Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Feb. 2016 - 4 L 162/14

ECLI: ECLI:DE:OVGST:2016:0217.4L162.14.0A
published on 17/02/2016 00:00
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Feb. 2016 - 4 L 162/14
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Gericht

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Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Erstattung bzw. Übernahme der Kosten einer Dyskalkulietherapie im Rahmen der Jugendhilfe.

2

Die 2004 geborene Klägerin leidet unter einer Rechenschwäche (Dyskalkulie). Sie besuchte ab August 2011 die Grundschule in D.. Am 26. Februar 2013 begann die Klägerin eine Dyskalkulietherapie im Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche (ZTR) Halle.

3

Am 26. Juli 2013 beantragten die Eltern der Klägerin beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB VIII für die Klägerin wegen des Verdachts auf Rechenschwäche. Diesem Antrag waren von der Klägerin bzw. ihren Eltern ausgefüllte Fragebögen des Beklagten beigefügt, des Weiteren eine Stellungnahme der Schule der Klägerin, eine schulpsychologische Stellungnahme des Landesschulamtes sowie ein Lernstandsbericht des ZTR Halle.

4

Daraufhin holte der Beklagte eine fachärztliche Stellungnahme des (...) Klinikums S. vom 31. Juli 2013 ein, wonach sich bei der Klägerin Hinweise auf eine depressive Symptomatik mit Anzeichen einer Selbstwertstörung und dysphorischer Stimmungslage ergäben. Unter Einbeziehung dieser Stellungnahme gelangte der Beklagte in der Beraterkonferenz vom 16. Oktober 2013 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht beeinträchtigt sei.

5

Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 den Antrag auf Übernahme der Kosten der Dyskalkulietherapie mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach § 35a SGB VIII nicht gegeben seien, weil eine seelische Behinderung der Klägerin nicht habe festgestellt werden können. Die interpretierten psychosozialen Befunde und leichten sozialen Auffälligkeiten der Klägerin könne eine Rechentherapie nicht begleiten. Vielmehr sei es notwendig und geeignet, eine psychologische Psychotherapie fortführend anzunehmen.

6

Die Klägerin hat am 18. November 2013 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Sie habe einen Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form einer Dyskalkulietherapie gemäß § 35a SGB VIII, weil eine seelische Störung vorliege und eine neurotische Entwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Sie habe Schulängste, die sich insbesondere darin zeigten, dass sie vor Mathematikarbeiten dauerhaft weine. Auch klage sie im Vorfeld über Schlafstörungen. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich aufgrund der Versagensängste eine Schulphobie entwickele. Es zeichne sich schon jetzt eine Vereinzelung ab. Außerschulisch habe sie keinen Kontakt zu Gleichaltrigen oder anderen Kindern außerhalb der Familie. Feste Freundschaften bestünden nicht. Die im Bescheid des Beklagten genannten Freizeitaktivitäten Tanzen und Karate seien spezielle Angebote der Hortbetreuung gewesen. Während der Hortbetreuung suche sie sich stets jüngere Kinder als Spielgefährten, um sich ihnen gegenüber zu positionieren.

7

Die Klägerin hat im Juli 2014 eine Schulstellungnahme zum Abschluss der 3. Klasse der Schuleingangsphase vorgelegt. Danach werde die Fortsetzung der externen Förderung empfohlen, weil der Lernerfolg nur durch intensive Förderung gegeben sei. Zum Verhalten der Klägerin heißt es, sie freue sich über Erfolge sichtbar, Misserfolge spornten sie zum weiteren Üben an. Sie sei sehr sozial und verfüge über ein großes Gerechtigkeitsempfinden. Außerdem suche sie ständig Kontakt zu anderen Kindern und möchte die Führungsrolle übernehmen, auch wenn es von anderen Kindern nicht gewünscht sei. Sie zeige solidarisches Verhalten, agiere allerdings mitunter übereifrig und bevormundend.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Beklagten zu verpflichten, die Kosten für die ZTR-Therapie, die seit Februar 2013 entstanden sind, zu erstatten und die Kosten für die Fortsetzung der ZTR-Therapie bis zum 15. Oktober 2014 zu übernehmen und den Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2013 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er hat vorgetragen: Die Dyskalkulie der Klägerin führe weder zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben noch zu einer drohenden Beeinträchtigung. Weder nach den Angaben der Mutter der Klägerin noch nach der Stellungnahme der Schule sei von einer Vereinzelung oder Ausgrenzung auszugehen. Der Schulbericht vom Juli 2014 gebe zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.

