Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Okt. 2011 - 6 A 10509/11

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2011:1026.6A10509.11.0A
bei uns veröffentlicht am26.10.2011

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. März 2011 wird der Bescheid des Versorgungswerks der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern vom 8. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2010 aufgehoben, soweit in ihm ein Säumniszuschlag festgesetzt wurde.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger, der Mitglied des beklagten Rechtsanwaltsversorgungswerks ist, wendet sich gegen die Festsetzung eines Säumniszuschlags wegen angeblich verspäteter Beitragszahlung.

2

Mit Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2006 wurden die monatlichen Beiträge des Klägers mit Wirkung vom 1. Januar 2007 auf 313,43 € (3/10 des allgemeinen Pflichtbeitrags) festgesetzt. Nach Vorlage einer Gewinnermittlung für das Kalenderjahr 2007 setze der Beklagte mit Beitragsbescheid vom 8. Dezember 2009 den Beitrag des Klägers für 2007 endgültig auf 356,59 € monatlich fest und forderte ihn auf, den Differenzbetrag in Höhe von insgesamt 517,92 € zuzüglich eines Säumniszuschlags für die Monate Januar bis Oktober 2009 in Höhe von 34,19 € zu zahlen.

3

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2010 zurück.

4

Am 23. April 2010 hat der Kläger den genannten Bescheid hinsichtlich der darin enthaltenen Festsetzung eines Säumniszuschlags sowie andere, das Jahr 2006 betreffende Bescheide Klage erhoben. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Bescheide für das Jahr 2006 übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren insoweit eingestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Beitragspflicht des Klägers bestehe kraft Gesetzes bzw. Satzung ab dem Beginn der Mitgliedschaft und werde durch die jeweils ergehenden Beitragsbescheide nur noch der Höhe nach konkretisiert. Der Beitragsbescheid sei weder konstitutiv für das Entstehen der Beitragspflicht, noch regle er deren Fälligkeit.

5

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

6

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, nach § 23 der Satzung des Beklagten werde stets ein monatlicher Beitrag bis zur Höhe des Höchstbetrags der gesetzlichen Rentenversicherung geschuldet, stehe nicht im Einklang mit § 6 Abs. 1 des Rechtsanwaltsversorgungsgesetzes - RAVG -, der lediglich eine Beitragshöchstgrenze festlege. Ein Mitglied sei gemäß §§ 23 Abs. 2, 26 Abs. 2 der Satzung zur Zahlung des Regelpflichtbeitrags nach § 23 Abs. 1 der Satzung nicht verpflichtet, wenn sein beitragspflichtiges Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreiche. Zudem habe das Versorgungswerk nach § 6 Abs. 3 RAVG den Beitrag stets durch Bescheid festzusetzen. Da er die in dem Bescheid vom 8. Dezember 2006 festgesetzten Beiträge pünktlich entrichtet und nach dem Erlass des Bescheides vom 8. Dezember 2009 den festgestellten Differenzbetrag zeitnah überwiesen habe, sei keine Säumnis eingetreten. Auch sei nicht zu befürchten, dass nachzuzahlende Beträge von ein paar Hundert Euro die Funktionsfähigkeit des Beklagten beeinträchtigen könnten. Im Übrigen bestünden keine Bedenken, wenn der Beklagte - ähnlich wie im Ertragsteuerrecht- den Beitrag vorläufig in Höhe der letzten endgültigen Veranlagung festsetze. Schließlich bestimmten weder die Ermächtigungsnorm noch die Satzung eine sanktionsbewehrte Frist für die Vorlage von Einkommensnachweisen.

7

Der Kläger beantragt,

8

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. März 2011 den Bescheid des Versorgungswerks der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern vom 8. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2010 aufzuheben, soweit in ihm ein Säumniszuschlag festgesetzt wurde.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Zur Begründung trägt er vor:

12

Seine Funktionsfähigkeit hänge unter anderem von dem rechtzeitigen Beitragseingang ab. Die Beitragsgerechtigkeit erfordere es, Mitglieder, die ihre Beiträge verspätet oder gar nicht entrichteten und damit entsprechende Zinsvorteile erzielten, schlechter zu stellen als diejenigen, die ihren Beitragsverpflichtungen pünktlich nachkämen. Um den Schwierigkeiten Selbständiger mit der Ermittlung des laufenden Einkommens entgegen zu kommen, gebe man ihnen die Möglichkeit, sich anhand einer Bescheinigung eines Mitglieds der steuerberatenden Berufe oder seines letzten Einkommensteuerbescheides, also etwa auf der Basis des Einkommensteuerbescheides für das jeweilige vorvergangene Jahr, endgültig veranlagen zu lassen. Wenn ein Mitglied jedoch endgültig mit in dem betreffenden Jahr erzielten Einkommen veranlagt werden wolle, habe dies zwangsläufig zur Folge, dass eine zinslose Stundung erfolge, wenn der endgültige Beitrag höher sei als der vorläufig festgesetzte. Man gehe - großzügiger als § 149 Abs. 2 der Abgabenordnung - davon aus, dass es einem Freiberufler zuzumuten sei, sein Jahreseinkommen bis zum 31. Dezember des Folgejahres zumindest überschlägig zu ermitteln und den sich hieraus ergebenden Beitrag zu entrichten.

13

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, da der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Das beklagte Versorgungswerk hat nämlich zu Unrecht gegenüber dem Kläger einen Säumniszuschlag auf die für das Jahr 2007 angefallenen Beiträge festgesetzt.

15

1. Grundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 26 Abs. 5 der Satzung des Beklagten (in der aufgrund des Änderungsbeschlusses vom 12. Dezember 2007 rückwirkend zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Fassung, StAnz. 2009 S. 377, im Folgenden: Satzung). Danach ist für Beiträge, die Mitglieder nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt haben, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 2/3 v.H. und ab Januar 2008 in Höhe von 1 v.H. des rückständigen Betrages zu zahlen. Diese auf § 6 Abs. Abs. 4 des Landesgesetzes über die rheinland-pfälzische Rechtsanwaltsversorgung vom 29. Januar 1985 (GVBl. S. 37) in der zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 2005 (GVBl. S. 520, im Folgenden: RAVG) beruhende Vorschrift begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. OVG RP, Urteil vom 23. November 2010 - 6 A 10932/10.OVG -). Solche werden auch vom Kläger nicht erhoben.

16

2. Der Kläger war jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten mit seinen monatlichen Beiträgen für das 2007 nicht über den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt hinaus im Rückstand. Er hat nämlich unstreitig die durch den Bescheid vom 8. Dezember 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 festgesetzten Monatsbeiträge in Höhe von 313,43 €, die nach § 26 Abs. 3 der Satzung jeweils zum Fünfzehnten eines jeden Monats fällig waren, pünktlich gezahlt. Zwar wurde sein Beitrag für das Jahr 2007 durch den insoweit nicht angefochtenen streitgegenständlichen Bescheid vom 8. Dezember 2009 rückwirkend auf monatlich 356,59 € festgesetzt. Hinsichtlich des die ursprüngliche Festsetzung übersteigenden Differenzbetrags war die Beitragsforderung bis zur endgültigen Festsetzung jedoch nicht fällig geworden, so dass insoweit kein Säumniszuschlag erhoben werden durfte.

17

a) Nach § 6 Abs. 3 S. 1 RAVG setzt das Versorgungswerk den Beitrag durch Leistungsbescheid fest. § 26 Abs. 1 der Satzung wiederholt diese Regelung (S. 1) und ergänzt sie um die Vorschrift, dass das Mitglied zur Entrichtung des festgesetzten Beitrags verpflichtet ist (S. 2). Darüber hinaus ermächtigt § 36 Abs. 2 der Satzung den Beklagten, Beiträge bei Fehlen zeitnaher Einkommensnachweise vorläufig festzusetzen (S. 1), und schreibt vor, die endgültige Festsetzung solle bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Ablauf des Beitragsjahres erfolgen (S. 2). Diese Regelungen sind dahingehend zu verstehen, dass die Mitglieder des Beklagten lediglich verpflichtet sind, Beiträge in der zuvor zumindest vorläufig festgesetzten Höhe zu zahlen.

