Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2015:0317.2A11131.13.0A
bei uns veröffentlicht am17.03.2015

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anpassung seiner Besoldung von Besoldungsgruppe A 14 nach A 14 mit Zulage.

2

Der Kläger stand bis zu seinem Ruhestand als Lehrer im Dienst des beklagten Landes. Im Jahr 2003 wurde er zum Rektor der Grundschule X. in W. ernannt und in eine Planstelle für einen Rektor einer Grundschule, Hauptschule oder Grund- und Hauptschule mit mehr als 180 bis 360 Schülern (BBesO A 13+Z) eingewiesen. Seit September 2000 war er als Personalratsmitglied vom Schuldienst freigestellt. Auf seine Bewerbung um eine im Jahr 2003 ausgeschriebene Stelle für den Schulleiter der Grund- und Hauptschule Y. in W., die zum damaligen Zeitpunkt mehr als 360 Schüler hatte, wurde er als bester Bewerber ausgewählt. Einen Rechtsstreit um die Frage, ob er die vorgeschriebene Erprobungszeit tatsächlich erbringen müsse oder ob eine fiktive Erprobung unter Wahrung seiner Freistellung genüge, entschied der Kläger für sich (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, BVerwGE 126, 333). Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 wurde er in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 BBesO (Planstelle eines Rektors als Leiter einer Grundschule, Hauptschule oder Grund- und Hauptschule mit mehr als 360 Schülern) eingewiesen; für die verspätete Einweisung wurde Schadenersatz gewährt. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur hatte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion - ADD - ausdrücklich aufgefordert, den Kläger nicht zum Leiter einer bestimmten Schule zu bestellen. Hintergrund dieses Vorgehens war, dass die nur einmal vorhandene Rektorenstelle nicht vakant bleiben sollte. Aus diesem Grund wurde der Kläger seither auf einer freien Planstelle geführt. Im elektronischen Personalverwaltungssystem wurde der Kläger zunächst bei der Grund- und Hauptschule Y. in W., auf sein Drängen hin später wieder bei der Grundschule X. in W. gebucht. Nach einem Umzug nach B. beantragte er eine Versetzung aus persönlichen Gründen an die dortige Grundschule. Obwohl die Rektorenstelle besetzt und der Besoldungsgruppe A 13 mit Amtszulage zugeordnet war, wurde der Kläger fortan bei dieser Schule geführt. Durch die jeweiligen Zuordnungen sollten nach Mitteilung der Beteiligten vor allem Nachteile bei der Reisekostenabrechnung vermieden werden.

3

Durch § 135 des Landesbesoldungsgesetzes vom 20. Oktober 2010 (GVBl. 319 [345 ff.]) wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2012 unter anderem für das Amt eines Rektors als Leiter einer Grundschule mit mehr als 360 Schülern eine Amtszulage eingeführt. Mit Schreiben vom 3. Juni 2012 beantragte der Kläger aus diesem Grund die Anhebung seiner Besoldung von der Besoldungsgruppe A 14 nach A 14 mit Amtszulage.

4

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 21. Juni 2012 ab. Zur Begründung hob er darauf ab, dass zum maßgeblichen Stichtag keine der Schulen, der der Kläger seit seiner Beförderung nach Besoldungsgruppe A 14 zugeordnet gewesen sei, eine Schülerzahl von mehr als 360 Schülern aufweise. Unter Berücksichtigung des Benachteiligungs- und Begünstigungsverbots im Personalvertretungsrecht sei er bei vergleichender Betrachtung deshalb der Personengruppe zuzuordnen, bei der wegen gesunkener Schülerzahlen keine Anhebung der Besoldung erfolgt sei.

5

Gegen diese Mitteilung wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 7. September 2012. Ihm dürften aus seiner Freistellung für die Personalratstätigkeit keine Nachteile erwachsen. Die Schule, für die er im Rahmen der Bestenauslese mit nachfolgender Beförderung ausgewählt worden sei, habe zum damaligen Zeitpunkt mehr als 360 Schüler gehabt, so dass er im Wege der Nachzeichnung nunmehr nach Besoldungsgruppe A 14 mit Zulage zu besolden sei. Den Umstand, dass alle Schulen, denen er seit 2003 zugeordnet gewesen sei, nunmehr über weniger als 360 Schüler verfügten, habe er nicht zu vertreten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er als Rektor einer Grund- und Hauptschule in der Besoldungsgruppe A 14 einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung habe. Mit Inkrafttreten der Besoldungsänderung habe ihm daher ein Anspruch auf Verwendung als Schulleiter an einer entsprechend großen Schule zugestanden. Durch Schreiben vom 26. September 2012 lehnte der Beklagte den Antrag endgültig ab.

6

Mit seiner am 11. Oktober 2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der allein aus reisekostenrechtlichen Gründen erfolgten Anknüpfung an eine bestimmte Schule, bei der darauf Wert gelegte worden sei, dass die jeweilige Schule mit dem Wohnort identisch sei, um finanzielle Nachteile für ihn zu vermeiden, dürfe keine weitere Bindungswirkung zukommen. Er sei in ein Rektorenamt für eine Schule mit mehr als 360 Schülerinnen und Schülern befördert worden und habe einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Daher müsse er im Wege der fiktiven Nachzeichnung so behandelt werden, als ob er auch jetzt noch eine entsprechend große Grundschule leite.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

unter Aufhebung der Bescheide der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 21. Juni 2012 und 26. September 2012 festzustellen, dass er seit dem 1. Juli 2012 der Besoldungsgruppe A 14 mit Zulage zuzuordnen ist.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er führt aus, dass für die Frage der Besoldungsanhebung grundsätzlich auf die Verhältnisse in der Stammschule abzustellen sei. Im Falle des Klägers müsse Anknüpfungspunkt für die Betrachtung das Amt sein, für das er ausgewählt worden sei, nämlich das Amt eines Rektors der Grund- und Hauptschule „Y.-Schule W.“. An dieser Schule sei zum 1. August 2011 der Hauptschulzweig entfallen. Die verbleibende Grundschule habe zum Stichtag nur noch über 256 Schülerinnen und Schüler verfügt. Auch der Schulleiter, der statt des Klägers die Funktion an der ehemaligen Grund- und Hauptschule tatsächlich wahrgenommen habe, habe nicht an der Besoldungserhöhung teilgenommen. Die anderen Einsatzschulen des Klägers, nämlich die Grundschulen X. in W. und B., erfüllten die Voraussetzungen ebenfalls nicht, so dass eine Besoldungsanhebung unter keinem Gesichtspunkt in Betracht komme.

12

Mit Urteil vom 14. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sie sei als Feststellungsklage auf Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger sei zwar im Jahr 2003 für eine Grund- und Hauptschule ausgewählt worden, die mehr als 360 Schüler gehabt habe. Im Zuge der Schulstrukturreform sei diese Zahl aber unter die maßgebliche Grenze gesunken. Die ursprüngliche Schülerzahl könne der Kläger nicht in dem Sinne konservieren, dass er in der Folgezeit als Rektor einer Grundschule mit über 360 Schülern einzuordnen wäre. Ein Anspruch folge auch nicht aus dem personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbot. Die erstmalige Anhebung der Leitungsstellen von Grundschulen knüpfe lediglich an die tatsächliche Schülerzahl an. Einziger tatsächlicher Anknüpfungspunkt für diese Betrachtung sei die Grund- und Hauptschule Y. in W., für die der Kläger ausgewählt worden sei und die die Anforderungen - wie im Übrigen 2/3 der Grundschulen im Land - die Anforderungen an eine Besoldungsanhebung nicht erfülle. Gleiches gelte auch für die weiteren Einsatzschulen des Klägers.

