Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Aug. 2016 - 6 A 762/15
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 12.280,49 Euro festgesetzt
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G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
5Das Verwaltungsgericht hat die auf die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für die vom Kläger im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2005 geleistete Zuvielarbeit gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch sei infolge der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht mehr durchsetzbar. Sowohl der nationalrechtliche Anspruch auf Freizeitausgleich für rechtswidrig zuviel geleistete Mehrarbeit, als auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch unterlägen der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Diese sei für die im Kalenderjahr 2002 entstandenen Ansprüche Ende 2005 und für die im Kalenderjahr 2005 entstandenen Ansprüche Ende 2008 abgelaufen. Der Kläger habe jedoch erst im Dezember 2010 Widerspruch erhoben. Es sei auch nichts für eine Hemmung der Verjährung ersichtlich und eine Berufung des Beklagten auf die Einrede der Verjährung (vgl. § 214 Abs. 1 BGB) scheitere nicht am Einwand der unzulässigen Rechtsausübung. Der Beklagte habe vor dem Eintritt der Verjährung kein Verhalten an den Tag gelegt, durch das der Kläger sich habe veranlasst sehen können, von Maßnahmen zur Verhinderung des Verjährungseintritts abzusehen. Der in den Schreiben vom 6. und 11. Januar 2006 von der Oberbürgermeisterin der Beklagten erklärte Verzicht auf die Einrede der Verjährung betreffe aufgrund der eindeutigen Formulierung nur die Feuerwehrbeamten, deren Namen in der den Schreiben jeweils beigefügten Liste aufgeführt gewesen seien, zu denen der Kläger aber nicht gehöre. Zudem habe der Kläger, wie sein Widerspruchsschreiben vom 27. Dezember 2010 zeige, auch nicht darauf vertraut, nichts mehr unternehmen zu müssen. Denn darin habe er eigens in Bezug auf die seit dem 1. April 2000 geleistete Zuvielarbeit um den Verzicht auf die Einrede der Verjährung gebeten. Der Beklagten sei die Berufung auf den Verjährungseintritt auch nicht deshalb verwehrt, weil sie das ihr insoweit zustehende Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt habe. Ein Hoheitsträger sei haushaltsrechtlich grundsätzlich gehalten, die Verjährungseinrede geltend zu machen. Die vom Kläger beanstandete Ungleichbehandlung im Vergleich zu noch im aktiven Dienst der Beklagten stehenden Feuerwehrbeamten, denen die Beklagte unabhängig von einer rechtzeitigen Rüge einen finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrig in den Jahren 2002 bis 2005 erbrachte Zuvielarbeit gewährt habe, sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Differenzierung zwischen ausgeschiedenen Feuerwehrbeamten sowie Versorgungsempfängern einerseits und aktiven Feuerwehrbeamten andererseits ziele auf die Vermeidung einer Gefährdung der Funktionsunfähigkeit der Feuerwehr. Die geleisteten Ausgleichszahlungen dienten dem Betriebsfrieden und seien zudem geeignet, das Risiko des Widerrufs von Opt-Out-Erklärungen zu verringern, die Bereitschaft der aktiven Feuerwehrbeamten zur Erbringung von Überstunden zu fördern und damit insgesamt einen möglicherweise drohenden Personalunterhang zu vermeiden. Zugleich sei die vorgenommene Differenzierung sachdienlich, um das zusätzliche Ziel der weitestmöglichen Schonung des Gemeindeshaushalts zu erreichen.
6Diesen Wertungen des Verwaltungsgerichts setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Der Kläger beruft sich zur Begründung seines Zulassungsantrags allein darauf, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte treuwidrig und daher als unzulässige Rechtsausübung nicht zu berücksichtigen sei.
