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Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).
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Die Antragsgegnerin hatte der am ... geborenen Antragstellerin auf deren Antrag vom 4.12.2004 - noch unter der früheren Anschrift A., F., gestellt - derartige Leistungen bereits für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 bewilligt. Anlässlich des Fortzahlungsantrags vom 4.7.2005 gab die Antragstellerin an, nunmehr unter der Anschrift G., F., zu wohnen. Sie legte zum Zweck der Berechnung der Leistungen für die Unterkunft einen mit einem Herrn P, gleiche Anschrift, als Vermieter geschlossenen und auf den 1.2.2005 datierten Vertrag über ein an diesem Tag beginnendes Mietverhältnis vor, betreffend eine Ein-Zimmer-Wohnung nebst Küche, Diele, Bad mit WC, Balkon, Kelleranteil sowie Fahrradabstellfläche. Mit Bescheid vom 5.7.2005 bewilligte die Antragsgegnerin die Leistungen antragsgemäß bis zum 31.12.2005 weiter.
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Auf den weiteren Fortzahlungsantrag der Antragstellerin vom 23.11.2005 hin veranlasste die Antragsgegnerin dagegen Ermittlungen zu der Frage, ob die Antragstellerin mit dem als Vermieter bezeichneten P in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammenlebe. Aus einem Aktenvermerk der Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin, W, vom 2.1.2006 geht hervor, dass die Antragsgegnerin einen anonymen Hinweis mit dieser Information erhalten habe. Außerdem sei mitgeteilt worden, dass die Antragsgegnerin Pferde besitze. Die mit den Ermittlungen beauftragten Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin berichteten unter dem 28.12.2005, Klingel- und Briefkastenschild der Wohnung seien mit der Bezeichnung "F-P" gekennzeichnet. Nach drei vergeblichen Versuchen, die Antragstellerin in ihrer Wohnung zu erreichen, habe diese beim vierten Versuch am 27.12.2005 zwar auf mehrfaches Läuten nicht die Tür geöffnet; sie habe aber ihr Mobiltelefon abgenommen und eingeräumt, sich in ihrer Wohnung aufzuhalten. Die Antragstellerin habe angegeben, nicht geöffnet zu haben, da sie unbekleidet und krank sei. Einen für den Folgetag vereinbarten Termin habe die Antragstellerin abgesagt, um sich zunächst mit ihrem Anwalt zu beraten.
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Mit Bescheid vom 30.12.2005 versagte die Antragsgegnerin die beantragten Leistungen und begründete dies damit, dass die Antragstellerin gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen habe. Auf den Widerspruch der Antragstellerin (Schreiben vom 31.12.2005) sowie einen von ihrem Bevollmächtigten beim Sozialgericht Freiburg gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az.: S 9 AS 74/06 ER) bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 18.1.2006 vorschussweise Leistungen ab 1.1.2006. Mit Schreiben vom gleichen Tage forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, Einkommens- und Vermögensnachweise ihres Partners vorzulegen sowie u. a. den Kaufpreis ihrer Pferde mitzuteilen und nachzuweisen. Hierfür wurde der Antragstellerin eine Frist bis zum 5.2.2006 gesetzt und für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht, die Leistungen unter Berufung auf §§ 60 und 66 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) "ab 1.3.2006 aufzuheben". Mit Bescheid vom 26.1.2006 teilte die Antragsgegnerin außerdem mit, dass der angefochtene Bescheid vom 30.12.2005 aufgehoben werde.
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Mit Schreiben vom 24.1.2006 brachte die Antragstellerin vor, es sei unrichtig, dass sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Auch besitze sie keine Pferde. Richtig sei, dass sie seit 1988 in und um O Pferde reite und betreue. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.1.2006 teilte sie weiter mit, dass sie im Besitz eines Pferdes sei, welches einem Herrn J gehöre und von diesem auch unterhalten werde. Der Preis dieses Pferdes sei ihr nicht bekannt. Bei ihrem Vermieter handele es sich um den Hauptmieter der von ihr mitbewohnten Wohnung in der G.. Von diesem erhalte sie keine Auskünfte über seine wirtschaftlichen Verhältnisse und habe darauf auch keinen Anspruch.