13

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er vertieft nochmals sein Vorbringen und bekräftigt, dass angesichts der fehlenden Zuweisung an eine bestimmte Schule als einziges Fixum die Ernennung als Direktor einer Schule mit mehr als 360 Schülern verbleibe. Der Hinweis auf die Grund- und Hauptschule Y., um deren Direktorenstelle er sich beworben habe, sei nicht zielführend. Er sei zu keinem Zeitpunkt dort Schulleiter gewesen, auch nicht fiktiv. Da die ADD nicht gewusst habe, wie sie mit seiner Bewerbung um eine nach A 14 dotierte Stelle umgehen solle, sei er aufgefordert worden, sich um eine zufällig konkret vakante Stelle zu bewerben. Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass er diese Stelle auch bei erfolgreicher Bewerbung niemals antreten würde, sondern in der Freistellung verbleiben werde. Wenn der Beklagte jetzt auf die Verhältnisse an bestimmten Schulen abstellen wolle, setze er sich zu seiner ursprünglichen Entscheidung in Widerspruch. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger betont, aufgrund der fehlenden Zuweisung zu einer bestimmten Schule habe er auch keinen Anlass gehabt, sich um die Versetzung an eine größere Schule zu bemühen und so seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend zu machen.

14

Der Kläger beantragt,

15

unter Aufhebung der Bescheide vom 21. Juni 2012 und 26. September 2012 festzustellen, dass ihm seit dem 1. Juli 2012 eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 14 mit Amtszulage zu gewähren war und den Beklagten zu verpflichten, die sich zur tatsächlich gezahlten Besoldung und Versorgung ergebende Differenz nebst Prozesszinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz nachzuentrichten.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er verweist im Wesentlichen auf seinen bisherigen Vortrag und das Urteil des Verwaltungsgerichts.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

20

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Besoldung nach der Landesbesoldungsordnung A 14 mit Amtszulage.

I.

21

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässige Klage auch durch den Eintritt des Klägers in den Ruhestand nicht erledigt hat. Das Interesse des Klägers, seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Besoldungsgruppe feststellen zu lassen, ist nach wie vor gegeben, da diese Zugehörigkeit nicht nur für eine gegebenenfalls aufgetretene Besoldungsdifferenz, sondern gemäß § 4 Abs. 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - auch für die Berechnung der Ruhegehaltsbezüge maßgeblich ist. Sofern der Kläger seinen Anspruch auf Nachforderung in der Berufungsinstanz nunmehr auch auf eine Differenz bei den Versorgungsbezügen erstreckt hat, ist dies nach §§ 125 Abs. 1, 91 und 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung - ZPO - zulässig.

II.

22

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 14 mit Amtszulage. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Besoldungsrecht (1). Der Kläger kann zwar aufgrund des personalvertretungsrechtlichen Schlechterstellungsverbots verlangen, besoldungsrechtlich so gestellt zu werden, wie seine nicht freigestellten Kollegen gestellt worden sind (2a). Auch danach steht ihm aber ein Anspruch auf eine Besoldungserhöhung nicht zu (2b).

1.

23

Für die Besoldung von Beamten gilt ein Gesetzesvorbehalt. Die Alimentation ist daher durch Gesetz zu regeln und kann nur nach Maßgabe eines Gesetzes zuerkannt werden (vgl. für den hier maßgebliche Entscheidungszeitpunkt noch § 2 Abs. 1 Bundesbesoldungsgesetz in der am 31.08.2006 geltenden Fassung - BBesG - i.V.m. Art. 125a Abs. 1 Grundgesetz - GG -). Das Grundgehalt eines Beamten bestimmt sich nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes. Ist ein Amt mehreren Besoldungsgruppen zugeordnet, richtet sich das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe, die in der Einweisungsverfügung bestimmt ist (§ 19 Abs. 1 BBesG).

24

Dem Kläger wurde im Jahr 2007 mit der Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 die Funktion eines Rektors „einer Grundschule, Hauptschule oder Grund- und Hauptschule mit mehr als 360 Schülern“ nach der Bundesbesoldungsordnung A übertragen. Die Inhaber dieses Amtes wurden durch Art. 5 Abs. 2 des Landesgesetzes zur Änderung der Schulstruktur vom 22. Dezember 2008 (GVBl. 340) niveaugleich in das entsprechende, durch Art. 4 f) des Gesetzes eingeführte Amt in der Landesbesoldungsordnung A übergeleitet. Das Amt wurde dabei als künftig wegfallendes Amt (kw) gekennzeichnet. Eine abweichende Einweisung des Klägers ist bis heute nicht erfolgt. Durch § 135 Nr. 9 e) des Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010 (GVBl. 319 [345 ff.]) - LBG - erhielten mehrere Leitungsämter eine Zulage, darunter auch das Amt eines Rektors als Leiter einer Grundschule mit mehr als 360 Schülern. Das künftig wegfallende Amt, das der Kläger nach wie vor innehat, gehörte aber nicht dazu.

2.

25

a) Der Kläger kann aber nach dem personalvertretungsrechtlichen Schlechterstellungsverbot verlangen, so gestellt zu werden wie seine nicht freigestellten Kolleginnen und Kollegen. Gemäß § 6 i.V.m § 40 Abs. 5 des Landespersonalvertretungsgesetzes - LPersVG - dürfen dem Kläger durch die Freistellung keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen. Dieses Benachteiligungsverbot soll sicherstellen, dass die Mitglieder des Personalrats ihre Tätigkeit unabhängig wahrnehmen können. Darüber hinaus soll es verhindern, dass Bedienstete von einer Mitarbeit im Personalrat, insbesondere von einer Freistellung vom Dienst, aus Sorge um ihre beruflichen Perspektiven Abstand nehmen.

26

Ein wirtschaftlicher Nachteil in diesem Sinne wäre es, wenn der Kläger durch seine Freistellung nicht an einer Besoldungserhöhung in Form einer Amtszulage teilnehmen könnte, obwohl er ohne Freistellung eine entsprechende Zulage erhalten hätte. Etwas anderes gilt nur für solche Zulagen, deren Zweck in der Abgeltung bestimmter, durch die Dienstleistung entstandener Aufwendungen besteht, die ein freigestelltes Personalratsmitglied nicht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 1984 – 2 C 58.81 –, Juris-Rn. 26; Urteil vom 13. September 2001 - 2 C 34.00 -, Juris-Rn. 9). Die im vorliegenden Fall gewährte Zulage ist demgegenüber eine Amtszulage im Sinne des § 42 Abs. 2 BBesG, die unabhängig von besonderen Aufwendungen gewährt wird und Bestandteil des Grundgehalts ist.

27

Aufgrund des personalvertretungsrechtlichen Schlechterstellungsverbotes ist dem beklagten Land die Berufung auf die fehlende Einweisung des Klägers in ein Amt, das an der Besoldungserhöhung teilnimmt, verwehrt. Auf Nachfrage des Senats hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion - ADD - nämlich mitgeteilt, dass die Übertragung des konkret-funktionellen Amtes für all jene Rektoren, die nach Auflösung des Hauptschulzweiges beziehungsweise der Überführung eines Hauptschulzweiges in eine Realschule plus an der organisatorisch selbständig weitergeführten Grundschule eingesetzt wurden, „konkludent“ mit der Verselbständigung der Grundschule erfolgt sei. Die Rektoren wurden also, sofern sie an einer ausreichend großen Schule tätig waren, ohne explizite Anordnung so behandelt, als hätten sie ihr Amt als Leiter einer Grundschule mit mehr als 360 Schülern inne, so dass sie von der Besoldungserhöhung profitieren konnten. Dann muss nach § 6 i.V.m § 40 Abs. 5 LPersVG aber auch der Kläger zu seinen Gunsten entsprechend behandelt werden, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

28

b) Aus diesem Gleichbehandlungsanspruch folgt allerdings kein Anspruch auf die begehrte Amtszulage, da der Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Kläger so zu behandeln ist, als sei er zum Stichtag an einer Grundschule mit weniger als 360 Schülern tätig gewesen.

