Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 26. Apr. 2016 - S 1 U 1567/15

bei uns veröffentlicht am26.04.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen eines Arbeitsunfalls vom 14.03.2011.
Der 1964 geborene, ab Juni 2009 als Kfz-Mechaniker bei der Firma C. Kfz-Meisterwerkstatt beschäftigt gewesene Kläger zeigte der Beklagten am 15.12.2011 ein Ereignis vom 14.03.2011 als Arbeitsunfall an: Er habe an diesem Tag zunächst mit zwei Schlagschraubern erfolglos versucht, eine fest sitzende Achsmutter an einem Pkw zu lösen. Danach habe er das auf der Hebebühne stehende Fahrzeug auf Hüfthöhe abgesenkt und einen Knebel und eine etwa 1,3 m lange Stange angesetzt. Aus gebückter Haltung habe er mehrfach mit aller Kraft nach oben gedrückt, dies teilweise unter wippenden Bewegungen. Beim dritten Versuch habe er die Stange erneut unter Spannung gesetzt, als sich die Mutter „etwas gelöst“ habe. Dabei habe er einen starken Schlag verspürt, der ihm bis in den Hals gezogen sei. Er habe nachfolgend weitergearbeitet. Am Abend des Unfalltages hätten sich bei ihm Nacken- und Armschmerzen eingestellt. Am nächsten Morgen habe er den Kopf kaum drehen können und sich arbeitsunfähig krank gemeldet. Er habe schon seit Jahren Beschwerden in beiden Ellenbogen; diese seien jedoch anderer Art als nach dem Unfallereignis. Der Chirurg Dr. Sch., den der Kläger erstmals am 14.11.2011 aufsuchte, diagnostizierte als Gesundheitsstörung eine Entzündung der Trizepssehne links ohne Anhalt für eine knöcherne Verletzung.
Durch Bescheid vom 22.12.2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, das geplante Lösen einer fest sitzenden Schraube mit einer Metallstange als Hebel stelle eine vom Kläger willentlich gesteuerte und kontrollierte Körperbewegung dar. Damit fehle es an dem für die Annahme eines Arbeitsunfalls erforderlichen Merkmals eines „äußeren Ereignisses“. Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG; S 4 U 2613/12) blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.06.2012, Urt. v. 29.10.2013). Im nachfolgenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 1 U 5330/13) schlossen die Beteiligten am 27.10.2014 einen gerichtlichen Vergleich, demzufolge die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2012 das Unfallereignis als Arbeitsunfall und als dessen Folge eine Ellenbogenzerrung links anerkannte. Weiterhin erklärte sich die Beklagte zur Prüfung und Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides darüber bereit, ob und ggf. welche weiteren Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen seien.
Hierzu erteilte die Beklagte den (Ausführungs-)Bescheid vom 25.11.2014, durch den sie als Unfallfolgen
„Zerrungen des linken Ellenbogens und der Halswirbelsäule (HWS)“
anerkannte. Diese Gesundheitsschäden seien spätestens sechs Wochen nach dem Unfall folgenlos ausgeheilt; Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien deshalb über den 24.04.2011 hinaus nicht zu erbringen. Bandscheibenvorfälle an der Halswirbelsäule seien nicht als Unfallfolgen anzuerkennen, da keine begleitenden knöchernen oder Bandverletzungen vorlägen. Ein geltend gemachter Riss der Bizepssehne links sei nicht nachgewiesen. Bei der von den Gutachtern im Verfahren S 4 U 2613/12 (Dres. C. und M.) diagnostizierten chronisch-entzündlichen Reizung der Ansatzpunkte der Trizepssehne am Ellenende handele es sich nicht um eine Unfallfolge, sondern um einen Überlastungsschaden. Schließlich sei das Unfallereignis bereits dem Grunde nach nicht geeignet gewesen sei, einen psychischen Gesundheitsschaden - hier: mittelgradige Depression - nach sich zu ziehen. Ursache der Depression des Klägers seien vielmehr eine finanzielle Notlage bei noch zu tilgendem Hauskredit und der zeitweise Arbeitsplatzverlust wegen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet außerhalb des Risikobereichs der gesetzlichen Unfallversicherung.
Den dagegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls im Segment C 5/6, einen Riss der Bizepssehne links, ein posttraumatisches Zervikalsyndrom/Distorsion, einen Reizzustand am linken Unterarm/Ellenbogen sowie eine Depression als weitere Unfallfolgen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 24.04.2011 hinaus begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015).
Am 15.05.2015 hat der Kläger erneut Klage zum SG erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Widerspruchsvorbringen.
Die Kammer hat zu Beweiszwecken die seit März 2011 angefallenen Behandlungsunterlagen des Chirurgen Dr. Sch., der Allgemeinmedizinerin F. und des Neurologen und Psychiaters Dr. W. beigezogen.
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Sodann hat im Auftrag des erkennenden Gerichts der Neurochirurg Dr. Fa. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Dr. Fa. hat als Gesundheitsstörungen ein HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen mit zervikaler Spinalkanalstenose und Neuroforamenstenosen HWK 5/6 bei mediolateralem, linksbetontem Bandscheibenvorfall mit Irritation der Nervenwurzel C 6 links und eine linksparamediane Bandscheibenprotrusion HWK 4/5 ohne Anhalt für Wurzelkompression, ein LWS-Syndrom bei Verdacht auf Facettengelenkssyndrom ohne wesentliche Funktions- und Belastbarkeitseinschränkung, ein leichtgradiges Kubitaltunnelsyndrom mit intermittierender Sensibilitätsstörung rechts, eine chronische Ansatztendinitis der linken distalen Bizepssehne, rezidivierende Reizzustände bei Tendinose der distalen Bizepssehne rechts, mittelgradige, depressive Episoden, einen erhöhten Somatisierungsindex mit verstärkter Beschäftigung mit dem eigenen Körper, eine Prostatahyperplasie und eine Hyperopie diagnostiziert. Zusammenfassend hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, zwar könne eine nicht muskulär kontrollierte, energiereiche, sagittale freie Bewegung des Kopfes gegenüber dem fixierten Rumpf eine HWS-Distorsion I. Grades bewirken. Ein geeigneter Verletzungsmechanismus habe bei dem Unfallereignis am 14.03.2011 mit Blick auf die vom Kläger beschriebene anhaltende Körper- und Muskelspannung jedoch nicht vorgelegen. Nachdem sich die Achsmutter des Pkw gelöst habe, sei der Kläger eigenen Angaben zufolge nach hinten ausgewichen, jedoch nicht gestürzt. Eine übermäßige In- oder Reklination oder gar eine Rotation im Bereich der Halswirbelsäule habe ebenfalls nicht stattgefunden. Ein entsprechendes Verletzungsmuster hierfür sei ärztlich auch nicht beschrieben. Damit habe kein geeignetes Verletzungsmuster für das Auftreten eines zervikalen Bandscheibenvorfalls oder einer Bizepssehnenruptur vorgelegen. In Übereinstimmung mit Dr. C. seien die nachgewiesenen multisegmentalen Veränderungen der Halswirbelsäule degenerativ entstanden. Ein knöcherner Verletzungsbefund liege nicht vor. Der Bandscheibenvorfall stelle eine Krankheitserscheinung älterer Genese dar. Es handele sich um einen bis zum Unfallereignis klinisch stumm verlaufenden Vorschaden, der durch das Unfallereignis lediglich manifestiert sei. Bei den Schmerzen am linken vorderen Unterarm handele es sich am ehesten um eine Schmerzexarzerbation myalgischer Genese bei chronischer Ansatztendinitis der linken, distalen Bizepssehne ohne Anhalt für einen unfallbedingten Schaden. Eine Ruptur bzw. ein Riss einer der drei Bizepssehnen sei durch nachfolgende kernspintomographische und sonographische Untersuchungen ausgeschlossen. Eine willentliche Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung sei nach medizinisch-wissenschaftlichem Kenntnisstand zudem nicht geeignet, eine distale Bizepssehnenruptur zu bewirken. Auch habe eine Überdehnung der Sehne über das physiologische Ausmaß hinaus nicht vorgelegen. Aufgrund des Ausmaßes der Vorschäden wären die Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule und am linken Unterarm wohl auch ohne das Unfallereignis etwa zur selben Zeit und in etwa gleichem Ausmaß eingetreten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bzw. Behandlungsbedürftigkeit habe nach dem Unfallereignis nicht vorgelegen.
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Der Kläger beantragt - sinngemäß -,
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den Bescheid vom 25. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2015 abzuändern, „HWS-Verletzung/Distorsion mit Bandscheibenverletzungen, Teil-Ruptur der linken Bizepssehne mit chronischer Entwicklung sowie depressive Entwicklung“ als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. März 2011 festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
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Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten, den der beigezogenen Akten des SG (S 4 U 2613/12) und des LSG Baden-Württemberg (L 1 U 5330/13) sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als - weitere - Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.03.2011 anzuerkennen. Die Kammer konnte trotz des Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung in der Sache entscheiden, weil sie ihn zusammen mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
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1. Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N. und SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2; BSG Breithaupt 2005 sowie BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286).
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Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281 sowie BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14). Das ist hier der Kläger.
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Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, Vorb. v. § 249, Rdnr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
21 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
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Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 25 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rn. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
23 
Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860ff; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 25).
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2. Orientiert daran, hat es die Beklagte durch die streitgegenständlichen Bescheide zu Recht abgelehnt, Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule (dazu nachfolgend unter a) ), eine Teil-Ruptur der Bizepssehne links (dazu nachfolgend unter b) ) und eine depressive Erkrankung (dazu nachfolgend unter c) ) als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom März 2011 anzuerkennen.
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a) Zwar leidet der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten - nach den wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. Fa. sowie den im Verfahren S 4 U 2613/12 erstellten Gutachten der Dres. C. und M., die die Kammer im Wege des Urkundenbeweises verwertet, an einem HWS-Syndrom bei knöchernen Veränderungen mit zervikaler Spinalkanalstenose sowie Neuroforamenstenosen im Segment C 5/6 bei mediolateralem, linksbetontem Bandscheibenvorfall mit Irritation der Nervenwurzel C 6 links und einer links paramedianen Bandscheibenprotrusion im Segment C 4/5 ohne Anhalt für eine Wurzelkompression. Bereits die Radiologin Dr. L. hatte im Arztbrief vom 18.11.2011 kernspintomographisch multisegmentale dorsale Bandscheibenvorwölbungen zwischen den Segmenten C 3 und C 7, schwerpunktmäßig im Segment C 5/6, mit Einengung des Spinalkanals im Segment C 5/6 durch Bandscheibengewebe sowie knöcherne Veränderungen mit Osteochondrose und Unkonvertebralgelenksarthrosen in diesem Segment nachgewiesen.
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Diese Gesundheitsstörungen sind indes weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 14.03.2011 zurückzuführen, wie Dr. Fa. und Dr. C. - im Ergebnis übereinstimmend - dargelegt haben. Mit dem Sachverständigen Dr. Fa. geht das erkennende Gericht insbesondere davon aus, dass der vom Kläger geschilderte Unfallhergang bereits dem Grunde nach nicht geeignet war, eine Schädigung an der Halswirbelsäule über eine HWS-Distorsion 1. Grades hinaus, die die Beklagte als Unfallfolge bereits anerkannt hat, zu verursachen.
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Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Bandscheibenschäden, die multifaktoriell sind und in allen Bevölkerungsschichten vorkommen, sich am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr in Form klinischer Symptome bemerkbar machen und der objektive Befund einer Bandscheibendegeneration mit wachsendem Alter stetig zunimmt (vgl. Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., Seite. 454). Nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, sind unfallbedingt verursachte Bandscheibenvorfälle per se äußerst selten (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2006 - L 6 VG 10/05 - ). Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Bandscheibenschadens vermag deshalb eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit nicht zu begründen (vgl. LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 - sowie - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - und - B 2 U 23/11 R - ). Auch existiert in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Beweisregel des Inhalts, dass alles, was während einer versicherten Tätigkeit an Gesundheitsschäden eintritt, auch ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann (vgl. Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 - ).
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Für die Feststellung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls als Folge eines Arbeitsunfalls müssen nach der unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Literatur (vgl. hierzu Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 435) folgende Kriterien erfüllt sein:
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1. Das Unfallereignis muss schwer genug sein, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen
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2. Ablauf in seiner Mechanik, um die Entstehung derartiger Rissbildungen aufzuklären
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3. Schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich des Wirbelsäulenabschnittes im Anschluss an den Unfall
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4. Beschwerdefreiheit, zumindest Beschwerdearmut vor dem Unfall und
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5. Klinische Symptome, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall sprechen.
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Insbesondere aber erfordert ein traumatischer Bandscheibenvorfall stets knöcherne und/oder ligamentäre Begleitverletzungen der maßgebenden Wirbelkörper selbst oder doch zumindest der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur (vgl. Schönberger//Mertens/Valentin, a.a.O., S. 434 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 29.01.2016 - L 8 U 977/15 -; Bay. LSG vom 15.03.2012 - L 18 U 9/07 -, vom 07.10.2013 - L 2 U 106/11 - und vom 17.09.2014 - L 3 U 534/10 -; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 07.02.2014 - L 3 VE 21/12 -; LSG Hamburg vom 25.05.2013 - L 3 U 29/10 -; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2007 - L 17 U 75/06 - und Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 -; ferner SG Dortmund vom 19.03.2004 - S 23 U 38/02 - und Urteil des erkennenden Gerichts vom 15.01.2013 - S 1 U 2218/12 - < jeweils juris>), d.h. Begleitverletzungen entweder in Form einer begleitenden disco-ligamentären Verletzung oder einer Fraktur der knöchernen Strukturen. Zutreffend weist Dr. Fa. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach den aktenkundigen medizinischen Unterlagen wie auch den von ihm erhobenen Befunden und Krankheitsäußerungen einschließlich einer Nachbefundung zahlreicher radiologischer, insbesondere MRT-Aufnahmen, der Halswirbelsäule ein knöcherner Verletzungsbefund ausgeschlossen ist. Hierauf hatte bereits Dr. C. in seinem auch heute noch überzeugenden Gutachten zutreffend hingewiesen. Ligamentäre Begleitverletzungen zu den nachgewiesenen Bandscheibenveränderungen im Bereich der Halswirbelsäule hat keiner der den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzte angeführt. Solche erachtet deshalb das erkennende Gericht nicht für erwiesen. Schließlich weist Dr. Fa. auch zutreffend darauf hin, dass der vom Kläger geschilderte Unfallablauf schon dem Grunde nach nicht geeignet war, einen zervikalen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Denn der Kläger war keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen, weil der von ihm willentlich in Gang gesetzte Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls ist. Insbesondere fand keine nicht muskulär kontrollierte, energiereiche sagittale freie Bewegung des Kopfes gegenüber dem fixierten Rumpf statt. Vielmehr erfolgte das plötzliche Lösen der Achsmutter während einer vom Kläger aufgebauten anhaltenden muskulären Körperspannung. Auch das nach Ablösen der Achsmutter vom Kläger angegebene Ausweichen nach hinten stellt keinen geeigneten Verletzungsmechanismus für einen traumatischen Bandscheibenvorfall dar, wie Dr. Fa. auch insoweit überzeugend und zutreffend dargelegt hat. Denn weder ist der Kläger gestürzt noch fand bei diesem Vorfall eine übermäßige In- oder Reklination oder gar Rotation im Bereich der Halswirbelsäule statt. Fehlen dazuhin - wie hier - knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen, ist mithin keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Die von der Radiologin Dr. L. aufgrund der kernspintomographischen Untersuchung der Halswirbelsäule im November 2011 diagnostizierten Gesundheitsstörungen sind mit Dr. Fa. deshalb degenerativ und unabhängig von dem Unfallgeschehen entstanden. Die Kammer folgt dem gerichtlichen Sachverständigen auch insoweit, als dieser ausführt, dass das Unfallereignis den degenerativen Vorschaden nicht ausgelöst hatte, sondern allein dazu führte, dass ein bis dahin klinisch stumm verlaufender Krankheitsverlauf hierbei manifestiert wurde.
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Abweichend ist auch nicht aufgrund des im Verfahren S 4 U 2613/12 erstellten Gutachtens des Dr. M. zu entscheiden. Denn auch dieser hat mit Blick auf Veränderungen an der Halswirbelsäule einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 14.03.2011 allein bzgl. eines Zervikalsyndroms bzw. einer Distorsion, d. h. einer Zerrung, 1. Grades angenommen. In Bezug auf den auch von Dr. M. diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Segment C 5/6 hat sich dieser indes der - negativen - Kausalitätsbeurteilung im Gutachten von Dr. C. ausdrücklich angeschlossen.
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Damit sind Bandscheibenveränderungen an der Halswirbelsäule nicht als Folge des streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignisses festzustellen.
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Dem steht das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.06.2015 - L 10 U 221/13 - ZVW - (juris) nicht entgegen. Ungeachtet dessen, dass die dortigen Ausführungen, ein traumatischer Bandscheibenvorfall setze nicht ausnahmslos ligamentäre oder knöcherne Begleitverletzungen voraus, nicht der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung entspricht und schon deshalb das erkennende Gericht nicht überzeugt, spricht vorliegend das Gesamtausmaß der Gesundheitsstörungen an der Halswirbelsäule des Klägers mit Befall der Segmente C 3 bis C 7 und der bereits im MRT von Dr. L. im November 2011 nachgewiesenen Osteochondrose und Uncovertebralgelenksarthrosen in Segment C 5/6 sowie Einengungen der knöchernen Neuroforamina beidseits gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs. Zu Recht hat deshalb auch die Radiologin Dr. Peter in ihrem Arztbrief vom 21.08.2013 diese Gesundheitsstörungen als „ausgeprägte degenerative Veränderungen“ angesehen.
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b) Eine - wie geltend gemacht - (Teil-)Ruptur der langen Bizepssehne links erachtet auch das erkennende Gericht, wie bereits die Beklagte, nicht für erwiesen. Denn sowohl die Radiologin Dr. L. (vgl. Arztbriefe vom 10.08.2011 und vom 21.03.2014) als auch die Radiologin Dr. Bl. (vgl. Arztbrief vom 18.07.2012) und der Radiologe Dr. B. (vgl. Arztbrief vom 25.01.2013) haben bei den vor ihnen durchgeführten MRT-Aufnahmen des linken Ellenbogengelenkes allein eine Sehnenansatzentzündung der Trizepssehne und einen unspezifischen geringen Reiz - und Entzündungszustand im Ellenbogengelenk (so Dr. L.) bzw. eine chronische Ansatztendinitis der Insertion (= des Ansatzes) der Bizepssehne links (so Dr. Bl.) objektiviert. Eine Ruptur oder Teil-Ruptur der langen Bizepssehne links haben diese Ärzte indes ausdrücklich verneint. Dies stimmt überein mit den sonographischen Befunden des Durchgangsarztes Dr. Sch., der in seinen Arztbriefen vom 17.02. und vom 03.04.2012 die Kontinuität der Bizepssehne links bestätigte. Weiter bestätigt wird der fehlende Nachweis eines (Teil-)Einrisses der Bizepssehne links durch den Arztbrief des Orthopäden We. vom 06.12.2011, der aufgrund des Sonographiebefundes des linken Ellenbogengelenkes allein ein Kokardenphänomen am Ursprung der Handgelenksextensoren und Flexoren objektivierte. Überdies lag nach dem vom Kläger geschilderten Unfallhergang keine Überdehnung der Bizepssehne über das physiologische Ausmaß hinaus vor als mögliche Ursache einer - ohnedies nicht nachgewiesenen - Bizepssehnen (Teil-)Ruptur, wie Dr. Fa. auch insoweit überzeugend und zutreffend ausgeführt hat. Folgerichtig haben deshalb Dr. C. und der Sachverständige Dr. Fa. einen Riss der Bizepssehne links als Gesundheitsstörung verneint.
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Zur Recht hat es deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide abgelehnt, eine solche Gesundheitsstörung als - weitere - Unfallfolge anzuerkennen.
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c) Schließlich ist auch eine depressive Erkrankung nicht als weitere Unfallfolge festzustellen. Zwar leidet der Kläger im Anschluss an die aktenkundigen Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 22.03.2013, 13.06.2013, 26.07.2013 und vom 30.04.2015 an rezidivierenden depressiven Episoden mittelgradiger Ausprägung. Diese Gesundheitsstörung ist jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 14.03.2011 zurückzuführen. Zwar ist im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung auch die Feststellung psychischer Gesundheitsstörungen grundsätzlich möglich. Denn auch solche können rechtlich wesentlich durch ein Arbeitsunfallereignis verursacht worden sein (vgl. bereits BSGE 18, 173, 176; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2006, 497 und Bay. LSG vom 20.01.2010 - 11 2 U 396/08 - ; ferner Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 142 ff.). Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich auch in Bezug auf psychische Gesundheitsstörungen nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr. seit BSGE 1, 72, 76 und 1, 50, 156 f.)
41 
Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den von Dr. W. diagnostizierten Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet und dem Arbeitsunfall vom 14.03.2011 spricht zur Überzeugung der Kammer bereits die zeitliche Latenz zwischen dem Unfallereignis und der erstmaligen Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode durch Dr. W. am 19.03.2013, das heißt erstmals zwei Jahre nach dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall. Denn nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl. Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 142) - dies entspricht auch den Erfahrungen der Kammer aus mehr als 20 Jahren richterlicher Tätigkeit im Sachgebiet Gesetzliche Unfallversicherung - entwickeln sich depressive Reaktionen auf ein belastendes Ereignis regelmäßig innerhalb einer kurzen Zeitspanne von einer Woche bis vier Wochen nach einem solchen Ereignis. Der Kläger berichtete bei der Erstvorstellung bei Dr. W. indes über (erst) „seit Monaten“ bestehenden Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Antriebslosigkeit und einen sozialen Rückzug. Wesentliche Ursache dieser Krankheitsäußerungen sind private Umstände außerhalb des Arbeitsunfallereignisses: So gab der Kläger bereits im Rahmen des Heilverfahrens in den St.-R.-Kliniken, Bad S., im Sommer 2011 chronische und aktuell belastende Ereignisse (beruflich und privat), insbesondere eine Überforderung durch chronisch belastenden Stress, an, was aufgrund des Entlassungsberichts der Klinik vom 05.07.2011 feststeht. Soweit die psychischen Gesundheitsstörungen überdies aus den Schmerzen am linken Arm und der Hals- und Lendenwirbelsäule herrühren, besteht kein ursächlicher Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis, da diese Gesundheitsstörungen nicht - jedenfalls aber keine überdauernden - Folgen dieses Ereignisses sind. Vor diesem Hintergrund stellt auch der gegenüber Dr. W. angegebene „Kampf“ des Klägers mit der Beklagten um die Anerkennung der Folgen des Arbeitsunfalls keine vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung umfasste Ursache für die Ausbildung der depressiven Erkrankung dar. Gleiches gilt für die bei der weiteren Vorstellung bei Dr. W. geäußerte „Angst, vor dem finanziellen Ruin zu stehen“. Soweit die depressive Entwicklung möglicherweise auch dadurch unterhalten wurde und weiterhin wird, dass der Kläger mit den bisher in den Gerichtsverfahren erstellten Gutachten „hadert“, ist dies Ausfluss seiner Persönlichkeit und damit ebenfalls unfallunabhängig. Überdies kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach dem Arztbrief von Dr. W. vom 30.04.2015 die rezidivierenden depressiven Episoden weiter unterhalten werden aufgrund eines Streits des Klägers mit seinem Vorgesetzten und der Arbeitsbelastungen als Kfz-Mechaniker, die der Kläger als „hart“ und „unter großem Zeitdruck“ empfindet. Schließlich ist auch das erkennende Gericht der Überzeugung - dies in Übereinstimmung mit der Beklagten -, dass der Unfallhergang - das mehrfache ruckartige Lösen einer festsitzenden Achsmutter unter Aufwendung massiver Körperkraft - kein psychisch belastendes Ereignis darstellt, das zur Entwicklung entsprechender Spätfolgen führen kann. Zutreffend hat deshalb auch Dr. M. in seinem auf Antrag und im Kostenrisiko des Klägers im Verfahren S 4 U 2613/12 eingeholten Sachverständigengutachten - wenn auch fachfremd - einen ursächlichen Zusammenhang der mittelgradigen depressiven Episode und eines erhöhten Somatisierungsindexes mit dem Arbeitsunfallereignis als „eher unwahrscheinlich“ bezeichnet.
42 
3. Den Anträgen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 26.01. und vom 05.02.2016, dem Sachverständigen Dr. Fa. einen umfassenden Fragenkatalog zur ergänzenden Stellungnahme zu seinem Gutachten zuzuleiten, ist die Kammer nicht nachgekommen, weil es auf die Beantwortung dieser Beweisfragen entscheidungserheblich nicht ankommt: Weder stellte das Unfallereignis - wie oben bereits - ausgeführt - einen geeigneten Hergang dar, um einen Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule zu verursachen, noch liegen insbesondere knöcherne oder disco-ligamentäre Begleitverletzungen vor, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft einen ursächlichen Zusammenhang dieser Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfallereignis wahrscheinlich machen können. Soweit der Kläger überdies - trotz des Ergebnisses des Gutachtens von Dr. Fa. - an der Feststellung einer „Teil-Ruptur der linken Sehne“ festhält, war eine ergänzende Befragung des Sachverständigen nicht erforderlich, weil aufgrund der aktenkundigen medizinischen Äußerungen und Unterlagen bereits das Gegenteil - eine durchgängige Bizepssehne ohne Anhalt für eine Ruptur oder Teilruptur - feststeht.
43 
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers insgesamt erfolglos bleiben.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe

 
17 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen als - weitere - Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.03.2011 anzuerkennen. Die Kammer konnte trotz des Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung in der Sache entscheiden, weil sie ihn zusammen mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
18 
1. Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N. und SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2; BSG Breithaupt 2005 sowie BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286).
19 
Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281 sowie BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14). Das ist hier der Kläger.
20 
Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, Vorb. v. § 249, Rdnr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
21 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
22 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 25 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rn. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
23 
Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860ff; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 25).
24 
2. Orientiert daran, hat es die Beklagte durch die streitgegenständlichen Bescheide zu Recht abgelehnt, Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule (dazu nachfolgend unter a) ), eine Teil-Ruptur der Bizepssehne links (dazu nachfolgend unter b) ) und eine depressive Erkrankung (dazu nachfolgend unter c) ) als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom März 2011 anzuerkennen.
25 
a) Zwar leidet der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten - nach den wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen des Sachverständigen Dr. Fa. sowie den im Verfahren S 4 U 2613/12 erstellten Gutachten der Dres. C. und M., die die Kammer im Wege des Urkundenbeweises verwertet, an einem HWS-Syndrom bei knöchernen Veränderungen mit zervikaler Spinalkanalstenose sowie Neuroforamenstenosen im Segment C 5/6 bei mediolateralem, linksbetontem Bandscheibenvorfall mit Irritation der Nervenwurzel C 6 links und einer links paramedianen Bandscheibenprotrusion im Segment C 4/5 ohne Anhalt für eine Wurzelkompression. Bereits die Radiologin Dr. L. hatte im Arztbrief vom 18.11.2011 kernspintomographisch multisegmentale dorsale Bandscheibenvorwölbungen zwischen den Segmenten C 3 und C 7, schwerpunktmäßig im Segment C 5/6, mit Einengung des Spinalkanals im Segment C 5/6 durch Bandscheibengewebe sowie knöcherne Veränderungen mit Osteochondrose und Unkonvertebralgelenksarthrosen in diesem Segment nachgewiesen.
26 
Diese Gesundheitsstörungen sind indes weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 14.03.2011 zurückzuführen, wie Dr. Fa. und Dr. C. - im Ergebnis übereinstimmend - dargelegt haben. Mit dem Sachverständigen Dr. Fa. geht das erkennende Gericht insbesondere davon aus, dass der vom Kläger geschilderte Unfallhergang bereits dem Grunde nach nicht geeignet war, eine Schädigung an der Halswirbelsäule über eine HWS-Distorsion 1. Grades hinaus, die die Beklagte als Unfallfolge bereits anerkannt hat, zu verursachen.
27 
Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Bandscheibenschäden, die multifaktoriell sind und in allen Bevölkerungsschichten vorkommen, sich am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr in Form klinischer Symptome bemerkbar machen und der objektive Befund einer Bandscheibendegeneration mit wachsendem Alter stetig zunimmt (vgl. Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., Seite. 454). Nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, sind unfallbedingt verursachte Bandscheibenvorfälle per se äußerst selten (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2006 - L 6 VG 10/05 - ). Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Bandscheibenschadens vermag deshalb eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit nicht zu begründen (vgl. LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 - sowie - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - und - B 2 U 23/11 R - ). Auch existiert in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Beweisregel des Inhalts, dass alles, was während einer versicherten Tätigkeit an Gesundheitsschäden eintritt, auch ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann (vgl. Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 - ).
28 
Für die Feststellung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls als Folge eines Arbeitsunfalls müssen nach der unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Literatur (vgl. hierzu Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 435) folgende Kriterien erfüllt sein:
29 
1. Das Unfallereignis muss schwer genug sein, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen
30 
2. Ablauf in seiner Mechanik, um die Entstehung derartiger Rissbildungen aufzuklären
31 
3. Schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich des Wirbelsäulenabschnittes im Anschluss an den Unfall
32 
4. Beschwerdefreiheit, zumindest Beschwerdearmut vor dem Unfall und
33 
5. Klinische Symptome, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall sprechen.
34 
Insbesondere aber erfordert ein traumatischer Bandscheibenvorfall stets knöcherne und/oder ligamentäre Begleitverletzungen der maßgebenden Wirbelkörper selbst oder doch zumindest der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur (vgl. Schönberger//Mertens/Valentin, a.a.O., S. 434 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 29.01.2016 - L 8 U 977/15 -; Bay. LSG vom 15.03.2012 - L 18 U 9/07 -, vom 07.10.2013 - L 2 U 106/11 - und vom 17.09.2014 - L 3 U 534/10 -; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 07.02.2014 - L 3 VE 21/12 -; LSG Hamburg vom 25.05.2013 - L 3 U 29/10 -; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2007 - L 17 U 75/06 - und Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 -; ferner SG Dortmund vom 19.03.2004 - S 23 U 38/02 - und Urteil des erkennenden Gerichts vom 15.01.2013 - S 1 U 2218/12 - < jeweils juris>), d.h. Begleitverletzungen entweder in Form einer begleitenden disco-ligamentären Verletzung oder einer Fraktur der knöchernen Strukturen. Zutreffend weist Dr. Fa. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach den aktenkundigen medizinischen Unterlagen wie auch den von ihm erhobenen Befunden und Krankheitsäußerungen einschließlich einer Nachbefundung zahlreicher radiologischer, insbesondere MRT-Aufnahmen, der Halswirbelsäule ein knöcherner Verletzungsbefund ausgeschlossen ist. Hierauf hatte bereits Dr. C. in seinem auch heute noch überzeugenden Gutachten zutreffend hingewiesen. Ligamentäre Begleitverletzungen zu den nachgewiesenen Bandscheibenveränderungen im Bereich der Halswirbelsäule hat keiner der den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzte angeführt. Solche erachtet deshalb das erkennende Gericht nicht für erwiesen. Schließlich weist Dr. Fa. auch zutreffend darauf hin, dass der vom Kläger geschilderte Unfallablauf schon dem Grunde nach nicht geeignet war, einen zervikalen Bandscheibenvorfall zu verursachen. Denn der Kläger war keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen, weil der von ihm willentlich in Gang gesetzte Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls ist. Insbesondere fand keine nicht muskulär kontrollierte, energiereiche sagittale freie Bewegung des Kopfes gegenüber dem fixierten Rumpf statt. Vielmehr erfolgte das plötzliche Lösen der Achsmutter während einer vom Kläger aufgebauten anhaltenden muskulären Körperspannung. Auch das nach Ablösen der Achsmutter vom Kläger angegebene Ausweichen nach hinten stellt keinen geeigneten Verletzungsmechanismus für einen traumatischen Bandscheibenvorfall dar, wie Dr. Fa. auch insoweit überzeugend und zutreffend dargelegt hat. Denn weder ist der Kläger gestürzt noch fand bei diesem Vorfall eine übermäßige In- oder Reklination oder gar Rotation im Bereich der Halswirbelsäule statt. Fehlen dazuhin - wie hier - knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen, ist mithin keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Die von der Radiologin Dr. L. aufgrund der kernspintomographischen Untersuchung der Halswirbelsäule im November 2011 diagnostizierten Gesundheitsstörungen sind mit Dr. Fa. deshalb degenerativ und unabhängig von dem Unfallgeschehen entstanden. Die Kammer folgt dem gerichtlichen Sachverständigen auch insoweit, als dieser ausführt, dass das Unfallereignis den degenerativen Vorschaden nicht ausgelöst hatte, sondern allein dazu führte, dass ein bis dahin klinisch stumm verlaufender Krankheitsverlauf hierbei manifestiert wurde.
35 
Abweichend ist auch nicht aufgrund des im Verfahren S 4 U 2613/12 erstellten Gutachtens des Dr. M. zu entscheiden. Denn auch dieser hat mit Blick auf Veränderungen an der Halswirbelsäule einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 14.03.2011 allein bzgl. eines Zervikalsyndroms bzw. einer Distorsion, d. h. einer Zerrung, 1. Grades angenommen. In Bezug auf den auch von Dr. M. diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Segment C 5/6 hat sich dieser indes der - negativen - Kausalitätsbeurteilung im Gutachten von Dr. C. ausdrücklich angeschlossen.
36 
Damit sind Bandscheibenveränderungen an der Halswirbelsäule nicht als Folge des streitgegenständlichen Arbeitsunfallereignisses festzustellen.
37 
Dem steht das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.06.2015 - L 10 U 221/13 - ZVW - (juris) nicht entgegen. Ungeachtet dessen, dass die dortigen Ausführungen, ein traumatischer Bandscheibenvorfall setze nicht ausnahmslos ligamentäre oder knöcherne Begleitverletzungen voraus, nicht der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung entspricht und schon deshalb das erkennende Gericht nicht überzeugt, spricht vorliegend das Gesamtausmaß der Gesundheitsstörungen an der Halswirbelsäule des Klägers mit Befall der Segmente C 3 bis C 7 und der bereits im MRT von Dr. L. im November 2011 nachgewiesenen Osteochondrose und Uncovertebralgelenksarthrosen in Segment C 5/6 sowie Einengungen der knöchernen Neuroforamina beidseits gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs. Zu Recht hat deshalb auch die Radiologin Dr. Peter in ihrem Arztbrief vom 21.08.2013 diese Gesundheitsstörungen als „ausgeprägte degenerative Veränderungen“ angesehen.
38 
b) Eine - wie geltend gemacht - (Teil-)Ruptur der langen Bizepssehne links erachtet auch das erkennende Gericht, wie bereits die Beklagte, nicht für erwiesen. Denn sowohl die Radiologin Dr. L. (vgl. Arztbriefe vom 10.08.2011 und vom 21.03.2014) als auch die Radiologin Dr. Bl. (vgl. Arztbrief vom 18.07.2012) und der Radiologe Dr. B. (vgl. Arztbrief vom 25.01.2013) haben bei den vor ihnen durchgeführten MRT-Aufnahmen des linken Ellenbogengelenkes allein eine Sehnenansatzentzündung der Trizepssehne und einen unspezifischen geringen Reiz - und Entzündungszustand im Ellenbogengelenk (so Dr. L.) bzw. eine chronische Ansatztendinitis der Insertion (= des Ansatzes) der Bizepssehne links (so Dr. Bl.) objektiviert. Eine Ruptur oder Teil-Ruptur der langen Bizepssehne links haben diese Ärzte indes ausdrücklich verneint. Dies stimmt überein mit den sonographischen Befunden des Durchgangsarztes Dr. Sch., der in seinen Arztbriefen vom 17.02. und vom 03.04.2012 die Kontinuität der Bizepssehne links bestätigte. Weiter bestätigt wird der fehlende Nachweis eines (Teil-)Einrisses der Bizepssehne links durch den Arztbrief des Orthopäden We. vom 06.12.2011, der aufgrund des Sonographiebefundes des linken Ellenbogengelenkes allein ein Kokardenphänomen am Ursprung der Handgelenksextensoren und Flexoren objektivierte. Überdies lag nach dem vom Kläger geschilderten Unfallhergang keine Überdehnung der Bizepssehne über das physiologische Ausmaß hinaus vor als mögliche Ursache einer - ohnedies nicht nachgewiesenen - Bizepssehnen (Teil-)Ruptur, wie Dr. Fa. auch insoweit überzeugend und zutreffend ausgeführt hat. Folgerichtig haben deshalb Dr. C. und der Sachverständige Dr. Fa. einen Riss der Bizepssehne links als Gesundheitsstörung verneint.
39 
Zur Recht hat es deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide abgelehnt, eine solche Gesundheitsstörung als - weitere - Unfallfolge anzuerkennen.
40 
c) Schließlich ist auch eine depressive Erkrankung nicht als weitere Unfallfolge festzustellen. Zwar leidet der Kläger im Anschluss an die aktenkundigen Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 22.03.2013, 13.06.2013, 26.07.2013 und vom 30.04.2015 an rezidivierenden depressiven Episoden mittelgradiger Ausprägung. Diese Gesundheitsstörung ist jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 14.03.2011 zurückzuführen. Zwar ist im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung auch die Feststellung psychischer Gesundheitsstörungen grundsätzlich möglich. Denn auch solche können rechtlich wesentlich durch ein Arbeitsunfallereignis verursacht worden sein (vgl. bereits BSGE 18, 173, 176; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.; BSG, UV-Recht Aktuell 2006, 497 und Bay. LSG vom 20.01.2010 - 11 2 U 396/08 - ; ferner Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 142 ff.). Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich auch in Bezug auf psychische Gesundheitsstörungen nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr. seit BSGE 1, 72, 76 und 1, 50, 156 f.)
41 
Gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den von Dr. W. diagnostizierten Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet und dem Arbeitsunfall vom 14.03.2011 spricht zur Überzeugung der Kammer bereits die zeitliche Latenz zwischen dem Unfallereignis und der erstmaligen Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode durch Dr. W. am 19.03.2013, das heißt erstmals zwei Jahre nach dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall. Denn nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl. Schönberger/Mertens/Valentin, a.a.O., S. 142) - dies entspricht auch den Erfahrungen der Kammer aus mehr als 20 Jahren richterlicher Tätigkeit im Sachgebiet Gesetzliche Unfallversicherung - entwickeln sich depressive Reaktionen auf ein belastendes Ereignis regelmäßig innerhalb einer kurzen Zeitspanne von einer Woche bis vier Wochen nach einem solchen Ereignis. Der Kläger berichtete bei der Erstvorstellung bei Dr. W. indes über (erst) „seit Monaten“ bestehenden Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, Antriebslosigkeit und einen sozialen Rückzug. Wesentliche Ursache dieser Krankheitsäußerungen sind private Umstände außerhalb des Arbeitsunfallereignisses: So gab der Kläger bereits im Rahmen des Heilverfahrens in den St.-R.-Kliniken, Bad S., im Sommer 2011 chronische und aktuell belastende Ereignisse (beruflich und privat), insbesondere eine Überforderung durch chronisch belastenden Stress, an, was aufgrund des Entlassungsberichts der Klinik vom 05.07.2011 feststeht. Soweit die psychischen Gesundheitsstörungen überdies aus den Schmerzen am linken Arm und der Hals- und Lendenwirbelsäule herrühren, besteht kein ursächlicher Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis, da diese Gesundheitsstörungen nicht - jedenfalls aber keine überdauernden - Folgen dieses Ereignisses sind. Vor diesem Hintergrund stellt auch der gegenüber Dr. W. angegebene „Kampf“ des Klägers mit der Beklagten um die Anerkennung der Folgen des Arbeitsunfalls keine vom Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung umfasste Ursache für die Ausbildung der depressiven Erkrankung dar. Gleiches gilt für die bei der weiteren Vorstellung bei Dr. W. geäußerte „Angst, vor dem finanziellen Ruin zu stehen“. Soweit die depressive Entwicklung möglicherweise auch dadurch unterhalten wurde und weiterhin wird, dass der Kläger mit den bisher in den Gerichtsverfahren erstellten Gutachten „hadert“, ist dies Ausfluss seiner Persönlichkeit und damit ebenfalls unfallunabhängig. Überdies kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach dem Arztbrief von Dr. W. vom 30.04.2015 die rezidivierenden depressiven Episoden weiter unterhalten werden aufgrund eines Streits des Klägers mit seinem Vorgesetzten und der Arbeitsbelastungen als Kfz-Mechaniker, die der Kläger als „hart“ und „unter großem Zeitdruck“ empfindet. Schließlich ist auch das erkennende Gericht der Überzeugung - dies in Übereinstimmung mit der Beklagten -, dass der Unfallhergang - das mehrfache ruckartige Lösen einer festsitzenden Achsmutter unter Aufwendung massiver Körperkraft - kein psychisch belastendes Ereignis darstellt, das zur Entwicklung entsprechender Spätfolgen führen kann. Zutreffend hat deshalb auch Dr. M. in seinem auf Antrag und im Kostenrisiko des Klägers im Verfahren S 4 U 2613/12 eingeholten Sachverständigengutachten - wenn auch fachfremd - einen ursächlichen Zusammenhang der mittelgradigen depressiven Episode und eines erhöhten Somatisierungsindexes mit dem Arbeitsunfallereignis als „eher unwahrscheinlich“ bezeichnet.
42 
3. Den Anträgen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 26.01. und vom 05.02.2016, dem Sachverständigen Dr. Fa. einen umfassenden Fragenkatalog zur ergänzenden Stellungnahme zu seinem Gutachten zuzuleiten, ist die Kammer nicht nachgekommen, weil es auf die Beantwortung dieser Beweisfragen entscheidungserheblich nicht ankommt: Weder stellte das Unfallereignis - wie oben bereits - ausgeführt - einen geeigneten Hergang dar, um einen Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule zu verursachen, noch liegen insbesondere knöcherne oder disco-ligamentäre Begleitverletzungen vor, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft einen ursächlichen Zusammenhang dieser Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfallereignis wahrscheinlich machen können. Soweit der Kläger überdies - trotz des Ergebnisses des Gutachtens von Dr. Fa. - an der Feststellung einer „Teil-Ruptur der linken Sehne“ festhält, war eine ergänzende Befragung des Sachverständigen nicht erforderlich, weil aufgrund der aktenkundigen medizinischen Äußerungen und Unterlagen bereits das Gegenteil - eine durchgängige Bizepssehne ohne Anhalt für eine Ruptur oder Teilruptur - feststeht.
43 
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers insgesamt erfolglos bleiben.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 26. Apr. 2016 - S 1 U 1567/15

Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 26. Apr. 2016 - S 1 U 1567/15

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Sozialgericht Karlsruhe Urteil, 26. Apr. 2016 - S 1 U 1567/15 zitiert 10 §§.

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

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(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

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(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kan

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(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich L 3/4 seiner Lendenwirbelsäule (LWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 19.12.2006 ist.

2

Der 1958 geborene Kläger leidet etwa seit seinem 20. Lebensjahr an Rückenschmerzen. Wegen Beschwerden im Bereich der LWS gab er 1992 seine Tätigkeit als Gießereiarbeiter auf. Nach einer Umschulung zum Feinmechaniker nahm er im Jahr 2002 wegen eines chronisch rezidivierenden Lumbal- und Zervikalsyndroms mit pseudoradikulärer Symptomatik an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teil. Im Anschluss daran wurde er wegen der Wirbelsäulenbeschwerden regelmäßig ambulant behandelt. Bei einer im Februar 2005 durchgeführten Computertomographie der LWS war eine sichere Bandscheibenvorwölbung nicht zu erkennen.

3

Der Kläger war zuletzt in der Qualitätssicherung der R. GmbH beschäftigt. Am 19.12.2006 rutschte er in der zweiten Schicht mit dem linken Fuß von einer ca 30 bis 40 cm hohen Stufe ab, arbeitete trotz Schmerzen aber zunächst bis zum 21.12.2006 weiter. Der an diesem Tag aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine Distorsion der LWS und des linken Beckens. Bei einer am 22.12.2006 durchgeführten Computertomographie zeigte sich ein frischer lateraler Bandscheibenvorfall im Segment L 3/4 mit einer Kompression der Nervenwurzel. Dieser Bandscheibenvorfall wurde im Januar 2007 mikrochirurgisch beseitigt.

4

Die Beklagte stellte einen Arbeitsunfall vom 19.12.2006 mit den als Unfallfolge bezeichneten Erstschäden "Zerrung der LWS und des linken Beckens" fest. Die Feststellung der "Unfallfolgen" krankhafter Veränderungen der LWS sowie des Bandscheibenvorfalls L 3/4 lehnte sie hingegen ab. Der Unfall sei nur geeignet gewesen, eine Zerrung zu verursachen. Die weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen seien das Ergebnis eines Verschleißprozesses und nicht traumatisch bedingt (Bescheid vom 19.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007).

5

Das SG Stuttgart hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 20.8.2009).

6

Das LSG Baden-Württemberg hat die Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen abgeändert und einen "operierten Bandscheibenvorfall L 3/4 als weitere Unfallfolge" festgestellt (Urteil vom 27.1.2011). Das Begehren sei wegen der Bandscheibenoperation auf die Feststellung des operierten Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge gerichtet. Für diesen Bandscheibenvorfall sei das Abrutschen von der Stufe eine naturwissenschaftliche Ursache. Auf eine traumatische Schädigung der Bandscheibe L 3/4 durch das Unfallereignis deuteten wesentliche Indizien hin. Im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall hätten sich zunehmende Schmerzen in der LWS mit Ausstrahlung und Sensibilitätsstörungen im linken Oberschenkel entwickelt. Der am dritten Tag nach dem Unfallereignis nachgewiesene Bandscheibenvorfall sei als frisch beschrieben worden. Neben diesem zeitlichen Zusammenhang bestehe auch ein örtlicher Zusammenhang des Bandscheibenvorfalls mit dem Abrutschen, denn selbst die Beklagte habe eine Zerrung der LWS festgestellt. Den gegen den naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprechenden Umständen komme keine durchgreifende Bedeutung zu. Die beim Kläger gegebenen Bandscheibendegenerationen relativierten grundsätzlich nicht die auf eine akute traumatische Schädigung hinweisenden Zeichen. Das Unfallereignis sei auch geeignet gewesen, den Bandscheibenvorfall hervorzurufen. An der notwendigen Geeignetheit fehle es nur dann, wenn der geschädigte Körperteil überhaupt nicht betroffen gewesen sei. Der Unfall habe aufgrund seiner relevanten biomechanischen Belastung aber zu einer Stauchung der LWS geführt. Des Nachweises von Begleitverletzungen des Bandapparates oder der umgebenden Wirbelkörper bedürfe es nicht, weil ein Bandscheibenvorfall regelmäßig degenerativer Natur sei. Die gegenteilige, ggf den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft wiedergebende Auffassung in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, berücksichtige nicht die zweistufige Kausalitätsprüfung und könne schon aus Rechtsgründen nicht zu Grunde gelegt werden. Abgesehen davon ließen sich minimale Begleitverletzungen nicht immer computertomographisch abbilden. Das Unfallereignis sei nach den gutachtlichen Feststellungen von Dr. H. auch die rechtlich wesentliche Ursache. Von den fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen sei nicht das Bewegungssegment L 3/4 betroffen gewesen. Die zurückliegenden Rückenbeschwerden hätten vor dem Unfall nicht zu gravierenden sozialmedizinischen Einschränkungen geführt. Ein Bandscheibenvorfall sei bei der im Februar 2005 durchgeführten Computertomographie gerade nicht festgestellt worden. Selbst wenn aber die degenerativen Prozesse als mitursächlich angesehen würden, wäre die Wahrscheinlichkeit eines unfallunabhängigen Bandscheibenvorfalls um ein Vielfaches geringer als ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall. Der Kläger habe aufgrund seines Lebensalters 28 Jahre Zeit gehabt, einen symptomatischen Bandscheibenvorfall zu entwickeln. Auch sei das Unfallgeschehen in Kombination mit dem erheblichen Körpergewicht von 100 Kilogramm kein alltägliches Ereignis.

7

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor. Ausweislich der bildgebenden Diagnostik fehle es an nach herrschender unfallmedizinischer Lehrmeinung notwendigen Begleitverletzungen der ligamentären oder knöchernen Strukturen. Das LSG habe sich allein auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. gestützt, ohne sich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand inhaltlich auseinanderzusetzen. Der vom Berufungsgericht aufgestellte Grundsatz, dass es an der Geeignetheit eines Unfallgeschehens nur dann fehle, wenn der geschädigte Körperteil nicht betroffen sei, widerspreche der Rechtsprechung des BSG.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. August 2009 zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

12

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die LWS des Klägers wesentlich mit verursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 3./4. Lendenwirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

13

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mit verursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung", die "ohnehin dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, stimmt nicht mit dem Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung überein (dazu unter 3. und 5.).

14

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision dagegen, dass das LSG auf die Berufung des Klägers das die Klage abweisende Urteil des SG Stuttgart vom 20.8.2009 aufgehoben, die angefochtenen Bescheide abgeändert und als "weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2006" einen "Operierten Bandscheibenvorfall L 3/4" festgestellt hat. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn die Beklagte durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls L 3/4 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen gewesen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

15

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

16

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

17

a) Der Anspruch scheitert nicht daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hätte, der Kläger habe infolge seiner versicherten Tätigkeit an der Druckgießmaschine einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Zerrung der Lendenwirbelsäule und des linken Beckens." Denn zugleich hat die Beklagte in diesem Verwaltungsakt ausdrücklich unter Ziffer 3 verfügt, dass krankhafte Veränderungen der LWS sowie der Bandscheibenvorfall in den Segmenten L 3/4 weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung "Folgen des Arbeitsunfalls" sind.

18

Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier um einen weiteren, von der Beklagten ausdrücklich abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

19

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung des umstrittenen Gesundheitserstschadens hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

20

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

21

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge", also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

22

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

23

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

24

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall(iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

25

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom Schutzzweck der begründeten Versicherung.

26

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22)und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

27

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

28

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

29

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

30

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

31

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

32

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

33

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

34

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

35

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

36

aa) Der Kläger hat durch seine Tätigkeit an der Druckgießmaschine während der zweiten Arbeitsschicht den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch eine Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit der R. GmbH erfüllt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Tätigkeit an der Druckgießmaschine verwirklichten.

37

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge des Ausrutschens von einer Stufe an der Maschine in Höhe von 30 bis 40 cm und den Aufprall auf dem Boden zu einer Einwirkung auf das Becken und die LWS gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass nach dem 19.12.2006 mehrere Ärzte eine "Zerrung" bzw Distorsion der LWS und des linken Beckens diagnostiziert haben. Nach dem Gesamtzusammenhang des Urteils des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche LWS-Distorsion genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

38

cc) Das LSG hat durch die Bezugnahme auf "die Unfallanzeige der Arbeitgeberin" vom 5.1.2007 auch noch festgestellt, dass die versicherte Tätigkeit an der Maschine mit dem Rutschen von einer 30-40 cm hohen Stufe und dem Auftreffen des linken Fußes auf dem Boden bei einem Körpergewicht des Klägers von mehr als 100 kg diese Einwirkung auf die LWS objektiv mitverursacht hat.

39

Das LSG hat zwar keine näheren Feststellungen zur Ursache des Ausrutschens und zu anderen Mitursachen (ua Beschaffenheit der Treppe bzw Stufe, Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen, ob es gerade bei dem Begehen der Stufen um die Ausübung der Kontrolltätigkeit an der Maschine ging oder ob der Kläger unmittelbar bei der Kontrolltätigkeit abgerutscht ist. Dennoch ist die Feststellung des LSG rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Tätigkeit in der Qualitätskontrolle an der Druckgießmaschine als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf eines Sturzes/Ausrutschens mit der Wirkung eines starken Aufpralls des linken Fußes bei einem 100 kg schweren Menschen Ursache ua einer Verstauchung der LWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

40

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Aufgaben an der Druckgießmaschine mit entsprechenden Treppenstufen Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt bei der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die durch die versicherte Verrichtung mit bewirkte Einwirkung auf die LWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Weitere Mitursachen der Einwirkung sind nicht festgestellt.

41

ee) Das LSG hat schließlich auch bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall L 3/4 vorliegt.

42

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls L 3/4 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob das Arbeiten an der Druckgießmaschine mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die LWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

43

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Tätigkeit an der Druckgießmaschine hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

44

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

45

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

46

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die LWS des Klägers naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment L 3/4 gewesen ist.

47

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es damit die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Urteil einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

48

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

49

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

50

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

51

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

52

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

53

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

54

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht verursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

55

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten/seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

56

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Tätigkeit an der Druckgießmaschine als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dem Ausrutschen und dem Aufprall auf dem Boden und dieser Einwirkung auf die LWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

57

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

58

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

59

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

60

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den LWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall L 3/4 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

61

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

62

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

63

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 - RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung, bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

64

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

65

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

66

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl hierzu BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insofern macht die Beklagte auch zutreffend geltend, dass der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 62 SGG iVm Art 103 GG gebietet, dass das LSG jeweils vor der Zugrundelegung solcher Erfahrungssätze diese in den Prozess einführen und den Beteiligten Gelegenheit geben muss, sich zu diesen Erfahrungssätzen (und ggf zu deren Tragweite) zu äußern.

67

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

68

aa) Die Beklagte hat unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin gegenüber dem LSG dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte deshalb im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

69

bb) Das Vorgehen des LSG war auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil es davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

70

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

71

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

72

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

73

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls L 3/4 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit des Ausrutschens an der Maschine und des Aufpralls auf dem Boden und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall L 3/4 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

74

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Urteil den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Gegebenenfalls hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

