Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Aug. 2016 - 8 A 10377/16

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2016:0803.8A10377.16.0A
bei uns veröffentlicht am03.08.2016

Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich als Betreiberin einer 2005 errichteten Windenergieanlage gegen eine ihr nachträglich im Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung ihrer Anlage bei Wind aus Südsüdost.

2

Die Klägerin betreibt in dem inzwischen aus neun Windenergieanlagen (im Folgenden WEA) bestehenden Windpark H. seit 2005 mehrere Anlagen, darunter auch die WEA 2 auf dem Flurstück Nr. …. Die Beigeladene ist die Rechtsnachfolgerin der T., die auf den nördlich des Flurstücks Nr. … gelegenen Flurstücken Nrn. … und … – ebenfalls im Windpark H. – eine Windenergieanlage betreibt (WEA 7). Die im Jahr 2013 errichtete WEA 7 befindet sich nordnordwestlich der WEA 2 in einem Abstand von weniger als 150 m.

3

Die Verfahren zur Genehmigung der beiden Anlagen (WEA 2: Typ Enercon E-70 E 4 [Nabenhöhe – NH – 98 m, Rotordurchmesser – RD – 70 m] und WEA 7: Typ Enercon E-70 E4 [2,3 MW Nennleistung, NH 85 m und RD 71 m) stellen sich im Überblick im Wesentlichen wie folgt dar:

Flurstück Nr. … (WEA 2)

Flurstücke Nrn. …, … (WEA 7)

                 
        

23. September 2002
positiver Bauvorbescheid an T. für WEA Nordex N 90
(2,5 MW, NH 100 m, RD 90 m)

                 

16. Januar 2003
Baugenehmigung für WEA Typ Vestas V 80 (2,0 MW, NH 100 m, RD 80 m)

        
                 
        

20. Juli 2004
Baugenehmigung an T. [auf Antrag vom 5. Mai 2004]
für WEA Typ Enercon E-66/20.70 (2,0 MW, NH 85 m, RD 70 m)

                 

6. September 2004
Tekturgenehmigung für WEA Typ GAMESA EOLICA G 80-2.0 MW
28. September 2004
Tekturgenehmigung für Anlagentyp Enercon E-70 E4 (NH 98 m, Gesamthöhe 134,5 m)
28. Oktober 2004
Änderungs-Baugenehmigung für die WEA E-70-E 4 (Gesamthöhe 134,5 m),
Standortverschiebung nach Osten um 79 m, neue Koordinaten HW …/RW …
29. April 2005
Fertigstellungsanzeige

        
                 
        

12. Juni 2008
Verlängerungsbescheid zur Baugenehmigung
vom 20. Juli 2004 bis 20. Juli 2012

                 

18. Juli 2008
Ergänzende Auflage zur Baugenehmigung für E-70 E4:
Abschaltverpflichtung bei Wind von 6 – 14 m/s
für die Sektoren 328° +/- 27° und 148° +/- 27° mit dem Zusatz:
„Die Auflage tritt nur dann in Kraft, soweit die mit Änderungsbaugenehmigung
vom 2. August 2004 genehmigte Windenergieanlage der Fa. T. vom Typ
Enercon E-66/20.70 … tatsächlich errichtet und in Betrieb genommen wird.“

        
                 
        

20. April 2012
Baugenehmigung an die T. für die Errichtung einer WEA Typ
Enercon E-70 E4– auf Antrag vom 29. Februar 2012 –
(2,3 MW, NH 85 m, RD 71 m)

        

15. November 2012
Baubeginnanzeige

                 

31. Mai 2013
Ergänzende Auflage:
Abschaltverpflichtung bei Wind aus SSO (147,1° +/- 32,7° bei 4-14 m/s)

31. Mai 2013
Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für
E-70 E4 mit der Auflage: Abschaltverpflichtung bei Wind aus NNW
(327,1° +/- 32,7° bei 4-14 m/s)

                 
        

2013
Fertigstellung der Anlage

        

25. Februar 2014
Änderungsgenehmigung: bloß
Abregelungsverpflichtung bei Wind aus NNW

4

Die an die Klägerin adressierte ergänzende Auflage vom 18. Juli 2008 erging im Rahmen des Verfahrens des Widerspruchs der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gegen die der Klägerin erteilte Genehmigung vom 16. Januar 2003. Zur Begründung des Widerspruchs wurde ausgeführt, dass die später genehmigte Anlage der Klägerin den Mindestabstand unterschreite. Daraufhin gab der Beklagte im November 2006 der Klägerin auf, die Standsicherheit der der Fa. T. genehmigten Anlage E-66/20.70 auch bei Ausnutzung der der Klägerin genehmigten Anlage nachzuweisen. In der gutachterlichen Stellungnahme des TÜV Nord zur Turbulenzbelastung im Windpark H. vom Dezember 2007 heißt es auf S. 9 f:

5

„Die Standsicherheit der betroffenen WEA 2 und 7 kann in der geplanten Konfiguration durch Ausschluss des Betriebes in der Nachlaufströmung der verursachenden WEA gewährleistet werden. Dies kann durch das Abschalten der jeweils verursachenden WEA bei Auftreten der entsprechenden Nachlaufsituation erreicht werden.

6

Da die Lasten bei einer abgeschalteten WEA (Trudelbetrieb) auch in der erhöhten Turbulenz der Nachlaufströmung der Nachbar-WEA geringer sind als im Betrieb bei ungestörter Anströmung, kann alternativ die betroffene WEA selbst abgeschaltet werden.

7

Das Abschalten wird bei Windgeschwindigkeiten von 6 bis 14 m/s aus folgenden Windrichtungen erforderlich:

8

- WEA 7 oder WEA 2 bei Wind aus 328° +/- 27° (301° bis 355°) und

9

- WEA 2 oder WEA 7 bei Wind aus 148° +/- 27° (121° bis 175°)“.

10

Die hier streitgegenständliche Regelung vom 31. Mai 2013 erging im Rahmen des Verfahrens zum Widerspruch der Klägerin gegen die zugunsten der Beigeladenen erteilten Änderungsgenehmigung vom 20. April 2012. Zu dessen Begründung wurde ausgeführt: Die jetzt genehmigte Anlage E-70 E 4 weiche von der bisher genehmigten Anlage E-66/20.70 ab. Die der Klägerin gegenüber am 18. Juli 2008 ergänzend auferlegte Abschaltverpflichtung beziehe sich ausdrücklich nur auf die zuvor genehmigte Anlage E-66/20.70. Sie habe sich durch die Änderung des Anlagentyps auf Seiten der Fa. T. erledigt. Diese Neugenehmigung führe zu einer Beeinträchtigung des Betriebs ihrer eigenen Anlage. Es sei daher notwendig, der Fa. T. wegen des Nachrangs ihrer Genehmigung Abschaltverpflichtungen zum Schutz der WEA 2 aufzuerlegen.

11

Die Kreisverwaltung setzte daraufhin die Vollziehung der Baugenehmigung vom 20. April 2012 aus und forderte die Beigeladene auf, die Auswirkungen der genehmigten WEA 7 (E-70 E4) auf die WEA 2 und andere Folgewirkungen gutachterlich untersuchen zu lassen. Das vorgelegte Gutachten des TÜV Nord vom 21. Februar 2013 empfahl die Abschaltung der WEA 7 bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s sowohl für den Abschaltsektor 327,1° +/- 32,7° als auch für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7°, in letzterem Fall zum Selbstschutz der WEA 7. Auf Nachfrage der Kreisverwaltung teilte der TÜV Nord mit, dass alternativ zur Abschaltung der WEA 7 zur Gewährleistung der Standsicherheit beider Anlagen auch eine teilweise oder vollständige Abschaltung der WEA 2 möglich sei.

12

Mit Bescheid vom 31. Mai 2013 hob die Kreisverwaltung die Baugenehmigung vom 20. April 2012 auf und erteilte der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin der Fa. T. nunmehr die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung der WEA vom Typ Enercon E-70 E4 (NH 85 m, RD 71 m) und erlegte ihr eine Abschaltverpflichtung bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s für den Abschaltsektor 327,1° +/- 32,7° (294° bis 359,8°) auf. Eine Abschaltverpflichtung für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° wurde für den Fall vorbehalten, dass die Gefahr nicht durch die Inanspruchnahme von Dritten beseitigt werde.

13

Ebenfalls mit Bescheid vom 31. Mai 2013 wurde der Klägerin die hier angefochtene nachträgliche Auflage zur Baugenehmigung vom 16. Januar 2003 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen dahingehend erteilt, dass sie ihre Anlage bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° (114,4° bis 179,8°) abzuschalten habe. Zur Begründung führte die Behörde aus: Die der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juli 2008 gemachte Auflage habe sich inzwischen erledigt, da diese von der Errichtung der der Fa. T. ursprünglich genehmigten Anlage Enercon E-66 abhängig gewesen sei. Dennoch bleibe es dabei, dass von der WEA 2 bei einem bestimmten Abschaltsektor eine Gefahr für die benachbarte WEA 7 ausgehe. Hinsichtlich der Bewältigung der Gefahrenlage sei der Grundsatz der Rücksichtnahme und der geeigneten Ursachenzumessung maßgeblich. Danach sei die Klägerin für die Auswirkungen bei Winden aus Südsüdost, die Beigeladene hingegen für die Auswirkungen der Winde aus Nordnordwest verantwortlich.

14

Für den Erlass des Änderungsbescheids vom 31. Mai 2013 erhob die Klägerin mit Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 275,75 €.

15

Die Klägerin legte sowohl gegen die ergänzende Auflage zu der ihr erteilten Baugenehmigung als auch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung an die Beigeladene Widerspruch ein und wiederholte darin im Wesentlichen ihre Auffassung, dass nach Errichtung der der Beigeladenen genehmigten WEA Typ Enercon E-70 E4 allein die Beigeladene zur Bewältigung der Gefahrenlage durch entsprechende Abschaltverpflichtungen der WEA 7 verantwortlich sei.