29

Um zu ermitteln, wie ein freigestelltes Personalratsmitglied besoldungs- und laufbahnrechtlich zu behandeln ist, muss der Dienstherr eine valide Prognose darüber abgeben, wie sich der berufliche Werdegang des Personalratsmitglieds ohne Freistellung entwickelt hätte. Die Grundsätze zur Aufstellung einer solchen Prognose sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt: Hinsichtlich der Wahl der Methode und des Verfahrens kommt dem Dienstherrn ein Einschätzungsspielraum zu. Sein Prognosekonzept ist geeignet, eine Benachteiligung zu vermeiden, wenn dessen Anwendung zu nachvollziehbaren, weil durch Tatsachen fundierte Aussagen über den sich daraus ergebenden Werdegang führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.06.2014 - 2 B 11/14 -, Juris-Rn. 12 f.).

30

Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass sich durch die erstmalige Schaffung einer weiteren Beförderungsmöglichkeit für einen Teil der im Amt befindlichen Rektoren eine Besoldungsanhebung ergab, die nicht von der erfolgreichen Bewerbung um eine Beförderungsstelle und mithin nicht von der dienstlichen Leistung, sondern von den tatsächlichen Gegebenheiten an den Schulen zu einem bestimmten Stichtag abhing. Es besteht jedoch kein Anlass, für solche Fälle von den dargestellten Grundsätzen abzuweichen. Vielmehr muss auch hier der Dienstherr eine nachvollziehbare, weil durch Tatsachen fundierte Prognose darüber abgeben, an welcher Schule das freigestellte Personalratsmitglied ohne Freistellung voraussichtlich tätig gewesen wäre, wobei ihm ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Methode und des Verfahrens zukommt.

31

Das vorliegende Verfahren gibt allerdings Anlass zu der Klarstellung, dass die Prognose nur auf solche Tatsachen gestützt werden darf, die Auskunft über eine mögliche berufliche Entwicklung ohne Freistellung geben können. Tatsachen, die demgegenüber einzig der besonderen Situation der Freistellung geschuldet sind, bilden von vornherein keinen tauglichen Anknüpfungspunkt. Das gilt ganz besonders, wenn diese Tatsachen ohne Freistellung schon aus Rechtsgründen nicht hätten eintreten können.

32

Aus diesem Grund war die Anknüpfung des Beklagten an die tatsächlichen Verhältnisse bei der Grundschule X. in W. ebenso wie diejenigen bei der Grundschule in B. ungeeignet, Auskunft über die prognostische berufliche Entwicklung des Klägers zu geben. An keine dieser Schulen hätte der Kläger ohne Freistellung versetzt werden können, da diese Schulen mangels entsprechender Schülerzahl von vornherein nicht über nach A 14 BBesO besoldete Funktionsstellen verfügten. Bei der - erst auf nachdrückliches Drängen des Klägers erfolgten - Zuordnung an seine vorherige Grundschule handelte es sich folglich ebenso wie bei der später erfolgten „Versetzung“ an die Grundschule in B. um rein buchungstechnische, der besonderen Situation der Freistellung geschuldete Vorgänge.

33

Aus dem gleichen Grund kann der Kläger nichts daraus für sich herleiten, dass er zwar in eine Planstelle eines Rektors der Besoldungsgruppe A 14 BBesO eingewiesen, aber nicht zum Leiter einer bestimmten Schule bestellt wurde. Auch dies war ein allein der Besonderheit der Freistellung geschuldeter Umstand und wäre andernfalls beamtenrechtlich nicht denkbar gewesen. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es für die Prognose daher nicht darauf an, auf welcher Planstelle der Kläger in der Freistellung tatsächlich geführt wurde, sondern auf welcher Planstelle er ohne Freistellung voraussichtlich geführt worden wäre.

34

Rechtlich zulässig und tragfähig war daher die Anknüpfung an die Entwicklung der tatsächlichen Situation an der Grund- und Hauptschule Y. in W.. Der Kläger hatte sich auf diese ursprünglich zum 1. August 2003 zu besetzende Stelle beworben und sich innerhalb eines konkreten Bewerberfelds nach Leistungsgesichtspunkten durchgesetzt. Er hatte daher einen durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch, entsprechend seiner Bewerbung auf dieser Stelle ernannt zu werden. Unter diesen Umständen liegt die Prognose außerordentlich nahe, dass der Kläger ohne Freistellung in Übereinstimmung mit seiner Bewerbung die Beförderungsstelle angetreten hätte.

35

Sofern der Kläger demgegenüber die Auffassung vertritt, er habe sich lediglich um eine „Planstelle nach A 14“ beworben und nur zur formalen Abwicklung des Verfahrens die Bewerbung auf eine zufällig konkret vakante Stelle gerichtet, verkennt er die rechtliche Bedeutung seiner Handlung. Das Beamtenrecht kennt keine Beförderung auf eine Besoldungsstufe. Eine Beförderung setzt vielmehr eine freie und besetzbare Planstelle voraus, die der Dienstherr im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag tatsächlich besetzen will (BVerwG, Urteil vom 11.12.2014 - 2 C 51.13 -, Juris-Rn. 15 m.w.Nw.). Bewirbt sich ein Beamter um einen solchen Beförderungsdienstposten, steht ihm ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl zu. Der Dienstherr muss die Bewerbung zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteil vom 11.12.2014, - 2 C 51.13 -, Juris-Rn. 15 m.w.Nw.).

36

Das gilt ohne Abstriche auch für freigestellte Personalratsmitglieder. Sie haben nur deshalb einen Anspruch auf Beförderung, weil sie sich ohne Freistellung prognostisch in einem konkreten Auswahlverfahren nach Maßgabe der Kriterien des Artikel 33 Abs. 2 GG durchgesetzt hätten und deshalb im Beförderungsamt hätten ernannt werden müssen. Wenn es bei Beamten im Schuldienst auf die tatsächliche Situation an bestimmten Schulen ankommt, ist es deshalb nicht nur ohne weiteres zulässig, sondern sogar sehr naheliegend, auf die Situation an derjenigen Schule abzustellen, für die sich das freigestellte Personalratsmitglied erfolgreich beworben hat.

37

Sofern der Kläger der Auffassung ist, der Beklagte hätte nach der Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts zwingend eine Vergleichsgruppe bilden müssen, trifft dies nicht zu. Die Bildung einer Vergleichsgruppe ist nach gefestigter Rechtsprechung ein geeignetes Mittel, um eine auf Tatsachen gestützte Prognose über eine Leistungsentwicklung abzugeben. In diesem Sinne kann sie ein „Beurteilungssurrogat“ und gemäß der vom Kläger erstrittenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch ein „Erprobungssurrogat“ darstellen (BVerwG, Urteil vom 21.09.2006 - 2 C 13.05 -, a.a.O., Rn. 19). Vorliegend geht es aber nicht um die Prognose einer dienstlichen Leistung, sondern um eine prognostische Zuordnung zu einer bestimmten Schule. Auch für einen solchen Fall wäre die Bildung einer Vergleichsgruppe, mittels derer eine „wahrscheinliche Stammschule“ ermittelt wird, angesichts des Einschätzungsspielraums des Dienstherrn gedanklich nicht vollkommen ausgeschlossen. Sie ist jedoch keinesfalls rechtlich geboten.

