Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Dez. 2014 - 19 A 285/13
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin stützt ihn auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO. Keiner dieser Gründe liegt vor. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass die Bezirksregierung E. als obere Schulaufsichtsbehörde Nr. 2 des Dringlichkeitsbeschlusses des Schul- und Sportausschusses der Klägerin vom 29. Februar 2012 genehmigt. Mit Nr. 2 hat die Klägerin entschieden, die allgemeine Aufnahmekapazität ihrer N. -O. -Gesamtschule ab dem Schuljahr 2012/2013 von acht auf sieben Parallelklassen zu verringern, um deren erforderliche sächliche Ausstattung für die (dauerhafte) Einrichtung einer zweiten Integrativen Lerngruppe, insbesondere die Verfügbarkeit von Räumen für Kleingruppenarbeit und Differenzierungszwecke sicherzustellen. Zeitgleich hat die Klägerin mit Nr. 1 des Beschlusses entschieden, bei der Bezirksregierung wegen des gegebenen dringenden Bedürfnisses die Einrichtung einer zweiten Integrativen Lerngruppe zum Schuljahr 2012/2013 zu beantragen.
4Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Reduzierung der Zügigkeit der N. -O. -Gesamtschule als eine genehmigungsbedürftige Änderung der Schule im Sinne von § 81 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW („Abbau bestehender Schulen“) angesehen und die Ablehnung der Genehmigung als gemäß § 81 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW rechtmäßig beurteilt, weil die beschlossene schulorganisatorische Maßnahme der Klägerin § 78 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SchulG NRW widerspricht.
5Vgl. zum Begriff der Zügigkeit als jahrgangsübergreifende Bestimmung der Zahl der Parallelklassen OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2014 - 19 B 961/14 ‑, juris Rdn. 3.
6Das die Schulträger gemäß § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW zur Fortführung einer bestehenden Schule verpflichtende Bedürfnis ist auf das gesamte Gebiet des jeweiligen Schulträgers zu beziehen („in ihrem Gebiet“). Bestimmend für sein Bestehen ist gemäߠ § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW, dass die Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist, damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann. Nach § 78 Abs. 5 SchulG NRW sind bei der Feststellung des Bedürfnisses die Entwicklung des Schüleraufkommens und der Wille der Eltern zu berücksichtigen, der sich im Schulwahl- und Anmeldeverhalten ausdrückt. Hiernach hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass das Bedürfnis für die Fortführung der N. -O. -Gesamtschule in der bisherigen Größe, d. h. mit - wie bis zum Schuljahr 2011/2012 auch tatsächlich – 8 Parallelklassen je Jahrgangsstufe besteht. Es ergibt sich aus den in den vergangenen Jahren wie auch zum Schuljahr 2012/2013 durchweg gegebenen Anmeldeüberhängen nicht nur an dieser Gesamtschule, sondern im Gebiet des Schulträgers insgesamt, also auch an den drei weiteren C. Gesamtschulen. Auf diese Anmeldeüberhänge an den C. Gesamtschulen hat die Bezirksregierung ihre Ablehnung der schulaufsichtlichen Genehmigung im Bescheid vom 4. April 2012 gestützt und die Überhänge unwidersprochen für die letzten Schuljahre mit etwa 150 angemeldeten Schülern angegeben.
7Die Klägerin macht demgegenüber in der Antragsbegründung erfolglos geltend, die Anmeldezahlen seien für das Schuljahr 2013/2014 derart zurückgegangen, dass sie einer Siebenzügigkeit entsprächen (181 Regelschüler sowie 20 Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf). Mit diesen Anmeldezahlen zeigt die Klägerin keine entscheidungserhebliche Änderung des Fortführungsbedürfnisses für die N. -O. -Gesamtschule auf. Insbesondere durfte die Klägerin die Zügigkeit dieser Schule nicht verringern, ohne zuvor ihre Schulentwicklungsplanung entsprechend anzupassen. Denn das Fortführungsbedürfnis für eine einzelne Schule hängt nach der Legaldefinition des Bedürfnisbegriffs in § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW davon ab, dass die Schule „im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist, damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann.“
8Zu dieser Legaldefinition vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2013 ‑ 19 B 406/13 ‑, NWVBl. 2014, 38, juris, Rdn. 28.
9Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW sind Gemeinden zudem, soweit sie Schulträgeraufgaben nach § 78 SchulG NRW zu erfüllen haben, verpflichtet, für ihren Bereich eine Schulentwicklungsplanung zu betreiben. Sie dient nach Maßgabe des Bedürfnisses im Sinne des § 78 Abs. 4 SchulG NRW der Sicherung eines gleichmäßigen, inklusiven und alle Schulformen und Schularten umfassenden Bildungs- und Abschlussangebots (§ 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW). Schulen und Schulstandorte sind so zu planen, dass schulische Angebote aller Schulformen und Schularten einschließlich allgemeiner Schulen als Orte des Gemeinsamen Lernens im Sinne des § 20 Abs. 2 SchulG NRW unter möglichst gleichen Bedingungen wahrgenommen werden können.
10Hiernach beeinflusst ein Anmelderückgang an einer einzelnen Schule das Fortführungsbedürfnis für eine konkrete Schule nur „im Rahmen der Schulentwicklungsplanung“. Der Schulträger bleibt grundsätzlich verpflichtet, auch eine von einem ein Anmelderückgang betroffene einzelne Gesamtschule mit der bisherigen Zügigkeit fortzuführen, um Anmeldeüberhänge an anderen Gesamtschulen auffangen zu können. Er darf die Zügigkeit dieser einzelnen Gesamtschule nur dann ersatzlos reduzieren, wenn er im Rahmen der Schulentwicklungsplanung einen Anmelderückgang im gesamten Gemeindegebiet festgestellt hat, seine Prognose auch für die nächsten Schuljahre ein entsprechend niedrigeres Schüleraufkommen ergibt und er diesem Anmelderückgang gerade an der ausgewählten Gesamtschule Rechnung tragen will.
11Diese Anforderungen sind hier offensichtlich nicht erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin nicht ersichtlich das Schüleraufkommen an allen ihren Gesamtschulen in den Jahren 2014 bis 2019 prognostiziert, sondern lediglich auf den Anmelderückgang an der N. -O. -Gesamtschule für das Schuljahr 2013/2014 hingewiesen. Diese Anmeldezahlen bilden nur eine Momentaufnahme ab. Sie sind keine taugliche Grundlage für die Prognose des Schüleraufkommens in einem längeren Planungszeitraum, die eine Reduzierung der Zügigkeit tragen könnte.
12Dass die Klägerin den mitgeteilten Anmelderückgang an der N. -O. -Gesamtschule zum Anlass für eine Änderung ihrer Schulentwicklungsplanung genommen hat dahin, unter Berücksichtigung des Schüleraufkommens an ihren drei anderen Gesamtschulen die Zügigkeit der N. -O. -Gesamtschule von 8 auf 7 zu reduzieren, macht sie nicht geltend. Sie hat nach Aktenlage auch die für das Schuljahr 2012/2013 beschlossene – und faktisch ausgeführte – Reduzierung der Zügigkeit nicht in den Rahmen der Schulentwicklungsplanung gestellt.
13Der im Zulassungsverfahren sinngemäß weiter vertretene Rechtsstandpunkt der Klägerin trifft nicht zu, eine an Art. 24 der VN-Behindertenrechtskonvention (VN-BRK) ausgerichtete Auslegung des § 78 Abs. 4 SchulG NRW gebiete im Rahmen der Bedürfnisprüfung, auch das Ziel eines diskriminierungsfreien und zumutbaren Zugangs von Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf zum Regelschulsystem gleichrangig in die Abwägung einzustellen. Die Klägerin kann sich daher nicht darauf berufen, sie könne an der N. -O. -Gesamtschule durch angemessene Reduzierung der Aufnahmekapazität zur Überwindung der schulräumlichen Hindernisse solchen Schülern Zugang zu einer zweiten Integrativen Lerngruppe eröffnen. Denn das Tatbestandsmerkmal des Bedürfnisses in § 78 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SchulG NRW ist und war einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung nach Maßgabe des Art. 24 der VN-BRK nicht zugänglich. Auf der Stufe der Bedürfnisfeststellung mit Blick auf die Fortführung einer konkreten Schule ist eine Abwägung der Bildungsansprüche von Regelschülern mit denjenigen von Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf nicht eröffnet, unabhängig davon, inwieweit nach dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) vom 5. November 2013, GV. NRW. S. 618, noch Raum für eine Heranziehung der VN-BRK als Auslegungshilfe besteht.