16

Nachdem der TÜV Nord in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Dezember 2013 festgestellt hatte, dass die Standsicherheit der WEA 2 in der Nachlaufströmung der WEA 7 statt durch Abschaltung der WEA 7 auch durch näher beschriebene Abregelungen (Pitchen) gewährleistet werden kann, erließ der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2014 eine entsprechende immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 wies der Kreisrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin dadurch, dass die Abschalt- bzw. Abregelungsanordnung gegenüber der Beigeladenen auf den Windsektor aus Nordnordwest (327,1° +/- 32,7°) beschränkt und ihr gegenüber eine Abschaltverpflichtung für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° (Südsüdost) auferlegt worden sei, nicht in ihren Rechten verletzt sei. Rechtsgrundlage für die nachträgliche Anordnung gegenüber der Klägerin sei § 85 LBauO. Die darin geforderte erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit gehe bei Wind aus dem Sektor 147,1° +/- 32,7° von der Anlage der Klägerin (WEA 2) für die Anlage der Beigeladenen (WEA 7) aus. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, der Klägerin auch eine Abschaltverpflichtung zum Schutz der nunmehr der Beigeladenen genehmigten Anlage E-70 aufzuerlegen. Es träfen hier Pflichten von Bauherren verschiedener baulicher Anlagen aufeinander. Bei Zusammentreffen konkurrierender Anlagen habe die Behörde eine sachgerechte Auswahl im Hinblick auf die Verteilung der Rücksichtnahmepflichten zu treffen. Die Klägerin habe ihre Windenergieanlage in eine vorbelastete Situation hinein errichtet, denn ihr sei bei Erteilung der Baugenehmigung bekannt gewesen, dass eine weitere Anlage hinzukommen werde. Schon aufgrund des Bescheides vom 18. Juli 2008 habe die Klägerin Rücksicht auf die der Beigeladenen (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) erteilten Genehmigung nehmen müssen. Bei der nun der Beigeladenen genehmigten Anlage handele es sich auch nicht um ein Aliud, sondern um das Nachfolgemodell zur E-66. Soweit von der nunmehr genehmigten E-70 E4 Beeinträchtigungen für die Windenergieanlage der Klägerin bei bestimmten Windrichtungen zu befürchten seien, seien die erforderlichen Abhilfemaßnahmen allein der Beigeladenen auferlegt worden. Der gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 erhobene Widerspruch sei ebenfalls nicht begründet.

18

Mit ihrer am 18. März 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin einerseits den ergänzenden Auflagenbescheid vom 31. Mai 2013 und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 angefochten und andererseits auch die an die Beigeladene gerichteten Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 25. Februar 2014 angegriffen. Das Verwaltungsgericht hat das Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 getrennt und zunächst nur die Anfechtungsklagen gegen die an die Klägerin adressierten Bescheide verhandelt. Im Übrigen hat es das Verfahren ausgesetzt.

19

Zu dem abgetrennten Komplex hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die nachträglich mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 85 LBauO seien nicht gegeben. Zwar bestehe eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Auswahl der zur Abwendung dieser Gefahr Verantwortlichen sei jedoch fehlerhaft erfolgt. Ermessensgerecht sei allein, den Letztverursacher vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die letzte Ursache für die Unverträglichkeit des parallelen Betriebs der WEA 2 und WEA 7 sei jedoch durch die Genehmigung der E-70 zugunsten der Beigeladenen gesetzt worden.

20

Die Klägerin hat beantragt,

21

die Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 aufzuheben.

22

Der Beklagte hat unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, die angefochtenen Bescheide jedoch verteidigt.

25

Das Verwaltungsgericht hat der (abgetrennten) Klage durch Urteil vom 9. Dezember 2015 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung sei rechtswidrig. Der Beklagte könne sich insofern nicht auf § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO berufen. Einschlägig sei vielmehr die immissionsschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage in § 17 BImSchG. Zum Erlass einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG sei indes nicht der Beklagte, sondern die Struktur- und Genehmigungsdirektion zuständig. Die Windenergieanlage der Klägerin unterliege nach der Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG ab dem 1. Juli 2005 dem Immissionsschutzrecht, was auch für das immissionsschutzrechtliche Überwachungsinstrumentarium gelte. Dies habe zur Folge, dass § 17 Abs. 1 BImSchG auch für solche Windkraftanlagen gelte, für die ursprünglich eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Zwar stelle § 17 BImSchG keine Spezialregelung dar, die die polizei- oder ordnungsrechtlichen Vorschriften stets verdränge. Das Instrument der nachträglichen Anordnung nach § 17 BImSchG diene der Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten. Demgegenüber könnten nachträgliche Anordnungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO nur zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit angeordnet werden, denen typischerweise bauordnungsrechtlich zu begegnen sei. Soweit eine Maßnahme auf § 17 BImSchG gestützt werden könne, blieben ordnungsrechtliche Vorschriften daher außen vor. Dies müsse auch dann gelten, wenn neben immissionsschutzrechtlichen auch bauordnungsrechtliche Gründe für das nachträgliche Einschreiten gegeben seien, die immissionsschutzrechtlichen Gründe aber im Vordergrund stünden. Letzteres sei hier der Fall, da es primär um die Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten gehe. Der Beklagte habe mit seiner Verfügung zum Ausdruck gebracht, dass von der Windenergieanlage der Klägerin schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen. Dass damit auch Fragen der Standsicherheit i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO im Raum stünden, ändere nichts daran, dass die getroffene Anordnung maßgeblich aus Gründen des Immissionsschutzrechts getroffen werde. Infolgedessen sei auch der damit zusammenhängende Kostenbescheid rechtswidrig.

26

Der Beklagte trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Die der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2013 nachträglich auferlegte Abschaltverpflichtung sei zu Recht auf § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO gestützt worden. Denn es solle mit dieser Verfügung keine immissionsschutzrechtliche Verpflichtung, sondern vielmehr eine Anforderung aus dem Bauordnungsrecht durchgesetzt werden. Maßgebliches Ziel der Verfügung sei es nämlich, die Anforderungen an die Standsicherheit nach § 13 LBauO durchzusetzen. Die Verfügung sei auch im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden. Die getroffene Lastenverteilung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen sei sachgemäß. Bei der der Beigeladenen genehmigten Windenergieanlage Enercon E-70 handele es sich nicht um ein Aliud zur früheren Anlage, vielmehr sei die E-70 die Nachfolgeanlage zur Enercon E-66 mit nur geringen technischen Änderungen. Daraus ergebe sich keine Notwendigkeit zur Durchführung eines völlig neuen Genehmigungsverfahrens. Soweit der TÜV Nord in seinen Stellungnahmen aus dem Jahr 2013 Änderungen hinsichtlich der Abschaltsektoren und der Windgeschwindigkeit errechnet habe, sei dies im Wesentlichen auf Änderungen des Rechnungsmodus seit dem Erstgutachten im Jahr 2007 zurückzuführen. Dies habe der TÜV Nord auf ergänzende Anfrage bestätigt. Im Übrigen ergäben sich kleine Abweichungen daher, dass bei den neueren Berechnungen der Abstand der beiden Anlagen WEA 2 und WEA 7 korrekt um 6 m reduziert worden sei.

27

Der Beklagte beantragt,

28

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Dezember 2015 die Klage gegen die Bescheide vom 31. Mai 2013 und 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 abzuweisen.

29

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

30

die Klage gegen die Bescheide vom 31. Mai 2013 und 27. Juni 2013 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Dezember 2015 abzuweisen.

31

Zur Begründung führt sie aus, dass die Bauaufsichtsbehörde zum Erlass der nachträglichen Anordnung zuständig gewesen sei. Denn hier hätten bauordnungsrechtliche Fragen der Standsicherheit im Vordergrund gestanden. In der Sache sei die von der Behörde getroffene Lastenverteilung rechtlich nicht zu beanstanden. Für sie [die Beigeladene] streite das Prioritätsprinzip. Ihr sei im Jahr 2002 erstmals ein positiver Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage auf den Flurstücken Nrn. 1993 und 1994 erteilt worden. Im Anschluss daran sei sie ununterbrochen im Besitz einer Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlage gewesen. Bei der Umstellung von der E-66 auf die E-70 handele es sich nicht um ein Aliud, sondern bloß um eine Weiterentwicklung. Die E-70 verursache sogar geringere Turbulenzen als das Vorgängermodell. Das Vorhaben der Klägerin sei demgegenüber nicht prioritär. Folgerichtig hätte die Klägerin daher sogar die vollständige Verantwortung zur Gefahrenbeseitigung treffen müssen. Dann sei aber jedenfalls die von dem Beklagten getroffene Lastenverteilung von der Klägerin nicht zu beanstanden.

32

Die Klägerin beantragt,

33

die Berufungen zurückzuweisen.

34

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. § 17 BImSchG sei auch dann anwendbar, wenn zumindest auch immissionsschutzrechtliche Pflichten durchgesetzt werden sollten, wie hier. Im Übrigen sei es verfehlt, sie für die Bewältigung von Problemen wegen der Nähe ihrer Anlage zu der der Beigeladenen genehmigten Anlage E-70 E4 in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte gehe zu Unrecht weiterhin von einer Priorisierung der Windenergieanlage der Beigeladenen aus. Bei der Anlage E-70 handele es sich um eine in wesentlicher Hinsicht andere Anlage als die zuvor genehmigte E-66/20.70. Es hätte daher eines neuen Genehmigungsverfahrens bedurft. Wie sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen der F. vom 16. Mai 2014 und vom 22. Juli 2016 ergebe, komme es für die Beurteilung von Turbulenzerhöhungen durch eine geänderte Anlage nicht nur auf die Nabenhöhe und den Rotordurchmesser der Anlage an. Wesentlich sei auch der Schubbeiwert des Rotors. Insofern unterschieden sich die Schubbeiwerte bei den Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-66/20.70 und Enercon E-70 E4 jedoch deutlich. Der neue Rotor der Anlage E-70 E4 erbringe eine höhere Windausbeute, was auch zu einem veränderten Strömungsverlauf führen müsse.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet.

37

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

38

Die angefochtene ergänzende Auflage im Bescheid vom 31. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Demzufolge kann auch der hierauf gestützte Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 keinen Bestand haben.

39

1. Die ergänzende Anordnung vom 31. Mai 2013 war indes nicht schon deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte sie als dafür zuständige Bauaufsichtsbehörde auf die bauordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage in § 85 LBauO gestützt hat.

40

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war er hieran nicht durch eine vorrangige Anwendbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlage in § 17 BImSchG gehindert, wofür – anders als für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen – nicht die Kreisverwaltung, sondern die Struktur- und Genehmigungsdirektion sachlich zuständig wäre (vgl. § 1 Abs. 1 und Nr. 1.1.8 der Anlage der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes (ImSchZuVO) vom 14. Juni 2002 i.d.F. des Gesetzes vom 6. Oktober 2015 (GVBl. S. 283; die Zuständigkeit der Kreisverwaltung für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen ergibt sich aus Nr. 1.1.1 der Anlage zum ImSchZuVO).

