Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Dyskalkulietherapie.
Die Klägerin ist am ... 1998 geboren und befindet sich derzeit in einem ökologisch-sozialen Jahr, nachdem sie die Hauptschule der Montessorischule ... mit dem qualifizierenden Hauptschulabschluss verlassen hat.
Am .... Juli 2012 testete Frau ... vom Mathematischen Institut zur Behandlung der Rechenschwäche/Arithmasthenie in ... die Klägerin auf Dyskalkulie. Dabei kam Frau ... zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine schwere Dyskalkulie vorliege. Die Rechenfähigkeit sei auf dem Stand 1. – 2. Klasse. Sie sehe jedoch gute Chancen zur Behebung, da die Klägerin sehr aufgeschlossen sei. Eine Therapie werde dringend empfohlen.
Mit Schreiben vom .... August 2012 bzw. .... September 2012, welches am .... September 2012 beim Beklagten einging, beantragte die Mutter der Klägerin für diese die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für eine Dyskalkulietherapie. Im Schreiben vom .... September 2012 bringt die Mutter der Klägerin auch vor, dass die Klägerin bereits zur Therapie angemeldet sei. Aus dem beigefügten Elternfragebogen geht u.a. hervor, dass die Klägerin hauptsächlich Kontakt mit Schulfreunden habe und mit allen Mitschülern gut zurecht komme. Auch übernehme sie wechselnde Klassendienste. Im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung gehöre sie zudem dem TSV ... an und besuche regelmäßig die Konfirmandengruppe.
In der Schulstellungnahme vom .... September 2012 wurde die Schulform als dem Leistungsvermögen der Klägerin angemessen erachtet. Sie sei im Bereich Lesen sehr gut, im Bereich Rechtschreiben durchschnittlich bis gut und im Bereich Rechnen sehr schwach. Dort erlebe sie meist Versagen und es gebe Anzeichen für Versagensängste. Eine externe Förderung werde dringend empfohlen, die Klägerin brauche dringend therapeutische Hilfe und Begleitung, um zu guten Basiskenntnissen in Mathematik zu gelangen. Anzeichen für Leistungsverweigerung gebe es keine. Die Klägerin sei lernwillig und aufgeschlossen, sie arbeite sorgfältig und erledige übernommene Aufgaben zuverlässig. Die besonderen Stärken der Klägerin lägen im sozialen Bereich, im offenen aufgeschlossenen Kontakt zu anderen Menschen und in der Fähigkeit, im Team zu arbeiten. Die Klägerin sei sozial anerkannt und gut in die Klasse integriert.
Laut ärztlich-psychologischem Bericht des ...Klinikums vom .... Januar 2013 wurden bei der Klägerin nach dem Klassifikationsschema der ICD-10 auf Achse I eine Anpassungsstörung den sozioemotionalen Bereich betreffend (F 43.2), auf Achse II eine Rechenstörung (F 81.2), auf Achse III eine durchschnittliche Intelligenz sowie auf Achse VI eine leichte Beeinträchtigung der psychosozialen Anpassungsfähigkeit diagnostiziert. Das Gutachten führt u.a. aus, dass sich die Klägerin als freundliches und aufgeschlossenes Mädchen gezeigt habe. Die Intelligenztestung hätte eine durchschnittliche Begabung mit Schwächen im logischen Denken ergeben. Mathematische Aufgaben seien der Klägerin schwer gefallen, entsprechend sei der Rechentest deutlich unterdurchschnittlich ausgefallen, so dass von einer Rechenstörung ausgegangen werden könne. Auf dem Boden der Rechenstörung habe sich eine Anpassungsstörung entwickelt, die sich vor allem auf eine Unzulänglichkeit und Hilflosigkeit in Prüfungssituationen beziehe. Darüber hinaus bemühe sich die Klägerin sehr, sich im Sinne der sozialen Erwünschtheit darzustellen. Es bestehe ein deutliches Störungsbewusstsein bezüglich der fehlenden Rechenfertigkeiten, die die Klägerin in ihrer Entwicklung beeinträchtigten. Die Klägerin habe Angst, aufgrund der fehlenden Rechenfertigkeiten eventuell den Hauptschulabschluss nicht bestehen zu können, weshalb sie freiwillig das Schuljahr wiederholen möchte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit weiche die seelische Gesundheit der Klägerin für länger als 6 Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand ab. Eine Einschränkung an der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
In den Leistungsdokumentationen der Oberstufe 7 - 9 der Montessorischule ... wird das Sozial- und Arbeitsverhalten die Klägerin nahezu ausschließlich als sehr positiv beurteilt, insbesondere der positive Kontakt zu Mitschülern und die Arbeit im Team. Laut Lern- und Entwicklungsbericht der Jahrgangsstufe 9, 1. Halbjahr, zeigten sich bereits klare Verbesserungen in Mathematik, die Klägerin müsse jedoch noch einiges nachholen. Zudem habe sie die Ausbildung zur Streitschlichterin erfolgreich abgeschlossen.