14Vgl. zur Heranziehung der VN-BRK als Hilfe bei der Grundrechtsauslegung BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 -, BVerfGE 128, 282, juris Rdn. 52.
15Nach der Legaldefinition in § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW ist der Bedürfnisbegriff ausschließlich auf die Schulform bezogen („Bildungsangebot der Schulform“). Diese Vorschrift hat der Gesetzgeber mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz unverändert gelassen. Für das Fortführungsbedürfnis nach § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW sind andere Kriterien als die Schulform, das auf sie bezogene Schulwahlverhalten der Eltern und das entsprechende Schüleraufkommen unbeachtlich. Andere Kriterien wie die Schulart, eine einzelne Schule oder ein einzelner Schulstandort sind nach § 80 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SchulG NRW erst auf der Stufe der Schulentwicklungsplanung zu berücksichtigen. Diese knüpft gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW („nach Maßgabe des Bedürfnisses, § 78 Abs. 4“) als planerische Entscheidung des Schulträgers an die Bedürfnisprüfung an. Auf dieser ‑ alle seine Schulen einer Schulstufe umgreifenden - Planungsebene findet die planerische Abwägung des Schulträgers statt, an welchen Schulen und in welchem Umfang dort unter Berücksichtigung zumutbarer Entfernungen schulformbezogene, schulformübergreifende wie auch spezielle Bildungsangebote gemacht werden sollen; hierbei kann er auch bestimmte Angebote an konkreten Schulstandorten bevorzugen und gegenläufige Interessen zurückstellen.
16OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Juli 2013, a.a.O., Rdn. 28 - 30, und vom 31. Mai 2013 ‑ 19 B 1191/12 ‑, NWVBl 2013, 456, juris Rdn. 10 (Schließung einer katholischen Bekenntnisgrundschule); teilw. a. A. Ostermann, in Jehkul u.a., SchulG NRW, Stand der 14. Aktualisierungslieferung: August 2014, § 78, Anm. 4.
17Nichts anderes gilt für das Bildungsangebot des Gemeinsamen Lernens (früher: Integrative Lerngruppen). Die Änderungen des Schulrechts, die der Landesgesetzgeber zur Umsetzung der VN-BRK im Bereich der Schulen durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorgenommen hat, hat er für das Schulorganisationsrecht der Stufe der Schulentwicklungsplanung zugewiesen. Nach § 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW in der Fassung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes dient die Schulentwicklungsplanung nicht mehr nur der Sicherung eines gleichmäßigen und alle Schulformen und Schularten umfassenden, sondern auch der Sicherung eines „inklusiven“ Bildungs- und Abschlussangebots in allen Landesteilen. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW sind Schulen und Schulstandorte so zu planen, dass schulische Angebote aller Schulformen und Schularten „einschließlich allgemeiner Schulen als Orte des Gemeinsamen Lernens (§ 20 Abs. 2)“ unter möglichst gleichen Bedingungen wahrgenommen werden können. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW sind die Schulträger u. a. verpflichtet, auf ein regional ausgewogenes, vielfältiges, nunmehr auch „inklusives“ und umfassendes Angebot zu achten. § 80 Abs. 5 SchulG NRW bestimmt, dass die Schulentwicklungsplanung das gegenwärtige und zukünftige Schulangebot (Nr. 1) sowie die mittelfristige Entwicklung des Schüleraufkommens (Nr. 2) und des Schulraumbestandes (Nr. 3) nicht nur u.a. nach Schulformen und Schularten, vielmehr nunmehr auch nach „Orten des Gemeinsamen Lernens“ berücksichtigt. Mit dieser ergänzenden Hervorhebung der Orte Gemeinsamen Lernens als zu berücksichtigender Aspekte der Schulentwicklungsplanung zieht der Gesetzgeber für die Schulorganisation die Konsequenz daraus, dass sonderpädagogische Förderung vorbehaltlich einer abweichenden Wahl der Eltern für die Förderschule in der Regel in der allgemeinen Schule stattfindet (§ 20 Abs. 2 SchulG NRW), in der der Unterricht als Gemeinsames Lernen für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Klassenverband oder in der Lerngruppe bei möglichen Formen der inneren und äußeren Differenzierung erteilt wird (§ 20 Abs. 3 SchulG NRW) und dass nur in besonderen Ausnahmefällen die Schulaufsichtsbehörde abweichend von der Wahl der Eltern die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen kann (§ 20 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW).