41

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG können zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen getroffen werden. Nach ihrem klaren Wortlaut beschränkt sich diese Ermächtigung auf die Erfüllung immissionsschutzrechtlicher Verpflichtungen, also der Pflichten zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen i.S.v. § 5 BImSchG. Hinsichtlich der Pflichten aus anderen Vorschriften außerhalb des BImSchG ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass zu deren Vollzug die hierfür zuständigen Behörden berufen sind. Die Konzentrationswirkung bei der Genehmigung von Windenergieanlagen nach § 13 BImSchG erstreckt sich nur auf die präventive Kontrolle; nach Erteilung der Genehmigung fällt die Zuständigkeit zum Vollzug der öffentlich-rechtlichen Vorschriften außerhalb des Immissionsschutzrechts wieder an die zum Vollzug dieser Vorschriften zuständigen Behörden zurück (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 25. Juli 2011 – 4 ME 175.11 –, NuR 2011, 891 und juris, Rn. 4; Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 79. EL 2016, § 13 BImSchG, Rn. 117 und 120; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 13 Rn. 25 und § 17 Rn. 20). Beim Verstoß gegen Pflichten sowohl aus dem BImSchG als auch aus anderen Vorschriften kann § 17 BImSchG anwendbar sein, dann aber gegebenenfalls parallel zu anderen Ermächtigungsnormen (vgl. Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 190. Aktualisierung 2016, § 17 Rn. 26; Jarass, a.a.O., § 17 Rn. 20). Derselbe Sachverhalt kann Anlass für verschiedene Behörden zum Einschreiten sein. Die Berechtigung hierzu hängt von der Zielrichtung der Maßnahme ab. Dient eine Maßnahme der Durchsetzung baurechtlicher Anforderungen, so ist - jedenfalls auch - die Bauaufsichtsbehörde zuständig (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 1994 – 10 A 4084/92 –, BauR 1995, 372, LS 1 und 2; Hansmann/Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, a.a.O., § 17 Rn. 44 f.).

42

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parallelität der Eingriffsermächtigungen dann eine Einschränkung verlangt, wenn der Pflichtenverstoß sein Schwergewicht eindeutig in einem der einschlägigen Rechtsregime hat. Denn ein solcher Fall liegt hier zugunsten des immissionsschutzrechtlichen Pflichtenkreises nicht vor. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts standen bei dem Einschreiten des Beklagten nicht immissionsschutzrechtliche Gründe im Vordergrund. Zwar können die Turbulenzwirkungen einer Windenergieanlage auf Nachbaranlagen durchaus als schädliche Umwelteinwirkungen aufgefasst werden. Insbesondere aus dem Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015, in dessen Gestalt die Abschaltanordnung vom 31. Mai 2013 Gegenstand der Anfechtungsklage ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), ergibt sich indessen eindeutig, dass der Beklagte wegen Gefahren für die Standsicherheit der benachbarten Anlagen und damit zur Durchsetzung bauordnungsrechtlicher Verpflichtungen eingeschritten ist (vgl. S. 8 und S. 10 des Widerspruchsbescheids). Denn § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO verlangt, dass durch eine bauliche Anlage die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährdet werden darf. Die Ausrichtung des aufsichtsbehördlichen Vorgehens auf Fragen der Standsicherheit wird schließlich auch durch die gutachterlichen Stellungnahmen des TÜV Nord bestätigt. Danach hat sich der Gutachtenauftrag auf die Beurteilung der Standsicherheit der Windenergieanlagen bezogen (vgl. S. 5 der Stellungnahme vom 20. Dezember 2013). Aufgrund fehlender Kriterien für einen Immissionsgrenzwert für die durch eine Nachbar-WEA erhöhten Turbulenzbelastungen haben die Gutachter auf Kriterien der Standsicherheit abgestellt. Danach werde ein auf erhöhte Turbulenzintensität rückführbarer zusätzlicher Verschleiß einer Windenergieanlage dann als zumutbar angesehen, solange die Standsicherheit für 20 Jahre gewährleistet bleibe (a.a.O., S. 5). Damit stellen die Gutachter klar, dass im Kern der Untersuchung Fragen zur Standsicherheit der benachbarten Windenergieanlagen standen. Auf dieser Grundlage ist die Behörde eingeschritten.

43

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO liegen vor.

44

Nach dieser Vorschrift können bei rechtmäßig begonnenen oder bestehenden baulichen Anlagen nachträglich Anforderungen nur gestellt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist.

45

Hier drohen durch den Betrieb der Windenergieanlage der Klägerin erhebliche Gefahren für das Eigentum an Sachen. Konkret können infolge der durch die WEA 2 im Nachlauf ausgelösten Turbulenzen Beeinträchtigungen für die Standsicherheit benachbarter Windenergieanlagen auftreten. Wie der TÜV Nord in seinen Stellungnahmen ausgeführt hat, sind für die Belastung, Haltbarkeit und den Betrieb von Windenergieanlagen vor allem die Windbedingungen maßgeblich. Hierfür ist neben der vorhandenen Umgebungsturbulenzintensität in einer Windzone auch der Einfluss der Nachlaufsituationen benachbarter Windenergieanlagen ausschlaggebend. Dies kann bei der betroffenen Anlage zu schnellerem Verschleiß von Anlagenteilen und zur Beeinträchtigung ihrer Standsicherheit führen (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 5 f; auch: OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 und juris, Rn. 15). Aufgrund der Berechnungen des TÜV Nord steht fest, dass bei den Anlagen der Klägerin (WEA 2) und der Beigeladenen (WEA 7) wegen ihres geringen Abstands von unter 150 m die – unter Berücksichtigung anlagenspezifischer Parameter, wie etwa dem Schubbeiwert, ermittelten – effektiven Turbulenzintensitäten die aus der Umgebungsturbulenzintensität hergeleiteten Auslegungswerte überschreiten und damit eine Gefährdung der Standsicherheit der jeweils betroffenen Windenergieanlage begründen (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 6 f. und S. 15 bis 18). Dies bedeutet, dass bei einem bestimmten Windsektor und bestimmten Windgeschwindigkeiten die im Nachlauf der anderen Anlage stehende Windenergieanlage in ihrer Standsicherheit beeinträchtigt wird.

46

3. Der angefochtene Bescheid vom 31. Mai 2013 erweist sich allerdings deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte von dem ihm in § 85 Abs. 1 LBauO eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO).

47

Der Beklagte hat nämlich bei der Abgrenzung der Verantwortung für die Bewältigung des Konflikts durch den Betrieb zweier unverträglich naher Windenergieanlagen den für eine sachgerechte Lastenverteilung maßgebenden Vorrang zugunsten des älteren Vorhabens nicht in der gebotenen Weise beachtet. Danach hat der Betreiber derjenigen Anlage die Verantwortung zur Konfliktbewältigung und die damit verbundenen Lasten zu tragen, der durch die Realisierung seines Projekts die letzte Ursache für die Entstehung des Konflikts setzt. Dies war hier die Beigeladene, die für ihr im Jahr 2012 genehmigtes und begonnenes Vorhaben auf die bereits seit 2005 betriebene Anlage der Klägerin traf.

48

a) Weil der Betrieb einer Windenergieanlage wegen der geschilderten Turbulenzeffekte zu Beeinträchtigungen benachbarter Windenergieanlagen führen kann, bedarf es geeigneter Maßnahmen, um den dadurch ausgelösten Konflikt zu bewältigen. Dabei kommt als erstes die Einhaltung eines ausreichenden Abstandes zwischen den Windenergieanlagen in Betracht. Insofern wird eine Distanz der fünffachen Länge des Rotordurchmessers für ausreichend erachtet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2000 – 7 B 2180/99 –, NVwZ 2000, 164 und juris, Rn. 6; Gatz, Windenergieanlagen, 2. Aufl. 2013, Rn. 358). Nach den Ausführungen des TÜV Nord kann die Gefahr von Beeinträchtigungen durch Turbulenzeffekte aber nicht nur durch gehörigen Abstand der Anlagen und damit den Verzicht auf einen der zu dicht gelegenen Standorte abgewendet werden. In Betracht kommen auch Abschalt- bzw. Abregelungsverpflichtungen. So können schädliche Turbulenzeffekte einmal durch die Abschaltung der zuvorderst im Wind stehenden Anlage zugunsten der dahinterstehenden Anlage vermieden werden (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 17 f.). Gefahren für die Standsicherheit kann aber auch durch Abschalten der dahinterstehenden Anlage – zu ihrem Selbstschutz – begegnet werden, weil die Lasten einer abgeschalteten Windenergieanlage (Trudelbetrieb) auch bei einer erhöhten Turbulenz durch die auf der Luvseite stehenden Anlage gering sind (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom Dezember 2007, S. 10, sowie ergänzende Stellungnahme des TÜV Nord vom 7. Januar 2014, Bl. 221 der Behördenakte „…“). Die Gefahrenabwehr kann also einmal aktiv durch Unterbinden der Turbulenzwirkungen bei der störenden Anlage erfolgen. Sie kann aber auch passiv durch Abschalten der gestörten Anlage geschehen.

49

Zu der Frage, wem die Lasten der Konfliktbewältigung – durch Verzicht auf einen Standort oder durch Abschaltverpflichtungen und damit einhergehender geringerer Energieausbeute – aufzuerlegen sind, finden sich weder im Immissionsschutzrecht noch im Baurecht Regelungen. Anforderungen an die Ermessenssteuerung können daher nur aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden. Für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge und der Annahme, dass sich auf den gewählten Standorten nur eine der Anlagen realisieren lässt, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung folgende Grundsätze anerkannt: Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen eine willkürfreie und sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen (vgl. OVG Nds., Urteil vom 26. September 1991 – 1 L 74 und 75/91 –, juris, Rn. 82; OVG MV, Beschluss vom 28. März 2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562 und juris, Rn. 31 f.; ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012 – 1 EO 35/12 –, ZNER 2012, 443 und juris, Rn. 30 f.; OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 und juris, Rn. 21). Vorrang wird dem zuerst gestellten Antrag allerdings nur dann zuerkannt, wenn ihm vollständige und prüffähige Unterlagen beigefügt sind (vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 493; Sittig, in: Maslaton, Windenergieanlagen, Kap. 2 Rn. 217 ff, jeweils m.w.N.).

50

Diese Grundsätze können auch bei der Frage nach der Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung durch Abschaltverpflichtungen angewendet werden. Danach ist es grundsätzlich sachgerecht, dass derjenige Rücksicht zu nehmen und Nachteile zu tragen hat, der mit seinem Vorhaben an eine bereits bestehende Anlage heranrückt. Gleichermaßen unterliegt er Rücksichtnahmepflichten, wenn er mit seinem Vorhaben auf eine vorhandene Genehmigungslage trifft, weil für den in einer Entfernung unterhalb des fünffachen Rotordurchmessers gelegenen Nachbarstandort bereits eine Genehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage erteilt worden ist. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Beklagte abgestellt, wenn er gegenüber der Klägerin geltend macht, sie habe ihre Windenergieanlage in einer – durch die Genehmigung der Anlage auf den Flurstücken Nrn. … und … (WEA 7) – vorbelasteten Situation errichtet.

51

Indes ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Vorrang zugunsten der zuerst beantragten bzw. genehmigten Anlage entfällt, sobald dieses erste Vorhaben später wesentlich geändert wird (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 1 EO 69/11 –, ZNER 2011, 649 und juris, Rn. 42 – für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge –; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217 ff.). Gründe der Chancengleichheit und der Vermeidung von Umgehungen des Prioritätsgrundsatzes verlangen hier eine neue Reihung der konkurrierenden Vorhabenträger. Darüber hinaus ist zu bedenken, ob sich der Vorrang zugunsten des zeitlich früheren Vorhabens nicht nur bei der erstmaligen Genehmigungserteilung und dann nur für die Dauer deren Wirksamkeit durchsetzt.