Mit Bescheid vom .... Februar 2013 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe ab.
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass bei der Klägerin zwar eine Abweichung von der seelischen Gesundheit im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vorliege, da bei ihr nach der ambulanten Diagnostik des...-Klinikums vom .... Januar 2013 eine Anpassungsstörung und eine Rechenstörung diagnostiziert worden seien. Jedoch müsse zu dieser seelischen Störung noch ein soziales Integrationsrisiko hinzukommen, hierfür hätten sich jedoch keine Anhaltspunkte ergeben. Laut Stellungnahme der Montessorischule ... sei die Klägerin in die Klasse und allgemein in die Schule gut integriert. Auch werde berichtet, dass ihre besonderen Stärken im sozialen Bereich bzw. im offenen aufgeschlossenen Kontakt zu anderen Menschen lägen. Die Eltern berichteten, dass die Klägerin in ihrer Freizeit hauptsächlich Kontakt zu Schulfreunden habe, Mitglied beim TSV ... sei und an der Konfirmationsgruppe der Evangelischen Kirche teilnehme. Die Klägerin komme im Grunde mit allen Mitschülern gut zurecht und übernehme selbst Klassendienste in der Schule. Die genannten Eigenschaften zeigten somit nicht, dass bei der Klägerin eine tiefgreifende seelische Störung vorliege, so dass bei ihr die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft nicht beeinträchtigt werde oder bereits beeinträchtigt sei. Da die Schule nicht nur einen Bildungs- sondern auch einen Erziehungsauftrag habe, sei es in erster Linie Aufgabe der Schule, Schüler mit z.B. einer Rechenstörung angemessen und umfassend zu fördern.
Mit Schreiben vom .... März 2013 legte die Mutter der Klägerin gegen den Bescheid vom .... Februar 2013 beim Beklagten Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass weder nachvollziehbar noch aus dem Gesetz erkennbar sei, dass ein Anspruch nach § 35a SGB VIII erst vorliege, wenn zur seelischen Störung ein soziales Integrationsrisiko hinzukomme. Bei Versagung der Dyskalkulietherapie sei dringend anzunehmen, dass eine adäquate Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bedroht sei. Ein angestrebter Schulabschluss mit einer sodann anschließenden Berufsausbildung sei durch die starke Rechenschwäche extrem gefährdet. Es könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen, wenn das familiäre und schulische Umfeld eine positive Integration ermöglicht hätten. Des Weiteren könne die Schule als Bildungseinrichtung eine schwere Dyskalkulie aufgrund der personellen Voraussetzungen nicht behandeln.
Unter dem .... Juni 2013 legte der Beklagte den Widerspruch der Regierung ... zur Entscheidung vor.
Mit Bescheid vom .... Juli 2013 wies die Regierung ... den Widerspruch gegen den Bescheid vom .... Februar 2013 zurück.
Zur Begründung wurde zusammenfassend ausgeführt, dass der Beklagte den Antrag auf Dyskalkulietherapie zu Recht abgelehnt habe, weil die Anspruchsvoraussetzungen für eine solche Hilfe nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin gehöre nicht zum Personenkreis des § 35a SGB VIII. Zwar liege unstreitig eine seelische Störung in Form der fachärztlich diagnostizierten Rechen- und Anpassungsstörung vor (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Jedoch sei unter Zugrundelegung der Stellungnahmen des ... Klinikums, der Montessorischule sowie der Eltern der Klägerin die Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft nicht beeinträchtigt und eine Beeinträchtigung dieser Teilhabe drohe derzeit auch nicht (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Es liege derzeit kein soziales Integrationsrisiko vor, so dass eine Hilfe zur Eingliederung in die Gesellschaft nicht erforderlich sei. Es sei vorrangig Aufgabe der Schule eine solche Teilleistungsstörung angemessen zu fördern. Dies gelte grundsätzlich auch für die typischerweise mit der Dyskalkulie verbundenen Sekundärfolgen wie Schulunlust, Gehemmtheit und Versagensängste.