7Wie der Kläger selbst auf Seite 3 der Zulassungsbegründung ausführt, kann die Geltendmachung der Einrede der Verjährung (nur) unter besonderen Umständen des Einzelfalls Falles als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das aber angesichts der Umstände des Einzelfalls die Einrede der Verjährung deshalb als treuwidrig erscheinen lässt, weil der Beamte veranlasst worden ist, verjährungsunterbrechende oder verjährungshemmende Schritte zu unterlassen.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26/14 -; Beschluss vom 20. Januar 2014 - 2 B 6.14 -, juris, und Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 -, ZBR 2006, 347; OVG NRW, Beschlüsse vom 16, Januar 2015 – 6 A 2075/13 -; 18. Dezember 2014 - 6 A 1497/13 u.a. - m.w.N; 30. April 2014 - 1 A 21/14 -, juris, und vom 18. März 2014 - 6 A 1234/13 -, jeweils juris.
9Solche besonderen Umstände zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Es beschränkt sich darauf, dass der Kläger sich seinerzeit darauf verlassen habe, dass die Einleitung verjährungshemmender Schritte sei nicht erforderlich, weil der Dienstherr eine Erklärung verbreitet habe, nach der nicht jeder einzelne Feuerwehrbeamte eine Klage erheben müsse. Dieser Vortrag ist zu unsubstantiiert, um die Feststellung des Verwaltungsgericht zu entkräften, ein die Einrede Verjährung ausschließendes qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten sei nicht ersichtlich. Ihm lässt sich nicht entnehmen, welchen Inhalt die Erklärung gehabt und wer sie zu welchem Zeitpunkt wem gegenüber getroffen haben soll. Ebenso wenig führt die in der Zulassungsbegründung angeführte innere Tatsache, dass der Kläger darauf vertraut habe, die Beklagte werde sich nicht auf den Eintritt der Verjährung berufen, zur Annahme eines qualifizierten Fehlverhaltens der Beklagten. Ihr können auch etwaige Erklärungen des Personalrats, wie sie vom Kläger geltend gemacht werden, nicht zugerechnet werden.
10Die allgemeine Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn schließlich nicht, Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten. Daher ist es ohne Belang, ob und inwieweit die Erklärungen der Beklagten vom 6. und 11. Januar 2006 gegenüber dem Personalrat der Beklagten und/oder den Feuerwehrbeamten insgesamt bekannt gemacht wurde. Diese Schreiben entfalten, wie bereits vom Verwaltungsgericht ausgeführt, nur gegenüber den namentlich darin benannten Feuerwehrbeamten rechtliche Wirkung. Gleiches gilt für die vom Kläger angeführten Unterschriftenlisten vom Dezember 2005. Weshalb diese „quasi stellvertretend für die gesamte Belegschaft“ rechtliche Wirkung entfalten könnten, legt die Zulassungsbegründung nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
11Soweit das Zulassungsvorbringen zur Begründung der Rechtsmissbräuchlichkeit der Verjährungseinrede schließlich auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der ausgeschiedenen Feuerwehrbeamten im Verhältnis zu den aktiven Feuerwehrbeamten abhebt, stellt es die vom Verwaltungsgericht angenommene sachliche Rechtfertigung nicht in Frage. Vergleichsgruppen bei der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 GG können nur die im räumlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten tätigen bzw. ausgeschiedenen Feuerwehrbeamten sein. Nur in Bezug auf diesen Personenkreis stellt sich die Frage, ob die Sicherung des Betriebsfriedens sowie die weiteren vom Verwaltungsgericht angeführten Umstände sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung darstellen.
12Angesichts des vorstehend Ausgeführten bedarf der Gleichbehandlungsanspruch entgegen der Auffassung des Klägers hier keiner weitergehenden Klärung in einem Berufungsverfahren. Es kann daher offen bleiben, ob mit diesem Einwand zugleich der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend gemacht ist.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
14Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
15Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern.
(2) Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners.
Tatbestand
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Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.
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Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.
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Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
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Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.
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Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen
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und
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die Anschlussrevision zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision der Beklagten zurückzuweisen
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und
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das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.
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In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).
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1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).
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Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).
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a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).
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Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).
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b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.
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Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).
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Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.
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Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.
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Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.
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c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.
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Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).
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2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.
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Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.
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Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).
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Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.
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3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).
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a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).
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Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.
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Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).
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Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).
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b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).
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Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.
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c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).
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Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.
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4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.