38

c) Schließlich hilft auch der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg. Der Kläger wurde zwar ursprünglich in das Amt des Rektors einer Grundschule, Hauptschule oder Grund- und Hauptschule mit mehr als 360 Schülern eingewiesen. Auch ohne Freistellung hätte das spätere Absinken der Schülerzahlen aber für sich genommen kein dienstliches Bedürfnis begründet, den Kläger in ein anderes Amt seiner Laufbahn zu versetzen (vgl. die Vorbemerkung I. 3. Abs. 4 zur Landesbesoldungsordnung A). Der Beklagte war daher nicht aufgerufen, von Amts wegen tätig zu werden und wird ausweislich seiner Erläuterung in der mündlichen Verhandlung in entsprechenden Fällen bei nicht freigestellten Rektorinnen und Rektoren ebenfalls nicht tätig. In dieser Situation wäre es Sache des Klägers gewesen, sich um die Versetzung oder gar eine Beförderung an eine größere Schule zu bemühen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

39

Ein entsprechender Antrag des Klägers kann auch nicht fingiert werden. Anlass zur prognostischen Nachzeichnung von Leistungen oder der Fiktion von Handlungen besteht nur, sofern deren Vornahme aufgrund der Freistellung nicht möglich ist. Kann das Personalratsmitglied demgegenüber Anträge aus der Freistellung heraus stellen und nötigenfalls auch gerichtlich durchsetzen, ist für eine Fiktion kein Raum (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 25.06.2014 - 2 B 1/13 -, Juris-Rn. 10).

40

An diesem Ergebnis ändert auch der in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigte Hinweis des Klägers nichts, er habe wegen der fehlenden Zuweisung keinen Anlass gesehen, die konkrete Entwicklung an bestimmten Schulen in den Blick zu nehmen und darauf zu reagieren. Wie bereits ausgeführt, geht es vorliegend nicht um die tatsächliche Behandlung des Klägers aufgrund seiner Freistellung, sondern um die Frage der zutreffenden Prognose seiner beruflichen Entwicklung während der Freistellung. Abgesehen davon stützt dieses Argument nicht die behauptete Zugehörigkeit zu einer bestimmten Besoldungsgruppe, sondern macht ein Fehlverhalten des Beklagten geltend, das indes nicht Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens ist.

41

d) Der Senat hat erwogen, ob die Prognose des Beklagten zur effektiven Durchsetzung des Schlechterstellungsverbots von Personalratsmitgliedern einer wertenden Korrektur unterzogen werden muss. Das ist aber nicht der Fall. Von den am 30. Juni 2012 an Grundschulen in der Besoldungsgruppe A 14 eingesetzten 60 Rektorinnen und Rektoren kamen 23 in den Genuss einer Amtszulage, während die Besoldung von 37 Rektorinnen und Rektoren wegen zwischenzeitlich gesunkener Schülerzahlen nicht angehoben wurde. Haben somit weniger als 40% der Schulleiterinnen und Schulleiter von der Besoldungserhöhung profitiert, erscheint das Festhalten des Klägers an den zum Stichtag herrschenden tatsächlichen Verhältnissen bei der Y. Grundschule in W. P. auch vor diesem Hintergrund nicht als Benachteiligung im Sinne des § 6 i.V.m § 40 Abs. 5 LPersVG.

3.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

43

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

44

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen. Dem Fall kommt insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung zu, da die Grundsätze zur Behandlung freigestellter Personalratsmitglieder in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind und vorliegend lediglich einzelfallbezogene Besonderheiten des rheinland-pfälzischen Landesbesoldungsrechts in Rede stehen.

Beschluss

45

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziff. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, LKRZ 2014, 169, auf 4.411,44 € (24 x 183,81 €) festgesetzt.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 125


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 42 Amtszulagen und Stellenzulagen


(1) Für herausgehobene Funktionen können Amtszulagen und Stellenzulagen vorgesehen werden. Sie dürfen 75 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe des Beamten, Richters oder Soldaten und dem Endgrundgehalt der

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 19 Bestimmung des Grundgehaltes nach dem Amt


(1) Das Grundgehalt des Beamten, Richters oder Soldaten bestimmt sich nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes. Ist ein Amt noch nicht in einer Bundesbesoldungsordnung enthalten oder ist es mehreren Besoldungsgruppen zugeordnet, bestimmt s

Referenzen - Urteile

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 30. Juni 2014 - 2 B 11/14

bei uns veröffentlicht am 30.06.2014

Gründe 1 Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten kann keinen Erfolg haben. Die Rechtssache hat weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 25. Juni 2014 - 2 B 1/13

bei uns veröffentlicht am 25.06.2014

Gründe 1 Die Beschwerde betrifft die berufliche Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. März 2015 - 2 A 11131/13.

Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 07. Dez. 2016 - 6 Sa 20/16

bei uns veröffentlicht am 07.12.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Februar 2016 – Az. 19 Ca 40/15 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst: Es wir

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Das Grundgehalt des Beamten, Richters oder Soldaten bestimmt sich nach der Besoldungsgruppe des ihm verliehenen Amtes. Ist ein Amt noch nicht in einer Bundesbesoldungsordnung enthalten oder ist es mehreren Besoldungsgruppen zugeordnet, bestimmt sich das Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe, die in der Einweisungsverfügung bestimmt ist; die Einweisung bedarf bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts in den Fällen, in denen das Amt in einer Bundesbesoldungsordnung noch nicht enthalten ist, der Zustimmung der obersten Rechtsaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Ist dem Beamten oder Richter noch kein Amt verliehen worden, so bestimmt sich das Grundgehalt des Beamten nach der Besoldungsgruppe seines Eingangsamtes, das Grundgehalt des Richters und des Staatsanwalts nach der Besoldungsgruppe R 1; soweit die Einstellung in einem anderen als dem Eingangsamt erfolgt ist, bestimmt sich das Grundgehalt nach der entsprechenden Besoldungsgruppe.

(2) Ist einem Amt gesetzlich eine Funktion zugeordnet oder richtet sich die Zuordnung eines Amtes zu einer Besoldungsgruppe einschließlich der Gewährung von Amtszulagen nach einem gesetzlich festgelegten Bewertungsmaßstab, insbesondere nach der Zahl der Planstellen, so gibt die Erfüllung dieser Voraussetzungen allein keinen Anspruch auf die Besoldung aus diesem Amt.

(1) Für herausgehobene Funktionen können Amtszulagen und Stellenzulagen vorgesehen werden. Sie dürfen 75 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe des Beamten, Richters oder Soldaten und dem Endgrundgehalt der nächsthöheren Besoldungsgruppe nicht übersteigen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Amtszulagen sind unwiderruflich und ruhegehaltfähig. Sie gelten als Bestandteil des Grundgehaltes.

(3) Die Stellenzulagen dürfen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktion gewährt werden. Wird dem Beamten, Richter oder Soldaten vorübergehend eine andere Funktion übertragen, die zur Herbeiführung eines im besonderen öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und zeitgebundenen Ergebnisses im Inland wahrgenommen werden muss, wird für die Dauer ihrer Wahrnehmung die Stellenzulage weiter gewährt; sie wird für höchstens drei Monate auch weiter gewährt, wenn die vorübergehende Übertragung einer anderen Funktion zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Behördenbereichs, in dem der Beamte, Richter oder Soldat eingesetzt wird, dringend erforderlich ist. Daneben wird eine Stellenzulage für diese andere Funktion nur in der Höhe des Mehrbetrages gewährt. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen, trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle.

(4) Die Stellenzulagen sind widerruflich und nur ruhegehaltfähig, wenn dies gesetzlich bestimmt ist.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten kann keinen Erfolg haben. Die Rechtssache hat weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch beruht das Berufungsurteil auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

2

Der Kläger, ein Berufssoldat mit dem Dienstgrad eines Hauptmanns (Besoldungsgruppe A 11), verlangt Schadensersatz wegen Nichtbeförderung. Er ist seit 2008 als Personalratsmitglied vom Dienst freigestellt und wird seitdem nicht mehr dienstlich beurteilt. Daher bildete die Beklagte eine Referenzgruppe, um den beruflichen Werdegang des Klägers ohne die Freistellung fiktiv nachzuzeichnen.

3

Nach den Verwaltungsvorschriften für die Bundeswehr soll eine Referenzgruppe aus neun weiteren, in begründeten Ausnahmefällen aus fünf nicht freigestellten Berufssoldaten bestehen, die zu Beginn der Freistellung ein wesentlich gleiches Eignungs- und Leistungsbild aufweisen, im gleichen Jahr wie das freigestellte Personalratsmitglied auf einen vergleichbaren Dienstposten versetzt wurden und der gleichen Ausbildungs- und Verwendungsreihe wie dieses angehören. Innerhalb der Referenzgruppe wird eine am Leistungsbild orientierte Rangfolge der Mitglieder gebildet. Das freigestellte Personalratsmitglied wird fiktiv auf einen höherwertigen Dienstposten versetzt und nach Einweisung in eine verfügbare Planstelle befördert, sobald eine seinem Rangplatz entsprechende Anzahl von Gruppenmitgliedern einen höherwertigen Dienstposten erhalten hat und kein persönlicher Hinderungsgrund vorliegt (vgl. Richtlinie des Bundesministeriums der Verteidigung - BMVg - für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 und Erläuterungen des BMVg vom 9. August 2010).

4

Im Fall des Klägers wurde eine Referenzgruppe aus sechs Berufssoldaten gebildet, in der er den letzten Rangplatz einnahm. Die anderen Mitglieder dieser Gruppe waren bereits auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 versetzt worden. Zu einer fiktiven Versetzung des Klägers kam es nicht.

5

Die Schadensersatzklage hat in beiden Vorinstanzen Erfolg gehabt. Das Oberverwaltungsgericht hat in dem Berufungsurteil im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Berücksichtigung bei der Vergabe von Beförderungsstellen schuldhaft verletzt. Zwar ermögliche das Referenzgruppensystem im Allgemeinen eine tragfähige Aussage über das voraussichtliche berufliche Fortkommen eines vom Dienst freigestellten Soldaten während der Freistellung. Im Fall des Klägers habe die Beklagte die Referenzgruppe jedoch aus zwei Gründen rechtsfehlerhaft zusammengesetzt: Zum einen seien die anderen Gruppenmitglieder mit dem Kläger nicht vergleichbar gewesen, weil sie bereits bei der Bildung der Gruppe einen höherwertigen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 innegehabt hätten. Zum anderen habe aufgrund des letzten Rangplatzes des Klägers festgestanden, dass die für seine fiktive Versetzung erforderliche Anzahl von Versetzungen nicht erreicht werde. Dadurch sei dem Kläger jede Chance auf ein berufliches Fortkommen während der Freistellung genommen worden. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass der Kläger auch bei einer rechtmäßigen fiktiven Nachzeichnung nicht befördert worden wäre.

6

1. Die Beklagte hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO,

- ob eine Referenzgruppe geeignet ist, den beruflichen Werdegang eines Soldaten während einer Freistellung vom Dienst fiktiv nachzuzeichnen,

- wenn die übrigen Mitglieder der Referenzgruppe zum Zeitpunkt der Gruppenbildung bereits einen Dienstposten der nächst höheren Besoldungsgruppe innehaben und

- wenn das freigestellte Personalratsmitglied auf den letzten Rangplatz der Referenzgruppe gesetzt wird.

7

Mit diesen Grundsatzrügen stellt die Beklagte - aus ihrer Sicht folgerichtig - die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht in Frage, das von ihr angewandte Referenzgruppensystem sei zur fiktiven Nachzeichnung generell geeignet. Vielmehr wendet sie sich gegen die rechtlichen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zu der personellen Zusammensetzung der konkreten Referenzgruppe im Fall des Klägers. Da diese Erwägungen das Berufungsurteil jeweils selbstständig tragen, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn sich in Bezug auf jede Erwägung eine rechtsgrundsätzlich bedeutsame Frage stellt (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15).

8

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, wenn der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage aufwirft, die sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).

9

Die Verwaltungsvorschriften der Beklagten zur Bildung von Referenzgruppen für die fiktive Nachzeichnung stellen kein revisibles Recht dar. Verwaltungsvorschriften sind keine Rechtsnormen, sondern Willenserklärungen, die Rückschlüsse auf eine entsprechende Verwaltungspraxis zulassen. Ihre Auslegung unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung nur insoweit, als es um die Einhaltung der für Willenserklärungen geltenden allgemeinen Auslegungsgrundsätze geht (stRspr; vgl. Urteile vom 29. März 1968 - BVerwG 4 C 27.67 - BVerwGE 29, 261 <269> und vom 26. April 1979 - BVerwG 3 C 111.79 - BVerwGE 58, 45 <49>). Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO können dagegen Fragen zum Bedeutungsgehalt von Rechtsnormen haben, an denen die von den Verwaltungsvorschriften indizierte Verwaltungspraxis zu messen ist.

10

In der Beschwerdebegründung behandelt die Beklagte die Verwaltungsvorschriften zur Referenzgruppenbildung wie Rechtsnormen. Ihrem Vorbringen kann jedoch entnommen werden, dass sie in einem Revisionsverfahren geklärt wissen will, ob die tragenden rechtlichen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zur personellen Zusammensetzung der Referenzgruppe im Fall des Klägers mit dem gesetzlichen Verbot der Benachteiligung freigestellter Personalratsmitglieder vereinbar sind. Damit kann sie die Revisionszulassung jedoch nicht erreichen, weil beide aufgeworfenen Fragen aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Benachteiligungsverbot eindeutig beantwortet werden können.

11

Nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG darf die Freistellung eines Personalratsmitglieds vom Dienst nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG) gilt dies auch für die Soldatenvertreter im Personalrat. Entsprechend bestimmt die unmittelbar für die Länder geltende Vorschrift des § 107 Satz 1 BPersVG, dass Personen, die Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnehmen, nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden dürfen; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Der Bedeutungsgehalt dieser inhaltsgleichen Vorschriften ist - soweit hier von Bedeutung - in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt:

12

Das Benachteiligungsverbot soll sicherstellen, dass die Mitglieder des Personalrats ihre Tätigkeit unabhängig wahrnehmen können. Darüber hinaus soll es verhindern, dass Bedienstete von einer Mitarbeit im Personalrat, insbesondere von einer Freistellung vom Dienst, aus Sorge um ihre beruflichen Perspektiven Abstand nehmen. Daher folgt aus dem Benachteiligungsverbot, dass der Dienstherr freigestellten Personalratsmitgliedern diejenige berufliche Entwicklung ermöglichen muss, die sie ohne die Freistellung voraussichtlich genommen hätten. Die Freistellung darf die Chancen, sich in einem Auswahlverfahren um ein höheres Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG durchzusetzen, nicht verbessern, aber auch nicht beeinträchtigen (stRspr; vgl. nur Urteil vom 21. September 2006 - BVerwG 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 = Buchholz 237.8 § 12 RhPLBG Nr. 1, jeweils Rn. 13).

13

Um diese gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen, muss der Dienstherr eine Prognose darüber erstellen, wie der berufliche Werdegang ohne die Freistellung verlaufen wäre. Dies wiederum hängt von der voraussichtlichen Entwicklung der dienstlichen Leistungen ab (fiktive Nachzeichnung der Laufbahn). Der Dienstherr hat einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Wahl der Methode und des Verfahrens zur Erstellung der Prognose. Das Regelungskonzept für die fiktive Nachzeichnung ist geeignet, eine Benachteiligung zu vermeiden, wenn seine Anwendung zu nachvollziehbaren, weil durch Tatsachen fundierten Aussagen über die fiktive Leistungsentwicklung und den sich daraus ergebenden Werdegang führt (Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 9 f.).

14

Es ist allgemein anerkannt, dass die Bildung einer Vergleichsgruppe ein geeignetes Mittel zur fiktiven Nachzeichnung darstellt. Der Dienstherr darf eine Gruppe aus Personen zusammenstellen, deren beruflicher Werdegang und Leistungsbild mit denjenigen des freigestellten Personalratsmitglieds vergleichbar sind. Es wird fingiert, dass das freigestellte Personalratsmitglied eine berufliche Entwicklung genommen hätte, die der durchschnittlichen Entwicklung der Mitglieder der Vergleichsgruppe entspricht (Urteil vom 16. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 9).

15

Entscheidet sich der Dienstherr für die fiktive Nachzeichnung durch Bildung einer Vergleichsgruppe, muss er sicherstellen, dass sowohl die generellen Kriterien für die Gruppenbildung als auch deren personelle Zusammensetzung im Einzelfall dem gesetzlichen Benachteiligungsverbot Rechnung tragen. Von der Zusammensetzung der konkreten Vergleichsgruppe hängt entscheidend ab, wie groß die Chancen des freigestellten Personalratsmitglieds sind, aufgrund der Vergleichsbetrachtung mit den anderen Gruppenmitgliedern befördert zu werden. Daher darf der Dienstherr die Vergleichsgruppe nicht so zusammenstellen, dass eine Beförderung des freigestellten Personalratsmitglieds unabhängig von dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang der anderen Gruppenmitglieder ausgeschlossen ist. Gegebenenfalls muss er plausibel darlegen, dass das Personalratsmitglied auch ohne Freistellung nicht befördert worden wäre.

16

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bedeutungsgehalt des personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbots ergeben, dem Berufungsurteil zugrunde gelegt und die Bildung der Referenzgruppe im Fall des Klägers daran gemessen. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat es den festgestellten Sachverhalt dahingehend gewürdigt, die Zusammensetzung der Gruppe habe gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, weil sie eine berufliche Perspektive des Klägers aus den genannten Gründen von vornherein ausgeschlossen habe.

17

Der Beschwerdevortrag der Beklagten zur Bildung alternativer Referenzgruppen und zur voraussichtlichen Leistungsentwicklung des Klägers ohne die Freistellung betrifft die Kausalität der Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot für die Nichtbeförderung, die eine weitere Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs darstellt. Damit kann die Beklagte die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreichen, weil sie keine rechtsgrundsätzliche Frage aufwirft, sondern der rechtlichen Würdigung des Oberverwaltungsgerichts zum hypothetischen Kausalverlauf ihre eigene abweichende Würdigung entgegen setzt.

18

2. Aus dem Beschwerdevortrag der Beklagten ergibt sich auch nicht, dass das Oberverwaltungsgericht den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verletzt hat.

19

Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. In den Urteilsgründen kann sich das Gericht auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht abgehandelt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 27; Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6).

20

Die Beklagte sieht ihren Gehörsanspruch verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht ihren Vortrag zu alternativ gebildeten Referenzgruppen und zu der - eine Beförderung ausschließenden - Leistungsentwicklung des Klägers nicht berücksichtigt habe. Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, eine Gehörsverletzung darzulegen, weil sich das Oberverwaltungsgericht mit diesen Gesichtspunkten durchaus befasst hat. Dies räumt die Beklagte in der Beschwerdebegründung selbst ein, indem sie auf die entsprechenden Passagen der Urteilsgründe verweist. Darin hat das Oberverwaltungsgericht - wenn auch knapp - ausgeführt, aus welchen Gründen es der Rechtsauffassung nicht gefolgt ist, die die Beklagte aus ihrem Tatsachenvortrag herleitet. In der Sache beanstandet die Beklagte, dass sich das Gericht ihrer Beweisführung nicht angeschlossen hat. Damit kann eine Gehörsverletzung nicht begründet werden.

21

Der Vortrag der Beklagten gibt Anlass zu dem Hinweis, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts vom Revisionsgericht nur daraufhin nachgeprüft werden kann, ob die allgemeinen Regeln der Beweiswürdigung eingehalten sind. Das Tatsachengericht darf sich seine Überzeugung nicht aufgrund eines Sachverhaltsirrtums gebildet und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze sowie gegen die Gebote der Logik (Denkgesetze) und der rationalen Beurteilung verstoßen haben (stRspr; vgl. Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.> und vom 25. Juni 1992 - BVerwG 3 C 16.90 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 68 S. 64; Beschluss vom 21. Juni 2007 a.a.O. Rn. 7). Hierfür sind Anhaltspunkte weder von der Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich.

22

Die weitere Gehörsrüge, das Oberverwaltungsgericht habe einen Antrag auf Schriftsatznachlass nicht beschieden, ist bereits unsubstanziiert geblieben. Die Beschwerdebegründung enthält keinen Hinweis darauf, was die Beklagte noch vorgetragen hätte und wie sich dieser Vortrag auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hätte auswirken können.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Gründe

1

Die Beschwerde betrifft die berufliche Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr.

2

1. Der 1957 geborene Kläger trat im Jahr 1977 in den Dienst der Beklagten und stand zuletzt im Dienstgrad eines Hauptmanns. Nach Abschluss seiner Fachausbildung wurde er als Programmieroffizier beim Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr verwendet. Seit dem 12. Juni 2003 war er aufgrund seiner Tätigkeit als Vorsitzender des örtlichen Personalrats vom Dienst freigestellt. Zum 1. Dezember 2004 war er fiktiv auf einen A 12-Dienstposten versetzt und mit Wirkung vom 1. Juli 2006 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen worden. Durch am 16. April 2012 ausgehändigte Urkunde wurde er mit Ablauf des 31. Juli 2012 in den Ruhestand versetzt, weil er die besondere Altersgrenze seines Dienstgrads überschritten hatte.

3

Den am 4. Oktober 2010 gestellten Antrag auf fiktive Versetzung auf einen A 13g-Dienstposten, Beförderung zum Stabshauptmann sowie Schadensersatz für eine etwaig verspätete Beförderung lehnte die Beklagte ab. Aus dem Kreis der mit dem Kläger vergleichbaren, nicht freigestellten Offiziere habe sich bisher noch kein Soldat auf die Besetzung eines A 13-Dienstpostens qualifizieren können, sodass sich die Förderung zum Stabshauptmann nicht aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ergebe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

4

Die noch auf Beförderung und Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Beförderungsbegehren habe sich erledigt, weil der Kläger nach Ablauf der für ihn geltenden Altersgrenze zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei. Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch zu. Die Beklagte habe die berufliche Laufbahn des von seinen Dienstgeschäften befreiten Klägers fehlerfrei nachgezeichnet; insbesondere sei die hierfür von der Beklagten gebildete Vergleichsgruppe nicht zu beanstanden. Der vom Kläger geforderten Berücksichtigung von Soldaten in anderen Werdegängen bedürfe es nicht.