18Im Grundsatz nicht anders war vor Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes die Berücksichtigung der Notwendigkeit und der Möglichkeiten integrativer Beschulung sonderpädagogisch förderbedürftiger Schüler in allgemeinen Schulen anstelle von Förderschulen der Schulentwicklungsplanung zugewiesen. § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW a. F. verpflichtete die Schulträger, bei der Schulentwicklungsplanung u. a. auf ein „vielfältiges und umfassendes“ Angebot an Schulformen und Schularten zu achten. Dieses umfasste bei allen Schulformen und Schularten auch das Angebot an Orten sonderpädagogischer Förderung, als die § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 7 und 8 SchulG NRW a. F. die allgemeinen Schulen mit Gemeinsamen Unterricht und Integrativen Lerngruppen in der Sekundarstufe I bestimmte. Damit trug der Gesetzgeber im Bereich des Schulwesens dem Verbot der Benachteiligung Behinderter aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung. Dieses gebot im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im Einzelfall nach Art und Schwere der Behinderung und der Vor- und Nachteile einerseits der integrativen Beschulung und andererseits der Beschulung in einer Förderschule, einen sonderpädagogisch förderbedürftigen Schüler statt in einer Förderschule in einer allgemeinen Schule zu unterrichten und zu erziehen, wenn dies ohne besonderen Aufwand möglich war oder durch einen vertretbaren Einsatz von sonderpädagogischer Förderung ermöglicht werden konnte. Da eine danach im Einzelfall gebotene integrative Beschulung sonderpädagogisch förderbedürftiger – zumal schulpflichtiger – Schüler ohne ein entsprechendes Angebot an allgemeinen Schulen nicht erfüllbar war (und ist), war (und ist) die Bereitstellung von Schulen mit Angeboten für integrative Beschulung verfassungsrechtlich geboten.
19BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 -, BVerfGE 96, 288, juris, Rdn. 72, 78 f.
20Die Bezirksregierung hat danach unter Geltung des Schulrechts vor Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes die Genehmigung für die Reduzierung der Zügigkeit der N. -O. -Gesamtschule zu Recht wegen des fortbestehenden Bedürfnisses für die achtzügige Fortführung dieser Schule versagt, ohne die von der Klägerin geforderte Abwägung vorzunehmen. Sie hat der Sache nach vor und in dem Genehmigungsverfahren zutreffend darauf abgestellt, dass wegen des Bedarfs an weiteren Integrativen Lerngruppen diese schulformübergreifend unter Berücksichtigung aller C. städtischen Schulen der Sekundarstufe I zu planen sind. In der Sache verweist sie damit auf die Schulentwicklungsplanung.
