch dringend benötigt werde und der Unterricht zum Schuljahresbeginn nicht sichergestellt sei, wenn sie ihren Dienst nicht antrete. Darüber hinaus sei eine Ausnahmeerteilung auch gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW aus Billigkeitsgründen zu erwägen. Wegen der langjährigen Betreuung der Kinder und des Vaters sei es aus von ihr nicht zu vertretenden Umständen zu einer erheblichen Verzögerung ihrer Ausbildung gekommen.
13Die Klägerin beantragt,
14den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 9. August 2013 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er nimmt Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides und führt weiter aus:
18Die Überschreitung der Höchstaltersgrenze sei nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 und 4 LVO NRW wegen Betreuungstätigkeiten unschädlich Die Klägerin habe bereits nicht den Nachweis führen können, dass sie während der Betreuungszeiten unbefristet eingestellt worden wäre. In der Zeit von 2007 bis 2011 (Erreichen der Höchstaltersgrenze) habe an Schulen, an denen sie aufgrund ihrer Lehramtsbefähigung unterrichten könne, für sie keine Einstellungschance im Listenverfahren bestanden. Für den Primarstufenbereich sei seinerzeit keine Listenziehung erfolgt. Im Sekundarstufen I-Bereich sei nur im Jahr 2008 eine Listenziehung, und zwar bis zur Ordnungsgruppe 23, vorgenommen worden. Die Klägerin wäre aber auch in diesem Jahr nicht eingestellt worden, weil sie einer schlechteren (höheren) Ordnungsgruppe zugeordnet gewesen sei.
19Ob die Klägerin in diesem Zeitraum aufgrund einer schulscharfen Bewerbung um Einstellung entsprechend ihrer Lehramtsbefähigung oder auf eine HSU-Stelle in einem Ausschreibungsverfahren eingestellt worden wäre, lasse sich nicht mehr feststellen. Allerdings seien HSU-Lehrkräfte auf der Grundlage des Erlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSW NRW) vom 21. Dezember 2009 erstmals wieder zum Schuljahresbeginn 2010/2011 eingestellt worden. In jenem Schuljahr seien im Regierungsbezirk Düsseldorf 12 Stellen HSU-Türkisch ausgeschrieben und besetzt worden, im nachfolgenden Schuljahr 11 Stellen. Wie viele A 12-Stellen für Lehrkräfte mit dem Lehramt, der Fächerkombination und den Ortswünschen der Klägerin im fraglichen Zeitraum ausgeschrieben worden seien, lasse sich ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand nicht mehr ermitteln. Jedenfalls könne die insoweit beweisbelastete Klägerin nicht den Nachweis führen, dass sie im Falle einer Bewerbung seinerzeit unbefristet schulscharf eingestellt worden wäre. Die Grundsätze über die Beweislastumkehr bzw. Beweiserleichterung, die das Bundesverwaltungsgericht für den Fall entwickelt habe, dass die Einstellungsbehörde die der Auswahlentscheidung im Listenverfahren zugrunde gelegten Unterlagen vernichtet habe, seien entgegen der Ansicht der Klägerin auf das schulscharfe Ausschreibungsverfahren nicht übertragbar. Denn es sei im Rahmen einer hypothetischen Betrachtung schlechterdings unmöglich zu rekonstruieren, ob die Klägerin sich in einem solchen Auswahlverfahren, dessen Ausgang von zahlreichen Faktoren (z.B. Wissenstand, Auftreten, Erscheinungsbild, „fachliche Tagesform“) abhängig sei, durchgesetzt hätte. Eine Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung zu Lasten der Behörde hätte eine rechtsstaatlich unzulässige Lastenverteilung zur Folge, weil eine entsprechende Darlegungs- und Nachweisverpflichtung der Behörde an eine ihr unmögliche Handlung anknüpfte. Diese Auffassung habe auch das OVG NRW in seinem Beschluss vom 14. März 2013 vertreten.
20Zudem sei aufgrund der überhälftigen Beschäftigung der Klägerin als Aushilfslehrkraft in der Zeit von Mai 2012 bis Mai 2013 eine Unterbrechung des – hier unterstellten – Kausalzusammenhangs zwischen den Betreuungstätigkeiten und der Einstellungsverzögerung eingetreten. Denn seinerzeit habe die Klägerin sich nicht mehr ganz oder überwiegend anstelle der Berufsausbildung der Betreuung ihrer Kinder gewidmet. Von März 2012 bis Mitte 2013 seien im Regierungsbezirk Düsseldorf insgesamt 21 HSU-Stellen für Türkisch ausgeschrieben worden. Wie viele A 12-Stellen für Lehrkräfte mit dem Lehramt, der Fächerkombination und den Ortswünschen der Klägerin im fraglichen Zeitraum zu besetzen gewesen seien, lasse sich auch für diesen Zeitraum nicht mehr ohne weiteres feststellen. Im Listenverfahren seien seinerzeit zwei Lehrkräfte im Rahmen der Versorgung schwerbehinderter Menschen eingestellt worden. Darüber hinaus habe es eine Listenziehung für den Bereich der Stadt E. gegeben. Bei dieser Stelle, die auch für das von der Klägerin nicht studierte Fach Mathematik vorgesehen gewesen sei, sei ein Bewerber mit der Ordnungsgruppe 28 zum Zuge gekommen.
21Für eine Ausnahmegenehmigung fehle es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen. Von den zum Auswahlgespräch erschienenen Personen hätten mehrere Bewerber einen so guten Eindruck hinterlassen, dass auch diese eingestellt worden wären. Von einem Bewerber- bzw. Fachkräftemangel im Bereich des HSU in türkischer Sprache sei daher nicht auszugehen.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die in der Form der Bescheidungsklage zulässige Verpflichtungsklage ist nicht begründet.
25Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über ihren Antrag vom 5. August 2013 auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet. Der ablehnende Bescheid der Bezirksregierung vom 9. August 2013 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
26Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Die Klägerin war zuvor gemäß § 28 VwVfG NRW angehört und die Gleichstellungsbeauftragte, die nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 LGG NRW einbezogen werden musste, war vor Abgang des Bescheides gemäß § 18 Abs. 2 LGG beteiligt worden; sie hatte sich am 8. August 2013 mit der ablehnenden Entscheidung „einverstanden“ erklärt.
27Der Bescheid steht auch mit dem materiellen Recht in Einklang, soweit er den Verbeamtungsantrag der Klägerin wegen Überschreitung der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze ablehnt. Der Klägerin wäre zwar eine unbefristete Einstellung in den Schuldienst vor Erreichen der Höchstaltersgrenze möglich gewesen, wenn sie sich nicht der Betreuung ihrer Kinder und ihres Vaters gewidmet hätte. Die Betreuungstätigkeiten sind gleichwohl nicht die entscheidende Ursache für die verzögerte Einstellung, weil die Klägerin im Anschluss an die Betreuungszeiten einer anderen Berufstätigkeit nachgegangen ist und in dieser Zeit tatsächliche Möglichkeiten einer früheren unbefristeten Einstellung nicht wahrgenommen hat. Die Gewährung einer Ausnahme von der Höchstaltersgrenze ist gleichfalls zu Recht versagt worden.
28Art. 33 Abs. 2 GG und die zur Konkretisierung dieser Norm ergangenen beamtenrechtlichen Vorschriften,
29vgl. § 9, § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Satz 1 LBG NRW,
30gewähren keinen unmittelbaren Anspruch auf Einstellung oder Übernahme in ein Beamtenverhältnis. Der Zugang zu einem solchen Amt ist vielmehr unter anderem abhängig von der Erfüllung bestimmter gesetzlicher Anforderungen, zu denen insbesondere auch die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen gehören.
31Insoweit hat das Gericht auf der Grundlage der Bestimmungen der LVO NRW in der im Zeitpunkt der heutigen gerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung zu entscheiden, weil die LVO NRW keine Übergangsvorschriften für bereits vor Inkrafttreten dieser Neufassung der Laufbahnverordnung gestellte Verbeamtungsanträge enthält.
32VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Mai 2014 - 2 K 3217/13 -, juris Rn. 20; vgl. zur Maßgeblichkeit der derzeitigen Rechtslage auch für den Fall, dass der Verbeamtungsantrag vor einer Rechtsänderung gestellt worden war: BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, NVwZ-RR 2011, 329, sowie Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 76/10 -, - 2 C 79.10 - und - 2 C 2.11 -, jeweils juris.
33Nach der gemäß § 49 Abs. 1 LVO NRW auch für Lehrkräfte anwendbaren Vorschrift des § 8 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 LVO NRW in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.Bei der Klägerin handelt es sich um eine „Laufbahnbewerberin“ in diesem Sinne. Sie ist zwar nicht als Lehrerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 LVO NRW dieser Vorschrift, sondern aufgrund des Runderlasses des MSW NRW vom 21. Dezember 2009 (ABl. NRW. 2/10 S. 93 = BASS 13 - 63 Nr. 3) als HSU-Lehrkraft eingestellt worden. Da dies aber aufgrund der Bestimmung der Nr. 7.2 dieses Runderlasses erfolgte, welche für den HSU auch die Einstellung von Lehrkräften mit einer Befähigung für ein Lehramt nach deutschem Recht ermöglicht, sind die Vorschriften über die Übernahme in das Beamtenverhältnis einschließlich der Bestimmungen zur Höchstaltersgrenze auf diesen Personenkreis anwendbar.
34Die am 00.00.1971 geborene Klägerin hat die Höchstaltersgrenze von 40 Jahren im Zeitpunkt der (heutigen) gerichtlichen Entscheidung aber um annähernd 3 Jahre überschritten. Eine „Überalterung“ (um mehr als 1 ½ Jahre) war auch schon in dem – im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW bedeutsamen – Zeitpunkt der Bewerbung vom 8. Juni 2013 um unbefristete Einstellung als HSU-Lehrkraft gegeben.
35Diese Überschreitung der Altersgrenze durch die Klägerin ist auch nicht wegen der Geburt und Betreuung ihrer beiden Kinder und/oder ihres pflegebedürftigen Vaters unschädlich. Allerdings darf die Altersgrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 1 LVO NRW dann, wenn sich die Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe wegen (1.) der Ableistung einer Dienstpflicht nach Art. 12 a GG, (2.) der Teilnahme an Maßnahmen im Sinne des § 34 Abs. 2 der Freistellungs- und Urlaubsverordnung (u.a. freiwilliges soziales Jahr), (3.) der Geburt oder Betreuung eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines minderjährigen Kindes, oder (4.) der tatsächlichen Pflege eines nach einem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen nahen Angehörigen verzögert hat, im Umfang der Verzögerung überschritten werden; im Falle von Betreuungstätigkeiten ist eine Überschreitung der Altersgrenze um höchstens sechs Jahre zulässig (vgl. Sätze 2 bis 4). Dabei kann der Zeitverlust im Zusammenhang mit dem Erwerb der für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt erforderlichen Vorbildung, während des Vorbereitungsdienstes selbst, anlässlich der Laufbahnprüfung oder in dem Zeitraum danach eingetreten sein.
37Soweit Betreuungs- bzw. Pflegetätigkeiten in Rede stehen, sind diese aber zunächst nur dann beachtlich, wenn sie den Tagesablauf der Betreuungsperson geprägt, d.h. im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung und/oder Beruf deutlich überwogen haben. Der Bewerber muss sich mithin ganz oder jedenfalls überwiegend der Betreuung seiner Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen gewidmet haben. Das ist regelmäßig nicht mehr anzunehmen, wenn er einer anderweitigen Tätigkeit, insbesondere einer mindestens halbtags (mit halber Stelle) ausgeübten Berufstätigkeit nachgegangen ist, die dazu führte, dass die Betreuungstätigkeit nicht mehr im Vordergrund stand.
38Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juli 2000 - 2 C 21.99 -, ZBR 2001, 32, und vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 -, ZBR 1998, 419; OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 2007 - 6 A 4769/04 -, juris, jeweils zu insoweit gleichlautenden Vorgängerbestimmungen und mit weiteren Nachweisen;ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 9. August 2011 - 6 A 1340/11 - und vom 26. August 2013 - 6 A 307/13 -, jeweils juris.
39Zu berücksichtigen ist insoweit nicht nur eine Tätigkeit außerhalb des Lehrerberufs, sondern etwa auch eine nicht der Lehrerausbildung dienende befristete Beschäftigung als Aushilfslehrkraft im öffentlichen Schuldienst.
40OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Juni 2012 - 6 A 1298/11 - und vom 26. August 2013 - 6 A 307/13 -, jeweils juris.
41Aus der Verwendung des Wortes „wegen“ folgt nach der Rechtsprechung zudem, dass eine beachtliche Verzögerung nur dann anzuerkennen ist, wenn gerade der Verzögerungstatbestand (Dienstverpflichtung, Betreuung minderjähriger Kinder, Pflege Angehöriger etc.) ursächlich dafür gewesen ist, dass die Einstellung in den öffentlichen Dienst erst nach Vollendung der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze möglich wurde.
42So bereits die ständige Rechtsprechung zu der inhaltsähnlichen Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 und 4 LVO NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. November 1995 (GV. NRW. 1996 S. 1): BVerwG, Urteile vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 -, DÖD 1999, 140, und vom 25. Februar 2010 - 2 C 22.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2003 ‑ 6 A 510/01 ‑, DÖD 2004;ebenso zu § 6 Abs. 2 in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Laufbahnverordnung und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 2009 (GV. NRW. S. 382 – LVO NRW a.F.): BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, a.a.O., vom 14. März 2011 - 2 B 44.11 - und vom 3. Mai 2011 - 2 B 68.11 -, jeweils juris.
43Dieses Kausalitätserfordernis ist unter anderem dann nicht erfüllt, wenn eine (fiktive) Bewerbung um unbefristete Einstellung in den Schuldienst während der Betreuungszeit keinen Erfolg gehabt hätte. Denn in diesem Fall ist nicht die Betreuungstätigkeit die entscheidende Ursache für die verzögerte Einstellung.
44Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 - 6 A 1690/10 -, juris Rn. 32, vom 3. Dezember 2010 - 6 A 1698/10 -, juris Rn. 36, vom 14. März 2013 – 6 A 1194/12 -, juris Rn. 28, und vom 25. Juli 2013 - 6 A 630/13 -, juris Rn. 5; ebenso bereits Urteil vom 28. Mai 2003 - 6 A 510/01 -, juris Rn. 10.
45An der Ursächlichkeit eines Verzögerungstatbestandes für die unbefristete Einstellung in das Beamtenverhältnis fehlt es ferner dann, wenn es nach Ableistung des Dienstes oder nach der Betreuungszeit, während der eine Einstellungschance nicht wahrgenommen wurde, zu vermeidbaren, von dem Bewerber zu vertretenden Verzögerungen, etwa zu einer für die Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erforderlichen Ausbildung oder Berufstätigkeit gekommen ist. Denn in diesem Fall ist der Kausalzusammenhang „unterbrochen“ und der Verzögerungstatbestand nicht mehr, wie erforderlich, die entscheidende (unmittelbare) Ursache der verzögerten Einstellung.
46OVG NRW, Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 - 6 A 1690/10 - und vom 3. Dezember 2010- 6 A 1698/10 -, jeweils m.w.N., juris.
47Eine solche Unterbrechung der – aufgrund des Verpassens einer Einstellungschance wegen beachtlicher Betreuungstätigkeit zunächst gegebenen – Kausalität tritt insbesondere dann ein, wenn sich der Bewerber danach nicht mehr ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet hat, was – wie bereits ausgeführt wurde – regelmäßig anzunehmen ist, wenn die Berufstätigkeit mindestens halbtags (mit halber Stelle) ausgeübt wird. Allerdings erweist sich eine solche Berufstätigkeit oder eine anderweitige Ausbildung nur dann als schädlich, wenn sich dem Bewerber während dieser Zeit eine oder mehrere (weitere) Einstellungschancen geboten haben, die er aus anderen als in § 8 Abs. 2 Satz 1 LVO NRW genannten Gründen nicht wahrgenommen hat. Denn hat der Bewerber (später) eine solche Einstellungsmöglichkeit nicht genutzt, ist dieser Umstand und nicht die in früheren Jahren ausgeübte Betreuungstätigkeit die entscheidende Ursache für die verzögerte Einstellung.
48OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 6 A 2147/04 -, juris Rn. 32 und 37.
49Die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen erfordert im Interesse einer berechenbaren und gleichmäßigen Verwaltungspraxis darüber hinaus objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die rechtzeitige Hinwendung zum Lehrerberuf; das gilt insbesondere dann, wenn der Einstellungsbewerber zuvor eine Ausbildung durchlaufen hat, die auf einen Beruf außerhalb des öffentlichen Dienstes hinführte.
50OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2013 - 6 A 307/13 -, juris Rn. 5; VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Dezember 2012 - 2 K 2844/11 -, m.w.N.
51An diesem Kausalitätserfordernis hat sich durch die am 8. Februar 2014 in Kraft getretene, inhaltlich im Wesentlichen unverändert gebliebene Neufassung der Laufbahnverordnung nichts geändert.
52Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin jedenfalls über einen Zeitraum von fünf Jahren (16. August 2004 bis 16. August 2009), in dem sie sich in Elternzeit befand, ganz überwiegend ihre beiden Kinder und zudem den pflegebedürftigen Vater betreut hat. Die darüber hinaus geltend gemachte Zeit der Betreuung des Vaters bis zum 31. Mai 2010 kann demgegenüber keine Berücksichtigung finden, weil die Betreuungstätigkeit in diesem Zeitraum wegen des ab dem 17. August 2009 wieder aufgenommenen Vorbereitungsdienstes, der einer Vollzeitbeschäftigung gleich zu erachten ist, nicht mehr im Vordergrund stehen konnte.
53Die Klägerin hatte auch bereits vor und während der Kinderbetreuung nach außen hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich dem Lehrerberuf zuwenden wolle. Sie hatte schon im Jahr 2003 die Anerkennung ihrer Magisterprüfung als Lehramtsprüfung betrieben und durch ihre Bewerbung um Einstellung in den Vorbereitungsdienst zum 1. Februar 2005 zum Ausdruck gebracht, dass sie – nach der Elternzeit – ihre Ausbildung zur Lehrerin fortsetzen wollte.
54Den Betreuungszeiten ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht deshalb die Eignung abzusprechen, eine Überschreitung der laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenze zu ermöglichen, weil die Klägerin ohnehin – also auch ohne die Betreuungstätigkeiten – vor Vollendung ihres 40. Lebensjahres nicht unbefristet eingestellt worden wäre. Wäre sie nicht durch Betreuungstätigkeiten an einer zügigen Lehrerausbildung gehindert gewesen, hätte sie den am 1. Februar 2005 aufgenommenen Vorbereitungsdienst bereits im Januar 2007 abschließen und sich erstmalig zum 1. Februar 2007 um Einstellung in den Schuldienst bewerben können. Aus diesem Grund ist der Frage nachzugehen, ob die Klägerin in dem Zeitraum von Februar 2007 bis zum Erreichen der Altersgrenze (November 2011) unbefristet eingestellt worden wäre. Diese Prüfung ist auf alle Einstellungsmöglichkeiten zu erstrecken und nicht auf solche im Bereich der HSU-Lehrer zu beschränken, in dem die Klägerin schließlich tatsächlich eingestellt worden ist. Denn im vorliegenden Zusammenhang ist eine in die Vergangenheit gerichtete hypothetische Betrachtung vorzunehmen, die im Grundsatz losgelöst zu betrachten ist von der künftigen tatsächlichen Entwicklung.
55Allerdings kam vor Erreichen der Altersgrenze eine Einstellung im sog. landesweiten Listenverfahren (vgl. hierzu Rn. 3.1 bis 3.4 des Runderlasses des MSW NRW vom 9. August 2007, ABl. NRW. S. 518 = BASS 21 – 01 Nr. 16; nachfolgend: Einstellungserlass) auf Stellen, für die die Klägerin über das gefragte Lehramt (Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschule Sek. I-Bereich) mit den entsprechenden Fächern verfügt, nicht in Betracht. Nach der auf Datenmaterial der Bezirksregierung Arnsberg gestützten und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Darstellung des Beklagten erfolgte in den Jahren 2007 bis 2011 für den Primarstufenbereich überhaupt keine „Listenziehung“. Auch im Sekundarstufen I-Bereich wäre die Klägerin nicht zum Zuge gekommen. Einstellungen mit dem Lehramt und der Fächerkombination der Klägerin gab es allein in 2008. In diesem Jahr wurde aber nur bis zur Ordnungsgruppe 23 eingestellt. Die Ordnungsgruppe der Klägerin lag darüber, war also schlechter, weil sie ihr Zweites Staatsexamen lediglich mit „befriedigend“ abgeschlossen hatte.
56Es ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin in dem Schuljahr 2010/2011 oder zu Beginn des Schuljahres 2011/2012 als HSU-Lehrerin eingestellt worden wäre, wenn es keine Verzögerungen der Berufsausbildung infolge beachtlicher Betreuungstätigkeit gegeben hätte und die Klägerin sich demnach bereits seinerzeit (vor Erreichen der Höchstaltersgrenze) auf eine dieser Stellen hätte beworben können.
57Nach herrschender Ansicht, der auch die Kammer bislang gefolgt war, ist allerdings ein Kläger regelmäßig nicht in der Lage zu belegen, dass seine (fiktive) Bewerbung im sog. Ausschreibungsverfahren (vgl. hierzu Rn. 2.1 bis 2.14 des Einstellungserlasses), in dem auch HSU-Stellen (ausschließlich) vergeben werden, Erfolg gehabt hätte. Denn es lasse sich nicht mehr rekonstruieren, ob der Kläger sich in diesem Verfahren gegenüber seinen Mitbewerbern durchgesetzt hätte. Im Ausschreibungsverfahren werde die Auswahlentscheidung aufgrund einer wertenden Entscheidung einer Auswahlkommission auf der Grundlage eines Vorstellungs- bzw. Auswahlgesprächs getroffen. Hierbei erlange eine Vielzahl variabler Faktoren Bedeutung, u.a. die Zahl der Mitbewerber und deren Qualifikation, das Profil der ausgeschriebenen Stelle, das Auftreten und die „fachliche Tagesform“ des Bewerbers im Termin.
58Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2013 - 6 A 1194/12 -, juris Rn. 28; VG Düsseldorf, Urteile vom 21. Dezember 2007 - 2 K 826/07 - und vom 31. März 2010 - 2 K 8101/09 -, n.v.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. Juni 2008 - 1 K 2879/06 -, juris Rn. 50 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 21. Januar 2009 - 2 K 2499/07 -, n.v.