18

b) Dieser Auslegung stehen auch die Regelungen in § 26 Abs. 3, 2. HS und § 26 Abs. 6 der Satzung im Ergebnis nicht entgegen. Nach § 26 Abs. 3 der Satzung sind Beiträge monatlich bis zum Fünfzehnten eines jeden Monats zu entrichten, und zwar erstmalig in dem Monat, in dem die Mitgliedschaft zum Versorgungswerk begründet ist. Da unmittelbar nach dem Beginn der Mitgliedschaft vielfach noch keine vorläufige Beitragsfestsetzung vorliegen wird, dürfte dem 2. Halbsatz des § 26 Abs. 3 der Satzung die Vorstellung zugrunde liegen, das Mitglied sei auch schon vor einer förmlichen Festsetzung zur Beitragszahlung verpflichtet.

19

Entsprechendes gilt für § 26 Abs. 6 der Satzung, wonach ein Säumniszuschlag, der auf eine mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfällt, nicht zu erheben ist, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, er habe unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt. Auch in dieser Regelung kommt die Auffassung der Beklagten zum Ausdruck, die Mitglieder seien zum Fünfzehnten eines jeden Monats zur Zahlung des Beitrags in der satzungsmäßigen Höhe auch ohne eine entsprechende vorherige Festsetzung und sogar über einen zuvor - vorläufig - festgesetzten Betrag hinaus verpflichtet (so auch Stamp, Rechtsanwaltsversorgung in Rheinland-Pfalz, § 26 Rn. 17 f.). Andernfalls käme dieser Vorschrift kaum praktische Bedeutung zu, da es bei einer vorherigen Beitragsfestsetzung nur selten vorkommen dürfte, dass ein Mitglied unverschuldet mit seinen Beitragszahlungen in Rückstand gerät.

20

Eine solche Festlegung der Fälligkeit der Beitragsforderungen in der satzungsmäßigen Höhe auf einen Zeitpunkt vor ihrer - zumindest vorläufigen - Festsetzung bzw. über die vorläufig festgesetzte Höhe hinaus verstößt jedoch gegen die Vorgaben der gesetzlichen Verordnungsermächtigung, da der Beitrag nach § 6 Abs. 3 S. 1 RAVG zwingend durch Bescheid festzusetzen ist.

21

c) Soweit § 26 Abs. 3 der Satzung - jedenfalls nach seinem Wortlaut - dahingehend zu verstehen ist, dass bereits während des laufenden Jahres die Beitragsansprüche des Beklagten auch gegenüber selbständigen Rechtsanwälten in ihrer endgültigen Höhe unabhängig von einer entsprechenden vorherigen Festsetzung zum Fünfzehnten eines jeden Monats fällig sein sollen, steht ein solches Regelungsverständnis zudem im Widerspruch zum Begriff der Fälligkeit. Denn unter Fälligkeit im Rechtssinne ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an der Gläubiger eine Leistung verlangen kann (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - III ZR 159/06 -, BGHZ 171, 33). Das setzt bei einer Geldleistung aber voraus, dass die Bezifferung des geschuldeten Betrags möglich ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann auch von einer nicht rechtzeitigen Zahlung im Sinne von § 6 Abs. 4 RAVG die Rede sein.

22

Die endgültige Berechnung des Beitrags ist bei selbständigen Rechtsanwälten - also auch im Fall des Klägers - jedoch frühestens nach Abschluss des jeweiligen Wirtschaftsjahres möglich. Bei ihnen erfordert die endgültige Beitragsbemessung nämlich nach § 14 Abs. 1 und 2 der Satzung in Verbindung mit § 15 Abs. 1 S. 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009, BGBl. I S. 3710, im Folgenden: SGB IV) eine Gewinnermittlung nach den einschlägigen Vorschriften des Einkommensteuerrechts. § 4 Abs. 1 S. 1 des Einkommensteuergesetztes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009, BGBl. I S. 3366) definiert den Gewinn aber - vereinfacht - als den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Folglich kann erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres festgestellt werden, in welcher endgültigen Höhe eine Beitragsforderung des Beklagten für den betreffenden Zeitraum besteht. Während des laufenden Wirtschaftsjahres ist hingegen weder der beitragspflichtige Rechtsanwalt noch der Beklagte in der Lage, den die endgültige Höhe des Beitragsanspruchs zu beziffern. Somit wird der Beitrag in dieser Höhe auch aus diesem Grund nicht zum Fünfzehnten eines jeden Monats des betreffenden Wirtschaftsjahres fällig, sondern lediglich in dem Umfang, in dem er zuvor - vorläufig - festgesetzt worden ist.

23

d) Die Auffassung des Beklagten findet, anders als er meint, auch keine Stütze in den Vorschriften des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs an denen sich die Regelungen des § 26 Abs. 3 und 6 der Satzung orientieren. So entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger nach § 22 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV - grundsätzlich - sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bzw. bei einmalig gezahltem oder aus Entgeltguthaben aufgrund von Arbeitszeitguthaben errechnetem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist (vgl. hierzu z.B. Wietek, in: Winkler [Hrsg.], Sozialgesetzbuch IV, 1. Aufl. 2007, § 21 Rn. 9 ff.). Sie werden nach § 23 Abs. 1 und 2 SGB IV zu bestimmten Terminen fällig, ohne dass es einer Festsetzung durch einen Bescheid bedarf. Dieser Konzeption hat sich der Landesgesetzgeber mit § 6 Abs. 3 S. 1 RAVG aber offenkundig nicht angeschlossen, da er ausdrücklich eine Festsetzung des Beitrags durch Bescheid vorschreibt.

24

Zudem folgt auch das SGB IV nicht durchgängig dem Prinzip, dass Beiträge auch ohne eine vorherige Festsetzung fällig werden. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV werden nämlich geschuldete Beiträge der Unfallversicherung am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist. Entsprechendes gilt für Beitragsvorschüsse, wenn der Bescheid hierüber keinen anderen Fälligkeitstermin bestimmt. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung erst im Nachhinein festgesetzt werden, also kein fester Beitragssatz gilt (vgl. Wietek, a.a.O., § 23 Rn. 26). Diese Situation ist durchaus vergleichbar mit derjenigen selbständiger Rechtsanwälte, deren Einkommen und damit die Höhe ihres Beitrags ebenfalls erst nachträglich ermittelt werden kann.

25

e) Soweit der Beklagte darauf hinweist, in manchen Fällen legten ihre Mitglieder die erforderlichen Einkommensnachweise erst sehr spät vor, rechtfertigt das nicht die Erhebung eines Säumniszuschlags auf einen die vorläufige Festsetzung übersteigenden, aber noch nicht in der endgültigen Höhe festgesetzten Beitrag. Ein solches Verhalten des Mitglieds verhindert nämlich gerade die endgültige Festsetzung und damit den Eintritt der Fälligkeit des Beitrags in dieser Höhe. Im Rechtssinne geht es insoweit auch nicht um einen Säumniszuschlag, sondern um einen Verspätungszuschlag, wie er etwa in § 152 der Abgabenordnung (i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002, BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. April 2011, BGBl. I S. 676) vorgesehen ist. Die Satzung des Beklagten enthält hingegen keine Vorschriften zur Erhebung eines Verspätungszuschlags als Sanktion für die Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Beitragsfestsetzung, und § 6 Abs. 4 S. 1 RAVG sieht Säumniszuschläge, Verzugszinsen und Leistungsminderungen lediglich als Folge der unterbliebenen bzw. nicht rechtzeitigen Zahlung vor, nicht jedoch der pflichtwidrigen Verhinderung oder Verzögerung der Beitragsfestsetzung.

