Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. Dez. 2018 - 6 A 2083/15
Tenor
Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat.
Die aufrechterhaltene Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger steht als Feuerwehrbeamter im Dienst der Beklagten. Er begehrt finanziellen Ausgleich für über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst.
3Zur Ableistung von mehr als 48 Wochenstunden hatte sich der Kläger gegenüber der Beklagten - wie alle von ihr im 24-Stunden-Schichtdienst eingesetzten Feuerwehrbeamten - durch schriftliche Erklärung vom 18. Dezember 2006 (Opt-Out-Erklärung) bereit erklärt. Diese lautet wie folgt: „Die Neufassung der 'Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu)' vom 01.09.2006 begrenzt ab 01.01.2007 die Arbeitszeit unter Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes auf einen Jahresdurchschnitt von 48 Stunden wöchentlich. Erhöhte Arbeitszeiten können unter den Voraussetzungen des § 5 AZVOFeu freiwillig geleistet werden. In Kenntnis und auf der Grundlage dieser neuen Rechtsvorschriften erkläre ich mich hiermit bereit, ab dem 01.01.2007 eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Schichtdienst von wöchentlich 54 Stunden zu leisten. Hierzu bin ich allerdings nur unter der Bedingung bereit, dass mir unter dem Vorbehalt der rechtlichen Regelung durch das Land NRW für die zu leistenden Zusatzstunden ab dem 01.01.2007 für jede tatsächlich geleistete 24-Stun-den-Schicht eine Pauschale neben der Besoldung gezahlt wird. Ich wurde darüber informiert, dass ich diese Erklärung zum Ablauf des Kalenderjahres mit einer Frist von drei Monaten widerrufen kann und dass dieser Widerspruch zur Rechtssicherheit schriftlich erfolgen sollte.“
4Die vom Kläger geleistete Mehrarbeit wurde auf der Grundlage des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 (im Folgenden: Zulagengesetz NRW) mit einer Pauschale von 20 Euro je 24-Stunden-Schicht vergütet.
5Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30. Juli 2013 widerrief der Kläger seine Erklärung zur individuellen Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum 31. Dezember 2013, und beantragte, die geleistete Mehrarbeit über die Pauschale von 20 Euro hinaus zu vergüten sowie die geleisteten Zahlungen hierauf anzurechnen. Zur Begründung machte er im Kern geltend, durch die gezahlten Bezüge seien seine Besoldungsansprüche nicht hinreichend abgegolten. Er habe von Januar 2010 an durchgängig mehr als 48 Wochenstunden Dienst geleistet. Dies verstoße gegen Art. 6 lit. b) RL 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie), weshalb er einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch gegen den Dienstherrn habe. Der Anspruch sei nicht durch seine schriftlich abgegebene Erklärung zur Mehrarbeit ausgeschlossen. Denn Art. 6 der Arbeitszeitrichtlinie stelle eine besonders wichtige Regel des Sozialrechts der Union dar, die weder zur Disposition des Dienstherrn noch zur Disposition des Arbeitnehmers stehe. Die Geltendmachung des Anspruchs verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, denn er habe keine Verzichtserklärung abgegeben.
6Zum Ablauf des 31. Dezember 2013 kündigte die Beklagte alle Opt-Out-Vereinbarungen mit den Feuerwehrbeamten. Seither verrichten die bei ihr tätigen Feuerwehrleute ihren Dienst in 24-Stunden-Schichten bei einer - auf den Jahreszeitraum bezogenen - durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden.
7Nachdem eine schriftliche Bescheidung seines Zahlungsantrags nicht erfolgte und eine Sachstandsanfrage des Prozessbevollmächtigten erfolglos blieb, hat der Kläger am 17. Dezember 2013 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, bis zum 30. Juni 2014 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
8Zur Begründung der Klage hat der Kläger unter Vorlage eines Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Frank-Rüdiger K. zur Verfassungsmäßigkeit der Opt-Out-Rege-lung in Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen vorgetragen: Die Regelungen der AZVOFeu widersprächen den Umsetzungsvorgaben der Arbeitszeitrichtlinie. Weder § 5 AZVOFeu noch die Opt-Out-Erklärung enthielten die erforderliche zeitliche Begrenzung und die Festlegung auf einen Bezugszeitraum für die freiwillig zu leistende Mehrarbeit. Auch liege ein Verstoß gegen die Nachteilsklausel vor. Außerdem seien § 5 AZVOFeu sowie die getroffene Opt-Out-Vereinbarung mit dem Transparenzgebot, dem Gebot der Normenklarheit und dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht vereinbar. Da § 5 AZVOFeu europarechtswidrig sei, fehle es an einer Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 1 Zulagengesetz NRW, der die Pauschalzahlung von 20 Euro vorsehe. Darüber hinaus sei das Gesetz verfassungswidrig. Mangels anderer gesetzlicher Bestimmung stehe ihm, dem Kläger, ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich zu. Die vorformulierte Opt-Out-Erklärung sei nach den §§ 305 ff. BGB analog unwirksam, weil sie dem hiernach geltenden Bestimmtheitserfordernis nicht genüge.
9Der Kläger hat beantragt,
10die Beklagte zu verpflichten, an ihn für in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst 8.508,14 Euro zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung hat sie ausgeführt: Es liege kein Verstoß gegen die in Art. 6 lit. b) RL 2003/88/EG festgesetzte wöchentliche Höchstarbeitszeit vor, weil der Kläger sich im Sinne des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG bereit erklärt habe, eine durchschnittliche Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Schichtdienst von wöchentlich 54 Stunden zu leisten. Bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durch Anpassung der Bestimmungen der AZVOFeu sei das erforderliche Personal für eine flächendeckende Einführung der 48-Stunden-Woche kurzfristig nicht verfügbar gewesen, so dass auf das Mittel der Opt-Out-Erklärungen zurückgegriffen worden sei. Dies habe auch der Interessenlage der Feuerwehrbeamten entsprochen. Die vom Kläger abgegebene Opt-Out-Erklärung sei auch wirksam. Das Recht der AGB sei dem Beamtenrecht wesensfremd und daher nicht entsprechend anwendbar. Für die Frage der Wirksamkeit der Erklärung sei auch nicht relevant, ob das Zulagengesetz NRW verfassungswidrig sei. Der Kläger hätte zudem die Pflicht gehabt, einen etwaigen Schaden zu mindern. Er habe jedoch - obwohl ihm alle Tatsachen bekannt gewesen seien - zunächst sechs Jahre lang abgewartet und erst mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Juli 2013 die Arbeitszeiten bzw. die Bezahlung gerügt und die Opt-Out-Erklärung widerrufen.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 21. August 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger stehe weder ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch noch ein nationaler beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Es könne offen bleiben, ob die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehenden Dienste mit Europarecht und nationalem Recht vereinbar seien. Das Verlangen des Klägers nach einem über die pauschale Zulage hinausgehenden finanziellen Ausgleich verstoße gegen Treu und Glauben. Dem Kläger sei nicht die Ableistung zusätzlicher Dienste aufgezwungen worden, sondern er habe sich freiwillig und in Kenntnis der ausnahmsweisen Abweichung von der grundsätzlich geltenden Höchstarbeitszeit mit der Opt-Out-Vereinbarung dazu bereiterklärt. Von der ihm eingeräumten Widerrufsmöglichkeit habe er mehr als sechs Jahre lang keinen Gebrauch gemacht. Sein Verhalten habe die Beklagte nur so verstehen können, dass er keine Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit seiner Erklärung und die Höhe der Zulage hatte. Die Beklagte habe im Vertrauen darauf Organisationsmaßnahmen unterlassen, die es ihr ermöglicht hätten, für den Kläger ‑ abweichend von den übrigen Feuerwehrbeamten - eine 48-Stunden-Woche umzusetzen.
15Auf Antrag des Klägers hat der Senat durch Beschluss vom 26. April 2018 die Berufung zugelassen, soweit der Kläger finanziellen Ausgleich für Zuvielarbeit für die Zeit ab dem 1. August 2013 begehrt. Für den davor liegenden Zeitraum scheitere der Ausgleichsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit an der fehlenden schriftlichen Geltendmachung.
16Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor: Es bestünden Zweifel an der beschränkten Zulassung der Berufung, weil nicht erkennbar sei, dass der Senat den Schriftsatz vom 19. April 2018 und damit die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom selben Tag zur Kenntnis genommen und gewürdigt habe. Es habe keiner vorherigen Geltendmachung bei der Beklagten bedurft, weil sich die Ansprüche auf Abgeltung unmittelbar aus dem Gesetz ergäben. Der Dienstherr habe die Dienstpläne erstellt und damit konkludent Mehrarbeit verfügt. Auch die Voraussetzungen für die finanzielle Abgeltung von Zuvielarbeit seien gegeben. Es liege ein Verstoß gegen Art. 22 Abs. 1 lit. b) RL 2003/88/EG vor. Die Beklagte habe die zur Umsetzung dieser Bestimmung erlassene Rechtsverordnung und das Zulagengesetz NRW angewendet, obwohl für sie die unzureichende Umsetzung des Nachteilsverbots erkennbar gewesen sei. Überdies habe sie dem Kläger und den anderen Feuerwehrbeamten Nachteile angedroht. Diese hätten nur unter einem Gruppendruck, Ankündigung eines subjektiv unangenehmen 8-Stunden-Dienstes oder von Zwangsversetzungen die Opt-Out-Vereinbarungen unterzeichnet. Dies werde durch die eidesstattlichen Erklärungen der Feuerwehrbeamten I. und D. bestätigt.
17Der Kläger hat in der Berufungsschrift den Antrag angekündigt,
18die Beklagte zu verpflichten, an ihn für in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst 8.508,14 Euro zu zahlen,
19hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, an ihn für in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2013 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst 1.167,50 Euro zu zahlen.
20In der mündlichen Verhandlung hat er die Berufung in Bezug auf den Hauptantrag zurückgenommen und - nach einer Neuberechnung auf der Grundlage des Dienstplans für das Jahr 2013 - beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern
22und die Beklagte zu verpflichten, an ihn für in der Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2013 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst 1.377,31 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
23Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Zur Begründung führt sie aus: Ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht als Voraussetzung für den unionsrechtlichen Haftungsanspruch liege nicht vor. Das Land Nordrhein-Westfalen habe, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Regelungen in Sachsen und Brandenburg ableiten lasse, die RL 2003/88/EG im Hinblick auf das Nachteilsverbot zutreffend umgesetzt. Auch sie, die Beklagte, habe dagegen nicht verstoßen. Das Freiwilligkeitsprinzip werde schon dadurch gewährleistet, dass der Feuerwehrbeamte seine Opt-Out-Erklärung mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres ohne weiteres widerrufen könne. Das Vorbringen des Klägers, ihm oder seinen Kollegen seien Nachteile angedroht worden, sei unsubstantiiert. Dass in zeitlicher Hinsicht kein Druck aufgebaut worden sei, zeigten die verschiedenen Daten der Unterzeichnung der Opt-Out-Vereinbarungen - selbst bei Beamten aus einer Feuerwache. Auch seien verschiedentlich handschriftliche Zusätze der Beamten erfolgt. Die Beklagte habe nicht geäußert, dass die Beamten, die keine Erklärung unterschrieben, auf eine separate Wache versetzt oder andere persönliche Nachteile erfahren würden. Es seien lediglich in den zahlreichen Diskussionen verschiedene Optionen und Arbeitszeitmodelle erörtert worden, allerdings mit dem Hinweis, dass noch keine abschließenden Aussagen dazu getroffen werden könnten. Die Feuerwehrbeamten bevorzugten den 24-Stunden-Dienst und seien mit der Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit im Wege des Opt-Out-Modells einverstanden gewesen, weshalb es der behaupteten Drohungen auch nicht bedurft habe; im Zentrum der Diskussion habe die Zahlung einer Zulage gestanden. Die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen seien unergiebig, weil die Ruhestandsbeamten I. und D. auf einer anderen Feuerwache tätig gewesen seien. Auch hege Herr I. aus anderen Gründen einen Groll gegen die Beklagte. Die geplante Umsetzung des Herrn D. , die wegen dessen Erkrankung nicht durchgeführt worden sei, habe nichts mit den Opt-Out-Vereinbarungen zu tun gehabt.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen.
29Die Berufung des Klägers, die sich auf einen finanziellen Ausgleich für den ‑ allein von der Berufungszulassung umfassten - Zeitraum vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2013 bezieht, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für über 48 Wochenstunden hinaus geleistete Dienste.
30Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
31I. Statthafte Klageart ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO die Verpflichtungsklage. Anders als bei der (Grund-)Besoldung, welche sich in der Höhe unmittelbar aus dem Gesetz ablesen lässt - und deshalb mit der allgemeinen Leistungsklage erstritten werden kann -, bedarf es bei der Gewährung eines finanziellen Ausgleichs wegen Zuvielarbeit einer vorherigen Regelung durch die Verwaltung, der Außenwirkung zukommt.
32Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. April 2018 - 6 A 1421/16 -, NWVBl. 2018, 366 = juris Rn. 22, und vom 7. Mai 2009 - 1 A 2655/07 -, juris Rn. 28, m. w. N.; a. A. Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 - 3 BV 15.2492 -, juris Rn. 19; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 1. Juli 2015 - 6 B 23.15 -, IÖD 2015, 222 = juris Rn. 14 f.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17. Juni 2014 - 4 S 169/13 -, juris Rn. 21.
33Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Die Beklagte hat über den Antrag auf Gewährung eines finanziellen Ausgleichs ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden, § 75 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat, nachdem eine Bescheidung seines Antrags vom 30. Juli 2013 trotz Erinnerung nicht erfolgt ist, nach Ablauf von drei Monaten im Dezember 2013 Klage erhoben, § 75 Satz 2 VwGO.
34II. Die Verpflichtungsklage ist aber unbegründet. Der Kläger kann nicht die Verpflichtung der Beklagten beanspruchen, ihm einen Ausgleich für über 48 Wochenstunden hinaus geleisteten Dienst zu gewähren, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Ihm steht weder eine Mehrarbeitsvergütung (1.) noch ein unionsrechtlicher Schadensersatzanspruch (2.) oder ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch (3.) zu.
351. Der Kläger hat keinen Vergütungsanspruch gemäß § 61 Abs. 1 LBG NRW, weil die über 48 Stunden hinausgehenden Dienste keine Mehrarbeit sind.
36Nach dieser Bestimmung ist der Beamte verpflichtet, ohne Entschädigung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern (Satz 1). Wird er durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, so ist ihm innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren (Satz 2). Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, so können gemäß § 61 Abs. 2 LBG NRW an ihrer Stelle Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern für einen Zeitraum von längstens 480 Stunden im Jahr eine Mehrarbeitsvergütung verlangen.
37Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Arbeitszeit von 54 Stunden ist ‑ ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit - regelmäßige Arbeitszeit und damit keine Mehrarbeit.
38Mehrarbeit ist der Dienst, den der einer Arbeitszeitregelung unterliegende Beamte aufgrund dienstlicher Anordnung oder Genehmigung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus - d. h. nicht im Rahmen des normalen Arbeitsumfangs - verrichtet. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Der Dienstherr entscheidet ferner über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit im Einzelfall nach Ermessen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach dienst-lichen Notwendigkeiten ausnahmsweise Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll. Auch daraus folgt, dass die regelmäßige Arbeitszeit nicht zugleich Mehrarbeit sein kann. Dies zugrunde gelegt, ist eine rechtswidrig zu hoch festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit keine Mehrarbeit im Sinne der genannten Vorschriften. Etwaige Ausgleichsansprüche können sich insoweit allenfalls unter dem Aspekt rechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch oder dem beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch ergeben.
39Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 19. April 2018 - 2 C 40.17 -, NVwZ 2018, 1314 = juris Rn. 13 f.; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2018 ‑ 6 A 1421/16 -, a. a. O., Rn. 34 ff., jeweils m. w. N.
40Nach § 2 Abs. 1 der - auf der Grundlage des § 60 Abs. 3 LBG NRW erlassenen - Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Lande Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung Feuerwehr - AZVOFeu) vom 1. September 2006 (GV. NRW. S. 441) beträgt die regelmäßige Arbeitszeit der Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes, die ‑ wie der Kläger - in Schichten Dienst leisten, ab dem 1. Januar 2007 unter Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes wöchentlich im Jahresdurchschnitt 48 Stunden. Mit der Festsetzung hat das Land Nordrhein-Westfalen die Vorgaben des Art. 6 lit. b) der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2013 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299/9, im Folgenden: RL 2003/88/EG) umgesetzt. Danach treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet.
41Nicht jede über diese Vorgaben hinausgehende Arbeitszeit ist Mehrarbeit. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden ist im Streitfall vielmehr durch den in Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG, § 5 AZVOFeu vorgesehenen Abschluss einer Individualvereinbarung auf 54 Stunden erweitert worden. Nach diesen Bestimmungen kann über eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt von 48 Stunden hinaus Schichtdienst als durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer sich dazu bereit erklärt und die weiteren dort genannten Voraussetzungen vorliegen. § 5 Abs. 1 AZVOFeu spricht auch bei dieser erhöhten Arbeitszeit von „regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit“. In der Begründung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen zum Verordnungsentwurf heißt es zur Wortwahl, damit werde keine Arbeitsleistung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus erbracht, so dass unabhängig von der Frage einer Anordnung oder Genehmigung durch den Dienstherrn schon deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen der Mehrarbeit nicht gegeben seien (Entwurf der AZVOFeu Stand 5. Januar 2006, Beiakte 2, Bl. 115). In der vom Kläger unterzeichneten „Erklärung gegenüber dem Dienstherrn zur individuellen Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst“ vom 18. Dezember 2006 erklärt dieser sich dementsprechend bereit, „eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Schichtdienst von wöchentlich 54 Stunden zu leisten“. Ob diese Erklärung rechtmäßig ist, ist für die Frage, ob es sich um regelmäßige Arbeitszeit oder Mehrarbeit handelt, aus den oben ausgeführten Gründen ohne Bedeutung. Entscheidend ist, dass mit ihr ausdrücklich, wie in § 5 Abs. 1 AZVOFeu vorgesehen, eine „regelmäßige Arbeitszeit“ vereinbart wird. Ferner ist eine Ermessensentscheidung der Beklagten, die gerade auf die ausnahmsweise Anordnung von Mehrarbeit im Einzelfall des Klägers gerichtet ist, angesichts der für alle Feuerwehrbeamten bei der Beklagten einheitlich vorbereiteten Opt-Out-Erklärungen nicht ersichtlich. Vielmehr kommt allenfalls eine unionsrechtswidrig allgemein zu hoch angesetzte Arbeitszeit in Betracht.
422. Dem Kläger steht kein unionsrechtlicher Haftungsanspruch zu.
43Es kann offen bleiben, ob der Kläger für den Monat August 2013 schon deshalb keinen finanziellen Ausgleich beanspruchen kann, weil es an der erforderlichen schriftlichen Geltendmachung vor dem Beginn dieses Monats fehlt.
44Vgl. dazu zuletzt BVerwG, Urteil vom 19. April 2018 - 2 C 40.17 -, a. a. O., Rn. 25 ff.; OVG NRW, Urteil vom 8. November 2018 - 6 A 9/16 -, juris Rn. 25 ff., jeweils m. w. N.
45Dies wäre der Fall, wenn seine Rüge vom 30. Juli 2013 erst - wie sich aus dem Eingangsstempel auf dem an den Oberbürgermeister adressierten Schreiben im Verwaltungsvorgang ergibt - am 1. August 2013 (Donnerstag) bei der Beklagten eingegangen wäre. Allerdings hat der Kläger ein weiteres Schreiben gleichen Inhalts und Datums, adressiert an das Hauptamt, zur Gerichtsakte gereicht, bei dem sich aus der Faxzeile die Übersendung an die Beklagte bereits am 30. Juli 2013 ergibt. Insoweit bedarf es keiner weiteren Klärung, da die Voraussetzungen für den unionsrechtlichen Haftungsanspruch für den gesamten Zeitraum nicht erfüllt sind.
46Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht bei Verstößen gegen das Unionsrecht dann ein Entschädigungsanspruch, wenn die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an den Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen die Norm hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.
47Vgl. EuGH, Urteile vom 26. Januar 2010 - C-118/08 (Transportes Urbanos y Servicios Generales) -, Slg. 2010, I-635 = juris Rn. 30, und vom 25. November 2010 - C-429/09 (Fuß II) -, Slg. 2010, I-12167 = juris Rn. 47.
48Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Kläger kann die Beklagte weder wegen Verstoßes der AZVOFeu gegen die RL 2003/88/EG (a.) noch wegen einer Überschreitung der unionsrechtlich zulässigen Höchstarbeitszeit im konkreten Einzelfall (b.) in Haftung nehmen.
49a. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch lässt sich nicht damit begründen, die Beklagte habe unionsrechtswidrige Vorschriften der AZVOFeu angewendet, obwohl für sie erkennbar gewesen wäre, dass diese Bestimmungen die Vorgaben der RL 2003/88/EG nur unzureichend umsetzten.
50Einer Stadt als Dienstherrin kommunaler Feuerwehrbeamter ist die Anwendung von mit Unionsrecht unvereinbarem Landesrecht anzulasten, sofern für sie klar erkennbar war, dass die landesrechtliche Umsetzung unzulänglich war. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts, der für alle Träger der Verwaltung einschließlich der Gebietskörperschaften gilt,
51vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 (Fuß II) -, a. a. O., Rn. 39 f.,
52besteht in einem solchen Fall der unionsrechtliche Haftungsanspruch auch gegenüber der Kommune als Dienstherrin.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 -, DVBl. 2018, 248 = juris Rn. 42; von der Weiden, jurisPR-BVerwG 9/2018, Anm. 4.
54Der Kläger kann sich auf die RL 2003/88/EG berufen (aa.). Es kann offen bleiben, ob die AZVOFeu diese Richtlinie vollständig und zutreffend umsetzt (bb.). Jedenfalls liegt kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht im Sinne des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs vor (cc.).
55aa. Der Kläger kann sich auf die RL 2003/88/EG berufen, da sie auch für Feuerwehrbeamte gilt und unmittelbare Anwendung findet.
56Arbeitnehmer im Sinne dieser Richtlinie, die nach ihrem Art. 1 Abs. 3 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche gilt und deren Anwendungsbereich nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu verstehen ist, sind auch Feuerwehrbeamte.
57Vgl. dazu EuGH, Urteile vom 3. Mai 2012 - C-337/10 -, NVwZ 2012, 688 = juris Rn. 19 ff., und vom 14. Oktober 2010 - C-243/09 (Fuß I) -, Slg. 2010, I-9849 = juris Rn. 44, Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04 (Personalrat der Feuerwehr Hamburg) -, Slg. 2005, I-7111 = juris Rn. 36 ff., sowie Urteil vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a. (Pfeiffer) -, Slg. 2004, I-8835 = juris Rn. 47 ff.; OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2009 - 1 A 2655/07 -, a. a. O., Rn. 63 ff., und vom 18. August 2005 - 1 A 2722/04 -, NWVBl. 2006, 263 = juris Rn. 44 ff.
58Art. 6 lit. b) RL 2003/88/EG kann ebenso wie - der eine Ausnahme davon zulassende - Art. 22 Abs. 1 lit. a) und b) RL 2003/88/EG unmittelbar angewendet werden.
59Diese Vorgaben verleihen dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 RL 1993/104/EG in das Arbeitszeitrecht unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann.
60Vgl. EuGH, Urteile vom 14. Oktober 2010 - C-243/09 (Fuß I) -, a. a. O., Rn. 56 ff., und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 (Pfeiffer) -, a. a. O., Rn. 103 ff.; BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2017 ‑ 2 C 31.16 -, a. a. O., Rn. 11; OVG NRW, Urteile vom 7. Mai 2009 - 1 A 2655/07 -, a. a. O., Rn. 73 ff., und vom 18. August 2005 - 1 A 2722/04 -, a. a. O., Rn. 55.
61bb. Ob die AZVOFeu Art. 6 lit. b) RL 2003/88/EG mit Blick auf das in Art. 22 Abs. 1 lit. b) RL 2003/88/EG geregelte Nachteilsverbot in jeder Hinsicht vollständig und zutreffend umsetzt, bedarf keiner Entscheidung.
62Gemäß Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG steht es den Mitgliedstaaten frei, Art. 6 lit. b) RL 2003/88/EG, in dem die zulässige Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden pro Siebentageszeitraum normiert wird, unter bestimmten Voraussetzungen nicht anzuwenden. Ein solches Opt-out ist nach Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG möglich, wenn die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer eingehalten werden und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür gesorgt wird, dass kein Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des in Art. 16 lit. b) RL 2003/88/EG genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn, der Arbeitnehmer ist freiwillig dazu bereit und ihm entstehen im Weigerungsfall keine Nachteile.
63Diese Vorgaben der RL 2003/88/EG hat der nordrhein-westfälische Verordnungsgeber in § 5 Abs. 1 AZVOFeu aufgegriffen. Darin heißt es: Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes kann über den Rahmen des § 2 Abs. 1 hinaus - der eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt von 48 Stunden vorsieht - Schichtdienst als durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit geleistet werden, wenn a) der Betroffene sich hierzu bereit erklärt, b) dem Beamten im Falle der Nichtbereitschaft zur Überschreitung der Regelarbeitszeit keine Nachteile entstehen und die weiteren unter c) bis e) genannten, an Art. 22 Abs. 1 lit. c) bis e) RL 2003/88/EG angelehnten Voraussetzungen vorliegen.
64Es kann offen bleiben, ob es unionsrechtskonform ist, dass der Verordnungsgeber in § 5 Abs. 1 AZVOFeu einen Bezugszeitraum für die Berechnung des Durchschnitts von 48 Stunden von einem Jahr genannt hat („Jahresdurchschnitt“). Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG verweist auf den „in Art. 16 Buchstabe b) RL 2003/88/EG genannten Bezugszeitraum“ von bis zu vier Monaten. Ob nur dieser Bezugszeitraum unionsrechtskonform ist oder, etwa mit Blick auf Art. 17 bis 19 RL 2003/88/EG, auch längere Bezugszeiträume zulässig sind,
65bejahend Europäische Kommission, Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG, ABl. 2017, C 165/1 (S. 54),
66ist in der Rechtsprechung bisher nicht geklärt. Weiter ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ungeklärt, ob das in § 5 Abs. 2 Satz 1 AZVOFeu geregelte Widerrufsrecht von Einwilligungserklärungen - zum Ablauf eines Kalenderjahres mit einer Frist von drei Monaten - den Anforderungen an die Freiwilligkeit nach Art. 22 Abs. 1 lit. a) RL 2003/88/EG genügt.
67Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 -, a. a. O., Rn. 34 ff.
68cc. Diese Fragen können offen bleiben, weil hinsichtlich der Umsetzung von Art. 22 Abs. 1 lit. a) RL 2003/88/EG, was den Bezugszeitraum und die Anforderungen an den Widerruf von Einverständniserklärungen zur Zuvielarbeit angeht, kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht im Sinne des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs angenommen werden kann.
69So auch BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 -, a. a. O., Rn. 38 und 41; Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 - 3 BV 15.2492 -, a. a. O., Rn. 30 ff.
70Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist hinreichend qualifiziert, wenn der Mitgliedstaat sein Ermessen offenkundig und erheblich überschritten hat. Zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten gehören das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie der Umfang des Ermessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen Behörden belässt, die Frage, ob der Verstoß vorsätzlich oder nicht vorsätzlich begangen oder der Schaden vorsätzlich oder nicht vorsätzlich zugefügt wurde, sowie die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums. Der Begriff umfasst also bestimmte objektive und subjektive Elemente.
71Vgl. EuGH, Urteil vom 5. März 1998 - C-46/93 u.a. (Brasserie du pêcheur) -, Slg.1996, I-01029 = juris Rn. 56 und 78, und vom 25. November 2010 - C-429/09 (Fuß II) -, a. a. O., Rn. 51.
72Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist jedenfalls dann hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des EuGH offenkundig verkannt worden ist.
73Vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 (Fuß II) -, a. a. O., Rn. 52; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 -, BVerwGE 143, 381 = juris Rn. 18.
74Hiervon ausgehend ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht zu verneinen. Zu den zuvor aufgeworfenen Fragen lassen sich der RL 2003/88/EG schon keine eindeutigen Vorgaben entnehmen, auch existiert insoweit keine Rechtsprechung des EuGH.
75b. Mit dem Abschluss der Opt-Out-Vereinbarung wurde die nach der RL 2003/88/EG zulässige Höchstarbeitszeit nicht überschritten (aa.). Jedenfalls liegt kein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht vor (bb.).
76aa. Der Kläger und die Beklagte haben ohne Verletzung der Vorgaben der RL 2003/88/EG und der AZVOFeu eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 54 Stunden vereinbart, indem die Beklagte die - ihrerseits dem Kläger offerierte - Opt-Out-Erklärung angenommen hat.
77(1) Der Kläger hat sich am 18. Dezember 2006 im Sinne von § 5 Abs. 1 lit. a) AZVOFeu schriftlich bereit erklärt, Schichtdienst als durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 48 Stunden, nämlich 54 Stunden zu leisten.
78(a) Darin liegt die erforderliche individuelle Erklärung.
79Vgl. zu diesem Erfordernis EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 (Pfeiffer) -, a. a. O., Rn. 80 ff.
80An der Individualität fehlt es nicht deshalb, weil die Opt-Out-Erklärung von der Beklagten für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert war und sie damit nicht individuell ausgehandelt worden ist.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 -, a. a. O., Rn. 39; Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 - 3 BV 15.2492 -, a. a. O., Rn. 38.
82Eine auf solche im Einzelfall ausgehandelte Vereinbarungen verengte Sichtweise wird dem Bedeutungsgehalt des Begriffs „Individualvereinbarung" nicht gerecht. Die „Individualvereinbarung" ist mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung, den jeweiligen Beamten (bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen) selbst darüber entscheiden zu lassen, ob er sich zu einer höheren durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit bereit erklären will, in Abgrenzung zur Kollektivvereinbarung zu sehen.
83Vgl. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 (Pfeiffer) -, a. a. O., Rn. 80 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2015 - 6 A 2272/13 -, juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 - 3 BV 15.2492 -, a. a. O., Rn. 38.
84Die hier im Streit stehende Opt-Out-Regelung wurde jedoch mit jedem einzelnen Beamten jeweils (individuell) durch Unterzeichnung einer Erklärung getroffen. Von einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, die dem Beamtenrecht ohnehin wesensfremd wäre, ist somit nicht auszugehen.
85Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 - 3 BV 15.2492 -, juris Rn. 38; OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2015 - 6 A 2272/13 -, juris Rn. 10.
86(b) Der Kläger hat sich nicht nur individuell und ausdrücklich, sondern auch frei zur über 48 Stunden hinausgehenden Wochenarbeitszeit von 54 Stunden bereit erklärt.
87Die Ableistung der erhöhten Wochenarbeitszeit muss auf der freiwilligen Erklärung des Betroffenen beruhen und darf ihm nicht einseitig vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn auferlegt werden.
88Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2015 ‑ 6 A 2272/13 -, a. a. O., Rn. 11.
89Zweck der RL 2003/88/EG ist die Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer, indem ihnen eine Begrenzung ihrer Wochenarbeitszeit sowie Mindestruhezeiten zugestanden werden. Bei jeder Abweichung von diesen Mindestvorschriften muss daher in vollem Umfang gewährleistet sein, dass der betroffene Arbeitnehmer, wenn er auf ein ihm unmittelbar durch die Richtlinie eingeräumtes soziales Recht verzichtet, dies frei und in voller Sachkenntnis tut. Diese Anforderungen sind umso bedeutsamer, als der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsvertrags anzusehen ist, so dass verhindert werden muss, dass der Arbeitgeber den Willen des Vertragspartners umgehen oder ihm eine Beschränkung seiner Rechte auferlegen kann, ohne dass dieser dem ausdrücklich zugestimmt hätte.
90Vgl. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 (Pfeiffer) -, a. a. O., Rn. 83 ff. und 100.
91Dies zugrunde gelegt, ist die Freiwilligkeit zu bejahen.
92Der Kläger hat in voller Sachkenntnis durch Unterzeichnung der Opt-Out-Erklä-rung auf den Schutz einer 48-Stunden-Obergrenze verzichtet, wobei er diese Erklärung, worauf er zuvor hingewiesen worden ist, zum Ablauf des Kalenderjahres mit einer Frist von drei Monaten widerrufen konnte.
93Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 - 3 BV 15.2492 -, a. a. O., Rn. 39.
94Mit einer Widerrufsmöglichkeit wird gewährleistet, dass die Erklärung auf einer freien Entscheidung beruht.
95Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG, a. a. O., S.54.
96Es ist auch nicht anzunehmen, dass es im Streitfall an der Freiwilligkeit fehlt, weil die Widerrufsmöglichkeit lediglich zum Jahresende bestand. Dies vermag nichts daran zu ändern, dass der Kläger sich in Kenntnis dieses Umstands, d. h. bis zur jeweiligen Widerrufsmöglichkeit, mit der erhöhten Arbeitszeit einverstanden erklärt hat. Im Übrigen handelt es sich für den Beamten um einen überschaubaren Zeitraum, der zugleich dem Dienstherrn die erforderliche Planungssicherheit für den Personaleinsatz bietet.
97Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2015 - 6 A 2272/13 -, a. a. O., Rn. 11.
98Der Senat folgt überdies dem Vorbringen des Klägers nicht, es fehle an der Freiwilligkeit, weil er von der Beklagten unter Druck gesetzt worden sei. Der Umstand, dass die Beklagte zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehr eine Opt-Out-Regelung wünschte, sie deshalb im Vergleich zu anderen Modellen als besonders vorteilhaft dargestellt worden ist und insbesondere im Raum stand, dass ohne Opt-Out-Regelung keine 24-Stunden-Schicht mehr möglich sei, lässt die Freiwilligkeit nicht entfallen. Die Inaussichtstellung von andernfalls notwendigen organisatorischen Änderungen rechtfertigt nicht den Schluss, der Kläger habe die Opt-Out-Erklärung nicht freiwillig abgegeben.
99Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2018 ‑ 3 BV 15.2492 -, juris Rn. 39.
100Vielmehr ist eine umfassende sachliche Information durch den Dienstherrn Voraussetzung für eine freie Entscheidung des Beamten.
101Der Senat vermag auch aufgrund des Klägervorbringens nicht auf eine in seinem Fall vorhandene Zwangssituation zu schließen, die die Freiwilligkeit entfallen ließe. Die vom Kläger geltend gemachte strukturelle Unterlegenheit, die grundsätzlich für jedes Verhältnis zum Arbeitgeber bzw. Dienstherrn kennzeichnend ist, reicht hierfür nicht aus, zumal sie durch die Beteiligung des Personalrats und die gewerkschaftliche Interessenvertretung in gewissem Maße ausgeglichen wird. Der angeführte „Gruppendruck“ ist der Beklagten nicht zuzurechnen. Der Behauptung des Klägers, die Beklagte haben ihn durch die Ankündigung nachteiliger Dienstplangestaltung sowie die Drohung mit der Umsetzung auf unattraktive Dienstposten und dem Entzug von Nebentätigkeitsgenehmigungen zur sofortigen Unterschrift gedrängt, folgt der Senat nicht. Die Beklagte hat dem glaubhaft widersprochen und angeführt, dass ein solcher Druck gar nicht nötig gewesen sei, weil die Opt-Out-Regelung den Interessen der Feuerwehrbeamten entsprochen habe. Dies findet in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen Bestätigung. Gewerkschaft und Personalrat waren in den länger währenden Prozess der Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie eingebunden und hatten gegen die Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit im Wege von Opt-Out-Erklärungen nichts einzuwenden. Sie sind vor allem für die Beibehaltung des 24-Stunden-Dienstes eingetreten, wobei sie wie die Beklagte davon ausgingen, dass dies bei unmittelbarer, flächendeckender Einführung der 48-Stunden-Woche nicht möglich sein würde, weil das zusätzlich erforderliche Personal nicht verfügbar sei.
102Vgl. etwa komba Gewerkschaft Nordrhein-Westfalen, Stellungnahme für das Innenministerium vom 26. Oktober 2005, Beiakte 2, S. 24; kombainform 12/2005, Beiakte 2, S. 178.
103Gerungen wurde letztlich nur um die Zulage, für die es zunächst an der erforderlichen landesgesetzlichen Regelung fehlte. Zudem hat der Kläger bis zur Berufungsverhandlung den behaupteten Zwang trotz einer entsprechenden Rüge der Beklagten nicht näher substantiiert, was gegen dessen tatsächliches Vorliegen spricht.
104Die erstmalige Schilderung von Einzelfallumständen durch den Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat lässt abgesehen davon auch in der Sache nicht auf das Vorliegen erheblichen Drucks seitens des Dienstherrn schließen. So hat der Kläger davon gesprochen, sein Wachvorsteher habe ihm die Opt-Out-Erklärung „auf den Tisch geknallt“ und gedroht, wenn er nicht unterzeichne, könne er sich die „weißen Klamotten“ (gemeint: Kleidung für den Rettungsdienst) holen, weshalb er hektisch unterschrieben habe. Angesichts der über ein Jahr währenden Debatte um die Neuregelung der Arbeitszeit und der Anfang Dezember durchgeführten Personalversammlungen ist die Schilderung einer Überrumpelung nicht überzeugend. Überdies ist nicht erkennbar, dass die behauptete Vorgehensweise des Wachvorstehers auf Anordnungen des Dienstherrn zurückgeht und nicht lediglich Ausfluss des sicherlich vorherrschenden Gruppendrucks auf den einzelnen Wachen war. Soweit der Kläger davon gesprochen hat, auch der Dienstgruppenleiter habe Druck ausgeübt, fehlt es an jeglicher Substantiierung. Dass der Kläger, der in der Berufungsverhandlung psychische Problemen und einen Burn-Out erwähnt hat, sich aufgrund der Gesamtumstände unter Druck gefühlt hat, erscheint glaubhaft. Dies lässt aber bei objektiver Betrachtung nicht auf eine der Beklagten zurechenbare Zwangssituation schließen, die einer Anordnung eines 54-Stunden-Dienstes durch den Dienstherrn gleichkommt und die Erklärung des Klägers als unfreiwillig erscheinen lässt.
105Die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen des Dirk I. vom 11. August 2015 und des Thomas D. vom 13. August 2015 erfordern keine andere Betrachtung. Dies gilt schon deshalb, weil die beiden Ruhestandsbeamten seinerzeit auf anderen Feuerwachen als der Kläger tätig waren und die dortigen Vorgänge schildern. Abgesehen davon hat die Beklagte im Schriftsatz vom 31. Oktober 2018 nachvollziehbar und unwidersprochen eine Reihe weiterer Gründe vorgetragen, aus denen wesentlichen Aussagen in den eidesstattlichen Erklärungen nicht gefolgt werden kann. Darauf wird Bezug genommen.
106(2) Es kann auch nicht angenommen werden, dass dem Kläger im Falle der Nichtbereitschaft zur Überschreitung der Regelarbeitszeit im Sinne von § 5 Abs. 1 lit. b) AZVOFeu Nachteile entstanden wären.