75

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

76

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

77

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob das geltend gemachte Ereignis am 24.08.2012 als Arbeitsunfall der Klägerin festzustellen ist.
Die 1959 geborene Klägerin absolvierte im Jahr 2012 beim Arbeitgeber „D. Dienste S. e.V.“ eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin.
Nach Angaben der Klägerin (Unfallanzeige der Klägerin vom 28.11.2012 bei der Beklagten) sei es ihr am 24.08.2012 während der Grundpflege einer Bewohnerin „in den Rücken gefahren“. Eine eingenommene Schmerztablette habe nicht gewirkt, weshalb sie in der Frühstückspause den Arzt aufgesucht habe, wo ihr eine Spritze verabreicht worden sei. Danach habe sie die Arbeit wieder aufgenommen. Als Auszubildende habe sie Bedenken gehabt, sich krankschreiben zu lassen. An diesem Tag habe sie eine korpulente Bewohnerin zur Toilette begleitet. Als der Rollator der Bewohnerin weggerutscht sei und die Bewohnerin nach vorne zu fallen gedroht habe, habe sie die Bewohnerin um ihre Taille gefasst und sich in einer Drehung mit dem Rücken zur Wand gelehnt, sei in die Knie gegangen und habe sich die Bewohnerin auf ihren rechten Oberschenkel gesetzt.
Die in ein Feststellungsverfahren eingetretene Beklagte übersandte der Klägerin ihren Fragebogenvordruck, in dem die Klägerin unter dem 28.02.2013 diesen Vorgang bei der Begleitung der ca. 80 kg schweren Person zur Toilette als Unfallhergang und Ursache ihrer Rückenbeschwerden angab. Zuvor habe sie keine Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gehabt.
Der von der Beklagten angehörte Internist Dr. St. teilte in seinem Bericht vom 23.03.2013 mit, die Klägerin seit Jahren als Hausarzt zu betreuen. Er habe sie erstmals am 24.08.2012 – zu unterstellen wegen Rückenbeschwerden – behandelt und als Befund eine Sakralgie links über dem Iliosakralgelenk erhoben. Ein Unfallgeschehen mit Auffangen eines Patienten sei von der Klägerin erstmals am 11.09.2012 ihm gegenüber angegeben worden unter Bezugnahme auf einen Unfall am „24.09.2012“ – gemeint wohl 24.08.2012. Es sei unklar, ob die Beschwerden erst seit dem Auffangen des Patienten eingetreten seien. Beigefügt war der Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 17.09.2012 über die am 04.09.2012 durchgeführte Computertomographie, die einen rechtsseitigen Prolaps bei L5/S1 ergeben habe (radiologischer Befundbericht von PD Dr. Z. vom 05.09.2012). Weiter war der Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 beigefügt, wonach die Klägerin bei Dr. M. über einen zunächst bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts berichtet habe, der auf zweimalige Infiltration bei Dr. St. besser geworden sei. Dann habe sie einem Patienten beim Toilettengang geholfen, der beim Lösen des Rollators ausgeglitten und von der Klägerin gestützt worden sei, weshalb es zu den akuten Schmerzen gekommen sei.
In seinem Bericht an die Beklagte vom 01.03.2013 teilte der Orthopäde Dr. M. mit, die Klägerin am 30.08.2012 behandelt zu haben. Sie habe damals berichtet, am 24.08.2012 akute Gesäßschmerzen rechts entwickelt zu haben, die auf eine Spritze beim Hausarzt zunächst besser geworden seien. Die Beschwerden hätten sich im Anschluss aber wieder verschlechtert mit Ausstrahlung bis zum rechten Fuß. Das angeschuldigte Unfallereignis sei in seinen Aufzeichnungen nicht dokumentiert.
Von der Krankenkasse der Klägerin holte die Beklagte die Auskunft und ein Vorerkrankungsverzeichnis der D. vom 28.03.2013 ein, wonach Arbeitsunfähigkeit ab 25.08.2012 bis 21.02.2013 bestanden habe und Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden vor dem 24.08.2012 nicht dokumentiert waren.
In seiner beratungsärztliche Stellungnahme vom 22.04.2013 verneinte Dr. K. eine Kausalität zwischen dem geltend gemachten Ereignis und dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall. Es sei von einem willentlich in Gang gesetzten, von keiner Fehlgängigkeit unterbrochenen Geschehensablauf auszugehen, der eine Fehlbelastung mit Schädigung von Muskulatur oder Skelettsystem ausschließe. Dafür sprächen auch die fachorthopädisch berichteten vorbestehenden hexenschussartigen Beschwerden wie auch der computertomographische Befund über einen Bandscheibenprolaps ohne nachweisliche Begleitschäden. Ein isolierter Bandscheibenvorfall sei kein verletzungsspezifischer Befund.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 stellte die Beklagte fest, das Ereignis vom 24.08.2012 sei kein Arbeitsunfall. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch (Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 03.06.2013) mit der Begründung, altersbedingte Verschleißerscheinungen seien nicht bekannt, jedenfalls lägen keine erhebliche Vorschäden vor, weshalb Auslöser des Bandscheibenvorfalls der heftige Sturz der ca. 100 kg wiegenden, weit übergewichtigen Bewohnerin gewesen sei, holte die Beklagten die ergänzende Stellungnahme von Dr. K. vom 01.07.2013 ein. Dieser verwies darauf, dass nach der unfallmedizinischen Literatur Hebevorgänge mit plötzlicher und unerwarteter Krafteinwirkung zunächst zu Frakturschädigungen im Deckplattenbereich führten, Faserringverletzungen oder Bandscheibenvorfälle würden dadurch nicht erzeugt. Begleitschäden seien außerdem im konkreten Fall nicht belegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
10 
Danach gelangte das Schreiben der Arbeitgeberin vom 19.09.2013 zu den Akten der Beklagten, der eine Arbeitgeber-Unfallanzeige vom September 2013 beigefügt war, in der auf die ebenfalls beigefügte Aktennotiz vom 16.09.2013 über eine Besprechung unter Teilnahme von Vorstandsmitgliedern, der Pflegedienstleiterin sowie der Wohnbereichsleiterin E. und der Pflegekraft H. Bezug genommen wurde. Danach habe die Klägerin bereits am 21.08.2012 gegenüber der Pflegefachkraft Schmerzen im Rücken angegeben, habe aber zunächst weitergearbeitet. In der Frühstückspause sei sie mit Genehmigung der Wohnbereichsleiterin zu ihrem Hausarzt Dr. St. gegangen. Nach ihrer Rückkehr vom Arzt, von dem sie eine Spritze bekommen haben soll, habe sie sich als arbeitsfähig erklärt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe ihr der Arzt nicht ausgestellt, da er ihren Angaben zufolge gemeint habe, die Spritze genüge. An den Folgetagen Mittwoch und Donnerstag den 22. und 23. August habe die Klägerin normal gearbeitet. Am Samstag den 25.08.2012 habe die Klägerin die Arbeit unterbrochen, weil sie starke Schmerzen gehabt habe. Einen Vorfall, mit dem Versuch eine fallende Patientin aufzufangen, habe sie zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt.
11 
Die Klägerin erhob am 04.10.2013 Klage vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Begehren, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 30 v.H. zu zahlen. Das SG holte von Dr. B. das orthopädische Gutachten vom 05.09.2014 ein. Dieser führte aus, es seien keine Gesundheitsstörungen mehr festzustellen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folgen des Ereignisses vom 24.08.2012 seien, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Die Klägerin habe vor dem angeschuldigten Ereignis bereits eine Schmerzsymptomatik entwickelt, die nach der Akutbehandlung mit Injektionen zurückgegangen sei und sich durch den Vorfall erneut aktualisiert habe. Der Ereignisablauf sei ungeeignet gewesen zur Auslösung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls. Der klinische Verlauf sei ebenfalls nicht typisch für eine traumatische Bandscheibenschädigung, eine radikuläre Symptomatik sei primär nicht hinlänglich belegt. Ebenso untypisch sei ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf. Bereits im Januar 2012, also sieben Monate vor dem Ereignis, sei eine Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden, was zu einem gleichartigen Befund einer Osteochondrosen intervertebralis bei L5/S1 wie bei seinem anlässlich der Begutachtung erhobenen radiologischen Befund geführt habe.
12 
Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2015 wies das SG die Klage ab.
13 
Die Klägerin hat am 16.03.2015 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt. Sie führt zur Begründung aus, der unstreitig im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erlittene Bandscheibenvorfall sei ausschließlich bzw. zumindest überwiegend auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Bestritten werde, dass andere berufsunabhängige Umstände ursächlich seien. Erhebliche Vorschäden hätten nicht vorgelegen, daher sei es auch höchst unwahrscheinlich, dass derselbe Körperschaden auch bei einer anderen alltäglichen Tätigkeit hätte eintreten können. Soweit der Sachverständige Dr. B. von einer vollbeweislich gesicherten degenerativen Schadensanlage ausgehe, müsse dies bezweifelt werden. Er habe zum Vergleich nur Papierausdrucke der Röntgenbilder von Dr. M. und diese noch in selbst eingeräumter eingeschränkter Aufnahmequalität heranziehen können. Dr. Z. habe dahingegen eine unauffällige Bandscheibe L3/L4 und L4/L5 diagnostiziert. Eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 seien von ihm nicht angegeben worden. Auch habe Dr. Z. in Abweichung zu Dr. B. den Bandscheibenvorfall bei L5/S1 mit weiteren Einschränkungen beschrieben. Darüber bestünden Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Dr. B. , da er Rückschlüsse aus rein tatsächlichen Vorgängen unter Auswertung der Angaben der Klägerin ziehe, was nicht in sein Fachgebiet falle, sondern allenfalls Aufgabe des Gerichts wäre. Das Gutachten sei daher unbrauchbar, weshalb eine neue Begutachtung beantragt werde. Außerdem sei nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10.03.2015 – L 9 U 4750/12 – eine anlagebedingte Vorschädigung des verletzten Kniegelenks wegen der beschwerdefreien Tätigkeit als Elektriker als nicht so gravierend eingestuft worden, dass auch jedes andere alltäglich Ereignis eine derart schwerwiegende Schädigung, die als Unfallfolge geltend gemacht worden sei, habe auslösen können.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Vorfall vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall festzustellen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie bezieht sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. . Dessen Röntgenbefund stehe nicht im Widerspruch zu der Befundbeschreibung von Dr. Z. , der mit Einengung des Neuroforamens eine Spondylarthrose im Sinne einer degenerativen Veränderung beschreibe. Der Hinweis auf die Entscheidung des neunten Senats des LSG Baden-Württemberg führe nicht weiter, da es sich hierbei um eine Entscheidung in der Vielzahl der sonstigen Entscheidungen mit der immer wieder durchzuführenden Abgrenzung zwischen zurechenbarem unfallbedingtem Gesundheitserstschaden und Vorschaden handele bei sich widersprechender Gutachtenlage. Vorliegend sei die Gutachterbewertung einheitlich.
19 
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, Verletztenrente werde nicht mehr weiter verfolgt. Einen ausdrücklichen Befangenheitsantrag gegen Dr. B. stelle er nicht, sein Vorbringen sei als Beitrag zur Beweiswürdigung zu verstehen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift vom 09.10.2015 Bezug genommen.
20 
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
22 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013, mit denen die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Soweit die Beklagte in den Gründen des Bescheids ausführt, mangels Arbeitsunfall könnten auch keine Leistungen erbracht werden, ist dies lediglich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen, dem keine Regelungswirkung zukommt. Über den anfangs noch von der Klägerin verfolgten Rentenanspruch ist daher rechtsbehelfsfähig nicht von der Beklagten entschieden worden, weshalb der Klägerbevollmächtigte im Termin zur Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 auf richterlichen Hinweis insoweit die Klage zurückgenommen hat.
23 
Die mit der Berufung weiterverfolgte Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Verpflichtungsklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wie dargelegt.
24 
Ein Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Ereignisse als Arbeitsunfall steht der Klägerin jedoch nicht zu.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R). Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, insbesondere zur Unfallkausalität).
26 
Ebenso wie das SG geht der Senat davon aus, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorfall die Heimbewohnerin zunächst um die Taille gefasst hatte, um einen drohenden Sturz zu verhindern, sich dann in einer Drehbewegung mit dem Rücken zur Wand abstützte, in die Knie ging und das Gewicht der Heimbewohnerin hierbei auf den rechten bzw. beide (Angabe bei Dr. B. ) Oberschenkel verlagerte. Bei diesem Bewegungsablauf traten Rückenschmerzen auf, die einem später diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegment L5/S1 zuzurechnen sind.
27 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch diese vom Senat festgestellten Einwirkungen nicht verursacht worden. Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.; Senatsurteil vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de zur psychischen Erkrankung).
28 
Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher nach der Rechtsprechung des Senats die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht (Beschluss vom 29.07.2014 - L 8 U 1447/13 -; Urteil vom 19.12.2014 – L 8 U 1906/14 –, beide nicht veröffentlicht), da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt.
29 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Gesundheitserstschaden mit dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall bei L5/S1 feststellen können. Auch eine sonstige krankheitswertige Gesundheitsstörung, die durch die vom Senat festgestellten Einwirkungen bei der von der Klägerin geleisteten Hilfe beim Toilettengang der Heimbewohnerin verursacht worden sein könnte, hat der Senat nicht feststellen können.
30 
Diese Feststellungen stützt der Senat auf die eigenen Angaben der Klägerin und auf die überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. B. .
31 
Als Gesundheitsschaden kommt bei der Klägerin nur der Bandscheibenvorfall in Betracht. Davon geht auch die Klägerin aus.
32 
Den unter Darstellung der herrschenden arbeitsmedizinischen Auffassung zum traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur gemachten und damit für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. B. entnimmt der Senat, dass die Klägerin bei dem von ihr geschilderten Ereignisablauf keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen ist. In Übereinstimmung zu den Ausführungen von Dr. K. , der ebenso von einem willentlich in Gang gesetzten Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen ausgegangen ist, ist nach Dr. B. das willkürliche und planmäßige Heben einer schweren Last grundsätzlich keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls. Fehlen dazuhin knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen ist nach Dr. B. auch keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Vorliegend ist auch aus der anzunehmenden Kraftrichtung, die beim Heben der Bewohnerin um die Taille bzw. beim Aufsetzten der schwergewichtigen Bewohnerin auf die Oberschenkel der Klägerin entstanden ist, weder eine maßgebliche Wirbelstauchung noch Hyperflexion abzuleiten, was Dr. B. ebenfalls unter Wiedergabe der wissenschaftlichen Lehrmeinung zur Unfallmechanik eines traumabedingten Bandscheibenvorfalls dargelegt hat. Dass bei der Klägerin eine so ausgeprägte Schadensanlage vorhanden war, dass auch ein geringerer Kraftimpuls nach Intensität und Kraftrichtung zur Verursachung eines Bandscheibenschadens ausgereicht hätte, hat Dr. B. , der ausdrücklich auf die versicherungsrechtlichen Unterschiede zwischen einer noch stummen Schadensanlage, was als Schadensverursachung zu diskutieren wäre, und einem bereits manifesten klinischen Verlauf einer Bandscheibenerkrankung, was als Verschlimmerung zu werten wäre, hingewiesen hat, nicht diagnostiziert. Nach seinen eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule beschreibt er lediglich eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ansonsten eine initial angedeutete Arthrose im unteren Abschnitt der Kreuzdarmbeingelenke ohne schattengebende Weichteilveränderungen. Letztlich bestreitet die Klägerin selbst eine radiologisch beschreibbare relevante Vorschädigung. Ob auch sonst keine signifikante Befundänderung, die auf eine erkennbare Dynamik verweisen würde, sich im Vergleich mit den Voraufnahmen, die Dr. B. nur als Papierausdrucke vorlagen, zuverlässig abzulesen ist, kann aus Sicht des Senats dahinstehen. Denn Dr. B. stellt für seine Beurteilung auf weitere, hiervon unabhängige Gesichtspunkte ab.
33 
Als weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorgang keinen traumatischen Bandscheibenvorfall erlitten hat, spricht nach Dr. B. auch die hierfür untypische Beschwerdesymptomatik. Nach seinen Ausführungen ist eine radikuläre Symptomatik primär nicht hinlänglich belegt. Auch ist untypisch, dass ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf vorlag, was nicht mit dem Spontanverlauf nach einer traumatischen Bandscheibenschädigung zu vereinbaren ist.
34 
Vielmehr ist nach Dr. B. davon auszugehen, dass die bei diesem Vorgang aufgetretenen Schmerzen auf dem bereits vorbestehenden Bandscheibenvorfall beruhten, deren Auftreten die aktuelle Wirbelsäulenbelastung durch das Halten und Heben der Heimbewohnerin ausgelöst hat. Hierfür spricht nach Dr. B. , dass nach eigenem Vorbringen der Klägerin diese am Vormittag des Unfalltages bereits Rückenbeschwerden hatte, die sie selbst nicht auf eine besondere Belastung zurückführte, sondern die allein bei einer arbeitsalltäglichen Betätigung der Grundpflege aufgetreten sind. Dies stimmt mit den im Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 wiedergegebenen anamnestischen Angaben überein, wo ebenfalls von einem bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts die Rede war. Danach sind hexenschussartige Beschwerden bei einer Alltagsbelastung aufgetreten, die die Klägerin vom Hausarzt Dr. St. im Rahmen einer Akutbehandlung mit Injektionen behandeln ließ und die nach seiner Beurteilung eine Arbeitsunfähigkeit nicht begründeten. Die Schlussfolgerung von Dr. B. , dass bei der Klägerin bereits eine Funktionsstörung der Bandscheibe vorgelegen hatte, die den Bewegungsapparat für eine zusätzliche Schädigung anfällig gemacht hatte, ist nach Würdigung seiner übrigen gutachterlichen Darlegungen über die nach Art und Verlauf untypische traumatische Schmerzsymptomatik so zu verstehen, dass die vorbestehende Funktionsstörung auch nach der Injektionsbehandlung durch Dr. St. schmerzanfällig für weitere Belastungen war. Danach ist durch das geltend gemachte Ereignis kein „neuer“ Körperschaden eingetreten, sondern der vorbestehende Körperschaden wurde – erneut – bei der geltend gemachten Belastung aktiviert. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits zuvor aufgetretenen, von Dr. St. behandelten Erkrankung mit gleichartiger Schmerzsymptomatik ist nicht feststellbar, weder in qualitativer noch in zeitlicher – als vorzeitig aufgetretene Störung – Hinsicht. Es ist für den Senat aus dem von Dr. B. dargelegten Zusammenhang auch ersichtlich geworden, dass die berufliche Belastung des Arbeitstages am 24.08.2012 auch nicht in ihrem Zusammenwirken gemeinsam den Bandscheibenvorfall verursacht haben kann, was für die plötzliche Einwirkung eines Unfalls erforderlich, aber für die Verteilung über einen Arbeitstag auch ausreichend zur Bewertung als Unfallgeschehen wäre.
35 
Ob das Vorbringen der Klägerin insgesamt glaubhaft ist, musste der Senat nicht entscheiden. Sie hat teilweise ihr Vorbringen angepasst, so hat sie noch im Fragebogen der Beklagten das ungefähre Gewicht der Heimbewohnerin mit 80 kg angegeben, mit der Widerspruchsbegründung hat sie es auf 100 kg gesteigert. Auch ist das Vorbringen der Klägerin bei Dr. M. durchaus mit der Darstellung in der von dem Arbeitgeber vorgelegten Aktennotiz vom 16.09.2013 vereinbar. Danach hatte die Klägerin nicht -nur- am Freitag dem 24.08.2012, sondern bereits am 21.08.2012 Rückenschmerzen, weshalb sie am 21.08.2012 in der Frühstückspause zu Dr. St. gegangen sein soll, der ihr eine Spritze verabreicht habe. Danach soll sie normal bis einschließlich Donnerstag gearbeitet haben. Eine Arbeitsunterbrechung habe erst am Samstag den 25.08.2012 vorgelegen, was auch mit der von der Krankenkasse dokumentierten Arbeitsunfähigkeit ab 28.08.2012 übereinstimmen würde. Damit ergäben sich für die im Bericht von Dr. M. vom 24.09.2012 erwähnten zweimaligen Infiltrationen auch unterschiedliche Behandlungsdaten, nämlich der 21.08.2012 und 24.08.2012. Andererseits hat Dr. St. über keine Behandlung der Klägern am 21.08.2012 berichtet, was nicht ausschließt, dass die Klägerin gleichwohl an diesem Tag die Arbeit wegen Kreuzschmerzen unterbrochen hat, aber möglicherweise entgegen ihrer Behauptung gegenüber dem Arbeitgeber nicht den Arzt aufgesucht hat. Jedenfalls ist die Angabe der Klägerin, vor dem 24.08.2012 keine Rückenbeschwerden gehabt zu haben, deshalb nicht glaubhaft, weil zur Begutachtung bereits eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom Januar 2012 vorgelegen hat. Dr. B. hat insoweit für den Senat überzeugend dargelegt, dass Anfang des Jahres 2012 entsprechende Rücken-/Hüftbeschwerden vorgelegen haben müssen, die medizinisch die Indikation für die Anfertigung einer Röntgenaufnahme begründeten. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist Dr. B. hierdurch keine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin zu unterstellen, denn es war gutachterlich vielmehr geboten, zu der erhobenen Anamnese, dass keine Erkrankungen der Wirbelsäule vor August 2012 vorgelegen hätten, aus medizinischer Sicht die diagnostische Maßnahme einer Röntgenaufnahme im Januar 2012 zu kommentieren. Ob der Klägerin das behauptete Ereignis am 24.08.2012 überhaupt geglaubt werden kann, immerhin hat sie bei ihren ersten Arztbesuchen bei Dr. St. und Dr. M. hierüber nichts berichtet, sondern bei Dr. M. nur von ihr selbst nicht als Unfallgeschehen beurteilte Schmerzanlässe angegeben, kann der Senat ebenfalls dahinstehen lassen.
36 
Bei dieser Sachlage ist die gutachterliche Darlegung von Dr. B. , dass auch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Bandscheibenschädigung nicht anzunehmen ist, ebenso überzeugend. Eine richtunggebende Verschlimmerung der Bandscheibenschädigung ist im Zusammenhang mit den Vorgängen am 24.08.2012 weder dem von Dr. B. angefertigten Röntgenbefund noch dem klinischen Beschwerdebild zu entnehmen. Vielmehr ist den Ausführungen von Dr. B. zu entnehmen, dass die aufgetretene Schmerzsymptomatik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der typischen Verlaufsform einer progredient verlaufenden Bandscheibenerkrankung entspricht. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens keine richtunggebende Verschlimmerung (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/11 - juris, sozialgerichtsbarkeit.de; NZS 2015, 953 - Leitsatz -).
37 
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen. Das Gutachten von Dr. B. ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Die erhobenen Einwendungen des Klägerbevollmächtigten begründen keine Notwendigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hat Dr. B. den von ihm erhobenen Röntgenbefund hinreichend beschrieben, entscheidungserhebliche Abweichungen zum Befund von Dr. Z. waren für den Senat nicht ersichtlich. Außerdem betrifft das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten die Beurteilung einer so genannten Gelegenheitsursache, die vorliegend aber nicht streitentscheidend ist. Eine Gelegenheitsursache, d.h. ein nicht wesentlicher kausaler Unfallzusammenhang, wäre nur zu diskutieren, wenn eine durch die Unfalleinwirkung mitverursachte Primärschädigung zu bejahen ist. Einen Gesundheitserstschaden hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage der gutachterlichen Äußerungen von Dr. B. und von Dr. K. aber gerade nicht feststellen können. Den von der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2016 aufrechterhaltenen Beweisanträgen auf Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten brauchte der Senat deshalb nicht nach zu kommen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
21 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
22 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013, mit denen die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Soweit die Beklagte in den Gründen des Bescheids ausführt, mangels Arbeitsunfall könnten auch keine Leistungen erbracht werden, ist dies lediglich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen, dem keine Regelungswirkung zukommt. Über den anfangs noch von der Klägerin verfolgten Rentenanspruch ist daher rechtsbehelfsfähig nicht von der Beklagten entschieden worden, weshalb der Klägerbevollmächtigte im Termin zur Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 auf richterlichen Hinweis insoweit die Klage zurückgenommen hat.
23 
Die mit der Berufung weiterverfolgte Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Verpflichtungsklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wie dargelegt.
24 
Ein Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Ereignisse als Arbeitsunfall steht der Klägerin jedoch nicht zu.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R). Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, insbesondere zur Unfallkausalität).
26 
Ebenso wie das SG geht der Senat davon aus, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorfall die Heimbewohnerin zunächst um die Taille gefasst hatte, um einen drohenden Sturz zu verhindern, sich dann in einer Drehbewegung mit dem Rücken zur Wand abstützte, in die Knie ging und das Gewicht der Heimbewohnerin hierbei auf den rechten bzw. beide (Angabe bei Dr. B. ) Oberschenkel verlagerte. Bei diesem Bewegungsablauf traten Rückenschmerzen auf, die einem später diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegment L5/S1 zuzurechnen sind.
27 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch diese vom Senat festgestellten Einwirkungen nicht verursacht worden. Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.; Senatsurteil vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de zur psychischen Erkrankung).
28 
Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher nach der Rechtsprechung des Senats die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht (Beschluss vom 29.07.2014 - L 8 U 1447/13 -; Urteil vom 19.12.2014 – L 8 U 1906/14 –, beide nicht veröffentlicht), da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt.
29 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Gesundheitserstschaden mit dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall bei L5/S1 feststellen können. Auch eine sonstige krankheitswertige Gesundheitsstörung, die durch die vom Senat festgestellten Einwirkungen bei der von der Klägerin geleisteten Hilfe beim Toilettengang der Heimbewohnerin verursacht worden sein könnte, hat der Senat nicht feststellen können.
30 
Diese Feststellungen stützt der Senat auf die eigenen Angaben der Klägerin und auf die überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. B. .
31 
Als Gesundheitsschaden kommt bei der Klägerin nur der Bandscheibenvorfall in Betracht. Davon geht auch die Klägerin aus.
32 
Den unter Darstellung der herrschenden arbeitsmedizinischen Auffassung zum traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur gemachten und damit für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. B. entnimmt der Senat, dass die Klägerin bei dem von ihr geschilderten Ereignisablauf keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen ist. In Übereinstimmung zu den Ausführungen von Dr. K. , der ebenso von einem willentlich in Gang gesetzten Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen ausgegangen ist, ist nach Dr. B. das willkürliche und planmäßige Heben einer schweren Last grundsätzlich keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls. Fehlen dazuhin knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen ist nach Dr. B. auch keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Vorliegend ist auch aus der anzunehmenden Kraftrichtung, die beim Heben der Bewohnerin um die Taille bzw. beim Aufsetzten der schwergewichtigen Bewohnerin auf die Oberschenkel der Klägerin entstanden ist, weder eine maßgebliche Wirbelstauchung noch Hyperflexion abzuleiten, was Dr. B. ebenfalls unter Wiedergabe der wissenschaftlichen Lehrmeinung zur Unfallmechanik eines traumabedingten Bandscheibenvorfalls dargelegt hat. Dass bei der Klägerin eine so ausgeprägte Schadensanlage vorhanden war, dass auch ein geringerer Kraftimpuls nach Intensität und Kraftrichtung zur Verursachung eines Bandscheibenschadens ausgereicht hätte, hat Dr. B. , der ausdrücklich auf die versicherungsrechtlichen Unterschiede zwischen einer noch stummen Schadensanlage, was als Schadensverursachung zu diskutieren wäre, und einem bereits manifesten klinischen Verlauf einer Bandscheibenerkrankung, was als Verschlimmerung zu werten wäre, hingewiesen hat, nicht diagnostiziert. Nach seinen eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule beschreibt er lediglich eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ansonsten eine initial angedeutete Arthrose im unteren Abschnitt der Kreuzdarmbeingelenke ohne schattengebende Weichteilveränderungen. Letztlich bestreitet die Klägerin selbst eine radiologisch beschreibbare relevante Vorschädigung. Ob auch sonst keine signifikante Befundänderung, die auf eine erkennbare Dynamik verweisen würde, sich im Vergleich mit den Voraufnahmen, die Dr. B. nur als Papierausdrucke vorlagen, zuverlässig abzulesen ist, kann aus Sicht des Senats dahinstehen. Denn Dr. B. stellt für seine Beurteilung auf weitere, hiervon unabhängige Gesichtspunkte ab.
33 
Als weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorgang keinen traumatischen Bandscheibenvorfall erlitten hat, spricht nach Dr. B. auch die hierfür untypische Beschwerdesymptomatik. Nach seinen Ausführungen ist eine radikuläre Symptomatik primär nicht hinlänglich belegt. Auch ist untypisch, dass ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf vorlag, was nicht mit dem Spontanverlauf nach einer traumatischen Bandscheibenschädigung zu vereinbaren ist.
34 
Vielmehr ist nach Dr. B. davon auszugehen, dass die bei diesem Vorgang aufgetretenen Schmerzen auf dem bereits vorbestehenden Bandscheibenvorfall beruhten, deren Auftreten die aktuelle Wirbelsäulenbelastung durch das Halten und Heben der Heimbewohnerin ausgelöst hat. Hierfür spricht nach Dr. B. , dass nach eigenem Vorbringen der Klägerin diese am Vormittag des Unfalltages bereits Rückenbeschwerden hatte, die sie selbst nicht auf eine besondere Belastung zurückführte, sondern die allein bei einer arbeitsalltäglichen Betätigung der Grundpflege aufgetreten sind. Dies stimmt mit den im Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 wiedergegebenen anamnestischen Angaben überein, wo ebenfalls von einem bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts die Rede war. Danach sind hexenschussartige Beschwerden bei einer Alltagsbelastung aufgetreten, die die Klägerin vom Hausarzt Dr. St. im Rahmen einer Akutbehandlung mit Injektionen behandeln ließ und die nach seiner Beurteilung eine Arbeitsunfähigkeit nicht begründeten. Die Schlussfolgerung von Dr. B. , dass bei der Klägerin bereits eine Funktionsstörung der Bandscheibe vorgelegen hatte, die den Bewegungsapparat für eine zusätzliche Schädigung anfällig gemacht hatte, ist nach Würdigung seiner übrigen gutachterlichen Darlegungen über die nach Art und Verlauf untypische traumatische Schmerzsymptomatik so zu verstehen, dass die vorbestehende Funktionsstörung auch nach der Injektionsbehandlung durch Dr. St. schmerzanfällig für weitere Belastungen war. Danach ist durch das geltend gemachte Ereignis kein „neuer“ Körperschaden eingetreten, sondern der vorbestehende Körperschaden wurde – erneut – bei der geltend gemachten Belastung aktiviert. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits zuvor aufgetretenen, von Dr. St. behandelten Erkrankung mit gleichartiger Schmerzsymptomatik ist nicht feststellbar, weder in qualitativer noch in zeitlicher – als vorzeitig aufgetretene Störung – Hinsicht. Es ist für den Senat aus dem von Dr. B. dargelegten Zusammenhang auch ersichtlich geworden, dass die berufliche Belastung des Arbeitstages am 24.08.2012 auch nicht in ihrem Zusammenwirken gemeinsam den Bandscheibenvorfall verursacht haben kann, was für die plötzliche Einwirkung eines Unfalls erforderlich, aber für die Verteilung über einen Arbeitstag auch ausreichend zur Bewertung als Unfallgeschehen wäre.
35 
Ob das Vorbringen der Klägerin insgesamt glaubhaft ist, musste der Senat nicht entscheiden. Sie hat teilweise ihr Vorbringen angepasst, so hat sie noch im Fragebogen der Beklagten das ungefähre Gewicht der Heimbewohnerin mit 80 kg angegeben, mit der Widerspruchsbegründung hat sie es auf 100 kg gesteigert. Auch ist das Vorbringen der Klägerin bei Dr. M. durchaus mit der Darstellung in der von dem Arbeitgeber vorgelegten Aktennotiz vom 16.09.2013 vereinbar. Danach hatte die Klägerin nicht -nur- am Freitag dem 24.08.2012, sondern bereits am 21.08.2012 Rückenschmerzen, weshalb sie am 21.08.2012 in der Frühstückspause zu Dr. St. gegangen sein soll, der ihr eine Spritze verabreicht habe. Danach soll sie normal bis einschließlich Donnerstag gearbeitet haben. Eine Arbeitsunterbrechung habe erst am Samstag den 25.08.2012 vorgelegen, was auch mit der von der Krankenkasse dokumentierten Arbeitsunfähigkeit ab 28.08.2012 übereinstimmen würde. Damit ergäben sich für die im Bericht von Dr. M. vom 24.09.2012 erwähnten zweimaligen Infiltrationen auch unterschiedliche Behandlungsdaten, nämlich der 21.08.2012 und 24.08.2012. Andererseits hat Dr. St. über keine Behandlung der Klägern am 21.08.2012 berichtet, was nicht ausschließt, dass die Klägerin gleichwohl an diesem Tag die Arbeit wegen Kreuzschmerzen unterbrochen hat, aber möglicherweise entgegen ihrer Behauptung gegenüber dem Arbeitgeber nicht den Arzt aufgesucht hat. Jedenfalls ist die Angabe der Klägerin, vor dem 24.08.2012 keine Rückenbeschwerden gehabt zu haben, deshalb nicht glaubhaft, weil zur Begutachtung bereits eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom Januar 2012 vorgelegen hat. Dr. B. hat insoweit für den Senat überzeugend dargelegt, dass Anfang des Jahres 2012 entsprechende Rücken-/Hüftbeschwerden vorgelegen haben müssen, die medizinisch die Indikation für die Anfertigung einer Röntgenaufnahme begründeten. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist Dr. B. hierdurch keine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin zu unterstellen, denn es war gutachterlich vielmehr geboten, zu der erhobenen Anamnese, dass keine Erkrankungen der Wirbelsäule vor August 2012 vorgelegen hätten, aus medizinischer Sicht die diagnostische Maßnahme einer Röntgenaufnahme im Januar 2012 zu kommentieren. Ob der Klägerin das behauptete Ereignis am 24.08.2012 überhaupt geglaubt werden kann, immerhin hat sie bei ihren ersten Arztbesuchen bei Dr. St. und Dr. M. hierüber nichts berichtet, sondern bei Dr. M. nur von ihr selbst nicht als Unfallgeschehen beurteilte Schmerzanlässe angegeben, kann der Senat ebenfalls dahinstehen lassen.
36 
Bei dieser Sachlage ist die gutachterliche Darlegung von Dr. B. , dass auch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Bandscheibenschädigung nicht anzunehmen ist, ebenso überzeugend. Eine richtunggebende Verschlimmerung der Bandscheibenschädigung ist im Zusammenhang mit den Vorgängen am 24.08.2012 weder dem von Dr. B. angefertigten Röntgenbefund noch dem klinischen Beschwerdebild zu entnehmen. Vielmehr ist den Ausführungen von Dr. B. zu entnehmen, dass die aufgetretene Schmerzsymptomatik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der typischen Verlaufsform einer progredient verlaufenden Bandscheibenerkrankung entspricht. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens keine richtunggebende Verschlimmerung (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/11 - juris, sozialgerichtsbarkeit.de; NZS 2015, 953 - Leitsatz -).
37 
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen. Das Gutachten von Dr. B. ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Die erhobenen Einwendungen des Klägerbevollmächtigten begründen keine Notwendigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hat Dr. B. den von ihm erhobenen Röntgenbefund hinreichend beschrieben, entscheidungserhebliche Abweichungen zum Befund von Dr. Z. waren für den Senat nicht ersichtlich. Außerdem betrifft das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten die Beurteilung einer so genannten Gelegenheitsursache, die vorliegend aber nicht streitentscheidend ist. Eine Gelegenheitsursache, d.h. ein nicht wesentlicher kausaler Unfallzusammenhang, wäre nur zu diskutieren, wenn eine durch die Unfalleinwirkung mitverursachte Primärschädigung zu bejahen ist. Einen Gesundheitserstschaden hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage der gutachterlichen Äußerungen von Dr. B. und von Dr. K. aber gerade nicht feststellen können. Den von der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2016 aufrechterhaltenen Beweisanträgen auf Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten brauchte der Senat deshalb nicht nach zu kommen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 16. November 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstes streitig.

2

Der 1987 geborene Kläger verrichtete vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 bei der Bundeswehr seinen Wehrdienst. Mit einem am 31. März 2009 beim Beklagten eingegangen Antrag beantragte der Kläger die Versorgung nach § 80 ff. Soldatenversorgungsgesetz für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses. Der Kläger mache geltend, ihm sei Versorgung aufgrund eines erlittenen Bandscheibenvorfalls L4/5 im Dezember 2008 zu gewähren. Dieser sei durch das Herunterheben eines Stromerzeugungsaggregates im Rahmen seines Dienstes bei der Bundeswehr verursacht worden.

3

Der Beklagte holte zahlreiche medizinische Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte ein und zog die bei der Wehrbereichsverwaltung West geführte Wehrdienstbeschädigungsakte bei. In dieser Akte sind u.a. Aufzeichnungen von medizinischen Behandlungen des Klägers im Dezember 2008 bzw. Januar 2009 enthalten.

4

Der Kommandeur des Flugabwehrlehrregimentes VI – Oberstleutnant M. – teilte unter dem 5. März 2010 dem Beklagten mit, dass der Unfallhergang unumstritten sei. Der Kläger habe den Auftrag von seinem Zugführer bekommen, das Gerät mit einem Kameraden von einem auf den anderen Lkw zu transportieren. Dies Aggregat sei schließlich von vier Personen angehoben und getragen worden; lediglich der Zeitpunkt des Unfalles könne nicht mehr genau definiert werden. Nach Aussagen des Zeugen, Unteroffizier S., habe sich Vorfall in der 48. oder 49. Kalenderwoche 2008 ereignet. Der Kläger sei erstmalig am 9. Dezember 2008 in ärztlicher Behandlung gewesen. Eine Unfallanzeige sei nicht erstellt worden, da der Kläger nicht unverzüglich zum Arzt gegangen sei und er sich auch nicht über Beschwerden geäußert habe. Gemäß der technischen Dienstvorschrift für das Stromerzeugeraggregat solle das Gerät mit einem Hebezeug oder mindestens zwei Soldaten gehoben werden. Die Ausbildung erfolge so, dass mindestens zu viert das Aggregat mit den vorgesehenen Tragegriffen angehoben und getragen werden müsse. Dies sei durch Zeugenaussagen bestätigt worden. Eine Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen S. vom 4. März 2010 wurde mit übersandt.

5

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage gelangte der Versorgungsarzt P. nach Durchsicht der medizinischen Unterlagen bzw. der Soldatenversorgungs- und Wehrdienstbeschädigtenakte zu der Auffassung, dass bei dem Kläger im Dezember 2008 während des dienstlich angeordneten Verladens eines Notstromaggregates starke Rückenschmerzen aufgetreten seien. In der späteren MRT-Untersuchung im Januar 2009 sei ein Bandschreibenvorfall im Bereich L4/5 festgestellt worden. Nach Beendigung des Wehrdienstes sei es im September 2009 erneut zu massiven Beschwerden gekommen, so dass am 1. Dezember 2009 eine operative Versorgung habe erfolgen müssen. Es handele sich bei dem Ereignis im Dezember 2008 um eine sog. Gelegenheitsursache.

6

Mit Bescheid vom 7. Mai 2010 lehnte daraufhin der Beklagte die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab und verwies zur Begründung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme.

7

Seinen hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass der Bandscheibenvorfall ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass auf Befehl seines Vorgesetzten er einen schweren Maschinenblock habe anheben müssen. Hierbei sei es zu dem Bandscheibenvorfall gekommen, der auch die Ursache für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und die Folgeerkrankungen sei. Im Übrigen sei für die Gewährung von Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, wie auch generell in der gesetzlichen Unfallversicherung, erforderlich, dass ein sog. ursächlicher Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Die versorgungsärztliche Stellungnahme sei vollkommen unzureichend. Insbesondere sei bei der Musterungsuntersuchung eine Beschädigung der Wirbelsäule nicht festgestellt worden. Andere schädigende Tätigkeiten oder Ereignisse bezüglich seiner Wirbelsäulen lägen nicht vor. Das Anheben eines Stromerzeugungsaggregates durch nur zwei Soldaten überschreite auch die körperliche Belastungsgrenze. Auch das tatsächliche Gewicht des Stromerzeugungsaggregats werde überhaupt nicht erwähnt. Schließlich seien auch die zunächst dokumentierten ärztlichen Befunde nicht zutreffend, weil hier eine falsche Diagnose einer ISG-Blockade festgehalten worden sei.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Eine Wehrdienstbeschädigung liege nicht vor. Ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Wahrscheinlichkeit sei nicht gegeben. Durch die MRT-Untersuchung sei im Januar 2009 ein Bandscheibenvorfall nachgewiesen worden. Ein Zusammenhang mit einem schweren Heben während des Wehrdienstes im Dezember 2008 sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit gegeben. Es gebe verschiedene Ursachen für einen Bandscheibenvorfall.