13

Das Verwaltungsgericht hat mit dem auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2014 ergangenen Urteil den Beklagten verpflichtet, der Klägerin die Aufwendungen für die Therapie ihrer Rechenschwäche im ZTR Halle für die Zeit ab dem 16. Oktober 2013 zu erstatten und ihr Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die Fortsetzung dieser Therapie bis zum 15. Oktober 2014 zu gewähren. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Klägerin eine Erstattung der Kosten der Dyskalkulietherapie für die Zeit vom 16. Oktober 2013 bis zum 15. Oktober 2014 beanspruchen könne, hingegen nicht für die Zeit von Februar 2013 bis zum 15. Oktober 2013. Soweit sich die Klägerin die Hilfe schon selbst beschafft habe, sei Rechtsgrundlage für die begehrte Kostenübernahme § 36a Abs. 3 SGB VIII. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt. Die Klägerin habe den Beklagten vor der Selbstbeschaffung über ihren Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung hätten auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorgelegen (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Rechtsgrundlage hierfür sei § 35a SGB VIII, dessen Voraussetzungen gegeben seien. Nach den Feststellungen des (...) Klinikums S. habe die Rechenstörung der Klägerin zu einer seelischen Störung im Sinne des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII geführt. Außerdem sei davon auszugehen, dass aufgrund der altersuntypischen Abweichung der seelischen Gesundheit der Klägerin ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist bzw. zumindest eine solche Beeinträchtigung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 35a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Die (drohende) Teilhabebeeinträchtigung in den die Klägerin betreffenden Lebensbereichen wie Familie, Freundeskreis, Schule und Freizeit ergebe sich aus der konkret diagnostizierten seelischen Störung. Es liege auf der Hand, dass die bei der Klägerin diagnostizierte Selbstwertstörung mit beginnender depressiver Symptomatik zu subjektiven Schwierigkeiten führe, aktiv am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Dass diese Schwierigkeiten bereits vorhanden seien, lege schon die in der fachärztlichen Stellungnahme geschilderte dysphorische Stimmungslage der Klägerin nahe. Als weiterer Beleg stellten sich die als „deutlich agitiert“ beschriebenen Verhaltensweisen der Klägerin dar. Dass die Klägerin bereits Schwierigkeiten habe, aktiv am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen, lasse sich auch den Ausführungen der Eltern der Klägerin sowie der schulischen Stellungnahme vom März 2013 entnehmen. Angesichts dessen greife die Argumentation des Beklagten, eine Teilhabebeeinträchtigung liege nicht vor, weil die Klägerin in der Schule nicht vereinzelt sei oder ausgegrenzt werde, zu kurz. Die Beantwortung der Frage nach dem Bestehen oder Drohen einer Teilhabebeeinträchtigung hänge auch nicht allein davon ab, ob eine schulische Vereinzelung oder Ausgrenzung bestehe. Zudem sei es das Ziel der Eingliederungshilfe, bereits den Eintritt einer drohenden seelischen Behinderung zu verhüten, so dass es die Anforderungen überspannen würde, wenn zunächst der Eintritt einer völligen Schulphobie, einer totalen Lern- oder Schulverweigerung oder ein Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und die Vereinzelung in der Schule festzustellen wäre. Schließlich duldete die Deckung des Bedarfs seit dem Ergehen des ablehnenden Bescheids auch keinen zeitlichen Aufschub (§ 36a Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a SGB VIII). Die von der Klägerin selbstbeschaffte Hilfe sei auch geeignet und angemessen gewesen. Der Beklagte sei daher verpflichtet, die seit Oktober 2013 angefallenen Kosten für die Therapie der Klägerin zu erstatten. Darüber hinaus habe der Beklagte auch die Kosten der Fortsetzung der Therapie bis zum 15. Oktober 2014 als Eingliederungshilfe zu übernehmen. Rechtsgrundlage hierfür sei § 35a Abs. 1 SGB VIII, wobei davon auszugehen sei, dass die Voraussetzungen für die Hilfegewährung unverändert vorlägen. Von der Ablehnungsentscheidung sei auch der Zeitraum umfasst, der - entsprechend der dem Verwaltungsgericht bekannten Verwaltungspraxis - bei einer Bewilligung hätte geregelt werden können. Dieser Zeitraum belaufe sich auf die Dauer eines Jahres ab Erlass des Bescheids.