107Mit dieser Vorschrift wird Art. 22 Abs. 1 lit. b) RL 2003/88/EG umgesetzt, wonach keinem Arbeitnehmer Nachteile daraus entstehen dürfen, dass er nicht bereit ist, eine solche Arbeit zu leisten.
108Der Begriff des Nachteils ist ausgehend von dem Ziel der RL 2003/88/EG zu bestimmen. Sie soll als besonders wichtige Regel des Sozialrechts der Union die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer sicherstellen und dabei insbesondere gewährleisten, dass diese tägliche und wöchentliche Ruhezeiten erhalten.
109Vgl. EuGH, Urteile vom 14. Oktober 2010 - C-243/09 (Fuß I) -, a. a. O., Rn. 33, 54 und 66 f., und vom 25. November 2010 - C-429/09 (Fuß II) -, a. a. O., Rn. 43.
110Unter den Begriff des Nachteils fallen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Vorenthaltung von Ruhezeiten, Retorsionsmaßnahmen wie eine Umsetzung gegen den Willen des Beamten, aber auch sonstige Umstände, die eine Folge der Entscheidung darstellen, die Opt-Out-Erklärung nicht abgeben oder widerrufen zu wollen. Unerheblich ist dabei nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts einerseits, ob der Dienstherr diesen Umständen eine Art Strafcharakter für die von dem Beamten getroffene Wahl zumisst, nicht mehr als die an sich höchstens zulässigen 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten. Ebenso kommt es bei der Beurteilung, ob solche Umstände nachteilig sind, nicht auf die subjektive Ansicht des Beamten an. Dann hätte es der Beamte in der Hand, gegenüber nahezu jeder der Organisationshoheit des Dienstherrn unterfallenden Maßnahme sich auf deren Nachteiligkeit zu berufen. Dies schränkte den Handlungsspielraum des Dienstherrn, die jedenfalls ausnahmsweise bestehende Möglichkeit, über 48 Stunden wöchentlich hinaus Dienst zu leisten, organisatorisch sinnvoll zu begleiten, unangemessen ein. Neben den erwähnten Retorsionsmaßnahmen kommt ein Nachteil im Sinne des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG deswegen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor allem dann in Betracht, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Folgen der Verweigerung der Arbeitszeitverlängerung sich im Rahmen einer Gesamtschau bei objektiver Betrachtung als negativ darstellen. In die Gesamtschau seien sowohl die vorteilhaften als auch die nachteiligen Umstände mit einzubeziehen. Ungünstige Umstände, die der Dienstherr anderweitig - etwa durch Geld- oder Zeitausgleich - kompensiere, hätten hingegen unberücksichtigt zu bleiben. Vor diesem Hintergrund könne auch eine nachteilige Dienstplangestaltung oder der Umstieg auf ein anderes Schichtdienstmodell einen Nachteil darstellen.
111BVerwG, Urteile vom 20. Juli 2017 - 2 C 31.16 - a. a. O., Rn. 22, 24, und vom 19. April 2018 - 2 C 40.17 -, a. a. O., Rn. 34.
112Zur danach gebotenen Gesamtschau, welche Folgen eines anderen Schichtdienstmodells gegenüber dem 24-Stunden-Schichtdienst objektiv negativ sind, fordert das Bundesverwaltungsgericht etwa tatsächliche Feststellungen zu Unterschieden beim Urlaub und bei den Zulagen, zu zusätzlichen Fahrtkosten sowie dazu, ob ein langes Wochenende bei objektiver Betrachtung für den Beamten vorteilhafter ist als mehrere kürzere Erholungsphasen.
113Der Senat hält es für zweifelhaft, lässt aber offen, ob diesem weiten Verständnis des Nachteils zu folgen ist, das über das Ziel der Richtlinie hinausgeht, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.
114Die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung des Nachteilsbegriffs unter anderem angeführten Entscheidungen des EuGH im Fall Fuß betreffen eine Umsetzung wegen fehlender Bereitschaft, mehr als 48 Stunden zu arbeiten, wobei das innerstaatliche Recht keine Ausnahmemöglichkeit i. S. v. Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG vorsah. Dementsprechend ging es allein um einen Verstoß gegen die in Art. 6 lit. b) RL 2003/88/EG festgelegte Höchstarbeitszeit, für den es auf das Vorliegen eines Nachteils gerade nicht ankam.
115Vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09 (Fuß I) -, a. a. O., Rn. 53 ff.
116§ 5 Abs. 1 lit. b) AZVOFeu darf nicht dazu führen, dass der Dienstherr auf notwendige Organisationmaßnahmen verzichten und sich der Organisationsfreiheit beim Einsatz seines Personals begeben muss, die für eine effektive Verwaltung und die Gewährleistung der Aufgabenerfüllung der Feuerwehr erforderlich ist.
117Vgl. schon OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2015 - 6 A 2272/13 -, a. a. O., Rn. 6.
118Ferner erscheint es dem Senat fragwürdig, nicht nur dienstliche Nachteile, sondern auch mittelbare Folgen wie die bloßen - etwa sich aus gesetzlichen Regelungen ergebenden - Auswirkungen eines anderen Schichtmodells, die vom Dienstherr weder beabsichtigt noch diesem zurechenbar sind, als einen Nachteil im Sinne der vorgenannten Vorschrift zu verstehen. Gerichtet ist das Nachteilsverbot in Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG auf den Schutz der Arbeitnehmer vor einer nachteiligen Behandlung durch den Arbeitgeber.
119Vgl. auch Europäische Kommission, Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG, a. a. O., S. 8 und 54.
120Selbst wenn man aber den Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde legt, ist im Streitfall nicht davon auszugehen, dass dem Kläger im Falle der Nichtbereitschaft zur Abgabe der Opt-Out-Erklärung Nachteile entstanden wären. Retorsionsmaßnahmen oder vergleichbare spezifische Nachteile sind dem Kläger, wie oben ausgeführt, durch die Beklagte nicht in Aussicht gestellt worden.
121Auch bei objektiver Gesamtschau nimmt der Senat nicht an, dass dem Kläger im Falle der Nichtbereitschaft zur Überschreitung der Regelarbeitszeit Nachteile entstanden wären. Als Nachteil in diesem Sinne kommt allein der Umstieg auf ein anderes Schichtdienstmodell mit kürzeren Schichten in Betracht. Es war aber schon völlig ungewiss, ob und ggf. zu welchem anderen Schichtmodell es für den Kläger gekommen wäre, wenn er sich nicht zu einer Arbeitszeit von 54 Stunden bereit erklärt hätte. Die Umstellung auf ein anderes, etwa ein 12-Stunden-Schichtmodell wäre davon abhängig gewesen, wie viele Feuerwehrbeamte das Opt-Out abgelehnt hätten. Es stand nach den sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebenden Erkenntnissen lediglich in Rede, dass ohne - flächendeckendes - Opt-Out das 24-Stunden-Modell nicht zu halten sei, weil der andernfalls bestehende zusätzliche Personalbedarf nicht kurzfristig gedeckt werden könnte. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten gab es überdies keinen konkreten Plan für diesen Fall, sondern sind lediglich verschiedene Szenarien aufgezeigt worden.
122Abgesehen davon vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass ein 12-Stun-den- oder ein noch kürzeres Schichtmodell bei der gebotenen objektiven Gesamtbetrachtung derart nachteilig ist, dass die Nachteile die zunächst einmal gewichtigen Vorteile einer um sechs Wochenstunden kürzeren Arbeitszeit nicht nur aufwiegen, sondern diese sogar in relevantem Maß überwiegen. Unter den Gesichtspunkten Sicherheit und Gesundheit erscheinen kürzere Schichten günstiger, weil sie regelmäßigere Ruhepausen zu Hause ermöglichen. Zwar hat die komba-Gewerkschaft in ihren bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Stellungnahmen behauptet, der 24-Stunden-Dienst stelle aus arbeitsmedizinischer Sicht den verträglichsten Schichtdienst dar (Beiakte 2, Bl. 24 und 178). Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Unfallmedizin e.V. sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) besagen aber - wissenschaftlich unterfüttert - Gegenteiliges. Die Massierung von Arbeitszeiten auf einen Tag sollte danach vermieden werden, ebenso Schichtdauern von mehr als acht Stunden. Dies gilt besonders, wenn es - wie hier beim Feuerwehrdienst - nach der Art der Arbeit ein erhöhtes Risiko bei Fehlverhalten sowie hohe psychische und physische Belastungen gibt. Deshalb werden aus unfallpräventiver Sicht kurze Schichten empfohlen.
123Vgl. Krentzlin, in: DGUV Forum 4/11, S. 28; Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V., Arbeitsmedizinische Leitlinie, Stand 24. Januar 2006, S. 8; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit, https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Arbeitszeit/Nacht-und-Schichtarbeit.html (abgerufen am 3.12.2018); Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, DGUV Report 1/2012, Schichtarbeit, Nr. 8, S. 131 ff.
124Der Senat vermag auch keine erheblichen Nachteile in Bezug auf Urlaubsansprüche (vgl. § 23 Abs. 1 FrUrlV NRW) und Schichtzulagen zu erkennen. Eine Verringerung der Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten, §§ 3 und 4 EZulV (in der mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 LBG NRW vom 16. Mai 2013, GV. NRW. S. 234 ins Landesrecht übergeleiteten Fassung, BGBl. 1998 I S. 3497, geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2005, BGBl. I S. 1818), würde durch die möglicherweise in Betracht kommende Gewährung einer Wechselschichtzulage mehr als ausgeglichen, § 20 Abs. 1 EZulV. Etwaige zusätzliche Fahrtkosten wegen häufigerer Anreisen können beim Kläger, der vor Ort wohnt, nur sehr begrenzt zugrunde gelegt werden. Sie würden zudem durch die steuerliche Absetzbarkeit als Werbungskosten (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) teilweise ausgeglichen und sind im Übrigen Folge der persönlichen Lebensentscheidung, wo der Einzelne seinen Wohnsitz nimmt. Dem Senat erscheint bei objektiver Betrachtung ein langes Wochenende auch nicht generell für den Beamten vorteilhafter als ein reguläres, solange sich die Erholungszeit nicht nur auf einzelne freie Tage am Wochenende beschränkt. Einen insoweit bestehenden Nachteil aufgrund der Umstände des Einzelfalls macht der Kläger auch nicht geltend. Dass Nebentätigkeiten bei kürzeren Schichten und der damit verbundenen größeren Zahl von Arbeitstagen erschwert sein mögen, ist mit Blick auf ihren Ausnahmecharakter sowie die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz durch Ruhezeiten gerade kein berücksichtigungsfähiger Nachteil. Auf die Umstände der Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen im Jahr 2013 kann sich der Kläger schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil hier die Frage zu klären ist, ob ihm Nachteile gedroht hätten, wenn er sich 2006 nicht zur 54-Stunden-Woche bereit erklärt hätte.
125(3) Die Opt-Out-Erklärung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.
126Sie galt noch bis zum 31. Dezember 2013 und damit im streitgegenständlichen Zeitraum, obgleich der Kläger sie mit Schreiben vom 30. Juli 2013 mit sofortiger Wirkung gekündigt hat. Sowohl § 5 Abs. 2 AZVOFeu als auch - im Einklang damit - die Opt-Out-Erklärung selbst sehen keinen sofortigen Widerruf, sondern nur einen Widerruf zum Ablauf des Kalenderjahres vor. Die RL 2003/88/EG enthält keinerlei konkrete Vorgaben zu Widerrufsmöglichkeiten.
127Die in der Opt-Out-Erklärung enthaltene Bedingung, dass dem Kläger „unter dem Vorbehalt der rechtlichen Regelung durch das Land NRW für die zu leistenden Zusatzstunden ab dem 01.01.2007 für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht eine Pauschale neben der Besoldung gezahlt wird“, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Kläger angeführten Bestimmtheitsanforderungen sind schon nicht einschlägig, weil es hier nicht um einen einseitigen staatlichen (Eingriffs-)Akt geht, sondern um eine freiwillige Erklärung des Klägers, die die Beklagte angenommen hat. Es wäre ihm, wie die handschriftlichen Zusätze einiger Kollegen zeigen, auch ohne weiteres möglich gewesen, diese weiter zu präzisieren, sollte er die Bedingung für zu ungenau bezeichnet halten. Abgesehen davon, dass nach dem Alimentationsprinzip Besoldung und Dienstleistung nicht in einem unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehen und eine Mehrleistung grundsätzlich mit den Dienstbezügen abgegolten ist,
128vgl. dazu im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 18. August 2005 - 1 A 2722/04 -, a. a. O., Rn. 61 ff., m. w. N.,
129zählt die Vereinbarung einer Gegenleistung auch nach dem arbeitsrechtlichen Vertragsrecht nicht zum notwendigen Mindestinhalt des Arbeitsvertrags.
130Vgl. BAG, Urteil vom 15. Oktober 2013 - 9 AZR 587/12 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2014 - 6 A 1628/13 -, juris Rn. 7.
131Die Bedingung ist mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen (vom 19. Juni 2007, GV. NRW. S. 203, im Folgenden: Zulagengesetz NRW) und Gewährung einer Zulage in Höhe von 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht auch eingetreten.
132Die Opt-Out-Erklärung ist ferner nicht mangels Beteiligung des Personalrats oder der Gleichstellungsbeauftragen unwirksam. Eine solche ist nicht geboten, da es sich nicht um eine Maßnahme des Dienstherrn (vgl. § 17 Abs. 1 LGG NRW), sondern eine freiwillige Erklärung des Klägers handelt. Damit liegt insbesondere auch keine Anordnung von Überstunden oder Mehrarbeit vor (§ 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW).
133Schließlich ist die vom Kläger geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Zulagengesetzes NRW ohne Bedeutung für die Wirksamkeit der Opt-Out-Erklärung. Weder die RL 2003/88/EG noch die AZVOFeu sehen für den Fall einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit einen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung vor. Dies entspricht den oben bereits angeführten Grundsätzen des Alimentationsprinzips. Weil nach § 2 Abs. 1 BBesG die Besoldung durch Gesetz geregelt wird (vgl. entsprechend § 2 Abs. 1 LBesG NRW 2016), ist das Zulagengesetz NRW im Übrigen Rechtsgrundlage für die Gewährung und damit das Behaltendürfen der pauschalen Zulage von 20 Euro je 24-Stunden-Schicht.
134bb. Selbst wenn man im Streitfall einen Verstoß gegen Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG bejahte, wäre diese Verletzung des Unionsrechts nicht hinreichend qualifiziert.
135Die Unwirksamkeit der Opt-Out-Erklärung aus diesem Grund unterstellt, wäre dies jedenfalls keine klare und eindeutige Verletzung des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG. Nähere Vorgaben dazu, worauf bei der Freiwilligkeit abzustellen und wie der Begriff des Nachteils zu verstehen ist, sind weder in der RL 2003/88/EG noch in der AZVOFeu enthalten und waren im Dezember 2006 auch der Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Vielmehr sind diese Bestimmungen, wie die obigen Ausführungen zeigen, in hohem Maße auslegungsbedürftig. Etwaige Verletzungen von Freiwilligkeits- und Nachteilsverbot waren weder erheblich ‑ insbesondere standen keine Retorsionsmaßnahmen im Raum - noch für die Beklagte offenkundig.
1363. Ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB i. V. m. § 61 LBG NRW) ist ebenfalls nicht gegeben.
137Dieser Billigkeitsanspruch setzt voraus, dass der Beamte rechtswidrig zu viel gearbeitet hat, wobei dies auf einer vom Dienstherrn ausgehenden Inanspruchnahme beruhen muss.
138Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. September 2018 - 2 C 45.17 -, abgerufen von www.bverwg.de, Rn. 23 ff., und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 -, BVerwGE 143, 381 = juris Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2018 - 6 A 1421/16 -, NWVBl. 2018, 366 = juris Rn. 44 ff., jeweils m. w. N.
139Vorstehende Ausführungen zugrunde gelegt, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Die Beklagte hat den Kläger nicht über die zulässige Arbeitszeit bzw. regelmäßige Dienstzeit hinaus zum Dienst herangezogen.
1404. Sind die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch nicht gegeben, bedarf keiner Entscheidung, ob der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu folgen ist, das Verlangen des Klägers nach einem über die gewährte Pauschale hinausgehenden finanziellen Ausgleich verstoße gegen Treu und Glauben. Gegen diese Auffassung spricht allerdings, dass bereits die Rügeobliegenheit dem wechselseitigen Treueverhältnis Rechnung trägt. Ein Ausgleichsanspruch wegen Zuvielarbeit besteht erst nach dessen schriftlicher Geltendmachung, die dem Dienstherrn Gelegenheit zur Überprüfung und ggf. zum Ausgleich bei festgestellter Rechtsverletzung gibt.
141Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO.
142Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
143Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. Dez. 2018 - 6 A 2083/15
Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. Dez. 2018 - 6 A 2083/15
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. Dez. 2018 - 6 A 2083/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 05. Dezember 2012 - 3 K 1353/12 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Klage ist innerhalb von zwei Monaten zu erheben.
(2) Die Frist beginnt, sofern die Entschädigung für eine Besitzeinweisung den Gegenstand der Klage bildet, erst mit dem Ende des Tages, an dem der Besitzeinweisungsbeschluß mit einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht nicht mehr angefochten werden kann oder an dem über die erhobene Anfechtungsklage rechtskräftig entschieden ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die Mitteilung über die Unanfechtbarkeit des Teils A des Enteignungsbeschlusses den Beteiligten zugestellt ist.
(3) Die Frist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung.
Der Rechtsstreit ist zwischen dem Entschädigungsberechtigten und dem Bund zu führen. Dies gilt sinngemäß, wenn der Rechtsstreit eine Ausgleichszahlung betrifft.
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.835,62 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger könne von der Beklagten keinen Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ausgleich für die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2011 über eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistete Zuvielarbeit verlangen. Ein Anspruch folge weder aus Unionsrecht oder Beamtenrecht noch aus einem sonstigen Rechtsgrund. Die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Mehrarbeit des Klägers stehe mit Europarecht und nationalem Recht im Einklang. § 5 AZVOFeu vom 1. September 2006, in Kraft getreten seit dem 1. Januar 2007, und die zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen über die Arbeitszeit stünden mit den Vorgaben des Art. 22 RL 2003/88/EG überein, der eine Abweichung von der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG zulasse. Die Opt-Out-Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beklagten verstießen auch nicht gegen § 5 AZVOFeu. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Erklärungen nicht freiwillig abgegeben habe. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden sei nicht überschritten worden. Auch bestünden keine Bedenken gegen die Höhe der auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen (vom 19. Juni 2007, GV. NRW. S. 203, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2010, GV. NRW. S. 690) vereinbarten Vergütung von 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers verstoße gegen Treu und Glauben. Denn die Rüge der zu niedrig bemessenen Zulage widerspreche den Opt-Out-Regelungen auf der Grundlage der Erklärungen des Klägers vom 9. Dezember 2006 und 17. Dezember 2010, womit er sich ausdrücklich und vorbehaltlos aus eigenem Entschluss mit der gewährten Zulage auch der Höhe nach einverstanden erklärt habe. Auf den dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand habe die Beklagte sich verlassen dürfen.
5Diese weiter begründeten Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht ersichtlich, dass die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Arbeitszeit des Klägers in den Jahren 2007 bis 2011 nicht mit Europarecht und nationalem Recht in Einklang gestanden hat und er deswegen einen unionsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgreich geltend machen kann.
6Der Kläger bezweifelt, dass die Vereinbarungen vom 9. Dezember 2006 und vom 17. Dezember 2010 (im Folgenden Opt-Out-Vereinbarung), mit denen er sich zu einer über die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinausgehenden Arbeitsleistung von durchschnittlich 54 Stunden Wochenarbeitsstunden bereit erklärt hat, den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG und des § 5 AZVOFeu entsprechen. Damit dringt er nicht durch.