52

b) Im vorliegenden Fall ist der ursprüngliche Vorrang zugunsten der auf dem Standort der WEA 7 genehmigten Anlage bereits dadurch entfallen, dass dort nunmehr eine andere, wesentlich geänderte Anlage geplant und genehmigt worden ist.

53

Für die Frage, wann eine wesentliche, die ursprüngliche Vorrangstellung vernichtende Anlagenänderung vorliegt, kann auf § 16 BImSchG abgestellt werden. Denn die Notwendigkeit einer neuen präventiven Prüfung markiert ähnlich wie die erstmalige Vorlage prüffähiger Unterlagen den für die Reihung konkurrierender Vorhaben maßgebenden Zeitpunkt. Mit der wesentlichen Änderung der zunächst eingereichten Unterlagen entfällt die Rechtfertigung einer Vorrangstellung gegenüber einem ursprünglich später eingereichten, dann aber unverändert gebliebenen Vorhaben (vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 495).

54

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG liegt eine wesentliche – und damit genehmigungs- und nicht bloß nach § 15 BImSchG anzeigepflichtige – Änderung vor, wenn durch die Änderung (der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs) der Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG ist eine Genehmigung nur dann nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist ein Genehmigungsverfahren immer bereits dann notwendig, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können; die bloße Möglichkeit solcher Auswirkungen reicht somit aus (vgl. Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 190. Aktualisierung 2016, § 16 BImSchG, Rn. 34).

55

Derart wesentliche Auswirkungen sind regelmäßig bei Verschiebungen des Standorts und der Änderung des Anlagentyps von Windenergieanlagen zu erwarten (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 45; OVG NRW, Beschluss vom 25.Februar 2015 -8 A 959/10-, BauR 2015, 1138 und juris Rn. 113 [Ersetzung einer Windenergieanlage Typ Enercon E 66/18.70 durch eine E-70 E4 - 2,0 MW, RD 71m – als Neuerrichtung]). Denn in diesen Fällen sind insbesondere die zu erwartenden Turbulenzeffekte einer erneuten Prüfung zu unterziehen (vgl. ThürOVG, ebenda). Eine solche Prüfung ist hier von dem Beklagten auch veranlasst worden, wenn auch nicht vor Erteilung der Änderungs-Baugenehmigung vom 20. April 2012, so doch nach Eingang des Widerspruchs der Klägerin und im Anschluss an die daraufhin verfügte Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung. In der Aufforderung an die Beigeladene vom 10. Dezember 2012 (Bl. 31 der Behördenakte) zur Beibringung eines Gutachtens über die Auswirkungen des neuen Anlagentyps E-70 E4 weist die Behörde darauf hin, dass sich zwar wegen der scheinbar geringen Unterschiede zwischen dem neuen und dem alten Anlagentyp möglicherweise keine zusätzlichen Anforderungen ergäben, dies jedoch nicht offensichtlich feststehe, so dass auf die Einholung eines Gutachtens nicht verzichtet werden könne. Damit bestätigt der Beklagte letztlich, dass hier die Voraussetzungen für eine wesentliche Änderung i.S.v. § 16 Abs. 1 BImSchG, nämlich die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen vorgelegen haben. Unterstützt wird diese Annahme durch die Stellungnahme der F. vom 16. Mai 2014 (nochmals vorgelegt als K 21 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 6. Juni 2016, Bl. 137 f der Gerichtsakte). Danach unterscheiden sich die Schubbeiwerte der WEA ENERCON E-66/20.70 und E-70 E4 (R071m) – wegen des veränderten Profils der Rotorblätter – deutlich. Diese Einschätzung wird durch die ergänzende Stellungnahme der F. vom 27. Juli 2016 (Anlage K 22 zum Schriftsatz der Kläger-Bevollmächtigten vom 26. Juli 2016, Bl. 197 ff der Gerichtsakte) bestätigt. Danach erbringe die neue Anlage eine höhere Windausbeute (Mehrertrag von 12,5 %), was auch zu einem veränderten Verlauf der Strömung im Nachlauf der Anlage führen müsse (vgl. S. 3 f der Stellungnahme vom 22. Juli 2016). Dass sich der Umfang der Rücksichtnahmepflichten aufgrund der neuerlichen Untersuchung durch den TÜV Nord nur relativ geringfügig erweitert (Windgeschwindigkeitsspanne von 4-14 m/s statt 6-14 m/s; Abschalt- bzw. Abregelungssektor bei 327,1 ° bzw. 147,1° jeweils +/- 32,7° statt 328° bzw. 148° jeweils +/- 27°) und diese Veränderungen nach dessen Mitteilung im Wesentlichen auf dem neuen Rechenmodell und nur zu einem geringeren Teil auf der Anlagenänderung beruhen (vgl. Stellungnahmen TÜV Nord vom 13. und 14. April 2016, Bl. 159 f der Gerichtsakte), ändert – ebenso wie die Behauptung des Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, dass sich die Nachlaufturbulenzen durch die neue Anlage tatsächlich reduziert hätten – nichts daran, dass aufgrund des Austauschs des Anlagentyps die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen im Raum stand und deshalb die Durchführung eines erneuten (Änderungs-) Genehmigungsverfahrens notwendig war.

56

Würde eine solche Anlagenänderung noch vor Bescheidung konkurrierender Genehmigungsanträge erfolgen, wäre es aus den oben dargelegten Gründen nicht sachgerecht, das ursprünglich als zweites projektierte Vorhaben weiterhin an dem Nachrang gegenüber dem ursprünglich ersten Vorhaben festzuhalten (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 42; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217). Nichts anderes kann dann gelten, wenn die Konfliktbewältigung nicht durch gänzlichen Verzicht eines der beiden Vorhabenträger auf Realisierung seines Projekts, sondern durch Reduzierung des Anlagenbetriebs mittels Abschalt- bzw. Abregelungspflichten erreicht werden soll. Zwar steht es jedem Bauherrn frei, sein Vorhaben nach Einreichung eines ursprünglichen Antrags zu ändern und es in dieser geänderten Form zur Genehmigung zu stellen. Er muss dann allerdings auch die Konsequenz tragen, dass er im Verhältnis zu dem Konkurrenten, der keine Änderung an seinem Vorhaben vorgenommen hat, dann als nachrangig zu bewerten ist (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 42). Darüber hinaus musste der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgängerin auch spätestens nach Erlass der zu Lasten der Klägerin ergangenen ergänzenden Auflage vom 18. Juli 2008 klar sein, dass sich ihre Vorrangstellung nur auf die Genehmigung der Windenergieanlage vom Typ ENERCON E-66/20.70 bezog und sie Rücksichtnahmepflichten der Klägerin nur bei der Realisierung dieses Anlagentyps erwarten durfte.

57

c) Hinzu kommt, dass das Vertrauen der Beigeladenen in den Bestand ihrer ursprünglichen Vorrangstellung aufgrund Ablaufs der Geltungsdauer der ihr zunächst erteilten Genehmigungen nicht mehr schutzwürdig ist.

58

Während die Klägerin ihre mit Bescheid vom 28. September 2004 genehmigte Windenergieanlage vom Typ Enercon E-70 E4 zügig im Folgejahr errichtet hatte, ist auf dem Standort der WEA 7 mit der Verwirklichung des Vorhabens erst im Anschluss an die Änderungsgenehmigung vom 20. April 2012 für den Anlagentyp Enercon E-70 E4 begonnen worden. Zwar genoss das Vorhaben der WEA 7 zunächst Vorrang, weil für diesen Standort am 23. September 2002 ein positiver Bauvorbescheid (allerdings für eine – größer dimensionierte – WEA Nordex N 90; vgl. zur Vorrangwirkung auch eines bloßen Vorbescheids: OVG RP, Urteil vom 29. Januar 2015 – 1 A 10676/14.OVG –, BauR 2015, 1151 und juris, Rn. 25) und schließlich am 20. Juli 2004 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E-66/20.70 erteilt worden war. Wegen dieses Vorrangs hätte die Genehmigung der Anlage der Klägerin (letztlich durch die Tekturgenehmigung vom 28. September 2004) bereits von Beginn an nur unter der Auflage entsprechender Rücksichtnahmepflichten ergehen dürfen. Der Beklagte hat dies, nachdem er die Problematik der Turbulenzeffekte zunächst verkannt hatte, durch die ergänzende Auflage gegenüber der Klägerin vom 18. Juli 2008 nachgeholt.

59

(1) Indes konnte die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin einen Vorrang der WEA 7 nur für das vorrangig genehmigte Vorhaben und nur für die Dauer der Wirksamkeit der Baugenehmigung beanspruchen. Denn das durch die Baugenehmigung erworbene Baurecht, die genehmigte Anlage ungeachtet von Veränderungen der Sach- und Rechtslage so wie genehmigt errichten zu dürfen, gilt nur für die Dauer der Gültigkeit der Baugenehmigung. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 LBauO erlischt eine Baugenehmigung, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen wurde. Diese Frist kann zwar nach § 74 Abs. 2 Satz 1 LBauO verlängert werden. Ein solches Verlängerungsverfahren führt jedoch nur zu einer verfahrensmäßigen Erleichterung (etwa durch den Verzicht auf Vorlage neuer Bauunterlagen); in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Verlängerungsantrag wie ein Neuantrag zu behandeln (vgl. Jeromin, LBauO, 4. Aufl. 2016, § 74, Rn. 16 bis 18). Ist das innerhalb der Geltung der Ursprungsgenehmigung nicht realisierte Vorhaben im Verlängerungsverfahren aber an der dann aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen, so spricht der Grundsatz der Priorität und der Vorrang zugunsten des älteren Vorhabens dafür, das nunmehr zur Verlängerung anstehende Vorhaben als gegenüber der bereits vorhandenen Windenergieanlage nachrangig zu werten.

60

(2) Diese Erwägungen gelten gleichermaßen auch in Anwendung der Vorschriften zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die hier zunächst auf der Grundlage der Landesbauordnung genehmigten Windenergieanlagen unterfielen nämlich ab 1. Juli 2005 dem Regime des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beigeladene mit dem Verlängerungsbescheid vom 12. Juni 2008 nur im Besitz einer bis 20. Juli 2012 geltenden Genehmigung war. Auch bei dem Begehren auf bloße Verlängerung ihres ursprünglichen Vorhabens - statt dessen wesentlicher Änderung, wie hier - hätte die Beigeladene daher im Jahr 2012 den Nachrang gegenüber der bereits vorhandenen Anlage der Klägerin akzeptieren müssen.