9

Mit seiner am 17. Februar 2011 vor dem Sozialgericht (SG) Schwerin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung weiterverfolgt. Unter Wiederholung seines Vortrages aus dem Widerspruchsverfahren hat er ergänzend vorgetragen, dass im Juli 2010 ein erneuter Bandscheibenvorfall bei ihm diagnostiziert worden sei, nachdem er nach einem erneuten Bandscheibenvorfall im September 2009 zwei mal im Wege der endoskopischen Sequestrektomie operiert worden sei. Es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen.

10

Der Kläger hat beantragt,

11

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2011 zu verurteilen, ihm eine Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

15

Das SG Schwerin hat eine Stellungnahme des technischen Offiziers des Flugabwehrlehrregiments VI, Major B., eingeholt, wonach das Stromerzeugungsaggregat, das der Kläger mit transportiert habe, ein Gewicht von 120 kg gehabt habe.

16

Schließlich hat das SG Schwerin weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens von Dr. Sp. Chefarzt der orthopädischen Klinik der HELIOS Kliniken B-Stadt. In seinem Gutachten vom 17. März 2012 führte der Sachverständige u.a. wie folgt aus:

17

Das genaue Datum des sog. Unfallherganges sei dem Kläger nicht erinnerlich, er glaube, dass es an einem Mittwoch, den 10. Dezember 2008, gewesen sei, als er mit einem Kameraden das Stromerzeugnisaggregat zunächst von der Ladefläche eines Wagens aus ca. 1,50 m angehoben habe. Das Aggregat sei auf dem Boden abgestellt worden, nachdem der Kamerad das Gewicht nicht habe halten können. Dann sei zu zweit das Anheben erfolgt auf eine Ladefläche in etwa einer Höhe von 1,80 m, hierbei seien einschießende Rückenschmerzen in Ausstrahlung bis zum linken Knie aufgetreten. Der Vorfall habe sich ca. gegen 17.00 Uhr ereignet. Er habe sich dann beim Vertragsarzt Sch. am nächsten Tag vorgestellt.

18

Die klinischen Untersuchungen der Lendenwirbelsäule habe eine Streck-Schon-Haltung mit erheblicher Entfaltungsstörung gezeigt, Muskelhart und pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen ins linke Bein, zeitweise auch rechts ohne wesentliche sensomotorische Defizite. Das MRT vom Mai 2010 zeige wiederum einen Bandscheibenvorfall trotz zweimaliger Operation mit Bedrängung der Wurzel L4. Die festgestellten Leiden stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den schädigenden Einwirkungen des Wehrdienstes (Transport eines Stromerzeugungsaggregates Dezember 2008). Generell sei zu sagen, dass ein Verheben bei Personen mit gesunder Wirbelsäule nicht üblich sei. Der Mensch könne nur so viel anheben, wie sich die ihm zur Verfügung stehende Muskelkraft durch Zuteilung entsprechender Nervenreize aktivieren lasse. Nach Analyse des Ereignisses sei es zu einem willentlich eingeleiteten eigentätigen Hebeaktes gekommen, dabei sei ein plötzlich einsetzender Rückenschmerz aufgetreten (Hexenschuss), dessen Ursache eine Lockerung eines bestimmenden Bewegungssegmentes sein könne oder auch eine Blockierung im Bereich der kleinen Wirbelgelenke sowie auch der Kreuzbanddarmgelenke, wie vom Truppenarzt vermutet. Das „Verhebetrauma“ sei nicht geeignet gewesen, aufgrund der erforderlichen Krafteinwirkung, einen traumatischen Bandvorfall zu verursachen. Hiergegen sprächen auch alleine schon der Untersuchungsbefund vom 9. Dezember 2008 sowie auch der Verlauf. Es sei zu einer akuten Lumbalgie mit Verdacht auf eine ISG-Blockierung links gekommen. Der durch das MRT im Januar 2009 festgestellte Bandscheibenvorfall stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Ereignis. Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme bestehe Übereinstimmung.

19

Hiergegen hat der Kläger eingewandt, dass das Unfallgeschehen vom Sachverständigen Dr. Sp. „unterstellt“ werde. Gerade nicht das Anheben habe zu einer Verletzung und den Schmerzen geführt. Beim Umgreifen der Hände von der hebende in eine schiebende bzw. abstützende Position sei der Unteroffizier S. weggebrochen, während er nunmehr als einzige abstützende und anschiebende Kraft verblieben sei. Das danach in Bewegung versetzte Aggregat sei gegen eine Kante des Lkw’s gestoßen und habe ihm nach einem abrupten Abstoppen einen äußerst heftigen Schlag in den Oberkörper versetzt. Die schwere Verletzung resultiere damit nicht aus einem Verheben, sondern an diesem heftigen Schlag. Die Angaben und Aussagen des Unteroffiziers S. seien auch wenige präzise und undetailliert.

20

Der um eine ergänzende Stellungnahme gebetene Sachverständige Dr. Sp. führte unter dem 17. August 2012 aus, dass der von ihm angegebene geschilderte Unfallhergang aufgrund einer persönlichen Befragung des Klägers und schriftlichen Aufzeichnung entsprechend dargestellt worden sei. Die nunmehr vom Kläger beschriebene Unfallschilderung sei ihm nicht mitgeteilt worden. Völlig unklar sei, wo ein Schlag den Oberkörper getroffen habe. Dieser als äußerst heftig beschriebene Schlag hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Prellungen mit Bluterguss, ggf. sogar zu einer Rückenfraktur, führen können. Ein solches Verletzungsmuster sei bei dem Kläger in der zeitnahen Untersuchung nicht festzustellen gewesen, lediglich einschießende Rückenschmerzen mit Ausstrahlung bis in das linke Knie ohne äußere Verletzungszeichen.

21

Auf Befragen des SG im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. November 2012 hat der Kläger u.a. angegeben, er habe einen Schlag in den Rücken bekommen, als das Aggregat an die Funkerkabine angestoßen sei. Im Übrigen habe er im Bereich des rechten Schlüsselbeins blaue Flecken gehabt. Dies sei nur nicht festgestellt worden, weil ihn der Arzt auf eine ganz andere Diagnose hin untersucht habe. Hinsichtlich der Angaben des Klägers zum Unfallhergang wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2012 (Bl. 95, 96 GA) Bezug genommen.

22

Durch Urteil vom 16. November 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es u.a. ausgeführt, es stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger eine Wehrdienstbeschädigung erlitten habe. Zum einen lasse sich der Hergang des schädigenden Ereignisses nicht mehr feststellen. Der Kläger habe hierzu im Übrigen widersprüchliche Angaben im Antrags- und Widerspruchsverfahren, gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sp., aber auch gegenüber dem SG schriftsätzlich als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung gemacht. Insbesondere auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beschriebene Geschehensablauf sei für die Kammer so nicht nachvollziehbar. Jedenfalls lasse sich nicht feststellen, wie der Handlungsablauf tatsächlich gewesen sei, der dann zu einer Verletzung des Klägers geführt haben solle.

23

Im Übrigen stehe nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass durch das schädigende Ereignis die geltend gemachte Gesundheitsstörung verursacht worden sei. Ein Ursachenzusammenhang im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bestehe nicht, wie der Sachverständige Dr. Sp. in seinem Gutachten bzw. der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt habe.

24

Gegen das ihm am 27. November 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Dezember 2012 am Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern eingelegte Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des SG sei der Hergang des schädigenden Ereignisses mit der erforderlichen Beweisanordnung festgestellt. Er schildert nochmals das Geschehen. Widersprüche in seinem Vortrag seien entgegen der Auffassung des SG Schwerin nicht gegeben. Seine Hergangsschilderungen enthielten vielmehr in der Grundanlage dieselben Tatsachen, wie er sie etwa später vorgetragen habe. Es sei nachfolgend – etwa im Termin zur mündlichen Verhandlung – lediglich eine weitere Präzisierung erfolgt. Seine Angaben stünden auch im Einklang mit der Aussage des Unteroffiziers S. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag.

25

Der Kläger beantragt ausweislich der Akten,

26

das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 16. November 2012 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2011 zu verurteilen, ihm Beschädigungsversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.

27

Der Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

30

Der Senat hat auf die Möglichkeit der Beantragung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG hingewiesen. Ein solcher Antrag ist seitens des Klägers nicht gestellt worden. Schließlich hat der Senat die Beteiligten zur beabsichtigten Beschlussfassung gem. § 153 Abs. 4 SGG angehört. Der Kläger widerspricht dieser beabsichtigten Beschlussfassung des Senates.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten L 3 VE 21/12 – S 6 VE 22/11 – sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang (SVG-Akte, WDB-Akte sowie Schwerbehindertenakte des Klägers) Bezug genommen, deren Inhalt im Übrigen Gegenstand dieser Entscheidung sind.

II.

32

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

33

Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten; gem. § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Hieran ist der Senat auch nicht gehindert, weil der Kläger sich mit dieser Verfahrensweise nicht einverstanden erklärt hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 153 Rz 14 m.w.N.). Der Rechtsstreit weist auch keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich machen würden.

34

Es lässt sich auch nach Überzeugung des Senates, insbesondere unter Zugrundelegung des schlüssigen Gutachtens von Dr. Sp. vom 17. März 2012 nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 17. August 2012, nicht feststellen, dass der Anfang des Jahres 2009 bei dem Kläger diagnostizierte Bandscheibenvorfall eine Wehrdienstbeschädigung ist bzw. Folge einer Wehrdienstbeschädigung des Klägers aus dem Dezember 2008 ist. Mangels Bestehens einer Dienstbeschädigung ist daher auch der vom Kläger geltend gemachte Leistungsanspruch auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung unbegründet.

35

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung der einschlägigen Kausalitätsanforderungen zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht rechtswidrig sind. Der Senat nimmt insoweit, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf das Nichtbestehen eines ursächlichen Zusammenhanges Bezug und macht sie, nach Überprüfung, zum Gegenstand seiner eigenen Rechtsfindung (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Berufungsvortrag rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

36

Hierbei kann der Senat im Hinblick auf die zahlreichen Schilderungen des Transportes des Stromaggregates dahingestellt bleiben lassen, welcher Version des Klägers letztlich zu folgen ist. Denn dem „genauen“ Unfallhergang kommt in dem vorliegenden Rechtsstreit keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Hiermit hält der Senat die vom SG Schwerin vorgenommene Beweiswürdigung keineswegs für unzutreffend. Insoweit ist auffällig, dass der Kläger im Abstand von Jahren offensichtlich immer detailliertere Angaben zum Unfallgeschehen machen kann und aufgrund weiterer „Detaillierung“ der Auffassung ist, den Senat von dem Bestehen eines ursächlichen Zusammenhanges deshalb überzeugen zu können, weil laut seiner Schilderung auch im Berufungsverfahren er letztlich das Aggregat nunmehr alleine hochgehalten und einen Schlag erhalten haben will.

37

Selbst wenn der Senat das vom Kläger geschilderte Geschehen in Form letztlich des alleinigen Haltens des Stromaggregats, des Verspüren eines Schlages etc. – wie in der Berufungsbegründung nochmals dargelegt – zu Grunde legt, ergibt sich hieraus keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges.

38

Die (medizinischen) Ausführungen von Dr. Sp. entsprechen den maßgeblichen Kriterien zur Beurteilung von Bandscheibenvorfällen in Folge eines Traumas und den daraus resultierenden Gesundheitsschäden, wie sie etwa in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. u.a. Schönberger/Mehrtens/Valentin, 8. Auflage, Seite 434 ff.) dargelegt worden sind. Dies gilt ebenso im Hinblick auf ein sog. „Verheben“ (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., S 438/439). Insoweit gelten im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens einer Wehrdienstbeschädigung bzw. der Kriterien zur Beurteilung eines (behaupteten) traumatischen Bandscheibenvorfalles dieselben Grundsätze wie in der gesetzlichen Unfallversicherung.

39

Die Annahme eines traumatischen Bandscheibenvorfalls scheitert hier schon daran, dass dieser entsprechende Begleitverletzungen ligamentärer oder knöcherner Art erfordert. Begleitende, wenn auch minimale, knöcherne Verletzungen oder Bandverletzungen im – vom Bandscheibenvorfall betroffene Segment – müssen zu der Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges vorliegen (vgl. Schönberger, a.a.O., S. 436 m.w.N.). Insoweit hat Dr. Sp. zu Recht darauf hingewiesen, dass die entsprechenden medizinischen Erstbefunde und auch die nachfolgenden bildgebenden Befunde insoweit keine Verletzungen im vom Bandscheibenvorfall betroffenen Segment L4/L5 gezeigt haben und insoweit auch die medizinische Befundung die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges ausschließt. Der Kläger verkennt, dass die von ihm geschilderte „Rekonstruktion“ der Unfallschwere und der Unfallmechanik letztlich nicht entscheidend ist. Vielmehr ist entscheidend, ob sich aufgrund der Analyse des Schadensbildes Rückschlüsse auf die biomechanische Einwirkung durch das Unfallereignis und damit auf dessen Geeignetheit ergeben (Schönberger u.a., a.a.O.).

40

Die aus Dezember 2008 und Januar 2009 sowie nachfolgend vorliegenden zahlreichen ärztlichen Befunde lassen insoweit keine entsprechende „Verletzung“ erkennen. Allein die vom Kläger aufgestellten Mutmaßungen im Hinblick auf die Stellung etwa von falschen Diagnosen – soweit Dr. Sp. auf den medizinischen Befund vom 9. Dezember 2007 hinweist – des Übersehens etwa von einem blauen Fleck im Bereich der Schulter etc. vermögen an dem Nachweis entsprechender „Verletzungsbefunde“ im vom Unfall betroffenen Bandscheibensegment nichts zu ändern.

41

Darüber hinaus vermochte der Kläger keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen zu bezeichnen; medizinische Unterlagen, die nicht bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung gewesen sind, liegen darüber hinaus auch nicht vor.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

43

Gründe für eine Revisionszulassung gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Feststellung von Bandscheibenveränderungen an der Halswirbelsäule (HWS) als weitere Folgen eines Arbeitsunfalls vom 10.02.2010.
Der 1970 geborene, als Kundendienstberater bei der Fa. XY GmbH, K, beschäftigt gewesene Kläger saß am 10.02.2010 an seinem Arbeitsplatz auf einem Fitnessball, als dieser während des Verkaufsgesprächs platzte. Der Kläger fiel dadurch aus Sitzhöhe auf das Becken und den Rücken. Gegenüber dem Chirurgen Prof. Dr. H. klagte er bei der Erstuntersuchung am Unfalltag über Schmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) mit Druck- und Klopfschmerzen und Ausstrahlung in beide Beine sowie über Kopfschmerzen. Prof. Dr. H. erhob radiologisch keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung oder Luxation, jedoch eine beginnende Spondylophytenbildung im Segment L5/S1. Als Gesundheitsstörung diagnostizierte er eine Prellung der LWS und des Steißbeins (vgl. Durchgangsarztbericht vom 10.02.2010). Eine am 01.03.2010 durchgeführte Kernspintomographie der LWS und der Brustwirbelsäule ergab keinen Nachweis einer frischen knöchernen oder diskoligamentären Verletzung, jedoch eine alte Kompressionsfraktur des Brustwirbelkörpers 8 mit ventraler Höhenminderung, geringgradige Bandscheibenprotrusionen in einzelnen Segmenten ohne relevante Stenosierung des Spinalkanals oder der Neuroforamina und eine Retrolysthese im Segment L5/S1 Grad I, ferner unregelmäßige Berandungen der Wirbelkörperabschlussplatten in mehreren Thorakalsegmenten wie bei einem Morbus Scheuermann (vgl. Befundbericht des Radiologen PD Dr. A. vom 04.03.2010). Prof. Dr. H. erachtete den Kläger ab dem 12.03.2010 als wieder arbeitsfähig. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bewertete er über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus mit weniger als 10 v. H. (vgl. Mitteilung vom 11.03.2010).
Wegen „akuter Schmerzen“ im Bereich der HWS, ziehend über Schultergelenk, Oberarm und Parästhesien des Zeigefingers suchte der Kläger im April 2010 den Orthopäden Dr. M. auf (vgl. Arztbrief vom 19.04.2010). Die von diesem veranlasste Kernspintomographie der HWS erbrachte den Nachweis eines kräftigen rechtsmediolateralen Prolapses im Segment C5/6, eine Myelon- und C6-Komprimierung, ferner geringe Osteochondrosen in den Segmenten C4/5 und C6/7 sowie multisegmental an der miterfassten Brustwirbelsäule, ferner zwischen C7 und Th5 multisegmentale Bandscheibenprotrusionen (vgl. Arztbrief der Radiologin Dr. Br. vom 19.04.2010).
Bei einer Nachuntersuchung durch Prof. Dr. H. am 22.04.2010 gab der Kläger an, er habe „vor einer Woche bei Schreibtischarbeiten“ plötzlich ein Stechen in der HWS verspürt und leide „seither“ unter Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbeln im rechten Daumen (vgl. Zwischenbericht vom 22.04.2010).
Gegenüber dem Neurochirurgen Prof. Dr. S. gab der Kläger bei einer ambulanten Vorstellung im Juli 2010 an, er leide „seit April“ unter teils heftigen, bis in den rechten Daumen ausstrahlenden Schmerzen und einem Kribbelgefühl (vgl. Schreiben vom 08.07.2010).
Vom 21.07.2010 bis zum 11.08.2010 absolvierte der Kläger ein von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligtes Heilverfahren in der Reha-Klinik Ha., Ba.. Die Klinikärzte führten im Entlassungsbericht vom 11.08.210 unter anderem aus, die Symptome eines typischen unteren Zervikalsyndroms mit rezidivierenden, rechts betonten Cervicobrachialgien seien durch eine radiologisch gesicherte degenerative Bandscheibenschädigung C5/6 mit bereits sichtbarer Osteochondrose und Spondylosis deformans in Kombination mit einer Fehlhaltung und nicht unerheblichen muskulären Haltungsdysbalancen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur bedingt.
Eine im August 2010 durchgeführte erneute Kernspintomographie der HWS ergab einen eher progredienten Befund im Vergleich zum April 2010 (vgl. Arztbrief des Radiologen Dr. G. vom 23.08.2010).
Am 29.09.2010 unterzog sich der Kläger im Kreiskrankenhaus Bl. einer Operation des Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 (vgl. Entlassungsbericht vom 22.11.2010 und Operationsbericht vom 29.09.2010). Nachfolgend befand sich der Kläger erneut in einem Heilverfahren in der Reha-Klinik Ha., Ba. (vgl. Entlassungsbericht vom 05.11.2010).
Bereits am 15.02.2010 zeigte der frühere Arbeitgeber des Klägers das Unfallereignis der Beklagten als Arbeitsunfall an. Nach weiterer Sachaufklärung lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 10.02.2010 über den 11.03.2010 hinaus zunächst ab (Bescheid vom 09.06.2010).
10 
Auf den dagegen erhobenen Widerspruch und nach weitere Sachaufklärung (u.a. Vorerkrankungsverzeichnis der ...-BKK, der Behandlungsunterlagen des Orthopäden Dr. M., des Orthopäden Dr. Sü. und der Radiologen Dres. As. u.a., Auskunft des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin L.-S.) ließ die Beklagte den Kläger zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen durch den Chirurgen Dr. Ru. untersuchen und begutachten. Dieser diagnostizierte als Gesundheitsstörungen einen „Zustand nach Bandscheibenprotrusion C5/C6 mit anschließender Fusionsoperation mit noch deutlich eingeschränkter Beweglichkeit im HWS-Bereich, vorbekannte, teilweise lumboischialgieforme Beschwerden aufgrund morphologischer Veränderungen im Bereich der LWS“. Zusammenfassend führte Dr. Ru. aus, man solle davon ausgehen, das doch erhebliche Stauchungstrauma der gesamten Wirbelsäule sei geeignet gewesen, einen Bandscheibenschaden C5/C6 hervorzurufen; die geringen ostechondrotischen Veränderungen in den Segmenten C4/5 und C6/7 solle man nicht als Hinweis für eine schon bestehende degenerative Erkrankung der Bandscheibe werten. Die vom Kläger angegebenen und in der Anfangszeit therapierten Beschwerden im Bereich der LWS seien auf Vorschäden zurückzuführen, die bereits seit dem Jahr 2001, spätestens aber den Jahren 2003 bis 2004 bekannt gewesen seien. Insoweit habe es sich um eine Verschlimmerung vorbestehender Beschwerden gehandelt. Nach Eintritt der Arbeitsfähigkeit verbleibe eine unfallbedingte MdE von 20 v. H.. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme führte der Radiologe Kaspar hierzu aus, die von ihm durchgeführte Nachbefundung der Röntgenaufnahmen der HWS ergebe keinen Hinweis für eine traumatische Schädigung; die HWS-Veränderungen seien rein degenerativer Genese. In seiner ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. Ru. am Ergebnis seines Gutachtens fest: zwar sei eine traumatische Genese der Veränderungen im Segment C5/6 nicht erkennbar. Jedoch habe das axiale Stauchungstrauma nicht nur im Bereich der LWS, sondern auch der HWS zu einer Verschlimmerung der Symptomatologie einer vorbestehenden Erkrankung geführt. Unfallbedingt bestehe eine MdE von 20 v. H. bis ein Jahr nach der HWS-Operation. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Chirurgen Dr. Sr. hob die Beklagte den Bescheid vom 09.06.2010 auf und anerkannte als Folge des Arbeitsunfalls vom 10.02.2010 eine
11 
ohne wesentliche Folgen abgeheilte Prellung der Wirbelsäule.
12 
Keine Folge des Arbeitsunfalls, und zwar weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung seien die degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule mit Bandscheibenprolaps C5/6 und Osteochondrose C4/5 und C5/7 sowie Wurzelkompressionssyndrom C6, Spondylolisthesis LWK5/S1 sowie die Veränderungen wie bei einem Morbus Scheuermann, beginnende degenerative Veränderungen im Segment L5/S1, Chondropathien und Bandscheibenprotrusionen im Bereich L4/5 und L5/S1 sowie Bandscheibenprotrusionen Th12/S1. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls leistete sie dem Kläger Verletztenrente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente für die Zeit vom 15.03.2010 bis zum 30.09.2011. Nach diesem Zeitraum bestehe voraussichtlich keine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß mehr (Bescheid vom 13.07.2011).
13 
Zur Begründung seines dagegen erneut erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er habe bereits im Rahmen der Erstbehandlung nach dem Unfallereignis über Kopfschmerzen geklagt. Allerdings hätten die Ärzte in der Folgezeit den Behandlungsschwerpunkt auf die Beeinträchtigungen der LWS gesetzt. Hierdurch sei es zu einer verzögerten Behandlung der HWS und des Nachweises eines Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 gekommen. Bis zu dem Arbeitsunfall habe er keine Beschwerden in der HWS gehabt. Zwischenzeitlich sei auch ein Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 nachgewiesen. Seine behandelnden Orthopädin Dr. Kt. erachte die Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS zum Teil als Unfallfolge. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte der Kläger ein ärztliches Attest von Dr. Kt. vor.
14 
Die Beklagte veranlasste eine erneute Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Chirurgen Prof. Dr. M.. Dieser diagnostizierte Gesundheitsstörungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule und führte zusammenfassend aus, diese Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 verursacht. Das Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, eine Bandscheibenverletzung im Bereich der HWS zu bewirken. Als Unfallfolgen erschienen Bandscheibenvorfälle immer mit begleitender knöcherner oder Bandverletzung. Überdies komme es bei einer Kompressionsbelastung in einem Bewegungssegment mit einer Erhöhung des intradiskalen Druckes zunächst zu einer Frakturschädigung im Deck- und Grundplattenbereich ohne Schädigung einer Bandscheibe. Diese Befunde lägen im Fall des Klägers nicht vor. Auch sei eine sofortige Beschwerdesymptomatik im Bereich der Halswirbelsäule nach Aktenlage nicht vorhanden. Vielmehr sei eine erstmalige klinische Symptomatik dort erst etwa sechs bis acht Wochen nach dem Unfallereignis aufgetreten. Ursächlich wesentlich für die von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen seien degenerative Vorschäden an der H- und LWS. Die nunmehr vorhandenen Gesundheitsstörungen wären im gleichen Zeitraum und in gleicher Stärke auch bei einer anderen gewöhnlichen Verrichtung des täglichen Lebens in identischer Weise entstanden. Nach Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bewerte er die unfallbedingte MdE mit weniger als 10 v. H. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012).
15 
Deswegen hat der Kläger am 20.06.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung verweist er auf das Gutachten des Dr. Ru. nebst ergänzender Stellungnahme sowie das Attest von Dr. Kt.. Dem Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. M. könne er sich nicht anschließen. Im Übrigen wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Widerspruchsvorbringen.
16 
Er beantragt,
17 
den Bescheid vom 13. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. Mai 2012 abzuändern und „Schädigung im Segment C5/6 sowie Bandscheibenvorfall im Segment C4/5“ als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Februar 2010 festzustellen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
21 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, Gesundheitsschäden im Bereich der Halswirbelsäule, insbesondere - wie geltend gemacht - eine Schädigung im Segment C5/6 und einen Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 als - weitere - Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.02.2010 anzuerkennen.
23 
1. Dass der Kläger am 10.02.2010 bei einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) einen Arbeitsunfall erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide - inzidenter - anerkannt und ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
24 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
25 
b) Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
26 
c) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Heinrichs in Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, Vorb. v. § 249, Rdnr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
27 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
28 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 25 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
29 
Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860ff; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 25).
30 
2. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
31 
a) Zwar leidet der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht umstritten - an der Halswirbelsäule an den Folgen eines im September 2010 operierten Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 und einem im Kernspintomogramm des Radiologen Dr. Bü. am 06.05.2011 nachgewiesenen weiteren Bandscheibenvorfall auch im Segment C4/5 ohne Myelon-Kompression. Diese Gesundheitsstörungen sind indes weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 10.02.2010 zurückzuführen. Für diese Überzeugung stützt sich das erkennende Gericht auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen im Gutachten des Prof. Dr. M., das es im Wege des Urkundenbeweises verwertet. Zutreffend weist Prof. Dr. M. darauf hin, dass der Sturz aus sitzender Position von einem platzenden Sitzball nicht geeignet ist, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule zu verursachen.
32 
b) Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Bandscheibenschäden, die multifaktoriell sind und in allen Bevölkerungsschichten vorkommen, sich am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr in Form klinischer Symptome bemerkbar machen und der objektive Befund einer Bandscheibendegeneration mit wachsendem Alter stetig zunimmt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 454). Nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, sind unfallbedingt verursachte Bandscheibenvorfälle bereits per se äußerst selten (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2006 - L 6 VG 10/05 - ). Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Bandscheibenschadens vermag deshalb eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit nicht zu begründen (vgl. LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 - sowie - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - und - B 2 U 23/11 R - ). Auch existiert in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Beweisregel des Inhaltes, dass alles, was während einer versicherten Tätigkeit an Gesundheitsschäden eintritt, auch ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann (vgl. Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 - ).
33 
Für die Feststellung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls als Folge eines Arbeitsunfalls müssen nach der unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Literatur (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 435) folgende Kriterien erfüllt sein:
34 
1. Unfallereignis schwer genug, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen
2. Ablauf in seiner Mechanik, um die Entstehung derartiger Rissbildungen aufzuklären
3. Schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich des Wirbelsäulenabschnittes im Anschluss an den Unfall
4. Beschwerdefreiheit, zumindest Beschwerdearmut vor dem Unfall und
5. Klinische Symptome, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall sprechen.
35 
Insbesondere aber erfordert ein traumatischer Bandscheibenvorfall stets knöcherne und/oder ligamentäre Begleitverletzungen der maßgebenden Wirbelkörper selbst oder doch zumindest der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 434 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 15.03.2007 - L 9 U 3374/05 - und vom 15.12.2011 - L 1 U 2376/11 - sowie Bay. LSG vom 15.03.2012 - L 18 U 9/07 - ; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2007 - L 17 U 75/06 - und Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 -; ferner SG Dortmund vom 19.03.2004 - S 23 U 38/02 - ). Zutreffend weist Prof. Dr. M. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die ligamentären und knöchernen Bewegungssegmente in ihrem Bewegungsumfang etwa hälftig auf den Bewegungsumfang einer Bandscheibe begrenzt sind. Kommt es mithin zu einem schädigenden Bewegungsausschlag eines Bewegungssegmentes, so kommt es zu allererst zu einer Schädigung der begrenzenden ligamentären und knöchernen Strukturen. Zum anderen kommt es bei einer Kompressionsbelastung in einem Bewegungssegment mit einer Erhöhung des intradiskalen Druckes zunächst zu einer Frakturschädigung im Deck- und Grundplattenbereich, jedoch ohne Schädigung der Bandscheibe selbst.
36 
c) Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens und im Anschluss an die zutreffenden und überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. M. erachtet das erkennende Gericht die vorgenannten Voraussetzungen für die Feststellung der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen an der HWS nicht als erfüllt. Denn nach den aktenkundigen Kernspintomographiebefunden an der HWS vom 19.04. und 23.08.2010 sowie vom 06.05.2011 steht fest, dass der Arbeitsunfall vom 10.02.2010 keine knöchernen oder ligamentären Schäden an der HWS bewirkt hat. Auch findet sich auf diesen MRT-Aufnahmen und den darüber erstellten Befundberichten der Dres. Br., G. und Bü. kein Hinweis für eine Frakturschädigung der Grund- und/oder Deckplatten (= Sklerose) der Halswirbelkörper 4/5 und/oder 5/6. Eine solche Schädigung ergibt sich auch weder aus dem Operationsbericht des Kreiskrankenhauses Bl. vom 29.09.2010 noch aus den sonstigen aktenkundigen zahlreichen medizinischen Unterlagen. Der Kläger selbst hat entsprechende Befunde ebenfalls nicht bezeichnet oder durch ärztliche Unterlagen gerichtsfest belegt. Die MRT-Aufnahmen enthalten überdies auch keine sonstigen traumatypischen (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 25.05.2012 - L 8 U 5301/08 - ) Hinweise auf ausgedehnte Einblutungen, Ödembildungen oder ein sogenanntes „bone bruise“ im Bereich der HWS im Sinne einer frischen knöchernen oder diskoligamentären Verletzung. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang im Gegenteil zu berücksichtigen, dass sich nach den MRT-Aufnahmen der Halswirbelsäule des Klägers bereits vom April 2010, und damit nur rund neun Wochen nach dem Arbeitsunfall-Ereignis, Bandscheibenveränderungen nicht nur in den Segmenten C4/5 und C5/6, sondern auch in den Segmenten C3 bis C5, C6/7 und multisegmental auch im Bereich der Brustwirbelsäule von C7/Th1 bis Th4/5 fanden. Auch vor diesem Hintergrund ist es nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeiten nicht erklärlich, weshalb gerade die Veränderungen in den Segmenten C4/5 und C5/6 - sei es im Wege der Entstehung, sei es im Wege der Verschlimmerung - ursächlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen sein sollen. Vielmehr sprechen gerade diese radiologischen Befunde, die sich über nahezu die gesamte Hals- und Brustwirbelsäule verteilen, für unfallunabhängige degenerative Bandscheibenveränderungen. Dies wird noch durch die auf den MRT-Aufnahmen nachgewiesenen knöchernen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformans, d.h. von seitlichen und vorderen Randzackenbildungen an den Wirbelkörpern der Hals- und Brustwirbelsäule, verstärkt. Überdies ist ein Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 erstmals im Mai 2011, mithin erst 15 Monate nach dem angeschuldigten Unfallereignis, nachgewiesen. Auch dieser zeitliche Abstand spricht gegen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfall vom 10.02.2010.
37 
Plötzlich entstehende intradiskale Massenverschiebungen, Protrusionen und Prolapse rufen sofort heftigste Beschwerden hervor (vgl. Krämer et alt., Bandscheibenvorfall und Trauma, in Der Orthopäde 2001, 121, 123). Vorliegend fehlt es indes auch am Nachweis einer sofortigen schmerzhaften Funktionsstörung der HWS im Anschluss an das Unfallereignis vom Februar 2010. Zwar hat der Kläger schon bei der Erstbehandlung am Unfalltag gegenüber Prof. Dr. H. Kopfschmerzen angegeben. Über eine Funktionseinschränkung der HWS hat er indes weder an diesem Tag geklagt noch hat Prof. Dr. H. eine solche im Durchgangsarztbericht vom 10.02.2010 beschrieben. Von der HWS ausgehende Beschwerden und Schmerzen sowie Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk mit Ausstrahlungen in den rechten Arm und die rechte Hand sind vielmehr erstmals im Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 19.04.2010 aufgrund der an diesem Tag dort erfolgten ambulanten Vorstellung des Klägers belegt. Insoweit hatte der Kläger indes selbst gegenüber Dr. M. angegeben, die Schmerzen seien „akut“ aufgetreten. Bereits der Begriff „akut“ lässt eine Rückdatierung auf einen Zeitpunkt rund neun Wochen vor diesem Arzttermin nicht zu. Auch gegenüber Prof. Dr. H. hatte der Kläger bei dessen Nachuntersuchung am 22.04.2010 - insoweit übereinstimmend mit seinen Angaben gegenüber Dr. M. - anamnestisch über ein „vor einer Woche“, mithin seit etwa Mitte April 2010 „bei Schreibtischarbeiten“ verspürtes plötzliches Stechen in der HWS mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbeln im rechten Daumen berichtet, wie sich aufgrund des Zwischenberichts vom 22.04.2010 ergibt. Hiermit überein stimmen weiter das Schreiben des Neurochirurgen Prof. Dr. S. vom 08.07.2010 an die Beklagte, demzufolge der Kläger diesem Arzt gegenüber über „seit April 2010 bestehende, teils heftige, bis in den Daumen ausstrahlende Schmerzen und ein Kribbelgefühl“ angab, wie auch der Arztbrief des Neurochirurgen Dr. By. vom 01.09.2010, demzufolge der Kläger über eine „seit April“ (gemeint 2010) bestehende Brachialgie, d.h. Beschwerden im Schulter-Arm-Bereich, klagte. Schließlich haben auch die Ärzte der Reha-Klinik Ha. im Entlassungsbericht vom August 2010 die Symptome des unteren Zervikalsyndroms mit rechtsbetonten Cervicobrachialgien zu Recht auf degenerative Bandscheibenschädigungen im Segment C5/6 in Kombination mit einer Wirbelsäulenfehlhaltung und erheblichen muskulären Haltungsdysbalancen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur zurückgeführt. Bereits PD Dr. A. hatte überdies auf unregelmäßige Berandungen der Wirbelkörperabschlussplatten an der Brust- und LWS „wie bei einem Morbus Scheuermann“ hingewiesen. Bei einem Morbus Scheuermann handelt es sich jedoch um eine anlagebedingte Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer Wachstumsstörung im Jugendalter (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, S. 1844 f.).
38 
d) Danach ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Bandscheibenschäden des Klägers an der Halswirbelsäule in den Segmenten C4/5 und C5/6 nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen, wie Prof. Dr. M. zutreffend und überzeugend dargelegt hat. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide entsprechende Gesundheitsstörungen nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt.
39 
3. Anders ist auch nicht aufgrund des Gutachtens des Dr. Ru. zu entscheiden: Soweit dieser Arzt ausführt, man solle „davon ausgehen“, dass das doch erhebliche Stauchungstraume der gesamten Wirbelsäule geeignet gewesen sei, einen Bandscheibenschaden C5/C6 hervorzurufen, hält er - im Ergebnis - einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfallereignis lediglich für möglich oder nicht ausgeschlossen, nicht indes - wie erforderlich - für wahrscheinlich. Hieran ändert auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. Ru. nichts. Denn in dieser räumt er ausdrücklich ein, dass eine traumatische Genese der Veränderungen im Segment C5/6 nicht zu erkennen ist. Soweit Dr. Ru. in der Folge das axiale Stauchungstrauma für geeignet erachtet, eine Verschlimmerung der Symptomatologie vorbestehender Erkrankungen auch im Bereich der HWS zu verursachen, begründet er dies allein mit den subjektiven Angaben des Klägers, er habe gegenüber den behandelnden Ärzten von Anfang an über Beschwerden im Bereich der HWS geklagt. Dieses Beschwerdevorbringen wird indes - wie bereits ausgeführt - durch die aktenkundigen medizinischen Unterlagen nicht gestützt. Überdies lässt Dr. Ru. unbeachtet, dass traumatisch bedingte Bandscheibenschäden knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen erfordern. Solche hat indes auch er nicht diagnostiziert. Seine Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs überzeugt das erkennende Gericht aus diesen Gründen nicht.
40 
Weiter vermag der Kläger aus dem Attest von Dr. Kt. vom Juni 2011 nichts für sein Klagebegehren herzuleiten. Denn soweit diese Ärztin eine akute Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS „zum Teil“ als Unfallfolge ansieht, hat sie dies nicht einmal ansatzweise begründet.
41 
Schließlich spricht für eine traumatische Verursachung der Bandscheibenveränderungen der HWS nicht der Umstand, dass der Kläger seinem Vorbringen zufolge bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses insoweit klinisch beschwerdefrei gewesen ist. Denn degenerative Veränderungen der Bandscheiben verlaufen nach den Erfahrungen des erkennenden Gerichts häufig jahrelang klinisch stumm. Allein eine Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis stellt daher keinen Hinweis für eine traumatische Genese des Bandscheibenschadens dar (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 437). Außerdem begründet allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden und einem Unfallereignis - wie bereits oben ausgeführt - gerade keinen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang im Sinne der Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
42 
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 i.V.m. § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe

 
22 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, Gesundheitsschäden im Bereich der Halswirbelsäule, insbesondere - wie geltend gemacht - eine Schädigung im Segment C5/6 und einen Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 als - weitere - Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.02.2010 anzuerkennen.
23 
1. Dass der Kläger am 10.02.2010 bei einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) einen Arbeitsunfall erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide - inzidenter - anerkannt und ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
24 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
25 
b) Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
26 
c) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Heinrichs in Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, Vorb. v. § 249, Rdnr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
27 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
28 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 25 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
29 
Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860ff; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 25).
30 
2. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
31 
a) Zwar leidet der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht umstritten - an der Halswirbelsäule an den Folgen eines im September 2010 operierten Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 und einem im Kernspintomogramm des Radiologen Dr. Bü. am 06.05.2011 nachgewiesenen weiteren Bandscheibenvorfall auch im Segment C4/5 ohne Myelon-Kompression. Diese Gesundheitsstörungen sind indes weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 10.02.2010 zurückzuführen. Für diese Überzeugung stützt sich das erkennende Gericht auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen im Gutachten des Prof. Dr. M., das es im Wege des Urkundenbeweises verwertet. Zutreffend weist Prof. Dr. M. darauf hin, dass der Sturz aus sitzender Position von einem platzenden Sitzball nicht geeignet ist, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule zu verursachen.
32 
b) Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Bandscheibenschäden, die multifaktoriell sind und in allen Bevölkerungsschichten vorkommen, sich am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr in Form klinischer Symptome bemerkbar machen und der objektive Befund einer Bandscheibendegeneration mit wachsendem Alter stetig zunimmt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 454). Nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, sind unfallbedingt verursachte Bandscheibenvorfälle bereits per se äußerst selten (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2006 - L 6 VG 10/05 - ). Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Bandscheibenschadens vermag deshalb eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit nicht zu begründen (vgl. LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 - sowie - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - und - B 2 U 23/11 R - ). Auch existiert in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Beweisregel des Inhaltes, dass alles, was während einer versicherten Tätigkeit an Gesundheitsschäden eintritt, auch ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann (vgl. Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 - ).
33 
Für die Feststellung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls als Folge eines Arbeitsunfalls müssen nach der unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Literatur (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 435) folgende Kriterien erfüllt sein:
34 
1. Unfallereignis schwer genug, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen
2. Ablauf in seiner Mechanik, um die Entstehung derartiger Rissbildungen aufzuklären
3. Schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich des Wirbelsäulenabschnittes im Anschluss an den Unfall
4. Beschwerdefreiheit, zumindest Beschwerdearmut vor dem Unfall und
5. Klinische Symptome, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall sprechen.
35 
Insbesondere aber erfordert ein traumatischer Bandscheibenvorfall stets knöcherne und/oder ligamentäre Begleitverletzungen der maßgebenden Wirbelkörper selbst oder doch zumindest der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 434 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 15.03.2007 - L 9 U 3374/05 - und vom 15.12.2011 - L 1 U 2376/11 - sowie Bay. LSG vom 15.03.2012 - L 18 U 9/07 - ; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2007 - L 17 U 75/06 - und Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 -; ferner SG Dortmund vom 19.03.2004 - S 23 U 38/02 - ). Zutreffend weist Prof. Dr. M. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die ligamentären und knöchernen Bewegungssegmente in ihrem Bewegungsumfang etwa hälftig auf den Bewegungsumfang einer Bandscheibe begrenzt sind. Kommt es mithin zu einem schädigenden Bewegungsausschlag eines Bewegungssegmentes, so kommt es zu allererst zu einer Schädigung der begrenzenden ligamentären und knöchernen Strukturen. Zum anderen kommt es bei einer Kompressionsbelastung in einem Bewegungssegment mit einer Erhöhung des intradiskalen Druckes zunächst zu einer Frakturschädigung im Deck- und Grundplattenbereich, jedoch ohne Schädigung der Bandscheibe selbst.
36 
c) Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens und im Anschluss an die zutreffenden und überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. M. erachtet das erkennende Gericht die vorgenannten Voraussetzungen für die Feststellung der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen an der HWS nicht als erfüllt. Denn nach den aktenkundigen Kernspintomographiebefunden an der HWS vom 19.04. und 23.08.2010 sowie vom 06.05.2011 steht fest, dass der Arbeitsunfall vom 10.02.2010 keine knöchernen oder ligamentären Schäden an der HWS bewirkt hat. Auch findet sich auf diesen MRT-Aufnahmen und den darüber erstellten Befundberichten der Dres. Br., G. und Bü. kein Hinweis für eine Frakturschädigung der Grund- und/oder Deckplatten (= Sklerose) der Halswirbelkörper 4/5 und/oder 5/6. Eine solche Schädigung ergibt sich auch weder aus dem Operationsbericht des Kreiskrankenhauses Bl. vom 29.09.2010 noch aus den sonstigen aktenkundigen zahlreichen medizinischen Unterlagen. Der Kläger selbst hat entsprechende Befunde ebenfalls nicht bezeichnet oder durch ärztliche Unterlagen gerichtsfest belegt. Die MRT-Aufnahmen enthalten überdies auch keine sonstigen traumatypischen (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 25.05.2012 - L 8 U 5301/08 - ) Hinweise auf ausgedehnte Einblutungen, Ödembildungen oder ein sogenanntes „bone bruise“ im Bereich der HWS im Sinne einer frischen knöchernen oder diskoligamentären Verletzung. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang im Gegenteil zu berücksichtigen, dass sich nach den MRT-Aufnahmen der Halswirbelsäule des Klägers bereits vom April 2010, und damit nur rund neun Wochen nach dem Arbeitsunfall-Ereignis, Bandscheibenveränderungen nicht nur in den Segmenten C4/5 und C5/6, sondern auch in den Segmenten C3 bis C5, C6/7 und multisegmental auch im Bereich der Brustwirbelsäule von C7/Th1 bis Th4/5 fanden. Auch vor diesem Hintergrund ist es nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeiten nicht erklärlich, weshalb gerade die Veränderungen in den Segmenten C4/5 und C5/6 - sei es im Wege der Entstehung, sei es im Wege der Verschlimmerung - ursächlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen sein sollen. Vielmehr sprechen gerade diese radiologischen Befunde, die sich über nahezu die gesamte Hals- und Brustwirbelsäule verteilen, für unfallunabhängige degenerative Bandscheibenveränderungen. Dies wird noch durch die auf den MRT-Aufnahmen nachgewiesenen knöchernen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformans, d.h. von seitlichen und vorderen Randzackenbildungen an den Wirbelkörpern der Hals- und Brustwirbelsäule, verstärkt. Überdies ist ein Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 erstmals im Mai 2011, mithin erst 15 Monate nach dem angeschuldigten Unfallereignis, nachgewiesen. Auch dieser zeitliche Abstand spricht gegen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfall vom 10.02.2010.
37 
Plötzlich entstehende intradiskale Massenverschiebungen, Protrusionen und Prolapse rufen sofort heftigste Beschwerden hervor (vgl. Krämer et alt., Bandscheibenvorfall und Trauma, in Der Orthopäde 2001, 121, 123). Vorliegend fehlt es indes auch am Nachweis einer sofortigen schmerzhaften Funktionsstörung der HWS im Anschluss an das Unfallereignis vom Februar 2010. Zwar hat der Kläger schon bei der Erstbehandlung am Unfalltag gegenüber Prof. Dr. H. Kopfschmerzen angegeben. Über eine Funktionseinschränkung der HWS hat er indes weder an diesem Tag geklagt noch hat Prof. Dr. H. eine solche im Durchgangsarztbericht vom 10.02.2010 beschrieben. Von der HWS ausgehende Beschwerden und Schmerzen sowie Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk mit Ausstrahlungen in den rechten Arm und die rechte Hand sind vielmehr erstmals im Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 19.04.2010 aufgrund der an diesem Tag dort erfolgten ambulanten Vorstellung des Klägers belegt. Insoweit hatte der Kläger indes selbst gegenüber Dr. M. angegeben, die Schmerzen seien „akut“ aufgetreten. Bereits der Begriff „akut“ lässt eine Rückdatierung auf einen Zeitpunkt rund neun Wochen vor diesem Arzttermin nicht zu. Auch gegenüber Prof. Dr. H. hatte der Kläger bei dessen Nachuntersuchung am 22.04.2010 - insoweit übereinstimmend mit seinen Angaben gegenüber Dr. M. - anamnestisch über ein „vor einer Woche“, mithin seit etwa Mitte April 2010 „bei Schreibtischarbeiten“ verspürtes plötzliches Stechen in der HWS mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbeln im rechten Daumen berichtet, wie sich aufgrund des Zwischenberichts vom 22.04.2010 ergibt. Hiermit überein stimmen weiter das Schreiben des Neurochirurgen Prof. Dr. S. vom 08.07.2010 an die Beklagte, demzufolge der Kläger diesem Arzt gegenüber über „seit April 2010 bestehende, teils heftige, bis in den Daumen ausstrahlende Schmerzen und ein Kribbelgefühl“ angab, wie auch der Arztbrief des Neurochirurgen Dr. By. vom 01.09.2010, demzufolge der Kläger über eine „seit April“ (gemeint 2010) bestehende Brachialgie, d.h. Beschwerden im Schulter-Arm-Bereich, klagte. Schließlich haben auch die Ärzte der Reha-Klinik Ha. im Entlassungsbericht vom August 2010 die Symptome des unteren Zervikalsyndroms mit rechtsbetonten Cervicobrachialgien zu Recht auf degenerative Bandscheibenschädigungen im Segment C5/6 in Kombination mit einer Wirbelsäulenfehlhaltung und erheblichen muskulären Haltungsdysbalancen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur zurückgeführt. Bereits PD Dr. A. hatte überdies auf unregelmäßige Berandungen der Wirbelkörperabschlussplatten an der Brust- und LWS „wie bei einem Morbus Scheuermann“ hingewiesen. Bei einem Morbus Scheuermann handelt es sich jedoch um eine anlagebedingte Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer Wachstumsstörung im Jugendalter (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, S. 1844 f.).
38 
d) Danach ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Bandscheibenschäden des Klägers an der Halswirbelsäule in den Segmenten C4/5 und C5/6 nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen, wie Prof. Dr. M. zutreffend und überzeugend dargelegt hat. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide entsprechende Gesundheitsstörungen nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt.
39 
3. Anders ist auch nicht aufgrund des Gutachtens des Dr. Ru. zu entscheiden: Soweit dieser Arzt ausführt, man solle „davon ausgehen“, dass das doch erhebliche Stauchungstraume der gesamten Wirbelsäule geeignet gewesen sei, einen Bandscheibenschaden C5/C6 hervorzurufen, hält er - im Ergebnis - einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfallereignis lediglich für möglich oder nicht ausgeschlossen, nicht indes - wie erforderlich - für wahrscheinlich. Hieran ändert auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. Ru. nichts. Denn in dieser räumt er ausdrücklich ein, dass eine traumatische Genese der Veränderungen im Segment C5/6 nicht zu erkennen ist. Soweit Dr. Ru. in der Folge das axiale Stauchungstrauma für geeignet erachtet, eine Verschlimmerung der Symptomatologie vorbestehender Erkrankungen auch im Bereich der HWS zu verursachen, begründet er dies allein mit den subjektiven Angaben des Klägers, er habe gegenüber den behandelnden Ärzten von Anfang an über Beschwerden im Bereich der HWS geklagt. Dieses Beschwerdevorbringen wird indes - wie bereits ausgeführt - durch die aktenkundigen medizinischen Unterlagen nicht gestützt. Überdies lässt Dr. Ru. unbeachtet, dass traumatisch bedingte Bandscheibenschäden knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen erfordern. Solche hat indes auch er nicht diagnostiziert. Seine Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs überzeugt das erkennende Gericht aus diesen Gründen nicht.
40 
Weiter vermag der Kläger aus dem Attest von Dr. Kt. vom Juni 2011 nichts für sein Klagebegehren herzuleiten. Denn soweit diese Ärztin eine akute Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS „zum Teil“ als Unfallfolge ansieht, hat sie dies nicht einmal ansatzweise begründet.
41 
Schließlich spricht für eine traumatische Verursachung der Bandscheibenveränderungen der HWS nicht der Umstand, dass der Kläger seinem Vorbringen zufolge bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses insoweit klinisch beschwerdefrei gewesen ist. Denn degenerative Veränderungen der Bandscheiben verlaufen nach den Erfahrungen des erkennenden Gerichts häufig jahrelang klinisch stumm. Allein eine Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis stellt daher keinen Hinweis für eine traumatische Genese des Bandscheibenschadens dar (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 437). Außerdem begründet allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden und einem Unfallereignis - wie bereits oben ausgeführt - gerade keinen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang im Sinne der Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
42 
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 i.V.m. § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich L 3/4 seiner Lendenwirbelsäule (LWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 19.12.2006 ist.

2

Der 1958 geborene Kläger leidet etwa seit seinem 20. Lebensjahr an Rückenschmerzen. Wegen Beschwerden im Bereich der LWS gab er 1992 seine Tätigkeit als Gießereiarbeiter auf. Nach einer Umschulung zum Feinmechaniker nahm er im Jahr 2002 wegen eines chronisch rezidivierenden Lumbal- und Zervikalsyndroms mit pseudoradikulärer Symptomatik an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teil. Im Anschluss daran wurde er wegen der Wirbelsäulenbeschwerden regelmäßig ambulant behandelt. Bei einer im Februar 2005 durchgeführten Computertomographie der LWS war eine sichere Bandscheibenvorwölbung nicht zu erkennen.

3

Der Kläger war zuletzt in der Qualitätssicherung der R. GmbH beschäftigt. Am 19.12.2006 rutschte er in der zweiten Schicht mit dem linken Fuß von einer ca 30 bis 40 cm hohen Stufe ab, arbeitete trotz Schmerzen aber zunächst bis zum 21.12.2006 weiter. Der an diesem Tag aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine Distorsion der LWS und des linken Beckens. Bei einer am 22.12.2006 durchgeführten Computertomographie zeigte sich ein frischer lateraler Bandscheibenvorfall im Segment L 3/4 mit einer Kompression der Nervenwurzel. Dieser Bandscheibenvorfall wurde im Januar 2007 mikrochirurgisch beseitigt.

4

Die Beklagte stellte einen Arbeitsunfall vom 19.12.2006 mit den als Unfallfolge bezeichneten Erstschäden "Zerrung der LWS und des linken Beckens" fest. Die Feststellung der "Unfallfolgen" krankhafter Veränderungen der LWS sowie des Bandscheibenvorfalls L 3/4 lehnte sie hingegen ab. Der Unfall sei nur geeignet gewesen, eine Zerrung zu verursachen. Die weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen seien das Ergebnis eines Verschleißprozesses und nicht traumatisch bedingt (Bescheid vom 19.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007).

5

Das SG Stuttgart hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 20.8.2009).

6

Das LSG Baden-Württemberg hat die Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen abgeändert und einen "operierten Bandscheibenvorfall L 3/4 als weitere Unfallfolge" festgestellt (Urteil vom 27.1.2011). Das Begehren sei wegen der Bandscheibenoperation auf die Feststellung des operierten Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge gerichtet. Für diesen Bandscheibenvorfall sei das Abrutschen von der Stufe eine naturwissenschaftliche Ursache. Auf eine traumatische Schädigung der Bandscheibe L 3/4 durch das Unfallereignis deuteten wesentliche Indizien hin. Im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall hätten sich zunehmende Schmerzen in der LWS mit Ausstrahlung und Sensibilitätsstörungen im linken Oberschenkel entwickelt. Der am dritten Tag nach dem Unfallereignis nachgewiesene Bandscheibenvorfall sei als frisch beschrieben worden. Neben diesem zeitlichen Zusammenhang bestehe auch ein örtlicher Zusammenhang des Bandscheibenvorfalls mit dem Abrutschen, denn selbst die Beklagte habe eine Zerrung der LWS festgestellt. Den gegen den naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprechenden Umständen komme keine durchgreifende Bedeutung zu. Die beim Kläger gegebenen Bandscheibendegenerationen relativierten grundsätzlich nicht die auf eine akute traumatische Schädigung hinweisenden Zeichen. Das Unfallereignis sei auch geeignet gewesen, den Bandscheibenvorfall hervorzurufen. An der notwendigen Geeignetheit fehle es nur dann, wenn der geschädigte Körperteil überhaupt nicht betroffen gewesen sei. Der Unfall habe aufgrund seiner relevanten biomechanischen Belastung aber zu einer Stauchung der LWS geführt. Des Nachweises von Begleitverletzungen des Bandapparates oder der umgebenden Wirbelkörper bedürfe es nicht, weil ein Bandscheibenvorfall regelmäßig degenerativer Natur sei. Die gegenteilige, ggf den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft wiedergebende Auffassung in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, berücksichtige nicht die zweistufige Kausalitätsprüfung und könne schon aus Rechtsgründen nicht zu Grunde gelegt werden. Abgesehen davon ließen sich minimale Begleitverletzungen nicht immer computertomographisch abbilden. Das Unfallereignis sei nach den gutachtlichen Feststellungen von Dr. H. auch die rechtlich wesentliche Ursache. Von den fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen sei nicht das Bewegungssegment L 3/4 betroffen gewesen. Die zurückliegenden Rückenbeschwerden hätten vor dem Unfall nicht zu gravierenden sozialmedizinischen Einschränkungen geführt. Ein Bandscheibenvorfall sei bei der im Februar 2005 durchgeführten Computertomographie gerade nicht festgestellt worden. Selbst wenn aber die degenerativen Prozesse als mitursächlich angesehen würden, wäre die Wahrscheinlichkeit eines unfallunabhängigen Bandscheibenvorfalls um ein Vielfaches geringer als ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall. Der Kläger habe aufgrund seines Lebensalters 28 Jahre Zeit gehabt, einen symptomatischen Bandscheibenvorfall zu entwickeln. Auch sei das Unfallgeschehen in Kombination mit dem erheblichen Körpergewicht von 100 Kilogramm kein alltägliches Ereignis.

7

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vor. Ausweislich der bildgebenden Diagnostik fehle es an nach herrschender unfallmedizinischer Lehrmeinung notwendigen Begleitverletzungen der ligamentären oder knöchernen Strukturen. Das LSG habe sich allein auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. gestützt, ohne sich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand inhaltlich auseinanderzusetzen. Der vom Berufungsgericht aufgestellte Grundsatz, dass es an der Geeignetheit eines Unfallgeschehens nur dann fehle, wenn der geschädigte Körperteil nicht betroffen sei, widerspreche der Rechtsprechung des BSG.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Januar 2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. August 2009 zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

12

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die LWS des Klägers wesentlich mit verursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 3./4. Lendenwirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

13

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mit verursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung", die "ohnehin dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, stimmt nicht mit dem Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung überein (dazu unter 3. und 5.).

14

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision dagegen, dass das LSG auf die Berufung des Klägers das die Klage abweisende Urteil des SG Stuttgart vom 20.8.2009 aufgehoben, die angefochtenen Bescheide abgeändert und als "weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 19.12.2006" einen "Operierten Bandscheibenvorfall L 3/4" festgestellt hat. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn die Beklagte durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls L 3/4 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen gewesen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

15

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

16

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

17

a) Der Anspruch scheitert nicht daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hätte, der Kläger habe infolge seiner versicherten Tätigkeit an der Druckgießmaschine einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Zerrung der Lendenwirbelsäule und des linken Beckens." Denn zugleich hat die Beklagte in diesem Verwaltungsakt ausdrücklich unter Ziffer 3 verfügt, dass krankhafte Veränderungen der LWS sowie der Bandscheibenvorfall in den Segmenten L 3/4 weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung "Folgen des Arbeitsunfalls" sind.

18

Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier um einen weiteren, von der Beklagten ausdrücklich abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

19

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung des umstrittenen Gesundheitserstschadens hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

20

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

21

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge", also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

22

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

23

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

24

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall(iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

25

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom Schutzzweck der begründeten Versicherung.

26

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22)und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

27

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

28

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

29

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

30

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

31

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

32

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

33

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

34

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

35

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

36

aa) Der Kläger hat durch seine Tätigkeit an der Druckgießmaschine während der zweiten Arbeitsschicht den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch eine Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit der R. GmbH erfüllt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Tätigkeit an der Druckgießmaschine verwirklichten.

37

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge des Ausrutschens von einer Stufe an der Maschine in Höhe von 30 bis 40 cm und den Aufprall auf dem Boden zu einer Einwirkung auf das Becken und die LWS gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass nach dem 19.12.2006 mehrere Ärzte eine "Zerrung" bzw Distorsion der LWS und des linken Beckens diagnostiziert haben. Nach dem Gesamtzusammenhang des Urteils des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche LWS-Distorsion genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

38

cc) Das LSG hat durch die Bezugnahme auf "die Unfallanzeige der Arbeitgeberin" vom 5.1.2007 auch noch festgestellt, dass die versicherte Tätigkeit an der Maschine mit dem Rutschen von einer 30-40 cm hohen Stufe und dem Auftreffen des linken Fußes auf dem Boden bei einem Körpergewicht des Klägers von mehr als 100 kg diese Einwirkung auf die LWS objektiv mitverursacht hat.

39

Das LSG hat zwar keine näheren Feststellungen zur Ursache des Ausrutschens und zu anderen Mitursachen (ua Beschaffenheit der Treppe bzw Stufe, Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen, ob es gerade bei dem Begehen der Stufen um die Ausübung der Kontrolltätigkeit an der Maschine ging oder ob der Kläger unmittelbar bei der Kontrolltätigkeit abgerutscht ist. Dennoch ist die Feststellung des LSG rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Tätigkeit in der Qualitätskontrolle an der Druckgießmaschine als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf eines Sturzes/Ausrutschens mit der Wirkung eines starken Aufpralls des linken Fußes bei einem 100 kg schweren Menschen Ursache ua einer Verstauchung der LWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

40

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Aufgaben an der Druckgießmaschine mit entsprechenden Treppenstufen Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt bei der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die durch die versicherte Verrichtung mit bewirkte Einwirkung auf die LWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Weitere Mitursachen der Einwirkung sind nicht festgestellt.

41

ee) Das LSG hat schließlich auch bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall L 3/4 vorliegt.

42

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls L 3/4 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob das Arbeiten an der Druckgießmaschine mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die LWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

43

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Tätigkeit an der Druckgießmaschine hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

44

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

45

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

46

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die LWS des Klägers naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment L 3/4 gewesen ist.

47

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es damit die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Urteil einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

48

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

49

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

50

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

51

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

52

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

53

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

54

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht verursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

55

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten/seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

56

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Tätigkeit an der Druckgießmaschine als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dem Ausrutschen und dem Aufprall auf dem Boden und dieser Einwirkung auf die LWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

57

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

58

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

59

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

60

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den LWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall L 3/4 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

61

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

62

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

63

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 - RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung, bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

64

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

65

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

66

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl hierzu BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insofern macht die Beklagte auch zutreffend geltend, dass der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 62 SGG iVm Art 103 GG gebietet, dass das LSG jeweils vor der Zugrundelegung solcher Erfahrungssätze diese in den Prozess einführen und den Beteiligten Gelegenheit geben muss, sich zu diesen Erfahrungssätzen (und ggf zu deren Tragweite) zu äußern.