26

Das Interesse des Beklagten an einer möglichst zeitnahen Beitragserhebung wird im Übrigen durch § 26 Abs. 2 der Satzung Rechnung getragen. Danach hat der Beklagte die Möglichkeit, Beiträge - in der zu erwartenden Höhe - vorläufig festzusetzen, wenn zeitnahe Einkommensnachweise nicht vorliegen. Dabei kann er sich insbesondere an der Höhe der Beiträge bezüglich der vergangenen Jahre orientieren und absehbare Veränderungen der Einkünfte berücksichtigen.

27

Darüber hinaus erscheint es grundsätzlich denkbar, die Höhe der Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen zu schätzen und auf dieser Grundlage endgültig festzusetzen, wenn das Mitglied seiner Pflicht zur Vorlage der nach § 23 Abs. 2 Satz 3 der Satzung erforderlichen Einkommensnachweise über einen längeren Zeitraum nicht nachkommt bzw. sich ausdrücklich weigert, die betreffenden Unterlagen vorzulegen. Ob der Beklagte hierzu allerdings ohne eine entsprechende Satzungsvorschrift - vgl. z. B. § 11 Abs. 4 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg und hierzu VGH BW, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 9 S 830/09 -, juris) - befugt ist, kann für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleiben.

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

29

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

30

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

31

Beschluss

32

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 34,19 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Okt. 2011 - 6 A 10509/11

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Okt. 2011 - 6 A 10509/11

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Okt. 2011 - 6 A 10509/11 zitiert 12 §§.

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(1) Die Steuergesetze bestimmen, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung bleibt auch dann bestehen, wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 geschätzt hat.

(2) Soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen, sind Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, spätestens sieben Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder sieben Monate nach dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des siebten Monats, der auf den Schluss des in dem Kalenderjahr begonnenen Wirtschaftsjahres folgt.

(3) Sofern Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes beauftragt sind mit der Erstellung von

1.
Einkommensteuererklärungen nach § 25 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes mit Ausnahme der Einkommensteuererklärungen im Sinne des § 46 Absatz 2 Nummer 8 des Einkommensteuergesetzes,
2.
Körperschaftsteuererklärungen nach § 31 Absatz 1 und 1a des Körperschaftsteuergesetzes, Feststellungserklärungen im Sinne des § 14 Absatz 5, § 27 Absatz 2 Satz 4, § 28 Absatz 1 Satz 4 oder § 38 Absatz 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes oder Erklärungen zur Zerlegung der Körperschaftsteuer nach § 6 Absatz 7 des Zerlegungsgesetzes,
3.
Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags oder Zerlegungserklärungen nach § 14a des Gewerbesteuergesetzes,
4.
Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr nach § 18 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes,
5.
Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit § 181 Absatz 1 und 2,
6.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung oder
7.
Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 18 des Außensteuergesetzes,
so sind diese Erklärungen vorbehaltlich des Absatzes 4 spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar und in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 bis zum 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben.

(4) Das Finanzamt kann anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben sind, wenn

1.
für den betroffenen Steuerpflichtigen
a)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum Erklärungen nicht oder verspätet abgegeben wurden,
b)
für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum innerhalb von drei Monaten vor Abgabe der Steuererklärung oder innerhalb von drei Monaten vor dem Beginn des Zinslaufs im Sinne des § 233a Absatz 2 Satz 1 und 2 nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
c)
Vorauszahlungen für den Besteuerungszeitraum außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt wurden,
d)
die Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 Prozent der festgesetzten Steuer oder mehr als 10 000 Euro geführt hat,
e)
die Steuerfestsetzung auf Grund einer Steuererklärung im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1, 2 oder 4 voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10 000 Euro führen wird oder
f)
eine Außenprüfung vorgesehen ist,
2.
der betroffene Steuerpflichtige im Besteuerungszeitraum einen Betrieb eröffnet oder eingestellt hat oder
3.
für Beteiligte an Gesellschaften oder Gemeinschaften Verluste festzustellen sind.
Für das Befolgen der Anordnung ist eine Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung zu setzen. Ferner dürfen die Finanzämter nach dem Ergebnis einer automationsgestützten Zufallsauswahl anordnen, dass Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 vor dem letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres mit einer Frist von vier Monaten nach Bekanntgabe der Anordnung abzugeben sind. In der Aufforderung nach Satz 3 ist darauf hinzuweisen, dass sie auf einer automationsgestützten Zufallsauswahl beruht; eine weitere Begründung ist nicht erforderlich. In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 tritt an die Stelle des letzten Tages des Monats Februar der 31. Juli des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres. Eine Anordnung nach Satz 1 oder Satz 3 darf für die Abgabe der Erklärung keine kürzere als die in Absatz 2 bestimmte Frist setzen. In den Fällen der Sätze 1 und 3 erstreckt sich eine Anordnung auf alle Erklärungen im Sinne des Absatzes 3, die vom betroffenen Steuerpflichtigen für den gleichen Besteuerungszeitraum oder Besteuerungszeitpunkt abzugeben sind.

(5) Absatz 3 gilt nicht für Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor oder mit dem Ablauf des Besteuerungszeitraums endete.

(6) Die oberste Landesfinanzbehörde oder eine von ihr bestimmte Landesfinanzbehörde kann zulassen, dass Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden und Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes bis zu bestimmten Stichtagen einen bestimmten prozentualen Anteil der Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 einreichen. Soweit Erklärungen im Sinne des Absatzes 3 in ein Verfahren nach Satz 1 einbezogen werden, ist Absatz 4 Satz 3 nicht anzuwenden. Die Einrichtung eines Verfahrens nach Satz 1 steht im Ermessen der obersten Landesfinanzbehörden und ist nicht einklagbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 159/06
Verkündet am:
1. Februar 2007
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 193, § 271 Abs. 1, § 286 (F: 1. Januar 2002)
§ 193 BGB gilt sowohl für Fristen, nach deren Ablauf die Fälligkeit einer Forderung
eintritt, als auch für solche, nach deren Ende der Verzug beginnt.
BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - III ZR 159/06 - OLG Köln
LG Bonn
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dr. Kapsa und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Parteien Die sind Telekommunikationsunternehmen. Sie streiten über Zinsansprüche der Klägerin wegen angeblich verspäteter Zahlungen der Beklagten.
2
Die Parteien schlossen 1998 einen seither mehrfach geänderten Vertrag über die Zusammenschaltung ihrer Netze. Die Beklagte erbringt außerdem für die Klägerin aufgrund eines 2001 geschlossenen Fakturierungs- und Inkassovertrages (im Folgenden: F+I-Vertrag) Leistungen im Zusammenhang mit der Rechnungserstellung und dem Einzug von Forderungen gegenüber Dritten.
Diesem Vertrag liegen die jeweils von der Beklagten gestellten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Preise Fakturierung und Inkasso" (im Folgenden: AGB) und die "Leistungsbeschreibung Fakturierung und Inkasso" (im Folgenden : Leistungsbeschreibung) zugrunde.
3
Hinsichtlich der wechselseitigen Ansprüche aus dem F+I-Vertrag enthält Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung (Abrechnung zwischen den Vertragsparteien ) folgende Regelungen: "Der Vertragspartner (= Klägerin) kann jeweils in der Mitte und am Ende eines Kalendermonats in einer Rechnung die von ihm gelieferten und von der D. T. als fakturierbar erkannten Nettoentgelte zu den Leistungsdaten zuzüglich Umsatzsteuer mit der D. T. abrechnen. … Der Rechnungsbetrag muss spätestens am 30. Tag nach dem Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben oder verrechnet sein. … Die D. T. stellt dem Vertragspartner zum Monatsende eine Rechnung über ihre Leistungen. … Der Rechnungsbetrag muss spätestens am 30. Tag nach dem Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben oder verrechnet sein. Fällige Forderungen aus dem Fakturierungsvertrag werden miteinander verrechnet. …"
4
Bezüglich des Entgelts, das die Beklagte für ihre Leistungen von der Klägerin verlangen kann, sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Nummer 4 (Zahlungsbedingungen) weiter Folgendes vor: "Die D. T. stellt dem Vertragspartner ihre Leistungen in Rechnung. Der Rechnungsbetrag ist mit Zugang der Rechnung fällig. Der Rechnungsbetrag muss spätestens am 30. Tag nach Zugang der Rechnung auf dem in der Rechnung angegebenen Konto gutgeschrieben sein."
5
Die aufgrund des Zusammenschaltungs- und des F+I-Vertrags jeweils erbrachten Leistungen stellten sich die Parteien wechselseitig in Rechnung. Nach Verrechnung verbleibende Beträge wurden im Bankverkehr überwiesen.
6
In den Jahren 2002 und 2003 kam es teilweise zu verzögerten Zahlungen der Beklagten. Hierfür berechnete die Klägerin Verzugszinsen. Die Beklagte beglich die Zinsforderungen nur teilweise. Sie ist insbesondere der Auffassung , sofern die jeweilige 30-Tages-Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag gefallen sei, habe sich die Zahlungsfrist entgegen der Ansicht der Klägerin gemäß § 193 BGB verlängert.
7
In erster Instanz hat die Klage weitgehend Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgelegt, soweit die Klägerin Verzugszinsen auf Forderungen aus dem Zusammenschaltungsvertrag geltend macht (ZIP 2006, 1986). Hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von Zinsen aus dem F+I-Vertrag in Höhe von insgesamt 495.815,20 € hat es die Berufung der Beklagten durch Teilurteil zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe


8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


9
Das Berufungsgericht hat die Zinsforderung der Klägerin aus dem F+IVertrag unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 288 BGB für begründet erachtet. Die Hauptforderungen der Klägerin seien nach den vertraglichen Abreden der Parteien bereits mit Zugang der entsprechenden Rechnungen fällig geworden. Die in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung geregelte 30-Tages-Frist bestimme, ab wann der Verzug der Beklagten mit der Erfüllung der Hauptforderung eintrete. Für eine derartige Frist gelte § 193 BGB nicht. Abweichende Abreden hätten die Parteien nicht getroffen.

II.


10
Dies hält in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin kann von der Beklagten insoweit keine Zinsen auf Forderungen aus dem F+I-Vertrag verlangen, als diese ohne Berücksichtigung von § 193 BGB berechnet wurden.
11
1. Der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen folgt nicht aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB beziehungsweise für die im Jahr 2002 entstandenen Haupt- forderungen aus § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (Art. 229 § 5 EGBGB), jeweils i.V.m. § 288 BGB. Die Leistungszeit lässt sich nicht, wie es diese Vorschrift voraussetzt , unmittelbar aus dem Kalender bestimmen. Vielmehr hängt sie von einem Ereignis - dem Zugang der Rechnung - ab.
12
2. Für die ab dem 1. Januar 2003 entstandenen Hauptforderungen ergibt sich auch aus § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 288 BGB ein Anspruch der Klägerin auf Leistung von Verzugszinsen jedenfalls nicht über den eingangs genannten Umfang hinaus. Nach dieser Bestimmung tritt Verzug auch ohne Mahnung ein, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Ereignis im Sinne dieser Bestimmung kann auch der Zugang einer Rechnung sein (MünchKommBGB/ Ernst, 4. Aufl., § 286 Rn. 58; Staudinger/Löwisch (2004), § 286 Rn. 76).
13
Voraussetzung für den Verzugseintritt ist, wie in den anderen Fällen des § 286 Abs. 1 bis 3 BGB auch, dass der Anspruch des Gläubigers fällig ist (siehe § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Hauptforderungen der Klägerin waren jedoch noch nicht an einem Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällig, wenn die 30-Tages-Frist nach Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung rechnerisch an einem dieser Tage ablief. Vielmehr trat die Fälligkeit gemäß § 193 BGB erst am folgenden Werktag ein, so dass sich die Klägerin frühestens ab dem anschließenden Tag in Verzug befinden konnte.
14
a) Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vorinstanzen, nach der Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung dahin auszulegen ist, dass die jeweilige Hauptforderung der Klägerin bereits mit Zugang der Rechnung fällig sein sollte.
15
aa) Der Senat kann den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag selbständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts auslegen. Zwar ist die Interpretation von Verträgen grundsätzlich nur eingeschränkt revisionsgerichtlich nachprüfbar (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 2006 - III ZR 257/05 - NJW 2006, 3642 Rn. 10 m.w.N.). Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung , dass das Revisionsgericht in der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen frei ist, wenn deren Anwendungsbereich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgeht (Senat aaO m.w.N.). Die von der Beklagten gestellten AGB sowie die Leistungsbeschreibung sind zur bundesweiten Verwendung in einer Vielzahl von Fällen bestimmt, so dass die maßgebliche Regelung eine über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgehende Bedeutung für zahlreiche Vertragsbeziehungen hat und damit ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (vgl. hierzu Senat aaO m.w.N.). Da überdies weitere tatsächliche Feststellungen zu Umständen, die für die Auslegung der Leistungsbeschreibung und der AGB von Bedeutung sein können, nicht mehr zu erwarten sind, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen (vgl. z.B.: BGHZ 121, 284, 289; Senatsurteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 - NJW 2006, 3777 Rn. 12; BGH, Versäumnisurteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 - NJW 1998, 1219 jew. m.w.N).
16
bb) Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (z.B.: Bamberg/Roth/Grüneberg, BGB, § 271 Rn. 2; MünchKommBGB/Krüger, aaO § 271 Rn. 2; Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., § 271 Rn. 1). Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien (Bamberger/Roth/Grüneberg aaO Rn. 5; Palandt/ Heinrichs aaO Rn. 2). Haben diese eine Zeit bestimmt, so ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Das be- deutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (vgl. z.B. Bamberg/Roth/Grüneberg aaO Rn. 23; Palandt/Heinrichs aaO Rn. 11).
17
Nach cc) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Klauseln, die, wie die hier maßgebende, ein Zahlungsziel einräumen, grundsätzlich als eine Leistungszeitbestimmung im Sinne von § 271 Abs. 2 BGB anzusehen und nicht lediglich als ein Verzicht auf die Durchsetzung eines schon früher fälligen Anspruchs oder als die Bestimmung des Verzugsbeginns (z.B. BGHZ 125, 343, 344, 348; BGH, Urteil vom 16. März 1994 - VIII ZR 246/92 - NJW-RR 1994, 880, 881; vgl. auch Senatsurteil vom 16. Januar 1992 - III ZR 197/90 - NJW 1992, 2086; ferner Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., S. 258). Auch das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung lasse sich nicht ohne Hinzuziehung weiterer Gesichtspunkte entnehmen, dass die Forderungen der Klägerin bereits mit Zugang der Rechnung fällig werden sollten.
18
Konkrete dd) Abreden der Parteien, aus denen sich ergibt, dass die 30-Tages-Frist von Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung keine Leistungszeitbestimmung im Sinne von § 271 Abs. 2 BGB darstellt, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung des Land- und des Berufungsgerichts folgt auch aus dem Zusammenhang dieser vertraglichen Regelung mit anderen Vertragsbestimmungen oder aus den sonstigen Umständen nichts hiervon Abweichendes. Vielmehr bestätigen - ohne dass es auf sie im Ergebnis ankommt - gewichtige Gesichtspunkte die Auslegung der vertraglichen 30-Tages-Frist als Fälligkeitsfrist.
19