61

Nach § 67 Abs. 9 Satz 1 LBauO gelten Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m – wie hier –, die bis zum 1. Juli 2005 erteilt worden sind, ab diesem Zeitpunkt als Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die von dem Beklagten für die Fortgeltung des Baurechtsregimes in Anspruch genommene Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 15. September 2005 – 8 B 1074/05 –, NVwZ-RR 2006, 173) betrifft nur die Fortgeltung der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung nach § 212a BauGB. Im Übrigen ist die ursprüngliche Baugenehmigung hingegen allein nach dem Regime des BImSchG zu beurteilen. Dies bedeutet, dass die ab 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigung geltende ursprüngliche Baugenehmigung allein nach den Voraussetzungen des § 18 BImSchG erlischt, die Erlöschungsregelung nach dem Bauordnungsrecht damit entfällt (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. August 2011 – 3 S 2439/09 –, NuR 2012, 277 und juris, Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 67 Rn. 43). Nach § 18 BImSchG gilt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zwar grundsätzlich zeitlich unbefristet; die Genehmigungsbehörde (hier ebenfalls die Kreisverwaltung, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 ImSchZuVO i.V.m. Anlage Nr. 1.1.1 Ziff. 4) ist jedoch nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG berechtigt, die Geltungsdauer auch der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu beschränken (vgl. VGH BW, ebenda). Dies ist hier – der Sache nach, wenn auch in Anwendung von Bauordnungsrecht – durch den Verlängerungsbescheid vom 12. Juni 2008 geschehen. Darin heißt es:

62

„Aufgrund Ihres Antrags vom 1. April 2008 wird hiermit die Baugenehmigung vom 20. Juli 2004 … um vier Jahre verlängert. Die Baugenehmigung gilt jetzt somit bis 20.07.2012.“

63

Aufgrund dieser Genehmigungslage konnte die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin nur darauf vertrauen, die ihr genehmigte Anlage bis Juli 2012 mit entsprechendem Vorrang hinsichtlich der Bewältigung der durch die Turbulenzeffekte der benachbarten Anlagen hervorgerufenen Konflikte verwirklichen zu können. Zwar hätte sie auch nach dem Regime des BImSchG die Möglichkeit gehabt, eine Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung zu beantragen. Nach § 18 Abs. 3 BImSchG kommt eine solche Verlängerung jedoch nur aus wichtigem Grunde in Betracht, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. Dies verlangt die Beurteilung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen auch aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklung im Einwirkungsbereich der Anlage und der sich hiernach zu beurteilenden Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft noch gegeben sind (vgl. Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, a.a.O., § 18 BImSchG, Rn. 31). Ist also auch nach Immissionsschutzrecht das innerhalb der Geltung einer Genehmigung nicht realisierte Vorhaben im Verlängerungsverfahren an der dann aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen, ist es sachgerecht, dass es sich im Rahmen der Bewältigung des Abstandskonflikts gegenüber einem bislang zurückstehenden Zweitvorhaben nunmehr als nachrangig behandeln lassen muss.

64

d) Werden die von dem Beklagten für die Inanspruchnahme der Klägerin angestellten Erwägungen zur Bewältigung des Abstandskonflikts zwischen der WEA 2 und der WEA 7 den Anforderungen an eine sachgerechte Verteilung der damit verbundenen Lasten nicht hinreichend gerecht, so ist die mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung – ebenso wie der darauf beruhende Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 – aufzuheben. Damit findet der von dem Beklagten bereits in dem Genehmigungsbescheid an die Beigeladene vom 31. Mai 2013 aufgenommene Vorbehalt Anwendung, dass ihr gegenüber auch für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° Rücksichtnahmepflichten auferlegt werden müssen, falls die Klägerin aus rechtlichen Gründen von einer Abschaltverpflichtung frei wird (vgl. S. 2 und 3 des Bescheids, Bl. 144 der Behördenakte).

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

66

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

67

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil das Verfahren Gelegenheit gibt, die bei der Konkurrenz unverträglicher Windenergieanlagen aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere nach der sachgerechten Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung, höchstrichterlich zu klären.

Beschluss

68

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 33.837,26 € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Aug. 2016 - 8 A 10377/16

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Aug. 2016 - 8 A 10377/16

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 01. Juni 2017 - 4 K 1068/16.NW

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(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Eine Genehmigung, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 oder § 25 Absatz 1 der Gewerbeordnung erteilt worden ist, gilt als Genehmigung nach diesem Gesetz fort.

(2) Eine genehmigungsbedürftige Anlage, die bei Inkrafttreten der Verordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 errichtet oder wesentlich geändert ist, oder mit deren Errichtung oder wesentlichen Änderung begonnen worden ist, muss innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung der zuständigen Behörde angezeigt werden, sofern die Anlage nicht nach § 16 Absatz 1 oder § 25 Absatz 1 der Gewerbeordnung genehmigungsbedürftig war oder nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung angezeigt worden ist. Der zuständigen Behörde sind innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige Unterlagen gemäß § 10 Absatz 1 über Art, Lage, Umfang und Betriebsweise der Anlage im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 vorzulegen.

(3) Die Anzeigepflicht nach Absatz 2 gilt nicht für ortsveränderliche Anlagen, die im vereinfachten Verfahren (§ 19) genehmigt werden können.

(4) Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu Ende zu führen.

(5) Soweit durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 734) neue Anforderungen festgelegt worden sind, sind diese Anforderungen von Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie erst ab dem 7. Januar 2014 zu erfüllen, wenn vor dem 7. Januar 2013

1.
die Anlage sich im Betrieb befand oder
2.
eine Genehmigung für die Anlage erteilt wurde oder vom Vorhabenträger ein vollständiger Genehmigungsantrag gestellt wurde.
Bestehende Anlagen nach Satz 1, die nicht von Anhang I der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 24 vom 29.1.2008, S. 8), die durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114) geändert worden ist, erfasst wurden, haben abweichend von Satz 1 die dort genannten Anforderungen ab dem 7. Juli 2015 zu erfüllen.

(6) Eine nach diesem Gesetz erteilte Genehmigung für eine Anlage zum Umgang mit

1.
gentechnisch veränderten Mikroorganismen,
2.
gentechnisch veränderten Zellkulturen, soweit sie nicht dazu bestimmt sind, zu Pflanzen regeneriert zu werden,
3.
Bestandteilen oder Stoffwechselprodukten von Mikroorganismen nach Nummer 1 oder Zellkulturen nach Nummer 2, soweit sie biologisch aktive, rekombinante Nukleinsäure enthalten,
ausgenommen Anlagen, die ausschließlich Forschungszwecken dienen, gilt auch nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes zur Regelung von Fragen der Gentechnik fort. Absatz 4 gilt entsprechend.

(7) Eine Planfeststellung oder Genehmigung nach dem Abfallgesetz gilt als Genehmigung nach diesem Gesetz fort. Eine Anlage, die nach dem Abfallgesetz angezeigt wurde, gilt als nach diesem Gesetz angezeigt. Abfallentsorgungsanlagen, die weder nach dem Abfallgesetz planfestgestellt oder genehmigt noch angezeigt worden sind, sind unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(8) Für die für das Jahr 1996 abzugebenden Emissionserklärungen ist § 27 in der am 14. Oktober 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(9) Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern, die bis zum 1. Juli 2005 erteilt worden sind, gelten als Genehmigungen nach diesem Gesetz. Nach diesem Gesetz erteilte Genehmigungen für Windfarmen gelten als Genehmigungen für die einzelnen Windkraftanlagen. Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 1. Juli 2005 rechtshängig geworden sind, werden nach den Vorschriften der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der bisherigen Fassung abgeschlossen; für die in diesem Zusammenhang erteilten Baugenehmigungen gilt Satz 1 entsprechend. Sofern ein Verfahren nach Satz 3 in eine Klage auf Erteilung einer Genehmigung nach diesem Gesetz geändert wird, gilt diese Änderung als sachdienlich.

(10) § 47 Absatz 5a gilt für die Verfahren zur Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach § 47, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind.

(11) (weggefallen)

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 08.10.2007 wird geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilten Genehmigung vom 08.03.2007 wird wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1) je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) sind nicht erstattungsfähig. Die Beigeladene zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 300.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beabsichtigt, im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 Windkraftanlagen zu errichten. Die Beigeladene zu 2 hatte einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss vom 24.05.2000 am 16.05.2003 und zugleich eine Veränderungssperre am 28.11.2003 für die Dauer von zwei Jahren bekannt gemacht. Eine erste Auslegung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange fand im April bzw. Juni 2004 statt. Unter dem 20.05.2005 schlossen die Beigeladenen zu 1 und 2 einen städtebaulichen Vertrag betr. die Errichtung von Windkraftanlagen im Plangebiet. Am 23.06.2005 stellte die Antragstellerin den Antrag auf Genehmigung von Windenergieanlagen. Am 14.09.2005 stellte die Beigeladene zu 1 den Antrag zur Genehmigung der von ihr vorgesehenen Windenergieanlagen. Am 17.10.2005 machte die Beigeladene zu 2 eine Verlängerung der Veränderungssperre für ein Jahr bekannt. Der Antragsgegner lehnte den Genehmigungsantrag der Antragstellerin unter Hinweis auf das durch die Beigeladene zu 2 versagte Einvernehmen und die Veränderungssperre sowie darauf, dass die Genehmigungsunterlagen nicht vollständig vorlägen, ab. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist; die Antragstellerin hat insoweit Untätigkeitsklage erhoben. Am 10.11.2006 trat der Bebauungsplan Nr. 4 in Kraft. Mit Bescheid vom 08.03.2007 genehmigte der Antragsgegner der Beigeladenen zu 1 die Errichtung der beantragten Windenergieanlagen. Die Genehmigung wurde für sofortig vollziehbar erklärt. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, über den bislang ebenfalls nicht entschieden ist.

2

Die Antragstellerin hat am 27.03.2007 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und im Wesentlichen geltend gemacht, der der Genehmigung der Beigeladenen zu 1 zu Grunde liegende Bebauungsplan der Beigeladenen zu 2 sei unwirksam.

3

Das Verwaltungsgericht Greifswald hat den Antrag durch Beschluss vom 08.10.2007 abgelehnt.

II.

4

Die Beschwerde der Antragstellerin hat nach Maßgabe des gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens Erfolg. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die der Beigeladenen zu 1 erteilte Genehmigung ist wiederherzustellen.

5

A. Widerspruch und Klage und damit auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sind entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1 nicht von vorneherein mangels möglicher Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig.

6

Es geht im vorliegenden Fall nicht darum, dass ein Nachbar sich gegen eine Genehmigung wehrt, weil Immissionen auf sein Grundstück einwirken. Vielmehr macht die Antragstellerin geltend, die der Beigeladenen zu 1 erteilte Genehmigung mache ihre eigenen Bauwünsche zunichte. Damit macht sie in der Sache die Verletzung ihrer Baufreiheit für bestimmte Grundstücke geltend. Insoweit kommt ihr ein subjektives Recht zu, zumal sie über entsprechende obligatorische Nutzungsrechte verfügt (vgl. BVerwG, U. v. 23.03.1973 - IV C 49.71 - BVerwGE 42, 115 = NJW 1973, 1518).