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a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.
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Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.
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b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.
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Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.
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c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).
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Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.
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5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.
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a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).
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Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).
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Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).
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b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).
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Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.
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§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547
), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.
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Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.
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Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.
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c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.
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Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.
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d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.
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Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).
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Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).
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Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.
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Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.
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6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.
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a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.
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Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).
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Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.
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b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.
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7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.
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Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.
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Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.
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8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.
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In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.
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9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).
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Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.
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Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.
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10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.
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Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO fristgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist nicht der Fall.
41. Aus den im Zulassungsverfahren vorgetragenen Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger könne einen finanziellen Ausgleich für die Zuvielarbeit, die er in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2005 über die zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistet habe, nicht verlangen. Ob und in welchem Umfang ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch bzw. ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch entstanden sei, bedürfe keiner abschließenden Klärung. Etwaige Ansprüche seien spätestens mit Ablauf des Jahres 2008 verjährt. Die beiden genannten Ansprüche unterlägen den allgemeinen Verjährungsregeln des nationalen Rechts und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche hätten der 30-jährigen Verjährungsfrist unterlegen, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden sei. Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginne die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Lauf der Verjährungsfrist werde durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Der Kläger habe erst am 1. April 2010 Widerspruch erhoben, so dass der Lauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt worden sei. Dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein die Zuvielarbeit betreffendes Verwaltungsverfahren einschließlich eines erhobenen Rechtsbehelfs stattgefunden habe, sei nicht erkennbar. Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei nicht treuwidrig. Es fehle bereits an einem Umstandsmoment. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass sie auf die Einrede der Verjährung verzichten werde.
7Diese Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
8Fehl geht die Annahme des Klägers, bezüglich des beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruchs sei nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB eine Hemmung der Verjährung durch einen, wie er behauptet, bereits im Jahr 2001 gestellten Antrag eingetreten.
9Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB wird die Verjährung gehemmt durch die Einreichung eines Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung der Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird. Der Lauf der Verjährungsfrist wird allerdings nur durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG bzw. § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gehemmt, nicht aber durch den (bloßen) Antrag des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn. Verjährungshemmende Wirkung hat nur das auf eine unmittelbar der Klage vorgeschaltete Entscheidung gerichtete Gesuch des Beamten. Dieses muss den eindeutigen Willen zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs gegenüber der Behörde erkennen lassen. Es muss auf eine nochmalige Überprüfung der Rechtslage gerichtet sein, um - auch im Interesse der Entlastung der Gerichte - zu vermeiden, dass die Behörde in unnötige Rechtsstreitigkeiten verwickelt wird. Diesem Zweck dient die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs (noch) nicht. Der Antrag des Beamten ist zunächst auf die Konkretisierung des sich aus dem Gesetz nur ergebenden abstrakten Anspruchs und damit auf eine Verwaltungsmaßnahme gerichtet, die sodann erst in dem der Entlastung der Gerichte dienenden förmlichen Vorverfahren nochmals zu überprüfen ist.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 B 27.10 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2013 - 4 B 51.09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. September 2014 - 4 S 1918/13 -, juris.
11Dem Zulassungsvorbringen sind auch keine tragfähigen Gründe dafür zu entnehmen, dass, wie der Kläger meint, die Berufung der Beklagten auf die Verjährung der in Rede stehenden Ansprüche treuwidrig ist.
12Der Dienstherr ist nicht nur berechtigt, sondern nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung regelmäßig auch verpflichtet, gegen Besoldungs- und Versorgungsansprüche die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Die Geltendmachung der Einrede kann jedoch unter besonderen Umständen des einzelnen Falles als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das aber angesichts der Umstände des Einzelfalls die Einrede der Verjährung deshalb als treuwidrig erscheinen lässt, weil der Beamte veranlasst worden ist, verjährungsunterbrechende oder ‑ nunmehr - verjährungshemmende Schritte zu unterlassen.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 2 B 6.14 -, juris, und Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 -, ZBR 2006, 347; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. April 2014 - 1 A 21/14 -, juris, und vom 18. März 2014 - 6 A 1234/13 -, juris.