14

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten, die der Senat durch Beschluss vom 9. Juni 2015 (4 L 162/14) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zugelassen hat.

15

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, die seelische Störung der Klägerin habe nicht zu einer (drohenden) Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft geführt. Die Teilhabebeeinträchtigung könne nicht bloß auf die Annahme möglicher symptomatischer Erscheinungen gestützt werden. Die interpretierten psychosozialen Bedarfe und leichten sozialen Auffälligkeiten des Kindes, wie z. B. Dominanz von Gruppengefügen, Bestimmen sozialer Systeme, „Rechthaberei“ oder ressourcenorientierter Selbstwertaufbau, könne eine Rechentherapie nicht begleiten.

16

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

17

das auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts - 7. Kammer - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

18

Die Klägerin beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Klägerin trägt vor, sie leide aufgrund der Dyskalkulie an enormen Einschränkungen bei sozialen Interaktionen. Sie sei von ihren Mitschülern mit Missachtung gestraft worden, ihre Freunde seien stets weitaus jünger gewesen. Noch heute wirke sie im Schulalltag befangen und unsicher, die gewünschte Anerkennung ihrer Klassenkameraden erhalte sie weiterhin nicht.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

II.

22

Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung gemäß § 130a VwGO durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das Verfahren wirft weder in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf noch bestehen erhebliche Unklarheiten in tatsächlicher Hinsicht.

23

Eine erneute Anhörung auf Grund des Schreibens der Klägerin vom 10. Februar 2016 war nicht geboten. Die Verfahrensbeteiligten sind durch eine erneute Anhörungsmitteilung von der fortbestehenden Absicht des Gerichts in Kenntnis zu setzen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wenn nach der entsprechenden Ankündigung ein erheblicher Beweisantrag gestellt wurde oder sich die prozessuale Lage des Rechtsstreits nach einer Anhörungsmitteilung wesentlich ändert, etwa dadurch, dass ein Prozessbeteiligter seinen bisherigen Sachvortrag in erheblicher Weise ergänzt oder erweitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 - 9 B 94.10 -, juris, Rn. 5 m.w.N.). Eine solche möglicherweise entscheidungserhebliche Änderung der Prozesssituation lag nicht vor. Das vorgelegte Schreiben der Grundschule D. vom 17. Dezember 2015 deckt sich inhaltlich mit den Erkenntnismitteln, die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrunde lagen und die der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Soweit die Klägerin unter Vorlage eines Schreibens des Schulhortes vom 27. Januar 2016 darauf hinweist, sie erfülle (auch) derzeit die Voraussetzungen von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII, so betrifft dies einen Zeitpunkt, der nicht vom Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids umfasst und deshalb nicht entscheidungserheblich ist.

24

Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe durch Erstattung bzw. Übernahme der Kosten ihrer Dyskalkulietherapie im ZTR Halle im Zeitraum vom 16. Oktober 2013 bis zum 15. Oktober 2014 (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

25

Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 35a Abs. 1 SGB VIII. Nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

26
1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
27
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
28

Bei Vorliegen beider Voraussetzungen geht das Gesetz von einer „seelischen Behinderung“ aus. Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne des SGB VIII sind Kinder und Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).