7

Eine Konkurrenz der Genehmigungsanträge liegt in dem Sinne vor, dass die Realisierung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1 das der Antragstellerin hindert. Dies ist zwischen den Beteiligten unbestritten. Dabei ist auch auf den Betrieb der Anlagen abzustellen, da er durch die Genehmigung legalisiert wird.

8

B. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat Erfolg.

9

In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigenständige Ermessensentscheidung auf der Grundlage einer summarischen Sachprüfung. Die gerichtliche Entscheidung orientiert sich im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Wird die Anfechtungsklage wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, wird in der Regel die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen sein. Umgekehrt wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen sein, wenn erkennbar ist, dass die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben dürfte. Nur wenn die Rechtslage offen ist, ein Obsiegen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich ist, trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung allein unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten.

10

Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung erweist sich nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtswidrig. Sie ist geeignet, im gegenwärtigen Verfahrensstand die Antragstellerin in ihren Rechten zu verletzten.

11

1. Die Genehmigung des Antragsgegners vom 08.03.2007 an die Beigeladene zu 1 kann sich nicht gem. § 30 Abs. 1 BauGB auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 stützen. Der Bebauungsplan erweist sich bei summarischer Würdigung der Sach- und Rechtslage als unwirksam. Er leidet an einem Abwägungsmangel, der erheblich im Sinne von § 214 Abs. 1 Nr.1 i.V.m. Abs. 3 S. 2 BauGB ist.

12

Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB gebietet, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Es ist dann verletzt, wenn ein sachgerechter Abwägungsvorgang überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung der betroffenen privaten und öffentlichen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belange in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Gewicht steht (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301, 309). Die Anforderungen an die Abwägung beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch - mit Ausnahme des Erfordernisses, dass überhaupt eine Abwägung stattgefunden haben muss - auf das Abwägungsergebnis (vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 315). Für die Abwägung - und somit auch für ihre gerichtliche Überprüfung - ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel im Abwägungsvorgang sind zudem nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).

13

In der bauleitplanerischen Abwägung sind solche privaten Belange zu berücksichtigen, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, B. v. 25.01.2001 - 6 BN 2.00 - BRS 64 Nr. 214). Daraus ergibt sich, dass dann, wenn eine Gesellschaft zur Entwicklung regenerativer Energieprojekte oder ein anderer mit Windkraft befasster Interessent im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für Windkraftanlagen ein eigenes Interesse an der Nutzung der Windenergie im Plangebiet geltend macht, die Gemeinde verpflichtet sein kann, ggf. die ins Auge gefassten Standorte für Windkraftanlagen in Erfahrung zu bringen, jedenfalls aber das Nutzungsinteresse in ihre Abwägung einzustellen (vgl. OVG Weimar, B. v. 16.08.2004 - 1 EN 944/03 - BauR 2005, 507; Senat, B. v. 31.07.2007 - 3 M 15/07). Das von der Antragstellerin in das Verfahren eingebrachte Nutzungsinteresse ist jedenfalls dann, wenn - wie hier - die zur Nutzung vorgesehenen Flächen vertraglich gesichert sind, zum notwendigen Abwägungsmaterial zu zählen, weil es sich um ein durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschütztes Interesse handelt. Auch wird die Gemeinde von ihrer Verpflichtung, sich im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes selbst Gewissheit über die abwägungserheblichen Belange zu verschaffen, grundsätzlich nicht durch Stellungnahmen von Beteiligten des Planverfahrens entbunden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 1989 - 4 NB 24.88 - BRS 49 Nr. 22).

14

Diesen Anforderungen genügt der Bebauungsplan nicht. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 19.05.2006 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB auf ihren Genehmigungsantrag vom 21.03.2005 hingewiesen und ihr Interesse an der Nutzung der Flurstücke 51 und 53 Flur 1 Gemarkung X., der Flurstücke 151 und 159 der Flur 2 der Gemarkung Y. und des Flurstücks 177 der Flur 1 der Gemarkung Z. artikuliert. Der Genehmigungsantrag vom 21.03.2005 konkretisierte die beabsichtigten Standorte u.a. in der dem schalltechnischen Gutachten beigefügten Anlage 1.

15

Mit dieser Anregung hat sich die Beigeladene in einer Weise auseinandergesetzt, die im Ergebnis zu einem Abwägungsausfall hinsichtlich dieses Belangs geführt hat. In der Abwägungsdokumentation wird ausgeführt:

16

Die Festsetzung zu den Standorten erfolgten aus städtebaulichen Gründen (Immissionsschutz) und unterlägen dem Optimierungsgebot. Mit dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit der Beigeladenen zu 1 im Ergebnis eines Auswahlverfahrens von 15 Bewerbern, an dem sich die Antragstellerin nicht beteiligt habe, sichere und fördere die Beigeladene zu 1 die mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele einschließlich der Sicherung des Ausgleichs des Eingriffs in Natur und Landschaft und die Grundstücksverfügbarkeit. Sie habe zur Sicherung der Bauleitplanung eine Veränderungssperre erlassen, die zum Zeitpunkt des Antrags auf Genehmigung von Windkraftanlagen durch die Antragstellerin wirksam gewesen sei; sie habe das Einvernehmen versagt. Sie sei seinerzeit zur weiteren Prüfung des Bauantrags nicht gefordert gewesen. Ebenfalls habe der Antragsgegner den Antrag abgelehnt und die Existenz eines anderen privaten Interesses in der Auslegung des Bebauungsplans nicht bekannt gemacht. Ein ausdrückliches Auskunftsersuchen des Amts Landhagen diesbezüglich vom 03.08.2006 an den Antragsgegner sei dahingehend beantwortet worden, dass ein entsprechender Antrag der Antragstellerin abgelehnt und ein Widerspruchsverfahren anhängig sei. Erst mit den nunmehr vorliegenden Anregungen und Bedenken vom 19.05.2006 seien erstmals standortbezogene Interessen bekundet worden. Mit der nun erreichten Planung und Grundstücksverfügbarkeit sei die Eignungsfläche ausgelastet. Weitere Standorte seien immissionsschutzrechtlich nicht mehr möglich. Die von der Antragstellerin genannten fünf Standorte seien aus Schallschutzgründen nicht realisierbar. Bei der Planung zur Standortauswahl durch die Beigeladene zu 2 seien maßgeblich Schallschutzbelange und die Grundstücksverfügbarkeit gewesen. Die Standorte Flurstücke 151 und 159 der Flur 2 Gemarkung Y. seien schalltechnisch wegen der vorhandenen drei Anlagen nicht realisierbar. Der Standort Flurstück 177 der Flur 1 Gemarkung Z. liege außerhalb des Bebauungsplans und zu dicht an schützenswerter Bebauung. Die Standorte der Flurstücke 51 und 53 der Flur 1 Gemarkung X. seien alternativ für die geplanten WKA 8 und 9 möglich, jedoch nicht zusätzlich. Bei den Verhandlungen zur Grundstückssicherung mit der Landgesellschaft M-V (Flurstück 51) und der Agrargesellschaft Y. (Flurstück 53) seien diese mit der Begründung einer anderweitigen Bindung nicht zur Verfügung gestellt worden und könnten daher planerisch nicht berücksichtigt werden. Wie erst jetzt bekannt geworden sei, seien diese Grundstücke durch die Antragstellerin gebunden. Die Einbeziehung dieser Flurstücke in die Bauleitplanung sei nicht angezeigt. Die Beigeladene zu 1 sehe und erkenne das private Interesse der Antragstellerin. Zur Zielsetzung einer optimierten Auslastung der Eignungsfläche seien diese Standortvorschläge keine Alternative, zumal der Immissionsschutz diese weitgehend nicht zulasse. Als Ergebnis der Abwägung würden diese Standorte nicht berücksichtigt werden.

17

Hieraus wird deutlich, dass die Gemeinde jedenfalls hinsichtlich der von der Antragstellerin ins Spiel gebrachten Standorte auf den Flurstücken 51 und 53 der Flur 1 Gemarkung X., die durch die Beigeladene zu 1 ausgewählten Standorte als "gesetzt" behandelt hat. Sie ist einerseits davon ausgegangen, dass die Planung einen Stand erreicht hatte, der eine Änderung nur noch in der Form einer ergänzenden Aufnahme weiterer Anlagen gestattete, was sie für städteplanerisch nicht für vertretbar hielt. Damit hat sie einerseits übersehen, dass ihr der Belang der Antragstellerin aus ihrer Beteiligung nach § 36 BauGB bekannt sein musste. Außerdem hat sie übersehen, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB gerade dazu dient, gemessen an dem jeweiligen Planungsstand Anregungen einzubringen. Eine "Präklusion" tritt nicht ein, wenn sich ein Privater noch nicht in vorherigen Auslegungsverfahren geäußert hat.

18

Die Beigeladene zu 2 ist schließlich wesentlich davon ausgegangen, dass nur diejenigen Standorte in Betracht kommen, über die die Beigeladene zu 1 die Verfügungsbefugnis hat. Sie hat nämlich tragend die Nichtberücksichtigung der von der Antragstellerin genannten Flurstücke damit begründet, dass hierüber die Beigeladene zu 1 nicht verfügen könne. Es kann dahinstehen, ob dieser Belang im Rahmen der städtebaulichen Planung einer Gemeinde maßgeblich eingestellt werden kann. Hierfür mag immerhin sprechen, dass die Gemeinde auch ein Interesse daran haben kann, dass eine Bauleitplanung realisiert wird. Dazu mag auch das Interesse gehören, einen städtebaulichen Vertrag mit einem Investor abzuschließen.