7Zunächst ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger entgegen den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) AZVOFeu Nachteile entstanden wären, wenn er sich nicht zu einer derartigen Opt-Out-Vereinbarung bereit erklärt hätte. Soweit er vorträgt, die Beklagte habe den Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in Aussicht gestellt, dass bei Nichtunterzeichnung der Vereinbarung eine Abschaffung der 24-Stunden-Dienste und ein mit finanziellen Einbußen verbundener Einsatz im Tagdienst vorgesehen sei, verkennt er, dass diese Vorgabe nicht jedwede als nachteilig empfundene organisatorische Änderung ausschließt. Anderenfalls müsste der Dienstherr auf notwendige Organisationmaßnahmen verzichten und sich der für eine effektive Verwaltung erforderlichen Organisationsfreiheit beim Einsatz seines Personals begeben.
8Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom 17. Oktober 2014 – 3 CE 14.724 –, juris, Rn.32.
9Dass bei einer mehrheitlichen Nichtunterzeichnung der Vereinbarung durch die Beamten im feuerwehrtechnischen Dienst eine grundlegende Umgestaltung der Dienste erforderlich werden oder jedenfalls sachlich gerechtfertigt sein würde, liegt auf der Hand.
10Es ist weiter nicht anzunehmen, dass die Beklagte die Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) AZVOFeu nicht eingehalten hat, wonach der Dienstherr aktuelle Listen über alle Beamten führt, die sich zu einer verlängerten Arbeitszeit bereit erklärt haben, und diese Listen den für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte hat dazu mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 ausgeführt, dass entsprechende Listen der Feuerwehr und dem Personal- und Organisationsamt vorlägen und auf Ersuchen der zuständigen Behörde, hier der Bezirksregierung N. (Arbeitsschutz, dem Dezernat 55 zugeordnet) zur Verfügung gestellt würden.
11Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Opt-Out-Vereinbarung auch – wie in der Überschrift zu § 5 AZVOFeu vorgesehen – um eine Individualvereinbarung. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Beklagte derartige Vereinbarungen offenbar mit nahezu jedem bei ihr beschäftigen Feuerwehrbeamten abgeschlossen hat und dabei die Einzelheiten der jeweiligen Vereinbarung nicht „individuell ausgehandelt“ worden sind. Denn eine auf solche im Einzelfall ausgehandelte Vereinbarungen verengte Sichtweise wird dem Bedeutungsgehalt des Begriffs „Individualvereinbarung“ nicht gerecht. Denn die „Individualvereinbarung“ ist mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung, den jeweiligen Beamten (bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen) selbst darüber entscheiden zu lassen, ob er sich zu einer höheren durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit bereit erklären will, in Abgrenzung zur Kollektivvereinbarung oder einseitigen Anordnung durch den Dienstherrn zu sehen. In diesen Fällen wird die Vereinbarung nicht durch den Beschäftigen selbst, sondern durch Dritte für ihn bindend geschlossen bzw. hat der Betreffende der Anordnung zwingend Folge zu leisten. Die hier im Streit stehende Opt-Out-Vereinbarung wurde jedoch – wie auch der Kläger nicht in Abrede stellt – mit jedem einzelnen Beamten, der über den Abschluss frei entscheiden konnte, jeweils (individuell) getroffen.
12Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine Erklärungen freiwillig abgegeben hat. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, Art. 22 RL 2003/88/EG verlange, dass die Bereitschaft zur Mehrarbeit im Einzelfall, also bei jeder Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit erneut erklärt werden müsse. Eine einmalige Erklärung, an die der Beamte wegen der lediglich zum Ablauf des Kalenderjahres bestehenden Widerrufsmöglichkeit für den Lauf des Kalenderjahres gebunden sei, sei nicht zulässig, weil die Mehrarbeit in diesem Fall nicht freiwillig erbracht werde, sondern nur auf Grund der aus der Opt-Out-Vereinbarung folgenden Verpflichtung. Eine in dieser Weise verengte Betrachtung lässt sich weder dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG noch des § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) AZVOFeu entnehmen und folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Regelungen. Diese fordern lediglich, dass sich der Arbeitnehmer bzw. Beamte dazu „bereit erklärt“, also die Ableistung der erhöhten Wochenarbeitszeit auf der freiwilligen Erklärung des Betroffenen beruht und ihm nicht einseitig vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn auferlegt wird. Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen Dauer, für die sich der Betroffene zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt, enthalten die Vorschriften nicht. In diesem Rahmen bewegt sich die Opt-Out-Vereinbarung zwischen Kläger und Beklagter, mit der sich dieser freiwillig für die Laufzeit der Vereinbarung, das heißt jedenfalls bis zur jeweiligen Widerrufsmöglichkeit zum Ablauf eines Kalenderjahres (mit einer Frist von drei Monaten) zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt hat. Falls den Kläger später die Erklärung gereut haben sollte (wofür allerdings nach Lage der Akten nichts ersichtlich ist), stünde das nicht dem Umstand entgegen, dass er sich freiwillig zur Ableistung einer erhöhten Wochenarbeitszeit „bereit erklärt“ hat. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die lediglich zum Jahresende bestehende Widerrufsmöglichkeit eine nicht mehr mit dem Erfordernis der Freiwilligkeit zu vereinbarende Einschränkung darstellen würde. Es handelt sich für den Beamten um einen überschaubaren Zeitraum, der aber auch dem Dienstherrn die erforderliche Planungssicherheit für den Personaleinsatz bietet. Mit Blick auf die verschiedenen (weiteren) Voraussetzungen, an die eine Überschreitung der nach der allgemeinen Regelung des Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG vorgesehenen wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden geknüpft ist, liegt in der durch die beschränkte Widerrufsmöglichkeit bedingten „Mindestlaufzeit“ der Vereinbarung auch keine „vertragliche Umgehung“ des Schutzzwecks der Richtlinie 2003/88/EG.
13Die gegen die Höhe der vereinbarten Vergütung von (lediglich) 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht gerichteten Einwände greifen ebenfalls nicht durch. Nicht verständlich ist es, soweit der Kläger meint, die entsprechende Vergütungsregelung in § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 sei wegen Verstoßes gegen Bundesrecht unwirksam, weil sie vor der Föderalismusreform ergangen sei und es an einer Regelung im Bundesbesoldungsgesetz bzw. einer Ermächtigung des Landesgesetzgebers gefehlt habe. Denn die Änderung von Art. 74 GG sowie die Aufhebung von Art. 74a und 75 GG sind bereits am 1. September 2006 in Kraft getreten. Seither war das Gebiet der Besoldung und Versorgung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG von der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ausgenommen.
14Den Einwendungen des Klägers gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden möglicherweise ein relevanter Vorteil in dem erheblich höheren Anteil des Bereitschaftsdienstes (31 Stunden anstelle von 19 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) gegenüber dem Arbeits- und Ausbildungsdienst (23 Stunden anstelle von 29 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) liegt, muss hier schon deswegen nicht weiter nachgegangen werden, weil die Kammer ausdrücklich „nur ergänzend“ auf diesen Umstand „hinweist“.
15Aber auch darüber hinaus werden keine durchgreifenden Einwände gegen die Höhe der Vergütung vorgebracht; insbesondere wird nicht deutlich, auf welcher Rechtsgrundlage ein über die vereinbarte Vergütung hinausgehender Rechtsanspruch beruhen sollte. Sowohl dem unionsrechtlichen als auch dem beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch steht die Opt-Out-Vereinbarung entgegen, gegen deren Wirksamkeit nach Vorstehendem keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Eine Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 61 Abs. 2 LBG NRW kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit im Sinne des § 61 Abs. 1 LBG NRW handelt.
16Mangels einer erkennbaren Anspruchsgrundlage für eine (weitergehende) Vergütung führt auch der Hinweis auf § 2 Abs. 3 BBesG nicht weiter, wonach der Beamte auf die ihm zustehende Besoldung weder ganz noch teilweise verzichten kann.
17Soweit der Kläger meint, bei der Vergütung von 20 Euro je Schicht, die einem Stundenlohn von nur 3,77 Euro entspreche, handele es sich um eine „europarechtlich unangemessene Kompensation“, verkennt er, dass die von ihm geforderte Orientierung an den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung nur im – hier nicht vorliegenden – Fall europarechtswidriger Zuvielarbeit geboten ist. Auch ist ohne weitere Erläuterung nicht ersichtlich, dass allgemeine Grundsätze des Arbeitsschutzes bei der hier vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden nicht eingehalten werden. Entsprechende Bedenken drängen sich mit Blick auf die oben dargestellten erheblichen höheren Anteile der Bereitschaftsdienstzeiten im Vergleich zu den Arbeits- und Ausbildungsdienstzeiten auch nicht auf. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine unterschiedliche Belastung der verschiedenen Dienste nicht berücksichtigt werden dürfte, solange die (europa-)rechtlichen Vorgaben zur Höchstarbeitszeit in Art. 6, 22 RL 2003/88/EG eingehalten werden. Eine Verpflichtung, den Bereitschaftsdienst über die Berechnung der Höchstarbeitszeit hinaus in jeder Hinsicht dem Arbeits- und Ausbildungsdienst gleichzustellen, lässt sich der Richtlinie 2003/88/EG nicht entnehmen.
18Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 6 A 1219/14 –, nrwe.de.
19Soweit sich das Verwaltungsgericht darauf stützt, das Vorbringen des Klägers gegen die Höhe der Zulage greife schon deswegen nicht durch, weil es gegen Treu und Glauben verstoße, verlangt das Zulassungsvorbringen keine abweichende Einschätzung. Die Auffassung des Klägers, das auf der Opt-Out-Vereinbarung beruhende Vertrauen der Beklagten, er (der Kläger) werde keinen weiteren (finanziellen) Ausgleich verlangen, sei nicht schutzwürdig, überzeugt nicht. Er meint, dies folge daraus, dass der Beklagten der Verstoß der Opt-Out-Regelung gegen die Richtlinie 2003/88/EG bekannt gewesen sei. Ein solcher Verstoß ist – wie oben dargestellt – aber bereits nicht feststellbar. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in Frage stehen sollte, weil die Initiative zu der Opt-Out-Vereinbarung offenbar von der Beklagten ausging und diese die Erklärungen vorformuliert hatte.
20Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
21Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
22Die aufgeworfenen Rechtsfragen
23„Erfasst Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) Richtlinie 2003/88/EG auch die Fälle, in denen sich ein Arbeitnehmer vertraglich, für einen längeren Zeitraum – z.B. von einem Jahr, zu einer Mehrarbeit von mehr als 48 Stunden innerhalb eines Sieben-Tage-Zeitraums verpflichtet, oder werden von dieser Regelung nur diejenigen Fälle erfasst, in denen der Arbeitnehmer konkret im Einzelfall seine Bereitschaft erklärt, mehr zu arbeiten?“
24„Sind Vereinbarungen zwischen Städten und Gemeinden auf der einen Seite sowie Feuerwehrbeamten auf der anderen Seite dahingehend, dass die Feuerwehrbeamten für die Dauer von mindestens einem Jahr über 48 Stunden hinaus bis zu wöchentlich 54 Stunden Dienst leisten, wirksam? Stellt es einen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich die Feuerwehrbeamten auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen?“
25lassen sich auch ohne die vertiefte Prüfung in einem Berufungsverfahren auf der Grundlage des Wortlauts der Vorschriften sowie anerkannter Auslegungsmethoden in dem oben dargestellten Sinn beantworten.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 3 GKG.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.835,62 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger könne von der Beklagten keinen Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ausgleich für die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2011 über eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistete Zuvielarbeit verlangen. Ein Anspruch folge weder aus Unionsrecht oder Beamtenrecht noch aus einem sonstigen Rechtsgrund. Die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Mehrarbeit des Klägers stehe mit Europarecht und nationalem Recht im Einklang. § 5 AZVOFeu vom 1. September 2006, in Kraft getreten seit dem 1. Januar 2007, und die zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen über die Arbeitszeit stünden mit den Vorgaben des Art. 22 RL 2003/88/EG überein, der eine Abweichung von der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG zulasse. Die Opt-Out-Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beklagten verstießen auch nicht gegen § 5 AZVOFeu. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Erklärungen nicht freiwillig abgegeben habe. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden sei nicht überschritten worden. Auch bestünden keine Bedenken gegen die Höhe der auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen (vom 19. Juni 2007, GV. NRW. S. 203, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2010, GV. NRW. S. 690) vereinbarten Vergütung von 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers verstoße gegen Treu und Glauben. Denn die Rüge der zu niedrig bemessenen Zulage widerspreche den Opt-Out-Regelungen auf der Grundlage der Erklärungen des Klägers vom 9. Dezember 2006 und 17. Dezember 2010, womit er sich ausdrücklich und vorbehaltlos aus eigenem Entschluss mit der gewährten Zulage auch der Höhe nach einverstanden erklärt habe. Auf den dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand habe die Beklagte sich verlassen dürfen.
5Diese weiter begründeten Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht ersichtlich, dass die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Arbeitszeit des Klägers in den Jahren 2007 bis 2011 nicht mit Europarecht und nationalem Recht in Einklang gestanden hat und er deswegen einen unionsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgreich geltend machen kann.
6Der Kläger bezweifelt, dass die Vereinbarungen vom 9. Dezember 2006 und vom 17. Dezember 2010 (im Folgenden Opt-Out-Vereinbarung), mit denen er sich zu einer über die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinausgehenden Arbeitsleistung von durchschnittlich 54 Stunden Wochenarbeitsstunden bereit erklärt hat, den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG und des § 5 AZVOFeu entsprechen. Damit dringt er nicht durch.
7Zunächst ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger entgegen den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) AZVOFeu Nachteile entstanden wären, wenn er sich nicht zu einer derartigen Opt-Out-Vereinbarung bereit erklärt hätte. Soweit er vorträgt, die Beklagte habe den Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in Aussicht gestellt, dass bei Nichtunterzeichnung der Vereinbarung eine Abschaffung der 24-Stunden-Dienste und ein mit finanziellen Einbußen verbundener Einsatz im Tagdienst vorgesehen sei, verkennt er, dass diese Vorgabe nicht jedwede als nachteilig empfundene organisatorische Änderung ausschließt. Anderenfalls müsste der Dienstherr auf notwendige Organisationmaßnahmen verzichten und sich der für eine effektive Verwaltung erforderlichen Organisationsfreiheit beim Einsatz seines Personals begeben.
8Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom 17. Oktober 2014 – 3 CE 14.724 –, juris, Rn.32.
9Dass bei einer mehrheitlichen Nichtunterzeichnung der Vereinbarung durch die Beamten im feuerwehrtechnischen Dienst eine grundlegende Umgestaltung der Dienste erforderlich werden oder jedenfalls sachlich gerechtfertigt sein würde, liegt auf der Hand.
10Es ist weiter nicht anzunehmen, dass die Beklagte die Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) AZVOFeu nicht eingehalten hat, wonach der Dienstherr aktuelle Listen über alle Beamten führt, die sich zu einer verlängerten Arbeitszeit bereit erklärt haben, und diese Listen den für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte hat dazu mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 ausgeführt, dass entsprechende Listen der Feuerwehr und dem Personal- und Organisationsamt vorlägen und auf Ersuchen der zuständigen Behörde, hier der Bezirksregierung N. (Arbeitsschutz, dem Dezernat 55 zugeordnet) zur Verfügung gestellt würden.
11Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Opt-Out-Vereinbarung auch – wie in der Überschrift zu § 5 AZVOFeu vorgesehen – um eine Individualvereinbarung. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Beklagte derartige Vereinbarungen offenbar mit nahezu jedem bei ihr beschäftigen Feuerwehrbeamten abgeschlossen hat und dabei die Einzelheiten der jeweiligen Vereinbarung nicht „individuell ausgehandelt“ worden sind. Denn eine auf solche im Einzelfall ausgehandelte Vereinbarungen verengte Sichtweise wird dem Bedeutungsgehalt des Begriffs „Individualvereinbarung“ nicht gerecht. Denn die „Individualvereinbarung“ ist mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung, den jeweiligen Beamten (bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen) selbst darüber entscheiden zu lassen, ob er sich zu einer höheren durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit bereit erklären will, in Abgrenzung zur Kollektivvereinbarung oder einseitigen Anordnung durch den Dienstherrn zu sehen. In diesen Fällen wird die Vereinbarung nicht durch den Beschäftigen selbst, sondern durch Dritte für ihn bindend geschlossen bzw. hat der Betreffende der Anordnung zwingend Folge zu leisten. Die hier im Streit stehende Opt-Out-Vereinbarung wurde jedoch – wie auch der Kläger nicht in Abrede stellt – mit jedem einzelnen Beamten, der über den Abschluss frei entscheiden konnte, jeweils (individuell) getroffen.
12Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine Erklärungen freiwillig abgegeben hat. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, Art. 22 RL 2003/88/EG verlange, dass die Bereitschaft zur Mehrarbeit im Einzelfall, also bei jeder Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit erneut erklärt werden müsse. Eine einmalige Erklärung, an die der Beamte wegen der lediglich zum Ablauf des Kalenderjahres bestehenden Widerrufsmöglichkeit für den Lauf des Kalenderjahres gebunden sei, sei nicht zulässig, weil die Mehrarbeit in diesem Fall nicht freiwillig erbracht werde, sondern nur auf Grund der aus der Opt-Out-Vereinbarung folgenden Verpflichtung. Eine in dieser Weise verengte Betrachtung lässt sich weder dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG noch des § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) AZVOFeu entnehmen und folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Regelungen. Diese fordern lediglich, dass sich der Arbeitnehmer bzw. Beamte dazu „bereit erklärt“, also die Ableistung der erhöhten Wochenarbeitszeit auf der freiwilligen Erklärung des Betroffenen beruht und ihm nicht einseitig vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn auferlegt wird. Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen Dauer, für die sich der Betroffene zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt, enthalten die Vorschriften nicht. In diesem Rahmen bewegt sich die Opt-Out-Vereinbarung zwischen Kläger und Beklagter, mit der sich dieser freiwillig für die Laufzeit der Vereinbarung, das heißt jedenfalls bis zur jeweiligen Widerrufsmöglichkeit zum Ablauf eines Kalenderjahres (mit einer Frist von drei Monaten) zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt hat. Falls den Kläger später die Erklärung gereut haben sollte (wofür allerdings nach Lage der Akten nichts ersichtlich ist), stünde das nicht dem Umstand entgegen, dass er sich freiwillig zur Ableistung einer erhöhten Wochenarbeitszeit „bereit erklärt“ hat. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die lediglich zum Jahresende bestehende Widerrufsmöglichkeit eine nicht mehr mit dem Erfordernis der Freiwilligkeit zu vereinbarende Einschränkung darstellen würde. Es handelt sich für den Beamten um einen überschaubaren Zeitraum, der aber auch dem Dienstherrn die erforderliche Planungssicherheit für den Personaleinsatz bietet. Mit Blick auf die verschiedenen (weiteren) Voraussetzungen, an die eine Überschreitung der nach der allgemeinen Regelung des Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG vorgesehenen wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden geknüpft ist, liegt in der durch die beschränkte Widerrufsmöglichkeit bedingten „Mindestlaufzeit“ der Vereinbarung auch keine „vertragliche Umgehung“ des Schutzzwecks der Richtlinie 2003/88/EG.