(1) Insbesondere lässt sich nicht aus Nummer 4 Satz 2 der AGB der Beklagten darauf schließen, dass Ansprüche der Klägerin bereits mit Zugang ihrer Rechnungen fällig sein sollten. Diese Bestimmung, die sich nur auf die Entgelt- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1998 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1998&S=259 - 9 - forderungen der Beklagten gegen die Klägerin bezieht, wird durch die speziellen Regelungen in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung über die Überweisung oder Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche verdrängt.
20
(2) Auch der Vertragsabwicklungspraxis der Parteien ist nicht das Einverständnis der Parteien darüber zu entnehmen, dass die Ansprüche der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Zugangs ihrer Rechnungen bei der Beklagten fällig werden sollten. Das Berufungsgericht hat hierzu als einzige konkrete Tatsache festgestellt, dass sich auf einem Teil der Rechnungen der Klägerin der Aufdruck "Der Rechnungsbetrag wird mit Zugang der Rechnung fällig" befindet.
21
Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass auch die einvernehmliche Praxis der Parteien nach Vertragsschluss grundsätzlich zur Auslegung ihrer Erklärungen und Handlungen herangezogen werden kann. Zwar vermag das nachträgliche Verhalten eines Betroffenen den Inhalt und die rechtliche Qualität des Vertrags nicht mehr zu beeinflussen. Es kann aber für die Auslegung bedeutsam sein, weil es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen der Beteiligten beim Vertragsschluss enthalten kann (z.B.: BGH, Urteile vom 26. November 1997 - XII ZR 308/95 - NJW-RR 1998, 801, 803 und vom 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96 - NJW-RR 1998, 259 jew. m.w.N.). Es ist aber nichts dafür festgestellt oder sonst ersichtlich, dass der Rechnungsaufdruck der Klägerin nicht lediglich auf deren einseitigem Rechtsverständnis beruhte , sondern sich mit der Auffassung der Beklagten deckte. Insbesondere folgt dies nicht daraus, dass sich die Beklagte auf den Standpunkt stellte, ihre Forderungen gegen die Klägerin seien mit Zugang der entsprechenden Rechnungen fällig. Dies kann darauf beruhen, dass sie - unzutreffend - von der Anwendbarkeit der Nummer 4 Satz 2 ihrer AGB ausging.
22
Auch eine nachträgliche Änderung der getroffenen Fälligkeitsregelung für die Forderungen der Klägerin infolge des Rechnungsaufdrucks kommt nicht in Betracht. Eine nach Vertragsschluss abgegebene Erklärung einer Partei kann die Rechtsverhältnisse nur dann ändern, wenn die andere Seite das damit verbundene Angebot auf Modifizierung des Vertrages annimmt. Umstände, aus denen sich ergibt, dass sich die Beklagte mit der Änderung der sich aus der Leistungsbeschreibung ergebenden Fälligkeitsbestimmung zugunsten der Klägerin einverstanden erklärt hat, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
23
Die Vertragsabwicklungspraxis gibt vielmehr einen umgekehrten Anhaltspunkt für die Übereinstimmung der Parteien, dass die Fälligkeit der Forderungen der Klägerin nicht bereits mit Zugang der Rechnungen eintreten sollte. Nach § 353 Satz 1 HGB sind Kaufleute untereinander berechtigt, für ihre Ansprüche aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu verlangen. Eine solche Forderung hat die Klägerin jedoch erst im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits hilfsweise geltend gemacht, nicht aber während der laufenden Geschäftsbeziehungen. Die Parteien waren sich - wie das Landgericht festgestellt hat - ursprünglich darüber einig, dass eine Verzinsungspflicht erst nach Ablauf der 30 Tage ab Rechnungszugang eintreten sollte; strittig war nur das Fristende. Werden zwischen zwei Kaufleuten für einen bestimmten Zeitraum einvernehmlich keine Zinsen nach § 353 Satz 1 HGB geltend gemacht , ist dies ein - wenn auch nicht zwingender - Anhaltspunkt dafür, dass die betreffende Forderung nach ihrem übereinstimmenden Verständnis noch nicht fällig war.
24
b) Tritt danach die Fälligkeit der Hauptforderung der Klägerin erst nach 30 Tagen ab Zugang der jeweiligen Rechnung ein, richtet sich die Berechnung dieser Frist grundsätzlich nach §§ 186 bis 193 BGB. Insbesondere die letztge- nannte Bestimmung ist, wovon auch die Vorinstanzen ausgehen, - vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen - auf Fristen anzuwenden, die für die Fälligkeit einer Forderung gelten (z.B.: MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl., § 193 Rn. 13; Staudinger/Repgen, BGB (2004), § 193 Rn. 26; vgl. auch BAGE 98, 1, 9; BPatG, Urteil vom 28. März 2003 - 10 W (pat) 705/01 - juris Rn. 12; Bamberger /Roth/Henrich, BGB, § 193 Rn. 9). Fällt der letzte Tag der Fälligkeitsfrist rechnerisch auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag, verschiebt sich dementsprechend der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten und der (frühestmögliche) Eintritt des Verzuges auf den darauf folgenden Werktag (BAG aaO).
25
aa) Nicht zu folgen ist der teilweise vertretenen Ansicht, § 193 BGB verschiebe zwar die Leistungspflicht, nicht aber die Fälligkeit (Palandt/Heinrichs aaO § 193 Rn. 5 möglicherweise in Widerspruch hierzu: Heinrichs aaO § 271 Rn. 4; Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl., § 193 Rn. 6, letzterer meint allerdings , für die Verzugszinsen gelte § 193 BGB; so wohl auch in einem obiter dictum: BGH, Versäumnisurteil vom 10. Mai 2001 - XII ZR 60/99 - NJW 2001, 2324, 2325). Die Differenzierung zwischen der Zeit der Leistungspflicht und dem Fälligkeitstermin ist schon begrifflich kaum möglich (Staudinger/Repgen aaO Rn. 27). Vor allem aber widerspricht der Zweck der Regelung dieser Auffassung. Der gesetzgeberische Grund für § 193 BGB ist der Schutz der Sonnund Feiertage (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV) sowie die Rücksichtnahme auf die Wochenend- und Feiertagsruhe der Bevölkerung und auf das allgemeine Ruhen der bürgerlichen Geschäfte an den betreffenden Tagen (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Fristablauf am Sonnabend BTDrucks. IV/3394, S. 3). Ohne diese Bestimmung würden Fristen unangemessen verkürzt, weil zur Vermeidung von Nachteilen Leistungen bereits rechtzeitig vor den Wochenenden und den Feiertagen und damit vorzeitig vorgenommen wer- den müssten (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Fristablauf am Sonnabend aaO). Dieser Gesetzeszweck würde weitgehend leerlaufen, wenn § 193 BGB zwar die Leistungspflicht verschieben würde, nicht aber den Eintritt der Fälligkeit. Insbesondere stellt die hierauf beruhende Verzinsungspflicht für den Schuldner einer Geldforderung eine bedeutsame Konsequenz seiner Nichtleistung dar.