14Solche besonderen Umstände zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Der Kläger ist durch das Verhalten der Beklagten nicht treuwidrig davon abgehalten worden, die streitgegenständlichen Ansprüche rechtzeitig - vor Ablauf der Verjährungsfrist - durch Widerspruch oder (Untätigkeits-)Klage geltend zu machen.
15Fehl geht der Einwand des Klägers, er habe aufgrund des Schreibens des seinerzeit amtierenden Stadtdirektors Kirchhoff vom 29. Dezember 2005 die begründete Erwartung haben dürfen, die Beklagte werde sich nicht auf die Verjährung berufen.
16In diesem an den Personalrat gerichteten Schreiben ist u.a. Folgendes ausgeführt:
17„Hinsichtlich Ihres Wunsches auf Verzicht der Einrede der Verjährung werde ich mich an den zu erwartenden Regelungen des Landesgesetzgebers und der zitierten Entscheidung des OVG orientieren müssen.
18Sollte der Gesetzgeber eine entsprechende Möglichkeit für die Vergangenheit einräumen, wird die Stadt C. auf die Einrede der Verjährung verzichten.“
19Der Empfänger dieses Schreibens - also der Personalrat, aber auch die von diesem über den Inhalt des Schreibens informierten Feuerwehrbeamten - hatte bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände keine Veranlassung zu der Annahme, es beinhalte einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht vielmehr festgestellt, dass die Beklagte hierdurch gerade keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung kundgetan habe, sondern diesen von weiteren in der Zukunft liegenden Umständen habe abhängig machen wollen.
20Der Kläger führt schließlich an, aufgrund der im Februar 2010 getroffenen Vereinbarungen zwischen der Beklagten und den seinerzeit noch im aktiven Dienst stehenden Beamten sei diesen (auch) für die in den Jahren 2003 bis 2005 geleistete Zuvielar-beit Freizeitausgleich gewährt worden. Hingegen sei den Beamten, die, wie er, zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten seien, die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für die genannten Jahre gleichheitswidrig vorenthalten worden. In Anbetracht des weiteren Inhalts der jeweiligen Vereinbarung verfängt indes auch dieser Einwand nicht. Insbesondere lässt der Kläger außer Acht, dass deren Gegenstand nicht allein die - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte - Gewährung eines Freizeitausgleichs für die Jahre 2003 bis 2005 war, sondern dass sich die im aktiven Dienst stehenden Beamten nach Nr. 4 Satz 1 der jeweiligen Vereinbarung im Gegenzug verpflichtet haben, eine „Erklärung zur Verlängerung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Schichtdienst auf wöchentlich 54 Stunden nach § 5 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Land Nordrhein-Westfalen (sogenannte Opt-Out-Regelung) bis längstens zum 31. Dezember 2015“ abzugeben.
212. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ebenfalls nicht.
22Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Auch diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Die aufgeworfene Frage,
23„ob der den beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben auslösende Antrag die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Ziffer 12 BGB hemmt“,
24ist nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts sowie der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres im oben dargestellten Sinn beantworten.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich bei der Streitwertfestsetzung an der bei Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit pro Stunde zu zahlenden Mehrarbeitsvergütung (vgl. § 4 Abs. 1 MVergV in der im streitgegenständlichen Zeitraum jeweils gültigen Fassung).
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Februar 2013 - 6 A 1122/09 -, juris, und Beschluss vom 1. März 2012- 6 A 3123/08 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
28Diese betrug für Beamte der Besoldungsgruppen A 9 BBesO bis A 12 BBesO in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. März 2004 15,47 Euro und in der Zeit vom 1. April 2004 bis 31. Dezember 2005 16,15 Euro. Soweit der Kläger den Umfang des begehrten Freizeitausgleichs nicht bestimmt hat, richtet sich der Senat nach dem Umfang der im relevanten Zeitraum geleisteten Zuvielarbeit.
29Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 6.524,54 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sich der Kläger gegen den klageabweisenden Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts wendet, hat keinen Erfolg.