21In diesem Sinne sind letztlich auch die resümierenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 10 des angefochtenen Urteils zu verstehen, dass weitere Integrative Lerngruppen bei vorhandener Kapazität an anderen Gesamtschulen oder an Realschulen und Gymnasien eingerichtet werden müssten, da die Voraussetzungen für die Einrichtung einer weiteren Integrativen Lerngruppe an der N. -O. -Gesamtschule nicht oder nur um den Preis der unzulässigen Reduzierung der Zügigkeit geschaffen werden könnten.
22Die der Sache nach zu stellenden Anforderungen einer alle Schulen der Sekundarstufe I umgreifenden Schulentwicklungsplanung hat die Klägerin mit ihrem Beschluss vom 29. Februar 2012 im Ansatz verfehlt. Zwar waren an fünf weiteren Schulen der Sekundarstufe I zum Schuljahr 2012/2013 Integrative Lerngruppen eingerichtet. Es bestand nach den Anmeldezahlen darüber hinausgehender dringender Bedarf. Nach Aktenlage hat sich die Klägerin für die Einrichtung einer weiteren Lerngruppe auch der Dringlichkeit wegen auf die – dazu gegen Reduzierung der Zügigkeit bereite – N. -O. -Gesamtschule fokussiert, ohne rechtzeitig die Möglichkeiten der Einrichtung Integrativer Lerngruppen an den anderen C. Schulen – Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien – ermittelt zu haben. Nach der Informationsvorlage der Verwaltung für den Schul- und Sportausschuss vom 19. April 2011 und der Zusammenstellung der Rückmeldungen vom 2. März 2011 hatten sich auf die Abfrage nach den Möglichkeiten von Integrativen Lerngruppen bei allen städtischen Schulen 9 Schulen grundsätzlich bereit erklärt, Integrative Lerngruppen einzurichten oder ihr Angebot zu erweitern. Überwiegend erfolgten Ablehnungen (so von 3 Hauptschulen, 4 Realschulen, 2 Gesamtschulen und 3 Gymnasien) mit unterschiedlichen Gründen (z. B. ungeklärte Rahmenbedingungen, fehlende räumliche Kapazität, Ablehnung durch die Lehrerkonferenz); von zwei Gymnasien und einer Realschule gab es keine Rückmeldung. Ob die Klägerin in der Folgezeit weitere Ermittlungen bei den einzelnen Schulen durchgeführt hat, um die Ablehnungsgründe aufzuklären oder auszuräumen, ist nicht ersichtlich.
23Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die einzelne Schule die Einrichtung Gemeinsamen Lernens, über die die Schulaufsichtsbehörde mit Zustimmung des Schulträgers entscheidet (§ 20 Abs. 5 SchulG NRW), nicht verhindern kann. Für die Einrichtung Gemeinsamen Lernens ist (und für die Einrichtung des Gemeinsamen Unterrichts war) die Zustimmung der Schulkonferenz nicht erforderlich. Dies ergibt der Rückschluss aus § 65 Abs. 2 Nr. 8 SchulG NRW. Danach entscheidet die Schulkonferenz über den „Vorschlag“ der Schule zur Einrichtung Gemeinsamen Lernens. Die Mitwirkung der Schule beschränkt sich hiernach auf ein Vorschlags- oder Initiativrecht, das Schulaufsicht und Schulträger zur Kenntnis nehmen, aber nicht befolgen müssen.
24Wolfering, in: Jehkul u.a., SchulG NRW, a.a.O., § 65 Anm. 2.9.
25Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Einwand der Klägerin in der Antragsbegründung (Seite 3) verfehlt ist, das Verwaltungsgericht nehme entgegen Art. 24 VN-BRK einen „generellen Nachrang“ des Zugangs behinderter Menschen zu weiterführenden Schulen an. Sie lässt außer Acht, dass das Verwaltungsgericht den Schulträger im Ergebnis auf die Einrichtung Integrativer Lerngruppen an anderen Schulen der Sekundarstufe I verwiesen hat, wenn an einer konkreten Schule, für deren Fortführung in der bisherigen Größe ein Bedürfnis im Sinne von § 78 Abs. 4 SchulG NRW besteht, die Voraussetzungen für eine (weitere) Integrative Lerngruppe nur um den Preis der unzulässigen Reduzierung der Zügigkeit geschaffen werden könnten. Dies trifft nach den vorstehenden Ausführungen zur Schulentwicklungsplanung zu.