Mit Schriftsatz vom 20. August 2013, eingegangen vorab per Telefax am gleichen Tage, erhoben die Eltern der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragten den Bescheid vom .... Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom .... Juli 2013 aufzuheben und den Beklagten zur Übernahme der Kosten für die Dyskalkulietherapie zu verpflichten.
Zur Begründung der Klage wurde unter dem .... Februar 2014 von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, dass die Tochter selbst, vertreten durch ihre Eltern, Klägerin sei. Bei dieser sei eine schwere Dyskalkulie festgestellt worden, die Voraussetzung des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII liege vor. Der Beklagte negiere jedoch das Vorliegen eines sozialen Integrationsrisikos bei der Klägerin (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Die Ausführungen hierzu würden der tatsächlich bestehenden Problematik jedoch nicht gerecht. Sowohl die Montessorischule, als auch das ...-Klinikum und das Institut, welches die Dyskalkulietherapie durchführe, hätten auf bestehende Integrationsrisiken und entsprechende Anzeichen bei der Klägerin hingewiesen. Gerade das soziale Verhalten mit Mitschülern und Freunden insgesamt werde maßgeblich davon beeinflusst, dass sich die Klägerin hierdurch den „Rücken stärken“ wolle, um Defizite aufgrund der bestehenden seelischen Störung zu verschleiern. Die Klägerin habe bei alltäglichen Geschäften eine große Hemmschwelle, dies selbst zu tun. In der sozialen Gruppe könne sie sich im Wege der sozialen „Arbeitsteilung“ von der Anforderung des Nachzählens oder Aufaddierens von Summen entziehen und diese anderen überlassen. Das Defizit werde damit auch z. T. kompensiert durch verstärkte Aktivitäten im sozialen Bereich. Aus dem Gutachten des ...-Klinikums lasse sich zudem ableiten, dass die hier zu behandelnde Rechenschwäche (wenn auch nicht oder kaum wahrnehmbar) wesentlich tiefgreifendere Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und seelische Entwicklung der Klägerin habe, als sie in der Wahrnehmung der befragten Personen (Lehrer, Eltern) zum Anschein habe. Gerade unterschwellige Gefährdungslagen müssten im psychisch-seelischen Bereich besondere Berücksichtigung finden, damit – was Sinn und Zweck des Jugendhilferechts sei – das Problem in einem Alter, in dem noch eine Therapie möglich sei, „an den Wurzeln“ gepackt und zielgerichtet behandelt werde. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich bei der Dyskalkulietherapie auch nicht um Nachhilfe und nicht um eine Maßnahme, welche als Aufgabe des Schulträgers anzusehen sei. Eine solche Dyskalkulietherapie befasse sich nicht nur mit den unverstandenen Teilen der Mathematik, da sie immer auch die psychische Komponente des Problems, also die aus dem Unvermögen und Versagen resultierende Angst und Abwehr, bearbeite. Ohne Behandlung sei die Klägerin aller Voraussicht nach von einer Teilhabebeeinträchtigung nicht nur gefährdet, eine solche wäre höchstwahrscheinlich heute bereits eingetreten bzw. spätestens mit Nichtbestehen eines qualifizierten Hauptschulabschlusses eingetreten. Selbst wenn die Klägerin den Abschluss nicht bestehen würde, erlernte sie durch de Dyskalkulietherapie, wie sie mit dem Defizit umgehen könne und verliere die Scheu, die Angst, mit entsprechenden Defiziten konfrontiert zu werden und sei nicht mehr gezwungen Vermeidungsstrategien anzuwenden.
Der Klagebegründung war eine undatierte Stellungnahme des Mathematischen Institut zur Behandlung der Rechenschwäche/Arithmasthenie in München beigefügt, wonach die Klägerin dort seit .... September 2012 regelmäßig in Therapie sei. Weiter wurde der Therapieverlauf als bisher sehr positiv beschrieben.