3Insoweit ergeben sich aus den im Zulassungsverfahren innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
4Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
5Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei unbegründet, soweit der Kläger auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2002 einen finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrig zu viel geleistete Arbeit verlange. Hinsichtlich dieses Zeitraums seien die Ansprüche des Klägers verjährt. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch unterliege wie auch der nationalstaatliche Ausgleichsanspruch den Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 gelte die regelmäßige Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche hätten der 30-jährigen Verjährungsfrist unterlegen, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tag beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abgekürzt worden sei. Für die monatsweise entstandenen Ansprüche habe die Frist gemäß § 199 Abs. 1 BGB sodann mit dem Schluss des jeweiligen Jahres begonnen. Eine Hemmung der Verjährung sei gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB i.V.m. § 126 Abs. 3 BRRG erst mit der Erhebung des Widerspruchs am 29. März 2006 eingetreten. Ein bloßer Antrag auf Gewährung eines Ausgleichs habe keine den Lauf der Verjährungsfrist hemmende Wirkung. Die Beklagte habe weder auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet noch sei die Berufung auf die eingetretene Verjährung rechtsmissbräuchlich.
6Diese Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen.
7Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Lauf der Verjährungsfrist erst durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt wird,
8vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 u.a. -, juris; OVG NRW, Urteil vom 19. Februar 2013 - 6 A 1122/09 -, juris,
9nicht aber durch einen bloßen Antrag des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn.
10Ob die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts in der im Verfahren 3 K 4394/10 am 31. Oktober 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung, wie der Kläger anführt, einen gegenteiligen Standpunkt vertreten und die Beklagte diesen Standpunkt „akzeptiert“ hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Dies kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Kläger im Jahr 2001 einen Antrag auf Freizeitausgleich gestellt hat oder ob die Beklagte im Jahr 2001 in einem Aushang darauf verzichtet hat, dass alle Feuerwehrbeamten einen solchen Antrag stellten.
11Eine Hemmung der Verjährung ist auch nicht, wie der Kläger meint, durch Verhandlungen der Beteiligten gemäß § 203 Satz 1 BGB eingetreten. Nach dieser Vorschrift ist, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.
12Zwar folgt aus der Geltung der allgemeinen Verjährungsregelungen des BGB, dass auch die Bestimmung des § 203 Satz 1 BGB auf die geltend gemachten Ansprüche Anwendung findet,
13vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 2 B 2.14 -, juris, Rn. 8.
14Ihre Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
15Verhandlungen i.S.v. § 203 Satz 1 BGB schweben, wenn ein Beteiligter eine Erklärung abgibt, die der anderen Seite die Annahme gestattet, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Eine Behörde tritt nicht bereits dann in Verhandlungen über einen öffentlich-rechtlichen Anspruch ein, wenn sie eine Erklärung über die Geltendmachung des Anspruchs entgegennimmt und dem Erklärenden den Eingang und den weiteren Gang des Verfahrens mitteilt. Ein derartiges Verhalten kann bei einem verständigen Erklärenden nicht die Erwartung entstehen lassen, die Behörde sei bereit, in einem Meinungsaustausch über Grund und Höhe des Anspruchs mit sich reden zu lassen.
16Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 2 B 6.14 -, juris, Rn. 6 m.w.N. aus der BGH-Rechtsprechung, Rn. 7.
17Hiervon ausgehend haben zwischen den Beteiligten keine Verhandlungen über die noch streitgegenständlichen Ansprüche oder die diese Ansprüche begründenden Umstände geschwebt, die deren Verjährung hätten hemmen können. Insbesondere kann das die „Anerkennung von Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit“ betreffende Schreiben der Beklagten vom 28. Juni 2001 - ungeachtet des Umstandes, dass dieses schon nicht an den Kläger gerichtet worden ist - bei objektiver Betrachtung nicht, wie der Kläger meint, als Aufnahme von Verhandlungen gewertet werden.