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Mit Schreiben vom 7.2.2006 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin dazu auf, "ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen" und bis spätestens 15.2.2006 einen Termin mit einem Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin zu vereinbaren. Andernfalls werde ihr die Leistung mit Ablauf des Monats Februar 2006 ganz entzogen. Hierzu ließ die Antragstellerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 10.2.2006 mitteilen, sie habe alle für die Leistung erheblichen Tatsachen angegeben. Sie nutze das laut Einheitsmietvertrag vom 1.2.2005 angemietete Zimmer - abgesehen von gelegentlichen Besuchern - allein. Außerdem nutze sie Räume mit dem Hauptmieter gemeinsam. Hierzu könne Herr P als Zeuge befragt werden.
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In einem weiteren Schreiben vom 16.2.2006 vertrat die Antragsgegnerin die Auffassung, die Angaben der Antragstellerin hinsichtlich der Miete wichen vom Einheitsmietvertrag ab. Es sei erforderlich, die Wohnräume zu begutachten, um zu prüfen, ob die Antragstellerin die gemieteten Räume allein benutze. Sie wurde erneut unter Fristsetzung bis zum 24.2.2006 sowie unter Androhung der Einstellung der Zahlungen für den Fall der Zuwiderhandlung aufgefordert, einen Termin für die Begutachtung zu vereinbaren.
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Am 22.2.2006 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht Freiburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Sie ist der Auffassung, sie habe alle für die Bewilligung der Leistung erheblichen Tatsachen vollständig und richtig angegeben. Sie ist unter Berufung auf ihr Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht bereit, Mitarbeitern der Antragsgegnerin Zutritt zu ihrem Zimmer zu gewähren.
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Die Antragstellerin beantragt (teilweise sinngemäß),
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 675,58 EUR zu bewilligen
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, sie sei aufgrund der Ungereimtheiten im bisherigen Vortrag der Antragstellerin berechtigt, gem. § 21 Abs. 1 Nr. 4 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) Augenschein in Form einer Wohnungsbesichtigung zu nehmen. Solange die Antragstellerin dazu nicht bereit sei, sei der Leistungsanspruch nach § 66 SGB I zu versagen.
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Die die Antragstellerin betreffende Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (BG-Nr. ..., 1 Bd.) lag vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akten des Gerichts, Az.: S 9 AS 74/06 ER und S 9 AS 889/06 ER verwiesen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
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Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (vgl. hierzu § 86a Abs. 2 SGG), die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a. a. O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung, Satz 2 a.a.O.).
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Maßgebliche Vorschrift ist vorliegend § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, denn der Antragstellerin geht es nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Zustandes, sondern um die gegenwärtige und künftige Gewährung weiterer Leistungen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen. Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u. U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. zu all dem LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.8.2005, Az.: L 7 SO 3804/05 ER-B, im Internet abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de>Entscheidungen).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen war wie erkannt zu entscheiden, da der Antragstellerin ausgehend von dem bisher bekannten Sachverhalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf die beantragten Leistungen (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II für die Zeit von Januar bis Juni 2006) und damit ein Anordnungsanspruch zusteht und die gegenwärtige Nichtgewährung dieser existenzsichernden Leistungen bei glaubhaft gemachter Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Antragstellerin einen hinreichenden Anordnungsgrund darstellt.