In der mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 2014 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin, dass die Dyskalkulietherapie nur bis zum Schuljahresende durchgeführt und von den Eltern der Klägerin finanziert worden sei. Für den Vater der Klägerin stimmte der Klägerbevollmächtigte nachträglich der Erhebung des Widerspruchs durch die Mutter der Klägerin zu.
Abschließend beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom .... Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom .... Juli 2013 zu verpflichten, der Klägerin die Kosten für die von ihr in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 in Anspruch genommene Dyskalkulietherapie zu ersetzen.
Der Beklagtenvertreter beantragte
Klageabweisung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2014 Bezug genommen.
Die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage auf Erstattung der Kosten für die in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 in Anspruch genommene Dyskalkulietherapie ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen entsprechenden Anspruch gegen den Beklagten auf Kostenerstattung gemäß § 36a Abs. 3 i.V.m. § 35a Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII). Die Ablehnung der Bewilligung einer Dyskalkulietherapie im Bescheid des Beklagten vom .... Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom .... Juli 2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch auch nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Nach § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII trägt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten einer Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans und unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird. Dieser Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass es nicht dem gesetzlichen Auftrag des Jugendhilfeträgers entspricht, nur „Zahlstelle“ und nicht Leistungsträger zu sein. Nur wenn die Eltern bzw. der Hilfeempfänger grundsätzlich den Träger der Jugendhilfe von Anfang an in den Entscheidungsprozess einbeziehen, kann er seine aus §§ 36a Abs. 1, 79 Abs. 1 SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben und die Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 SGB VIII wahrnehmen (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2008, JAmt 2008, 600). Wird die Hilfe hiervon abweichend selbst beschafft, ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn 1. der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, 2. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und 3. die Deckung des Bedarfs a) bis zur Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung oder b) bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
1. Der Anspruch nach § 36a Abs. 3 SGB VIII könnte vorliegend bereits daran scheitern, dass der Träger der Jugendhilfe vor Beschaffung der Hilfe über den Hilfebedarf nicht in Kenntnis gesetzt wurde.
Gemäß § 36a Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII hätte die Klägerin vor Beschaffung der Hilfe, also Unterzeichnung des Therapievertrages, ihren Hilfebedarf an den Beklagten herantragen müssen. Zwar ist ein Antrag im engeren Sinne nicht erforderlich, es genügt eine eindeutige Willensbekundung des Leistungsberechtigten, Hilfe in Anspruch nehmen zu wollen, welche schriftlich oder mündlich erfolgen oder sich aus einem Beratungskontakt ergeben kann (vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 36a RdNr. 44). Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung konnte der Bevollmächtigte der Klägerin nicht angeben, wann der Therapievertrag durch die Eltern der Klägerin unterzeichnet wurde. Ausweislich der (undatierten) Stellungnahme des Instituts zur Behandlung der Rechenschwäche/Arithmasthenie in ... war die Klägerin dort ab dem .... September 2012 in Behandlung. Der Antrag der Mutter der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Dyskalkulietherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe ging am 13. September 2012 beim Beklagten ein; darin ist ausgeführt, dass die Klägerin bereits zur Therapie angemeldet ist. Ob der Therapievertrag zu diesem Zeitpunkt bereits unterzeichnet war oder erst anschließend unterzeichnet wurde, musste vorliegend nicht aufgeklärt werden. Hierauf kommt es nicht entscheidungserheblich an, da die weiteren Voraussetzungen für den Anspruch auf Kostenübernahme nicht vorliegen.
2. Des Weiteren müssten nämlich gemäß § 36a Abs. 3 Nr. 2 SGB VIII die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorliegen. Dies ist hier nicht der Fall.
2.1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten einer Dyskalkulietherapie ist § 35a SGB VIII. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder und Jugendliche im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB VIII Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn (1.) ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und (2.) daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Gemäß § 35a Abs. 1a Satz 1 SGB VIII hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 eine Stellungnahme eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder eines über bestimmte Erfahrungen verfügenden Arztes oder psychologischen Psychotherapeuten einzuholen. Es ist damit Aufgabe des Arztes bzw. Psychotherapeuten, die von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vorausgesetzte Abweichung der seelischen Gesundheit von dem für das jeweilige Lebensalter typischen Zustand festzustellen. An eine entsprechende Feststellung einer seelischen Störung bzw. einer drohenden seelischen Störung sind das Jugendamt und auch das Gericht unter Wahrung des in § 20 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) enthaltenen Grundsatzes der freien Beweiswürdigung gebunden (vgl. Wiesner, SGB VIII 4. Auflage 2011, § 35a RdNr. 10 ff.; Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 35a RdNr. 16).