29

Anknüpfend an die fachärztliche Stellungnahme des (...) Klinikums S. vom 31. Juli 2013 sowie in Übereinstimmung mit den Beteiligten ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin unter der Teilleistungsstörung Dyskalkulie sowie hierin begründeter Sekundärfolgen im seelischen Bereich leide, womit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vorlägen. Es hat dabei die obergerichtlich präzisierten Maßstäbe für das Vorliegen einer seelischen Störung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII zugrunde gelegt (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 4 L 1/13 -, juris, Rn. 7; SächsOVG, Beschluss vom 20. August 2009 - 1 B 432/09 -, juris, Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 22. August 2008 - 12 A 3019/11 -, juris, Rn. 46; jeweils zur Dyskalkulie). Einwände hiergegen sind nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.

30

Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht allerdings angenommen, dass die Voraussetzungen von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII erfüllt seien.

31

Eine Teilhabebeeinträchtigung i.S.d. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist (nur) dann gegeben, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt. Erforderlich ist daher, dass eine nachhaltige Einschränkung der sozialen Funktionstüchtigkeit des Betreffenden vorliegt oder eine solche droht. Dies ist beispielsweise bei einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, bei einer totalen Schul- und Lernverweigerung, bei einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder bei einer Vereinzelung in der Schule anzunehmen, nicht aber bereits bei bloßen Schulproblemen und Schulängsten, wie sie auch andere Kinder teilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1998 - BVerwG 5 C 38/97 -, juris, Rn. 15; OVG LSA, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 4 L 1/13 -, juris, Rn. 10; SächsOVG, Beschluss vom 20. August 2009 - 1 B 432/09 -, juris, Rn. 6; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 26. März 2007 - 7 E 10212/07 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 22. August 2014 - 12 A 3019/11 -, juris, Rn. 48 ff.). Während die Beurteilung, ob die seelische Gesundheit im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht, regelmäßig Aufgabe von Ärzten oder Psychotherapeuten ist, fällt die Einschätzung, ob die Teilhabe des jungen Menschen am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist bzw. eine solche Beeinträchtigung droht, in die Kompetenz sozialpädagogischer Fachlichkeit und somit in den Aufgabenbereich des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. OVG LSA, a.a.O., juris, Rn. 10; OVG NRW, a.a.O., juris, Rn. 52 f.; NdsOVG, Beschluss vom 11. Juni 2008 - 4 ME 184/08 -, juris, Rn. 8; jew. m.w.N.). Die Feststellungen hierzu sind vom Beklagten aus eigener Sachkunde zu treffen gewesen und unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. OVG LSA, a.a.O., juris Rn. 10; OVG Rh.-Pf., a.a.O., juris, Rn. 9; SächsOVG, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 1 B 288/09 -, juris, Rn. 8). Auch insoweit hat das Verwaltungsgericht die einschlägigen rechtlichen Maßstäbe erkannt.

32

Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. der Bedarfsdeckung die Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft nicht im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 SGB VIII beeinträchtigt war. Bei der Klägerin waren keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sie bereits nachhaltig in ihrer Fähigkeit zur aktiven, selbstbestimmten und altersgemäßen Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den sie betreffenden Lebensbereichen eingeschränkt war. Insbesondere folgt dies nicht quasi zwangsläufig aus der bei der Klägerin diagnostizierten Selbstwertstörung mit beginnender depressiver Symptomatik und sekundärer Neurotisierung. Vielmehr heißt es in der fachärztlichen Stellungnahme des (...) Klinikums S. vom 31. Juli 2013 insofern ausdrücklich, aktuell sei „noch eine mäßige soziale Beeinträchtigung festzustellen, die jedoch bei zunehmenden Problemen progredient verlaufen kann.“ Weiterhin heißt es dort, durch die Wiederholung der 1. Klassenstufe sei eine Stabilisierung erreicht worden, der Verlauf des neuen Schuljahres bleibe abzuwarten. Auch den Ausführungen der Eltern lässt sich eine nachhaltige Teilhabebeeinträchtigung nicht entnehmen. Wenngleich sich feste Freundschaften noch nicht ergeben hätten, so beständen doch freundschaftliche Beziehungen zu anderen Kindern mit gegenseitigen Besuchen und gemeinsamer Freizeitgestaltung. Dass sich die Klägerin dabei gezielt jüngere Kinder als Spielgefährten aussuche, kann im Hinblick auf den für die Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung erforderlichen Rückzug aus „jedem sozialen Kontakt“ nicht ausschlaggebend sein. Darüber hinaus interagiert die Klägerin im schulischen Bereich durchaus auch mit gleichaltrigen Kindern, wie sich den Stellungnahmen der Schule vom März 2012 und Juli 2014 entnehmen lässt.