18Die Beklagte hat mit diesem Schreiben bezüglich der ihr vorliegenden Anträge auf Anerkennung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit mitgeteilt, dass die EU-Kommission zusammen mit dem Bundesarbeits- und dem Bundesinnenministerium derzeit die Umsetzbarkeit des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 30. Oktober 2000 - C-303/98 - zur Qualifizierung von Bereitschaftsdiensten als Arbeitszeit prüfe und die genannten Ministerien sowie das Landesinnenministerium aufgrund des Beratungsstandes keinen Zwang zur derzeitigen Umsetzung des Urteils sähen. Aus diesem Grund könne noch kein rechtsmittelfähiger Bescheid ergehen. Der Empfänger des Schreibens erhalte jedoch unaufgefordert Bescheid, sobald eine entsprechende Information vorliege. Die Beklagte hat mit dem Schreiben dem jeweiligen Adressaten lediglich erläutert, aus welchen Gründen sein Antrag noch nicht beschieden werden kann, und ihn über den weiteren Gang des Verfahrens informiert. Sie hat durch das Schreiben nicht den Eindruck erweckt, sich auf eine Verhandlungslösung zu Grund und Höhe etwaiger Ansprüche einzulassen, sondern sich vielmehr jeder Äußerung hierzu enthalten.
19Die darüber hinaus als Teil der Verhandlungen vom Kläger angeführten Äußerungen des Beigeordneten T. auf einer Informationsveranstaltung am 22. Dezember 2006 waren schon wegen des zwischenzeitlichen Ablaufs der Verjährungsfrist nicht geeignet, eine Hemmung des Laufs dieser Frist zu bewirken. Die hier allein noch streitbefangenen - die Jahre 2001 und 2002 betreffenden Ansprüche - waren gemäß § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB bereits mit Ablauf des Jahres 2004 bzw. 2005 verjährt.
20Die Äußerungen wären im Übrigen - selbst wenn sie entgegen den Angaben der Beklagten tatsächlich die durch den Kläger geltend gemachten Ansprüche betroffen haben sollten - auch inhaltlich nicht geeignet, als Teil schwebender Verhandlungen im oben genannten Sinne zu gelten. Nach dem Vorbringen des Klägers sicherte der Beigeordnete T. auf der Informationsveranstaltung am 22. Dezember 2006 lediglich zu, dass die Beklagte „die Bezahlung der geleisteten Mehrarbeit leisten werde, sobald hierfür eine gesetzliche Basis geschaffen wurde, welche die Stadt M. hierzu legitimiert“. Einer solchen Bemerkung ist lediglich die Bereitschaft zu entnehmen, Zahlungen für geleistete “Mehrarbeit“ zu gewähren, falls dafür eine Rechtsgrundlage bestehe, nicht aber die Erklärung, die Beklagte lasse sich unabhängig hiervon auf Erörterungen, geschweige denn auf Verhandlungen über die Berechtigung geltend gemachter Ansprüche oder deren Höhe ein. Erst recht lag hierin kein Anerkenntnis einer etwa bestehenden Zahlungsverpflichtung der Beklagten.
21Der Kläger macht ferner ohne Erfolg geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte durch ihr auf eine Verhandlungslösung zielendes Verhalten auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe.
22Zwar kann der Verzicht auf die Einrede der Verjährung auch konkludent erklärt werden. Die Annahme des Klägers, die Beklagte habe durch ihr auf eine Verhandlungslösung zielendes Verhalten konkludent auf die Einrede der Verjährung verzichtet, geht jedoch fehl, weil ein solches Verhalten nicht festzustellen ist. Es kann aus den dargestellten Gründen weder in dem Schreiben der Beklagten vom 28. Juni 2001 noch in den Äußerungen des Beigeordneten T. am 22. Dezember 2006 gesehen werden. Auch das sonstige Vorgehen der Beklagten lässt bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände nicht darauf schließen, dass sie eine Verhandlungslösung anstrebte. Denn es beschränkte sich im Kern auf die Mitteilung, dass zunächst die weitere Rechtsprechung abgewartet werden solle. Dies gilt sowohl für die Mitteilung der Beklagten vom 30. August 2006 zu dem im März 2006 erhobenen Widerspruch des Klägers, mit der sie um Geduld bat, da vor einer Entscheidung über den Widerspruch noch ein durch die Stadt L. angestrengtes Musterklageverfahren abgewartet werden sollte, als auch für den vorgelegten Aushang vom 24. September 2009, in dem sie zu den geltend gemachten Ansprüchen auf Freizeitausgleich mitteilte, dass insgesamt 88 Feuerwehrbeamte einen solchen Antrag gestellt hätten, und um Geduld bat, da vor einer Bearbeitung erst noch eine weitere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abgewartet werden sollte. Auch in dem vorgelegten Aushang vom 5. Mai 2011 bestätigte sie lediglich den Eingang der im Jahr 2010 erhobenen „Leistungswidersprüche“ der Feuerwehrbeamten und wies im Übrigen darauf hin, Auszahlungen des Freizeitausgleichs zurückstellen und vor einer Gesamtprüfung der Ansprüche die höchstrichterliche Rechtsprechung abwarten zu wollen.
