Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Mai 2015 - 19 A 581/14.A
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe:
1Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die Klägerin stützt ihn auf die Zulassungsgründe grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) sowie des Vorliegens eines Verfahrensmangels in Gestalt der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 3 VwGO). Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
2I. Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
3Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung oder der Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedarf, oder wenn sie eine tatsächliche Frage aufwirft, deren in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat. Verallgemeinerungsfähige Auswirkungen hat die Klärung einer Tatsachenfrage, wenn sich diese Frage nicht nur in dem zu entscheidenden Fall, sondern darüber hinaus auch noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft stellt.
41. Nach diesen Maßstäben begründet zunächst die aufgeworfene Frage keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf,
5"ob die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates für die Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 20 Abs. 1 d, Abs. 2 Dublin-II-VO auch dann nach sechs - bzw. im Falle des Untertauchens nach 18 - Monaten nach Annahme des Antrages auf Wiederaufnahme durch den anderen Mitgliedstaat übergeht, wenn noch unter Geltung des alten § 34a AsylVfG, der die Möglichkeit eines einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich ausschloss, das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat".
6Die aufgeworfene Frage ist in der Rechtsprechung geklärt, so dass ihre Erheblichkeit im Streitfall dahinstehen kann. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. d Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist - Dublin II-VO -, ABl. L 50 vom 25. Februar 2003, S. 1, erfolgt die Überstellung in den wiederaufnehmenden Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Im Falle des Untertauchens kann die Frist gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin-II-VO auf höchstens 18 Monate verlängert werden. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW ist es für das Vorliegen der Voraussetzung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung unerheblich, dass nach § 34a Abs. 2 AsylVfG in seiner bis zum 5. September 2013 gültig gewesenen, also im Zeitpunkt des Ablehnungsbescheides anwendbaren Fassung eine Aussetzung der Abschiebung im Wege der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dem Gesetzeswortlaut nach ausgeschlossen, bei verfassungskonformen Verständnis der Vorschrift
7vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -, BVerfGE 94, 49 = juris Rdn.198, 234,
8aber möglich war. Zunächst stellt die Vorschrift des Art. 20 Abs. 1 lit. d Satz 2 Dublin-II-VO ihrem Wortlaut nach darauf ab, dass einem eingelegten Rechtsbehelf tatsächlich aufschiebende Wirkung zukommt und nicht darauf, ob es nach dem innerstaatlichen Recht zulässig ist, die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Abgesehen war es im Lichte der erwähnten Rechtsprechung des BVerfG auch zulässig, die aufschiebende Wirkung anzuordnen; dies bestimmt sich nach der Rechtsordnung des betroffenen Staates insgesamt, namentlich auch des Verfassungsrechts, und nicht allein nach dem Wortlaut des geschriebenen (einfachen) Gesetzesrechts.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 13 A 827/14.A -, juris Rdn. 5; Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A -, juris Rdn. 59 mit weiteren Nachweisen; auch Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -, juris Rdn. 17; VGH Bad- Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 - A 2 S 1355/11 -, juris Rdn. 24 ff.
102. Die Frage,
11"wann von einem systemischen Mangel ausgegangen werden muss"
12ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Danach sind systemische Schwachstellen - zusammengefasst - solche Mängel, die entweder bereits im Asyl- und Aufnahmeregime selbst angelegt sind und von denen alle Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Asyl- und Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 17.04 -, juris Rdn. 3 ff., und vom 19. März 2014 ‑ 10 B 6.14 -, juris Rdn. 9.
143. Auch die Frage,
15"ob Italien nach den aktuellen Erkenntnissen über die dort bestehenden konkreten Verhältnisse ein[en] Ausnahmefall vom Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 -) darstellt und die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht (mehr) gewährleistet bzw. gewährleisten kann, indem die humanitäre, vor allem wirtschaftliche, gesundheitliche und Wohnungssituation nicht dem Art. 4 der Grundrechte-Charta oder den in einschlägigen Richtlinien des Gemeinschaftsrechts vereinbarten Standards entspricht, so dass letztlich die Gefahr besteht, dass zurückkehrende Flüchtlinge einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt werden",
16ist in der aktuellen Rechtsprechung des beschließenden Gerichts im verneinenden Sinne geklärt und somit nicht klärungsbedürftig.