26
bb) Die Parteien haben die Anwendbarkeit von § 193 BGB auch nicht abbedungen. Ausdrückliche Abreden hierzu sind nicht vorgetragen. Das Schreiben der Beklagten vom 23. März 2004 gibt - unbeschadet des für ergänzende Abreden ohnehin bestehenden Schriftformerfordernisses (Nummern 5, 11.2 der AGB) - entgegen der Ansicht der Klägerin keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien schlüssig vereinbarten, die dreißigtägige Frist für die Leistungen der Beklagten solle auch an einem Wochenende oder Feiertag enden können. Zwar ließ die Beklagte bei ihrer dem Schreiben beigefügten Berechnung der Ansprüche der Klägerin § 193 BGB selbst außer acht. Dies kann jedoch auch darauf beruhen, dass ihre mit der Abrechnung betrauten Mitarbeiter sich der Problematik nicht bewusst waren.
27
c) Im Übrigen wäre § 193 BGB auf die zwischen den Parteien vereinbarte 30-Tages-Frist auch dann anzuwenden, wenn bereits der Zugang der Rechnung der Klägerin die Fälligkeit der Forderung bewirkt hätte und die Fristvereinbarung mithin als Regelung des Verzugseintritts aufzufassen wäre. Der Senat folgt insoweit entgegen dem Berufungsgericht der in der Literatur überwiegend vertretenen Meinung (Erman/Hager, BGB, 11. Aufl., § 286 Rn. 53; Jauernig/ Stadler, BGB, 11. Aufl., § 286 Rn. 34; Palandt/Heinrichs, aaO, § 286 Rn. 30; Prütting/Schmidt-Kessel, BGB, § 286 Rn. 20; Staudinger/Löwisch, aaO, § 286 Rn. 104 jeweils zu § 286 Abs. 3 BGB; wohl auch MünchKommBGB/Grothe, aaO § 193 Rn. 13; a.A: Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 286 Rn. 47; Huber JZ 2000, 743, 744 Fn. 8; MünchKommBGB/Ernst, 4. Aufl., § 286 Rn. 88), nach der § 193 BGB auch für die Berechnung der für den Verzugseintritt maßgeblichen Fristen anzuwenden ist. Diese Vorschrift gilt gemäß § 186 BGB unter anderem für sämtliche in Gesetzen und Rechtsgeschäften bestimmten Fristen. Eine Ausnahme für die verzugsbestimmenden Fristen ist nicht vorgesehen. Die Erwägung des Berufungsgerichts, den nach dem Gesetz umfassenden Anwendungsbereich des § 193 BGB zu reduzieren, überzeugt nicht. Die Vorinstanz meint, der Zweck dieser Vorschrift, die Wochenend- und Feiertagsruhe zu schützen, rechtfertige es nicht, dem Schuldner einer bereits fälligen Leistung einen weiteren Aufschub bis zum Eintritt der Verzugsfolgen zu gewähren, da dieser ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Leistung gehabt habe. Dies ist mit dem Sinn der §§ 186 ff BGB nicht zu vereinbaren. Ein solcher teleologischer Ansatz bei der Auslegung der Vorschriften über die Fristen brächte ein beträchtliches Maß an Unsicherheit mit sich, während gerade Fristbestimmungen klar überschaubar und leicht handhabbar sein müssen (Senatsurteil BGHZ 162, 175, 180). Die mit den §§ 186 ff BGB bezweckte Rechtssicherheit würde durch schwer berechenbare und nicht selten erst in einem Rechtsstreit zu klärende, vielfach auf den Einzelfall bezogene Wertungen ersetzt (Senat aaO, m.w.N.). Überdies würden, wäre § 193 BGB nicht sowohl auf verzugsbestimmende Fristen als auch auf Fälligkeitsbestimmungen anwendbar, erhebliche, dem Zweck der §§ 186 ff BGB widersprechende Unsicherheiten bei der Anwendung der weit verbreiteten vertraglichen 30-Tages-Fristen entstehen. Es wäre zur Bestimmung , ob § 193 BGB anzuwenden ist, notwendig, zu ermitteln, ob die Regelung im jeweiligen Einzelfall nur deklaratorisch § 286 Abs. 3 BGB wiedergibt oder ob sie eine Zahlungsfrist im Sinne einer Fälligkeitsregelung enthält.
28
Nicht zu überzeugen vermag auch das Argument, der in § 193 BGB geregelte Fall, dass innerhalb einer Frist eine Leistung zu bewirken sei, liege bei einer nur den Verzug bestimmenden Frist nicht vor, da die Leistung bei Fälligkeit gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort zu bewirken sei (Bamberger/Roth/Grüneberg aaO; Huber aaO). Die Pflicht, die Leistung nach Eintritt der Fälligkeit sofort zu bewirken, schließt nicht aus, dass hierfür (weitere) Fristen gelten. Ist die fällige Forderung noch nicht erfüllt, ist die geschuldete Leistung weiterhin zu bewirken , und zwar zur Vermeidung der Verzugsfolgen innerhalb der für den Verzugseintritt geltenden Frist.
29
3. Ein Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen in dem verlangten Umfang ergibt sich auch nicht aus § 286 Abs. 3 Satz 1 - beziehungsweise für die im Jahr 2002 entstandenen Hauptforderungen aus dem im wesentlichen inhaltsgleichen § 284 Abs. 3 Satz 1 BGB a.F. (Art. 229 § 5 EGBGB) - i.V.m. § 288 BGB. Tritt die Fälligkeit der Forderung - wie hier (siehe oben Nr. 2 a) - nicht bereits mit Zugang der Rechnung ein, sondern danach, beginnt die 30-Tages-Frist des § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB erst mit der Fälligkeit zu laufen (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts BT-Drucks. 14/6040 S. 147; Bamberger/Roth/Grüneberg, aaO, Rn. 45; Erman/Hager aaO § 286 Rn. 53; MünchKommBGB/Ernst aaO, Rn. 86). Verzug nach dieser Bestimmung konnte deshalb erst 30 Tage nach Ablauf der unter Berücksichtigung von §§ 186 bis 193 BGB zu berechnenden in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung bestimmten Frist eintreten.
30
4. Schließlich kann die Klägerin die von ihr hilfsweise verlangten Fälligkeitszinsen gemäß § 353 Satz 1 HGB jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe beanspruchen. Aus den vorstehenden Gründen wurden die Forderungen der Klägerin unter Berücksichtigung von § 193 BGB erst am nachfolgenden Werktag fällig, wenn die in Abschnitt 8 der Leistungsbeschreibung bestimmte Zahlungsfrist rechnerisch auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fiel. Vorher können dementsprechend keine Fälligkeitszinsen anfallen.
31
5. Der Senat kann noch nicht selbst abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da die Klägerin, wie sie in ihrer Berufungserwiderung unter Buchstabe A klargestellt hat, geltend macht, auch unter Anwendung von § 193 BGB stünden ihr Fälligkeits- und Verzugszinsen zu, weil bis zu neun Tage zwischen dem rechnerischen Ablauf der 30-Tagefrist ab Rechnungszugang und dem Eingang der Zahlungen der Beklagten verstrichen seien. Insoweit sind noch tatsächliche Feststellungen nachzuholen.
Schlick Wurm Streck
Kapsa Herrmann
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 01.04.2005 - 11 O 112/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 26.05.2006 - 18 U 78/05 -