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Das Gericht hält den Anordnungsanspruch aus folgenden Überlegungen für wahrscheinlich:
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Aufgrund der belegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellerin und den von ihr angegebenen Unterkunftskosten besteht unstreitig grundsätzlich ein Anspruch auf Leistungen mindestens in der bis zum 31.12.2005 bewilligten Höhe. Etwas hiervon abweichendes ergäbe sich nur dann und lediglich möglicherweise, wenn die Antragstellerin tatsächlich - wie von der Antragsgegnerin vermutet - in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben oder über bislang unbekanntes Vermögen (z. B. Pferde) verfügen würde. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für einen solchen Sachverhalt liegt bei der Antragsgegnerin. Derzeit kann auf Grund der bisherigen Ermittlungen und Ermittlungsergebnisse nicht mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass ein derartiger Sachverhalt vorliegt. Der Verdacht der Antragsgegnerin beruht lediglich auf einer - noch dazu nur indirekt dokumentierten - anonymen Mitteilung sowie auf von der Antragsgegnerin wahrgenommenen Ungereimtheiten im Vorbringen der Antragstellerin. Dies sieht offenbar auch die Antragsgegnerin so, beruft sie sich doch nicht auf eine nachgewiesene fehlende Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin, sondern auf deren angeblich mangelnde Mitwirkung.
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§ 66 Abs. 1 SGB I ermächtigt den Sozialleistungsträger, die Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen ganz oder teilweise zu versagen oder zu entziehen, wenn ein Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht auf andere Weise nachgewiesen sind. Die gleiche Rechtsfolge gilt gem. § 66 Abs. 2 SGB I für den Fall, dass derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 SGB I nicht nachkommt und unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird. Die Versagung oder Entziehung der Leistung als Sanktion für eine Verletzung der Mitwirkungspflichten des Antragstellers ist nur dann möglich, wenn außer den dargelegten, in § 66 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB I geregelten materiellen Voraussetzungen auch die in § 66 Abs. 3 SGB I bestimmten formellen Voraussetzungen erfüllt sind. Danach muss der Antragsteller zuvor auf die Rechtsfolge bei Verletzung der Mitwirkungspflicht schriftlich hingewiesen worden und seiner Mitwirkungspflicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nicht nachgekommen sein. In prozessualer Hinsicht ist zu beachten, dass der Hinweis auf die Rechtsfolge und die Fristsetzung nach Erlass des Einstellungsbescheides nicht nachgeholt werden können (vgl. zu all dem BVerwG-Urt. v. 17.1.1985, Az.: 5 C 133/81 = BVerwGE 71, 8; BSG-Urt. v. 22.2.1995, Az.: 4 RA 44/94 = SozR 3-1200 § 66 Nr. 3; OVG Berlin, Urt. v. 19.10.1988, Az.: 6 M 45.87 = NVwZ-RR 1989, 281).
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Vorliegend kommt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine Sanktionierung der Weigerung der Antragstellerin, einen Augenschein ihrer Wohnung durch Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu gestatten, über § 66 SGB I bereits deshalb nicht in Betracht, da die Obliegenheit zu einem solchen Verhalten unter die §§ 60 bis 64 SGB I nicht subsumierbar ist. Sie ergibt sich auch sonst nirgendwo aus dem Gesetz. Das Dulden des Betretens und Besichtigens der Wohnung sieht das Gesetz weder dort noch an anderer Stelle vor. Insbesondere kann auch aus § 21 SGB X eine derartige Obliegenheit nicht hergeleitet werden. Abs. 1 dieser Vorschrift nennt lediglich beispielhaft im Verwaltungsverfahren zulässige Beweismittel, ermächtigt aber die Verwaltung nicht zur Vornahme aller danach möglichen Ermittlungen. § 21 Abs. 2 SGB X - dort insbesondere Satz 3 - legt vielmehr ausdrücklich fest, dass eine Pflicht Beteiligter, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, nur besteht, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist (mit Ausnahme der bereits dort wie auch in § 60 Abs. 1 SGB I normierten Obliegenheit zur Angabe der den Beteiligten bekannten Tatsachen und Beweismittel). Dies gilt in besonderem Maße für das hier streitbefangene Dulden des Betretens der Wohnung, zumal eine derartige Obliegenheit im Lichte des Art. 13 des Grundgesetzes (GG) - Unverletzlichkeit der Wohnung - durch einfachgesetzliche Regelung in verfassungskonformer Weise kaum eingeführt werden könnte. Im übrigen stünde der Anwendung von § 66 SGB X auch entgegen, dass die Antragsgegnerin weitere, in die Rechte der Antragstellerin in geringerem Maße eingreifende Ermittlungsmöglichkeiten bislang nicht wahrgenommen hat. So wurde weder die Antragstellerin substantiiert um Aufklärung der angeblichen Ungereimtheiten gebeten, noch auch nur der Versuch unternommen, den fraglichen Lebenspartner P zu befragen, obwohl die Antragstellerin dies ausdrücklich angeregt hat und auch das Gesetz für den Fall des Vorliegens einer eheähnlichen Lebenspartnerschaft die eigene Auskunftspflicht des Partners über seine wirtschaftlichen Verhältnisse - und nicht etwa die des Antragstellers über die Verhältnisse des Partners - vorsieht (§ 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II).