33

Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht auch nicht deshalb, weil eine Beeinträchtigung der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gemeinschaft zu erwarten war (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 SGB VIII). Nach § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sind diejenigen Kinder von einer seelischen Behinderung bedroht, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Einschätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Insofern ist eine Prognosebeurteilung dahingehend nötig, ob und gegebenenfalls wann bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit der Eintritt einer Behinderung zu erwarten ist (vgl. BVerwG, a.a.O., juris, Rn. 16). Die geforderte hohe Wahrscheinlichkeit einer Teilhabebeeinträchtigung und damit einer seelischen Behinderung ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine bloß allgemein oder theoretisch bestehende Möglichkeit einer seelischen Behinderung im Sinne einer abstrakten Gefahrenlage gegeben ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. November 1997 - 9 S 1462/96 -, juris, Rn. 29). Vielmehr ist eine Wahrscheinlichkeit der Teilhabebeeinträchtigung von wesentlich mehr als 50 % erforderlich (vgl. BVerwG, a.a.O., juris, Rn. 16). Dies setzt voraus, dass über die abstrakte Gefährdungslage hinaus bereits konkrete Anzeichen dafür vorhanden sind, dass ohne eine entsprechende Hilfe die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und damit eine seelische Behinderung eintreten würde (vgl. auch VG München, Urteil vom 15. Oktober 2014 - M 18 K 13.3666 -, juris, Rn. 33). Daran fehlt es.

34

Zwar ergeben sich aus den Schilderungen der Eltern der Klägerin, aus der fachärztlichen Stellungnahme des (...) Klinikums S. und auch aus den Schulstellungnahmen gewisse Verhaltensauffälligkeiten der Klägerin wie Versagensängste, Kontaktarmut zu gleichaltrigen Kindern oder ein mitunter bevormundendes Verhalten gegenüber anderen Kindern. Doch ist andererseits festzustellen, dass nach den Angaben der Eltern im Elternfragebogen freundschaftliche Beziehungen - wenn auch keine festen Freundschaften - zu anderen Kindern bestehen und die Klägerin in Veranstaltungen im Dorf oder in der Umgebung stets integriert sei. Entsprechend der Angaben zeigte die Klägerin keine Verweigerungshaltung gegenüber der Schule, sondern war in den Klassenverband und in die Schule allgemein gut integriert. In den Schulstellungnahmen wird hervorgehoben, dass die Stärken der Klägerin gerade im sozialen Bereich lägen. Damit korrespondiert das in den Leistungsdokumentationen beschriebene Interesse der Klägerin am Unterrichtsstoff mit ihrer Freude am Lernen in kleinen Arbeitsgruppen, an neuen Lerninhalten und ihrer Fähigkeit sowohl selbstständig als auch im Team zu arbeiten. Es wird das Bild einer zwar gelegentlich unkonzentrierten, im Großen und Ganzen aber aufgeweckten, leistungsbereiten und motivierten Schülerin gezeichnet.

35

All dies spricht gegen eine (sich andeutende) totale Schul- und Lernverweigerung und einen drohenden Rückzug aus jedem sozialen Kontakt sowie gegen eine sich andeutende Vereinzelung in der Schule und vermag insofern konkrete Anzeichen für derartig nachhaltige Einschränkungen der sozialen Funktionsfähigkeit der Klägerin nicht zu begründen. Solche ergeben sich auch nicht aus den schulischen Leistungen der Klägerin. Nach der Schulstellungnahme vom Juli 2014 liegt der Zensurenschnitt der Klägerin im Fach Mathematik - unter Verwendung von Hilfsmitteln und Nachteilsausgleichen - bei 2,3. Im Fach Deutsch liegt der Zensurenschnitt bei 1,6. Zwar bestehen danach bestimmte Leistungsdefizite in beiden Fächern - insbesondere im Fach Mathematik -, doch zeige die Klägerin dafür besondere Leistungsstärken in anderen Schulfächern (Musik, Ethik). Im 14-tägigen Förderunterricht Mathematik arbeite die Klägerin angestrengt, fleißig und sehr konzentriert und bemühe sich, fehlerlos zu bleiben. Gerade das Bestreben im Förderunterricht reduziert die Gefahr, dass sich die Klägerin aufgrund ihrer Schwierigkeiten beim Rechnen in eine Verweigerungshaltung zurückziehen und so in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt werden könnte.