67

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

68

aa) Die Beklagte hat unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin gegenüber dem LSG dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte deshalb im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

69

bb) Das Vorgehen des LSG war auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil es davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

70

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

71

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

72

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

73

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls L 3/4 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit des Ausrutschens an der Maschine und des Aufpralls auf dem Boden und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall L 3/4 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

74

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Urteil den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Gegebenenfalls hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

75

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

76

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

77

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob das geltend gemachte Ereignis am 24.08.2012 als Arbeitsunfall der Klägerin festzustellen ist.
Die 1959 geborene Klägerin absolvierte im Jahr 2012 beim Arbeitgeber „D. Dienste S. e.V.“ eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin.
Nach Angaben der Klägerin (Unfallanzeige der Klägerin vom 28.11.2012 bei der Beklagten) sei es ihr am 24.08.2012 während der Grundpflege einer Bewohnerin „in den Rücken gefahren“. Eine eingenommene Schmerztablette habe nicht gewirkt, weshalb sie in der Frühstückspause den Arzt aufgesucht habe, wo ihr eine Spritze verabreicht worden sei. Danach habe sie die Arbeit wieder aufgenommen. Als Auszubildende habe sie Bedenken gehabt, sich krankschreiben zu lassen. An diesem Tag habe sie eine korpulente Bewohnerin zur Toilette begleitet. Als der Rollator der Bewohnerin weggerutscht sei und die Bewohnerin nach vorne zu fallen gedroht habe, habe sie die Bewohnerin um ihre Taille gefasst und sich in einer Drehung mit dem Rücken zur Wand gelehnt, sei in die Knie gegangen und habe sich die Bewohnerin auf ihren rechten Oberschenkel gesetzt.
Die in ein Feststellungsverfahren eingetretene Beklagte übersandte der Klägerin ihren Fragebogenvordruck, in dem die Klägerin unter dem 28.02.2013 diesen Vorgang bei der Begleitung der ca. 80 kg schweren Person zur Toilette als Unfallhergang und Ursache ihrer Rückenbeschwerden angab. Zuvor habe sie keine Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gehabt.
Der von der Beklagten angehörte Internist Dr. St. teilte in seinem Bericht vom 23.03.2013 mit, die Klägerin seit Jahren als Hausarzt zu betreuen. Er habe sie erstmals am 24.08.2012 – zu unterstellen wegen Rückenbeschwerden – behandelt und als Befund eine Sakralgie links über dem Iliosakralgelenk erhoben. Ein Unfallgeschehen mit Auffangen eines Patienten sei von der Klägerin erstmals am 11.09.2012 ihm gegenüber angegeben worden unter Bezugnahme auf einen Unfall am „24.09.2012“ – gemeint wohl 24.08.2012. Es sei unklar, ob die Beschwerden erst seit dem Auffangen des Patienten eingetreten seien. Beigefügt war der Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 17.09.2012 über die am 04.09.2012 durchgeführte Computertomographie, die einen rechtsseitigen Prolaps bei L5/S1 ergeben habe (radiologischer Befundbericht von PD Dr. Z. vom 05.09.2012). Weiter war der Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 beigefügt, wonach die Klägerin bei Dr. M. über einen zunächst bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts berichtet habe, der auf zweimalige Infiltration bei Dr. St. besser geworden sei. Dann habe sie einem Patienten beim Toilettengang geholfen, der beim Lösen des Rollators ausgeglitten und von der Klägerin gestützt worden sei, weshalb es zu den akuten Schmerzen gekommen sei.
In seinem Bericht an die Beklagte vom 01.03.2013 teilte der Orthopäde Dr. M. mit, die Klägerin am 30.08.2012 behandelt zu haben. Sie habe damals berichtet, am 24.08.2012 akute Gesäßschmerzen rechts entwickelt zu haben, die auf eine Spritze beim Hausarzt zunächst besser geworden seien. Die Beschwerden hätten sich im Anschluss aber wieder verschlechtert mit Ausstrahlung bis zum rechten Fuß. Das angeschuldigte Unfallereignis sei in seinen Aufzeichnungen nicht dokumentiert.
Von der Krankenkasse der Klägerin holte die Beklagte die Auskunft und ein Vorerkrankungsverzeichnis der D. vom 28.03.2013 ein, wonach Arbeitsunfähigkeit ab 25.08.2012 bis 21.02.2013 bestanden habe und Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden vor dem 24.08.2012 nicht dokumentiert waren.
In seiner beratungsärztliche Stellungnahme vom 22.04.2013 verneinte Dr. K. eine Kausalität zwischen dem geltend gemachten Ereignis und dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall. Es sei von einem willentlich in Gang gesetzten, von keiner Fehlgängigkeit unterbrochenen Geschehensablauf auszugehen, der eine Fehlbelastung mit Schädigung von Muskulatur oder Skelettsystem ausschließe. Dafür sprächen auch die fachorthopädisch berichteten vorbestehenden hexenschussartigen Beschwerden wie auch der computertomographische Befund über einen Bandscheibenprolaps ohne nachweisliche Begleitschäden. Ein isolierter Bandscheibenvorfall sei kein verletzungsspezifischer Befund.
Mit Bescheid vom 15.05.2013 stellte die Beklagte fest, das Ereignis vom 24.08.2012 sei kein Arbeitsunfall. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch (Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 03.06.2013) mit der Begründung, altersbedingte Verschleißerscheinungen seien nicht bekannt, jedenfalls lägen keine erhebliche Vorschäden vor, weshalb Auslöser des Bandscheibenvorfalls der heftige Sturz der ca. 100 kg wiegenden, weit übergewichtigen Bewohnerin gewesen sei, holte die Beklagten die ergänzende Stellungnahme von Dr. K. vom 01.07.2013 ein. Dieser verwies darauf, dass nach der unfallmedizinischen Literatur Hebevorgänge mit plötzlicher und unerwarteter Krafteinwirkung zunächst zu Frakturschädigungen im Deckplattenbereich führten, Faserringverletzungen oder Bandscheibenvorfälle würden dadurch nicht erzeugt. Begleitschäden seien außerdem im konkreten Fall nicht belegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
10 
Danach gelangte das Schreiben der Arbeitgeberin vom 19.09.2013 zu den Akten der Beklagten, der eine Arbeitgeber-Unfallanzeige vom September 2013 beigefügt war, in der auf die ebenfalls beigefügte Aktennotiz vom 16.09.2013 über eine Besprechung unter Teilnahme von Vorstandsmitgliedern, der Pflegedienstleiterin sowie der Wohnbereichsleiterin E. und der Pflegekraft H. Bezug genommen wurde. Danach habe die Klägerin bereits am 21.08.2012 gegenüber der Pflegefachkraft Schmerzen im Rücken angegeben, habe aber zunächst weitergearbeitet. In der Frühstückspause sei sie mit Genehmigung der Wohnbereichsleiterin zu ihrem Hausarzt Dr. St. gegangen. Nach ihrer Rückkehr vom Arzt, von dem sie eine Spritze bekommen haben soll, habe sie sich als arbeitsfähig erklärt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe ihr der Arzt nicht ausgestellt, da er ihren Angaben zufolge gemeint habe, die Spritze genüge. An den Folgetagen Mittwoch und Donnerstag den 22. und 23. August habe die Klägerin normal gearbeitet. Am Samstag den 25.08.2012 habe die Klägerin die Arbeit unterbrochen, weil sie starke Schmerzen gehabt habe. Einen Vorfall, mit dem Versuch eine fallende Patientin aufzufangen, habe sie zu diesem Zeitpunkt nicht erwähnt.
11 
Die Klägerin erhob am 04.10.2013 Klage vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Begehren, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen und Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 30 v.H. zu zahlen. Das SG holte von Dr. B. das orthopädische Gutachten vom 05.09.2014 ein. Dieser führte aus, es seien keine Gesundheitsstörungen mehr festzustellen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folgen des Ereignisses vom 24.08.2012 seien, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Die Klägerin habe vor dem angeschuldigten Ereignis bereits eine Schmerzsymptomatik entwickelt, die nach der Akutbehandlung mit Injektionen zurückgegangen sei und sich durch den Vorfall erneut aktualisiert habe. Der Ereignisablauf sei ungeeignet gewesen zur Auslösung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls. Der klinische Verlauf sei ebenfalls nicht typisch für eine traumatische Bandscheibenschädigung, eine radikuläre Symptomatik sei primär nicht hinlänglich belegt. Ebenso untypisch sei ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf. Bereits im Januar 2012, also sieben Monate vor dem Ereignis, sei eine Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden, was zu einem gleichartigen Befund einer Osteochondrosen intervertebralis bei L5/S1 wie bei seinem anlässlich der Begutachtung erhobenen radiologischen Befund geführt habe.
12 
Mit Gerichtsbescheid vom 24.02.2015 wies das SG die Klage ab.
13 
Die Klägerin hat am 16.03.2015 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt. Sie führt zur Begründung aus, der unstreitig im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erlittene Bandscheibenvorfall sei ausschließlich bzw. zumindest überwiegend auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Bestritten werde, dass andere berufsunabhängige Umstände ursächlich seien. Erhebliche Vorschäden hätten nicht vorgelegen, daher sei es auch höchst unwahrscheinlich, dass derselbe Körperschaden auch bei einer anderen alltäglichen Tätigkeit hätte eintreten können. Soweit der Sachverständige Dr. B. von einer vollbeweislich gesicherten degenerativen Schadensanlage ausgehe, müsse dies bezweifelt werden. Er habe zum Vergleich nur Papierausdrucke der Röntgenbilder von Dr. M. und diese noch in selbst eingeräumter eingeschränkter Aufnahmequalität heranziehen können. Dr. Z. habe dahingegen eine unauffällige Bandscheibe L3/L4 und L4/L5 diagnostiziert. Eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 seien von ihm nicht angegeben worden. Auch habe Dr. Z. in Abweichung zu Dr. B. den Bandscheibenvorfall bei L5/S1 mit weiteren Einschränkungen beschrieben. Darüber bestünden Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Dr. B. , da er Rückschlüsse aus rein tatsächlichen Vorgängen unter Auswertung der Angaben der Klägerin ziehe, was nicht in sein Fachgebiet falle, sondern allenfalls Aufgabe des Gerichts wäre. Das Gutachten sei daher unbrauchbar, weshalb eine neue Begutachtung beantragt werde. Außerdem sei nach dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10.03.2015 – L 9 U 4750/12 – eine anlagebedingte Vorschädigung des verletzten Kniegelenks wegen der beschwerdefreien Tätigkeit als Elektriker als nicht so gravierend eingestuft worden, dass auch jedes andere alltäglich Ereignis eine derart schwerwiegende Schädigung, die als Unfallfolge geltend gemacht worden sei, habe auslösen können.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Vorfall vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall festzustellen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie bezieht sich auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. . Dessen Röntgenbefund stehe nicht im Widerspruch zu der Befundbeschreibung von Dr. Z. , der mit Einengung des Neuroforamens eine Spondylarthrose im Sinne einer degenerativen Veränderung beschreibe. Der Hinweis auf die Entscheidung des neunten Senats des LSG Baden-Württemberg führe nicht weiter, da es sich hierbei um eine Entscheidung in der Vielzahl der sonstigen Entscheidungen mit der immer wieder durchzuführenden Abgrenzung zwischen zurechenbarem unfallbedingtem Gesundheitserstschaden und Vorschaden handele bei sich widersprechender Gutachtenlage. Vorliegend sei die Gutachterbewertung einheitlich.
19 
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, Verletztenrente werde nicht mehr weiter verfolgt. Einen ausdrücklichen Befangenheitsantrag gegen Dr. B. stelle er nicht, sein Vorbringen sei als Beitrag zur Beweiswürdigung zu verstehen. Im Übrigen wird auf die Niederschrift vom 09.10.2015 Bezug genommen.
20 
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
22 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013, mit denen die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Soweit die Beklagte in den Gründen des Bescheids ausführt, mangels Arbeitsunfall könnten auch keine Leistungen erbracht werden, ist dies lediglich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen, dem keine Regelungswirkung zukommt. Über den anfangs noch von der Klägerin verfolgten Rentenanspruch ist daher rechtsbehelfsfähig nicht von der Beklagten entschieden worden, weshalb der Klägerbevollmächtigte im Termin zur Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 auf richterlichen Hinweis insoweit die Klage zurückgenommen hat.
23 
Die mit der Berufung weiterverfolgte Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Verpflichtungsklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wie dargelegt.
24 
Ein Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Ereignisse als Arbeitsunfall steht der Klägerin jedoch nicht zu.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R). Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, insbesondere zur Unfallkausalität).
26 
Ebenso wie das SG geht der Senat davon aus, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorfall die Heimbewohnerin zunächst um die Taille gefasst hatte, um einen drohenden Sturz zu verhindern, sich dann in einer Drehbewegung mit dem Rücken zur Wand abstützte, in die Knie ging und das Gewicht der Heimbewohnerin hierbei auf den rechten bzw. beide (Angabe bei Dr. B. ) Oberschenkel verlagerte. Bei diesem Bewegungsablauf traten Rückenschmerzen auf, die einem später diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegment L5/S1 zuzurechnen sind.
27 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch diese vom Senat festgestellten Einwirkungen nicht verursacht worden. Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.; Senatsurteil vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de zur psychischen Erkrankung).
28 
Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher nach der Rechtsprechung des Senats die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht (Beschluss vom 29.07.2014 - L 8 U 1447/13 -; Urteil vom 19.12.2014 – L 8 U 1906/14 –, beide nicht veröffentlicht), da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt.
29 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Gesundheitserstschaden mit dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall bei L5/S1 feststellen können. Auch eine sonstige krankheitswertige Gesundheitsstörung, die durch die vom Senat festgestellten Einwirkungen bei der von der Klägerin geleisteten Hilfe beim Toilettengang der Heimbewohnerin verursacht worden sein könnte, hat der Senat nicht feststellen können.
30 
Diese Feststellungen stützt der Senat auf die eigenen Angaben der Klägerin und auf die überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. B. .
31 
Als Gesundheitsschaden kommt bei der Klägerin nur der Bandscheibenvorfall in Betracht. Davon geht auch die Klägerin aus.
32 
Den unter Darstellung der herrschenden arbeitsmedizinischen Auffassung zum traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur gemachten und damit für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. B. entnimmt der Senat, dass die Klägerin bei dem von ihr geschilderten Ereignisablauf keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen ist. In Übereinstimmung zu den Ausführungen von Dr. K. , der ebenso von einem willentlich in Gang gesetzten Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen ausgegangen ist, ist nach Dr. B. das willkürliche und planmäßige Heben einer schweren Last grundsätzlich keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls. Fehlen dazuhin knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen ist nach Dr. B. auch keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Vorliegend ist auch aus der anzunehmenden Kraftrichtung, die beim Heben der Bewohnerin um die Taille bzw. beim Aufsetzten der schwergewichtigen Bewohnerin auf die Oberschenkel der Klägerin entstanden ist, weder eine maßgebliche Wirbelstauchung noch Hyperflexion abzuleiten, was Dr. B. ebenfalls unter Wiedergabe der wissenschaftlichen Lehrmeinung zur Unfallmechanik eines traumabedingten Bandscheibenvorfalls dargelegt hat. Dass bei der Klägerin eine so ausgeprägte Schadensanlage vorhanden war, dass auch ein geringerer Kraftimpuls nach Intensität und Kraftrichtung zur Verursachung eines Bandscheibenschadens ausgereicht hätte, hat Dr. B. , der ausdrücklich auf die versicherungsrechtlichen Unterschiede zwischen einer noch stummen Schadensanlage, was als Schadensverursachung zu diskutieren wäre, und einem bereits manifesten klinischen Verlauf einer Bandscheibenerkrankung, was als Verschlimmerung zu werten wäre, hingewiesen hat, nicht diagnostiziert. Nach seinen eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule beschreibt er lediglich eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ansonsten eine initial angedeutete Arthrose im unteren Abschnitt der Kreuzdarmbeingelenke ohne schattengebende Weichteilveränderungen. Letztlich bestreitet die Klägerin selbst eine radiologisch beschreibbare relevante Vorschädigung. Ob auch sonst keine signifikante Befundänderung, die auf eine erkennbare Dynamik verweisen würde, sich im Vergleich mit den Voraufnahmen, die Dr. B. nur als Papierausdrucke vorlagen, zuverlässig abzulesen ist, kann aus Sicht des Senats dahinstehen. Denn Dr. B. stellt für seine Beurteilung auf weitere, hiervon unabhängige Gesichtspunkte ab.
33 
Als weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorgang keinen traumatischen Bandscheibenvorfall erlitten hat, spricht nach Dr. B. auch die hierfür untypische Beschwerdesymptomatik. Nach seinen Ausführungen ist eine radikuläre Symptomatik primär nicht hinlänglich belegt. Auch ist untypisch, dass ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf vorlag, was nicht mit dem Spontanverlauf nach einer traumatischen Bandscheibenschädigung zu vereinbaren ist.
34 
Vielmehr ist nach Dr. B. davon auszugehen, dass die bei diesem Vorgang aufgetretenen Schmerzen auf dem bereits vorbestehenden Bandscheibenvorfall beruhten, deren Auftreten die aktuelle Wirbelsäulenbelastung durch das Halten und Heben der Heimbewohnerin ausgelöst hat. Hierfür spricht nach Dr. B. , dass nach eigenem Vorbringen der Klägerin diese am Vormittag des Unfalltages bereits Rückenbeschwerden hatte, die sie selbst nicht auf eine besondere Belastung zurückführte, sondern die allein bei einer arbeitsalltäglichen Betätigung der Grundpflege aufgetreten sind. Dies stimmt mit den im Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 wiedergegebenen anamnestischen Angaben überein, wo ebenfalls von einem bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts die Rede war. Danach sind hexenschussartige Beschwerden bei einer Alltagsbelastung aufgetreten, die die Klägerin vom Hausarzt Dr. St. im Rahmen einer Akutbehandlung mit Injektionen behandeln ließ und die nach seiner Beurteilung eine Arbeitsunfähigkeit nicht begründeten. Die Schlussfolgerung von Dr. B. , dass bei der Klägerin bereits eine Funktionsstörung der Bandscheibe vorgelegen hatte, die den Bewegungsapparat für eine zusätzliche Schädigung anfällig gemacht hatte, ist nach Würdigung seiner übrigen gutachterlichen Darlegungen über die nach Art und Verlauf untypische traumatische Schmerzsymptomatik so zu verstehen, dass die vorbestehende Funktionsstörung auch nach der Injektionsbehandlung durch Dr. St. schmerzanfällig für weitere Belastungen war. Danach ist durch das geltend gemachte Ereignis kein „neuer“ Körperschaden eingetreten, sondern der vorbestehende Körperschaden wurde – erneut – bei der geltend gemachten Belastung aktiviert. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits zuvor aufgetretenen, von Dr. St. behandelten Erkrankung mit gleichartiger Schmerzsymptomatik ist nicht feststellbar, weder in qualitativer noch in zeitlicher – als vorzeitig aufgetretene Störung – Hinsicht. Es ist für den Senat aus dem von Dr. B. dargelegten Zusammenhang auch ersichtlich geworden, dass die berufliche Belastung des Arbeitstages am 24.08.2012 auch nicht in ihrem Zusammenwirken gemeinsam den Bandscheibenvorfall verursacht haben kann, was für die plötzliche Einwirkung eines Unfalls erforderlich, aber für die Verteilung über einen Arbeitstag auch ausreichend zur Bewertung als Unfallgeschehen wäre.
35 
Ob das Vorbringen der Klägerin insgesamt glaubhaft ist, musste der Senat nicht entscheiden. Sie hat teilweise ihr Vorbringen angepasst, so hat sie noch im Fragebogen der Beklagten das ungefähre Gewicht der Heimbewohnerin mit 80 kg angegeben, mit der Widerspruchsbegründung hat sie es auf 100 kg gesteigert. Auch ist das Vorbringen der Klägerin bei Dr. M. durchaus mit der Darstellung in der von dem Arbeitgeber vorgelegten Aktennotiz vom 16.09.2013 vereinbar. Danach hatte die Klägerin nicht -nur- am Freitag dem 24.08.2012, sondern bereits am 21.08.2012 Rückenschmerzen, weshalb sie am 21.08.2012 in der Frühstückspause zu Dr. St. gegangen sein soll, der ihr eine Spritze verabreicht habe. Danach soll sie normal bis einschließlich Donnerstag gearbeitet haben. Eine Arbeitsunterbrechung habe erst am Samstag den 25.08.2012 vorgelegen, was auch mit der von der Krankenkasse dokumentierten Arbeitsunfähigkeit ab 28.08.2012 übereinstimmen würde. Damit ergäben sich für die im Bericht von Dr. M. vom 24.09.2012 erwähnten zweimaligen Infiltrationen auch unterschiedliche Behandlungsdaten, nämlich der 21.08.2012 und 24.08.2012. Andererseits hat Dr. St. über keine Behandlung der Klägern am 21.08.2012 berichtet, was nicht ausschließt, dass die Klägerin gleichwohl an diesem Tag die Arbeit wegen Kreuzschmerzen unterbrochen hat, aber möglicherweise entgegen ihrer Behauptung gegenüber dem Arbeitgeber nicht den Arzt aufgesucht hat. Jedenfalls ist die Angabe der Klägerin, vor dem 24.08.2012 keine Rückenbeschwerden gehabt zu haben, deshalb nicht glaubhaft, weil zur Begutachtung bereits eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom Januar 2012 vorgelegen hat. Dr. B. hat insoweit für den Senat überzeugend dargelegt, dass Anfang des Jahres 2012 entsprechende Rücken-/Hüftbeschwerden vorgelegen haben müssen, die medizinisch die Indikation für die Anfertigung einer Röntgenaufnahme begründeten. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist Dr. B. hierdurch keine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin zu unterstellen, denn es war gutachterlich vielmehr geboten, zu der erhobenen Anamnese, dass keine Erkrankungen der Wirbelsäule vor August 2012 vorgelegen hätten, aus medizinischer Sicht die diagnostische Maßnahme einer Röntgenaufnahme im Januar 2012 zu kommentieren. Ob der Klägerin das behauptete Ereignis am 24.08.2012 überhaupt geglaubt werden kann, immerhin hat sie bei ihren ersten Arztbesuchen bei Dr. St. und Dr. M. hierüber nichts berichtet, sondern bei Dr. M. nur von ihr selbst nicht als Unfallgeschehen beurteilte Schmerzanlässe angegeben, kann der Senat ebenfalls dahinstehen lassen.
36 
Bei dieser Sachlage ist die gutachterliche Darlegung von Dr. B. , dass auch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Bandscheibenschädigung nicht anzunehmen ist, ebenso überzeugend. Eine richtunggebende Verschlimmerung der Bandscheibenschädigung ist im Zusammenhang mit den Vorgängen am 24.08.2012 weder dem von Dr. B. angefertigten Röntgenbefund noch dem klinischen Beschwerdebild zu entnehmen. Vielmehr ist den Ausführungen von Dr. B. zu entnehmen, dass die aufgetretene Schmerzsymptomatik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der typischen Verlaufsform einer progredient verlaufenden Bandscheibenerkrankung entspricht. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens keine richtunggebende Verschlimmerung (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/11 - juris, sozialgerichtsbarkeit.de; NZS 2015, 953 - Leitsatz -).
37 
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen. Das Gutachten von Dr. B. ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Die erhobenen Einwendungen des Klägerbevollmächtigten begründen keine Notwendigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hat Dr. B. den von ihm erhobenen Röntgenbefund hinreichend beschrieben, entscheidungserhebliche Abweichungen zum Befund von Dr. Z. waren für den Senat nicht ersichtlich. Außerdem betrifft das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten die Beurteilung einer so genannten Gelegenheitsursache, die vorliegend aber nicht streitentscheidend ist. Eine Gelegenheitsursache, d.h. ein nicht wesentlicher kausaler Unfallzusammenhang, wäre nur zu diskutieren, wenn eine durch die Unfalleinwirkung mitverursachte Primärschädigung zu bejahen ist. Einen Gesundheitserstschaden hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage der gutachterlichen Äußerungen von Dr. B. und von Dr. K. aber gerade nicht feststellen können. Den von der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2016 aufrechterhaltenen Beweisanträgen auf Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten brauchte der Senat deshalb nicht nach zu kommen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
21 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet.
22 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2013, mit denen die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24.08.2012 als Arbeitsunfall abgelehnt hat. Soweit die Beklagte in den Gründen des Bescheids ausführt, mangels Arbeitsunfall könnten auch keine Leistungen erbracht werden, ist dies lediglich ein Hinweis auf die Rechtsfolgen, dem keine Regelungswirkung zukommt. Über den anfangs noch von der Klägerin verfolgten Rentenanspruch ist daher rechtsbehelfsfähig nicht von der Beklagten entschieden worden, weshalb der Klägerbevollmächtigte im Termin zur Sach- und Rechtslage am 09.10.2015 auf richterlichen Hinweis insoweit die Klage zurückgenommen hat.
23 
Die mit der Berufung weiterverfolgte Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Verpflichtungsklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt, wie dargelegt.
24 
Ein Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Ereignisse als Arbeitsunfall steht der Klägerin jedoch nicht zu.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R). Insoweit gilt ebenso wie für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, insbesondere zur Unfallkausalität).
26 
Ebenso wie das SG geht der Senat davon aus, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorfall die Heimbewohnerin zunächst um die Taille gefasst hatte, um einen drohenden Sturz zu verhindern, sich dann in einer Drehbewegung mit dem Rücken zur Wand abstützte, in die Knie ging und das Gewicht der Heimbewohnerin hierbei auf den rechten bzw. beide (Angabe bei Dr. B. ) Oberschenkel verlagerte. Bei diesem Bewegungsablauf traten Rückenschmerzen auf, die einem später diagnostizierten Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelkörpersegment L5/S1 zuzurechnen sind.
27 
Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch diese vom Senat festgestellten Einwirkungen nicht verursacht worden. Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.; Senatsurteil vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de zur psychischen Erkrankung).
28 
Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. „blauer Fleck“) sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Maßgebend ist aber eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlich oder seelischen Prozessen. Aufgetretene Schmerzen allein rechtfertigen daher nach der Rechtsprechung des Senats die Anerkennung eines Arbeitsunfalles noch nicht (Beschluss vom 29.07.2014 - L 8 U 1447/13 -; Urteil vom 19.12.2014 – L 8 U 1906/14 –, beide nicht veröffentlicht), da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte noch nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt.
29 
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Gesundheitserstschaden mit dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall bei L5/S1 feststellen können. Auch eine sonstige krankheitswertige Gesundheitsstörung, die durch die vom Senat festgestellten Einwirkungen bei der von der Klägerin geleisteten Hilfe beim Toilettengang der Heimbewohnerin verursacht worden sein könnte, hat der Senat nicht feststellen können.
30 
Diese Feststellungen stützt der Senat auf die eigenen Angaben der Klägerin und auf die überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Dr. B. .
31 
Als Gesundheitsschaden kommt bei der Klägerin nur der Bandscheibenvorfall in Betracht. Davon geht auch die Klägerin aus.
32 
Den unter Darstellung der herrschenden arbeitsmedizinischen Auffassung zum traumatisch bedingten Bandscheibenvorfall in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur gemachten und damit für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen von Dr. B. entnimmt der Senat, dass die Klägerin bei dem von ihr geschilderten Ereignisablauf keiner schädigungsgeeigneten Krafteinwirkung auf die Bandscheibe ausgesetzt gewesen ist. In Übereinstimmung zu den Ausführungen von Dr. K. , der ebenso von einem willentlich in Gang gesetzten Geschehensablauf mit willkürlichen, nicht von Fehlgängigkeit unterbrochenen Bewegungen ausgegangen ist, ist nach Dr. B. das willkürliche und planmäßige Heben einer schweren Last grundsätzlich keine geeignete Unfalleinwirkung zur Verursachung eines Bandscheibenvorfalls. Fehlen dazuhin knöcherne oder sehnenbezogene bzw. knorpelveränderte Begleitverletzungen ist nach Dr. B. auch keine ausreichende Krafteinwirkung auf die Wirbelsäule, die zur Entstehung eines Bandscheibenvorfalls erforderlich ist, anzunehmen. Vorliegend ist auch aus der anzunehmenden Kraftrichtung, die beim Heben der Bewohnerin um die Taille bzw. beim Aufsetzten der schwergewichtigen Bewohnerin auf die Oberschenkel der Klägerin entstanden ist, weder eine maßgebliche Wirbelstauchung noch Hyperflexion abzuleiten, was Dr. B. ebenfalls unter Wiedergabe der wissenschaftlichen Lehrmeinung zur Unfallmechanik eines traumabedingten Bandscheibenvorfalls dargelegt hat. Dass bei der Klägerin eine so ausgeprägte Schadensanlage vorhanden war, dass auch ein geringerer Kraftimpuls nach Intensität und Kraftrichtung zur Verursachung eines Bandscheibenschadens ausgereicht hätte, hat Dr. B. , der ausdrücklich auf die versicherungsrechtlichen Unterschiede zwischen einer noch stummen Schadensanlage, was als Schadensverursachung zu diskutieren wäre, und einem bereits manifesten klinischen Verlauf einer Bandscheibenerkrankung, was als Verschlimmerung zu werten wäre, hingewiesen hat, nicht diagnostiziert. Nach seinen eigenen Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule beschreibt er lediglich eine deutliche Spondylarthrose in den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ansonsten eine initial angedeutete Arthrose im unteren Abschnitt der Kreuzdarmbeingelenke ohne schattengebende Weichteilveränderungen. Letztlich bestreitet die Klägerin selbst eine radiologisch beschreibbare relevante Vorschädigung. Ob auch sonst keine signifikante Befundänderung, die auf eine erkennbare Dynamik verweisen würde, sich im Vergleich mit den Voraufnahmen, die Dr. B. nur als Papierausdrucke vorlagen, zuverlässig abzulesen ist, kann aus Sicht des Senats dahinstehen. Denn Dr. B. stellt für seine Beurteilung auf weitere, hiervon unabhängige Gesichtspunkte ab.
33 
Als weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin bei dem geltend gemachten Vorgang keinen traumatischen Bandscheibenvorfall erlitten hat, spricht nach Dr. B. auch die hierfür untypische Beschwerdesymptomatik. Nach seinen Ausführungen ist eine radikuläre Symptomatik primär nicht hinlänglich belegt. Auch ist untypisch, dass ein plateauartig längerfristig anhaltender Schmerzverlauf vorlag, was nicht mit dem Spontanverlauf nach einer traumatischen Bandscheibenschädigung zu vereinbaren ist.
34 
Vielmehr ist nach Dr. B. davon auszugehen, dass die bei diesem Vorgang aufgetretenen Schmerzen auf dem bereits vorbestehenden Bandscheibenvorfall beruhten, deren Auftreten die aktuelle Wirbelsäulenbelastung durch das Halten und Heben der Heimbewohnerin ausgelöst hat. Hierfür spricht nach Dr. B. , dass nach eigenem Vorbringen der Klägerin diese am Vormittag des Unfalltages bereits Rückenbeschwerden hatte, die sie selbst nicht auf eine besondere Belastung zurückführte, sondern die allein bei einer arbeitsalltäglichen Betätigung der Grundpflege aufgetreten sind. Dies stimmt mit den im Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 wiedergegebenen anamnestischen Angaben überein, wo ebenfalls von einem bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts die Rede war. Danach sind hexenschussartige Beschwerden bei einer Alltagsbelastung aufgetreten, die die Klägerin vom Hausarzt Dr. St. im Rahmen einer Akutbehandlung mit Injektionen behandeln ließ und die nach seiner Beurteilung eine Arbeitsunfähigkeit nicht begründeten. Die Schlussfolgerung von Dr. B. , dass bei der Klägerin bereits eine Funktionsstörung der Bandscheibe vorgelegen hatte, die den Bewegungsapparat für eine zusätzliche Schädigung anfällig gemacht hatte, ist nach Würdigung seiner übrigen gutachterlichen Darlegungen über die nach Art und Verlauf untypische traumatische Schmerzsymptomatik so zu verstehen, dass die vorbestehende Funktionsstörung auch nach der Injektionsbehandlung durch Dr. St. schmerzanfällig für weitere Belastungen war. Danach ist durch das geltend gemachte Ereignis kein „neuer“ Körperschaden eingetreten, sondern der vorbestehende Körperschaden wurde – erneut – bei der geltend gemachten Belastung aktiviert. Eine richtunggebende Verschlimmerung der bereits zuvor aufgetretenen, von Dr. St. behandelten Erkrankung mit gleichartiger Schmerzsymptomatik ist nicht feststellbar, weder in qualitativer noch in zeitlicher – als vorzeitig aufgetretene Störung – Hinsicht. Es ist für den Senat aus dem von Dr. B. dargelegten Zusammenhang auch ersichtlich geworden, dass die berufliche Belastung des Arbeitstages am 24.08.2012 auch nicht in ihrem Zusammenwirken gemeinsam den Bandscheibenvorfall verursacht haben kann, was für die plötzliche Einwirkung eines Unfalls erforderlich, aber für die Verteilung über einen Arbeitstag auch ausreichend zur Bewertung als Unfallgeschehen wäre.
35 
Ob das Vorbringen der Klägerin insgesamt glaubhaft ist, musste der Senat nicht entscheiden. Sie hat teilweise ihr Vorbringen angepasst, so hat sie noch im Fragebogen der Beklagten das ungefähre Gewicht der Heimbewohnerin mit 80 kg angegeben, mit der Widerspruchsbegründung hat sie es auf 100 kg gesteigert. Auch ist das Vorbringen der Klägerin bei Dr. M. durchaus mit der Darstellung in der von dem Arbeitgeber vorgelegten Aktennotiz vom 16.09.2013 vereinbar. Danach hatte die Klägerin nicht -nur- am Freitag dem 24.08.2012, sondern bereits am 21.08.2012 Rückenschmerzen, weshalb sie am 21.08.2012 in der Frühstückspause zu Dr. St. gegangen sein soll, der ihr eine Spritze verabreicht habe. Danach soll sie normal bis einschließlich Donnerstag gearbeitet haben. Eine Arbeitsunterbrechung habe erst am Samstag den 25.08.2012 vorgelegen, was auch mit der von der Krankenkasse dokumentierten Arbeitsunfähigkeit ab 28.08.2012 übereinstimmen würde. Damit ergäben sich für die im Bericht von Dr. M. vom 24.09.2012 erwähnten zweimaligen Infiltrationen auch unterschiedliche Behandlungsdaten, nämlich der 21.08.2012 und 24.08.2012. Andererseits hat Dr. St. über keine Behandlung der Klägern am 21.08.2012 berichtet, was nicht ausschließt, dass die Klägerin gleichwohl an diesem Tag die Arbeit wegen Kreuzschmerzen unterbrochen hat, aber möglicherweise entgegen ihrer Behauptung gegenüber dem Arbeitgeber nicht den Arzt aufgesucht hat. Jedenfalls ist die Angabe der Klägerin, vor dem 24.08.2012 keine Rückenbeschwerden gehabt zu haben, deshalb nicht glaubhaft, weil zur Begutachtung bereits eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule vom Januar 2012 vorgelegen hat. Dr. B. hat insoweit für den Senat überzeugend dargelegt, dass Anfang des Jahres 2012 entsprechende Rücken-/Hüftbeschwerden vorgelegen haben müssen, die medizinisch die Indikation für die Anfertigung einer Röntgenaufnahme begründeten. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist Dr. B. hierdurch keine Voreingenommenheit gegenüber der Klägerin zu unterstellen, denn es war gutachterlich vielmehr geboten, zu der erhobenen Anamnese, dass keine Erkrankungen der Wirbelsäule vor August 2012 vorgelegen hätten, aus medizinischer Sicht die diagnostische Maßnahme einer Röntgenaufnahme im Januar 2012 zu kommentieren. Ob der Klägerin das behauptete Ereignis am 24.08.2012 überhaupt geglaubt werden kann, immerhin hat sie bei ihren ersten Arztbesuchen bei Dr. St. und Dr. M. hierüber nichts berichtet, sondern bei Dr. M. nur von ihr selbst nicht als Unfallgeschehen beurteilte Schmerzanlässe angegeben, kann der Senat ebenfalls dahinstehen lassen.
36 
Bei dieser Sachlage ist die gutachterliche Darlegung von Dr. B. , dass auch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Bandscheibenschädigung nicht anzunehmen ist, ebenso überzeugend. Eine richtunggebende Verschlimmerung der Bandscheibenschädigung ist im Zusammenhang mit den Vorgängen am 24.08.2012 weder dem von Dr. B. angefertigten Röntgenbefund noch dem klinischen Beschwerdebild zu entnehmen. Vielmehr ist den Ausführungen von Dr. B. zu entnehmen, dass die aufgetretene Schmerzsymptomatik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der typischen Verlaufsform einer progredient verlaufenden Bandscheibenerkrankung entspricht. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Senats ein nur symptomatisch verändertes Krankheitsbild ohne Änderung des Grundleidens keine richtunggebende Verschlimmerung (Senatsurteil vom 23.10.2015 - L 8 U 1345/11 - juris, sozialgerichtsbarkeit.de; NZS 2015, 953 - Leitsatz -).
37 
Der Senat hat keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen. Das Gutachten von Dr. B. ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Die erhobenen Einwendungen des Klägerbevollmächtigten begründen keine Notwendigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen. Insbesondere hat Dr. B. den von ihm erhobenen Röntgenbefund hinreichend beschrieben, entscheidungserhebliche Abweichungen zum Befund von Dr. Z. waren für den Senat nicht ersichtlich. Außerdem betrifft das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten die Beurteilung einer so genannten Gelegenheitsursache, die vorliegend aber nicht streitentscheidend ist. Eine Gelegenheitsursache, d.h. ein nicht wesentlicher kausaler Unfallzusammenhang, wäre nur zu diskutieren, wenn eine durch die Unfalleinwirkung mitverursachte Primärschädigung zu bejahen ist. Einen Gesundheitserstschaden hat der Senat im vorliegenden Rechtsstreit auf der Grundlage der gutachterlichen Äußerungen von Dr. B. und von Dr. K. aber gerade nicht feststellen können. Den von der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2016 aufrechterhaltenen Beweisanträgen auf Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten brauchte der Senat deshalb nicht nach zu kommen.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
39 
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 16. November 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstes streitig.