13Die gegen die Höhe der vereinbarten Vergütung von (lediglich) 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht gerichteten Einwände greifen ebenfalls nicht durch. Nicht verständlich ist es, soweit der Kläger meint, die entsprechende Vergütungsregelung in § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 sei wegen Verstoßes gegen Bundesrecht unwirksam, weil sie vor der Föderalismusreform ergangen sei und es an einer Regelung im Bundesbesoldungsgesetz bzw. einer Ermächtigung des Landesgesetzgebers gefehlt habe. Denn die Änderung von Art. 74 GG sowie die Aufhebung von Art. 74a und 75 GG sind bereits am 1. September 2006 in Kraft getreten. Seither war das Gebiet der Besoldung und Versorgung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG von der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ausgenommen.
14Den Einwendungen des Klägers gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden möglicherweise ein relevanter Vorteil in dem erheblich höheren Anteil des Bereitschaftsdienstes (31 Stunden anstelle von 19 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) gegenüber dem Arbeits- und Ausbildungsdienst (23 Stunden anstelle von 29 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) liegt, muss hier schon deswegen nicht weiter nachgegangen werden, weil die Kammer ausdrücklich „nur ergänzend“ auf diesen Umstand „hinweist“.
15Aber auch darüber hinaus werden keine durchgreifenden Einwände gegen die Höhe der Vergütung vorgebracht; insbesondere wird nicht deutlich, auf welcher Rechtsgrundlage ein über die vereinbarte Vergütung hinausgehender Rechtsanspruch beruhen sollte. Sowohl dem unionsrechtlichen als auch dem beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch steht die Opt-Out-Vereinbarung entgegen, gegen deren Wirksamkeit nach Vorstehendem keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Eine Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 61 Abs. 2 LBG NRW kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit im Sinne des § 61 Abs. 1 LBG NRW handelt.
16Mangels einer erkennbaren Anspruchsgrundlage für eine (weitergehende) Vergütung führt auch der Hinweis auf § 2 Abs. 3 BBesG nicht weiter, wonach der Beamte auf die ihm zustehende Besoldung weder ganz noch teilweise verzichten kann.
17Soweit der Kläger meint, bei der Vergütung von 20 Euro je Schicht, die einem Stundenlohn von nur 3,77 Euro entspreche, handele es sich um eine „europarechtlich unangemessene Kompensation“, verkennt er, dass die von ihm geforderte Orientierung an den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung nur im – hier nicht vorliegenden – Fall europarechtswidriger Zuvielarbeit geboten ist. Auch ist ohne weitere Erläuterung nicht ersichtlich, dass allgemeine Grundsätze des Arbeitsschutzes bei der hier vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden nicht eingehalten werden. Entsprechende Bedenken drängen sich mit Blick auf die oben dargestellten erheblichen höheren Anteile der Bereitschaftsdienstzeiten im Vergleich zu den Arbeits- und Ausbildungsdienstzeiten auch nicht auf. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine unterschiedliche Belastung der verschiedenen Dienste nicht berücksichtigt werden dürfte, solange die (europa-)rechtlichen Vorgaben zur Höchstarbeitszeit in Art. 6, 22 RL 2003/88/EG eingehalten werden. Eine Verpflichtung, den Bereitschaftsdienst über die Berechnung der Höchstarbeitszeit hinaus in jeder Hinsicht dem Arbeits- und Ausbildungsdienst gleichzustellen, lässt sich der Richtlinie 2003/88/EG nicht entnehmen.
18Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 6 A 1219/14 –, nrwe.de.
19Soweit sich das Verwaltungsgericht darauf stützt, das Vorbringen des Klägers gegen die Höhe der Zulage greife schon deswegen nicht durch, weil es gegen Treu und Glauben verstoße, verlangt das Zulassungsvorbringen keine abweichende Einschätzung. Die Auffassung des Klägers, das auf der Opt-Out-Vereinbarung beruhende Vertrauen der Beklagten, er (der Kläger) werde keinen weiteren (finanziellen) Ausgleich verlangen, sei nicht schutzwürdig, überzeugt nicht. Er meint, dies folge daraus, dass der Beklagten der Verstoß der Opt-Out-Regelung gegen die Richtlinie 2003/88/EG bekannt gewesen sei. Ein solcher Verstoß ist – wie oben dargestellt – aber bereits nicht feststellbar. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in Frage stehen sollte, weil die Initiative zu der Opt-Out-Vereinbarung offenbar von der Beklagten ausging und diese die Erklärungen vorformuliert hatte.
20Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
21Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
22Die aufgeworfenen Rechtsfragen
23„Erfasst Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) Richtlinie 2003/88/EG auch die Fälle, in denen sich ein Arbeitnehmer vertraglich, für einen längeren Zeitraum – z.B. von einem Jahr, zu einer Mehrarbeit von mehr als 48 Stunden innerhalb eines Sieben-Tage-Zeitraums verpflichtet, oder werden von dieser Regelung nur diejenigen Fälle erfasst, in denen der Arbeitnehmer konkret im Einzelfall seine Bereitschaft erklärt, mehr zu arbeiten?“
24„Sind Vereinbarungen zwischen Städten und Gemeinden auf der einen Seite sowie Feuerwehrbeamten auf der anderen Seite dahingehend, dass die Feuerwehrbeamten für die Dauer von mindestens einem Jahr über 48 Stunden hinaus bis zu wöchentlich 54 Stunden Dienst leisten, wirksam? Stellt es einen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich die Feuerwehrbeamten auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen?“
25lassen sich auch ohne die vertiefte Prüfung in einem Berufungsverfahren auf der Grundlage des Wortlauts der Vorschriften sowie anerkannter Auslegungsmethoden in dem oben dargestellten Sinn beantworten.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 3 GKG.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.835,62 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger könne von der Beklagten keinen Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ausgleich für die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2011 über eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistete Zuvielarbeit verlangen. Ein Anspruch folge weder aus Unionsrecht oder Beamtenrecht noch aus einem sonstigen Rechtsgrund. Die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Mehrarbeit des Klägers stehe mit Europarecht und nationalem Recht im Einklang. § 5 AZVOFeu vom 1. September 2006, in Kraft getreten seit dem 1. Januar 2007, und die zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen über die Arbeitszeit stünden mit den Vorgaben des Art. 22 RL 2003/88/EG überein, der eine Abweichung von der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG zulasse. Die Opt-Out-Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beklagten verstießen auch nicht gegen § 5 AZVOFeu. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Erklärungen nicht freiwillig abgegeben habe. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden sei nicht überschritten worden. Auch bestünden keine Bedenken gegen die Höhe der auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen (vom 19. Juni 2007, GV. NRW. S. 203, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2010, GV. NRW. S. 690) vereinbarten Vergütung von 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers verstoße gegen Treu und Glauben. Denn die Rüge der zu niedrig bemessenen Zulage widerspreche den Opt-Out-Regelungen auf der Grundlage der Erklärungen des Klägers vom 9. Dezember 2006 und 17. Dezember 2010, womit er sich ausdrücklich und vorbehaltlos aus eigenem Entschluss mit der gewährten Zulage auch der Höhe nach einverstanden erklärt habe. Auf den dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand habe die Beklagte sich verlassen dürfen.
5Diese weiter begründeten Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht ersichtlich, dass die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Arbeitszeit des Klägers in den Jahren 2007 bis 2011 nicht mit Europarecht und nationalem Recht in Einklang gestanden hat und er deswegen einen unionsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgreich geltend machen kann.
6Der Kläger bezweifelt, dass die Vereinbarungen vom 9. Dezember 2006 und vom 17. Dezember 2010 (im Folgenden Opt-Out-Vereinbarung), mit denen er sich zu einer über die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinausgehenden Arbeitsleistung von durchschnittlich 54 Stunden Wochenarbeitsstunden bereit erklärt hat, den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG und des § 5 AZVOFeu entsprechen. Damit dringt er nicht durch.
7Zunächst ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger entgegen den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) AZVOFeu Nachteile entstanden wären, wenn er sich nicht zu einer derartigen Opt-Out-Vereinbarung bereit erklärt hätte. Soweit er vorträgt, die Beklagte habe den Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in Aussicht gestellt, dass bei Nichtunterzeichnung der Vereinbarung eine Abschaffung der 24-Stunden-Dienste und ein mit finanziellen Einbußen verbundener Einsatz im Tagdienst vorgesehen sei, verkennt er, dass diese Vorgabe nicht jedwede als nachteilig empfundene organisatorische Änderung ausschließt. Anderenfalls müsste der Dienstherr auf notwendige Organisationmaßnahmen verzichten und sich der für eine effektive Verwaltung erforderlichen Organisationsfreiheit beim Einsatz seines Personals begeben.
8Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom 17. Oktober 2014 – 3 CE 14.724 –, juris, Rn.32.
9Dass bei einer mehrheitlichen Nichtunterzeichnung der Vereinbarung durch die Beamten im feuerwehrtechnischen Dienst eine grundlegende Umgestaltung der Dienste erforderlich werden oder jedenfalls sachlich gerechtfertigt sein würde, liegt auf der Hand.
10Es ist weiter nicht anzunehmen, dass die Beklagte die Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) AZVOFeu nicht eingehalten hat, wonach der Dienstherr aktuelle Listen über alle Beamten führt, die sich zu einer verlängerten Arbeitszeit bereit erklärt haben, und diese Listen den für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte hat dazu mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 ausgeführt, dass entsprechende Listen der Feuerwehr und dem Personal- und Organisationsamt vorlägen und auf Ersuchen der zuständigen Behörde, hier der Bezirksregierung N. (Arbeitsschutz, dem Dezernat 55 zugeordnet) zur Verfügung gestellt würden.
11Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Opt-Out-Vereinbarung auch – wie in der Überschrift zu § 5 AZVOFeu vorgesehen – um eine Individualvereinbarung. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Beklagte derartige Vereinbarungen offenbar mit nahezu jedem bei ihr beschäftigen Feuerwehrbeamten abgeschlossen hat und dabei die Einzelheiten der jeweiligen Vereinbarung nicht „individuell ausgehandelt“ worden sind. Denn eine auf solche im Einzelfall ausgehandelte Vereinbarungen verengte Sichtweise wird dem Bedeutungsgehalt des Begriffs „Individualvereinbarung“ nicht gerecht. Denn die „Individualvereinbarung“ ist mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung, den jeweiligen Beamten (bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen) selbst darüber entscheiden zu lassen, ob er sich zu einer höheren durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit bereit erklären will, in Abgrenzung zur Kollektivvereinbarung oder einseitigen Anordnung durch den Dienstherrn zu sehen. In diesen Fällen wird die Vereinbarung nicht durch den Beschäftigen selbst, sondern durch Dritte für ihn bindend geschlossen bzw. hat der Betreffende der Anordnung zwingend Folge zu leisten. Die hier im Streit stehende Opt-Out-Vereinbarung wurde jedoch – wie auch der Kläger nicht in Abrede stellt – mit jedem einzelnen Beamten, der über den Abschluss frei entscheiden konnte, jeweils (individuell) getroffen.
12Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine Erklärungen freiwillig abgegeben hat. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, Art. 22 RL 2003/88/EG verlange, dass die Bereitschaft zur Mehrarbeit im Einzelfall, also bei jeder Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit erneut erklärt werden müsse. Eine einmalige Erklärung, an die der Beamte wegen der lediglich zum Ablauf des Kalenderjahres bestehenden Widerrufsmöglichkeit für den Lauf des Kalenderjahres gebunden sei, sei nicht zulässig, weil die Mehrarbeit in diesem Fall nicht freiwillig erbracht werde, sondern nur auf Grund der aus der Opt-Out-Vereinbarung folgenden Verpflichtung. Eine in dieser Weise verengte Betrachtung lässt sich weder dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG noch des § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) AZVOFeu entnehmen und folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Regelungen. Diese fordern lediglich, dass sich der Arbeitnehmer bzw. Beamte dazu „bereit erklärt“, also die Ableistung der erhöhten Wochenarbeitszeit auf der freiwilligen Erklärung des Betroffenen beruht und ihm nicht einseitig vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn auferlegt wird. Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen Dauer, für die sich der Betroffene zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt, enthalten die Vorschriften nicht. In diesem Rahmen bewegt sich die Opt-Out-Vereinbarung zwischen Kläger und Beklagter, mit der sich dieser freiwillig für die Laufzeit der Vereinbarung, das heißt jedenfalls bis zur jeweiligen Widerrufsmöglichkeit zum Ablauf eines Kalenderjahres (mit einer Frist von drei Monaten) zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt hat. Falls den Kläger später die Erklärung gereut haben sollte (wofür allerdings nach Lage der Akten nichts ersichtlich ist), stünde das nicht dem Umstand entgegen, dass er sich freiwillig zur Ableistung einer erhöhten Wochenarbeitszeit „bereit erklärt“ hat. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die lediglich zum Jahresende bestehende Widerrufsmöglichkeit eine nicht mehr mit dem Erfordernis der Freiwilligkeit zu vereinbarende Einschränkung darstellen würde. Es handelt sich für den Beamten um einen überschaubaren Zeitraum, der aber auch dem Dienstherrn die erforderliche Planungssicherheit für den Personaleinsatz bietet. Mit Blick auf die verschiedenen (weiteren) Voraussetzungen, an die eine Überschreitung der nach der allgemeinen Regelung des Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG vorgesehenen wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden geknüpft ist, liegt in der durch die beschränkte Widerrufsmöglichkeit bedingten „Mindestlaufzeit“ der Vereinbarung auch keine „vertragliche Umgehung“ des Schutzzwecks der Richtlinie 2003/88/EG.
13Die gegen die Höhe der vereinbarten Vergütung von (lediglich) 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht gerichteten Einwände greifen ebenfalls nicht durch. Nicht verständlich ist es, soweit der Kläger meint, die entsprechende Vergütungsregelung in § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 sei wegen Verstoßes gegen Bundesrecht unwirksam, weil sie vor der Föderalismusreform ergangen sei und es an einer Regelung im Bundesbesoldungsgesetz bzw. einer Ermächtigung des Landesgesetzgebers gefehlt habe. Denn die Änderung von Art. 74 GG sowie die Aufhebung von Art. 74a und 75 GG sind bereits am 1. September 2006 in Kraft getreten. Seither war das Gebiet der Besoldung und Versorgung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG von der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ausgenommen.
14Den Einwendungen des Klägers gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden möglicherweise ein relevanter Vorteil in dem erheblich höheren Anteil des Bereitschaftsdienstes (31 Stunden anstelle von 19 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) gegenüber dem Arbeits- und Ausbildungsdienst (23 Stunden anstelle von 29 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) liegt, muss hier schon deswegen nicht weiter nachgegangen werden, weil die Kammer ausdrücklich „nur ergänzend“ auf diesen Umstand „hinweist“.
15Aber auch darüber hinaus werden keine durchgreifenden Einwände gegen die Höhe der Vergütung vorgebracht; insbesondere wird nicht deutlich, auf welcher Rechtsgrundlage ein über die vereinbarte Vergütung hinausgehender Rechtsanspruch beruhen sollte. Sowohl dem unionsrechtlichen als auch dem beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch steht die Opt-Out-Vereinbarung entgegen, gegen deren Wirksamkeit nach Vorstehendem keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Eine Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 61 Abs. 2 LBG NRW kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit im Sinne des § 61 Abs. 1 LBG NRW handelt.
16Mangels einer erkennbaren Anspruchsgrundlage für eine (weitergehende) Vergütung führt auch der Hinweis auf § 2 Abs. 3 BBesG nicht weiter, wonach der Beamte auf die ihm zustehende Besoldung weder ganz noch teilweise verzichten kann.
17Soweit der Kläger meint, bei der Vergütung von 20 Euro je Schicht, die einem Stundenlohn von nur 3,77 Euro entspreche, handele es sich um eine „europarechtlich unangemessene Kompensation“, verkennt er, dass die von ihm geforderte Orientierung an den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung nur im – hier nicht vorliegenden – Fall europarechtswidriger Zuvielarbeit geboten ist. Auch ist ohne weitere Erläuterung nicht ersichtlich, dass allgemeine Grundsätze des Arbeitsschutzes bei der hier vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden nicht eingehalten werden. Entsprechende Bedenken drängen sich mit Blick auf die oben dargestellten erheblichen höheren Anteile der Bereitschaftsdienstzeiten im Vergleich zu den Arbeits- und Ausbildungsdienstzeiten auch nicht auf. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine unterschiedliche Belastung der verschiedenen Dienste nicht berücksichtigt werden dürfte, solange die (europa-)rechtlichen Vorgaben zur Höchstarbeitszeit in Art. 6, 22 RL 2003/88/EG eingehalten werden. Eine Verpflichtung, den Bereitschaftsdienst über die Berechnung der Höchstarbeitszeit hinaus in jeder Hinsicht dem Arbeits- und Ausbildungsdienst gleichzustellen, lässt sich der Richtlinie 2003/88/EG nicht entnehmen.
18Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 6 A 1219/14 –, nrwe.de.
19Soweit sich das Verwaltungsgericht darauf stützt, das Vorbringen des Klägers gegen die Höhe der Zulage greife schon deswegen nicht durch, weil es gegen Treu und Glauben verstoße, verlangt das Zulassungsvorbringen keine abweichende Einschätzung. Die Auffassung des Klägers, das auf der Opt-Out-Vereinbarung beruhende Vertrauen der Beklagten, er (der Kläger) werde keinen weiteren (finanziellen) Ausgleich verlangen, sei nicht schutzwürdig, überzeugt nicht. Er meint, dies folge daraus, dass der Beklagten der Verstoß der Opt-Out-Regelung gegen die Richtlinie 2003/88/EG bekannt gewesen sei. Ein solcher Verstoß ist – wie oben dargestellt – aber bereits nicht feststellbar. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in Frage stehen sollte, weil die Initiative zu der Opt-Out-Vereinbarung offenbar von der Beklagten ausging und diese die Erklärungen vorformuliert hatte.
20Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
21Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
22Die aufgeworfenen Rechtsfragen
23„Erfasst Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) Richtlinie 2003/88/EG auch die Fälle, in denen sich ein Arbeitnehmer vertraglich, für einen längeren Zeitraum – z.B. von einem Jahr, zu einer Mehrarbeit von mehr als 48 Stunden innerhalb eines Sieben-Tage-Zeitraums verpflichtet, oder werden von dieser Regelung nur diejenigen Fälle erfasst, in denen der Arbeitnehmer konkret im Einzelfall seine Bereitschaft erklärt, mehr zu arbeiten?“
24„Sind Vereinbarungen zwischen Städten und Gemeinden auf der einen Seite sowie Feuerwehrbeamten auf der anderen Seite dahingehend, dass die Feuerwehrbeamten für die Dauer von mindestens einem Jahr über 48 Stunden hinaus bis zu wöchentlich 54 Stunden Dienst leisten, wirksam? Stellt es einen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich die Feuerwehrbeamten auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen?“
25lassen sich auch ohne die vertiefte Prüfung in einem Berufungsverfahren auf der Grundlage des Wortlauts der Vorschriften sowie anerkannter Auslegungsmethoden in dem oben dargestellten Sinn beantworten.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 3 GKG.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.835,62 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger könne von der Beklagten keinen Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ausgleich für die in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2011 über eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistete Zuvielarbeit verlangen. Ein Anspruch folge weder aus Unionsrecht oder Beamtenrecht noch aus einem sonstigen Rechtsgrund. Die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Mehrarbeit des Klägers stehe mit Europarecht und nationalem Recht im Einklang. § 5 AZVOFeu vom 1. September 2006, in Kraft getreten seit dem 1. Januar 2007, und die zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen über die Arbeitszeit stünden mit den Vorgaben des Art. 22 RL 2003/88/EG überein, der eine Abweichung von der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG zulasse. Die Opt-Out-Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beklagten verstießen auch nicht gegen § 5 AZVOFeu. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Erklärungen nicht freiwillig abgegeben habe. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden sei nicht überschritten worden. Auch bestünden keine Bedenken gegen die Höhe der auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen (vom 19. Juni 2007, GV. NRW. S. 203, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2010, GV. NRW. S. 690) vereinbarten Vergütung von 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers verstoße gegen Treu und Glauben. Denn die Rüge der zu niedrig bemessenen Zulage widerspreche den Opt-Out-Regelungen auf der Grundlage der Erklärungen des Klägers vom 9. Dezember 2006 und 17. Dezember 2010, womit er sich ausdrücklich und vorbehaltlos aus eigenem Entschluss mit der gewährten Zulage auch der Höhe nach einverstanden erklärt habe. Auf den dadurch geschaffenen Vertrauenstatbestand habe die Beklagte sich verlassen dürfen.
