Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 09. Okt. 2015 - 1 M 167/15
Gericht
Gründe
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Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 2. September 2015, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Einwendungen des Antragstellers rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.
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Das Vorbringen der Beschwerdebegründung hinsichtlich der fehlerhaften Auslegung des Antragsbegehrens gemäß § 88 VwGO, zur Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) sowie zu Verstößen gegen die gerichtliche Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 und 3 VwGO) ist nicht geeignet, eine Ergebnisunrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses schlüssig darzulegen. Es handelt sich dabei um Verfahrensmängel, mit deren Geltendmachung eine Beschwerde im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht erfolgreich geführt werden kann, da es allein darauf ankommt, ob die Beschwerde in der Sache begründet ist (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 14. Oktober 2011 - 1 M 148/11 -, juris, m. w. N.).
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Das weitere Beschwerdevorbringen macht auch nicht plausibel, dass der (Haupt)Antrag (gemäß Ziff. 1), dem Antragsgegner zu untersagen, „die Ausschreibung für den ausgeschriebenen Kehrbezirk (W) Nr. 10 (unter Anwendung der AASchfVO LSA) fortzuführen“, in der Sache Erfolg hat.
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Der Hauptantrag ist unzulässig und es fehlt dem Antragsteller ein Anordnungsgrund.
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Es ist bereits nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller ein Rechtsschutzinteresse für die begehrte Regelung zuzubilligen ist. Das von ihm reklamierte Interesse an einer diskriminierungsfreien Auswahlentscheidung, welche er insbesondere wegen der Anwendung der AASchfVO LSA, der daraufhin erstellten Bewerbermatrix, der wiederum daraufhin erfolgten Bewertung seiner Bewerbung und der Bewerbung des Konkurrenten als nicht gewährleistet ansieht, rechtfertigt es nicht, vor Ergehen der behördlichen Auswahlentscheidung und dem hiergegen eröffneten Anfechtungs- und Verpflichtungsrechtsschutz einschließlich Eilrechtsschutzes, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers vorläufig zu sichern bzw. bei dessen drohender oder bereits eingetretener Verletzung das Auswahlverfahren anzuhalten oder gar zu beenden. Der Antragsteller ist nicht gehindert, seine Einwände gegen die Ausschreibung und das Auswahlverfahren mittels vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Auswahlentscheidung geltend zu machen.
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Entgegen der nicht begründeten Beschwerdebehauptung, ist eine Inzidentkontrolle der dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Rechtsvorschriften, insbesondere der Vorordnung über das Ausschreibungs- und Auswahlverfahren für die Tätigkeit als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger im Land Sachsen-Anhalt (AASchfVO LSA) vom 29. Juli 2013 (GVBl. LSA 2013, 406), auch möglich. Sollte diese Verordnung - wie der Antragsteller meint - nicht anwendbar sein bzw. gegen höherrangiges Recht verstoßen, dürfte dieser Umstand nicht nur die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung, sondern des Bestellungsbesetzungsverfahrens „in toto“ zur Folge haben, so dass eine Wiederholung des gesamten Ausschreibungs- und Auswahlverfahrens in Betracht kommen kann. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass der vorläufige Rechtsschutz gegen die Auswahlentscheidung hinter dem vom Antragsteller begehrten präventiven Rechtsschutz „zurück bleibt“ bzw. unzureichend wäre.
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Sonstige Gründe dafür, weshalb der Antragsteller nicht auf den (vorläufigen) Rechtsschutz gegen die Auswahlentscheidung verwiesen werden kann, werden weder von der Beschwerdebegründungsschrift vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Eine andere rechtliche Bewertung rechtfertigt sich im Übrigen auch nicht mit Blick auf die von der Beschwerde in Bezug genommene Entscheidung des VG Frankfurt (Beschluss vom 11. Oktober 2007 - 7 G 3111/07 - NJW 2008, 1096 und juris). Das VG Frankfurt hat ein Rechtsschutzbedürfnis für den vorbeugenden Rechtsschutz bejaht, weil im entschiedenen Fall „irreversible Tatsachen entstünden und die Antragstellerin beim Verweis auf nachgehenden Rechtsschutz nicht wieder gutzumachende erhebliche Nachteile erleiden würde“ (a. a. O). Dies trifft auf den Antragsteller indes gerade - wie ausgeführt - nicht zu.
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Aus den vorgenannten Ausführungen folgt zugleich, dass der Antragsteller keine Eilbedürftigkeit für die von ihm begehrte vorläufige Rechtsschutzregelung geltend machen kann, ihm mithin kein Anordnungsgrund zur Seite steht.
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Es ist nicht ersichtlich, weshalb dem Antragsteller ein Abwarten der Auswahlentscheidung nicht zumutbar sein sollte. Soweit die Beschwerdebegründungsschrift die Eilbedürftigkeit der bereits erfolgten Anwendung der AASchfVO LSA und der daraufhin erstellten Bewerbermatrix entnimmt, hat der Antragsteller keinen Anspruch darauf, dass mögliche Fehler im Verwaltungsverfahren zum frühestmöglichen Zeitpunkt rechtlich überprüft und unterbunden werden. Verwaltungsgerichte gewähren grundsätzlich nachträglichen, nicht verfahrensbegleitenden Rechtsschutz, wie auch die Regelung des § 44a VwGO deutlich macht.
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Im Übrigen bezieht sich die Eilbedürftigkeit des Anordnungsgrundes bei einer begehrten Regelungsanordnung - wie hier - darauf, dass die Regelung, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Regelung wesentliche Nachteile entstehen, sie der Gewaltverhinderung dient oder aus anderen Gründen - etwa zwecks Gewährung effektiven Rechtsschutzes - nötig wäre.
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Die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zum Fehlen eines Anordnungsgrundes für die Hilfsanträge wird durch die Beschwerdebegründungsschrift nicht schlüssig in Frage gestellt. Das Vorbringen, das Verwaltungsgericht beziehe sich ausschließlich auf den Konkurrentenstreit, verkennt, dass das Verwaltungsgericht die Notwendigkeit präventiven Rechtsschutzes - wie hilfsweise beantragt - vor Erlass einer Auswahlentscheidung sinngemäß mit der Begründung verneint hat, dass nach der behördlichen Entscheidung immer noch wirksame gerichtliche Entscheidungen getroffen werden können und die Rechtsposition des Antragstellers bis dahin weder untergegangen noch entwertet worden ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 47, 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen zur Bewertung des ersten Hilfsantrages treffen auch auf den Hauptantrag zu, so dass ihnen gefolgt werden kann; den Hilfsanträgen kommt daneben keine selbständige wirtschaftliche Bedeutung zu.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.