5

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

6

a) Die mit der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn der Kläger infolge des nach seinem Vortrag gegen die Ruhestandsversetzung wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze für Hauptleute nach § 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 Nr. 4 SG eingelegten Rechtsmittels noch nicht bestandskräftig aus dem aktiven Dienst geschieden sein sollte (vgl. zum fehlenden Suspensiveffekt § 23 Abs. 6 Satz 2 WBO), muss die begehrte Beförderung schon daran scheitern, dass der Kläger einen Dienstposten der entsprechenden Besoldungsgruppe nicht zuvor (fiktiv) inne gehabt hat. Auch die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf den Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Versetzung des Klägers in den Ruhestand ist daher nicht erforderlich (§ 94 VwGO).

7

Nach Nr. 101 der Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten - ZDv 20/7 - ist die Beförderung von Soldaten grundsätzlich nur zulässig, wenn ihre Verwendung auf einem im Frieden zu besetzenden Dienstposten, dessen Bewertung mindestens dem Beförderungsdienstgrad entspricht, verfügt und als Personalmaßnahme wirksam geworden ist. Die Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten schafft daher die Voraussetzung für eine spätere Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten verwendet worden sind, kommen für eine Beförderung nicht in Betracht (vgl. zur entsprechenden Lage im Beamtenrecht Beschluss vom 7. August 2001 - BVerwG 2 VR 1.01 - Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 2 S. 7 f.).

8

Dieses gestufte Modell mit seiner Abfolge Versetzung vor Beförderung gilt auch für freigestellte Personalratsmitglieder (Nr. 1 der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 - PSZ I 1 - 16-32-00/28 -, im Folgenden: Richtlinie). Um Personalratsmitgliedern auch bei Beibehaltung ihrer Freistellung eine Beförderung zu ermöglichen, hat die Beklagte das Institut der fiktiven Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten geschaffen. Auch insoweit handelt es sich aber um eine förmliche Versetzungsentscheidung, die dem Soldaten schriftlich mitgeteilt wird. Erst vom Zeitpunkt der fiktiven Versetzung an werden die freigestellten Personalratsmitglieder in die Bewerberauswahl für Beförderungsentscheidungen einbezogen (Nr. 3 der Richtlinie).

9

Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 9. April 2014 (ebenso wie bereits vor den Tatsachengerichten; vgl. etwa Schriftsatz vom 2. August 2012, S. 2) vielmehr darauf hingewiesen, dass die Anordnung zwingend angewendet wird und eine Beförderung nur nach vorheriger fiktiver Versetzung auf einen entsprechend höher bewerteten Dienstposten ausgesprochen wird.

10

Es besteht - auch unter dem Blickwinkel des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG - kein Anlass, die unterbliebene Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten nachträglich und inzident im Rahmen eines Beförderungsbegehrens auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu kontrollieren. Vielmehr hat das freigestellte Personalratsmitglied die Möglichkeit, eine fiktive Versetzung unmittelbar und eigenständig geltend zu machen und nötigenfalls auch einzuklagen (vgl. Beschlüsse vom 7. November 1991 - BVerwG 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188 <189>, vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 S. 36, vom 23. Juni 2004 - BVerwG 1 WB 25.03 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 34 S. 37 und vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 20.07 - Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 5 Rn. 30 ff.).

11

Die Ablehnung seines Antrags, ihn fiktiv auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13g bewerteten Dienstposten zu versetzen, hätte der Kläger daher einer eigenständigen gerichtlichen Kontrolle zuführen können. Diesen Rechtsweg hat der Kläger nicht beschritten; mit seinen Klageanträgen hat er ausschließlich die Beförderung und die Gewährung von Schadensersatz verfolgt. Die auf Beförderung zum Stabshauptmann gerichtete Klage ist daher bereits mangels einer vorherigen fiktiven Versetzung auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten unbegründet (ebenso bereits das Verwaltungsgericht, UA S. 5).

12

Entsprechendes gilt für den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung. Auch insoweit hätte es dem Kläger oblegen, die ihm zur Verfügung stehende Rechtsschutzmöglichkeit gegen eine etwaig rechtswidrig unterbliebene fiktive Versetzung in Anspruch zu nehmen (vgl. zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens aus § 839 Abs. 3 BGB im öffentlichen Dienstrecht etwa Urteil 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 2 sowie zuletzt Beschluss vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13 - Rn. 12 f. m.w.N.).

13

b) Die mit der Beschwerde nach Art einer Berufungsschrift vorgebrachten und schlaglichtartig beleuchteten Rechtsfragen zum System der beruflichen Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr - insbesondere zum Vergleich mit Soldaten aus anderen Verwendungsreihen oder Laufbahnen - würden sich in einem Revisionsverfahren daher nicht stellen. Sie sind unabhängig hiervon in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitgehend geklärt oder lassen sich auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

14

aa) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen (stRspr; vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 18). Ist eine lückenlose Leistungsnachzeichnung nicht möglich, weil der Soldat während des Beurteilungszeitraumes wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt war und damit keine dienstlichen Leistungen erbracht hat, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, dass hierdurch keine Nachteile entstehen (vgl. § 14 Abs. 1 Soldatenbeteiligungsgesetz - SBG -). Bei Auswahlentscheidungen hat er zugunsten des freigestellten Personalratsmitglieds eine berufliche Entwicklung zu unterstellen, wie sie ohne die Freistellung voraussichtlich verlaufen wäre (Beschluss vom 7. November 1991 - BVerwG 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188 <192>; Urteil vom 21. September 2006 - BVerwG 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 = Buchholz 237.8 § 12 RhLBG Nr. 1 jeweils Rn. 17).

15

Dabei ist einer zu erwartenden Leistungssteigerung angemessen Rechnung zu tragen. Mit dem Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung vergangener Beurteilungen (vgl. § 33 Abs. 3 Nr. 4 BLV) wird nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung fingiert, sondern auch eine Fortentwicklung der Leistungen entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter unterstellt (Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 9). Die Fortschreibung prognostiziert damit, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wenn er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt gewesen wäre und seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt hätte.

16

Um das berufliche Fortkommen eines Personalratsmitglieds nicht davon abhängig machen zu müssen, dass es seine Freistellung aufgibt, kann ausnahmsweise auch auf das Erfordernis einer vorherigen Erprobung auf einem höherwertigen Dienstposten verzichtet werden. Dies setzt aber voraus, dass aufgrund des bisherigen beruflichen Werdegangs des Personalratsmitglieds und vergleichbarer Bediensteter prognostisch festgestellt werden kann, dass der freigestellte Bewerber den Anforderungen der Erprobung aller Voraussicht nach gerecht geworden wäre. Lässt sich eine belastbare Prognose hierzu nicht treffen, etwa weil das freigestellte Personalratsmitglied einer entsprechenden Tätigkeit seit längerer Zeit nicht mehr nachgegangen ist oder wenn es sich um einen Dienstposten bewirbt, der erhebliche Unterschiede zu seiner bisherigen dienstlichen Tätigkeit aufweist, kann von einer tatsächlichen Erprobung nicht abgesehen werden (Urteil vom 21. September 2006 a.a.O Rn. 18 ff.; ebenso Beschluss vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 S. 14 für eine notwendige Vorverwendung).

17

Das Benachteiligungsverbot verschafft keinen Anspruch, von Qualifikationsmerkmalen dispensiert zu werden. Dem in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Prinzip der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch Personalratsmitglieder unterworfen. Fehlen dem Personalratsmitglied die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, kann dies durch eine fiktive Fortschreibung nicht überspielt werden. Es wäre ansonsten im Falle der Beendigung seiner Freistellung für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben nicht geeignet. Aus den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG ergibt sich zugleich, dass verbleibende Zweifel an der Eignung des Personalratsmitglieds für ein höherwertiges Statusamt oder einen höherwertigen Dienstgrad zu dessen Lasten gehen (Urteil vom 21. September 2006 a.a.O Rn. 20).

18

bb) Ausgehend hiervon kann der Kläger einen Vergleich mit Soldaten, die eine Beförderung erst nach einem Laufbahnwechsel erreicht haben, nicht beanspruchen. Die Eingrenzung der maßgeblichen Vergleichs- oder Referenzgruppe auf Soldaten mit gleicher Laufbahnvoraussetzung (Nr. 1 der Richtlinie) ist nicht zu beanstanden.

19

Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 28). Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen von einer Erprobung abzusehen, geht daher von einer bestehenden Eignung des freigestellten Personalratsmitglieds aus. Die zunächst nur probeweise Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens soll dem Beamten die Befähigung für die Wahrnehmung seiner Dienstaufgaben nicht verschaffen, sondern unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass er den Anforderungen des Beförderungsamts genügen wird.

20

Diese Annahme trifft für einen Laufbahnwechsel nicht zu. Auch im Soldatenrecht ist ein Laufbahnwechsel vielmehr nur zulässig, wenn der Soldat die Befähigung für die neue Laufbahn besitzt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 SLV; vgl. zur Feststellung dieser Befähigung Nr. 1017 Satz 2 ZDv 20/7). Die vom Kläger benannten Beförderungsfälle in den Dienstgrad eines Majors setzen überdies die erfolgreiche Teilnahme an einem Stabsoffizierlehrgang voraus (§ 25 Abs. 2 SLV). Von diesen Anforderungen kann der Kläger nicht allein deshalb befreit werden, weil er als Personalratsmitglied von der Erfüllung seiner Dienstpflichten freigestellt ist (Beschluss vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 24.01 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 S. 14). Vergleichsmaßstab des Benachteiligungsverbotes ist diejenige Lage, in der das Personalratsmitglied voraussichtlich stünde, wenn es nicht freigestellt worden und in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre (vgl. Urteil vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 34.00 - Buchholz 251.6 § 39 NdPersVG Nr. 1 S. 2; zur Bezugnahme auf die eigene Verwendungsreihe auch bereits Beschluss vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 S. 37).

21

Der vom Kläger angestrebte Wechsel aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die der Offiziere des Truppendienstes ist im Übrigen auch schon vor seiner Freistellung wiederholt abgelehnt worden (Bescheide vom 10. April 1995 und vom 12. Mai 1999). Die in Nr. 2.2.4 der Erläuterungen zur Erlasslage vom 9. August 2010 (PSZ I 1 - 16-32-00/28 - im Folgenden: Erläuterungen) vorgesehene Möglichkeit eines Laufbahnwechsels trotz Freistellung hat der Kläger nicht beschritten.

22

cc) Entgegen der Ansicht der Beschwerde war die Beklagte auch nicht verpflichtet, bei der Bildung der Referenzgruppe Soldaten aus anderen Ausbildungs- und Verwendungsreihen zu berücksichtigen.

23

Auf welche Weise der Dienstherr sicherstellt, dass die Freistellung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führt (§ 51 Abs. 3 Satz 1 SBG i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG), obliegt grundsätzlich seiner Entscheidung (Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 15). Das von der Beklagten hierfür gewählte Referenzgruppenmodell ist grundsätzlich geeignet, der Zielstellung des Behinderungsverbots Rechnung zu tragen, weil es eine Fortentwicklung der Leistung entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Soldaten unterstellt. Es ist nicht sachfremd, die Vergleichbarkeit der Werdegänge durch eine Einschränkung der Referenzgruppe auf die Angehörigen derselben Ausbildungs- und Verwendungsreihe sicherzustellen (vgl. hierzu auch bereits Beschluss vom 29. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 23.97 - a.a.O. S. 37).

24

Eine weitere Öffnung würde hingegen den Vergleichsmaßstab verschieben und damit die Aussagekraft der Vergleichsgruppenbetrachtung beeinträchtigen. Ohne die Freistellung hätte der Kläger nur die Chance gehabt, auf einem höher bewerteten Dienstposten seines Werdegangs eingesetzt zu werden. Die (fiktive) Berücksichtigung weiterer Werdegänge anderer Soldaten dagegen führt zu einer Besserstellung freigestellter Personalratsmitglieder, weil zusätzliche Stellen in die Betrachtung einbezogen werden. Die real für nicht freigestellte Konkurrenten des Klägers bestehende Beschränkung auf freie Dienstposten innerhalb seines Werdegangs würde damit umgangen. Eine derartige Besserstellung freigestellter Personalratsmitglieder ist sachlich nicht geboten.

25

dd) Soweit die Beschwerde die zeitliche Dimension der Referenzgruppenbildung thematisiert, die nach Nr. 2.1 der Erläuterungen während der Freistellung nicht geändert wird, verkennt sie, dass vorliegend gerade nicht um die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung (vgl. zu deren zeitlichen Grenzen Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C 11.09 - a.a.O. Rn. 11) gestritten wird.

26

Das von der Beklagten praktizierte Referenzgruppenmodell schreibt nicht die letzte, aufgrund tatsächlicher dienstlicher Tätigkeit erstellte Beurteilung fort, sondern bildet ausgehend hiervon eine Vergleichsgruppe für das freigestellte Personalratsmitglied. Damit wird eine dynamische Fortentwicklung der beruflichen Leistungen unterstellt, die sich aus dem Werdegang der Vergleichsgruppe ergibt. Dieses Fördersystem vermeidet gerade die Schwierigkeiten, die sich bei einer lang andauernden Freistellung daraus ergeben, dass die letzte dienstliche Beurteilung immer mehr an tatsächlicher Aussagekraft verliert.

27

Besondere Bedeutung kommt damit der Vergleichsgruppenbildung zu. Nur wenn die Referenzgruppe den Leistungsstand und das Entwicklungspotential des freigestellten Personalratsmitglieds zutreffend erfasst, kann sie Hinweise für die Prognose geben, wie die berufliche Entwicklung des Personalratsmitglieds ohne die Freistellung voraussichtlich verlaufen wäre. Die Bildung der Referenzgruppe und die Zuteilung eines Rangplatzes hierin bestimmt die künftige berufliche Entwicklung des freigestellten Personalratsmitglieds und nimmt die sich erst später realisierende Auswahlentscheidung vorweg. Es spricht daher viel dafür, Einwände hiergegen zeitnah zu verlangen (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO), zumal etwaige Fehler bei einer erst lange im Nachhinein erfolgenden Kontrolle nicht mehr angemessen behoben werden können (vgl. zur Verwirkung auch Beschluss vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13 - Rn. 15 f.). Eine entsprechende Obliegenheit setzt allerdings voraus, dass den freigestellten Personalratsmitgliedern die Referenzgruppenbildung auch mitgeteilt wird.

28

3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel aufgezeigt, auf dem die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

29

Die Beschwerde verkennt den Gehalt des grundgesetzlich verbürgten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Danach sind die Gerichte zwar verpflichtet, die Ausführungen und Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen zu befassen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte aber nicht, einem tatsächlichen Umstand die vom Beschwerdeführer erwünschte Bedeutung zuzumessen oder seiner Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>). Soweit dem Oberverwaltungsgericht wiederholt unzutreffende Rechtsansichten vorgeworfen werden, betrifft dies daher nicht das rechtliche Gehör.

30

Soweit der Kläger - unter Bezugnahme auf die erst nachträglich erlassenen Erläuterungen - seine Nichtberücksichtigung bei Auswahlentscheidungen aufgrund seiner dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 31. März 2004 noch bis zum 30. September 2006 rügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung hierauf beruhen könnte. Der Kläger ist vielmehr gerade in diesem Zeitraum fiktiv auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 versetzt und anschließend auch in eine Planstelle dieser Besoldungsgruppe eingewiesen worden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.