19

Dies setzt aber voraus, dass die zu Grunde liegende Entscheidung, das heißt die Entscheidung darüber, bei wem die planende Gemeinde die Verfügbarkeit annimmt und wie diese Grundstücke in die städtebauliche Planung eingeordnet werden können, auf einer sachgerechten Planungsentscheidung beruhen. Die Vorentscheidung für die auf Grund einer vertraglichen Regelung "ausgesuchten" Flächen muss als planerische Vorabentscheidung Voraussetzungen erfüllen, denen das Verfahren in vorliegenden Fall nicht genügt:

20

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u. a. m. geradezu unerlässlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene, effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können (BVerwG, U. v. 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309, 317). Daher ist eine Bauleitplanung nicht ohne Weiteres deshalb fehlerhaft, weil ihr ein (Folgekosten-)Vertrag vorausgegangen ist und sich das auf die den Plan tragende Abwägung ausgewirkt hat (BVerwG, U. v. 06.07.1973 - IV C 22.72 - BVerwGE 42, 331, 338). Ferner leidet ein Bebauungsplan nicht schon deshalb unter Abwägungsmängeln, weil die Gemeinde ihn auf der Grundlage eines vom künftigen Bauherrn vorgelegten Projektentwurfs für ein Großvorhaben aufgestellt hat, das im Geltungsbereich des Plans verwirklicht werden soll (BVerwG, B. v. 26.08.1987 - 4 N 1.86 - NVwZ 1988, 351). Letztlich lässt es sich je nach dem Inhalt eines Bebauungsplans, nach dem Gegenstand der Vorentscheidungen, nach der Art und Stärke der von ihnen ausgehenden - rechtlichen oder tatsächlichen - Bindung, nach dem Ablauf des Planungsverfahrens und insbesondere dem Ertrag des Anregungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 BauGB nur im Einzelfall entscheiden, ob der Schluss auf eine Verkürzung des vom Gesetz geforderten Abwägungsvorganges gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist. Im Prinzip spricht eine gewisse Vermutung für die trotz der einen oder anderen Bindung freie Entscheidung des zur Abwägung berufenen Gemeinderates (vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1974, a.a.O., S. 320; VGH Mannheim, U. v. 24.05.2006 - 8 S 1367/05). Das auf diese Weise entstehende Defizit bei der Abwägung im eigentlichen Planungsprozess muss dadurch ausgeglichen werden, dass die im Vertrag zum Ausdruck kommende Vorwegnahme der Entscheidung sachlich gerechtfertigt war. Ein städtebaulicher Vertrag ist daher zulässig, wenn die Abwägung, also der vorweggenommene Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis, dem Abwägungsgebot entsprechen, was insbesondere voraussetzt, dass die Entscheidung von dem in planungsrechtlicher Hinsicht zuständigen Organ getroffen wurde und die wesentlichen öffentlichen und privaten Belange in die Entscheidung eingestellt und gegeneinander und untereinander abgewogen worden sind (BVerwG, U. v. 05.07.1974 - a.a.O., S. 312).

21

Dass die Gemeinde diese Voraussetzungen beachtet hat, ist den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Sie hat mehrere Interessenten veranlasst, Angebote zur Bebauung des Vorranggebiets und Windkraftanlagen abzugeben. Aus den Unterlagen ist nicht deutlich, auf welchem Wege Interessenten angesprochen worden sind. Insbesondere ist nicht erkennbar, ob das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht und Interessenten zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden sind. Die Auswahl zwischen den Interessenten, die in dem maßgebenden Protokoll der Gemeindevertretersitzung als "Wahl" bezeichnet wird, erfolgte ausweislich der Sitzungsvorlage nach ausschließlich wirtschaftlichen Kriterien. Aus den Unterlagen ist nicht erkennbar, dass auch die Frage in die Abwägung einbezogen wurde, welche der Grundstücke im Plangebiet dem jeweiligen Bewerber zur Verfügung stand und wie die sich dadurch ergebende Situation städtebaulich zu bewerten ist. Es wird auch nicht deutlich, ob in Hinblick auf die so zur Verfügung stehenden Grundstücke die Möglichkeit der Zulassung anderweitiger - einzelner - Windenergieanlagen berücksichtigt werden könnte. Der einzige im engeren Sinne städtebauliche Gesichtspunkt im Rahmen der Auswahlkriterien betrifft die Anzahl der beabsichtigten Windkraftanlagen. Hinzu kommt, dass die Auswahlentscheidung jedenfalls nach den überreichten Unterlagen auch nach Maßgabe der von der Gemeinde selbst aufgestellten Kriterien nicht nachvollziehbar ist. Die Beigeladene zu 1 weist eine erheblich geringere Punktzahl auf als etliche der "Mitbewerber".

22

Die in der Abwägung vorausgesetzte wesentliche Bedeutung der Verfügbarkeit der Grundstücke für die Beigeladene zu 1 ist auch deswegen fehlerhaft, weil sie auf einer nicht wirksamen vertraglichen Bindung der Beigeladenen zu 1 zur Beigeladenen zu 2 beruht. Der zwischen diesen abgeschlossene städtebauliche Vertrag vom 29.05.2002 ist nämlich unwirksam. Dies ergibt sich aus Folgendem:

23

§ 13 Abs. 2 bestimmt:

24

"Die Durchführung des Vorhabens macht insbesondere bestimmte Folgeeinrichtungen, städtebauliche Planungen und Maßnahmen notwendig, deren Kosten die Gemeinde zur Zeit nicht tragen kann. Aus diesem Grunde verpflichtet sich B., an die Gemeinde folgende Beiträge zur Mitfinanzierung der bezeichneten Kosten zu zahlen:

25

B. und etwaige Rechtsnachfolger zahlen an die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag von 5.000,00 Euro jährlich pro 1,5 Megawatt für die Dauer von 25 Jahren von der Inbetriebnahme des ersten Windenergiekonverter ab, für die geplanten 18 MW (12 Anlagen ab jeweils 1,5 MW). Die maximal zu zahlende Summe beträgt 60.000,00 Euro."

26

§ 13 Abs. 2 des Vertrages verstößt gegen das Koppelungsverbot in Bezug auf die Gegenleistung des Bürgers in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Die Gegenleistung des Bürgers muss gemäß §56 Abs. 1 Satz 1 VwVfG für einen bestimmten Zweck vereinbart werden und zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dienen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB beinhaltet detaillierte Regelungen zu diesem Koppelungsverbot speziell für Folgekostenverträge. Er nennt als Zweck den Beitrag zu den Kosten von "städtebaulichen Maßnahmen" innerhalb der Aufgabe der Gemeinde, die städtebauliche Entwicklung und Ordnung herzustellen. Die Gegenleistung muss gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2, 2. HS VwVfG im sachlichen Zusammenhang mit der Leistung der Behörde stehen. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB regelt insoweit genauer: Die Gegenleistung des Bürgers muss in der Übernahme von Kosten oder Aufwendungen für abgeschlossene oder künftige städtebauliche Maßnahmen bestehen. Der sachliche Zusammenhang der Leistungen muss darin liegen, dass die städtebaulichen Maßnahmen Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Die Gegenleistung muss nach § 56 Abs. 1 Satz 2, 1. HS VwVfG den gesamten Umständen nach angemessen sein; Identisches regelt § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Ob ein Folgekostenbeitrag eine Übernahme von "Kosten oder Aufwendungen" für städtebauliche Maßnahmen darstellt, steht im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob die städtebaulichen Maßnahmen Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind, also mit der Ursächlichkeit. Die Zurechnung gründet sich nicht auf Ursächlichkeit im Sinne von tatsächlicher Kausalität. Stattdessen geht es um die rechtlich vermittelte Kausalität. Innerhalb dieser Kausalität muss eine konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der Folgemaßnahme zum einzelnen Plan bestehen. Die mittelbare rechnerische Zurechnung über ein Gesamtkonzept reicht nicht ausreichen. Bei Folgekostenverträgen ist eine Gewinnmöglichkeit für die Gemeinden auszuschließen (vgl. zusammenfassend OVG Lüneburg, U.v. 10.07.2007 - 1 LC 200/05 - ZfBR 2007, 804; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Aufl. Rn. 1907).

27

Die erforderliche konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der zu finanzierenden Folgemaßnahme(n) zu dem Bebauungsplan Nr. 4 ist nicht erkennbar. Durch die unbestimmte Benennung des Zweckes der Zahlungen als Beitrag für "Folgeeinrichtungen, städtebauliche Planungen und Maßnahmen", die mit dem Wort "insbesondere" auch noch als beispielhafte Aufzählung zu verstehen sind, wird es in das Belieben der Gemeinde gestellt, die eingenommenen Gelder für jedwede Maßnahmen zu verwenden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Zahlungen der Beigeladenen zu 1 in den allgemeinen Haushalt der Gemeinde fließen und beliebigen öffentlichen Aufgaben der Gemeinde dienen. Ein sachlicher Zusammenhang mit der Bauleitplanung und den dadurch ausgelösten Kosten besteht somit nicht. Es wird auch daraus deutlich, dass die Höhe der Zahlungen an die Leistung der Windenergieanlagen gekoppelt wird. Ein Zusammenhang zwischen dieser Größe und etwaigen Anforderungen an Infrastrukturmaßnahmen ist nicht erkennbar.

28

Allerdings sieht § 15 Abs. 2 der Vertrags vor, dass die Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen die Gültigkeit der übrigen Vertragsinhalte nicht berührt. Nach dieser salvatorischen Klausel soll der Vertrag bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen soweit wie möglich aufrecht erhalten bleiben, es also grundsätzlich mit der Teilnichtigkeit sein Bewenden haben. Indessen ist hier zu berücksichtigen, dass die Unwirksamkeitsfolge des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG eintritt. Der hier gegebene Verstoß gegen das Verbot sachwidriger Koppelung von Geldleistungspflichten und hoheitlichen Leistungen dient einerseits dem Schutz des Bürgers, der zu Leistungen verpflichtet wird, die nicht in einem sachlichen und angemessenen Verhältnis zur Gegenleistung stehen. Es soll zugleich auch dem "Verkauf" von Hoheitsrechten die Wirksamkeit versagt werden. § 56 VwVfG umfasst in diesem Sinne auch das Erfordernis, dass der Zweck der Gegenleistung im Vertrag festgelegt sein muss (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9.Aufl. § 59 Rn. 28). Die Unwirksamkeit jedenfalls des § 13 Abs. 2 ergreift danach den gesamten Vertrag. Zudem ist nicht anzunehmen, dass der Vertrag auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen worden wäre (§ 59 Abs. 3 VwVfG). Die Zahlungsverpflichtung ist ein wesentlicher Bestandteil des Vertrags aus der Sicht der Beigeladenen zu 2. Es wird nicht nur aus dem Vertragstext selbst deutlich, sondern auch aus den Umständen des Zustandekommens. Die Höhe der Zahlungen hat die Beigeladene zu 1 im Rahmen ihrer Entscheidungsmatrix zweimal mit der höchsten Punktzahl von 4 in Form der "Gestattungsabgabe" pro Jahr an die Gemeinde und der "Einmalzahlung" bewertet. Sie macht daher 8 von 39 Gewichtungspunkten aus. Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 des Vertrags widerspricht somit jedenfalls hinsichtlich des § 13 Abs. 2 nicht nur der gesetzlichen Regelung des §59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, sondern auch dem Vertragsinhalt im Übrigen.

29

Die Unwirksamkeit des städtebaulichen Vertrages ergreift auch den Bebauungsplan. Es besteht zwar keine strikte Rechtmäßigkeitsverknüpfung zwischen dem städtebaulichen Vertrag und dem zugeordneten Bebauungsplan, ob und inwieweit ein solcher Zusammenhang besteht, ist vielmehr eine Frage der Abwägung (Reidt, BauR 2001 46/54). Im vorliegenden Fall war jedoch der städtebauliche Vertrag nicht nur ein tragendes, sondern das tragende Element in der zum Bebauungsplan führenden Abwägung. Mit dem städtebaulichen Vertrag fällt deswegen auch der Bebauungsplan. Die im Folgenden darzustellenden Zusammenhänge sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB).