(1) Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sowie bei Arbeitsentgelt, das aus dem aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben errechnet wird, entstehen die Beitragsansprüche, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Satz 2 gilt nicht, soweit das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt nur wegen eines Insolvenzereignisses im Sinne des § 165 Absatz 1 des Dritten Buches vom Arbeitgeber nicht ausgezahlt worden ist oder die Beiträge für aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben schon aus laufendem Arbeitsentgelt gezahlt wurden.

(2) Treffen beitragspflichtige Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen zusammen und übersteigen sie die für das jeweilige Versicherungsverhältnis maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze, so vermindern sie sich zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Die beitragspflichtigen Einnahmen aus dem jeweiligen Versicherungsverhältnis sind vor der Verhältnisrechnung nach Satz 1 auf die maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze zu reduzieren. Für die knappschaftliche Rentenversicherung und die allgemeine Rentenversicherung sind die Berechnungen nach Satz 1 getrennt durchzuführen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Personen, die als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen (§ 166 Absatz 1 Nummer 1c des Sechsten Buches).

(1) Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Der Arbeitgeber kann abweichend von Satz 2 den Betrag in Höhe der Beiträge des Vormonats zahlen; für einen verbleibenden Restbetrag bleibt es bei der Fälligkeit zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats. In den Fällen des Satzes 3 sind Beiträge, die auf eine Einmalzahlung im Vormonat entfallen, nicht zu berücksichtigen. Sonstige Beiträge werden spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den sie zu entrichten sind. Die erstmalige Fälligkeit der Beiträge für die nach § 3 Satz 1 Nummer 1a des Sechsten Buches versicherten Pflegepersonen ist abhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Pflegekasse, das private Versicherungsunternehmen, die Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder der Dienstherr bei Heilfürsorgeberechtigten die Versicherungspflicht der Pflegeperson festgestellt hat oder ohne Verschulden hätte feststellen können. Wird die Feststellung in der Zeit vom Ersten bis zum Fünfzehnten eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals spätestens am Fünfzehnten des folgenden Monats fällig; wird die Feststellung in der Zeit vom Sechzehnten bis zum Ende eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals am Fünfzehnten des zweiten darauffolgenden Monats fällig; das Nähere vereinbaren die Spitzenverbände der beteiligten Träger der Sozialversicherung, der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und die Festsetzungsstellen für die Beihilfe.

(2) Die Beiträge für eine Sozialleistung im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 3 des Sechsten Buches einschließlich Sozialleistungen, auf die die Vorschriften des Fünften und des Sechsten Buches über die Kranken- und Rentenversicherung der Bezieher von Arbeitslosengeld oder die Krankenversicherung der Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches entsprechend anzuwenden sind, werden am Achten des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats fällig. Die Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung aus Sozialleistungen der Bundesagentur für Arbeit zu den vom Bundesamt für Soziale Sicherung festgelegten Fälligkeitsterminen für die Rentenzahlungen im Inland gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung mit Ausnahme der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit und die Behörden des sozialen Entschädigungsrechts können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus Sozialleistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens zum 30. Juni des laufenden Jahres und ein verbleibender Restbetrag zum nächsten Fälligkeitstermin gezahlt werden.

(2a) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks (§ 28a Absatz 7) sind die Beiträge für das in den Monaten Januar bis Juni erzielte Arbeitsentgelt am 31. Juli des laufenden Jahres und für das in den Monaten Juli bis Dezember erzielte Arbeitsentgelt am 31. Januar des folgenden Jahres fällig.

(3) Geschuldete Beiträge der Unfallversicherung werden am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist; Entsprechendes gilt für Beitragsvorschüsse, wenn der Bescheid hierüber keinen anderen Fälligkeitstermin bestimmt. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann in ihrer Satzung von Satz 1 abweichende Fälligkeitstermine bestimmen. Für den Tag der Zahlung und die zulässigen Zahlungsmittel gelten die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Bestimmungen entsprechend. Die Fälligkeit von Beiträgen für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten, die nach § 28a Absatz 7 der Einzugsstelle gemeldet worden sind, richtet sich abweichend von Satz 1 nach Absatz 2a.

(4) Besondere Vorschriften für einzelne Versicherungszweige, die von den Absätzen 1 bis 3 abweichen oder abweichende Bestimmungen zulassen, bleiben unberührt.

(1) Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist; das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht,

1.
nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt,
2.
in den Fällen des § 149 Absatz 2 Satz 2 nicht binnen 19 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt oder
3.
in den Fällen des § 149 Absatz 4 nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt
abgegeben wurde.

(3) Absatz 2 gilt nicht,

1.
wenn die Finanzbehörde die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 verlängert hat oder diese Frist rückwirkend verlängert,
2.
wenn die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wird,
3.
wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt oder
4.
bei jährlich abzugebenden Lohnsteueranmeldungen, bei Anmeldungen von Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung sowie bei jährlich abzugebenden Versicherungsteuer- und Feuerschutzsteueranmeldungen.

(4) Sind mehrere Personen zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, kann die Finanzbehörde nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie den Verspätungszuschlag gegen eine der erklärungspflichtigen Personen, gegen mehrere der erklärungspflichtigen Personen oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festsetzt. Wird der Verspätungszuschlag gegen mehrere oder gegen alle erklärungspflichtigen Personen festgesetzt, sind diese Personen Gesamtschuldner des Verspätungszuschlags. In Fällen des § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist der Verspätungszuschlag vorrangig gegen die nach § 181 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 erklärungspflichtigen Personen festzusetzen.

(5) Der Verspätungszuschlag beträgt vorbehaltlich des Satzes 2, der Absätze 8 und 13 Satz 2 für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 10 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Für Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung. Wurde ein Erklärungspflichtiger von der Finanzbehörde erstmals nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb einer dort bezeichneten Frist aufgefordert und konnte er bis zum Zugang dieser Aufforderung davon ausgehen, keine Steuererklärung abgeben zu müssen, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist begonnen haben.

(6) Für Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, für Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und für Zerlegungserklärungen gelten vorbehaltlich des Absatzes 7 die Absätze 1 bis 3 und Absatz 4 Satz 1 und 2 entsprechend. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 25 Euro.

(7) Für Erklärungen zu gesondert festzustellenden einkommensteuerpflichtigen oder körperschaftsteuerpflichtigen Einkünften beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,0625 Prozent der positiven Summe der festgestellten Einkünfte, mindestens jedoch 25 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.

(8) Absatz 5 gilt nicht für

1.
vierteljährlich oder monatlich abzugebende Steueranmeldungen,
2.
nach § 41a Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes jährlich abzugebende Lohnsteueranmeldungen,
3.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Versicherungsteuergesetzes jährlich abzugebende Versicherungsteueranmeldungen,
4.
nach § 8 Absatz 2 Satz 3 des Feuerschutzsteuergesetzes jährlich abzugebende Feuerschutzsteueranmeldungen und
5.
Anmeldungen der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung nach § 48 Absatz 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.
In diesen Fällen sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung sowie die Höhe der Steuer zu berücksichtigen.

(9) Bei Nichtabgabe der Steuererklärung ist der Verspätungszuschlag für einen Zeitraum bis zum Ablauf desjenigen Tages zu berechnen, an dem die erstmalige Festsetzung der Steuer wirksam wird. Gleiches gilt für die Nichtabgabe der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, der Zerlegungserklärung oder der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

(10) Der Verspätungszuschlag ist auf volle Euro abzurunden und darf höchstens 25 000 Euro betragen.

(11) Die Festsetzung des Verspätungszuschlags soll mit dem Steuerbescheid, dem Gewerbesteuermessbescheid oder dem Zerlegungsbescheid verbunden werden; in den Fällen des Absatzes 4 kann sie mit dem Feststellungsbescheid verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 2 kann die Festsetzung des Verspätungszuschlags ausschließlich automationsgestützt erfolgen.