23Einen konkludenten Verzicht, sich auf die inzwischen eingetretene Verjährung der geltend gemachten Ansprüche zu berufen, hat die Beklagte schließlich nicht in dem Aushang vom 30. September 2011 erklärt. Auch darin teilte sie nur mit, dass sie die Ansprüche nun ermitteln, die Abgeltung prüfen und die Mitarbeiter sodann informieren werde.
24Im Übrigen hat der Kläger selbst das Verhalten der Beklagten tatsächlich auch nicht dahin verstanden, dass sie darauf verzichte, sich auf die Verjährung zu berufen. Sowohl in dem vorformulierten Antragsschreiben vom 30. Dezember 2005 als auch in dem Widerspruchsschreiben vom 28. März 2006 sowie in dem weiteren Widerspruchsschreiben vom 13. Dezember 2010 wurde die Beklagte im Gegenteil jeweils ausdrücklich darum gebeten, u.a. hinsichtlich der die Jahre 2001 und 2002 betreffenden Ansprüche auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
25Der Einwand des Klägers, nach den von ihm dargestellten Umständen sei es rechtsmissbräuchlich, dass sich die Beklagte auf die Verjährung der Ansprüche für den noch streitbefangenen Zeitraum berufe, weckt ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochten Entscheidung.
26Die Beklagte ist nicht nur berechtigt, sondern nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung (vgl. § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW) regelmäßig auch verpflichtet, die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Die Geltendmachung der Einrede kann jedoch unter besonderen Umständen des einzelnen Falles als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das aber angesichts der Umstände des Einzelfalls die Einrede der Verjährung deshalb als treuwidrig erscheinen lässt, weil der Beamte veranlasst worden ist, verjährungsunterbrechende oder - nunmehr - verjährungshemmende Schritte zu unterlassen.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 -, juris, Rn. 23.
28Solche besonderen Umstände zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Der Kläger ist durch das Verhalten der Beklagten nicht treuwidrig davon abgehalten worden, die streitgegenständlichen Ansprüche rechtzeitig - vor Ablauf der Verjährungsfrist - durch Widerspruch oder (Untätigkeits-) Klage geltend zu machen.
29Die Verjährungseinrede der Beklagten stellt auch nicht deshalb eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil die Beklagte mit Blick auf die anstehende Klärung der Rechtslage durch den EuGH und das Bundesverwaltungsgericht zunächst nicht über die geltend gemachten Ansprüche auf Freizeitausgleich entschieden hat. Verfehlt ist schließlich die Annahme des Klägers, der Beklagten sei es verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen, weil sie aufgrund ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen sei, ihn „spätestens ab 2004“ auf den drohenden Verjährungseintritt hinzuweisen, und dies versäumt habe. Ein solches Versäumnis kann der Beklagten schon deshalb nicht vorgehalten werden, weil die Verjährungsproblematik seinerzeit ebenfalls noch nicht abschließend geklärt war.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG in der bis zum 1. August 2013 geltenden Fassung (§ 71 Abs. 1 Satz 1 GKG).
31Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird auch der klageabweisende Teil des angefochtenen Urteils rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.