30

Dies ergibt sich zum einen aus den oben dargelegten Zusammenhängen im Rahmen der Behandlung der Anregung der Antragstellerin. Die Ursächlichkeit folgt weiter daraus, dass in der Begründung, aber auch den Entwurfsbegründungen im gesamten Aufstellungsverfahren, unter Ziffer 2 "Ziel und Zweck des B-Plans" ausgeführt wird: Die WEA hätten eine Nabenhöhe von 105m und 3-flüglige Rotoren mit einem Radius von 45 m. Die resultierende Höhe betrage 150 m über Gelände. Unter Nr. 7 "Erläuterung der Standortplanung" wird sodann ausgeführt, Vorgaben aus dem Flächennutzungsplan, immissionsschutzrechtliche Parameter und Grenzwerte auf der Grundlage von Gutachten und Prognosen, sowie physikalische Messgrößen hinsichtlich der Windintensität und Turbulenzen beschränkten neben vorhandenen Anlagen die freie Standortwahl und die Anzahl der WEA. Weiterhin seien die Grundstücksverfügbarkeit einschließlich derer für die Zuwegungen sowie die minimale Inanspruchnahme von Boden Plankriterien. Auch hier wird deutlich, dass die Grundstücksverfügbarkeit für die Beigeladene zu 1 ein wesentliches Planelement darstellt; Gleiches gilt für die von der Beigeladenen zu 1 in die Planung eingeführten Parameter ihrer Anlagen. Aus alledem wird deutlich, dass der gesamte Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis entscheidend von der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1 und 2 abhängt.

31

2. Das Vorhaben der Beigeladenen zu 1 ist daher aus der Sicht des Senats in Hinblick auf die Beurteilung der Aussicht der Anfechtungsklage an § 35 BauGB zu messen. Dabei ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ausgeschlossen. Denn der Antragsgegner hätte den Grundsatz einer sachgerechten Auswahl unter sich ausschließenden Genehmigungsanträgen zu Gunsten der Antragstellerin zu beachten. Das Rangfolgeproblem stellt sich - erst - dann, wenn ein Ausgleich durch gegenseitige Rücksichtnahme tatsächlich ausgeschlossen bzw. rechtlich von einem der Investoren nicht zu verlangen ist (vgl. zu Erweiterungsinteressen BVerwG, U. v. 25.05.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122; vgl. auch Stüer a.a.O. Rn. 2663) und somit nur eines der betroffenen Vorhaben realisierbar ist.

32

In einem solchen Fall ist, soweit das Gesetz nichts Abweichendes regelt, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu verfahren, namentlich dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. So liegt der Fall hier: Das Bundesimmissionsschutzgesetz trifft keine - ausdrückliche - Regelung über den Vorrang beim Zusammentreffen konkurrierender Anträge. Daraus könnte folgen, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die nicht willkürlich sein darf (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 - zit. nach juris). Selbst wenn dem Bundesimmissionsschutzgesetz die Geltung des strikten Prioritätsprinzips entnommen werden kann (so wohl Rolshoven, NVwZ 2006, 516), bleibt offen, worauf bei Anwendung des Prioritätsprinzips abzustellen wäre, ob auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags (so OVG Lüneburg a.a.O.), dessen Vollständigkeit (so Rolshoven, NVwZ 2006, 516) oder dessen Genehmigungsfähigkeit (vgl. VGH München, U. v. 15.05.2006 - 1 B 04.1893 - NVwZ-RR 2007, 83; vgl. zur Problematik Klinski: Überblick über die Zulassung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, 2005, S.67f.). Selbst wenn das Prioritätsprinzip maßgebend ist, wäre zu erwägen, ob nicht andere sachgerechte Erwägungen (vgl. Schütte, NuR 2008, 142, 146) jedenfalls im Ausnahmefall - etwa aus Vertrauensschutzgesichtspunkten (vgl. Klinski, S. 68 zu § 5 Abs. 1 Satz 4 SeeAnlV) - auch eine andere Entscheidung rechtfertigen können oder sogar gebieten (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 26.09.1991 - 1 L 74/91, 1 L 75/91 - zit. nach juris).

33

Im Rahmen der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist es für den Senat offen, auf welche Kriterien im vorliegenden Fall sachgerecht abgestellt werden kann bzw. muss. Zum einen ist derzeit nicht erkennbar, - wenn hierauf abgestellt wird - ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder zu welchem jeweiligen Zeitpunkt die Anträge der Antragstellerin bzw. der Beigeladenen zu 1 nach Maßgabe des § 35 BauGB - jeweils das konkurrierende Vorhaben hinweggedacht - genehmigungsfähig geworden sind. Ebenso lässt sich nicht beurteilen - wenn auf diesen Gesichtspunkt abgestellt wird -, zu welchem Zeitpunkt die Anträge in Hinblick auf eine Beurteilung nach § 35 BauGB vollständig gewesen sind. Gleiches gilt, wenn man auf die Genehmigungsfähigkeit in dem Sinne abstellt, dass die Anträge nach Durchführung der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung und weiterer Verfahrensschritte entscheidungsreif sind. Schließlich dürfte im vorliegenden Fall der angesprochene Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes näher zu prüfen sein: Unabhängig davon, ob der Antragsgegner die Antragstellerin zusätzlich darauf hingewiesen hat, dass die Antragsunterlagen nicht vollständig sind, dürfte zu berücksichtigen sein, dass diese - wie die vorstehend angestellte summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergeben hat zu Recht - auf den Standpunkt steht, dass ihr Antrag jedenfalls nicht an den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Beigeladenen zu 2 scheitert. Insoweit hatte sich die Antragstellerin aus ihrer Sicht zunächst mit der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auseinanderzusetzen. Von ihrem Standpunkt aus wären die vollständigen Unterlagen bezogen gewesen auf ein Außenbereichsvorhaben, von dem der Antragsgegner davon ausgegangen ist, das konkurrierende Vorhaben der Antragstellerin sei nach dieser Vorschrift nicht zu beurteilen.

34

3. Für die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Folgenabwägung ist unter diesen Umständen wesentlich: Derzeit ist eine Beurteilung beider Vorhaben durch den Antragsgegner nach § 35 BauGB ausgeschlossen. Mangels Verwerfungskompetenz des Antragsgegners, der nach wie vor von der Gültigkeit des Bebauungsplans Nr. 4 auszugehen hat, kommt die Erteilung einer Genehmigung an die Antragstellerin offensichtlich nicht in Betracht. Ebenso scheidet die Beurteilung des Vorhabens der Beigeladenen zu 1 an Hand von § 35 BauGB aus. Vielmehr hat unter den oben dargelegten Gesichtspunkten die Beigeladene zu 2 zu entscheiden, ob sie gemäß § 1 Abs. 8 BauGB den Bebauungsplan Nr. 4 aufhebt - alsdann wären beide Vorhaben durch den Antragsgegner nach § 35 BauGB zu beurteilen -, ob sie ein Verfahren zu dessen Änderung gemäß §1 Abs. 8 BauGB einleitet, um zu versuchen, die aufgezeigten Mängel zu beseitigen, oder ob sie ein gänzlich neues Bebauungsplanverfahren einleitet unter gleichzeitiger Aufhebung des bisherigen Bebauungsplanes Nr. 4. Dabei käme auch der Erlass einer Veränderungssperre in Betracht (siehe dazu Senat, B. v. 19.10.2006 - 3 M 63/06 - NordÖR 2007, S. 80 = BRS 70 Nr. 150; BVerwG, U. v. 21.11.1986 - 4 C 22.83 - BVerwGE 75, 172 = NJW 1987, S. 1344). Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin wird der Weg frei, auf der Grundlage der tragenden Ausführungen des Senates in diesem Beschluss über das weitere Verfahren zu befinden.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 sowie §§ 162 Abs. 3 i.V.m. 154 Abs. 3 VwGO.

36

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, die Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

37

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz3 GKG).

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage ist, sofern eine Genehmigung nicht beantragt wird, der zuständigen Behörde mindestens einen Monat, bevor mit der Änderung begonnen werden soll, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen, wenn sich die Änderung auf in § 1 genannte Schutzgüter auswirken kann. Der Anzeige sind Unterlagen im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 2 beizufügen, soweit diese für die Prüfung erforderlich sein können, ob das Vorhaben genehmigungsbedürftig ist. Die zuständige Behörde hat dem Träger des Vorhabens den Eingang der Anzeige und der beigefügten Unterlagen unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu bestätigen; sie kann bei einer elektronischen Anzeige Mehrausfertigungen sowie die Übermittlung der Unterlagen, die der Anzeige beizufügen sind, auch in schriftlicher Form verlangen. Sie teilt dem Träger des Vorhabens nach Eingang der Anzeige unverzüglich mit, welche zusätzlichen Unterlagen sie zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 16 Absatz 1 und des § 16a benötigt. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für eine Anlage, die nach § 67 Absatz 2 oder § 67a Absatz 1 anzuzeigen ist oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen war.

(2) Die zuständige Behörde hat unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige und der nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Unterlagen, zu prüfen, ob die Änderung einer Genehmigung bedarf. Der Träger des Vorhabens darf die Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitteilt, dass die Änderung keiner Genehmigung bedarf, oder sich innerhalb der in Satz 1 bestimmten Frist nicht geäußert hat. Absatz 1 Satz 3 gilt für nachgereichte Unterlagen entsprechend.

(2a) Bei einer störfallrelevanten Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, hat die zuständige Behörde unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Anzeige und der nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Unterlagen zu prüfen, ob diese Änderung einer Genehmigung bedarf. Soweit es zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstands erforderlich ist, kann die zuständige Behörde ein Gutachten zu den Auswirkungen verlangen, die bei schweren Unfällen durch die Anlage hervorgerufen werden können. Der Träger des Vorhabens darf die störfallrelevante Änderung vornehmen, sobald ihm die zuständige Behörde mitteilt, dass sie keiner Genehmigung bedarf.

(3) Beabsichtigt der Betreiber, den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage einzustellen, so hat er dies unter Angabe des Zeitpunktes der Einstellung der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Der Anzeige sind Unterlagen über die vom Betreiber vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 und 4 ergebenden Pflichten beizufügen. Die Sätze 1 und 2 gelten für die in Absatz 1 Satz 5 bezeichneten Anlagen entsprechend.

(4) In der Rechtsverordnung nach § 10 Absatz 10 können die näheren Einzelheiten für das Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 geregelt werden.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Die Genehmigung erlischt, wenn

1.
innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen oder
2.
eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben
worden ist.

(2) Die Genehmigung erlischt ferner, soweit das Genehmigungserfordernis aufgehoben wird.

(3) Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Fristen nach Absatz 1 aus wichtigem Grunde verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.