59Nach den in den vorstehenden Entscheidungen vertretenen Rechtsauffassung geht zudem die Nichterweislichkeit des Erfolgs einer (fiktiven) Bewerbung im Ausschreibungsverfahren regelmäßig zu Lasten des Bewerbers. Zur Begründung wird insoweit angeführt: Wer die (materielle) Beweislast trage, bestimme sich vorrangig nach materiellem Recht und sei in Auslegung der im Einzelfall einschlägigen Norm zu ermitteln. Enthalte diese keine besonderen Regelungen, so greife der allgemeine Rechtsgrundsatz ein, dass die Unerweislichkeit von Tatsachen zu Lasten des Verfahrensbeteiligten gehe, der aus diesen Tatsachen ihm günstige Rechtsfolgen herleite. Diese beweislastrechtliche Überbürdung auf den Bewerber sei allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn die Einstellungsbehörde die Aufklärung der Kausalitätsfrage dadurch unmöglich mache, dass er Unterlagen, die Auskunft geben könnten über den Erfolg oder Misserfolg von (fiktiven) Bewerbungen um unbefristete Einstellung in den Schuldienst, nicht offenlege oder gar vernichtet habe. Der Beklagte habe hiernach die prozessualen Folgen der Unerweislichkeit einer Einstellung im sog. Listenverfahren zu tragen. Denn in diesem Verfahren erfolge die Auswahl nach festen, auch nachträglich noch nachvollziehbaren Kriterien, insbesondere nach der aufgrund der Examensnoten ermittelten Ordnungsgruppe.
60Insoweit ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 20. Januar 2000 – 2 C 13.99 –, DokBer B 2000, 169 = juris Rn. 20, und vom 13. Juni 2000 – 2 C 21.99 –, DokBer B 2001, 4 = juris Rn.18; OVG NRW, Urteil vom 19. Dezember 2001 – 6 A 693/96 –, DÖD 2002, 262; VG Düsseldorf, Urteil vom 3. Februar 1998 – 2 K 2180/95 –, n.v.
61Eine derartige „Beweislastumkehr“ wird aber dem Bewerber im sog. Ausschreibungsverfahren nicht zugestanden. Vielmehr hat etwa das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 14. März 2013 (a.a.O.) im Zusammenhang mit der Vergabe von Fachlehrerstellen ausgeführt: Der Umstand, dass die Notwendigkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen den Kinderbetreuungszeiten und der verzögerten Einstellung letztlich dazu führe, dass sich Bewerber um – ausschließlich im Ausschreibungsverfahren vergebene – Fachlehrerstellen regelmäßig nicht mit Erfolg auf die Privilegierungstatbestände des § 8 Abs. 2 Satz 1 LVO NRW berufen könnten, verlange keine andere Einschätzung. Insbesondere könne daraus wegen des eindeutig anderslautenden Wortlauts der Regelung („wegen“) und des darin ausgedrückten Willens des Verordnungsgebers das Kausalitätserfordernis für diesen „Sonderfall“ nicht als derogiert oder als sonst wie bedeutungslos angesehen werden. Weil die Einschränkung „lediglich die Fachlehrer“ betreffe, sei auch nicht festzustellen, dass der Regelung des § 8 Abs. 2 LVO NRW infolge des Kausalitätserfordernisses insgesamt kein Anwendungsbereich mehr verbliebe und deswegen ein Verstoß gegen höherrangiges Recht gegeben sei.
62Das erkennende Gericht folgt dieser Rechtsprechung nicht (mehr), soweit sie von dem Bewerber den vollen Nachweis dafür fordert, dass eine frühere Bewerbung im Ausschreibungsverfahren Erfolg gehabt hätte. Ausreichend ist vielmehr, dass der Bewerber Umstände aufzeigen kann, die seine Einstellung im Ausschreibungsverfahren überwiegend wahrscheinlich machen. Denn ohne eine derartige Darlegungs- und Beweiserleichterung liefen die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden und auch nach dem Willen des Verordnungsgebers zu honorierenden Betreuungszeiten leer. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
63Einstellungen von Lehrkräften in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis in den öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes erfolgen seit einigen Jahren und mit steigender Tendenz fast nur noch im Ausschreibungsverfahren. Im Listenverfahren werden auch nach Darstellung des Beklagten derzeit lediglich rund 3 bis 5 % der Stellen besetzt, insbesondere um den berechtigten Interessen schwerbehinderter Bewerber Rechnung zu tragen (vgl. Rn. 3.2 des Einstellungserlasses, a.a.O.) oder auch solche Schulen mit Lehrern auszustatten, deren Stellenausschreibungen keine Resonanz gefunden haben. Bestimmte Lehrerstellen werden sogar ausnahmslos im schulscharfen Ausschreibungsverfahren vergeben, etwa die Stellen für Seiteneinsteiger im berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst nach OBAS, als Fachlehrer und als HSU-Lehrer. Der Umstand, dass Bewerber um diese Stellen demnach bei Zugrundlegung der Maßstäbe, die das OVG NRW in seiner Entscheidung vom 13. April 2013 (a.a.O.) ausdrücklich auch für diesen Bewerberkreis bekräftigt hat, die Kausalität von Betreuungszeiten für die unbefristete Einstellung in den Schuldienst erst nach Überschreitung der Höchstaltersgrenze nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg geltend machen können, gebietet nach Auffassung des erkennenden Gerichts eine Abkehr von dieser Rechtsprechung. Die Annahme des OVG NRW, es handele sich bei der Einstellung im Ausschreibungsverfahren im Allgemeinen bzw. von Fachlehrern im Besonderen um einen „Sonderfall“, trifft bereits, wie näher aufgezeigt wurde, tatsächlich nicht (mehr) zu. Zudem überzeugt es nicht, wenn Lehrergruppen wie Fachlehrer oder HSU-Lehrer, denen ein Zugang zu einem entsprechenden Lehramt allein im Ausschreibungsverfahren eröffnet ist, darauf verwiesen werden, dass der Bestimmung des § 8 Abs. 2 LVO NRW für andere Lehrergruppen ein Anwendungsbereich verbleibe.
64Das Bundesverwaltungsgericht hat bei seiner Feststellung, dass die Bestimmungen der LVO NRW über die Höchstaltersgrenze in der Fassung ab 2009 mit höherrangigem nationalen Recht und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vereinbar seien, zugrunde gelegt, dass dieses Regelungswerk in seiner Gesamtheit einen verhältnismäßigen Ausgleich der widerstreitenden, durch Art. 33 Abs. 2 und 5 GG geschützten Belange sicherstelle. Hierbei hat es gerade auch den Verzögerungstatbeständen des § 8 Abs. 2 LVO NRW besondere Bedeutung beigemessen. Der Verordnungsgeber habe durch die hiernach vorgesehenen Erhöhungen der Höchstaltersgrenze Verzögerungen Rechnung getragen, die sich aus der Erfüllung anerkannter gesellschaftlicher und familiärer Pflichten ergäben.
65Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 76.10 -, BVerwGE 142, 59 = juris Rn. 27 ff.
66Die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht ist aber nicht mehr gewährleistet, wenn im Rahmen dieser vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ein wesentliches Element entfällt oder jedenfalls maßgebend an Bedeutung verliert. Ein derartiges Ungleichgewicht tritt ein, wenn Betreuungszeiten keine Bedeutung mehr zukommt, weil im Rahmen der hypothetischen Betrachtung der Nachweis der Einstellungsmöglichkeit praktisch ausgeschlossen ist.
67Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2000 - 2 C 13.99 -, juris Rn. 20, wonach die „Effektivierung des materiellen Rechts“ Einfluss auf die Beweislastverteilung (dort allerdings bezogen auf das Listenverfahren) haben kann.
68Demnach erfordert die Bestimmung des § 8 Abs. 2 LVO NRW in verfassungskonformer Anwendung (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) jedenfalls eine prozessuale Erleichterung für den Bewerber im Ausschreibungsverfahren. Ohne eine solche kommt im Übrigen auch die Ermittlung von Einstellungschancen im sog. Listenverfahren nicht aus. Denn hier erfolgt eine – keineswegs zwingende – Unterstellung, dass der Bewerber dieselben Examensnoten und somit denselben Rangplatz erzielt hätte, wenn er keine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreut und deshalb seine Berufsausbildung zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen hätte. Nach allem ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die verzögerte unbefristete Einstellung in den Schuldienst auch bereits dann auf der Betreuungstätigkeit beruhte, wenn gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte dafür streiten, dass eine Bewerbung während der Betreuungszeit Erfolg gehabt hätte. Indizielle Bedeutung haben kann hierbei etwa, ob der Bewerber eine gute Ordnungsgruppe vorweisen konnte, die jedenfalls eine Einladung zu den Auswahlgesprächen nahegelegt hätte, ob er der einzige Bewerber gewesen wäre, wie hoch die Zahl der freien Stellen für das fragliche Lehramt im fraglichen Zeitraum war und – vor allem – ob der Bewerber sich nach Beendigung der Betreuungszeit (und nach Erwerb der Lehramtsbefähigung) zeitnah erfolgreich um eine derartige Stelle beworben hat. Die Einstellungsbehörde kann diese Annahme erschüttern, sofern sie Umstände aufzeigt, die gegen die Einstellung sprechen (z.B. keine freien Stellen im fraglichen Zeitraum; Bewerber nach den Examensnoten zu schlecht für Einladung).
69Ausgehend davon, dass der Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit anzulegen ist, gelangt das erkennende Gericht zu der Feststellung, dass die Klägerin ohne die Betreuungstätigkeit vor Erreichen der Höchstaltersgrenze unbefristet eingestellt worden wäre.
70Das gilt allerdings nicht für eine schulscharfe Einstellung als Lehrerin an einer Grund-, Haupt-, Real- oder Gesamtschule. Da sie über eine eher ungünstige Ordnungsgruppe und Fächerkombination verfügte, liegt bereits eine Einladung zu den Auswahlgesprächen nicht nahe. Zudem sind Zweifel angebracht, ob sie sich überhaupt um eine derartige Stelle bemüht hätte. Denn sie hat sich auch nach der Betreuungszeit und dem Erwerb der Lehramtsbefähigung im März 2012 niemals auf eine solche unbefristete Lehrerstelle beworben. Demnach fehlt es auch an einer grundsätzlich möglichen Indizwirkung einer späteren Einstellung im Ausschreibungsverfahren.
71Es ist aber überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin während der Betreuungszeit vor Erreichen der Höchstaltersgrenze als HSU-Lehrerin eingestellt worden wäre. In der Zeit von Mitte 2010 (Schuljahr 2010/2011) bis November 2011 sind im Regierungsbezirk Düsseldorf über 20 HSU-Stellen für Türkisch ausgeschrieben worden, die auch die Begründung eines Beamtenverhältnisses ermöglichten. Aufgrund des Erfolges der (ersten) Bewerbung der Klägerin um eine solche Stelle im Jahr 2013 spricht sehr viel dafür, dass eine der Bewerbungen der Klägerin auch auf diese zahlreichen Stellen erfolgreich gewesen wäre, sodass sie vor Vollendung des 40. Lebensjahres eingestellt und verbeamtet worden wäre. Die Klägerin lag nach den Feststellungen der Auswahlkommission in dem von ihr erfolgreich bestrittenen Auswahlverfahren aufgrund ihrer „herausragenden Formal-Qualifikation“ und im Bewerbungsgespräch „um Längen“ vor den anderen Kandidaten. Diese Einschätzung beruht auf tragfähigen Gründen. Die Muttersprache der Klägerin ist Türkisch. Sie verfügt aufgrund ihres Studiums und ihres in Deutschland erworbenen – im Rahmen der vorliegenden hypothetischen Betrachtung auch schon für die Zeit ab Mitte 2010 zu unterstellenden – Lehramtes an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule über besondere pädagogische und didaktische Kenntnisse gerade auch in den Schulformen, in denen „Schülerinnen und Schülern mit Zuwanderungsgeschichte“ neben dem Regelunterricht auch herkunftssprachlicher Unterricht erteilt wird.