(12) Wird die Festsetzung der Steuer oder des Gewerbesteuermessbetrags oder der Zerlegungsbescheid oder die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen aufgehoben, so ist auch die Festsetzung eines Verspätungszuschlags aufzuheben. Wird die Festsetzung der Steuer, die Anrechnung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen auf die festgesetzte Steuer oder in den Fällen des Absatzes 7 die gesonderte Feststellung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte geändert, zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt, so ist ein festgesetzter Verspätungszuschlag entsprechend zu ermäßigen oder zu erhöhen, soweit nicht auch nach der Änderung oder Berichtigung die Mindestbeträge anzusetzen sind. Ein Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes oder ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder Absatz 2 sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

(13) Die Absätze 2, 4 Satz 2, Absatz 5 Satz 2 sowie Absatz 8 gelten vorbehaltlich des Satzes 2 nicht für Steuererklärungen, die gegenüber den Hauptzollämtern abzugeben sind. Für die Bemessung des Verspätungszuschlags zu Steuererklärungen zur Luftverkehrsteuer gilt Absatz 8 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. März 2009 - 1 K 337/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.148,50 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen.
Der Antrag auf Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO erweist sich indes als zulässig. Der Antragsteller hat keine nach Eintritt der Bestandskraft eingetretenen Vollstreckungshindernisse geltend gemacht, seine Einwendungen richten sich vielmehr gegen die der drohenden Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Beitragsbescheide vom 09.07.2008. Die damit begehrte Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Grundbescheide findet nach Eintritt der Bestandskraft indes grundsätzlich nicht mehr statt. Für Angriffe gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der Beitragsbescheide steht vielmehr nur der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Verfügung. Dieser ist in der Hauptsache durch Verpflichtungsklage zu verfolgen, so dass vorläufiger Rechtsschutz gemäß § 123 Abs. 5 VwGO im Wege der einstweiligen Anordnung nachzusuchen ist. Gleiches gilt für die begehrte Herabsetzung der Beitragspflicht aus Billigkeitsgründen (vgl. dazu ausführlich Senatsbeschluss vom 29.06.1992 - 9 S 1346/92 -).
Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung jedoch nicht zu. Zwar hat der Antragsteller Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den mit Schriftsatz vom 21.10.2008 gestellten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 10.12.2008 - 9 S 1099/08 -, VBlBW 2009, 226), über den im Hinblick auf die beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängigen Klagen möglicherweise noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Hinreichende Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch des Antragsgegners sind bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage indes nicht ersichtlich; insbesondere reichen die in der Beschwerde vorgetragenen Umstände nicht aus, um eine Reduktion des dem Antragsgegner zustehenden Ermessens auf Null annehmen zu können.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass die der Vollstreckung zugrunde liegenden Beitragsbescheide entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht als rechtswidrig qualifiziert werden können. Der Antragsgegner hat die Beitragspflicht des Antragstellers in den Bescheiden vom 09.07.2008 vielmehr zutreffend auf Grundlage des § 11 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg - RAVwS - als Regelpflichtbeitrag festgesetzt. Zu einer Schätzung nach § 11 Abs. 4 RAVwS war er schon deshalb nicht verpflichtet, weil der Antragsteller - wie im Beschwerdeschriftsatz auch vom Antragsteller selbst wiederholt betont - den hierfür erforderlichen Antrag auf individuelle Bestimmung nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 RAVwS nicht gestellt hat.
Im Übrigen wäre auch im Falle des Antrags auf individuelle Berechnung die Festsetzung auf Grundlage des Regelpflichtbeitrages nach § 11 Abs. 1 RAVwS nicht zu beanstanden, weil der Antragsteller trotz mehrfacher Aufforderungen weder Einkommensnachweise vorgelegt noch anderweitige Angaben zu seinen Einkünften gemacht hat. Mangels irgendwie gearteter Anknüpfungspunkte, die als Basis für eine individuelle Einkommensschätzung herangezogen werden könnten, erscheint die Orientierung am Regelpflichtbeitrag des § 11 Abs. 1 RAVwS daher nicht ermessensfehlerhaft (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 21.04.2009 - 9 S 2183/08 -). An der entgegenstehenden Rechtsprechung aus dem Senatsurteil vom 24.09.1993 - 9 S 613/93 - hält der Senat nicht länger fest, weil die dort bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte ins Auge gefasste Berechnung anhand des Branchendurchschnitts in der Satzung keine Stütze findet und einen hinreichenden Bezug zum individuellen Einkommen des Antragstellers nicht aufweist. Die Belange der jeweiligen Antragsteller sind durch die in § 11 Abs. 4 Satz 2 RAVwS eingeräumte Möglichkeit, innerhalb von 3 Monaten ein geringeres Einkommen glaubhaft zu machen, hinreichend geschützt.
Die Rechtswidrigkeit der Vollstreckung ergibt sich auch nicht aus den am 24.10.2008 nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheiden. Zwar weisen diese deutlich niedrigere Einkünfte als den gemäß § 11 Abs. 1 RAVwS angesetzten Höchstbeitrag aus. Das nachgewiesene individuelle Einkommen kann aber angesichts der in Bestandskraft erwachsenen Beitragsbescheide nicht mehr berücksichtigt werden. Denn gemäß § 11 Abs. 5 RAVwS kann ein entsprechender Antrag nur für die Zukunft gestellt werden, sofern ein bestandskräftiger Beitragsbescheid vorliegt. Diese Voraussetzungen sind für die Beitragsbescheide vom 09.07.2008 aber erfüllt. Denn sie wurden dem Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunde persönlich am 10.07.2008 zugestellt. Das bloße Bestreiten des Zugangs steht dem nicht entgegen, weil hierdurch die mit der Zustellungsurkunde gemäß §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 Abs. 1 ZPO verbundene Beweiskraftvermutung nicht erschüttert wird (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10.11.2005 - III ZR 104/05 -, NJW 2006, 150). Im Übrigen wäre hinsichtlich des am 22.10.2008 eingegangen Schreibens, das inhaltlich als Widerspruch qualifiziert werden könnte, auch die Wiedereinsetzungsfrist aus § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO verstrichen. Denn spätestens mit der - ebenfalls durch Postzustellungsurkunde belegten - Zustellung der Vollstreckungsandrohung vom 21.08.2008 war dem Antragsteller die Existenz der Beitragsbescheide bekannt. Auf die Tatsache, dass der Schriftsatz auch inhaltlich die Anforderungen des § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht erfüllte, kommt es daher nicht mehr an.
Den Bescheiden vom 09.07.2008 steht auch nicht entgegen, dass die Beitragspflicht für die hierin erfassten Zeiträume zuvor bereits durch Beitragsbescheide geregelt und auf den Mindestbeitrag festgesetzt worden war. Denn diese Verfügungen enthielten ausnahmslos den Hinweis, dass eine Höherveranlagung für den Fall vorbehalten bleibe, dass der Antragsteller nicht fristgerecht die angeforderten Einkommensnachweise vorlege. Angesichts dieser ausdrücklichen Änderungsvorbehalte war der Antragsgegner daher zur Neufestsetzung befugt (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 24.09.1993 - 9 S 613/93 -). Der Antragsteller ist im Übrigen auch wiederholt und ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass nach Fristablauf eine Festlegung des Regelpflichtbeitrages zu erfolgen habe. Insoweit liegen trotz des nicht unerheblichen Fristablaufs ausreichende Umstände für die Annahme einer Verwirkung nicht vor; vielmehr hat der Antragsgegner stets auf die Möglichkeit einer Neufestsetzung hingewiesen und diese wiederholt auch angedroht. Der dem Antragsteller gleichwohl gewährte Aufschub vermag bei dieser Sachlage die Annahme eines Verwirkungstatbestands nicht zu begründen.
Im Übrigen hat der Antragsgegner auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die langjährige und hartnäckige Verletzung der Mitwirkungspflichten bei der Ermessensentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben muss und der Antragsteller aussagekräftige Belege zu seinem Immobilienbesitz und dessen Wert sowie zu seiner Vermögenssituation nicht vorgelegt hat. Ausreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Härtefallsachverhalts, bei dem die Erhebung der Beiträge nach Lage des einzelnen Falles grob unbillig wäre (vgl. § 15 Abs. 4 RAVwS), sind damit jedenfalls nicht dargelegt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 3 GKG und orientiert sich am Wert der beizutreibenden Forderung, wobei im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens eine Halbierung vorzunehmen war (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2004 der Verwaltungsgerichtsbarkeit).
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.