36

Gegen eine zu erwartende Teilhabebeeinträchtigung spricht auch, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Schwierigkeiten beim Rechnen von ihrer Familie viel Unterstützung und Rückhalt erfährt und die mit den Schwierigkeiten verbundene Belastung dadurch wesentlich gemildert wird. Sie wird in ihrer Familie aufgefangen. Zudem wird sie von ihren Eltern in ihrer Entwicklung fortlaufend beobachtet, womit zu erwarten ist, dass eine konkret drohende Verschlechterung der Situation frühzeitig erkannt wird und dadurch rechtzeitig die Möglichkeit zur Gegensteuerung besteht. Auch dies ist bei der Prognosebeurteilung zu berücksichtigen. Ist es nämlich Ziel der Eingliederungshilfe für von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche, den Eintritt einer solchen Behinderung zu verhüten, so ist der Beginn der Bedrohung so früh, aber auch nicht früher anzusetzen, dass noch erfolgversprechende Eingliederungshilfemaßnahmen gegen den Eintritt der Behinderung eingesetzt werden können (vgl. BVerwG, a.a.O., juris, Rn. 16).

37

Abgesehen davon ist das erstinstanzliche Urteil, soweit der Klage stattgegeben worden ist, auch deshalb fehlerhaft, weil es einen Zeitraum betrifft, der vom Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids nicht umfasst ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, welcher der Senat folgt, kann bei einem Rechtsstreit um die Gewährung von Jugendhilfe ebenso wie im Bereich der Sozialhilfe ein Hilfeanspruch grundsätzlich nur in dem zeitlichen Umfang in zulässiger Weise zum Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gemacht werden, in dem der Träger der Jugendhilfe den Hilfefall geregelt hat. Das ist regelmäßig der Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung. Eine Ausnahme von der Regel, dass Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung nur die Zeit bis zum Erlass des letzten Behördenbescheides ist, gilt allerdings für den Fall, dass die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zahlungszeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hat. Ein solcher weiterreichender Bewilligungszeitraum braucht nicht ausdrücklich benannt zu sein, sondern kann sich aus dem maßgeblichen Bescheid auch durch Auslegung ergeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 1996 - BVerwG 5 B 222/95 -, juris, Rn. 5; Urteil vom 30. April 1992 - BVerwG 5 C 1/88 - , juris, Rn. 11 ff.; OVG LSA, Beschluss vom 11. April 2013 - 4 L 25/13 -, juris, Rn. 18; jew. m.w.N.).

38

Wegen des Ausschlusses des Vorverfahrens gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1 AG VwGO LSA, § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 3 KJHG LSA stellt der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2013 zugleich die letzte Behördenentscheidung dar. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Hilfeleistung über diesen Zeitpunkt hinaus kommt vorliegend nicht in Betracht. Dem Bescheid des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass die Ablehnung der begehrten Hilfe abweichend von der Regel auch einen bestimmten Zeitraum nach Erlass des Bescheids erfassen sollte. Der Beklagte hat eine Hilfegewährung schon dem Grunde nach und damit ohne Aussage zu einem Hilfezeitraum abgelehnt.

39

Der Klägerin war und ist es allerdings unbenommen, bei konkreten Anzeichen für den Eintritt einer seelischen Behinderung erneut einen Antrag auf Eingliederungshilfe zu stellen, der vom Beklagten zu prüfen und zu bescheiden (gewesen) wäre und ggf. einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden könnte (vgl. § 20 Abs. 3 SGB X).

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 188 Satz 2 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

42

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


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Annotations

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.