72Die Betreuungstätigkeiten der Klägerin sind gleichwohl nicht die entscheidende Ursache für die verzögerte unbefristete Einstellung in den Schuldienst, weil die Klägerin im Anschluss an die Betreuungszeiten – und die nachfolgenden Zeiten der im vorliegenden Zusammenhang unschädlichen Lehrerausbildung (August 2009 bis März 2012) – während etwa eines Jahres (von Mai 2012 bis Mai 2013) einer (deutlich) überhälftigen bzw. sogar vollschichtigen Berufstätigkeit als Aushilfslehrkraft nachgegangen ist, die es ihr nicht mehr erlaubte, sich überwiegend der Betreuung ihrer Kinder und ihres Vaters zu widmen, und in dieser Zeit weitere Möglichkeiten einer unbefristeten Einstellung nicht wahrgenommen hat.
73Vgl. zu diesem Prüfungsansatz OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 6 A 2147/04 -, juris Rn. 32 und Urteil vom 13. Dezember 2007 - 6 A 2173/05 -, ZBR 2008, 384 = juris Rn. 51.
74Zwar dürfte in den Jahren 2012 und 2013 eine Einstellungschance im Listenverfahren nach wie vor nicht bestanden haben, weil die in diesem Zeitraum vergebenen zwei Stellen für das Lehramt und die Fächer der Klägerin nur für die Einstellung von Lehrkräften im Rahmen der Versorgung schwerbehinderter Menschen vorgesehen waren und die Klägerin auch bei der einen Listenziehung für den Bereich der Stadt E. nicht zum Zuge gekommen wäre, weil für diese Stelle ein Bewerber gesucht wurde, der auch das von der Klägerin nicht studierte Fach Mathematik vorweisen konnte. Es ist aber davon auszugehen, dass die Klägerin während ihrer Tätigkeit als Aushilfslehrkraft Einstellungsmöglichkeiten als HSU-Lehrerin nicht wahrgenommen hat. In der Zeit von März 2012 bis Mitte 2013 wurden im Regierungsbezirk Düsseldorf insgesamt 21 HSU-Stellen für Türkisch ausgeschrieben. Bei der Frage, ob die Klägerin eine dieser Stellen erhalten hätte, sind dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei der Frage, ob die Klägerin während der Betreuungszeit eingestellt worden wäre. Nach der in diesem Zusammenhang anzulegenden Wahrscheinlichkeitsbetrachtung ist davon auszugehen, dass die Klägerin sich angesichts ihrer besonderen Qualifikation, die wenig später – in dem im Juni/Juli 2013 durchgeführten Auswahlverfahren – deutlich zu Tage trat, auch schon zuvor gegen ihre Mitbewerber durchgesetzt hätte.
75Hiernach erweist sich die Berufstätigkeit der Klägerin in den Jahren 2012 bis 2013 als im Sinne des § 8 Abs. 2 LVO NRW schädlich. Unerheblich ist nach Auffassung der Kammer, dass diese den Kausalzusammenhang der Kinderbetreuung für die verzögerte Einstellung „unterbrechende“ anderweitige Tätigkeit erst nach der Überschreitung der Höchstaltersgrenze von 40 Jahren aufgenommen wurde. Zwar könnte die Rechtsprechung des OVG NRW dahin zu verstehen sein, dass die Aufnahme der anderweitigen Tätigkeit nur dann als potentiell schädlich anzusehen ist, wenn sich dem Bewerber vor der Vollendung des 40. Lebensjahres eine weitere – nicht wahrgenommene – Einstellungschance geboten hat.
76Vgl. Beschluss vom 5. Januar 2007 - 6 A 2147/04 -, juris Rn. 32; vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2012 - 6 A 123/11 -, juris Rn. 47, wonach es an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang fehlt, wenn nach der Zeit der Kinderbetreuung vermeidbare Verzögerungen die Einstellung „über die Altersgrenze hinausgeschoben haben“.
77Eine derartige zeitliche Begrenzung erwiese sich jedoch nicht als sachgerecht. Dafür, auch die Zeit nach Erreichen des Altersgrenze, und zwar im Umfang bis zu sechs Jahren (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 LVO NRW), in den Blick zu nehmen, spricht vielmehr, dass es in Klageverfahren der vorliegenden Art stets um Bewerber geht, welche die Höchstaltersgrenze überschritten haben und sich hierbei ggf. auch auf Umstände stützen können, die sich – sofern es sich um beachtliche Verzögerungstatbestände im Sinne des § 8 Abs. 2 LVO NRW handelt – erst nach Überschreitung der Höchstaltersgrenze ergeben haben. Darüber hinaus könnte die an dem Höchstalter festgemachte Zäsur, die sich stets zu Gunsten des Bewerbers auswirkt, zu unbilligen Ergebnissen führen: Während ein Bewerber, der die Betreuungstätigkeit vor Erreichen der Altersgrenze beendet und sich einer anderen Tätigkeit zugewandt hat, sich ggf. – zu Recht – vorhalten lassen muss, er habe die sich ihm danach bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres bietenden Einstellungschancen nicht wahrgenommen, könnte sich ein Bewerber, der seine Kinder bis zu einem Zeitpunkt (kurz) nach Vollendung seines 40. Lebensjahres betreut hat, diese Betreuungstätigkeit dann beendet und einer anderen Tätigkeit nachgeht, mit einer Bewerbung (ggf. bis kurz vor Vollendung des 46. Lebensjahres) Zeit nehmen, ohne dass ihm die Aufnahme einer nicht privilegierten Tätigkeit und das fehlende Interesse an einer unbefristeten Einstellung in den Schuldienst als schädliche „Unterbrechung des Kausalzusammenhangs“ entgegengehalten werden könnte. Ein solches Ergebnis begegnete rechtlichen Bedenken zudem angesichts von Sinn und Zweck der Bestimmungen über die Höchstaltersgrenze, ein angemessenes Verhältnis zwischen aktiver Dienstzeit und dem Versorgungsanspruch im Ruhestand sicherzustellen und aus diesem Grunde die Einstellung in den Schuldienst möglichst vor Erreichen der Höchstaltersgrenze (von 40 Jahren) und nach Überschreitung der Höchstaltersgrenze zumindest so bald als möglich durchzuführen.
78Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zulassung einer Ausnahme von der Höchstaltersgrenze nach § 18 Abs. 2 Satz 1 LVO NRW.
79Das gilt zunächst für die Ausnahme nach Nr. 1 dieser Bestimmung. Hiernach können Ausnahmen zugelassen werden „für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten“. Nach Abs. 2 Satz 2 liegt ein solches erhebliches dienstliches Interesse „insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgaben erforderlich ist“. Diese normativen Erläuterungen verdeutlichen, dass die Schulverwaltung die Altersgrenze im Ausnahmewege nur hinausschieben kann, um Lehrermangel vorzubeugen oder zu begegnen.
80Vgl. zu der gleichlautenden Bestimmung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW a.F.: BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 76.10 -, juris Rn. 32 und 33.
81Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen hat von der Möglichkeit, Ausnahmen für Gruppen von Fällen etwa in einem „Mangelfacherlass“ vorzusehen, seit dem Jahr 2006 keinen Gebrauch mehr gemacht und damit zu erkennen gegeben, dass er ein erhebliches dienstliches Interesse im Sinne dieser Vorschrift derzeit nicht sieht.
82Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2009 - 2 K 4357/09 -, juris Rn. 34-36.
83Allerdings eröffnet § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW zur Sicherstellung der ausreichenden Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften auch die Möglichkeit, Ausnahmen für einzelne Fälle zuzulassen. Auch ist nicht zu verkennen, dass der Beklagte an der Gewinnung der Klägerin für den HSU in türkischer Sprache zum Schuljahr 2013/2014 ein Interesse hatte. Das Schulamt hatte in seinem Vermerk vom 2. August 2013 hervorgehoben, dass die Stelle zur Unterrichtsversorgung im HSU „Türkisch“ dringend benötigt werde und dieser Unterricht zum Schuljahresbeginn nicht sichergestellt werden könne, wenn die Klägerin den Dienst (wegen zu niedriger Vergütung) nicht antreten werde. Dieser Sichtweise ist aber die Bezirksregierung mit tragfähigen Erwägungen nicht gefolgt. Sie hat näher dargelegt, dass es in dem Auswahlverfahren auch zahlreiche andere gut geeignete Bewerber gegeben habe, denen – etwa bei einem Verzicht der Klägerin – die seinerzeit ausgeschriebene Stelle hätte übertragen werden können, die also zum neuen Schuljahr den herkunftssprachlichen Unterricht in Türkisch an der GGS S.-------straße in N. hätten übernehmen können. Zudem bestand ein Interesse an der Gewinnung der Klägerin als Fachkraft nicht mehr, seitdem diese einen Arbeitsvertrag mit dem beklagten Land geschlossen hat. Denn damit hatte der Dienstherr die Klägerin bereits als Fachkraft für den öffentlichen Schuldienst gewonnen, ohne dass er ihr die Übernahme in das Beamtenverhältnis anbieten musste. Ebenso wenig hatte der Beklagte bislang Veranlassung, über ein erhebliches dienstliches Interesse an dem „Behalten“ der Klägerin als Fachkraft zu befinden. Denn es gibt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin aus dem Schuldienst ausschiede, wenn sie nicht in das Beamtenverhältnis übernommen würde.
84Die Voraussetzungen für eine Ausnahmeerteilung nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW sind gleichfalls nicht erfüllt. Danach können Ausnahmen von dem Höchstalter für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von der Bewerberin oder dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Nr. 2 erfasst als Härtefallklausel ganz außergewöhnlich gelagerte Sachverhalte, welche die Ablehnung der Verbeamtung unerträglich erscheinen lassen. Insoweit trifft die Bewerber eine Nachweisobliegenheit. Dies bedeutet, dass diese die tatsächlichen Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich, aus denen sie Verzögerung und Unbilligkeit herleiten, substantiiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen haben. Ein außergewöhnlicher beruflicher Werdegang oder Lebensweg kann für sich genommen die Unbilligkeit der Anwendung der Höchstaltersgrenze regelmäßig nicht begründen, weil diesen Gründen bereits durch die Anhebung der Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40 Lebensjahres Rechnung getragen wird.
85BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 76.10 -, juris Rn. 35 - 37.
86Auch im Falle der Klägerin liegen derartige außergewöhnliche Verzögerungssachverhalte nicht vor. Ein wesentlicher Grund für die Überalterung der Klägerin ist einmal der Umstand, dass sie zunächst lange Jahre in der Türkei gelebt hat, also erst relativ spät in Deutschland die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Lehrerberufs in Deutschland geschaffen hat. Hierbei handelt es sich um Umstände aus der Sphäre der Klägerin, die im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW auch von ihr zu vertreten sind. Dass die Klägerin durch die langjährige Betreuung ihrer Kinder und ihres Vaters in ihrem beruflichen Werdegang zurückgeworfen wurde, ist allein im Rahmen und bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 LVO NRW berücksichtigungsfähig.
87Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 6 A 1698/10 -, juris Rn. 46.
88Liegen bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 LVO NRW nicht vor, so ist die ablehnende Entscheidung auch nicht etwa wegen Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig, weil es einer Ermessensbetätigung nicht bedurfte.
89Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 6 A 1494/10 -, juris Rn. 36.
90Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
91Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
92Das Gericht lässt die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Im Zusammenhang mit der Prüfung der während der Betreuungszeiten gegebenen (fiktiven) Einstellungschancen im Ausschreibungsverfahren sowie der Unterbrechung der Kausalität der Kinderbetreuung durch die Nichtwahrnehmung späterer Einstellungsmöglichkeiten ergeben sich neue Fragestellungen, die einer obergerichtlichen Klärung bedürfen.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin, die als tarifbeschäftigte Lehrerin im Dienst des Beklagten steht, strebt die Übernahme in das Beamtenverhältnis an.
- 2
-
Die 1967 geborene Klägerin bestand im November 1996 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufen I und II. Nach verschiedenen beruflichen Tätigkeiten außerhalb des Schuldienstes stellte der Beklagte sie zu Beginn des Schuljahres 2004/05 durch Abschluss eines Arbeitsvertrags als Lehrerin ein. Seitdem unterrichtet die Klägerin an einer Gesamtschule.
- 3
-
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - die damaligen laufbahnrechtlichen Regelungen des Beklagten über Höchstaltersgrenzen für Lehrer für unwirksam erklärt hatte, stellte die Klägerin Anfang Juli 2009 einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Am 18. Juli 2009 trat die neue Laufbahnverordnung des Beklagten in Kraft, in der die Höchstaltersgrenze auf das vollendete 40. Lebensjahr festgelegt wird. Im Hinblick darauf lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf erneute Bescheidung des Übernahmeantrags mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:
- 4
-
Nach den neuen laufbahnrechtlichen Regelungen über die Höchstaltersgrenze könne die Klägerin nicht verbeamtet werden. Zwar bestünden Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit dieser Regelungen, weil nicht festgestellt werden könne, von welchen Erwägungen sich der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze und der Ausnahmen habe leiten lassen. Das Gericht schließe sich jedoch aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster an, das die Regelungen für rechtswirksam halte.
- 5
-
Der Verbleib der Klägerin im Tarifbeschäftigtenverhältnis stelle keine unbillige Härte dar. Die Klägerin habe ihren Antrag als Reaktion auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 gestellt. Wie alle tarifbeschäftigten Lehrer, die daraufhin ihre Verbeamtung beantragt hätten, habe sie davon ausgehen müssen, dass der Verordnungsgeber eine neue Höchstaltersgrenze mit Geltung auch für die seit Februar 2009 gestellten Übernahmeanträge festlegen werde. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des früheren Einstellungsverfahrens lägen nicht vor.
- 6
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Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision beantragt die Klägerin,
-
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. November 2010 und den Bescheid der Bezirksregierung Münster vom 8. September 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
- 7
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Der Beklagte beantragt,
-
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat sie in dem angefochtenen Urteil zugelassen; der Beklagte hat der Einlegung form- und fristgerecht zugestimmt (§ 134 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO). Die Zulassung der Revision bindet den Senat; er hat nicht zu prüfen, ob der vom Verwaltungsgericht angenommene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben ist.
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Die Sprungrevision ist nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die hier anwendbaren laufbahnrechtlichen Regelungen über Höchstaltersgrenzen stehen in Einklang mit Verfassungs- und Unionsrecht. Sie schließen die Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe aus. Ein Wiederaufgreifen des 2004 bestandskräftig abgeschlossenen Einstellungsverfahrens kommt nicht in Betracht.
- 10
-
1. Die Klägerin kann die erneute Bescheidung ihres Übernahmeantrags nicht schon deshalb verlangen, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung keine rechtswirksame Höchstaltersgrenze bestanden hat. Vielmehr ist das Klagebegehren nach den Regelungen über Höchstaltersgrenzen für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 - LVO NRW - (GV. NRW S. 381) zu beurteilen.
- 11
-
Der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts oder auf erneute Entscheidung darüber geltend gemacht wird, richtet sich nach dem materiellen Recht, das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf den Sachverhalt anzuwenden ist. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind (stRspr; vgl. Urteile vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 2 C 45.03 - BVerwGE 121, 140 <143 f.> = Buchholz 237.0 § 9 BaWüLBG Nr. 1 S. 4).
- 12
-
Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung den Erlass des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird. Auch hier kann das Verwaltungsgericht die Verwaltung nur dann zum Erlass des Verwaltungsakts oder zur erneuten Entscheidung darüber verurteilen, wenn das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts anordnet oder einen Anspruch für derartige Fälle (sog. Folgenbeseitigungslast) einräumt (stRspr, vgl. Urteile vom 17. Dezember 1954 - BVerwG 5 C 97.54 - BVerwGE 1, 291 <295 f.> = Buchholz 332 § 72 MRVO 165 Nr. 2 S. 3 f., vom 6. März 1987 - BVerwG 8 C 65.84 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 99 S. 2, vom 18. Juni 1998 - BVerwG 2 C 20.97 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 2 S. 2 und vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 4).
- 13
-
Nach diesen Rechtsgrundsätzen sind die Regelungen über die Höchstaltersgrenze für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 auf alle Anträge auf Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Rechtsverordnung am 18. Juli 2009 nicht bestandskräftig beschieden waren. Dementsprechend hängt der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Verbeamtung als Lehrer geltend gemacht wird, davon ab, ob diese neuen Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar sind und im Falle ihrer Rechtswirksamkeit die Ablehnung des Einstellungs- oder Übernahmeantrags decken.
- 14
-
2. Die Regelungen der §§ 6, 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW über Höchstaltersgrenzen für die Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in einer Lehrerlaufbahn sind mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar.
- 15
-
a) Höchstaltersgrenzen für die Verbeamtung verwehren Bewerbern mit höherem Lebensalter den nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG eröffneten Zugang zum Beamtenverhältnis. Der in dieser Vorschrift verankerte hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums vermittelt Bewerbern um ein öffentliches Amt einen unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleisteten Anspruch darauf, dass über die Bewerbung ausschließlich nach Kriterien entschieden wird, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen (stRspr; vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 18 f.). Das Lebensalter kann nur dann ein leistungsbezogenes Kriterium darstellen, wenn daraus bei typisierender Betrachtung Schlussfolgerungen für die Erfüllung der Anforderungen des Dienstes gezogen werden können. Dies gilt z.B. für den Polizeivollzugs- und Feuerwehrdienst, nicht aber für die Tätigkeit als Lehrer. Daher knüpft der vom Lebensalter abhängige Zugang zu einer Lehrerlaufbahn an ein nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedecktes Kriterium an (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6
und vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 31.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 44 Rn. 21).
- 16
-
Die Höchstaltersgrenze des nordrhein-westfälischen Laufbahnrechts kann als Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG nur durch Interessen gerechtfertigt werden, die ihrerseits Verfassungsrang haben. Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten stellt ein solches Interesse dar. Es folgt aus den von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips.
- 17
-
Das Lebenszeitprinzip soll eine integre, ausschließlich an Gesetz und Recht orientierte Amtsführung fördern, indem es die Beamten mit rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit ausstattet. Zu diesem Zweck gewährleistet es die Struktur des Beamtenverhältnisses als ein auf Lebenszeit angelegtes Dienst- und Treueverhältnis, den Schutz der auf Lebenszeit berufenen Beamten vor Entlassung sowie im Zusammenwirken mit dem Alimentationsprinzip die amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <221 f.>; BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 90
).
- 18
-
Die Beamten haben Persönlichkeit und Arbeitskraft dem Dienstherrn grundsätzlich während des gesamten Berufslebens zur Verfügung zu stellen. Diese Dienstleistungspflicht steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der lebenslang zu gewährenden Alimentation. Beamte erdienen ihre Altersversorgung durch die Dienstleistung, d.h. während der Dienstzeit. Die Dienstbezüge sind im Hinblick auf die künftigen Versorgungsansprüche niedriger festgesetzt. Der Dienstherr behält einen fiktiven Anteil ein, um die Versorgung zu finanzieren (BVerfG, Urteile vom 6. März 2002 - 2 BvL 17/99 - BVerfGE 105, 73 <115> und vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <298>).
- 19
-
Nach dem Alimentationsprinzip richtet sich die Versorgung der Ruhestandsbeamten nach dem letzten Amt. Der amtsangemessene Lebenszuschnitt soll auch im Ruhestand erhalten bleiben. Der Gesetzgeber darf die Maßgeblichkeit des letzten Amtes an eine Mindestverweildauer in diesem Amt von höchstens zwei Jahren knüpfen (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <384 f.>). Des Weiteren erstreckt sich auch im Ruhestand die Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG auf die Gewährung von Beihilfen als Hilfeleistungen in Krankheits- und Pflegefällen und bezieht die Hinterbliebenenversorgung ein.
- 20
-
Diese durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Ausstattung der Altersversorgung und ihr Zusammenhang mit der auf das gesamte Berufsleben ausgerichteten Dienstleistungspflicht der Beamten verleiht dem Interesse an angemessen langen Lebensdienstzeiten vor dem Eintritt in den Ruhestand einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Es folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip, die die lebenslange Versorgung der Ruhestandsbeamten gewährleisten (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 19 und vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 10).
- 21
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b) Es ist Sache des Dienstherrn festzulegen, welche Lebensdienstzeit er für angemessen hält, um die Altersversorgung zu erdienen. Diese Zeit wird zum einen durch die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand begrenzt. Bei ihrer Festlegung steht dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Sie ist das Ergebnis gesundheits-, finanz-, arbeitsmarkt- und personalpolitischer Erwägungen wie etwa zu dem Umfang der staatlichen Aufgaben, der Entwicklung der Versorgungslasten oder der Altersstrukturen des öffentlichen Dienstes (BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1985 - 2 BvL 18/83 - BVerfGE 71, 255 <269>; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 26.07 - BVerwGE 133, 25 = Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 17, jeweils Rn. 13). Tritt der Beamte vor Erreichen des dafür vorgesehenen Alters in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienst und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (stRspr; vgl. nur Urteil vom 17. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 10 f.).
- 22
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Die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand kann aber ein ausgewogenes Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit für sich genommen nicht sicherstellen. Hierfür bedarf es zusätzlich einer Höchstaltersgrenze für Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis. Beide Altersgrenzen verfolgen dieselbe Zielsetzung, sodass sich die für ihre Rechtfertigung bedeutsamen Erwägungen decken.
- 23
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Allerdings wird der Einschätzungsspielraum bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze durch den in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz erheblich eingeschränkt. In den Fällen, in denen aus dem Lebensalter der Bewerber keine Rückschlüsse auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gezogen werden können, muss der Zugang zum Beamtenverhältnis auch für ältere Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg offen gehalten werden. Gleiches gilt für Bewerber, deren Berufsausbildung sich aus anerkennenswerten Gründen verzögert hat. Den Angehörigen dieser Gruppen muss bei typisierender Betrachtung eine realistische Chance eröffnet werden, nach leistungsbezogenen Kriterien Zugang zum Beamtenverhältnis zu erhalten. Daher darf sich eine Höchstaltersgrenze nicht ausschließlich an demjenigen Zeitraum orientieren, der üblicherweise benötigt wird, um die laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Schul- und Fachausbildungen zu absolvieren. Vielmehr muss sie zusätzlich einen großzügig bemessenen zeitlichen Korridor für Einstellung und Übernahme belassen. Davon ausgehend kann die Höchstaltersgrenze umso niedriger festgelegt werden, je weiter die vorgesehenen Ausnahmen, d.h. die Möglichkeiten einer Anhebung, reichen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 22).