2.2. Der Beklagte geht aufgrund des fachärztlichen Gutachtens des ...-Klinikums vom .... Januar 2013, in welchem eine Rechenstörung mit einer daraus resultierenden Anpassungsstörung festgestellt wurde, zutreffend davon aus, dass bei der Klägerin eine seelische Störung i.S.d. § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII vorliegt.
2.3. Die in § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII genannte zweite Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungshilfe, das sog. Integrationsrisiko, ist auf der Basis des von einem Arzt oder Psychotherapeuten erstellten Gutachtens festzustellen. Allerdings liegt die Federführung hierbei beim Jugendamt selbst und dessen Einschätzung über das Vorliegen eines Integrationsrisikos ist trotz des Vorliegens eines unbestimmten Rechtsbegriffs gerichtlich voll überprüfbar (BayVGH, B.v. 21.1.2009 – 12 CE 08.2731 – BayVBl. 2010, 412; VG Hamburg, U.v. 24.11.2009 – 13 K 4032/07 - juris RdNr. 35). Bei der Prüfung der zweiten Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII haben die Fachkräfte des Jugendamts aufgrund ihrer umfassenden Kenntnis des sozialen Umfelds des betroffenen Kindes oder Jugendlichen und ihres sozialpädagogischen und gegebenenfalls psychologischen Sachverstands selbst zu beurteilen, wie sich die Funktionsbeeinträchtigung im Hinblick auf die Teilhabe des Kindes oder Jugendlichen am Leben in der Gesellschaft auswirkt, ohne dass insoweit überhaupt eine fachärztliche oder psychotherapeutische Stellungnahme erforderlich ist (OVG Lüneburg, B.v. 4.2.2009 – 4 LC 514/07 – juris RdNr. 35; VG Hamburg, U.v. 24.11.2009 – 13 K 4032/07 – juris RdNr. 35). Das Jugendamt ist dabei, anders als hinsichtlich der Diagnose einer seelischen Störung, nicht an eventuelle Aussagen des Arztes bzw. Psychiaters zum Vorliegen eines Integrationsrisikos gebunden. Dies bedeutet zwar nicht, dass die fachärztliche Stellungnahme für die Beurteilung der Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII) keinerlei Bedeutung hätte (OVG Lüneburg, B.v. 11.6.2008 – 4 ME 184/08 – NDV-RD 2009, 49). Das Jugendamt muss jedoch hinsichtlich des Vorliegens eines Integrationsrisikos nicht zwingend die Einschätzung des Gutachters im Sinne des § 35a Abs. 1a SGB VIII teilen (VG München, U.v. 23.5.2007 – M 18 K 05.5191 – juris RdNr. 25 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 28.11.2006 – 12 CE 06.2558 – juris RdNr.13).
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist gekennzeichnet durch die aktive, selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den das Kind bzw. den Jugendlichen betreffenden Lebensbereichen wie Familie, Verwandtschafts- und Freundeskreis, Schule und außerschulischen Betätigungsfeldern sowie Ausbildungsbereichen (Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 35a RdNr. 19). Für die Frage des Vorliegens einer seelischen Behinderung im Sinne von § 35a Abs. 1 SGB VIII kommt es auf das Ausmaß, den Grad der seelischen Störungen an. Entscheidend ist, ob die seelischen Störungen nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv sind, dass sie die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft, also die Partizipation an der Gesellschaft, beeinträchtigen (BVerwG, U.v. 26.11.1998 – 5 C 38/97 – juris RdNr. 15). Die Teilhabebeeinträchtigung, die nach Feststellung einer seelischen Störung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII zur Feststellung einer seelischen Behinderung führt, ist hierbei von den allgemeinen Belastungen des Lebens abzugrenzen (VG Hamburg, U.v. 24.11.2009 – 13 K 4032/07 – juris RdNr. 37). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründen bloße Schulprobleme oder Schulängste, die auch andere Kinder teilen, noch kein Integrationsrisiko. Als Beispiele für das Vorliegen eines Integrationsrisikos aufgrund seelischer Störungen werden die auf Versagensängsten beruhende Schulphobie, die totale Schul- und Lernverweigerung, der Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und die Vereinzelung in der Schule angeführt (BVerwG, U.v. 26.11.1998 – 5 C 38/97 – juris RdNr. 15). Eine Schulunlust muss so ausgestaltet sein, dass das Kind bzw. der Jugendliche nicht mehr am Schulleben teilnimmt, sich abkapselt, ausgrenzt oder ausgegrenzt wird (VG Hamburg, U.v. 24.11.2009 – 13 K 4032/07 – juris RdNr. 38). Erforderlich ist eine nachhaltige Einschränkung der sozialen Funktionsfähigkeit des Betroffenen (OVG Münster, B.v. 28.10.2011 – 12 A 1174/11 – juris RdNr. 12; VG Göttingen, U.v. 30.11.2006 – 2 A 429/05 – juris RdNr. 38). Insofern ist bei Schulproblemen, die auch viele andere Kinder haben, z.B. bei Gehemmtheit, Versagensängsten oder Schulunlust, ein Integrationsrisiko nicht (zwingend) gegeben (VG Göttingen, U.v. 30.11.2006 – 2 A 429/05 – juris RdNr. 38). Nicht jede dyskalkuliebedingte Beeinträchtigung des Schulbesuchs ist daher eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII (VG Münster, U.v. 20.4.2009 – 6 K 1312/07 – juris RdNr. 42). Nicht jeder von Dyskalkulie Betroffene ist dem Personenkreis des § 35a SGB VIII zuzurechnen, mit der Folge, dass ihm Jugendhilfe zu gewähren wäre (vgl. OVG Magdeburg, B.v. 22.1.2013 – 4 L 1/13 – juris RdNr. 9ff.).
Das Gericht geht vorliegend davon aus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. der Bedarfsdeckung die Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft nicht im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. SGB VIII beeinträchtigt war. Bei der Klägerin waren keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sie bereits nachhaltig in ihrer Fähigkeit zur aktiven, selbstbestimmten und altersgemäßen Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den sie betreffenden Lebensbereichen beeinträchtigt war. Da vorliegend allein die Erstattung der Kosten für eine bereits begonnene und inzwischen wieder beendete Hilfemaßnahme in Form einer Dyskalkulietherapie begehrt wird und das Gericht das Vorliegen eines Integrationsrisikos im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ohne Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraums des Beklagten vollumfänglich überprüfen darf, ist jedenfalls vorliegend für die Beurteilung des Integrationsrisikos die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. zum Zeitpunkt der Bedarfsdeckung maßgebend (Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 36a RdNr. 11; VG Hannover, U.v. 10.2.2012 – 3 A 2962/11 – juris RdNr. 24).
Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII bestünde jedoch auch dann, wenn zwar die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft noch nicht beeinträchtigt ist, eine solche Beeinträchtigung jedoch zu erwarten ist. Nach § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sind diejenigen Kinder von einer seelischen Behinderung bedroht, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Einschätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Insofern ist eine Prognosebeurteilung dahingehend nötig, ob und gegebenenfalls wann bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit der Eintritt einer Behinderung zu erwarten ist (BVerwG, U.v. 26.11.1998 – 5 C 38/97 - juris RdNr. 16). Die geforderte hohe Wahrscheinlichkeit einer Teilhabebeeinträchtigung und damit einer seelischen Behinderung ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine bloß allgemein oder theoretisch bestehende Möglichkeit einer seelischen Behinderung im Sinne einer abstrakten Gefahrenlage gegeben ist (VGH Mannheim, U.v. 4.11.1997 – 9 S 1462/96 – juris RdNr. 29; VG München, U.v. 11.10.2000 – M 18 K 98.4166 – juris RdNr. 46). Vielmehr ist eine Wahrscheinlichkeit der Teilhabebeeinträchtigung von wesentlich mehr als 50% erforderlich (BVerwG, U.v. 26.11.1998 – 5 C 38/97 - juris RdNr. 16; BayVGH; B.v. 26.3.2001 – 12 ZB 01.219 – juris RdNr. 7). Dies setzt voraus, dass über die abstrakte Gefährdungslage hinaus bereits konkrete Anzeichen dafür vorhanden sind, dass ohne eine entsprechende Hilfe die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und damit eine seelische Behinderung eintreten würde. Ansonsten käme dem Erfordernis einer zu erwartenden Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. SGB VIII neben der Voraussetzung einer seelischen Störung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII keinerlei eigenständige Bedeutung zu. An solchen konkreten Anzeichen für eine zu erwartende Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin fehlte es vorliegend.