5Diese weiter begründeten Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht ersichtlich, dass die über die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinausgehende Arbeitszeit des Klägers in den Jahren 2007 bis 2011 nicht mit Europarecht und nationalem Recht in Einklang gestanden hat und er deswegen einen unionsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgreich geltend machen kann.
6Der Kläger bezweifelt, dass die Vereinbarungen vom 9. Dezember 2006 und vom 17. Dezember 2010 (im Folgenden Opt-Out-Vereinbarung), mit denen er sich zu einer über die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinausgehenden Arbeitsleistung von durchschnittlich 54 Stunden Wochenarbeitsstunden bereit erklärt hat, den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG und des § 5 AZVOFeu entsprechen. Damit dringt er nicht durch.
7Zunächst ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger entgegen den Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) AZVOFeu Nachteile entstanden wären, wenn er sich nicht zu einer derartigen Opt-Out-Vereinbarung bereit erklärt hätte. Soweit er vorträgt, die Beklagte habe den Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in Aussicht gestellt, dass bei Nichtunterzeichnung der Vereinbarung eine Abschaffung der 24-Stunden-Dienste und ein mit finanziellen Einbußen verbundener Einsatz im Tagdienst vorgesehen sei, verkennt er, dass diese Vorgabe nicht jedwede als nachteilig empfundene organisatorische Änderung ausschließt. Anderenfalls müsste der Dienstherr auf notwendige Organisationmaßnahmen verzichten und sich der für eine effektive Verwaltung erforderlichen Organisationsfreiheit beim Einsatz seines Personals begeben.
8Vgl. dazu auch BayVGH, Beschluss vom 17. Oktober 2014 – 3 CE 14.724 –, juris, Rn.32.
9Dass bei einer mehrheitlichen Nichtunterzeichnung der Vereinbarung durch die Beamten im feuerwehrtechnischen Dienst eine grundlegende Umgestaltung der Dienste erforderlich werden oder jedenfalls sachlich gerechtfertigt sein würde, liegt auf der Hand.
10Es ist weiter nicht anzunehmen, dass die Beklagte die Vorgaben des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) RL 2003/88/EG bzw. § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) und d) AZVOFeu nicht eingehalten hat, wonach der Dienstherr aktuelle Listen über alle Beamten führt, die sich zu einer verlängerten Arbeitszeit bereit erklärt haben, und diese Listen den für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte hat dazu mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 ausgeführt, dass entsprechende Listen der Feuerwehr und dem Personal- und Organisationsamt vorlägen und auf Ersuchen der zuständigen Behörde, hier der Bezirksregierung N. (Arbeitsschutz, dem Dezernat 55 zugeordnet) zur Verfügung gestellt würden.
11Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Opt-Out-Vereinbarung auch – wie in der Überschrift zu § 5 AZVOFeu vorgesehen – um eine Individualvereinbarung. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Beklagte derartige Vereinbarungen offenbar mit nahezu jedem bei ihr beschäftigen Feuerwehrbeamten abgeschlossen hat und dabei die Einzelheiten der jeweiligen Vereinbarung nicht „individuell ausgehandelt“ worden sind. Denn eine auf solche im Einzelfall ausgehandelte Vereinbarungen verengte Sichtweise wird dem Bedeutungsgehalt des Begriffs „Individualvereinbarung“ nicht gerecht. Denn die „Individualvereinbarung“ ist mit Blick auf den Sinn und Zweck der Regelung, den jeweiligen Beamten (bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen) selbst darüber entscheiden zu lassen, ob er sich zu einer höheren durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit bereit erklären will, in Abgrenzung zur Kollektivvereinbarung oder einseitigen Anordnung durch den Dienstherrn zu sehen. In diesen Fällen wird die Vereinbarung nicht durch den Beschäftigen selbst, sondern durch Dritte für ihn bindend geschlossen bzw. hat der Betreffende der Anordnung zwingend Folge zu leisten. Die hier im Streit stehende Opt-Out-Vereinbarung wurde jedoch – wie auch der Kläger nicht in Abrede stellt – mit jedem einzelnen Beamten, der über den Abschluss frei entscheiden konnte, jeweils (individuell) getroffen.
12Das Verwaltungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine Erklärungen freiwillig abgegeben hat. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, Art. 22 RL 2003/88/EG verlange, dass die Bereitschaft zur Mehrarbeit im Einzelfall, also bei jeder Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit erneut erklärt werden müsse. Eine einmalige Erklärung, an die der Beamte wegen der lediglich zum Ablauf des Kalenderjahres bestehenden Widerrufsmöglichkeit für den Lauf des Kalenderjahres gebunden sei, sei nicht zulässig, weil die Mehrarbeit in diesem Fall nicht freiwillig erbracht werde, sondern nur auf Grund der aus der Opt-Out-Vereinbarung folgenden Verpflichtung. Eine in dieser Weise verengte Betrachtung lässt sich weder dem Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG noch des § 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) AZVOFeu entnehmen und folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Regelungen. Diese fordern lediglich, dass sich der Arbeitnehmer bzw. Beamte dazu „bereit erklärt“, also die Ableistung der erhöhten Wochenarbeitszeit auf der freiwilligen Erklärung des Betroffenen beruht und ihm nicht einseitig vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn auferlegt wird. Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen Dauer, für die sich der Betroffene zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt, enthalten die Vorschriften nicht. In diesem Rahmen bewegt sich die Opt-Out-Vereinbarung zwischen Kläger und Beklagter, mit der sich dieser freiwillig für die Laufzeit der Vereinbarung, das heißt jedenfalls bis zur jeweiligen Widerrufsmöglichkeit zum Ablauf eines Kalenderjahres (mit einer Frist von drei Monaten) zu einer erhöhten Wochenarbeitszeit bereit erklärt hat. Falls den Kläger später die Erklärung gereut haben sollte (wofür allerdings nach Lage der Akten nichts ersichtlich ist), stünde das nicht dem Umstand entgegen, dass er sich freiwillig zur Ableistung einer erhöhten Wochenarbeitszeit „bereit erklärt“ hat. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die lediglich zum Jahresende bestehende Widerrufsmöglichkeit eine nicht mehr mit dem Erfordernis der Freiwilligkeit zu vereinbarende Einschränkung darstellen würde. Es handelt sich für den Beamten um einen überschaubaren Zeitraum, der aber auch dem Dienstherrn die erforderliche Planungssicherheit für den Personaleinsatz bietet. Mit Blick auf die verschiedenen (weiteren) Voraussetzungen, an die eine Überschreitung der nach der allgemeinen Regelung des Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG vorgesehenen wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden geknüpft ist, liegt in der durch die beschränkte Widerrufsmöglichkeit bedingten „Mindestlaufzeit“ der Vereinbarung auch keine „vertragliche Umgehung“ des Schutzzwecks der Richtlinie 2003/88/EG.
13Die gegen die Höhe der vereinbarten Vergütung von (lediglich) 20 Euro brutto für jede tatsächlich geleistete 24-Stunden-Schicht gerichteten Einwände greifen ebenfalls nicht durch. Nicht verständlich ist es, soweit der Kläger meint, die entsprechende Vergütungsregelung in § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2007 sei wegen Verstoßes gegen Bundesrecht unwirksam, weil sie vor der Föderalismusreform ergangen sei und es an einer Regelung im Bundesbesoldungsgesetz bzw. einer Ermächtigung des Landesgesetzgebers gefehlt habe. Denn die Änderung von Art. 74 GG sowie die Aufhebung von Art. 74a und 75 GG sind bereits am 1. September 2006 in Kraft getreten. Seither war das Gebiet der Besoldung und Versorgung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG von der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes ausgenommen.
14Den Einwendungen des Klägers gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach bei einer vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden möglicherweise ein relevanter Vorteil in dem erheblich höheren Anteil des Bereitschaftsdienstes (31 Stunden anstelle von 19 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) gegenüber dem Arbeits- und Ausbildungsdienst (23 Stunden anstelle von 29 Stunden bei 48 Stunden Wochenarbeitszeit) liegt, muss hier schon deswegen nicht weiter nachgegangen werden, weil die Kammer ausdrücklich „nur ergänzend“ auf diesen Umstand „hinweist“.
15Aber auch darüber hinaus werden keine durchgreifenden Einwände gegen die Höhe der Vergütung vorgebracht; insbesondere wird nicht deutlich, auf welcher Rechtsgrundlage ein über die vereinbarte Vergütung hinausgehender Rechtsanspruch beruhen sollte. Sowohl dem unionsrechtlichen als auch dem beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch steht die Opt-Out-Vereinbarung entgegen, gegen deren Wirksamkeit nach Vorstehendem keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Eine Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 61 Abs. 2 LBG NRW kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit im Sinne des § 61 Abs. 1 LBG NRW handelt.
16Mangels einer erkennbaren Anspruchsgrundlage für eine (weitergehende) Vergütung führt auch der Hinweis auf § 2 Abs. 3 BBesG nicht weiter, wonach der Beamte auf die ihm zustehende Besoldung weder ganz noch teilweise verzichten kann.
17Soweit der Kläger meint, bei der Vergütung von 20 Euro je Schicht, die einem Stundenlohn von nur 3,77 Euro entspreche, handele es sich um eine „europarechtlich unangemessene Kompensation“, verkennt er, dass die von ihm geforderte Orientierung an den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung nur im – hier nicht vorliegenden – Fall europarechtswidriger Zuvielarbeit geboten ist. Auch ist ohne weitere Erläuterung nicht ersichtlich, dass allgemeine Grundsätze des Arbeitsschutzes bei der hier vereinbarten Wochenarbeitszeit von 54 Stunden nicht eingehalten werden. Entsprechende Bedenken drängen sich mit Blick auf die oben dargestellten erheblichen höheren Anteile der Bereitschaftsdienstzeiten im Vergleich zu den Arbeits- und Ausbildungsdienstzeiten auch nicht auf. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine unterschiedliche Belastung der verschiedenen Dienste nicht berücksichtigt werden dürfte, solange die (europa-)rechtlichen Vorgaben zur Höchstarbeitszeit in Art. 6, 22 RL 2003/88/EG eingehalten werden. Eine Verpflichtung, den Bereitschaftsdienst über die Berechnung der Höchstarbeitszeit hinaus in jeder Hinsicht dem Arbeits- und Ausbildungsdienst gleichzustellen, lässt sich der Richtlinie 2003/88/EG nicht entnehmen.
18Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15. Januar 2015 – 6 A 1219/14 –, nrwe.de.
19Soweit sich das Verwaltungsgericht darauf stützt, das Vorbringen des Klägers gegen die Höhe der Zulage greife schon deswegen nicht durch, weil es gegen Treu und Glauben verstoße, verlangt das Zulassungsvorbringen keine abweichende Einschätzung. Die Auffassung des Klägers, das auf der Opt-Out-Vereinbarung beruhende Vertrauen der Beklagten, er (der Kläger) werde keinen weiteren (finanziellen) Ausgleich verlangen, sei nicht schutzwürdig, überzeugt nicht. Er meint, dies folge daraus, dass der Beklagten der Verstoß der Opt-Out-Regelung gegen die Richtlinie 2003/88/EG bekannt gewesen sei. Ein solcher Verstoß ist – wie oben dargestellt – aber bereits nicht feststellbar. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in Frage stehen sollte, weil die Initiative zu der Opt-Out-Vereinbarung offenbar von der Beklagten ausging und diese die Erklärungen vorformuliert hatte.
20Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
21Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
22Die aufgeworfenen Rechtsfragen
23„Erfasst Art. 22 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) Richtlinie 2003/88/EG auch die Fälle, in denen sich ein Arbeitnehmer vertraglich, für einen längeren Zeitraum – z.B. von einem Jahr, zu einer Mehrarbeit von mehr als 48 Stunden innerhalb eines Sieben-Tage-Zeitraums verpflichtet, oder werden von dieser Regelung nur diejenigen Fälle erfasst, in denen der Arbeitnehmer konkret im Einzelfall seine Bereitschaft erklärt, mehr zu arbeiten?“
24„Sind Vereinbarungen zwischen Städten und Gemeinden auf der einen Seite sowie Feuerwehrbeamten auf der anderen Seite dahingehend, dass die Feuerwehrbeamten für die Dauer von mindestens einem Jahr über 48 Stunden hinaus bis zu wöchentlich 54 Stunden Dienst leisten, wirksam? Stellt es einen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich die Feuerwehrbeamten auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen?“
25lassen sich auch ohne die vertiefte Prüfung in einem Berufungsverfahren auf der Grundlage des Wortlauts der Vorschriften sowie anerkannter Auslegungsmethoden in dem oben dargestellten Sinn beantworten.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 3 GKG.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Empfänger von Dienstbezügen in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern und Empfänger von Anwärterbezügen erhalten eine Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten, wenn sie mit mehr als fünf Stunden im Kalendermonat zum Dienst zu ungünstigen Zeiten herangezogen werden.
(2) Dienst zu ungünstigen Zeiten ist der Dienst
- 1.
an Sonntagen und gesetzlichen Wochenfeiertagen, - 2.
an Samstagen nach 13.00 Uhr, - 3.
an den Samstagen vor Ostern und Pfingsten nach 12.00 Uhr; dies gilt auch für den 24. und 31. Dezember jeden Jahres, wenn diese Tage nicht auf einen Sonntag fallen, - 4.
an den übrigen Tagen in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr.
(3) Zulagefähig sind nur Zeiten einer tatsächlichen Dienstausübung; Bereitschaftsdienst, der zu ungünstigen Zeiten geleistet wird, ist voll zu berücksichtigen.
(4) Zum Dienst zu ungünstigen Zeiten gehören nicht Reisezeiten bei Dienstreisen und die Rufbereitschaft.
(5) Rufbereitschaft im Sinne von Absatz 4 ist das Bereithalten des hierzu Verpflichteten in seiner Häuslichkeit (Hausrufbereitschaft) oder das Bereithalten an einem von ihm anzuzeigenden und dienstlich genehmigten Ort seiner Wahl (Wahlrufbereitschaft), um bei Bedarf zu Dienstleistungen sofort abgerufen werden zu können. Beim Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft gilt als Häuslichkeit die Gemeinschaftsunterkunft.
(1) Die Zulage beträgt für Dienst
- 1.
an Sonntagen und gesetzlichen Wochenfeiertagen, an den Samstagen vor Ostern und Pfingsten nach 12.00 Uhr sowie am 24. und 31. Dezember jeden Jahres nach 12.00 Uhr, wenn diese Tage nicht auf einen Sonntag fallen, 5,67 Euro je Stunde, - 2.
- a)
an den übrigen Samstagen in der Zeit zwischen 13.00 Uhr und 20.00 Uhr 1,34 Euro je Stunde sowie - b)
im Übrigen in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr 2,67 Euro je Stunde.
(2) Für Dienst über volle Stunden hinaus wird die Zulage anteilig gewährt.
(1) Der Bund kann nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes Grundstücke beschaffen
- 1.
für Zwecke der Verteidigung; - 2.
insbesondere auch zur Erfüllung der Verpflichtungen des Bundes aus zwischenstaatlichen Verträgen über die Stationierung und Rechtsstellung von Streitkräften auswärtiger Staaten im Bundesgebiet; - 3.
zur Gewährung einer Entschädigung in Land im unmittelbaren Zusammenhang mit Maßnahmen nach Nummer 1 oder 2; - 4.
zur Verlegung oder Errichtung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im unmittelbaren Zusammenhang mit Maßnahmen nach Nummer 1, 2 oder 3; - 5.
zur Unterbringung von Personen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen, die wegen der Verwendung bundes- oder reichseigener Grundstücke für Zwecke der Nummern 1 und 2 notwendig ist; - 6.
zur Verlegung von Anlagen oder Einrichtungen der Verteidigung, weil die benutzten Grundstücke für Anlagen oder Einrichtungen benötigt werden, für die eine Enteignung nach anderen Gesetzen zulässig wäre.
(2) Sollen Grundstücke für die in Absatz 1 genannten Zwecke beschafft werden, so ist die Landesregierung zu hören, die nach Anhörung der betroffenen Gemeinde (Gemeindeverband) unter angemessener Berücksichtigung der Erfordernisse der Raumordnung, insbesondere der landwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen sowie der Belange des Städtebaus und des Naturschutzes und der Landschaftspflege, zu dem Vorhaben Stellung nimmt. Die Stellungnahme hat sich auch darauf zu erstrecken, ob das Vorhaben aus Grundbesitz der öffentlichen Hand, der in angemessener Entfernung gelegen und für das Vorhaben geeignet ist, unter Berücksichtigung der Grundsätze in Satz 1 befriedigt werden kann. Zu dem Grundbesitz der öffentlichen Hand gehört auch der Grundbesitz juristischer Personen des privaten Rechts, an deren Kapital die öffentliche Hand überwiegend beteiligt ist.
(3) Alsdann bezeichnet der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit den beteiligten Bundesministern die Vorhaben, für die Grundstücke nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu beschaffen sind, und sorgt in geeigneten Fällen für öffentliche Bekanntmachung. Will der zuständige Bundesminister von der Stellungnahme der Landesregierung abweichen, so unterrichtet er die betreffende Landesregierung vor seiner Entscheidung.
(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch
- 1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt; - 2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen; - 3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist; - 4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. - 5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer - a)
von 0,35 Euro für 2021, - b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
- 5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert. - 5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte, - 6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt; - 7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.
(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,
- 1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt, - 2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.
(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft
- 1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder - 2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt
- 1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, - 2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, - 3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.
(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Mai 2012 - 15 Sa 181/12 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. November 2011 - 16 Ca 14360/11 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen mit der Maßgabe abgeändert, dass das Angebot der Klägerin keine Vollzeittätigkeit, sondern eine Teilzeittätigkeit im Umfang von 19,25 Wochenstunden beinhaltet. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
-
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses.
- 2
-
Zwischen den Parteien bestand bis zum 31. Dezember 1998 ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin erbrachte im Rahmen einer Personalgestellung ihre Arbeitsleistung bei der Betriebskrankenkasse des beklagten Landes, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (im Folgenden: BKK Berlin). Im August 1995 lehnte das beklagte Land gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin die weitere Übernahme der Personalkosten für die Führung der Krankenkasse ab.
- 3
-
Die Klägerin erhielt ein schriftliches Arbeitsvertragsangebot von der BKK Berlin. Mit Schreiben vom 20. April 1998 gab das beklagte Land, vertreten durch den damaligen Senator für Inneres, gegenüber der Klägerin und den anderen ca. 200 betroffenen Arbeitnehmern folgende Erklärung ab:
-
„…
-
die BKK Berlin hat Ihnen aufgrund des Arbeitgeberwechsels zum 01.01.1999 einen neuen Arbeitsvertrag ausgehändigt.
-
Vorausgesetzt, dass Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die BKK Berlin zugestimmt haben, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Senat von Berlin Ihnen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin für den Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin einräumt.
-
…“
- 4
-
Die Klägerin unterzeichnete den Arbeitsvertrag mit der BKK Berlin.