- 24
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Die Dienstzeit von ungefähr zwanzig Jahren, die derzeit erforderlich ist, um das nach fünf Dienstjahren gewährte Mindestruhegehalt zu erdienen, stellt eine Orientierungshilfe, aber keine bindende Vorgabe für die Bestimmung der Höchstaltersgrenze dar. Es ist nicht ausgeschlossen, ein Lebensalter als Höchstaltersgrenze festzulegen, das niedriger liegt als dasjenige, das sich aus dem Ruhestandsalter abzüglich einer Dienstzeit von zwanzig Jahren ergibt. Dies folgt aus dem Zweck der Höchstaltersgrenze, der lebenslangen amtsangemessenen Versorgung eine angemessene Lebensdienstzeit gegenüberzustellen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20).
- 25
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Bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze kann außer Betracht bleiben, dass Renten, die Bewerber aufgrund ihrer Berufszeiten erwerben, im Ruhestand teilweise auf die Versorgung angerechnet würden (vgl. § 55 Abs. 2 BeamtVG). Denn diese Zeiten erhöhen andererseits den Versorgungsanspruch, wenn sie ruhegehaltfähige Vordienstzeiten darstellen. Dies ist bei beruflichen Vordienstzeiten von Lehrern im öffentlichen Schuldienst der Fall (vgl. § 11 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG).
- 26
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Der Gesetzgeber kann die Festlegung der Höchstaltersgrenze dem Verordnungsgeber übertragen. Dem Vorbehalt des Parlamentsgesetzes genügt eine gesetzliche Ermächtigung, die wie § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW i.d.F. vom 21. April 2009 (GV. NRW S. 224) der Landesregierung als Verordnungsgeber die Befugnis zum Erlass von Regelungen über die Laufbahnen der Beamten überträgt. Sie umfasst alle Regelungsmaterien, die herkömmlicherweise zum Laufbahnwesen der Beamten zählen. Hierzu gehören Regelungen über Höchstaltersgrenzen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 11). Es obliegt dann dem Verordnungsgeber, die Gewährleistung des leistungsbezogenen Zugangs zum Beamtenverhältnis in einen angemessenen Ausgleich mit dem Interesse des Dienstherrn an einer möglichst langen Lebensdienstzeit zu bringen.
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c) Nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber in den Laufbahnen für Lehrer an Schulen in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Nach § 6 Abs. 2 LVO NRW darf diese Altersgrenze im Umfang der Verzögerung, höchstens um bis zu sechs Jahre überschritten werden, wenn sich die Einstellung oder Übernahme wegen der Ableistung einer Dienstpflicht nach Art. 12a GG, der Teilnahme an einem freiwilligen sozialen Jahr, der Geburt eines Kindes, der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren oder der tatsächlichen Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen verzögert hat. Nach § 6 Abs. 3 LVO NRW liegt die Höchstaltersgrenze für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte behinderte Menschen beim vollendeten 43. Lebensjahr.
- 28
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Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW können Ausnahmen für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen zugelassen werden, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW können Ausnahmen für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.
- 29
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Dieses Regelungswerk stellt in seiner Gesamtheit einen verhältnismäßigen Ausgleich der widerstreitenden, durch Art. 33 Abs. 2 und 5 GG geschützten Belange dar:
- 30
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Die Altersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres eröffnet in ausreichendem Maß auch Bewerbern mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg die Möglichkeit, nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG als Lehrer verbeamtet zu werden. Die Lehrerausbildung kann bei einem Beginn des Studiums im Alter von ungefähr zwanzig Lebensjahren und einem regelmäßigen Verlauf von Studium und Vorbereitungsdienst deutlich vor der Vollendung des 30. Lebensjahres abgeschlossen werden. Davon ausgehend besteht nunmehr ein zeitlicher Korridor von mehr als zehn Jahren für die Verbeamtung von Bewerbern, die entweder die vorgeschriebene Schulbildung auf dem zweiten Bildungsweg erworben oder aber vor, während oder nach der Lehrerausbildung andere berufliche Tätigkeiten ausgeübt haben. Erheblich bessere Chancen auf die Verbeamtung haben insbesondere Bewerber, deren Antrag nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes wegen eines Stellenengpasses abgelehnt wurde.
- 31
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Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber durch die nach § 6 Abs. 2 LVO NRW vorgesehenen Erhöhungen der Höchstaltersgrenze Verzögerungen Rechnung getragen hat, die sich aus der Erfüllung anerkannter gesellschaftlicher und familiärer Pflichten ergeben. Die zusätzlich gewährten Zeiträume reichen angesichts der Grenze des vollendeten 40. Lebensjahres aus.
- 32
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Die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW genügt dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit. Sie erscheint geeignet, die Einstellungspraxis inhaltlich zu steuern und die Entwicklung eines schwer durchschaubaren Erlasswesens der Verwaltung (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 27) künftig zu verhindern:
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Der Verordnungsgeber hat den Begriff des erheblichen dienstlichen Interesses im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW inhaltlich konkretisiert. Nach dem Wortlaut des Satzes 1 bezieht sich das Interesse darauf, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten. Nach Satz 2 liegt es insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist. Diese normativen Erläuterungen lassen den Schluss zu, dass die Schulverwaltung die Altersgrenze nur hinausschieben kann, um Lehrermangel vorzubeugen oder zu begegnen.
- 34
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Da die Bewerber die Bedarfssituation in aller Regel weder kennen noch ermitteln können, folgen aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Darlegungspflichten der Schulverwaltung: Sie muss ihre Einschätzung, dass Lehrermangel in dem Tätigkeitsbereich des Bewerbers weder besteht noch droht, für das jeweilige Schuljahr nachvollziehbar belegen. Will sie trotz Lehrermangels keine Ausnahme machen, muss sie darlegen, dass die generellen Einstellungskriterien und deren Anwendung in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG stehen.
- 35
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Auch die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW ist hinreichend bestimmt. Als Härtefallklausel erfasst sie ganz außergewöhnlich gelagerte Sachverhalte, die die Ablehnung der Verbeamtung unerträglich erscheinen lassen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hält die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sowie eine Ermessensreduktion auf Null zutreffend für gegeben, wenn ein Übernahmebegehren bereits vor Erlass des Urteils des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) gestellt und wegen der Unwirksamkeit der damaligen Regelungen über die Höchstaltersgrenze rechtswidrig abgelehnt worden, der ablehnende Bescheid aber bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen nicht bestandskräftig geworden ist (OVG Münster, Urteil vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07 - NVwZ-RR 2010, 992 <994 f.>).
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Nach dem Wortlaut des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW trifft die Bewerber eine Nachweisobliegenheit. Dies bedeutet, dass sie tatsächliche Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich, aus denen sie Verzögerung und Unbilligkeit herleiten, substanziiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen haben.
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Ein außergewöhnlicher beruflicher Werdegang oder Lebensweg kann für sich genommen die Unbilligkeit der Anwendung der Höchstaltersgrenze regelmäßig nicht begründen. Dies entspräche nicht dem Verordnungszweck, weil diesen Gründen bereits durch die Anhebung der Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40. Lebensjahres Rechnung getragen wird.
- 38
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Dem Verordnungsgeber kann auch nicht als Rechtsfehler angelastet werden, er habe die widerstreitenden Belange vor Erlass der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 nicht hinreichend abgewogen oder den Abwägungsvorgang nicht offengelegt. Die Begründung des Verordnungsentwurfs lässt erkennen, dass sich die Landesregierung bewusst war, bei der Verfolgung des Interesses an einer möglichst langen Lebensdienstzeit wegen der Auswirkungen der Höchstaltersgrenze auf die verfassungsrechtlich geschützten Zugangschancen zum Beamtenverhältnis Zurückhaltung üben zu müssen. Dies wird durch ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage belegt. Daraus geht hervor, dass die Landesregierung die Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40. Lebensjahres angehoben hat, um auch älteren Bewerbern mit besonderen Berufsbiographien eine Einstellungschance zu eröffnen (LTDrucks 14/10580, S. 2).
- 39
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Der Verordnungsgeber war nicht verpflichtet, der Entscheidung über die Höchstaltersgrenze statistische Erhebungen oder Berechnungen über die Auswirkungen unterschiedlicher Festlegungen auf die Versorgungslasten zugrunde zu legen. Denn bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze handelt es sich um eine Abwägungsentscheidung mit im Wesentlichen feststehenden Vorgaben: Je niedriger die Höchstaltersgrenze ist, desto länger ist typischerweise die Lebensdienstzeit, in der die Altersversorgung erdient werden kann. Davon ausgehend steht dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum zu, den er im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG so ausüben muss, dass der leistungsbezogene Zugang zum Beamtenverhältnis auch für Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg über einen längeren Zeitraum möglich bleibt und anerkannte Verzögerungsgründe durch eine angemessene Erhöhung des Zugangsalters berücksichtigt werden.
- 40
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Außerdem kann das Interesse des Dienstherrn an der Schaffung und Erhaltung ausgewogener Altersstrukturen einer Laufbahn die Beschränkung des durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsrechts durch eine Höchstaltersgrenze rechtfertigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies hier der Fall ist. Zweifel sind angebracht, weil der Beklagte Bewerber, die er trotz Überschreitung der Höchstaltersgrenze als Lehrer gewinnen will, als Tarifbeschäftigte einstellt (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 21).
- 41
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3. Die Regelungen der §§ 6, 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW sind auch mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (ABl L 303/16) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) vereinbar, das diese Richtlinie in das nationale Recht umsetzt.
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Höchstaltersgrenzen für den Zugang zu einem Beruf oder einem beruflichen Status stellen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dar (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 RL; § 7 i.V.m § 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).
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Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sein. Diese Regelungen stimmen inhaltlich mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 RL überein. Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des § 10 Satz 1 und 2 AGG verbindlich.
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Legitime Ziele im Sinne von § 10 Satz 1 AGG können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209
). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines legitimen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C 159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 ). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist § 10 AGG Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 15).
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Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das der Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW zugrunde liegt, stellt ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG dar. Die Berechtigung dieser Erwägung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie unter 2.a) dargelegt, erdienen Beamte die lebenslang zu gewährende Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL (§ 10 Satz 3 Nr. 3 AGG) belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen. Eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zum Beamtenverhältnis stellt dem Grunde nach ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.
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Die Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW ist in Anbetracht des unionsrechtlich anerkannten weiten Spielraums des Verordnungsgebers auch angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.c) zur Verhältnismäßigkeit dieser Höchstaltersgrenze verwiesen werden.
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4. Die Rechtswirksamkeit der Regelungen der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 hängt nicht davon ab, ob die Vorschriften über die Beteiligung der Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände bei der Vorbereitung eingehalten wurden (§ 53 BeamtStG; 94 Abs. 1 LBG NRW). Dies folgt daraus, dass diese Beteiligung nicht Bestandteil des Normsetzungsverfahrens ist (Beschluss vom 25. Oktober 1979 - BVerwG 2 N 1.78 - BVerwGE 59, 48 = Buchholz 237.5 § 110 HessBG Nr. 1).