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Das Gericht verkennt nicht, dass in der Praxis im Einzelfall durchaus starke Hinweise auf das Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft vorliegen können, die eine weitere Aufklärung dieses Sachverhaltsaspekts allein durch einen Augenschein der gemeinsam genutzten Wohnung möglich erscheinen lassen. Sind die Beteiligten mit einem derartigen Augenschein aber nicht einverstanden, kommt aus den dargelegten einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Gründen eine Versagung oder Entziehung von Leistungen mangels Mitwirkung nicht in Betracht. Die Behörde darf in solchen Fällen allenfalls die Bewilligung der Leistungen ablehnen, wenn sie die tatsächlichen Anhaltspunkte für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft für so beweiskräftig hält, dass sie eine solche als nachgewiesen erachtet. Der Betroffene mag dann prüfen, ob er zur Untermauerung des abgelehnten Anspruchs freiwillig einen Augenschein gestattet und so der Behörde eine bis dahin verschlossene Erkenntnismöglichkeit eröffnet.
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So eindeutig liegen im hier zu entscheidenden Fall die Verhältnisse nach Überzeugung des Gerichts allerdings nicht. Allein auf den nicht dokumentierten anonymen Hinweis kann die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sicherlich nicht gestützt werden. Aber auch die behaupteten Ungereimtheiten im Vorbringen der Antragstellerin vermag das Gericht in dieser Eindeutigkeit nicht zu sehen. Die Antragstellerin gibt an, ein Zimmer der Wohnung des Hauptmieters P zur ausschließlichen Nutzung sowie die Gemeinschaftsräume (Küche, Diele, Bad und Toilette, Balkon, Keller) zur gemeinsamen Nutzung mit dem Hauptmieter gemietet zu haben. Dies ist mit dem vorgelegten Einheitsmietvertrag vom 1.2.2005 nicht unvereinbar, sieht doch dieses Formular - wie alle marktüblichen derartigen Formulare - die ausdrückliche Regelung der von der Antragstellerin dargelegten Besonderheiten des Untermietverhältnisses nicht vor. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass zumindest juristische Laien ein derartiges Untermietverhältnisses mit Hilfe eines Formularvertrages in der Art und Weise fixieren wie im Vertrag vom 1.2.2005 geschehen. Auf dieser Grundlage von einem nachgewiesenen eheähnlichen Verhältnis auszugehen erscheint nicht vertretbar. Dagegen wäre es nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin von der Antragstellerin etwa noch die Darlegung verlangen würde, über wie viele Räume die Wohnung insgesamt verfügt und wie viele Räume demnach von Herrn P ausschließlich genutzt werden; ebenso wenig dürfte sich die Antragstellerin gegenüber Fragen der Antragsgegnerin hinsichtlich von der Rechtsprechung anerkannter Indizien für eheähnliche Lebensgemeinschaften verschließen, etwa des Vorliegens einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft. Schließlich könnte sich die Antragsgegnerin bei danach noch bestehenden Zweifeln um Auskünfte des P zumindest bemühen.
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Die Kostenentscheidung war entsprechend § 193 SGG zu treffen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.3.1992, L 5 Ar 348/92 e.A. = Breithaupt 1992, 700 ff.) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
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