2

Der 1987 geborene Kläger verrichtete vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 bei der Bundeswehr seinen Wehrdienst. Mit einem am 31. März 2009 beim Beklagten eingegangen Antrag beantragte der Kläger die Versorgung nach § 80 ff. Soldatenversorgungsgesetz für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses. Der Kläger mache geltend, ihm sei Versorgung aufgrund eines erlittenen Bandscheibenvorfalls L4/5 im Dezember 2008 zu gewähren. Dieser sei durch das Herunterheben eines Stromerzeugungsaggregates im Rahmen seines Dienstes bei der Bundeswehr verursacht worden.

3

Der Beklagte holte zahlreiche medizinische Unterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte ein und zog die bei der Wehrbereichsverwaltung West geführte Wehrdienstbeschädigungsakte bei. In dieser Akte sind u.a. Aufzeichnungen von medizinischen Behandlungen des Klägers im Dezember 2008 bzw. Januar 2009 enthalten.

4

Der Kommandeur des Flugabwehrlehrregimentes VI – Oberstleutnant M. – teilte unter dem 5. März 2010 dem Beklagten mit, dass der Unfallhergang unumstritten sei. Der Kläger habe den Auftrag von seinem Zugführer bekommen, das Gerät mit einem Kameraden von einem auf den anderen Lkw zu transportieren. Dies Aggregat sei schließlich von vier Personen angehoben und getragen worden; lediglich der Zeitpunkt des Unfalles könne nicht mehr genau definiert werden. Nach Aussagen des Zeugen, Unteroffizier S., habe sich Vorfall in der 48. oder 49. Kalenderwoche 2008 ereignet. Der Kläger sei erstmalig am 9. Dezember 2008 in ärztlicher Behandlung gewesen. Eine Unfallanzeige sei nicht erstellt worden, da der Kläger nicht unverzüglich zum Arzt gegangen sei und er sich auch nicht über Beschwerden geäußert habe. Gemäß der technischen Dienstvorschrift für das Stromerzeugeraggregat solle das Gerät mit einem Hebezeug oder mindestens zwei Soldaten gehoben werden. Die Ausbildung erfolge so, dass mindestens zu viert das Aggregat mit den vorgesehenen Tragegriffen angehoben und getragen werden müsse. Dies sei durch Zeugenaussagen bestätigt worden. Eine Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen S. vom 4. März 2010 wurde mit übersandt.

5

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme nach Aktenlage gelangte der Versorgungsarzt P. nach Durchsicht der medizinischen Unterlagen bzw. der Soldatenversorgungs- und Wehrdienstbeschädigtenakte zu der Auffassung, dass bei dem Kläger im Dezember 2008 während des dienstlich angeordneten Verladens eines Notstromaggregates starke Rückenschmerzen aufgetreten seien. In der späteren MRT-Untersuchung im Januar 2009 sei ein Bandschreibenvorfall im Bereich L4/5 festgestellt worden. Nach Beendigung des Wehrdienstes sei es im September 2009 erneut zu massiven Beschwerden gekommen, so dass am 1. Dezember 2009 eine operative Versorgung habe erfolgen müssen. Es handele sich bei dem Ereignis im Dezember 2008 um eine sog. Gelegenheitsursache.

6

Mit Bescheid vom 7. Mai 2010 lehnte daraufhin der Beklagte die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab und verwies zur Begründung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme.

7

Seinen hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass der Bandscheibenvorfall ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass auf Befehl seines Vorgesetzten er einen schweren Maschinenblock habe anheben müssen. Hierbei sei es zu dem Bandscheibenvorfall gekommen, der auch die Ursache für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und die Folgeerkrankungen sei. Im Übrigen sei für die Gewährung von Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz, wie auch generell in der gesetzlichen Unfallversicherung, erforderlich, dass ein sog. ursächlicher Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Die versorgungsärztliche Stellungnahme sei vollkommen unzureichend. Insbesondere sei bei der Musterungsuntersuchung eine Beschädigung der Wirbelsäule nicht festgestellt worden. Andere schädigende Tätigkeiten oder Ereignisse bezüglich seiner Wirbelsäulen lägen nicht vor. Das Anheben eines Stromerzeugungsaggregates durch nur zwei Soldaten überschreite auch die körperliche Belastungsgrenze. Auch das tatsächliche Gewicht des Stromerzeugungsaggregats werde überhaupt nicht erwähnt. Schließlich seien auch die zunächst dokumentierten ärztlichen Befunde nicht zutreffend, weil hier eine falsche Diagnose einer ISG-Blockade festgehalten worden sei.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Eine Wehrdienstbeschädigung liege nicht vor. Ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der Wahrscheinlichkeit sei nicht gegeben. Durch die MRT-Untersuchung sei im Januar 2009 ein Bandscheibenvorfall nachgewiesen worden. Ein Zusammenhang mit einem schweren Heben während des Wehrdienstes im Dezember 2008 sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit gegeben. Es gebe verschiedene Ursachen für einen Bandscheibenvorfall.

9

Mit seiner am 17. Februar 2011 vor dem Sozialgericht (SG) Schwerin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung weiterverfolgt. Unter Wiederholung seines Vortrages aus dem Widerspruchsverfahren hat er ergänzend vorgetragen, dass im Juli 2010 ein erneuter Bandscheibenvorfall bei ihm diagnostiziert worden sei, nachdem er nach einem erneuten Bandscheibenvorfall im September 2009 zwei mal im Wege der endoskopischen Sequestrektomie operiert worden sei. Es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen.

10

Der Kläger hat beantragt,

11

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2011 zu verurteilen, ihm eine Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

15

Das SG Schwerin hat eine Stellungnahme des technischen Offiziers des Flugabwehrlehrregiments VI, Major B., eingeholt, wonach das Stromerzeugungsaggregat, das der Kläger mit transportiert habe, ein Gewicht von 120 kg gehabt habe.

16

Schließlich hat das SG Schwerin weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens von Dr. Sp. Chefarzt der orthopädischen Klinik der HELIOS Kliniken B-Stadt. In seinem Gutachten vom 17. März 2012 führte der Sachverständige u.a. wie folgt aus:

17

Das genaue Datum des sog. Unfallherganges sei dem Kläger nicht erinnerlich, er glaube, dass es an einem Mittwoch, den 10. Dezember 2008, gewesen sei, als er mit einem Kameraden das Stromerzeugnisaggregat zunächst von der Ladefläche eines Wagens aus ca. 1,50 m angehoben habe. Das Aggregat sei auf dem Boden abgestellt worden, nachdem der Kamerad das Gewicht nicht habe halten können. Dann sei zu zweit das Anheben erfolgt auf eine Ladefläche in etwa einer Höhe von 1,80 m, hierbei seien einschießende Rückenschmerzen in Ausstrahlung bis zum linken Knie aufgetreten. Der Vorfall habe sich ca. gegen 17.00 Uhr ereignet. Er habe sich dann beim Vertragsarzt Sch. am nächsten Tag vorgestellt.

18

Die klinischen Untersuchungen der Lendenwirbelsäule habe eine Streck-Schon-Haltung mit erheblicher Entfaltungsstörung gezeigt, Muskelhart und pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen ins linke Bein, zeitweise auch rechts ohne wesentliche sensomotorische Defizite. Das MRT vom Mai 2010 zeige wiederum einen Bandscheibenvorfall trotz zweimaliger Operation mit Bedrängung der Wurzel L4. Die festgestellten Leiden stünden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den schädigenden Einwirkungen des Wehrdienstes (Transport eines Stromerzeugungsaggregates Dezember 2008). Generell sei zu sagen, dass ein Verheben bei Personen mit gesunder Wirbelsäule nicht üblich sei. Der Mensch könne nur so viel anheben, wie sich die ihm zur Verfügung stehende Muskelkraft durch Zuteilung entsprechender Nervenreize aktivieren lasse. Nach Analyse des Ereignisses sei es zu einem willentlich eingeleiteten eigentätigen Hebeaktes gekommen, dabei sei ein plötzlich einsetzender Rückenschmerz aufgetreten (Hexenschuss), dessen Ursache eine Lockerung eines bestimmenden Bewegungssegmentes sein könne oder auch eine Blockierung im Bereich der kleinen Wirbelgelenke sowie auch der Kreuzbanddarmgelenke, wie vom Truppenarzt vermutet. Das „Verhebetrauma“ sei nicht geeignet gewesen, aufgrund der erforderlichen Krafteinwirkung, einen traumatischen Bandvorfall zu verursachen. Hiergegen sprächen auch alleine schon der Untersuchungsbefund vom 9. Dezember 2008 sowie auch der Verlauf. Es sei zu einer akuten Lumbalgie mit Verdacht auf eine ISG-Blockierung links gekommen. Der durch das MRT im Januar 2009 festgestellte Bandscheibenvorfall stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Ereignis. Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme bestehe Übereinstimmung.

19

Hiergegen hat der Kläger eingewandt, dass das Unfallgeschehen vom Sachverständigen Dr. Sp. „unterstellt“ werde. Gerade nicht das Anheben habe zu einer Verletzung und den Schmerzen geführt. Beim Umgreifen der Hände von der hebende in eine schiebende bzw. abstützende Position sei der Unteroffizier S. weggebrochen, während er nunmehr als einzige abstützende und anschiebende Kraft verblieben sei. Das danach in Bewegung versetzte Aggregat sei gegen eine Kante des Lkw’s gestoßen und habe ihm nach einem abrupten Abstoppen einen äußerst heftigen Schlag in den Oberkörper versetzt. Die schwere Verletzung resultiere damit nicht aus einem Verheben, sondern an diesem heftigen Schlag. Die Angaben und Aussagen des Unteroffiziers S. seien auch wenige präzise und undetailliert.

20

Der um eine ergänzende Stellungnahme gebetene Sachverständige Dr. Sp. führte unter dem 17. August 2012 aus, dass der von ihm angegebene geschilderte Unfallhergang aufgrund einer persönlichen Befragung des Klägers und schriftlichen Aufzeichnung entsprechend dargestellt worden sei. Die nunmehr vom Kläger beschriebene Unfallschilderung sei ihm nicht mitgeteilt worden. Völlig unklar sei, wo ein Schlag den Oberkörper getroffen habe. Dieser als äußerst heftig beschriebene Schlag hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Prellungen mit Bluterguss, ggf. sogar zu einer Rückenfraktur, führen können. Ein solches Verletzungsmuster sei bei dem Kläger in der zeitnahen Untersuchung nicht festzustellen gewesen, lediglich einschießende Rückenschmerzen mit Ausstrahlung bis in das linke Knie ohne äußere Verletzungszeichen.

21

Auf Befragen des SG im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. November 2012 hat der Kläger u.a. angegeben, er habe einen Schlag in den Rücken bekommen, als das Aggregat an die Funkerkabine angestoßen sei. Im Übrigen habe er im Bereich des rechten Schlüsselbeins blaue Flecken gehabt. Dies sei nur nicht festgestellt worden, weil ihn der Arzt auf eine ganz andere Diagnose hin untersucht habe. Hinsichtlich der Angaben des Klägers zum Unfallhergang wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2012 (Bl. 95, 96 GA) Bezug genommen.

22

Durch Urteil vom 16. November 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es u.a. ausgeführt, es stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger eine Wehrdienstbeschädigung erlitten habe. Zum einen lasse sich der Hergang des schädigenden Ereignisses nicht mehr feststellen. Der Kläger habe hierzu im Übrigen widersprüchliche Angaben im Antrags- und Widerspruchsverfahren, gegenüber dem Sachverständigen Dr. Sp., aber auch gegenüber dem SG schriftsätzlich als auch im Termin zur mündlichen Verhandlung gemacht. Insbesondere auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beschriebene Geschehensablauf sei für die Kammer so nicht nachvollziehbar. Jedenfalls lasse sich nicht feststellen, wie der Handlungsablauf tatsächlich gewesen sei, der dann zu einer Verletzung des Klägers geführt haben solle.

23

Im Übrigen stehe nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass durch das schädigende Ereignis die geltend gemachte Gesundheitsstörung verursacht worden sei. Ein Ursachenzusammenhang im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit bestehe nicht, wie der Sachverständige Dr. Sp. in seinem Gutachten bzw. der ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt habe.

24

Gegen das ihm am 27. November 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Dezember 2012 am Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern eingelegte Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des SG sei der Hergang des schädigenden Ereignisses mit der erforderlichen Beweisanordnung festgestellt. Er schildert nochmals das Geschehen. Widersprüche in seinem Vortrag seien entgegen der Auffassung des SG Schwerin nicht gegeben. Seine Hergangsschilderungen enthielten vielmehr in der Grundanlage dieselben Tatsachen, wie er sie etwa später vorgetragen habe. Es sei nachfolgend – etwa im Termin zur mündlichen Verhandlung – lediglich eine weitere Präzisierung erfolgt. Seine Angaben stünden auch im Einklang mit der Aussage des Unteroffiziers S. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag.

25

Der Kläger beantragt ausweislich der Akten,

26

das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 16. November 2012 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2011 zu verurteilen, ihm Beschädigungsversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz zu gewähren.

27

Der Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

30

Der Senat hat auf die Möglichkeit der Beantragung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG hingewiesen. Ein solcher Antrag ist seitens des Klägers nicht gestellt worden. Schließlich hat der Senat die Beteiligten zur beabsichtigten Beschlussfassung gem. § 153 Abs. 4 SGG angehört. Der Kläger widerspricht dieser beabsichtigten Beschlussfassung des Senates.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten L 3 VE 21/12 – S 6 VE 22/11 – sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang (SVG-Akte, WDB-Akte sowie Schwerbehindertenakte des Klägers) Bezug genommen, deren Inhalt im Übrigen Gegenstand dieser Entscheidung sind.

II.

32

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

33

Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach vorheriger Anhörung der Beteiligten; gem. § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Hieran ist der Senat auch nicht gehindert, weil der Kläger sich mit dieser Verfahrensweise nicht einverstanden erklärt hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, § 153 Rz 14 m.w.N.). Der Rechtsstreit weist auch keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich machen würden.

34

Es lässt sich auch nach Überzeugung des Senates, insbesondere unter Zugrundelegung des schlüssigen Gutachtens von Dr. Sp. vom 17. März 2012 nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 17. August 2012, nicht feststellen, dass der Anfang des Jahres 2009 bei dem Kläger diagnostizierte Bandscheibenvorfall eine Wehrdienstbeschädigung ist bzw. Folge einer Wehrdienstbeschädigung des Klägers aus dem Dezember 2008 ist. Mangels Bestehens einer Dienstbeschädigung ist daher auch der vom Kläger geltend gemachte Leistungsanspruch auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung unbegründet.

35

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung der einschlägigen Kausalitätsanforderungen zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht rechtswidrig sind. Der Senat nimmt insoweit, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf das Nichtbestehen eines ursächlichen Zusammenhanges Bezug und macht sie, nach Überprüfung, zum Gegenstand seiner eigenen Rechtsfindung (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Berufungsvortrag rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

36

Hierbei kann der Senat im Hinblick auf die zahlreichen Schilderungen des Transportes des Stromaggregates dahingestellt bleiben lassen, welcher Version des Klägers letztlich zu folgen ist. Denn dem „genauen“ Unfallhergang kommt in dem vorliegenden Rechtsstreit keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Hiermit hält der Senat die vom SG Schwerin vorgenommene Beweiswürdigung keineswegs für unzutreffend. Insoweit ist auffällig, dass der Kläger im Abstand von Jahren offensichtlich immer detailliertere Angaben zum Unfallgeschehen machen kann und aufgrund weiterer „Detaillierung“ der Auffassung ist, den Senat von dem Bestehen eines ursächlichen Zusammenhanges deshalb überzeugen zu können, weil laut seiner Schilderung auch im Berufungsverfahren er letztlich das Aggregat nunmehr alleine hochgehalten und einen Schlag erhalten haben will.

37

Selbst wenn der Senat das vom Kläger geschilderte Geschehen in Form letztlich des alleinigen Haltens des Stromaggregats, des Verspüren eines Schlages etc. – wie in der Berufungsbegründung nochmals dargelegt – zu Grunde legt, ergibt sich hieraus keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges.

38

Die (medizinischen) Ausführungen von Dr. Sp. entsprechen den maßgeblichen Kriterien zur Beurteilung von Bandscheibenvorfällen in Folge eines Traumas und den daraus resultierenden Gesundheitsschäden, wie sie etwa in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. u.a. Schönberger/Mehrtens/Valentin, 8. Auflage, Seite 434 ff.) dargelegt worden sind. Dies gilt ebenso im Hinblick auf ein sog. „Verheben“ (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., S 438/439). Insoweit gelten im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens einer Wehrdienstbeschädigung bzw. der Kriterien zur Beurteilung eines (behaupteten) traumatischen Bandscheibenvorfalles dieselben Grundsätze wie in der gesetzlichen Unfallversicherung.

39

Die Annahme eines traumatischen Bandscheibenvorfalls scheitert hier schon daran, dass dieser entsprechende Begleitverletzungen ligamentärer oder knöcherner Art erfordert. Begleitende, wenn auch minimale, knöcherne Verletzungen oder Bandverletzungen im – vom Bandscheibenvorfall betroffene Segment – müssen zu der Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges vorliegen (vgl. Schönberger, a.a.O., S. 436 m.w.N.). Insoweit hat Dr. Sp. zu Recht darauf hingewiesen, dass die entsprechenden medizinischen Erstbefunde und auch die nachfolgenden bildgebenden Befunde insoweit keine Verletzungen im vom Bandscheibenvorfall betroffenen Segment L4/L5 gezeigt haben und insoweit auch die medizinische Befundung die Annahme eines ursächlichen Zusammenhanges ausschließt. Der Kläger verkennt, dass die von ihm geschilderte „Rekonstruktion“ der Unfallschwere und der Unfallmechanik letztlich nicht entscheidend ist. Vielmehr ist entscheidend, ob sich aufgrund der Analyse des Schadensbildes Rückschlüsse auf die biomechanische Einwirkung durch das Unfallereignis und damit auf dessen Geeignetheit ergeben (Schönberger u.a., a.a.O.).

40

Die aus Dezember 2008 und Januar 2009 sowie nachfolgend vorliegenden zahlreichen ärztlichen Befunde lassen insoweit keine entsprechende „Verletzung“ erkennen. Allein die vom Kläger aufgestellten Mutmaßungen im Hinblick auf die Stellung etwa von falschen Diagnosen – soweit Dr. Sp. auf den medizinischen Befund vom 9. Dezember 2007 hinweist – des Übersehens etwa von einem blauen Fleck im Bereich der Schulter etc. vermögen an dem Nachweis entsprechender „Verletzungsbefunde“ im vom Unfall betroffenen Bandscheibensegment nichts zu ändern.

41

Darüber hinaus vermochte der Kläger keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen zu bezeichnen; medizinische Unterlagen, die nicht bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung gewesen sind, liegen darüber hinaus auch nicht vor.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