17Vgl. OVG NRW, Urteile vom 25. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, und vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, sowie Beschluss vom 28. Januar 2015 - 11 A 2550/14.A. S. 5; auch OVG Saarland, Beschluss vom 26. Januar 2015 - 2 A 196/14 -; OVG Rh-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris Rdn. 41, 49 ff., sowie EGMR, Decision vom 13. Januar 2015 - 51428/10 - (A.M.E./Niederlande), juris.
184. Die weiter aufgeworfene Frage,
19"ob die Abschiebungsanordnung nicht bereits deshalb rechtswidrig ist, weil sie keine Befristungsentscheidung enthält",
20ist ebenfalls nicht grundsatzbedeutsam. Die Klägerin verweist zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Frage allein darauf, es handele sich bei der Abschiebungsanordnung um eine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (ABl. L 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98 - Rückführungsrichtlinie -); das Erfordernis einer Befristung will sie hiervon ausgehend möglicherweise - ohne dass dies dargelegt würde - aus Art. 11 der Richtlinie ableiten. Es lässt sich jedoch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens in Übereinstimmung mit vorliegender obergerichtlicher Rechtsprechung feststellen, dass die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 27a AsylVfG, wie sie hier gegeben ist, keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Rückführungsrichtlinie darstellt, weil keine Abschiebung in einen Drittstaat, sondern in einen Mitgliedsstaat des Dublin-Raums erfolgen soll. Diese Fallgestaltung erfasst die genannte Richtlinie nicht, wie sich aus der Legaldefinition des Begriffs "Rückkehr" in Art. 3 Nr. 3 der Rückführungsrichtlinie ergibt. Danach bezeichnet der Ausdruck "Rückkehr" im Sinne der Richtlinie die Rückreise von Drittstaatsangehörigen in deren Herkunftsland, ein Transitland oder ein anderes Drittland, nicht aber in einen anderen Mitgliedstaat.
21Vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris Rdn. 59; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 6. März 2014 - 1 LA 21/14 ‑, juris Rdn. 14; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Loseblatt, § 59 Rdn. 268; Bergmann, ZAR 2015, 81 (89).
22Es kann angesichts dessen auf sich beruhen, ob die fehlende Befristung der Abschiebungsanordnung überhaupt geeignet wäre, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 3. Mai 2012 in Frage zu stellen, oder die Klägerin nur eine nachträgliche Ergänzung der Entscheidung der Beklagten bzw. eine Entscheidung über die Dauer der Abschiebungswirkungen im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung verlangen könnte.
23Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 6. März 2014 - 1 LA 21/14 -, juris Rdn. 11 mit weiteren Nachweisen sowie VGH Bad-Württ., Beschlüsse vom 19. Dezember 2012 - 11 S 2303/12 -, juris Rdn. 8, und vom 19. November 2013 - A 10 S 2362/13 -, juris Rdn. 11.
24II. Der weiter gerügte Verfahrensmangel der Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 3 VwGO) liegt gleichfalls nicht vor.
251. Zunächst ist eine unzulässige Überraschungsentscheidung nicht gegeben. Eine solche ist anzunehmen, wenn sich das Gericht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
26Die Klägerin macht dazu im Wesentlichen geltend, sie habe den Beweisantrag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben über die Tatsache, dass sie, selbst wenn sie einen Asylfolgeantrag stellen würde, in Italien nicht als Asylsuchende behandelt werden würde, so dass sie ggfs. einen besseren Zugang zum Unterbringungssystem haben würde, nur deshalb nicht gestellt, weil das Gericht erklärt habe, es sei nicht beabsichtigt, sie im Falle der Rückkehr auf einen Asylfolgeantrag zu verweisen, mit dem sie sich ggfs. den Status einer Asylbewerberin verschaffen würde. In der Entscheidung habe das Gericht sie aber doch auf die Stellung eines Asylfolgeantrags verwiesen, worin eine Überraschungsentscheidung liege.