Bezogen auf den häuslichen und außerschulischen Bereich wurden keinerlei Verhaltensauffälligkeiten genannt. Die Tatsache, dass die Klägerin durch „soziale Arbeitsteilung“ mit ihren Freunden in alltäglichen Situationen ihre Rechenschwäche umgehen kann, ist eher auf gruppendynamische Prozesse zurückzuführen, als das hieraus konkret die Gefahr eine Beeinträchtigung der Klägerin an der Teilnahme in der Gesellschaft abzuleiten wäre. Die Klägerin war vielmehr in stabile Freundschaften eingebunden und es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Freundschaften durch die Rechenschwäche belastet waren. Die Klägerin war zudem beim TSV ... in die Gemeinschaft eines Vereins integriert und besuchte regelmäßig die Konfirmandengruppe der Evangelischen Kirche.
Sowohl nach der Schulstellungnahme vom .... September 2012 sowie den vorgelegten Leistungsdokumentationen, den Angaben der Eltern im Elternfragebogen vom .... August 2012 und den Ausführungen in der Klagebegründung war die Klägerin in der Schule gut integriert und auch von anderen sozial anerkannt. Ihr Sozialverhalten gab nach den Beschreibungen der Zeugnisse keinen Anlass zu Beanstandungen und wurde ganz überwiegend als positiv beschrieben. Sie wurde in der Schulstellungnahme vom .... September 2012, in den Leistungsdokumentationen und im Gutachten des ...-Klinikums als offen für andere, aufgeschlossen, hilfsbereit und freundlich dargestellt. Die Klägerin war mit einzelnen Klassenkameraden befreundet und traf sich mit diesen auch außerhalb der Schule. Entsprechend der Angaben hatte die Klägerin keinerlei Verweigerungshaltung gegenüber der Schule. Sie war vielmehr gut in den Klassenverband, die Schule allgemein und in ihr persönliches Umfeld integriert. Es wurde hervorgehoben, dass die Stärken der Klägerin gerade im sozialen Bereich liegen. Mit der beschriebenen fehlenden Verweigerungshaltung gegenüber der Schule korrespondiert auch das in den Leistungsdokumentationen durchweg beschriebene Interesse der Klägerin an neuen Lerninhalten und ihrer Fähigkeit sowohl selbstständig als auch im Team zu arbeiten. Es wird das Bild einer lernwilligen, leistungsbereiten und motivierten Schülerin gezeichnet.
All dies spricht gegen eine (sich andeutende) totale Schul- und Lernverweigerung und einen drohenden Rückzug aus jedem sozialen Kontakt sowie gegen eine sich andeutende Vereinzelung in der Schule und vermag insofern konkrete Anzeichen für derartig nachhaltige Einschränkungen der sozialen Funktionsfähigkeit der Klägerin nicht zu begründen. Solche ergeben sich im Übrigen auch nicht aus den schulischen Leistungen der Klägerin. Laut der Schulstellungnahme vom .... September 2014 sind die Leistungen der Klägerin im Bereich Lesen sehr gut und im Bereich Rechtschreiben durchschnittlich bis gut. Lediglich im Bereich Mathematik wurde die Leistung mit sehr schwach angegeben. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne von § 35a Abs. 3 SGB VIII, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII), wozu auch die von der Klägerin begehrte Dyskalkulietherapie zählt, nicht Hilfe zur optimalen Schulbildung und damit auch nicht Hilfe zur Notenverbesserung bedeutet (vgl. BayVGH, U.v 14.5.2011 –12 B 98.2022 – juris RdNr. 31; VG Münster, U.v. 20.4.2009 – 6 K 1312/07 – juris RdNr. 42). Insofern kann auch die Angst der Klägerin, den Schulabschluss aufgrund der Dyskalkulie nicht zu schaffen, für sich genommen nicht die Gefahr einer Teilhabebeeinträchtigung begründen. Auch aus den Leistungsdokumentationen der Oberstufe ist insgesamt keine Tendenz einer deutlichen Verschlechterung der Leistungen erkennbar, die eventuell Anhaltspunkte für eine beginnende totale Lern- bzw. Schulverweigerung oder eine Schulphobie liefern könnte.