43

Gründe für eine Revisionszulassung gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Feststellung von Bandscheibenveränderungen an der Halswirbelsäule (HWS) als weitere Folgen eines Arbeitsunfalls vom 10.02.2010.
Der 1970 geborene, als Kundendienstberater bei der Fa. XY GmbH, K, beschäftigt gewesene Kläger saß am 10.02.2010 an seinem Arbeitsplatz auf einem Fitnessball, als dieser während des Verkaufsgesprächs platzte. Der Kläger fiel dadurch aus Sitzhöhe auf das Becken und den Rücken. Gegenüber dem Chirurgen Prof. Dr. H. klagte er bei der Erstuntersuchung am Unfalltag über Schmerzen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule (LWS) mit Druck- und Klopfschmerzen und Ausstrahlung in beide Beine sowie über Kopfschmerzen. Prof. Dr. H. erhob radiologisch keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung oder Luxation, jedoch eine beginnende Spondylophytenbildung im Segment L5/S1. Als Gesundheitsstörung diagnostizierte er eine Prellung der LWS und des Steißbeins (vgl. Durchgangsarztbericht vom 10.02.2010). Eine am 01.03.2010 durchgeführte Kernspintomographie der LWS und der Brustwirbelsäule ergab keinen Nachweis einer frischen knöchernen oder diskoligamentären Verletzung, jedoch eine alte Kompressionsfraktur des Brustwirbelkörpers 8 mit ventraler Höhenminderung, geringgradige Bandscheibenprotrusionen in einzelnen Segmenten ohne relevante Stenosierung des Spinalkanals oder der Neuroforamina und eine Retrolysthese im Segment L5/S1 Grad I, ferner unregelmäßige Berandungen der Wirbelkörperabschlussplatten in mehreren Thorakalsegmenten wie bei einem Morbus Scheuermann (vgl. Befundbericht des Radiologen PD Dr. A. vom 04.03.2010). Prof. Dr. H. erachtete den Kläger ab dem 12.03.2010 als wieder arbeitsfähig. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bewertete er über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus mit weniger als 10 v. H. (vgl. Mitteilung vom 11.03.2010).
Wegen „akuter Schmerzen“ im Bereich der HWS, ziehend über Schultergelenk, Oberarm und Parästhesien des Zeigefingers suchte der Kläger im April 2010 den Orthopäden Dr. M. auf (vgl. Arztbrief vom 19.04.2010). Die von diesem veranlasste Kernspintomographie der HWS erbrachte den Nachweis eines kräftigen rechtsmediolateralen Prolapses im Segment C5/6, eine Myelon- und C6-Komprimierung, ferner geringe Osteochondrosen in den Segmenten C4/5 und C6/7 sowie multisegmental an der miterfassten Brustwirbelsäule, ferner zwischen C7 und Th5 multisegmentale Bandscheibenprotrusionen (vgl. Arztbrief der Radiologin Dr. Br. vom 19.04.2010).
Bei einer Nachuntersuchung durch Prof. Dr. H. am 22.04.2010 gab der Kläger an, er habe „vor einer Woche bei Schreibtischarbeiten“ plötzlich ein Stechen in der HWS verspürt und leide „seither“ unter Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbeln im rechten Daumen (vgl. Zwischenbericht vom 22.04.2010).
Gegenüber dem Neurochirurgen Prof. Dr. S. gab der Kläger bei einer ambulanten Vorstellung im Juli 2010 an, er leide „seit April“ unter teils heftigen, bis in den rechten Daumen ausstrahlenden Schmerzen und einem Kribbelgefühl (vgl. Schreiben vom 08.07.2010).
Vom 21.07.2010 bis zum 11.08.2010 absolvierte der Kläger ein von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligtes Heilverfahren in der Reha-Klinik Ha., Ba.. Die Klinikärzte führten im Entlassungsbericht vom 11.08.210 unter anderem aus, die Symptome eines typischen unteren Zervikalsyndroms mit rezidivierenden, rechts betonten Cervicobrachialgien seien durch eine radiologisch gesicherte degenerative Bandscheibenschädigung C5/6 mit bereits sichtbarer Osteochondrose und Spondylosis deformans in Kombination mit einer Fehlhaltung und nicht unerheblichen muskulären Haltungsdysbalancen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur bedingt.
Eine im August 2010 durchgeführte erneute Kernspintomographie der HWS ergab einen eher progredienten Befund im Vergleich zum April 2010 (vgl. Arztbrief des Radiologen Dr. G. vom 23.08.2010).
Am 29.09.2010 unterzog sich der Kläger im Kreiskrankenhaus Bl. einer Operation des Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 (vgl. Entlassungsbericht vom 22.11.2010 und Operationsbericht vom 29.09.2010). Nachfolgend befand sich der Kläger erneut in einem Heilverfahren in der Reha-Klinik Ha., Ba. (vgl. Entlassungsbericht vom 05.11.2010).
Bereits am 15.02.2010 zeigte der frühere Arbeitgeber des Klägers das Unfallereignis der Beklagten als Arbeitsunfall an. Nach weiterer Sachaufklärung lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 10.02.2010 über den 11.03.2010 hinaus zunächst ab (Bescheid vom 09.06.2010).
10 
Auf den dagegen erhobenen Widerspruch und nach weitere Sachaufklärung (u.a. Vorerkrankungsverzeichnis der ...-BKK, der Behandlungsunterlagen des Orthopäden Dr. M., des Orthopäden Dr. Sü. und der Radiologen Dres. As. u.a., Auskunft des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin L.-S.) ließ die Beklagte den Kläger zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen durch den Chirurgen Dr. Ru. untersuchen und begutachten. Dieser diagnostizierte als Gesundheitsstörungen einen „Zustand nach Bandscheibenprotrusion C5/C6 mit anschließender Fusionsoperation mit noch deutlich eingeschränkter Beweglichkeit im HWS-Bereich, vorbekannte, teilweise lumboischialgieforme Beschwerden aufgrund morphologischer Veränderungen im Bereich der LWS“. Zusammenfassend führte Dr. Ru. aus, man solle davon ausgehen, das doch erhebliche Stauchungstrauma der gesamten Wirbelsäule sei geeignet gewesen, einen Bandscheibenschaden C5/C6 hervorzurufen; die geringen ostechondrotischen Veränderungen in den Segmenten C4/5 und C6/7 solle man nicht als Hinweis für eine schon bestehende degenerative Erkrankung der Bandscheibe werten. Die vom Kläger angegebenen und in der Anfangszeit therapierten Beschwerden im Bereich der LWS seien auf Vorschäden zurückzuführen, die bereits seit dem Jahr 2001, spätestens aber den Jahren 2003 bis 2004 bekannt gewesen seien. Insoweit habe es sich um eine Verschlimmerung vorbestehender Beschwerden gehandelt. Nach Eintritt der Arbeitsfähigkeit verbleibe eine unfallbedingte MdE von 20 v. H.. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme führte der Radiologe Kaspar hierzu aus, die von ihm durchgeführte Nachbefundung der Röntgenaufnahmen der HWS ergebe keinen Hinweis für eine traumatische Schädigung; die HWS-Veränderungen seien rein degenerativer Genese. In seiner ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. Ru. am Ergebnis seines Gutachtens fest: zwar sei eine traumatische Genese der Veränderungen im Segment C5/6 nicht erkennbar. Jedoch habe das axiale Stauchungstrauma nicht nur im Bereich der LWS, sondern auch der HWS zu einer Verschlimmerung der Symptomatologie einer vorbestehenden Erkrankung geführt. Unfallbedingt bestehe eine MdE von 20 v. H. bis ein Jahr nach der HWS-Operation. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Chirurgen Dr. Sr. hob die Beklagte den Bescheid vom 09.06.2010 auf und anerkannte als Folge des Arbeitsunfalls vom 10.02.2010 eine
11 
ohne wesentliche Folgen abgeheilte Prellung der Wirbelsäule.
12 
Keine Folge des Arbeitsunfalls, und zwar weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung seien die degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule mit Bandscheibenprolaps C5/6 und Osteochondrose C4/5 und C5/7 sowie Wurzelkompressionssyndrom C6, Spondylolisthesis LWK5/S1 sowie die Veränderungen wie bei einem Morbus Scheuermann, beginnende degenerative Veränderungen im Segment L5/S1, Chondropathien und Bandscheibenprotrusionen im Bereich L4/5 und L5/S1 sowie Bandscheibenprotrusionen Th12/S1. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls leistete sie dem Kläger Verletztenrente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v. H. der Vollrente für die Zeit vom 15.03.2010 bis zum 30.09.2011. Nach diesem Zeitraum bestehe voraussichtlich keine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß mehr (Bescheid vom 13.07.2011).
13 
Zur Begründung seines dagegen erneut erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er habe bereits im Rahmen der Erstbehandlung nach dem Unfallereignis über Kopfschmerzen geklagt. Allerdings hätten die Ärzte in der Folgezeit den Behandlungsschwerpunkt auf die Beeinträchtigungen der LWS gesetzt. Hierdurch sei es zu einer verzögerten Behandlung der HWS und des Nachweises eines Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 gekommen. Bis zu dem Arbeitsunfall habe er keine Beschwerden in der HWS gehabt. Zwischenzeitlich sei auch ein Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 nachgewiesen. Seine behandelnden Orthopädin Dr. Kt. erachte die Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS zum Teil als Unfallfolge. Zur Stützung seines Widerspruchsbegehrens legte der Kläger ein ärztliches Attest von Dr. Kt. vor.
14 
Die Beklagte veranlasste eine erneute Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Chirurgen Prof. Dr. M.. Dieser diagnostizierte Gesundheitsstörungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule und führte zusammenfassend aus, diese Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 verursacht. Das Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, eine Bandscheibenverletzung im Bereich der HWS zu bewirken. Als Unfallfolgen erschienen Bandscheibenvorfälle immer mit begleitender knöcherner oder Bandverletzung. Überdies komme es bei einer Kompressionsbelastung in einem Bewegungssegment mit einer Erhöhung des intradiskalen Druckes zunächst zu einer Frakturschädigung im Deck- und Grundplattenbereich ohne Schädigung einer Bandscheibe. Diese Befunde lägen im Fall des Klägers nicht vor. Auch sei eine sofortige Beschwerdesymptomatik im Bereich der Halswirbelsäule nach Aktenlage nicht vorhanden. Vielmehr sei eine erstmalige klinische Symptomatik dort erst etwa sechs bis acht Wochen nach dem Unfallereignis aufgetreten. Ursächlich wesentlich für die von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen seien degenerative Vorschäden an der H- und LWS. Die nunmehr vorhandenen Gesundheitsstörungen wären im gleichen Zeitraum und in gleicher Stärke auch bei einer anderen gewöhnlichen Verrichtung des täglichen Lebens in identischer Weise entstanden. Nach Wegfall der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bewerte er die unfallbedingte MdE mit weniger als 10 v. H. Gestützt auf das Ermittlungsergebnis wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012).
15 
Deswegen hat der Kläger am 20.06.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung verweist er auf das Gutachten des Dr. Ru. nebst ergänzender Stellungnahme sowie das Attest von Dr. Kt.. Dem Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. M. könne er sich nicht anschließen. Im Übrigen wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Widerspruchsvorbringen.
16 
Er beantragt,
17 
den Bescheid vom 13. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. Mai 2012 abzuändern und „Schädigung im Segment C5/6 sowie Bandscheibenvorfall im Segment C4/5“ als weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Februar 2010 festzustellen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
21 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, Gesundheitsschäden im Bereich der Halswirbelsäule, insbesondere - wie geltend gemacht - eine Schädigung im Segment C5/6 und einen Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 als - weitere - Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.02.2010 anzuerkennen.
23 
1. Dass der Kläger am 10.02.2010 bei einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) einen Arbeitsunfall erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide - inzidenter - anerkannt und ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
24 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
25 
b) Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
26 
c) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Heinrichs in Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, Vorb. v. § 249, Rdnr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
27 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
28 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 25 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
29 
Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860ff; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 25).
30 
2. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
31 
a) Zwar leidet der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht umstritten - an der Halswirbelsäule an den Folgen eines im September 2010 operierten Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 und einem im Kernspintomogramm des Radiologen Dr. Bü. am 06.05.2011 nachgewiesenen weiteren Bandscheibenvorfall auch im Segment C4/5 ohne Myelon-Kompression. Diese Gesundheitsstörungen sind indes weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 10.02.2010 zurückzuführen. Für diese Überzeugung stützt sich das erkennende Gericht auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen im Gutachten des Prof. Dr. M., das es im Wege des Urkundenbeweises verwertet. Zutreffend weist Prof. Dr. M. darauf hin, dass der Sturz aus sitzender Position von einem platzenden Sitzball nicht geeignet ist, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule zu verursachen.
32 
b) Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Bandscheibenschäden, die multifaktoriell sind und in allen Bevölkerungsschichten vorkommen, sich am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr in Form klinischer Symptome bemerkbar machen und der objektive Befund einer Bandscheibendegeneration mit wachsendem Alter stetig zunimmt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 454). Nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, sind unfallbedingt verursachte Bandscheibenvorfälle bereits per se äußerst selten (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2006 - L 6 VG 10/05 - ). Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Bandscheibenschadens vermag deshalb eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit nicht zu begründen (vgl. LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 - sowie - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - und - B 2 U 23/11 R - ). Auch existiert in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Beweisregel des Inhaltes, dass alles, was während einer versicherten Tätigkeit an Gesundheitsschäden eintritt, auch ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann (vgl. Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 - ).
33 
Für die Feststellung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls als Folge eines Arbeitsunfalls müssen nach der unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Literatur (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 435) folgende Kriterien erfüllt sein:
34 
1. Unfallereignis schwer genug, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen
2. Ablauf in seiner Mechanik, um die Entstehung derartiger Rissbildungen aufzuklären
3. Schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich des Wirbelsäulenabschnittes im Anschluss an den Unfall
4. Beschwerdefreiheit, zumindest Beschwerdearmut vor dem Unfall und
5. Klinische Symptome, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall sprechen.
35 
Insbesondere aber erfordert ein traumatischer Bandscheibenvorfall stets knöcherne und/oder ligamentäre Begleitverletzungen der maßgebenden Wirbelkörper selbst oder doch zumindest der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 434 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 15.03.2007 - L 9 U 3374/05 - und vom 15.12.2011 - L 1 U 2376/11 - sowie Bay. LSG vom 15.03.2012 - L 18 U 9/07 - ; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2007 - L 17 U 75/06 - und Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 -; ferner SG Dortmund vom 19.03.2004 - S 23 U 38/02 - ). Zutreffend weist Prof. Dr. M. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die ligamentären und knöchernen Bewegungssegmente in ihrem Bewegungsumfang etwa hälftig auf den Bewegungsumfang einer Bandscheibe begrenzt sind. Kommt es mithin zu einem schädigenden Bewegungsausschlag eines Bewegungssegmentes, so kommt es zu allererst zu einer Schädigung der begrenzenden ligamentären und knöchernen Strukturen. Zum anderen kommt es bei einer Kompressionsbelastung in einem Bewegungssegment mit einer Erhöhung des intradiskalen Druckes zunächst zu einer Frakturschädigung im Deck- und Grundplattenbereich, jedoch ohne Schädigung der Bandscheibe selbst.
36 
c) Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens und im Anschluss an die zutreffenden und überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. M. erachtet das erkennende Gericht die vorgenannten Voraussetzungen für die Feststellung der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen an der HWS nicht als erfüllt. Denn nach den aktenkundigen Kernspintomographiebefunden an der HWS vom 19.04. und 23.08.2010 sowie vom 06.05.2011 steht fest, dass der Arbeitsunfall vom 10.02.2010 keine knöchernen oder ligamentären Schäden an der HWS bewirkt hat. Auch findet sich auf diesen MRT-Aufnahmen und den darüber erstellten Befundberichten der Dres. Br., G. und Bü. kein Hinweis für eine Frakturschädigung der Grund- und/oder Deckplatten (= Sklerose) der Halswirbelkörper 4/5 und/oder 5/6. Eine solche Schädigung ergibt sich auch weder aus dem Operationsbericht des Kreiskrankenhauses Bl. vom 29.09.2010 noch aus den sonstigen aktenkundigen zahlreichen medizinischen Unterlagen. Der Kläger selbst hat entsprechende Befunde ebenfalls nicht bezeichnet oder durch ärztliche Unterlagen gerichtsfest belegt. Die MRT-Aufnahmen enthalten überdies auch keine sonstigen traumatypischen (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 25.05.2012 - L 8 U 5301/08 - ) Hinweise auf ausgedehnte Einblutungen, Ödembildungen oder ein sogenanntes „bone bruise“ im Bereich der HWS im Sinne einer frischen knöchernen oder diskoligamentären Verletzung. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang im Gegenteil zu berücksichtigen, dass sich nach den MRT-Aufnahmen der Halswirbelsäule des Klägers bereits vom April 2010, und damit nur rund neun Wochen nach dem Arbeitsunfall-Ereignis, Bandscheibenveränderungen nicht nur in den Segmenten C4/5 und C5/6, sondern auch in den Segmenten C3 bis C5, C6/7 und multisegmental auch im Bereich der Brustwirbelsäule von C7/Th1 bis Th4/5 fanden. Auch vor diesem Hintergrund ist es nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeiten nicht erklärlich, weshalb gerade die Veränderungen in den Segmenten C4/5 und C5/6 - sei es im Wege der Entstehung, sei es im Wege der Verschlimmerung - ursächlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen sein sollen. Vielmehr sprechen gerade diese radiologischen Befunde, die sich über nahezu die gesamte Hals- und Brustwirbelsäule verteilen, für unfallunabhängige degenerative Bandscheibenveränderungen. Dies wird noch durch die auf den MRT-Aufnahmen nachgewiesenen knöchernen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformans, d.h. von seitlichen und vorderen Randzackenbildungen an den Wirbelkörpern der Hals- und Brustwirbelsäule, verstärkt. Überdies ist ein Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 erstmals im Mai 2011, mithin erst 15 Monate nach dem angeschuldigten Unfallereignis, nachgewiesen. Auch dieser zeitliche Abstand spricht gegen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfall vom 10.02.2010.
37 
Plötzlich entstehende intradiskale Massenverschiebungen, Protrusionen und Prolapse rufen sofort heftigste Beschwerden hervor (vgl. Krämer et alt., Bandscheibenvorfall und Trauma, in Der Orthopäde 2001, 121, 123). Vorliegend fehlt es indes auch am Nachweis einer sofortigen schmerzhaften Funktionsstörung der HWS im Anschluss an das Unfallereignis vom Februar 2010. Zwar hat der Kläger schon bei der Erstbehandlung am Unfalltag gegenüber Prof. Dr. H. Kopfschmerzen angegeben. Über eine Funktionseinschränkung der HWS hat er indes weder an diesem Tag geklagt noch hat Prof. Dr. H. eine solche im Durchgangsarztbericht vom 10.02.2010 beschrieben. Von der HWS ausgehende Beschwerden und Schmerzen sowie Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk mit Ausstrahlungen in den rechten Arm und die rechte Hand sind vielmehr erstmals im Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 19.04.2010 aufgrund der an diesem Tag dort erfolgten ambulanten Vorstellung des Klägers belegt. Insoweit hatte der Kläger indes selbst gegenüber Dr. M. angegeben, die Schmerzen seien „akut“ aufgetreten. Bereits der Begriff „akut“ lässt eine Rückdatierung auf einen Zeitpunkt rund neun Wochen vor diesem Arzttermin nicht zu. Auch gegenüber Prof. Dr. H. hatte der Kläger bei dessen Nachuntersuchung am 22.04.2010 - insoweit übereinstimmend mit seinen Angaben gegenüber Dr. M. - anamnestisch über ein „vor einer Woche“, mithin seit etwa Mitte April 2010 „bei Schreibtischarbeiten“ verspürtes plötzliches Stechen in der HWS mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbeln im rechten Daumen berichtet, wie sich aufgrund des Zwischenberichts vom 22.04.2010 ergibt. Hiermit überein stimmen weiter das Schreiben des Neurochirurgen Prof. Dr. S. vom 08.07.2010 an die Beklagte, demzufolge der Kläger diesem Arzt gegenüber über „seit April 2010 bestehende, teils heftige, bis in den Daumen ausstrahlende Schmerzen und ein Kribbelgefühl“ angab, wie auch der Arztbrief des Neurochirurgen Dr. By. vom 01.09.2010, demzufolge der Kläger über eine „seit April“ (gemeint 2010) bestehende Brachialgie, d.h. Beschwerden im Schulter-Arm-Bereich, klagte. Schließlich haben auch die Ärzte der Reha-Klinik Ha. im Entlassungsbericht vom August 2010 die Symptome des unteren Zervikalsyndroms mit rechtsbetonten Cervicobrachialgien zu Recht auf degenerative Bandscheibenschädigungen im Segment C5/6 in Kombination mit einer Wirbelsäulenfehlhaltung und erheblichen muskulären Haltungsdysbalancen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur zurückgeführt. Bereits PD Dr. A. hatte überdies auf unregelmäßige Berandungen der Wirbelkörperabschlussplatten an der Brust- und LWS „wie bei einem Morbus Scheuermann“ hingewiesen. Bei einem Morbus Scheuermann handelt es sich jedoch um eine anlagebedingte Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer Wachstumsstörung im Jugendalter (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, S. 1844 f.).
38 
d) Danach ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Bandscheibenschäden des Klägers an der Halswirbelsäule in den Segmenten C4/5 und C5/6 nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen, wie Prof. Dr. M. zutreffend und überzeugend dargelegt hat. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide entsprechende Gesundheitsstörungen nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt.
39 
3. Anders ist auch nicht aufgrund des Gutachtens des Dr. Ru. zu entscheiden: Soweit dieser Arzt ausführt, man solle „davon ausgehen“, dass das doch erhebliche Stauchungstraume der gesamten Wirbelsäule geeignet gewesen sei, einen Bandscheibenschaden C5/C6 hervorzurufen, hält er - im Ergebnis - einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfallereignis lediglich für möglich oder nicht ausgeschlossen, nicht indes - wie erforderlich - für wahrscheinlich. Hieran ändert auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. Ru. nichts. Denn in dieser räumt er ausdrücklich ein, dass eine traumatische Genese der Veränderungen im Segment C5/6 nicht zu erkennen ist. Soweit Dr. Ru. in der Folge das axiale Stauchungstrauma für geeignet erachtet, eine Verschlimmerung der Symptomatologie vorbestehender Erkrankungen auch im Bereich der HWS zu verursachen, begründet er dies allein mit den subjektiven Angaben des Klägers, er habe gegenüber den behandelnden Ärzten von Anfang an über Beschwerden im Bereich der HWS geklagt. Dieses Beschwerdevorbringen wird indes - wie bereits ausgeführt - durch die aktenkundigen medizinischen Unterlagen nicht gestützt. Überdies lässt Dr. Ru. unbeachtet, dass traumatisch bedingte Bandscheibenschäden knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen erfordern. Solche hat indes auch er nicht diagnostiziert. Seine Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs überzeugt das erkennende Gericht aus diesen Gründen nicht.
40 
Weiter vermag der Kläger aus dem Attest von Dr. Kt. vom Juni 2011 nichts für sein Klagebegehren herzuleiten. Denn soweit diese Ärztin eine akute Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS „zum Teil“ als Unfallfolge ansieht, hat sie dies nicht einmal ansatzweise begründet.
41 
Schließlich spricht für eine traumatische Verursachung der Bandscheibenveränderungen der HWS nicht der Umstand, dass der Kläger seinem Vorbringen zufolge bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses insoweit klinisch beschwerdefrei gewesen ist. Denn degenerative Veränderungen der Bandscheiben verlaufen nach den Erfahrungen des erkennenden Gerichts häufig jahrelang klinisch stumm. Allein eine Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis stellt daher keinen Hinweis für eine traumatische Genese des Bandscheibenschadens dar (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 437). Außerdem begründet allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden und einem Unfallereignis - wie bereits oben ausgeführt - gerade keinen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang im Sinne der Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
42 
4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 i.V.m. § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe

 
22 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, Gesundheitsschäden im Bereich der Halswirbelsäule, insbesondere - wie geltend gemacht - eine Schädigung im Segment C5/6 und einen Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 als - weitere - Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.02.2010 anzuerkennen.
23 
1. Dass der Kläger am 10.02.2010 bei einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) einen Arbeitsunfall erlitten hat, hat die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide - inzidenter - anerkannt und ist deshalb zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.
24 
a) Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen (nur) zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist mithin ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall (Unfallkausalität), zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden oder dem Tod des Versicherten (haftungsbegründende Kausalität) und ggf. länger anhaltenden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (vgl. hierzu u.a. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58 ff.), während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. u.a. BSGE 60, 58 ff.; BSG SozR 3-5670 Anlage 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.; BSG SozR 4-5671 Anlage 1 Nr. 4104 Nr. 2 und BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 9). „Hinreichend wahrscheinlich“ bedeutet, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d.h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 285, 286 und BSG SozR 1300 § 45 Nr. 49).
25 
b) Ist ein Arbeitsunfall nicht nachgewiesen oder lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht wahrscheinlich machen, geht dies nach dem in sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. u.a. BSGE 6, 70, 72; 83, 279, 281; 96, 238, 245 und SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14).
26 
c) Der Ursachenzusammenhang im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung beurteilt sich nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. hierzu BSGE 1, 72, 76 und 1, 150, 156f; seither st. Rspr.). Diese Theorie beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. hierzu Heinrichs in Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, Vorb. v. § 249, Rdnr. 57 ff m.w.N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung im Sozialversicherungsrecht deshalb in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (vgl. BSGE 1, 72, 76).
27 
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung Grundsätze herausgearbeitet, die das BSG in zwei Entscheidungen vom 09.05.2006 (B 2 U 1/05 R <= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17> und B 2 U 26/04 R<= UV-Recht Aktuell 2006, 497ff>) zusammenfassend wie folgt dargestellt hat:
28 
Für eine Gesundheitsstörung kann es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Die Wertung zweier Mitursachen und damit des Arbeitsunfalls als rechtlich wesentlich neben z.B. einem anlagebedingten psychischen Vorschaden setzt deshalb nicht notwendig ein Verhältnis 50:50 voraus. Auch wenn der Arbeitsunfall eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache der körperlichen oder psychischen Erkrankung des Versicherten darstellt, kann er dennoch für diesen „Erfolg“ rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 25 sowie Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 Rdnr. 314). Daher ist es auch zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige, d.h. prozentual also verhältnismäßig niedrig zu bewertende Ursache, rechtlich als „wesentlich“ anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache „der Erfolg“ eintreten konnte. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245 und BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die naturwissenschaftliche Ursache, die nicht „wesentlich“ und damit keine Ursache i.S.d. der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als „Gelegenheitsursache“ oder „Auslöser“ bezeichnet werden (vgl. u.a. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860 ff).
29 
Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSGE 62, 220, 222 f; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und BSG, UV-Recht Aktuell 2007, 860ff; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 25).
30 
2. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten und Beurteilungsmaßstäben sind die angefochtenen Bescheide von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
31 
a) Zwar leidet der Kläger - dies ist zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht umstritten - an der Halswirbelsäule an den Folgen eines im September 2010 operierten Bandscheibenvorfalls im Segment C5/6 und einem im Kernspintomogramm des Radiologen Dr. Bü. am 06.05.2011 nachgewiesenen weiteren Bandscheibenvorfall auch im Segment C4/5 ohne Myelon-Kompression. Diese Gesundheitsstörungen sind indes weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 10.02.2010 zurückzuführen. Für diese Überzeugung stützt sich das erkennende Gericht auf die wohlbegründeten, kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen im Gutachten des Prof. Dr. M., das es im Wege des Urkundenbeweises verwertet. Zutreffend weist Prof. Dr. M. darauf hin, dass der Sturz aus sitzender Position von einem platzenden Sitzball nicht geeignet ist, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule zu verursachen.
32 
b) Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass Bandscheibenschäden, die multifaktoriell sind und in allen Bevölkerungsschichten vorkommen, sich am häufigsten zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr in Form klinischer Symptome bemerkbar machen und der objektive Befund einer Bandscheibendegeneration mit wachsendem Alter stetig zunimmt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 454). Nach den Erkenntnissen der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, der die Kammer folgt, sind unfallbedingt verursachte Bandscheibenvorfälle bereits per se äußerst selten (vgl. LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.02.2006 - L 6 VG 10/05 - ). Allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden im Sinne eines Bandscheibenschadens vermag deshalb eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit nicht zu begründen (vgl. LSG Berlin vom 25.03.2003 - L 2 U 3/01 - sowie - im Ergebnis - BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - und - B 2 U 23/11 R - ). Auch existiert in der gesetzlichen Unfallversicherung keine Beweisregel des Inhaltes, dass alles, was während einer versicherten Tätigkeit an Gesundheitsschäden eintritt, auch ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückgeführt werden kann (vgl. Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 - ).
33 
Für die Feststellung eines traumatischen Bandscheibenvorfalls als Folge eines Arbeitsunfalls müssen nach der unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Literatur (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 435) folgende Kriterien erfüllt sein:
34 
1. Unfallereignis schwer genug, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen
2. Ablauf in seiner Mechanik, um die Entstehung derartiger Rissbildungen aufzuklären
3. Schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich des Wirbelsäulenabschnittes im Anschluss an den Unfall
4. Beschwerdefreiheit, zumindest Beschwerdearmut vor dem Unfall und
5. Klinische Symptome, die für einen hinteren Bandscheibenvorfall sprechen.
35 
Insbesondere aber erfordert ein traumatischer Bandscheibenvorfall stets knöcherne und/oder ligamentäre Begleitverletzungen der maßgebenden Wirbelkörper selbst oder doch zumindest der den maßgebenden Abschnitt der Wirbelsäule begleitenden Muskel- und Bandstruktur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 434 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 15.03.2007 - L 9 U 3374/05 - und vom 15.12.2011 - L 1 U 2376/11 - sowie Bay. LSG vom 15.03.2012 - L 18 U 9/07 - ; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.02.2007 - L 17 U 75/06 - und Thür. LSG vom 25.01.2006 - L 1 U 431/04 -; ferner SG Dortmund vom 19.03.2004 - S 23 U 38/02 - ). Zutreffend weist Prof. Dr. M. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die ligamentären und knöchernen Bewegungssegmente in ihrem Bewegungsumfang etwa hälftig auf den Bewegungsumfang einer Bandscheibe begrenzt sind. Kommt es mithin zu einem schädigenden Bewegungsausschlag eines Bewegungssegmentes, so kommt es zu allererst zu einer Schädigung der begrenzenden ligamentären und knöchernen Strukturen. Zum anderen kommt es bei einer Kompressionsbelastung in einem Bewegungssegment mit einer Erhöhung des intradiskalen Druckes zunächst zu einer Frakturschädigung im Deck- und Grundplattenbereich, jedoch ohne Schädigung der Bandscheibe selbst.
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c) Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens und im Anschluss an die zutreffenden und überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. M. erachtet das erkennende Gericht die vorgenannten Voraussetzungen für die Feststellung der vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen an der HWS nicht als erfüllt. Denn nach den aktenkundigen Kernspintomographiebefunden an der HWS vom 19.04. und 23.08.2010 sowie vom 06.05.2011 steht fest, dass der Arbeitsunfall vom 10.02.2010 keine knöchernen oder ligamentären Schäden an der HWS bewirkt hat. Auch findet sich auf diesen MRT-Aufnahmen und den darüber erstellten Befundberichten der Dres. Br., G. und Bü. kein Hinweis für eine Frakturschädigung der Grund- und/oder Deckplatten (= Sklerose) der Halswirbelkörper 4/5 und/oder 5/6. Eine solche Schädigung ergibt sich auch weder aus dem Operationsbericht des Kreiskrankenhauses Bl. vom 29.09.2010 noch aus den sonstigen aktenkundigen zahlreichen medizinischen Unterlagen. Der Kläger selbst hat entsprechende Befunde ebenfalls nicht bezeichnet oder durch ärztliche Unterlagen gerichtsfest belegt. Die MRT-Aufnahmen enthalten überdies auch keine sonstigen traumatypischen (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 25.05.2012 - L 8 U 5301/08 - ) Hinweise auf ausgedehnte Einblutungen, Ödembildungen oder ein sogenanntes „bone bruise“ im Bereich der HWS im Sinne einer frischen knöchernen oder diskoligamentären Verletzung. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang im Gegenteil zu berücksichtigen, dass sich nach den MRT-Aufnahmen der Halswirbelsäule des Klägers bereits vom April 2010, und damit nur rund neun Wochen nach dem Arbeitsunfall-Ereignis, Bandscheibenveränderungen nicht nur in den Segmenten C4/5 und C5/6, sondern auch in den Segmenten C3 bis C5, C6/7 und multisegmental auch im Bereich der Brustwirbelsäule von C7/Th1 bis Th4/5 fanden. Auch vor diesem Hintergrund ist es nach den Erkenntnissen der Kammer aus zahlreichen vergleichbaren unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeiten nicht erklärlich, weshalb gerade die Veränderungen in den Segmenten C4/5 und C5/6 - sei es im Wege der Entstehung, sei es im Wege der Verschlimmerung - ursächlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen sein sollen. Vielmehr sprechen gerade diese radiologischen Befunde, die sich über nahezu die gesamte Hals- und Brustwirbelsäule verteilen, für unfallunabhängige degenerative Bandscheibenveränderungen. Dies wird noch durch die auf den MRT-Aufnahmen nachgewiesenen knöchernen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformans, d.h. von seitlichen und vorderen Randzackenbildungen an den Wirbelkörpern der Hals- und Brustwirbelsäule, verstärkt. Überdies ist ein Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 erstmals im Mai 2011, mithin erst 15 Monate nach dem angeschuldigten Unfallereignis, nachgewiesen. Auch dieser zeitliche Abstand spricht gegen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfall vom 10.02.2010.
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Plötzlich entstehende intradiskale Massenverschiebungen, Protrusionen und Prolapse rufen sofort heftigste Beschwerden hervor (vgl. Krämer et alt., Bandscheibenvorfall und Trauma, in Der Orthopäde 2001, 121, 123). Vorliegend fehlt es indes auch am Nachweis einer sofortigen schmerzhaften Funktionsstörung der HWS im Anschluss an das Unfallereignis vom Februar 2010. Zwar hat der Kläger schon bei der Erstbehandlung am Unfalltag gegenüber Prof. Dr. H. Kopfschmerzen angegeben. Über eine Funktionseinschränkung der HWS hat er indes weder an diesem Tag geklagt noch hat Prof. Dr. H. eine solche im Durchgangsarztbericht vom 10.02.2010 beschrieben. Von der HWS ausgehende Beschwerden und Schmerzen sowie Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk mit Ausstrahlungen in den rechten Arm und die rechte Hand sind vielmehr erstmals im Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 19.04.2010 aufgrund der an diesem Tag dort erfolgten ambulanten Vorstellung des Klägers belegt. Insoweit hatte der Kläger indes selbst gegenüber Dr. M. angegeben, die Schmerzen seien „akut“ aufgetreten. Bereits der Begriff „akut“ lässt eine Rückdatierung auf einen Zeitpunkt rund neun Wochen vor diesem Arzttermin nicht zu. Auch gegenüber Prof. Dr. H. hatte der Kläger bei dessen Nachuntersuchung am 22.04.2010 - insoweit übereinstimmend mit seinen Angaben gegenüber Dr. M. - anamnestisch über ein „vor einer Woche“, mithin seit etwa Mitte April 2010 „bei Schreibtischarbeiten“ verspürtes plötzliches Stechen in der HWS mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbeln im rechten Daumen berichtet, wie sich aufgrund des Zwischenberichts vom 22.04.2010 ergibt. Hiermit überein stimmen weiter das Schreiben des Neurochirurgen Prof. Dr. S. vom 08.07.2010 an die Beklagte, demzufolge der Kläger diesem Arzt gegenüber über „seit April 2010 bestehende, teils heftige, bis in den Daumen ausstrahlende Schmerzen und ein Kribbelgefühl“ angab, wie auch der Arztbrief des Neurochirurgen Dr. By. vom 01.09.2010, demzufolge der Kläger über eine „seit April“ (gemeint 2010) bestehende Brachialgie, d.h. Beschwerden im Schulter-Arm-Bereich, klagte. Schließlich haben auch die Ärzte der Reha-Klinik Ha. im Entlassungsbericht vom August 2010 die Symptome des unteren Zervikalsyndroms mit rechtsbetonten Cervicobrachialgien zu Recht auf degenerative Bandscheibenschädigungen im Segment C5/6 in Kombination mit einer Wirbelsäulenfehlhaltung und erheblichen muskulären Haltungsdysbalancen im Bereich der Schultergürtelmuskulatur zurückgeführt. Bereits PD Dr. A. hatte überdies auf unregelmäßige Berandungen der Wirbelkörperabschlussplatten an der Brust- und LWS „wie bei einem Morbus Scheuermann“ hingewiesen. Bei einem Morbus Scheuermann handelt es sich jedoch um eine anlagebedingte Wirbelsäulenerkrankung im Sinne einer Wachstumsstörung im Jugendalter (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, S. 1844 f.).
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d) Danach ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Bandscheibenschäden des Klägers an der Halswirbelsäule in den Segmenten C4/5 und C5/6 nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 10.02.2010 zurückzuführen, wie Prof. Dr. M. zutreffend und überzeugend dargelegt hat. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide entsprechende Gesundheitsstörungen nicht als Folge des Arbeitsunfalls anerkannt.
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3. Anders ist auch nicht aufgrund des Gutachtens des Dr. Ru. zu entscheiden: Soweit dieser Arzt ausführt, man solle „davon ausgehen“, dass das doch erhebliche Stauchungstraume der gesamten Wirbelsäule geeignet gewesen sei, einen Bandscheibenschaden C5/C6 hervorzurufen, hält er - im Ergebnis - einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Gesundheitsstörung und dem Arbeitsunfallereignis lediglich für möglich oder nicht ausgeschlossen, nicht indes - wie erforderlich - für wahrscheinlich. Hieran ändert auch die ergänzende Stellungnahme des Dr. Ru. nichts. Denn in dieser räumt er ausdrücklich ein, dass eine traumatische Genese der Veränderungen im Segment C5/6 nicht zu erkennen ist. Soweit Dr. Ru. in der Folge das axiale Stauchungstrauma für geeignet erachtet, eine Verschlimmerung der Symptomatologie vorbestehender Erkrankungen auch im Bereich der HWS zu verursachen, begründet er dies allein mit den subjektiven Angaben des Klägers, er habe gegenüber den behandelnden Ärzten von Anfang an über Beschwerden im Bereich der HWS geklagt. Dieses Beschwerdevorbringen wird indes - wie bereits ausgeführt - durch die aktenkundigen medizinischen Unterlagen nicht gestützt. Überdies lässt Dr. Ru. unbeachtet, dass traumatisch bedingte Bandscheibenschäden knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen erfordern. Solche hat indes auch er nicht diagnostiziert. Seine Bewertung des ursächlichen Zusammenhangs überzeugt das erkennende Gericht aus diesen Gründen nicht.
40 
Weiter vermag der Kläger aus dem Attest von Dr. Kt. vom Juni 2011 nichts für sein Klagebegehren herzuleiten. Denn soweit diese Ärztin eine akute Beschwerdesymptomatik im Bereich der HWS „zum Teil“ als Unfallfolge ansieht, hat sie dies nicht einmal ansatzweise begründet.
41 
Schließlich spricht für eine traumatische Verursachung der Bandscheibenveränderungen der HWS nicht der Umstand, dass der Kläger seinem Vorbringen zufolge bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses insoweit klinisch beschwerdefrei gewesen ist. Denn degenerative Veränderungen der Bandscheiben verlaufen nach den Erfahrungen des erkennenden Gerichts häufig jahrelang klinisch stumm. Allein eine Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis stellt daher keinen Hinweis für eine traumatische Genese des Bandscheibenschadens dar (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 437). Außerdem begründet allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem erstmaligen Auftreten von Beschwerden und einem Unfallereignis - wie bereits oben ausgeführt - gerade keinen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang im Sinne der Kausalitätslehre der wesentlichen Bedingung im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
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4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 i.V.m. § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.