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5. Auf der Grundlage der auf ihren Fall anwendbaren Regelungen über die Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW kann die Klägerin keine erneute Entscheidung über die Verbeamtung verlangen. Sie hatte die neue Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres bereits bei Antragstellung um mehrere Jahre überschritten. Aus den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen einer Verzögerung nach § 6 Abs. 2 LVO NRW eine höhere Altersgrenze gilt.
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Auch die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW liegen nicht vor. Die Anwendung der neuen Höchstaltersgrenze begründet keine unbillige Härte. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Verordnungsgeber nach dem Urteil des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) keine neue Höchstaltersgrenze einführen oder die nach diesem Urteil gestellten Übernahmeanträge generell von deren Geltung ausnehmen würde. Für eine derartige Ausnahme hat kein Anlass bestanden, weil der Senat eine Höchstaltersgrenze grundsätzlich für zulässig erklärt hatte.
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Der Beklagte hat die Bescheidung des Übernahmeantrags auch nicht unangemessen lange hinausgezögert. Er durfte schon deshalb bis zum Inkrafttreten der neuen laufbahnrechtlichen Regelungen zuwarten, weil die Landesregierung als Verordnungsgeber diese Regelungen bei Eingang des Antrags der Klägerin im Juli 2009 bereits beschlossen hatte.
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Das Unterlassen der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an der behördlichen Entscheidung über den Übernahmeantrag ist jedenfalls nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, weil feststeht, dass die Beteiligung die Entscheidung nicht hätte beeinflussen können. Die Ablehnung des Übernahmeantrags der Klägerin war durch § 6 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW zwingend vorgegeben.
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6. Ein Wiederaufgreifen des früheren, nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Jahr 2004 bestandskräftig abgeschlossenen Einstellungsverfahrens kommt nicht in Betracht.
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Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW besteht nicht, weil sich die Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zu ihren Gunsten geändert hat. Hierfür ist eine Änderung des materiellen Rechts erforderlich, die dem bestandskräftigen Verwaltungsakt die rechtliche Grundlage entzieht. Dies ist regelmäßig nur bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung der Fall, die eine Regelung für einen noch nicht abgeschlossenen Zeitraum treffen (stRspr; Urteile vom 29. November 1979 - BVerwG 3 C 103.79 - BVerwGE 59, 148 <159 f.> = Buchholz 451.81 § 6a AWG Nr. 3 S. 19 f., vom 14. März 1984 - BVerwG 6 C 107.82 - BVerwGE 69, 90 <92 f.> = Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 146 S. 56 f. und vom 15. Januar 2009 - BVerwG 8 C 3.08 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 32 Rn. 16 f.). Die Regelungen über die Höchstaltersgrenze in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 lassen die Ablehnung der Verbeamtung der Klägerin im Jahr 2004 unberührt.
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Ein Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 5 und § 48 Abs. 1 VwVfG NRW besteht nicht, weil ein Wiederaufgreifen nach dem ermessenslenkenden ministeriellen Erlass vom 30. Juli 2009 nur zugunsten von Bewerbern möglich ist, die bei Antragstellung die neue, gegebenenfalls nach § 6 Abs. 2 oder Abs. 3 LVO NRW erhöhte Höchstaltersgrenze noch nicht überschritten haben. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfah-rens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 25.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.
4Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
5Das Verwaltungsgericht hat die auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Ablehnungsbescheid des beklagten Landes vom 9. September 2011 dürfte zwar wegen fehlender Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten formell rechtswidrig sein; es sei aber offensichtlich, dass dieser Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe, weil das materielle Recht kein Ermessen eröffne. Die Ablehnung des Übernahmebegehrens sei materiell rechtmäßig, da die Klägerin die Höchstaltersgrenze nach der Laufbahnverordnung in der seit dem 18. Juli 2009 geltenden Fassung (LVO a.F.) überschritten habe. Die Bezirksregierung L. habe zu Recht die maßgebliche Altersgrenze nicht um Zeiten der Kinderbetreuung hinausgeschoben. Der insoweit maßgebliche Ursachenzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verzögerter Einstellung sei dadurch unterbrochen worden, dass die Klägerin erst im Jahre 2006, als ihre Kinder bereits zehn und acht Jahre alt gewesen seien, ein Lehramtsstudium an der Universität zu L. aufgenommen habe. Erst seither sei nach außen hin erkennbar gewesen, dass sie es angestrebt habe, hauptberuflich als Lehrerin im öffentlichen Schuldienst tätig zu werden. Es begegne auch keinen Bedenken, dass der Beklagte keine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze im Wege des Ermessens erteilt habe (§ 84 Abs. 2 LVO a.F.).
61. Die Beurteilung des Zulassungsantrages richtet sich nach der heute geltenden, am 8. Februar 2014 in Kraft getretenen neuen Laufbahnverordnung (im Folgenden LVO). Nach dem für die Frage des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts entscheidenden materiellen Recht ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hier: über den Zulassungsantrag, abzustellen. Der Zulassungsantrag ist begründet, wenn in diesem Zeitpunkt nach Maßgabe der dann geltenden Rechtsvorschriften die angeführten ernstlichen Zweifel bestehen. Ohne Bedeutung ist hier, wie bei einer nach Ablauf der Frist für die Zulassungsbegründung eingetretenen Rechtsänderung vorzugehen ist, da die §§ 6 Abs. 2 Satz 1, 84 Abs. 2 LVO a.F. in den maßgeblichen Punkten mit den §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 18 Abs. 2 LVO übereinstimmen.
72. Der Zulassungsantrag greift allein die Annahme des Verwaltungsgerichts an, der Klägerin komme die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVO nicht zugute. Diese Regelung lässt eine Überschreitung der Altersgrenze (40 Jahre gemäß § 8 Abs. 1 LVO) zu, wenn sich die Einstellung (in das Beamtenverhältnis auf Probe) wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verzögert hat.
8a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des beschließenden Senats ist maßgeblich für die individuell zulässige Überschreitung der
9Höchstaltersgrenze nicht der Umfang der Kinderbetreuungszeiten, sondern der Umfang der durch die Kinderbetreuung bedingten Verzögerung der Einstellung.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Januar 2007 - 6 A 2147/04 -, juris, Rn. 30 f.; Urteile vom 18. Juli 2007- 6 A 1084/05 -, juris, Rn. 39, und - 6 A 4769/04 -, juris, Rn. 37, vom 31. August 2007 - 6 A 2006/04 -, juris, Rn. 34.
11Unterbrechungen des Kausalzusammenhangs durch weitere, vom Verordnungsgeber nicht privilegierte Ursachen bleiben deshalb bedeutsam, da insoweit kein Grund für eine Privilegierung der betroffenen Bewerber besteht.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, NVwZ-RR 2011, 329 = juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 22. April 2013 - 6 A 206/12 -, juris, Rn. 44 f.
13Die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen erfordert im Interesse einer berechenbaren und gleichmäßigen Verwaltungspraxis objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die rechtzeitige Hinwendung zu einem Beruf im öffentlichen Dienst - hier dem Lehrerberuf -, wenn der Einstellungsbewerber zuvor eine Ausbildung durchlaufen hat, die auf einen Beruf außerhalb des öffentlichen Dienstes hinführte.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2013- 6 A 307/13 -, juris, Rn. 5.
15b) Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht im Falle der Klägerin im Wesentlichen zutreffend angenommen, für die Zeit vor Aufnahme des Studiums im Jahre 2006 fehle der Ursachenzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verzögerter Einstellung. Erst mit Aufnahme des Studiums sei nach außen erkennbar geworden, dass die Klägerin den Lehrerberuf anstrebe.
16Zwar dürfte gegenüber diesen Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung für den Lehrerberuf nach außen erkennbar war, bereits im Jahr 2005 liegen, weil die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt die Anerkennung ihres Fachhochschulstudiums als Teil des Lehramtsstudiums beantragt hatte. Dies wirkt sich im Ergebnis aber nicht aus.
173. Die mit dem Zulassungsvorbringen erhobenen Einwände der Klägerin gegen diese Beurteilung haben keinen Erfolg.
18a) Soweit sie sich darauf beruft, sie habe bereits durch die Wahl der Fächerkombination ihres Magisterstudiums 1986/87 (Romanistik/Germanistik) ihren Entschluss zur Ergreifung des Lehrerberufs dokumentiert, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar mag ihr Vortrag zutreffen, sie habe sich wegen der damals schlechten Berufsaussichten für angehende Lehrer zunächst für ein Magisterstudium entschieden und hätte nach der damaligen Rechtslage problemlos die Möglichkeit gehabt, die dort erreichten Leistungen für ein Lehramtsstudium anrechnen zu lassen. Dies ändert aber nichts daran, dass eine Hinwendung zum Lehrerberuf damit in keiner Weise nach außen erkennbar geworden ist, sondern das Gegenteil zu konstatieren ist, nämlich eine zunächst gegen den Lehrerberuf getroffene Entscheidung.
19Davon abgesehen wäre aber selbst bei einem unterstellten schon im Jahre 1986 nach außen erkennbaren Willen zur Ergreifung des Lehrerberufs der maßgebliche Ursachenzusammenhang dadurch unterbrochen, dass die Klägerin 1991 nach Abschluss des Studiums als Diplom-Übersetzerin den angeblich auf die Tätigkeit als Lehrerin gerichteten Berufsweg nicht fortgesetzt, sondern eine Arbeit im Verkaufsbereich einer GmbH begonnen hat. Die in der Zeit ab 1996 geleistete Kinderbetreuung stellt sich deshalb nicht als Verzögerung auf ihrem Weg zum Lehrerberuf dar. Auch dem Ausscheiden aus dem Angestelltenverhältnis bei der V. GmbH zum 30. November 2001 lassen sich keine hinreichenden nach außen hervortretenden Anhaltspunkte für eine Hinwendung zum Lehrerberuf entnehmen.
20b) Der weitere Einwand der Klägerin, es dürfe nicht ausschließlich auf den Studienbeginn als ausschlaggebender Hinweis auf die Entschlussfassung (zur Ergreifung des Lehrerberufs) abgestellt werden, weil dann niemals vor diesem Zeitpunkt liegende Verzögerungszeiten berücksichtigt werden könnten, greift nicht durch. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass eine Hinwendung zum Lehrerberuf nach außen nur durch Aufnahme eines Lehramtsstudiums erkennbar werden kann. Es hat lediglich in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass dies in dem konkreten Fall der Klägerin der maßgebliche Zeitpunkt gewesen sei, weil es aus seiner Sicht in der davorliegenden Zeit keine Anhaltspunkten für die Absicht, Lehrerin zu werden, gegeben hatte.
21c) Soweit die Klägerin die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf das Alter der Kinder zum Zeitpunkt ihres Studienbeginns als „unverständlich“ rügt, ist dem nicht weiter nachzugehen, da diese Altersangaben nicht entscheidungsrelevant geworden sind.
22Ebenso erübrigt sich ein Eingehen auf die Tätigkeit der Klägerin in der Tierarztpraxis ihres Vaters Dr. F. (Aushilfstätigkeiten in der Zeit Dezember 2001 – März 2006), da auch darauf keine für die Klägerin nachteiligen Kausalitätserwägungen gestützt worden sind.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
24Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung; diese ist noch anwendbar, da das Rechtsmittel des Zulassungsantrages vor diesem Datum beim Verwaltungsgericht eingelegt worden ist (§ 71 Abs. 1 GKG).
25Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf bis 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg; Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO sind nicht dargelegt oder nicht gegeben.