Die im Gutachten des ...-Klinikums vom .... Januar 2013 und in der Schulstellungnahme beschriebene erhöhte Tendenz, sich im Sinne der sozialen Erwünschtheit darzustellen und die leichten Hinweise auf Gefühle von Unzulänglichkeit und Hilflosigkeit in Prüfungssituationen bzw. die Anzeichen für Versagensängste im Bereich der Mathematik können vorliegend gleichwohl nicht die Erwartung einer Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII begründen. Dass man etwas, wobei man Schwierigkeiten hat, nicht gerne macht und unsicher ist bzw. Angst hat zu versagen, ist weit verbreitet. Diese Verhaltensweise teilt die Klägerin mit vielen anderen Kindern und Jugendlichen. Hierin waren zum Zeitpunkt der Bedarfsdeckung keine konkreten Anzeichen für eine einsetzende totale Lern- bzw. Schulverweigerung zu sehen. Zumal sich die Klägerin ihrer Rechenschwäche sehr bewusst war und gezielt daran arbeiten wollte. Laut der Leistungsdokumentationen und der Schulstellungnahme, wollte sich die Klägerin in diesem Bereich unbedingt verbessern. Hiernach hat sie sich sehr bemüht und überwiegend aus eigenem Antrieb gelernt. Auch dies steht konkreten Anhaltspunkten dafür entgegen, dass sich die Klägerin aufgrund ihrer Schwierigkeiten beim Rechnen in eine Verweigerungshaltung zurückziehen und so in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt werden könnte.
Die für § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Alt., Satz 2 SGB VIII geforderte hohe Wahrscheinlichkeit einer Teilhabebeeinträchtigung ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine bloß allgemein oder theoretisch bestehende Möglichkeit einer seelischen Behinderung im Sinne einer abstrakten Gefahrenlage gegeben ist (VGH Mannheim, U.v. 4.11.1997 – 9 S 1462/96 – juris Rn. 29), sondern es müssen über die abstrakte Gefährdungslage hinaus bereits konkrete Anzeichen dafür vorhanden sein, dass ohne eine entsprechende Hilfe die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und damit eine seelische Behinderung eintreten würde. Auch aus den Ausführungen in der Klagebegründung wonach bei der Klägerin vieles im Verborgenen liegen solle, kann diese Erwartung einer Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. SGB VIII nicht entnommen werden. Diese Vermutung lässt völlig offen, welche Störungen bei der Klägerin tatsächlich bereits manifest oder zu erwarten sein sollen und ist daher auch nicht geeignet, das durchgehend positive Bild der Klägerin, das sich aus den Schilderungen der Eltern der Klägerin, der Lehrer und letztlich auch aus dem Gutachten des ...-Klinikums speist, ins Gegenteil zu verkehren.
Gegen eine zu erwartende Teilhabebeeinträchtigung spricht auch, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Schwierigkeiten beim Rechnen von ihrer Familie viel Unterstützung und Rückhalt erfährt und die mit den Schwierigkeiten verbundene Belastung dadurch wesentlich gemildert wird. Sie wird in ihrer Familie aufgefangen. Zudem wird sie von ihren Eltern in ihrer Entwicklung fortlaufend beobachtet, so dass zu erwarten ist, dass eine konkret drohende Verschlechterung der Situation frühzeitig erkannt wird und dadurch rechtzeitig die Möglichkeit zur Gegensteuerung besteht (vgl. VG Hamburg, U.v. 24.11.2009 – 13 K 4032/07 – juris RdNr. 60). Für die Prognose einer zu erwartenden Teilhabebeeinträchtigung im Sinne von § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Alt. SGB VIII ist der Beginn der Bedrohung von einer Teilhabebeeinträchtigung so früh, aber eben auch nicht früher anzusetzen, als noch erfolgversprechende Eingliederungshilfemaßnahmen gegen den Eintritt der Behinderung eingesetzt werden können (BVerwG, U.v. 26.11.1998 – 5 C 38/97 – juris RdNr. 16).
Derzeit besteht keine Teilhabebeeinträchtigung der Klägerin und es gibt auch keine konkreten Anzeichen für eine drohende Teilhabebeeinträchtigung. Daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO.