Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Dez. 2014 - 2 A 10506/14

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2014:1218.2A10506.14.0A
published on 18/12/2014 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Dez. 2014 - 2 A 10506/14
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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die vollständige Übernahme von Schülerbeförderungskosten für ihre … 2002 geborene Tochter A, die im Schuljahr 2012/2013 die Klassenstufe 5 der Freien Waldorf Schule in X besuchte und weiterhin besucht, durch die Beklagte.

2

Unter dem 6. Mai 2012 beantragte die Klägerin gemeinsam mit ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann die Übernahme der Beförderungskosten für den Schulweg vom Wohnort Y nach X durch die Beklagte. Mit Bescheid vom 1. Juni 2012 bewilligte die Beklagte die Übernahme der Beförderungskosten, allerdings nur insoweit, als sie bei der Fahrt zur Realschule plus in Z als nächstgelegener öffentlicher Schule entstehen würden. Die Höhe der monatlichen Mehrkosten für die Beförderung bis nach X, die von der Klägerin jeweils monatlich selbst zu tragen seien, setzte die Beklagte mit 39,70 Euro fest. Der Tochter der Klägerin wurde am ersten Schultag seitens der Beklagten über die Schule eine entsprechende Fahrkarte bis nach X ausgehändigt.

3

Mit Rechnung vom 8. Oktober 2012 wurde der Klägerin seitens der Beklagten der für den Monat September 2012 selbst zu tragende Mehrkostenanteil als Eigenanteil in Höhe von 39,70 Euro in Rechnung gestellt. Hiergegen erhob die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 7. November 2012 Widerspruch. Mit weiteren Rechnungen vom 14. November und vom 17. Dezember 2012 sowie vom 15. Januar 2013 wurde der Klägerin auch der Eigenanteil für die Monate Oktober bis Dezember 2012 in Höhe von jeweils 39,70 Euro in Rechnung gestellt. Mit Bescheid vom 16. Januar 2013 passte die Beklagte unter Berücksichtigung der zum 1. Januar 2013 erfolgten Preiserhöhung im Verkehrsverbundraum X die monatlichen Mehrkosten und damit den Eigenanteil ab Januar 2013 nunmehr auf 42,20 Euro an und setzte die Fälligkeitszeitpunkte fest. Auch hiergegen erhob die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Januar 2013 Widerspruch.

4

Zur Begründung ihrer Widersprüche machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie habe einen Anspruch auf Ermittlung eines Eigenanteils an den Schülerbeförderungskosten unter Zugrundelegung der Fahrt zur Integrierten Gesamtschule in X als der nächstgelegenen öffentlichen Schule. Auf die zum Wohnort der Schülerin näher gelegene Realschule plus in Z dürfe nicht abgestellt werden. Zwar besage § 33 Abs. 2 PrivSchG, dass für die Freien Waldorfschulen die Bestimmungen der § 33 Abs. 1 PrivSchG i.V.m. § 69 SchulG über die Übernahme der Schülerbeförderungskosten entsprechend mit der Maßgabe gelten, dass bei Schülern der Klassenstufe 5 bis 13 die Kosten (nur) insoweit übernommen würden, als sie bei der Fahrt zur jeweils nächstgelegenen öffentlichen Realschule, Realschule plus, Integrierten Gesamtschule oder zum jeweils nächstgelegenen Gymnasium entstehen würden. § 33 Abs. 2 PrivSchG verstoße allerdings gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, weil auf jede beliebige der genannten Schularten abgestellt werden könne. Bei sonstigen Privatschulen und bei öffentlichen Schulen richte sich die Höhe der Eigenbeteiligung aber nach der jeweils besuchten Schulart. Die danach bestehende Benachteiligung der Schüler der Freien Waldorfschulen sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem daraus folgenden Willkürverbot nicht vereinbar. Die Differenzierung sei auch nicht aufgrund der Besonderheiten der Freien Waldorfschulen an sich bzw. deren pädagogischer Ausrichtung zu rechtfertigen. Denn nach der Schulstrukturreform in Rheinland-Pfalz bestehe mit der Sekundarstufe I der Integrierten Gesamtschule eine der Sekundarstufe I der Freien Waldorfschulen vergleichbare öffentliche Schulform. Auf diese könne unproblematisch bei der Feststellung der nächstgelegenen öffentlichen Schule abgestellt werden. Dies werde in anderen Bundesländern, wie z.B. in Hessen, auch bereits praktiziert.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2013 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten die Widersprüche als unbegründet zurück. Eine gesetzliche Übernahmepflicht der Gesamtkosten für die Schülerbeförderung – und auf diese laufe das Begehren der Klägerin hinaus, da die Integrierte Gesamtschule in X am selben Standort wie die von der Tochter der Klägerin besuchte Waldorf Schule liegt – bestehe angesichts der klaren Regelung in § 33 Abs. 2 PrivSchG nicht. Diese Bestimmung begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