- 5
-
Das beklagte Land schloss mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) am 12. August 1998 eine Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung (im Folgenden: VBSV BKK). Diese enthielt ua. folgende Regelungen:
-
„§ 1
Anwendungsbereich
Die nachfolgenden Regelungen gelten für den Übergang der Arbeitnehmer des Landes Berlin auf die Betriebskrankenkasse des Landes Berlin (BKK Berlin).
§ 2
Übergang der Beschäftigungsverhältnisse und
Rückkehrrecht
…
(2)
Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund des § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen sind, haben das Recht, im Falle einer Vereinigung (§ 150 SGB V), soweit sie selbst von Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind, einer Auflösung (§ 152 SGB V) und einer Schließung (§ 153 SGB V) in ein Arbeitsverhältnis zum Land Berlin zurückzukehren.
…
(3)
Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergegangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der BKK Berlin aus und wird im unmittelbaren Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G/ BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen.
(4)
Die Veränderungen nach Absatz 2, Unterabsatz 1 sind jedem Arbeitnehmer persönlich und unverzüglich in schriftlicher Form mitzuteilen. ...
…
§ 3
Feststellung nach der Beschäftigungssicherungsvereinbarung
Diese Vereinbarung ist eine Vereinbarung im Sinne der Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 der Vereinbarung über den Umgang mit der Personalüberhangsituation zur Beschäftigungssicherung vom 29. Mai 1997. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen, dass die in Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 dieser Vereinbarung getroffene Regelung ebenso für Fälle einer Nichtzustimmung nach § 147 Abs. 2 SGB V gilt.“
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Die Klägerin erhielt vom beklagten Land eine schriftliche Mitteilung vom 20. August 1998, in der es heißt:
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„…
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wie wir Ihnen bereits in unserem Schreiben vom 20.4.1998 mitgeteilt haben, wird Ihnen als Beschäftigte/r der BKK unter bestimmten Voraussetzungen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin gewährt. Dieses Rückkehrrecht ist zwischenzeitlich in einer Vereinbarung, die zwischen den Gewerkschaften ÖTV und DAG und dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Inneres, abgeschlossen wurde, zusätzlich abgesichert und konkretisiert worden. ...“
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Zum 1. Januar 2004 erfolgte eine freiwillige Vereinigung der BKK Berlin mit der BKK Hamburg zur City BKK. Das beklagte Land teilte der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) mit Schreiben vom 13. Mai 2004 mit, dass nach der Fusion der Fortbestand der VBSV BKK nicht erforderlich erscheine, und bat um Mitteilung, ob eine einvernehmliche Aufhebung möglich sei. Darauf antwortete ver.di dem beklagten Land im Juni 2004 ua. Folgendes:
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„… Aufgrund dieser Fusion zum 1. Januar 2004 und der sie ergänzenden tariflichen Verständigung mit der City BKK sehen wir die Grundlage der VBSV BKK als nicht mehr gegeben an, so dass sie mit Wirkung der Fusion der beiden BKKen in Berlin und Hamburg zur City BKK entbehrlich geworden ist.
-
Hinsichtlich der in § 3 Absatz 1 der VBSV BKK getroffenen Regelung bezüglich der Berücksichtigung von in der BKK Berlin erbrachten Beschäftigungs- und Dienstzeiten würde es uns der Einfachheit halber genügen, wenn Sie uns schriftlich bestätigen, dass Sie diese Regelung inhaltlich ggf. zur Anwendung brächten. Mithin würde die VBSV BKK vom 12.8.1998 mit Wirkung des 1.1.2004 keine Anwendung mehr finden.
-
…
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Sollten Sie wie wir mit dem Eintreten der Fusion zum 1.1.2004 die Wirkung der VBSV BKK vom 12.8.1998 als beendet ansehen und mit der unbürokratischen Verfahrensweise bezüglich einer möglichen Anwendung der sinngemäßen Regelungen hinsichtlich der in der BKK Berlin erbrachten Beschäftigungs- und Dienstzeiten einverstanden sein, bitten wir Sie lediglich um eine kurze schriftliche Bestätigung.“
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Das beklagte Land erwiderte hierauf mit Schreiben vom 21. Juni 2004:
-
„…
unter Bezugnahme auf Ihr o. g. Schreiben bestätige ich Ihnen, dass mit dem Eintreten der Fusion der BKK Berlin mit der BKK Hamburg zur City BKK zum 01.01.2004 die Beschäftigungssicherungsvereinbarung BKK (VBSV BKK) vom 12. August 1998 als beendet angesehen wird.
Die bisher in § 2 Abs. 3 VBSV BKK getroffene Regelung bezüglich der Berücksichtigung von in der BKK Berlin erbrachter Beschäftigungs- und Dienstzeiten wird infolge der Fusion künftig ggf. wie folgt zur Anwendung kommen:
‚Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK Berlin übergangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der City BKK aus und wird in unmittelbarem Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bis zum 31.12.2003 bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen.‘
…“
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Zum 1. Januar 2005 fusionierte die City BKK mit der BKK Bauknecht und der BeneVita BKK. Die dadurch entstandene Betriebskrankenkasse führte ebenfalls den Namen City BKK. Mit Bescheid vom 4. Mai 2011 ordnete das Bundesversicherungsamt die Schließung der City BKK mit Ablauf des 30. Juni 2011 an. Diese teilte der Klägerin Anfang Mai 2011 mit, dass ihr Arbeitsverhältnis nach § 164 Abs. 4 SGB V mit Ablauf des 30. Juni 2011 ende. Vorsorglich kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2011 sowie hilfsweise zum 31. Dezember 2011. Die Klägerin verfolgt in einem gesonderten Verfahren die Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses zur City BKK.
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Im Mai 2011 machte die Klägerin unter Hinweis auf das Schreiben des beklagten Landes vom 20. April 1998 und die VBSV BKK schriftlich ihr Rückkehrrecht gegenüber dem beklagten Land geltend. Dieses lehnte mit Schreiben vom 7. Juni 2011 die von der Klägerin beantragte Wiedereinstellung ab.
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Die Klägerin ist der Auffassung, die Voraussetzungen der Rückkehrzusage des beklagten Landes vom 20. April 1998 seien erfüllt. Sie behauptet, sie habe dem Wechsel zur BKK Berlin nur wegen dieser Zusage zugestimmt. Nach dieser sei sie so zu stellen, als wäre sie über den 31. Dezember 1998 hinaus beim Land Berlin weiterbeschäftigt worden.
- 12
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als Verwaltungsangestellte beginnend ab dem 1. Juli 2011 in Vollzeittätigkeit - hilfsweise in Teilzeittätigkeit mit 19,25 Wochenstunden - mit Vergütung nach Vergütungsgruppe Vb BAT nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 (Angleichungs-TV Land Berlin) unter Berücksichtigung der bei der BKK Berlin KöR sowie der City BKK KöR zurückgelegten Betriebszugehörigkeit anzunehmen.
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Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, der Fall der Schließung der City BKK sei von seiner Rückkehrzusage nicht umfasst. Diese habe sich ausschließlich auf die Schließung/Auflösung der BKK Berlin bezogen. Dementsprechend sei auch die VBSV BKK im Einvernehmen mit ver.di aufgehoben worden. Keinesfalls habe die Klägerin einen Anspruch auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses in Vollzeit, weil sie vor dem Wechsel zur Betriebskrankenkasse zuletzt nur in Teilzeit mit 19,25 Wochenstunden tätig gewesen sei. Soweit die Klägerin die Berücksichtigung von Zeiten verlange, in denen sie in einem Arbeitsverhältnis zu den Betriebskrankenkassen gestanden habe, sei dies zu pauschal. Jedenfalls sei für dieses Begehren keine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Die im Schreiben vom 21. Juni 2004 an ver.di erfolgte Zusage der Anerkennung von Beschäftigungs- und Dienstzeiten habe sich nur auf die durch die Vereinigung mit der BKK Hamburg entstandene City BKK, nicht aber auf die Betriebskrankenkasse gleichen Namens bezogen, die durch die spätere Vereinigung mit den weiteren zwei Kassen entstanden sei.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist nur teilweise begründet.
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A. Der Hauptantrag ist zwar zulässig, aber unbegründet.
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I. Der auf die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtete Klageantrag ist zulässig. Ein solcher Antrag entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 13 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Klageantrag dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.
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1. Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für einen solchen Vertrag notwendigen Mindestinhalt(essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“ und damit Art und Beginn der Arbeitsleistung. Die Art der Arbeitsleistung kann sich - mittelbar - auch über die Angabe einer Eingruppierung in ein kollektives Entgeltschema erschließen, wenn dieses bestimmte Tätigkeiten einer Entgelt- oder Vergütungsgruppe zuordnet (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20). Eine Einigung über weitere Inhalte ist grundsätzlich nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung vergütet werden soll. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, ist gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen(vgl. BAG 13. März 2013 - 7 AZR 344/11 - Rn. 16; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 19 mwN). Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag ist freilich nur dann bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Nimmt der Kläger in seinen Klageantrag über den für den Abschluss eines Arbeitsvertrags notwendigen Mindestinhalt noch weitere Arbeitsbedingungen auf, müssen diese bestimmt bezeichnet sein. Zur Ermittlung des Inhalts einer mit der Klage erstrebten Willenserklärung kann - wie bei anderen auslegungsbedürftigen Klageanträgen - die Klagebegründung herangezogen werden (BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20).
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2. Daran gemessen hat die Klägerin den Inhalt des beanspruchten Arbeitsvertrags hinreichend bestimmt beschrieben.
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a) Der Vertrag soll mit Wirkung zum 1. Juli 2011 geschlossen werden. Die von der Klägerin verlangte Beschäftigung als Verwaltungsangestellte führt nicht zur Unbestimmtheit des Klageantrags, sondern zu einem entsprechend weiten Direktionsrecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20), das allerdings durch die Angabe der Vergütungsgruppe eingeschränkt wird. Der öffentliche Arbeitgeber ist nicht berechtigt, dem Arbeitnehmer (auf Dauer) eine Tätigkeit einer niedrigeren als der vereinbarten Vergütungsgruppe zu übertragen (vgl. BAG 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 3 a bb der Gründe, BAGE 112, 361).
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b) Soweit die Klägerin die Vergütung nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 (Angleichungs-TV Land Berlin) unter Berücksichtigung der bei der BKK Berlin sowie der City BKK zurückgelegten Betriebszugehörigkeit begehrt, ergibt sich aus der Klagebegründung hinreichend deutlich, mit welchem Inhalt der Arbeitsvertrag zustande kommen soll. Die verlangte Berücksichtigung der bei der BKK Berlin und der City BKK zurückgelegten Beschäftigungszeiten bei ihrer Vergütung zeigt, dass diese Zeiten nicht nur bei der Anwendung bestimmter tariflicher Regelungen angerechnet werden sollen (zB bei der Beschäftigungszeit iSd. § 34 Abs. 3 TV-L oder bei der einschlägigen Berufserfahrung iSd. § 16 TV-L). Vielmehr kommt damit zum Ausdruck, dass die Klägerin so zu stellen ist, als habe sie über den 31. Dezember 1998 hinaus bis zum 30. Juni 2011 in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden und wäre weiterhin nur im Rahmen der Personalgestellung bei den Betriebskrankenkassen beschäftigt worden (vgl. zur Bestimmtheit eines solchen Klageantrags: BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 672/10 - Rn. 22 mwN). Von diesem Verständnis des Klageantrags ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.
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II. Der Hauptantrag ist jedoch unbegründet.
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1. Der Begründetheit des Antrags steht allerdings nicht entgegen, dass die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Juli 2011 wirken soll.
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a) Seit dem Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Annahmeerklärung greift, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 17; 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 35, BAGE 134, 223). Die Pflicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Annahme eines Vertragsangebots setzt grundsätzlich den Zugang des Angebots voraus.
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b) Dieses Erfordernis ist erfüllt. Dem beklagten Land ist das Vertragsangebot der Klägerin auf Neubegründung des Arbeitsverhältnisses vor dem 1. Juli 2011 zugegangen. Die Klägerin hat im Mai 2011 gegenüber dem beklagten Land unter Hinweis auf dessen Rückkehrzusage ihre Wiedereinstellung beantragt.
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Der Wortlaut des Schreibens, mit dem die Klägerin ihr Rückkehrrecht geltend machte, hindert die Annahme eines Vertragsangebots iSv. § 145 BGB nicht. Seine Auslegung gemäß den §§ 133, 157 BGB führt zu einem hinreichend konkreten Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. Aus dem Hinweis auf die Schließung der City BKK mit Ablauf des 30. Juni 2011 wurde deutlich, dass die Klägerin unmittelbar nach diesem Zeitpunkt und damit ab dem 1. Juli 2011 wieder ein Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land eingehen wollte. Die Geltendmachung des Rückkehrrechts gemäß der Rückkehrzusage des beklagten Landes kann nur so verstanden werden, dass die Klägerin zu den vom beklagten Land für den Fall der Rückkehr zugesagten Arbeitsbedingungen beschäftigt werden wollte. Diese, zB die Eingruppierung der Klägerin, waren dem beklagten Land bekannt und mussten von der Klägerin daher nicht näher angegeben werden. Das hat auch das beklagte Land selbst so gesehen. Es hat die Geltendmachung des Rückkehrrechts unter Hinweis auf seine Rückkehrzusage vom 20. April 1998 ausweislich des Ablehnungsschreibens vom Juni 2011 als Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags verstanden und die beantragte Wiedereinstellung iSv. § 146 BGB abgelehnt.
- 27
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2. Das beklagte Land ist nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten und damit für den Senat gemäß § 559 ZPO bindenden Sachverhalt nicht verpflichtet, mit der Klägerin ein Arbeitsverhältnis zu begründen, das auf eine Vollzeitbeschäftigung gerichtet ist. Die Rückkehrzusage vom 20. April 1998 kann nicht so ausgelegt werden, dass sie für den Fall der erneuten Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien einen Anspruch für die Klägerin einräumt, bessergestellt zu werden, als sie gestanden hätte, wenn sie über den 31. Dezember 1998 hinaus in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden hätte. Die nach allgemeinen Grundsätzen in Bezug auf die für sie günstigen Tatsachen darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht dargetan, aus welchen Umständen sie einen Anspruch auf Vollzeitbeschäftigung ableitet, obwohl das beklagte Land substanziiert vorgetragen hat, die Klägerin sei vor dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zur BKK Berlin und auch danach nur in Teilzeit beschäftigt gewesen. Das beklagte Land hat insofern in seiner Berufungsbegründung auf den von der Klägerin selbst in Kopie zur Akte gereichten Arbeitsvertrag zwischen Klägerin und der BKK Berlin Bezug genommen, nach dem sie mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden teilzeitbeschäftigt war. Mit weiterem Schriftsatz vom 21. Mai 2012 hat das beklagte Land zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch später nicht dargetan hat, aus welchen Umständen ein Anspruch auf Vollzeitbeschäftigung folgen soll. Weiterer Sachvortrag der Klägerin zu dieser Frage lässt sich auch dem Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 23. Mai 2012 nicht entnehmen. Stattdessen hat die Klägerin ihren Klageantrag um den auf eine Teilzeittätigkeit gerichteten Hilfsantrag erweitert.
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B. Der dem Senat zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag ist zulässig und begründet. Das beklagte Land ist aufgrund des in seinem Schreiben vom 20. April 1998 zugesagten Rückkehrrechts zur Annahme des auf eine Teilzeittätigkeit im Umfang von 19,25 Wochenstunden gerichteten Vertragsangebots der Klägerin verpflichtet.
- 29
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I. Das Schreiben enthält eine rechtsverbindliche Erklärung des beklagten Landes. Es begründet unter den genannten Voraussetzungen die Verpflichtung des beklagten Landes zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit rückkehrwilligen Arbeitnehmern. Darüber besteht kein Streit.
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II. Die gemäß § 151 Satz 1 BGB auch ohne ausdrückliche Annahmeerklärung der Klägerin zustande gekommene Vereinbarung über ihr Rückkehrrecht ist nicht nach § 4 Abs. 2 BAT iVm. §§ 125, 126 BGB nichtig. Es handelt sich nicht um eine dem Schriftformerfordernis unterliegende Nebenabrede zum Arbeitsvertrag iSd. § 4 Abs. 2 BAT, die in Bezug auf das vormals bestehende Arbeitsverhältnis nur sekundäre Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regelte(vgl. dazu BAG 7. Mai 1986 - 4 AZR 556/83 - zu 2 der Gründe, BAGE 52, 33). Vielmehr wurde mit der Vereinbarung ein Anspruch der Klägerin auf Neuabschluss eines Arbeitsverhältnisses unter den genannten Bedingungen begründet. Aus der Annahme, dass ein Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht den Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen nach Ausspruch einer Kündigung wieder einstellen muss (vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 21), folgt entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht, dass eine entsprechende Vereinbarung der Parteien über ein Rückkehrrecht als Nebenabrede iSd. § 4 Abs. 2 BAT anzusehen ist. Deshalb kann dahinstehen, ob es dem beklagten Land nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt wäre, sich auf eine Unwirksamkeit der Zusage wegen Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses zu berufen.
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III. Die Schließung der City BKK durch das Bundesversicherungsamt mit Ablauf des 30. Juni 2011 löste das Rückkehrrecht gemäß § 158 Abs. 1 BGB aus.
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1. Bei dem Schreiben vom 20. April 1998 handelt es sich um eine typische Erklärung, die vom beklagten Land für eine Vielzahl von Fällen formuliert wurde. Das an die Klägerin gerichtete Schreiben entspricht - mit Ausnahme der Anrede - wortgleich den Schreiben, mit denen das beklagte Land den anderen betroffenen Arbeitnehmern das Rückkehrrecht einräumte.
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2. Typische Willenserklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Das Revisionsgericht kann den Inhalt von solchen Mustererklärungen, die keine individuellen Besonderheiten enthalten, uneingeschränkt selbstständig auslegen (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 670/10 - Rn. 26; 20. Mai 2008 - 9 AZR 271/07 - Rn. 18).
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3. Entgegen der Rechtsauffassung des beklagten Landes ist ein Rückkehrrecht entstanden, obwohl die vom Bundesversicherungsamt zum 30. Juni 2011 geschlossene Arbeitgeberin der Klägerin unter dem Namen City BKK im Rechtsverkehr auftrat und aus dem Zusammenschluss der BKK Berlin mit anderen Betriebskrankenkassen hervorgegangen war.
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a) Der Wortlaut der Erklärung steht diesem Verständnis nicht entgegen. Zwar ist im Schreiben vom 20. April 1998 nur der Fall der Schließung/Auflösung der BKK Berlin ausdrücklich genannt. Für die Erklärungsempfänger war aus dieser Formulierung jedoch nicht zu entnehmen, dass ein Rückkehrrecht nur im Falle der Schließung/Auflösung der im Zeitpunkt der Zusage bestehenden und unter „BKK Berlin“ firmierenden Betriebskrankenkasse entstehen und die Schließung einer - ggf. unter anderem Namen auftretenden - Rechtsnachfolgerin nicht erfasst sein sollte. Zum Zeitpunkt der Einräumung des Rückkehrrechts existierten die Rechtsnachfolgerinnen noch nicht. Die BKK Berlin konnte auch als „Platzhalter“ für mögliche Rechtsnachfolgerinnen verstanden werden. Entgegen der Ansicht des beklagten Landes hat die Erklärung insoweit keinen eindeutigen Inhalt. Ob eine empfangsbedürftige Willenserklärung eindeutig ist, steht erst als Ergebnis einer Auslegung fest (vgl. BAG 20. Juli 2004 - 9 AZR 626/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 260; BGH 8. Dezember 1982 - IVa ZR 94/81 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 86, 41; Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 133 BGB Rn. 6; MüKoBGB/Busche 6. Aufl. § 133 Rn. 53). Der Beschränkung des Rückkehrrechts auf den Fall der Schließung/Auflösung der „BKK Berlin“ im wörtlichen Sinn steht schon die Möglichkeit der Namensänderung der Betriebskrankenkasse entgegen. Das eingeräumte Rückkehrrecht wäre praktisch wertlos, wenn der Bedingungseintritt durch eine bloße Umbenennung der Körperschaft hätte ausgeschlossen werden können. Letzteres hat auch das beklagte Land in der Revisionsverhandlung so gesehen.