2Das Antragsvorbringen weckt zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt die Antragsschrift nicht.
3Die am 27. Mai 1966 geborene Klägerin hatte die Höchstaltersgrenze gemäß §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 LVO NRW bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Übernahme in das Beamtenverhältnis um rund vier Jahre und erst recht im hier maßgeblichen Zeitpunkt ihrer unbefristeten Einstellung (25. August 2010) überschritten. Entgegen ihrer Ansicht greift § 6 Abs. 2 Satz 1 lit. c LVO NRW nicht zu ihren Gunsten ein. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 LVO NRW folgt, dass die im Verordnungstext genannten Verzögerungsgründe für den vom Bewerber gewünschten verspäteten Einstellungszeitpunkt kausal sein müssen. Dies entspricht auch dem Sinn der Vorschrift. Durch sie soll nicht das Höchstalter für die Einstellung oder Übernahme in ein Probebeamtenverhältnis pauschal um die im Einzelnen benannten Verzögerungszeiten hinausgeschoben werden. Die Übernahme ins Beamtenverhältnis soll vielmehr lediglich dann nicht an Zeiten des Wehr- oder Zivildienstes, der Kinderbetreuung, eines sozialen Jahres oder geleisteter Betreuung von Angehörigen scheitern, wenn diese Zeiten der maßgebliche Grund für die Überschreitung des Höchstalters darstellten, wenn also der Bewerber ohne diese Zeiten hätte eingestellt werden können. Es sollen nur diejenigen Nachteile ausgeglichen werden, die mit den geregelten Ausnahmetatbeständen ursächlich zusammenhängen. Unterbrechungen des Kausalzusammenhangs durch weitere, vom Verordnungsgeber nicht privilegierte Ursachen bleiben deshalb bedeutsam, da insoweit kein Grund für eine Privilegierung der betroffenen Bewerber besteht.
4Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -, juris.
5Der Antrag auf Zulassung der Berufung macht nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen gegeben sind. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, die Betreuung ihrer beiden Kinder in der Zeit von 1995 an sei für die Verzögerung der Einstellung der Klägerin in den Schuldienst nicht ursächlich gewesen, weil es bis zur Beantragung der Anerkennung ihrer Diplomprüfung als Erste Staatsprüfung für ein Lehramt im Frühjahr 2007 keine konkreten und nach außen erkennbaren objektiven Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass die Klägerin zuvor - und damit bis zum Erreichen der Höchstaltersgrenze im Mai 2006 - den Lehrerberuf überhaupt angestrebt habe. Dementsprechend ist zugrunde zu legen, dass nicht der Umstand der Kinderbetreuung, sondern ihr später Entschluss, den Lehrerberuf zu ergreifen, zur Überschreitung der Höchstaltersgrenze geführt hat. Der Senat teilt die Auffassung, dass die Annahme der Kausalität von Verzögerungstatbeständen im Interesse einer berechenbaren und gleichmäßigen Verwaltungspraxis objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die rechtzeitige Hinwendung zum Lehrerberuf erfordert, wenn - wie hier - der Einstellungsbewerber zuvor eine Ausbildung durchlaufen hat, die auf einen Beruf außerhalb des öffentlichen Dienstes hinführte. Dabei geht es nicht um eine Unterbrechung des Kausalverlaufs, für die - bei einem non liquet - das beklagte Land die Beweislast zu tragen hätte. Vielmehr ist die Entscheidung für einen Beruf im (öffentlichen) Schuldienst Voraussetzung dafür, dass eine spätere Kinderbetreuung oder andere Privilegierungstatbestände überhaupt zu einer kausalen Verzögerung über die in eben diesem Dienst geltende Höchstaltersgrenze hinaus führen können. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen hat der Einstellungsbewerber selbst darzulegen und - soweit erforderlich - zu beweisen. Ausgehend davon können für die Hinwendung zum Lehrerberuf die Behauptung eines intern gebliebenen Entschlusses und auch familieninterne Absprachen jedenfalls dann nicht ausreichen, wenn nach einer solchen behaupteten Absprache eine Berufstätigkeit in einem Bereich aufgenommen wird, der mit dem Lehrerberuf in keinem Zusammenhang steht. Letzteres ist bei der Klägerin der Fall, die von Oktober 2002 bis Ende 2003 - und damit nach der behaupteten Absprache in den Jahren 2001 oder 2002 - im Umfang von 25 Wochenstunden als Leiterin des Naturkostfachgeschäfts auf dem T. in E. für die T1. X. J. AG tätig war. Inwieweit sich das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang "schon denklogisch" widersprochen haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr spricht für die Richtigkeit seiner Annahme das weitere Zulassungsvorbringen, die Klägerin habe "bis zur Beendigung der Betreuung der Kinder gerade noch keine ernstliche Entscheidung für eine bestimmte berufliche Richtung getroffen", "sondern wegen der Einbindung in die Kinderbetreuung und -erziehung sich erst im Jahre 2008 mit dieser Frage befassen" können.
6Dass andere objektive, nach außen erkennbare Anhaltspunkte für die Hinwendung zum Lehrerberuf bereits vor Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin im Jahre 2006 gegeben waren, macht der Zulassungsantrag nicht ersichtlich. Insbesondere belegt die Gestaltung ihres Biologie- und des Ökotrophologiestudiums dies nicht. Zwar hat die Klägerin im Wintersemester 1988/89 eine Vorlesung "Pädagogische Grundfragen" und im Sommersemester 1990 zwei Proseminare im Rahmen eines erziehungswissenschaftlichen Begleitstudiums besucht. Dies mag ein Interesse an pädagogischen Inhalten verdeutlichen, ist jedoch nicht hinreichend spezifisch, um zu belegen, dass die Klägerin eine Tätigkeit als Lehrerin anstrebte, zumal die Möglichkeit des "Seiteneinstiegs" seinerzeit noch gar nicht gegeben war. Insoweit fragt sich, warum die Klägerin - hätte sie tatsächlich schon 1987 oder 1988 den Lehrerberuf angestrebt - (gerade) im Jahre 1988 ein Studium der Ökotrophologie und eben nicht ein Lehramtsstudium aufgenommen hat. Gegen die Annahme, die Studiengestaltung belege eine bereits 1987 oder 1988 erfolgte Hinwendung zum Lehrerberuf, spricht überdies das klägerische Vorbringen im Übrigen, wonach sie sich "im Jahre 2001/2002" entschieden haben will, Lehrerin werden zu wollen.
7Angesichts des Vorstehenden kommt es auf weite Teile des Zulassungsvorbringens nicht an, so darauf,
8 ob die Tätigkeit als Leiterin des Naturkostfachgeschäfts auf dem T. der Ausbildung der Klägerin zur Diplom-Ökotrophologin entsprach, was der Antrag auf Zulassung der Berufung mit eingehenden Ausführungen in Abrede stellt,
9 ob die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt eingestellt worden wäre und ob im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer früheren Einstellung "bewusste Manipulationen", "zielgerichtete Anweisungen" und "falsche Angaben über vorhandene Informationen" vorgekommen sind, was allerdings überdies mit dem Zulassungsantrag in keiner Weise substantiiert und deshalb mindestens unzureichend dargelegt ist, sowie
10 ob nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats eine überhälftige Beschäftigung den Kausalzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und verzögerter Einstellung unterbricht.
11Angemerkt sei allerdings, dass nach der Rechtsprechung Zeiten einer Kinderbetreuung im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 lit. c LVO NRW nur solche sind, in denen diese den Tagesablauf der Betreuungsperson geprägt, d.h. im Vergleich zu anderen Tätigkeiten in Ausbildung und/oder Beruf überwogen haben. Dies setzt im Allgemeinen eine Betreuungsleistung in einem mindestens halbtätigen Umfang voraus. Wenn sich der Bewerber - etwa wegen einer mindestens halbtags ausgeübten Berufstätigkeit - nicht mehr ganz oder überwiegend der Kinderbetreuung gewidmet hat, fehlt es an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen Privilegierungstatbestand und verspäteter Einstellung in das Beamtenverhältnis,
12vgl. BVerwG, Urteile vom 13. Juli 2000 - 2 C 21.99 -, ZBR 2001, 32, und vom 18. Juni 1998 - 2 C 6.98 -, ZBR 1998, 419, jeweils zu § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NRW a.F.; OVG NRW, Urteil vom 18. Juli 2007 - 6 A 4769/04 - und Beschlüsse vom 5. Juli 2013 - 6 A 1082/11 -, vom 9. August 2011 - 6 A 1340/11 - und vom 22. Februar 2005 - 6 A 4762/03 -, jeweils juris mit weiteren Nachweisen;
13ohne Relevanz ist dabei, ob der Beamtenbewerber seinem erlernten oder einem anderen Beruf nachgeht.
14Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor. Dies ist zu verneinen, wenn - wie hier - im Hinblick auf die insoweit vorgetragenen Gründe ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung verneint worden sind.
15Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ist daher eine solche Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Hinsichtlich der Fragen,
16 "ob und inwieweit die Zuwendung zum Lehrerberuf durch einen 'Seiteneinsteiger' in seinem Lebenslauf vor und nach Eintritt der betreuungsbedingten Verzögerungstatbestände nach außen erkennbar deutlich gemacht werden muss", und
17 "wie konkret die nach außen erkennbare Hinwendung zum Lehrerberuf erfolgen muss",
18fehlt schon eine zureichende Darlegung ihrer grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit. Jedenfalls lassen sich die Fragen nach dem oben Ausgeführten auf der Grundlage der vorliegenden Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten.
19Auch der noch benannte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht gegeben. Insoweit wäre es notwendig darzulegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten eben solchen Rechtssatz abweicht.
20Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2001 - 5 B 105.00 -, NJW 2001, 2898.
21Dem genügen die Ausführungen im Zulassungsantrag nicht. Mit diesem wird weder ein solcher Rechtssatz aus der Rechtsprechung eines Gerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO noch des Verwaltungsgerichts benannt. Eine Divergenz im ab-strakten Rechtssatz ist im Übrigen auch nicht ersichtlich.
22Schließlich ist kein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensfehler dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Anträge, Beweis über die Tatsache zu erheben, dass die Klägerin bereits im Jahre 2002 die Absicht hatte, den Lehrerberuf anzustreben, die Eheleute aber zu der einvernehmlichen Entscheidung gekommen sind, dies im Hinblick auf die Kinderbetreuung zurückzustellen, bzw. die Eheleute im Frühjahr 2002 vereinbart haben, dass beide das Lehramt anstreben und die Klägerin dies zunächst wegen der Betreuung der Kinder zurückstellt, ebenso wie den Antrag auf weitere Ermittlungen bezüglich früherer Einstellungsmöglichkeiten rechtsfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt, dass es darauf nicht ankommt.
23Das Vorliegen anderer Verfahrensmängel macht der Antrag auf Zulassung der Berufung nicht erkennbar. Namentlich ist die - unter der Überschrift des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erwähnte - Verletzung der Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung nicht dargetan. Insoweit wird schon nicht - wie erforderlich - dargelegt, hinsichtlich welcher entscheidungserheblicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen, die zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis geführt hätten, voraussichtlich getroffen worden wären, sowie, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Die nachfolgenden erläuternden Ausführungen der Klägerin machen deutlich, dass sie im Kern vielmehr rügt, das Verwaltungsgericht habe ihre Angaben falsch erfasst bzw. gewertet. Nach dem oben Ausgeführten war eine weitere Sachaufklärung im Übrigen nicht geboten.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.