6

Die von der Klägerin am 19. Juni 2013 unmittelbar gegen § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG in der Fassung des Landesgesetzes zur Weiterentwicklung der Schülerbeförderung und zur weiteren Umsetzung der Lehrerbildungsreform vom 31. Januar 2012 (GVBl. S. 42) erhobene Verfassungsbeschwerde wies der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VGH B 23/13 – (AS 42, 101 ff.) wegen fehlender Rechtswegerschöpfung als unzulässig zurück.

7

Mit ihrer am 8. November 2013 gemeinsam mit ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf volle Übernahme der Schülerbeförderungskosten weiter und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2012 und den Anpassungsbescheid vom 16. Januar 2013 über die Erhebung des Eigenanteils an der Schülerbeförderung für das Kind A K für das Schuljahr 2012/2013 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid aufzuheben und bei der Neuberechnung des Eigenanteils auf die Integrierte Gesamtschule als nächstgelegene öffentliche Schule abzustellen.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen,

12

und verweist zur Begründung ihrer Auffassung vollinhaltlich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2014 ergangene Urteil abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Argumente der Beklagten sowie eine Stellungnahme des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 19. August 2013 in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren VGH B 23/13 gestützt, die die Klägerin in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt hatte. Danach begegne die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

14

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die von dem Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Sie hält die Rechtsausführungen der Vorinstanz für nicht überzeugend und ist nach wie vor der Auffassung, dass die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG mit Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz nicht vereinbar sei. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend weist sie insbesondere darauf hin, dass eine willkürliche Benachteiligung der Schüler Freier Waldorfschulen auch daraus resultiere, dass § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG keine Differenzierung nach Sekundarstufe I und II vornehme und so die Realschule plus in Z bis zum Abitur die Vergleichsschule für die Ermittlung des Eigenanteils bleibe. Außerdem verletze § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG das elterliche Erziehungsrecht in Form des Rechts auf freie Schulwahl aus Art. 27 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, da die freie Schulwahl zumindest für Eltern mit niedrigem Einkommen bzw. mit mehreren Kindern beschränkt werde.

15

Die Klägerin beantragt,

16

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier aufzuheben und nach ihrem Klageantrag erster Instanz zu erkennen sowie die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, das sie auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend hält.

20

Der Vertreter des öffentlichen Interesses, der dem Verfahren am 18. August 2014 beigetreten ist, verteidigt ebenfalls das angefochtene Urteil. Er hält wie die Beklagte die Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG für vereinbar mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz. Letztlich seien die Waldorfschulen mit der Einführung des § 33 Abs. 2 PrivSchG in Anerkennung des besonderen pädagogischen Konzepts und trotz ihrer Besonderheiten in das System der Schülerbeförderung mit einbezogen worden, dies allerdings mit der Maßgabe, dass bei der Berechnung des Kostenersatzes unabhängig von der Schulart die jeweils nächstgelegene öffentliche Schule zu berücksichtigen sei.

21

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (2 Hefter) Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung hat keinen Erfolg.

23

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin angefochtenen Bescheide vom 1. Juni 2012 und vom 16. Januar 2013 über die Erhebung des Eigenanteils an der Schülerbeförderung sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –), weil die Beklagte den Eigenanteil im Rahmen der Übernahme der Schülerbeförderungskosten in der Sache und der Höhe nach zutreffend festgesetzt hat. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Beförderungskostenübernahme in voller Höhe.

24

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die Begrenzung des Anspruchs der Klägerin auf die Übernahme von Schülerbeförderungskosten nach § 33 Abs. 1 Privatschulgesetz – PrivSchG – i.V.m. § 69 Schulgesetz – SchulG – nach Maßgabe des § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG festgestellt.

25

a) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, gibt es außerhalb der Tatbestandsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 2 SchulG – hier i.V.m. § 33 Abs. 1 und 2 PrivSchG – keinen Anspruch auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten. Die schrittweise Entlastung der Eltern durch die Einführung und Ausweitung der staatlich finanzierten Schülerbeförderung ändert nichts daran, dass es vom Grundsatz her ihre Aufgabe bleibt, die Beförderung ihrer Kinder zur Schule faktisch sowie wirtschaftlich sicherzustellen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensaufwands zu tragen. Der Gesetzgeber ist zwar berechtigt, die Eltern gleichwohl zu Lasten der öffentlichen Hand auch hiervon freizustellen. Dies bedarf jedoch einen klaren gesetzlichen Übernahmeregelung (vgl. OVG RP, Urteile vom 25. August 2003 – 2 A 10588/03.OVG –, AS 30, 433 [436 ff.], vom 16. Juli 2004 – 2 A 10433/04.OVG –, AS 31, 364 [366 f.] und vom 2. Februar 2005 – 2 A 11888/04.OVG –, AS 32, 112 [113 f.] sowie Beschlüsse vom 19. Dezember 2012 – 2 A 10864/12.OVG – und vom 23. Juli 2013 – 2 A 10634/13.OVG –, AS 41, 441 [443]). Maßgeblich sind damit allein die in den schülerbeförderungsrechtlichen Vorschriften festgelegten Kriterien und nicht sonstige Präferenzen der Schüler und ihrer Erziehungsberechtigten (OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 2 A 10634/13.OVG –, AS 41, 441 [443]; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – 7 B 12.2441 –, BayVBl. 2013, 439 [Ls. 1]).

26

b) Als Anspruchsgrundlage für die hier in Rede stehende Übernahme der Schülerbeförderungskosten zu einer Schule in freier Trägerschaft, die wie die Freien Waldorfschulen keine staatlich anerkannten Ersatzschulen i.S. des § 28 PrivSchG darstellen, kommt nicht § 33 Abs. 1 PrivSchG, sondern allein § 33 Abs. 2 PrivSchG in Betracht. Dieser schränkt nicht einen grundsätzlichen Anspruch nach § 33 Abs. 1 PrivSchG ein, sondern begründet ihn – wenn auch eingeschränkt – erst, worauf der Vertreter des öffentlichen Interesses auch in seinem Schriftsatz vom 18. August 2014 zutreffend hingewiesen hat. Bei den Freien Waldorfschulen handelt es sich nicht um staatlich anerkannte Ersatzschulen i.S. des § 28 PrivSchG, für die unmittelbar § 33 Abs. 1 PrivSchG einschlägig wäre, sondern um (nur) genehmigte Ersatzschulen (vgl. zu dieser Unterscheidung auch Seckelmann, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 30 Rn. 7). Während sich staatlich anerkannte Ersatzschulen in die gesetzliche Konzeption des öffentlichen Schulwesens einfügen und die öffentlichen Schulen in ihrer Ausbildung komplementär ergänzen, ist dies bei (nur) genehmigten Ersatzschulen nicht der Fall, da sie nicht in vergleichbarer Weise in die Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags eingebunden sind (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 [77 f.]). Für letztere und ausschließlich in Gestalt der Freien Waldorfschulen hat der Gesetzgeber in § 33 Abs. 2 PrivSchG eine Spezialregelung getroffen und anders als im Fall der anerkannten Ersatzschulen die Höhe der Beförderungskostenübernahme ausdrücklich auf die nächstgelegene öffentliche Schule begrenzt. Der Gesetzgeber hat sich dabei einerseits davon leiten lassen, dass die Freien Waldorfschulen den staatlich anerkannten Ersatzschulen gleichwertige Bildungsgänge sind, dass sie aber andererseits wegen ihrer besonderen pädagogischen Konzeption nicht staatlich anerkannt sind und Schulgeld erheben. Er hat sich deshalb zwar dafür entschieden, die Freien Waldorfschulen nicht vollständig von der gesetzlichen Verpflichtung zur Schülerbeförderung auszuschließen, sie aber gleichwohl wegen der großen Einzugsbereiche der Freien Waldorfschulen nicht den staatlich anerkannten Ersatzschulen gleichzustellen, sondern die Kostenübernahmeregelung entsprechend enger zu fassen (vgl. LT-Drucks. 11/4781, S. 7 f. und LT-Drucks. 16/590, S. 9).

27

c) § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG lässt von seinem Wortlaut sowie Sinn und Zweck nach auch insoweit keinerlei Spielraum dafür, wie es die Klägerin begehrt, als nächstgelegene Schule stets auf die Integrierte Gesamtschule abzustellen, weil diese von ihrer Konzeption her – also schulformbezogen – der Freien Waldorfschule „am nächsten kommt“ (vgl. dazu HessVGH, Beschluss vom 2. Januar 2003 – 7 ZU 4019/00 –, NVwZ-RR 2003, 433 [434]). Eine teleologische Reduktion der Bestimmung kommt daher schon deshalb nicht in Betracht (vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 2 A 10634/13.OVG –, AS 41, 441 [443]).

28

Die Beklagte hat nach alldem für die Berechnung des Eigenanteils daher zutreffend auf die Realschule plus in Z abgestellt und nicht mit der Folge einer Vollkostenerstattung die Entfernung zu der Integrierten Gesamtschule in X zugrunde gelegt.

29

2. Eine teleologische Reduktion des § 33 Abs. 2 PrivSchG ist auch verfassungsrechtlich ebenso wenig geboten, wie eine Vorlage des § 33 Abs. 2 PrivSchG an den Verfassungsgerichtshof (Art. 130 Abs. 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –) oder an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz – GG –), denn das hier gefundene Ergebnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

30

a) Eine mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 und 3 GG und Art. 17 Abs. 1 und 2 LV) unvereinbare Benachteiligung der Klägerin und ihrer Tochter ist nicht gegeben.

31

aa) Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend ungleich zu behandeln. Dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen wie für ungleiche Begünstigungen. Unzulässig ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen aber vorenthalten wird. Dabei ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Dieser Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist bei Bestimmungen über Leistungen des Staates, auf die der Bürger keinen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch hat, nach der Natur der Sache noch weiter als bei der gesetzlichen Regelung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse. Dem Gesetzgeber ist aber auch im Rahmen der gewährenden Verwaltung nicht gestattet, bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigten sachwidrig zu differenzieren (VerfGH RP, Urteil vom 29. November 2011 – VGH B 11/10 –, 39, 7 [14]; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 f.).

32

bb) Hieran gemessen verstößt § 33 Abs. 2 PrivSchG nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dem geltenden Verfassungsrecht lässt sich kein Gebot des Inhalts entnehmen, dass der Staat für die kostenlose Beförderung der Schüler auf dem Schulweg zu sorgen hätte. Nimmt der Staat den Eltern daher mit der Übernahme bestimmter Schülerbeförderungskosten einen kleinen Teil des Lebensführungsaufwands und der Unterhaltspflicht ab, so darf er schon angesichts der begrenzten Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand Differenzierungen vornehmen, solange und soweit hierfür hinreichende sachliche Gründe gegeben sind (VerfGH RP, Urteil vom 29. November 2011 – VGH B 11/10 –, 39, 7 [17]; OVG RP, Urteil vom 15. Mai 1990 – 7 A 139/89 –, AS 23, 49 [50 f.]; Beschluss vom 23. Juli 2013 – 2 A 10634/13.OVG –, AS 41, 441 [442]; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 f.; BayVGH, Urteil vom 19. Februar 2013 – 7 B 12.2441 –, BayVBl. 2013, 439 [441]; vgl. ferner BVerwG, Beschlüsse vom 22. Oktober 1990 – 7 B 128/90 –, NVwZ 1991, 197 f. und vom 15. Januar 2009 – 6 B 78/08 –, juris [Rn. 6]).

33

Dies hat der Gesetzgeber mit der Begrenzung des Anspruchs in § 33 Abs. 2 PrivSchG in zulässiger Weise getan, wonach für die Frage, welche Schule die nächstgelegene ist, für die Freien Waldorfschulen jeweils die nächstgelegene Realschule, Realschule plus, Integrierte Gesamtschule oder das jeweils nächstgelegene Gymnasium maßgeblich ist. Der Gesetzgeber ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gehalten, Schüler von öffentlichen und privaten Schulen schulwegkostenrechtlich einheitlich zu behandeln. Daraus, dass sich die Ersatzschulen in privater Trägerschaft befinden, ergibt sich bereits ein sachgerechter Grund für die Differenzierung. Der Staat ist insbesondere nicht verpflichtet, durch staatliche Förderleistungen im Bereich des Privatschulwesens die finanziellen Belastungen der betroffenen Eltern der Schüler, die mit der eigenen Entscheidung für den Besuch einer Ersatzschule verbunden und damit nicht vom Staat verursacht sind, auszugleichen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 [77]).

34

Auch wenn die Regelungen über die Schülerbeförderung, wie mit § 33 Abs. 1 PrivSchG geschehen, die Übernahme von Schülerbeförderungskosten auf die Beförderung zu bestimmten staatlich anerkannten Schulen erstrecken, folgt daraus keine Verpflichtung für den Gesetzgeber, den Kreis der Anspruchsberechtigten auf die Schüler staatlich (nur) genehmigter Ersatzschulen auszudehnen. Dass letztere wie die Freien Waldorfschulen nicht in vergleichbarer Weise in die Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags eingebunden sind wie die staatlich anerkannten Ersatzschulen, stellt einen sachgerechten Grund für die Differenzierung dar. Der Grad der Integrierung von Schulen in freier Trägerschaft in das rheinland-pfälzische Schulsystem ist neben fiskalischen Aspekten nicht unbedeutend für die Frage der Übernahme der Schülerbeförderungskosten. Deshalb ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, aber auch ausreichend, neben der Beförderungssorge für die Schüler öffentlicher Schulen zusätzlich auch die Beförderungssorge für die Schüler der dem öffentlichen Schulsystem zuzurechnenden Schulen in freier Trägerschaft zu übernehmen (OVG RP, Urteil vom 2. Februar – 2 A 11888/04.OVG –, AS 32, 112 [116]). Die Einbeziehung der Freien Waldorfschulen als (nur) genehmigte Ersatzschulen in die Schülerbeförderung ist daher letztlich eine schul- und sozialpolitische, nicht jedoch eine verfassungsrechtlich Frage (BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 [77 f.]). Der Gesetzgeber durfte daher insbesondere den freiwillig eingeräumten Anspruch auf die Übernahme von Schülerbeförderungskosten wie in § 33 Abs. 2 PrivSchG geschehen aus fiskalischen Gesichtspunkten begrenzen und bei der Festlegung der nächstgelegenen Schule pädagogische oder organisatorische Schwerpunkte einer Schule unberücksichtigt lassen (vgl. grundsätzlich VerfGH RP, Urteil vom 29. November 2011 – VGH B 11/10 –, 39, 7 [17]; OVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 2 A 10634/13.OVG –, AS 41, 441 [442 f.] m.w.N.).

35

Auch aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 74 Abs. 1 LV), lässt sich daher – auch im Lichte des allgemeinen Gleichheitssatzes – kein Anspruch auf Freistellung von allen durch den Schulbesuch verursachten Kosten und damit auch nicht auf die von der Klägerin begehrte umfängliche Fahrtkostenerstattung herleiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1990 – 7 B 128/90 –, NVwZ 1991, 197 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 [79]).

36

Ob dies auch dann gilt, wenn der Waldorfschüler nicht – wie vorliegend – eine der Sekundarstufe I, sondern der Sekundarstufe II zuzuordnende Klassenstufe besucht, braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden. Das Verwaltungsgericht hat zwar in dem angegriffenen Beschluss angedeutet, insoweit sei eine teleologische Reduktion des § 33 Abs. 2 Satz 1 PrivSchG möglich und ggf. sogar geboten, als in diesem Fall die Entfernung zur nächstgelegenen Integrierten Gesamtschule und nicht zur Realschule plus zugrunde zu legen sei. Dies jedoch würde allerdings dazu führen, dass der Besuch der Sekundarstufe II im Hinblick auf die Höhe des Eigenanteils privilegiert würde. Der Grundgedanke der Übernahme der Beförderungssorge durch die öffentliche Hand (vgl. dazu ausführlich VerfGH RP, Urteil vom 29. November 2011 – VGH B 11/10 –, AS 39, 7 [15 ff.]; OVG RP, Urteil vom 25. August 2003 – 2 A 10588/03.OVG –, AS 30, 433 [436]) würde dadurch auf den Kopf gestellt.

37

b) Schließlich lässt sich die von der Klägerin begehrte Fahrtkostenerstattung auch nicht aus dem elterlichen Grundrecht auf Erziehung (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 25 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 LV) herleiten. Zwar umfasst dieses Recht grundsätzlich auch die freie Wahl zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten oder zugelassenen Schularten bzw. –formen sowie das Verbot, das Wahlrecht mehr als notwendig zu begrenzen. Eine Rechtsverletzung scheidet insofern jedoch bereits deshalb aus, weil der Besuch der von der Klägerin für ihre Tochter gewählten Schule nicht behindert wird. Die mit der Entscheidung der Klägerin für den Besuch einer Ersatzschule verbundenen Kosten sind vom Staat nicht verursacht. Einen Anspruch auf Freistellung von den Beförderungskosten für den Fall, dass die Erziehungsberechtigten eine bestimmte Schule bzw. einen bestimmten Schultyp aus pädagogischen Gründen für vorzugswürdig erachten, vermittelt das Freiheitsgrundrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 25 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 LV nicht (OVG RP, Urteil vom 2. Februar – 2 A 11888/04.OVG –, AS 32, 112 [117]; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 1972 – 1 BvR 230/70 u.a. –, BVerfGE 34, 165 [183 ff.]; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Juli 2009 – Vf. 15-VII-08 –, BayVBl. 2010, 76 [77 und 79]).

38

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, hat sich damit erledigt. Da die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung hat, ginge der Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren ins Leere, da er keine Rechtswirkung entfalten würde (§ 80 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwVfG, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO; vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2007 – 2 C 29/06 –, NVwZ 2008, 324 [325 f.]).

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

40

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zwar gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zum Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Rechtssache wirft jedoch keine in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts auf, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Die Rechtsfrage lässt sich, wie gezeigt, sowohl auf der Grundlage bereits vorliegender bundesgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Oktober 1990 – 7 B 128/90 –, NVwZ 1991, 197 f. und vom 15. Januar 2009 – 6 B 78/08 –, juris [Rn. 6]) als auch des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantworten (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – 8 B 78.61 –, BVerwGE 13, 90 [91] und vom 13. Dezember 2013 – 2 B 79.13 –, NVwZ-RR 2014, 397 [Rn. 7]).

41

Beschluss

42

Der Wert des Streitgegenstands wird, zugleich unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Trier vom 9. April 2014, gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz – GKG – für beide Rechtszüge auf jeweils 1.481,70 Euro festgesetzt. Der nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG maßgebliche Betrag von 493,90 Euro ist gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG um das Dreifache zu erhöhen, da der Antrag der Klägerin offensichtlich absehbare Auswirkungen auf noch zu erlassende, auf die Festsetzung von Eigenanteilen für die Schülerbeförderung bezogene Verwaltungsakte hat, denn die Heranziehung der Klägerin zur Erstattung des Eigenanteils an den Schülerbeförderungskosten für ihre Tochter A in den folgenden Schuljahren stellt nicht nur eine theoretische Möglichkeit dar, die sich noch in keiner Weise konkretisiert hat. Vielmehr ist ohne umfangreiche Prüfung oder aufwändige Überlegungen, also auf den ersten Blick erkennbar, dass gegenüber der Klägerin über die bislang festgesetzten und streitgegenständlichen Eigenanteile hinaus weitere Heranziehungen erfolgen werden und sich die streitige Rechtsfrage, ob § 33 Abs. 2 PrivSchG wirksam ist, auch für weitere Schuljahre stellt (vgl. zu diesem Maßstab OVG Nds, Beschluss vom 16. Oktober 2014 – 9 OA 271/14 –, juris, Rn. 4 m.w.N.).

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 12/05/2015 00:00

weitere Fundstellen ... Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 20. November 2014 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. 3. Die Revisio
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Annotations

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 unbeachtlich ist. Soweit der Widerspruch erfolglos geblieben ist, hat derjenige, der den Widerspruch eingelegt hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu erstatten; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt eingelegt wird, der im Rahmen

1.
eines bestehenden oder früheren öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses oder
2.
einer bestehenden oder früheren gesetzlichen Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle der gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann,
erlassen wurde. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

(3) Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; hat ein Ausschuss oder Beirat (§ 73 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) die Kostenentscheidung getroffen, so obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss oder Beirat gebildet ist. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für Vorverfahren bei Maßnahmen des Richterdienstrechts.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.