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b) Vor allem der von dem beklagten Land mit der Erteilung der Wiedereinstellungszusage verfolgte Zweck gebietet ein Verständnis, dass das Rückkehrrecht durch den Zusammenschluss mit einer anderen Betriebskrankenkasse weder ausgelöst wurde noch unterging.
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aa) Das beklagte Land weist zwar zutreffend darauf hin, dass kein Recht auf Rückkehr von einer im Wege einer Vereinigung entstandenen neuen Betriebskrankenkasse bestünde, wenn bereits die freiwillige Vereinigung der BKK Berlin mit einer anderen Betriebskrankenkasse das Rückkehrrecht ausgelöst hätte (vgl. zum Vorbehalt der Konzernzugehörigkeit: BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 37). Die Erklärung vom 20. April 1998 begründet jedoch entgegen der Ansicht des beklagten Landes für den Fall einer solchen Vereinigung kein Rückkehrrecht. Aus dem Umstand, dass nach den Vorschriften des SGB V Rechtsfolge einer Vereinigung zweier Betriebskrankenkassen ist, dass diese geschlossen sind, folgt nicht, dass bereits die Vereinigung der BKK Berlin mit der BKK Hamburg das Rückkehrrecht auslöste. Mit der Formulierung „für den Fall der Schließung/Auflösung“ stellte die Rückkehrzusage des beklagten Landes nicht auf die in § 150 SGB V geregelte freiwillige Vereinigung von Betriebskrankenkassen ab, sondern auf die Regelungen in §§ 152, 153 SGB V, die die Auflösung und Schließung von Betriebskrankenkassen betreffen. Das wird schon daraus deutlich, dass die Vereinigung von Betriebskrankenkassen regelmäßig nicht per se zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führt, den das Rückkehrrecht ausgleichen soll. Die Vereinigung führt vielmehr zu einer Gesamtrechtsnachfolge, die auch die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der fusionierten Krankenkassen erfasst (BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 25, BAGE 135, 327).
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bb) Dass nach dem Willen des beklagten Landes die Vereinigung mit einer anderen Betriebskrankenkasse das im Schreiben vom 20. April 1998 zugesagte Rückkehrrecht grundsätzlich noch nicht auslösen sollte, zeigt auch die Regelung in § 2 Abs. 2 VBSV BKK. Danach besteht ein Recht zur Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis zum beklagten Land zwar ausdrücklich auch für den Fall der Vereinigung iSd. § 150 SGB V, jedoch nur, wenn die Arbeitnehmer selbst von „Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind“.
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cc) Der Zweck der Einräumung des Rückkehrrechts gebietet ein Verständnis, das auch die Schließung einer Rechtsnachfolgerin umfasst, die in die Arbeitsverhältnisse im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist. Das Rückkehrrecht sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass die betroffenen Arbeitnehmer mit dem beklagten Land im Vergleich zu der BKK Berlin, die unstreitig bereits im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 20. April 1998 wirtschaftliche Probleme hatte, einen „sicheren“ Arbeitgeber verloren. Für den damit vom beklagten Land verfolgten Zweck, den zur BKK Berlin wechselnden Arbeitnehmern bei einem Verlust ihres Arbeitsplatzes einen Arbeitsplatz bei ihm zu garantieren, ist es ohne Bedeutung, wenn an die Stelle der „BKK Berlin“ im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 150 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V ein anderer Arbeitgeber getreten ist(vgl. zur Rechtsnachfolge gemäß § 613a BGB: BAG 24. April 2013 - 7 AZR 523/11 - Rn. 41).
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dd) Wirtschaftliche Interessen des beklagten Landes geben kein anderes Auslegungsergebnis vor. Zwar ist bei der Auslegung einer Willenserklärung neben den Verständnismöglichkeiten des Empfängers auch das Interesse des Erklärenden daran zu berücksichtigen, dass sich der Empfänger darum bemüht, die Erklärung nicht misszuverstehen (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 25, BAGE 116, 336). Auch muss ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes grundsätzlich davon ausgehen, dass ihm sein Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen dieser rechtlich verpflichtet ist (BAG 29. September 2004 - 5 AZR 528/03 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 112, 112). Allerdings war das beklagte Land nicht zur Einräumung des Rückkehrrechts verpflichtet. Die Rückkehrzusage lag freilich in seinem wirtschaftlichen Interesse. Das beklagte Land hatte bis 1998 die Arbeitnehmer der BKK Berlin gestellt. Es hatte jedoch gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin erklärt, es lehne die weitere Übernahme der Kosten des für die Führung der Geschäfte erforderlichen Personals ab. Gemäß § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V hatte dies zur Folge, dass die BKK Berlin die bisher mit der Führung der Geschäfte der Betriebskrankenkasse beauftragten Personen übernahm. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse hing jedoch von der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer ab. Die Rückkehrzusage diente dazu, diese Zustimmung zu erreichen. Das beklagte Land nahm in seinem Schreiben vom 20. April 1998 ausdrücklich auf den von der BKK Berlin an die Arbeitnehmer übersandten Arbeitsvertragsentwurf Bezug und räumte das Rückkehrrecht für den Fall des Abschlusses eines Arbeitsvertrags ein.
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ee) Vor diesem Hintergrund kann die Formulierung „unbefristetes Rückkehrrecht“ aus der Sicht der betroffenen Arbeitnehmer nur so verstanden werden, dass auch die Schließung oder Auflösung einer Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin dieses Recht auslöst. Insofern unterscheidet sich die Zusage des beklagten Landes erheblich von der Zusage, über deren Auslegung das Bundesarbeitsgericht am 19. Oktober 2005 (- 7 AZR 32/05 -) zu entscheiden hatte. Jene Zusage war in einer Betriebsvereinbarung enthalten, die im Wesentlichen nur eine befristete Beibehaltung der bisher bei der Arbeitgeberin geltenden Arbeitsbedingungen und Vergünstigungen vorsah (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - Rn. 20). Die Erstreckung der Rückkehrzusage auch auf den Fall der Schließung einer aufgrund von Vereinigungen entstandenen Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin stellte auch kein unkalkulierbares Risiko für das beklagte Land dar (vgl. zum Risikoaspekt: BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - Rn. 25). Typischerweise sinkt die Zahl der Anspruchsberechtigten im Laufe der Zeit aufgrund altersbedingten Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Im Übrigen ging das beklagte Land das verbleibende Risiko bewusst ein. Bereits die Einflussmöglichkeiten des beklagten Landes auf die BKK Berlin, auf die sich das Rückkehrrecht unstreitig bezog, waren aufgrund der Regelungen zum Verwaltungsrat der Betriebskrankenkasse wesentlich geringer als der Einfluss einer herrschenden Gesellschaft auf eine Tochtergesellschaft im Konzern.
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c) Das vom beklagten Land eingeräumte Rückkehrrecht steht nicht unter der Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass das mit der BKK Berlin bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin begründete Arbeitsverhältnis infolge der Schließung beendet ist. Bereits ihrem Wortlaut nach knüpft die Erklärung vom 20. April 1998 an die Schließung/Auflösung der Betriebskrankenkasse und nicht an die Beendigung des einzelnen Arbeitsverhältnisses an. Dies ist auch interessengerecht. So stellt die Schließung einer Betriebskrankenkasse eine konkrete Gefahr für den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse dar. Zwar enthielt § 155 SGB V aF noch keinen Verweis auf § 164 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB V. Spätestens nach der Abwicklung der Geschäfte durch den Vorstand entfällt jedoch typischerweise der Beschäftigungsbedarf für die Arbeitnehmer. Es dient zudem der Rechtssicherheit, für die Frage des Bedingungseintritts nach § 158 Abs. 1 BGB nicht an die unter Umständen erst durch ein gerichtliches Verfahren zu klärende Frage der Beendigung des konkreten Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen, sondern an die Schließung/Auflösung der Betriebskrankenkasse und die damit verbundene typische Gefahr für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
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IV. Die Klägerin hat auch einen Anspruch darauf, unter Berücksichtigung ihrer im Dezember 1998 zuletzt bestehenden Eingruppierung so gestellt zu werden, als habe sie über den 31. Dezember 1998 hinaus, also auch vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 und vom 1. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2011, in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis zum beklagten Land gestanden. Die Verpflichtung zur Berücksichtigung der genannten Beschäftigungszeiten folgt bereits aus der Zusage des beklagten Landes vom 20. April 1998.
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1. Das beklagte Land wollte mit der Rückkehrzusage bewirken, dass die betroffenen Arbeitnehmer dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse iSd. § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V zustimmen. Insofern unterscheidet sich die Situation von der eines Betriebsübergangs, in der die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber nach § 613a Abs. 1 BGB übergehen, wenn die Arbeitnehmer passiv bleiben und dem Betriebsübergang nicht widersprechen. Nach § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V bedurfte es zum Übergang der Arbeitsverhältnisse der Zustimmung und damit eines aktiven Tuns der betroffenen Arbeitnehmer. Hierzu lag diesen ein Arbeitsvertragsangebot der BKK Berlin vor. Es war für das beklagte Land erkennbar, dass die Arbeitnehmer ihren beim beklagten Land erreichten sozialen Besitzstand nur dann aufgeben würden, wenn sie im Falle einer Schließung oder Auflösung der Betriebskrankenkasse die Folgen ihrer Zustimmung rückgängig machen konnten. Wenn das beklagte Land in dieser Situation ohne weitere Vorbehalte ein Rückkehrrecht einräumte, durften die betroffenen Arbeitnehmer die Rückkehrzusage so verstehen, dass sie im Falle ihrer Rückkehr so gestellt werden, als wären sie durchgehend beim beklagten Land beschäftigt gewesen. Auch wenn diese Rechtsfolge nicht jeder Rückkehrzusage immanent ist (vgl. zu § 17 Satz 1 HVFG: BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 138/10 - Rn. 29), folgt dies aus den Besonderheiten der Situation im Jahre 1998. Ins Gewicht fällt, dass die betroffenen Arbeitnehmer aufgrund der Personalgestellung durch das beklagte Land bereits seit Jahren bei der BKK Berlin tätig waren. Ohne die Ablehnungserklärung des beklagten Landes iSd. § 147 Abs. 2 Satz 4 SGB V gegenüber dem Vorstand der BKK Berlin hätte diese Form der gespaltenen Arbeitgeberstellung fortgeführt werden können. Die Ausübung des Rückkehrrechts stellt also nur die Situation her, die ohne die Ablehnungserklärung des beklagten Landes und die Zustimmung der Arbeitnehmer gemäß § 147 Abs. 2 SGB V bestanden hätte. Eine Besserstellung der zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer ist mit ihrer Rückkehr zum beklagten Land entgegen dessen Ansicht nicht verbunden.
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2. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Rückkehrzusage die zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer im Falle ihrer Rückkehr zum beklagten Land nicht so stellen sollte, als wären sie bei diesem durchgehend beschäftigt gewesen, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Nach dem Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin wird anders als unter der Geltung des BAT das Entgelt in den einzelnen Entgeltgruppen nicht nach Lebensaltersstufen bemessen, sodass das Alter für die Höhe der Vergütung ohne Bedeutung ist. Dies konnten weder das beklagte Land noch die zur BKK Berlin gewechselten Arbeitnehmer voraussehen. Die durch das Inkrafttreten des Angleichungs-TV Land Berlin nachträglich entstandene Regelungslücke in der Wiedereinstellungszusage kann nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nur so geschlossen werden, dass die Stufenzuordnung mithilfe des (fiktiven) Vergleichsentgelts vorzunehmen ist. Ist eine vertragliche Regelung planwidrig unvollständig, tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre (BAG 23. April 2013 - 3 AZR 512/11 - Rn. 34 mwN). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 31 mwN). Die Arbeitnehmer sollten durch den Wechsel zur BKK Berlin nicht Gefahr laufen, ihren bei dem beklagten Land erworbenen sozialen Besitzstand im Falle einer Auflösung oder Schließung der sie beschäftigenden Betriebskrankenkasse zu verlieren. Diesem Regelungszweck der Rückkehrzusage wird eine Stufenzuordnung nach § 16 TV-L nicht gerecht. Im Jahre 1998 erfolgte die Vergütung der betroffenen Arbeitnehmer nach dem BAT. Nach § 27 BAT bemaß sich die Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - BAGE 140, 1). Die vom Übergang nach § 147 Abs. 2 SGB V betroffenen Arbeitnehmer durften berechtigt darauf vertrauen, dass die Bemessung der Vergütung nach erreichten Lebensaltersstufen auch nach der Rückkehr zum beklagten Land Berücksichtigung findet. Dies ist nur bei einer Überleitung anhand des fiktiven Vergleichsentgelts gewährleistet.
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3. Der Berücksichtigung der gesamten Zeit bis zum 30. Juni 2011 stehen die Regelungen der VBSV BKK nicht entgegen. Dabei kann offenbleiben, ob § 2 Abs. 2 und Abs. 3 VBSV BKK nach dem Willen der unterzeichnenden Parteien so zu verstehen waren, dass auch die bei einer Rechtsnachfolgerin der BKK Berlin verbrachte Zeit zu berücksichtigen gewesen wäre. Selbst wenn die VBSV BKK oder der spätere Schriftwechsel zwischen dem beklagten Land und ver.di so auszulegen wären, dass nur die Zeit bis zum 31. Dezember 2003 Berücksichtigung finden sollte, hat dies keine Auswirkung auf den Inhalt der Rückkehrzusage des beklagten Landes vom 20. April 1998. Sowohl durch Tarifvertrag (§ 4 Abs. 3 TVG) als auch durch Koalitionsvertrag zugunsten Dritter (vgl. dazu BAG 5. November 1997 - 4 AZR 872/95 - zu II 1.2 der Gründe, BAGE 87, 45) können nur zusätzliche Rechte von Arbeitnehmern begründet, aber nicht bestehende Ansprüche zulasten der Arbeitnehmer beschränkt werden.
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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Brühler
Krasshöfer
Klose
M. Lücke
Kranzusch
Tenor
Soweit der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren für die Zeit bis zur Rücknahme des Zulassungsantrags auf die Wertstufe bis 40.000 Euro und für die Zeit danach auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 126 Abs. 3 Satz 2 VwGO einzustellen, soweit der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung mit Schriftsatz vom 9. September 2013 zurückgenommen hat – nämlich in Bezug auf den begehrten Ausgleich von im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2006 geleisteter Zuvielarbeit.
3Der danach verbleibende Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat – soweit mit Blick auf die teilweise Rücknahme des Zulassungsantrags von Interesse – festgestellt, dass der Bescheid vom 22. März 2011 ebenfalls rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), soweit sich das Ausgleichsbegehren auf den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2010 beziehe. Für diesen Zeitraum liege keine unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit vor. Aufgrund der zwischen den Beteiligten im Dezember 2006 und Dezember 2007 in zulässiger Weise getroffenen Individualvereinbarungen fehle es nämlich an einer Arbeitsleistung über die Grenze der höchstens zulässigen Wochenarbeitszeit hinaus.
7Die gegen diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
8Der Kläger macht geltend, die das Jahr 2007 betreffende Individualvereinbarung, mit der er sich freiwillig bereit erklärt habe, eine durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im feuerwehrtechnischen Schichtdienst von 54 Stunden zu leisten, sei nicht wirksam geschlossen worden. Denn darin sei keine Regelung über die zu erbringende Gegenleistung der Beklagten getroffen worden, die einen wesentlichen Bestandteil einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne der essentialia negotii darstelle. Dieser Einwand ist jedenfalls ohne weitere Substantiierung nicht nachvollziehbar. Zum einen sieht die Individualvereinbarung für das Jahr 2007 – wie auch der Kläger nicht in Abrede stellt – unter Ziffer 3. vor, dass „die Stadt T. […] bei Vorliegen entsprechender rechtlicher Möglichkeiten in Abstimmung mit der Kommunalaufsicht eine Honorierung dieser Bereitschaft vornehmen [wird]“. Zum anderen zählt die Vereinbarung einer Gegenleistung bzw. der Vergütung nach dem (zivil- bzw. arbeitsrechtlichen) Vertragsrecht, auf das sich der Kläger beruft, gerade nicht zum notwendigen Mindestinhalt eines Arbeitsvertrags, sofern – wie hier – klar ist, dass die Arbeitsleistung vergütet werden soll.
9Vgl. ausführlich dazu BAG, Urteil vom 15. Oktober 2013 – 9 AZR 587/12 –, juris.
10Der Kläger wendet weiter ein, dass ihm auch deswegen ein Anspruch auf (weiteren) finanziellen Ausgleich zustehe, weil die ab dem 1. Januar 2007 geleistete Mehrarbeit mit 20,00 Euro je Dienstschicht nur unterwertig vergütet worden sei. Mit den zur Begründung angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 29. September 2011 – 2 C 32.10 – und vom 26. Juli 2012 – 2 C 70.11 –) sowie des Verwaltungsgerichts Berlin (Urteil vom 7. März 2013 – 5 K 369/12 –) wird dies jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt. Denn sämtliche benannten Entscheidungen befassen sich lediglich mit der Höhe des Entschädigungs- bzw. Ausgleichsanspruchs im Fall einer unionsrechtswidrigen Überschreitung der höchstens zulässigen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Keine Aussage treffen sie zur Höhe der Vergütung bei Vorliegen einer Individualvereinbarung. Der Abschluss einer Individualvereinbarung über die (vorübergehende) Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden (vgl. Art. 22 Richtlinie 2003/88/EG) führt entgegen der Auffassung des Klägers auch zu einer Ausgangslage, die maßgeblich von den zitierten Entscheidungen abweicht. Denn damit liegt – wie auch vom Verwaltungsgericht festgestellt – gerade keine unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit vor, die aber Voraussetzung für den begehrten Entschädigungs- bzw. Ausgleichsanspruch ist. Durchgreifende Anhaltspunkte gegen die Wirksamkeit der hier zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen Individualvereinbarung werden mit dem Zulassungsvorbringen – wie oben dargestellt – nicht aufgezeigt.
11Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
12Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
13Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage,
14„ob (beamtenrechtliche) Vereinbarungen nur unter Einhaltung der essentialia negotii wirksam sind“,
15fehlt es an jeglicher Darlegung zur Klärungsbedürftigkeit.
16Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 3 GKG.
18Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten wird durch Gesetz geregelt.
(2) Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten, Richter oder Soldaten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Besoldung verschaffen sollen, sind unwirksam. Das Gleiche gilt für Versicherungsverträge, die zu diesem Zweck abgeschlossen werden.
(3) Der Beamte, Richter oder Soldat kann auf die ihm gesetzlich zustehende Besoldung weder ganz noch teilweise verzichten; ausgenommen sind die vermögenswirksamen Leistungen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Klage ist innerhalb von zwei Monaten zu erheben.
(2) Die Frist beginnt, sofern die Entschädigung für eine Besitzeinweisung den Gegenstand der Klage bildet, erst mit dem Ende des Tages, an dem der Besitzeinweisungsbeschluß mit einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht nicht mehr angefochten werden kann oder an dem über die erhobene Anfechtungsklage rechtskräftig entschieden ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die Mitteilung über die Unanfechtbarkeit des Teils A des Enteignungsbeschlusses den Beteiligten zugestellt ist.
(3) Die Frist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.