27Letztere Darstellung trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat die Klägerin in der angegriffenen Entscheidung nicht "auf die Stellung eines Asylfolgeantrags verwiesen". Es hat zwar ausgeführt, die Klägerin habe die Möglichkeit, in Italien einen weiteren Asylantrag zu stellen mit dem Ziel, eine "bessere" Rechtsposition zu erlangen. Unmittelbar im Anschluss hat das Gericht indessen festgestellt, da die Klägerin erklärt habe, die von ihr geltend gemachten Ansprüche mögen nicht mit Blick auf eine solche Entwicklung geprüft werden, gehe die Kammer davon aus, "dass die Klägerin in Italien - eine Rückführung einmal angenommen - kein weiteres Asylverfahren betreiben, sondern dort aufgrund eines Aufenthaltstitels leben würde, der ihr aus humanitären Gründen erteilt worden" sei. Die weiteren Ausführungen des Gerichts gehen ausdrücklich von dieser Annahme aus. Soweit das Verwaltungsgericht abschließend nochmals auf die Möglichkeit der Klägerin eingeht, einen weiteren Asylantrag zu stellen, und feststellt, dies würde ihre Stellung nur verbessern und deshalb das Ergebnis nicht ändern, erfolgen diese Ausführungen nur ergänzend ("im Übrigen").
282. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt ein Gehörsverstoß schließlich nicht aus der Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2014 gestellten Beweisanträge. Die Ablehnung von Beweisanträgen führt nur dann zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO, § 244 StPO). Das ist dem Zulassungsvorbringen nicht zu entnehmen.
29Es war zunächst prozessordnungsgemäß, die Beweisanträge mit der Begründung abzulehnen, die Kammer habe bereits ein Gutachten eingeholt, das sie als ausreichend ansehe. Liegen zu einer erheblichen Tatsache bereits amtliche Auskünfte oder gutachtliche Stellungnahmen vor, richtet sich die im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung über einen Antrag auf Einholung weiterer Auskünfte oder Gutachten nach § 98 VwGO in Verbindung mit § 412 Abs. 1 ZPO. Danach kann das Gericht einen Beweisantrag auf Einholung weiterer Auskünfte unter Berufung auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen, wenn es seine Sachkunde ggf. im Rahmen der Beweiswürdigung darstellt und belegt.
30Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013 - 10 B 34.12 -, juris Rdn. 4.
31Die Antragsbegründung legt nicht dar, dass die Ablehnung der Beweisanträge gestützt auf § 98 VwGO in Verbindung mit § 412 Abs. 1 ZPO gemessen daran fehlerhaft wäre. Überdies zieht sie auch den weiteren Grund für die Ablehnung der Beweiserhebung nicht durchgreifend in Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat sich daneben ("im Übrigen") darauf gestützt, es komme für die Frage des Vorliegens eines grundlegenden bzw. systemischen Mangels mit dem für eine Verletzung des Art. 4 EuGrdCh bzw. Art. 3 EMRK erforderlichen Gewicht nicht an auf die unter Beweis gestellten Tatsachen an, ob die Klägerin in bestimmten Situationen Unterstützung erwarten könne, namentlich, ob sie Anspruch auf Unterkunft (etwa) in einer CARA habe und auf dem Flughafen betreut werde. Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Unerheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsache ist ein allgemein anerkannter Grund für die Ablehnung eines unbedingten Beweisantrags. Maßgeblich ist dabei die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts.
32Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 -, juris Rdn. 26 mit weiteren Nachweisen.
33Dem Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht zu entnehmen, dass für das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die Beweiserhebung erheblich gewesen wäre; die Klägerin legt die Erheblichkeit der Beweistatsachen lediglich für die von ihr vertretene Auffassung dar, aus dem Fehlen von Unterstützung der genannten Art folge für sie eine konkrete Lebensgefahr.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG.
35Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
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Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.