26Auf die Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts (auf Seite 10 unten bis Seite 12 Mitte) zur Abwägung zwischen den gleichwertig schützenswerten Interessen der Eltern behinderter Kinder an der Schulaufnahme und der Schulformwahlfreiheit und dem Aufnahmewunsch der Eltern von Regelschülern kommt es nach dem Vorstehenden nicht an. Ergänzend bemerkt der Senat hierzu, dass er dem (weitgehenden) Ausschluss der Eltern von Kindern mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf von der Schulformwahlfreiheit nicht teilt (im „Vordergrund“ stehe die Teilhabe an dem Regelschulsystem als solchem, der auch durch die Unterrichtung in anderen Schulformen entsprochen werde). Jedenfalls mit Blick auf zielgleiche sonderpädagogische Förderung (§ 19 Abs. 3 SchulG NRW, § 20 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SchulG NRW a. F.) kann Eltern betroffener Kinder die Schulformwahlfreiheit nicht abgesprochen werden. Inwieweit Eltern, für deren Kind nur zieldifferente schulische Förderung in Betracht kommt (§ 19 Abs. 4 SchulG NRW, § 20 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SchulG NRW a. F.), auf die Freiheit der Wahl der Schulform für Gemeinsames Lernen berufen können, bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
27Auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen zweiten Rechtswidrigkeitsgrund für den Beschluss der Klägerin vom 29. Februar 2012, dieser sei von der rechtswidrigen Erwägung getragen, die Verringerung der Aufnahmekapazität sei ein zulässiges Mittel, die gesamtschultypische Leistungsheterogenität zu verbessern, kommt es danach ebenfalls nicht an.
28Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, dass auch der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht vorliegt. Die sich entscheidungserheblich stellenden Rechtsfragen lassen sich ohne besondere Schwierigkeiten aus dem Gesetz und vorliegender Senatsrechtsprechung beantworten.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
30Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Dez. 2014 - 19 A 285/13
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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Dez. 2014 - 19 A 285/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller zu 3. vorläufig in eine Eingangsklasse der C. -Schule, F. Grundschule I. , aufzunehmen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig und begründet. Die Antragsteller haben sowohl einen Anordnungsanspruch (A.) als auch einen Anordnungsgrund (B.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).
3A. Der Antragsteller zu 3. hat glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf seine Aufnahme in eine Eingangsklasse der C. -Schule, F. Grundschule I. , aus § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SchulG NRW, § 1 Abs. 2 Satz 1 AO-GS zusteht. Auch die Antragsteller zu 1. und 2. können aus ihrem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG sowie aus den genannten Vorschriften beanspruchen, dass die Schulleiterin ihren Sohn K. O. in die von ihnen gewünschte C. -Schule aufnimmt. Der Ablehnungsbescheid der Schulleiterin vom 5. Mai 2014 ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Schulamtes für den S. - vom 21. Mai 2014 nach gegenwärtigem Erkenntnisstand rechtswidrig. Die Schulleiterin, das Schulamt und die Beigeladene sind danach bei ihren Entscheidungen von einer Aufnahmekapazität der C. -Schule von 156 Schülerinnen und Schüler (im Folgenden: Schüler) für das Schuljahr 2014/2015 ausgegangen. Tatsächlich beträgt die Aufnahmekapazität 174 Schüler. Mit der Aufnahme der bis heute insgesamt 158 Schüler in die sechs jahrgangsübergreifend geführten Eingangsklassen hat die Schulleiterin diese Aufnahmekapazität nicht im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW erschöpft. Dieser Rechtsfehler führt im vorliegenden Fall zu einem unmittelbaren Aufnahmeanspruch, weil der Antragsteller zu 3. der einzige verbliebene Schüler ist, der sich im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Ablehnung der Schulaufnahme wehrt (tel. Auskunft des Schulamtes vom 19. August 2014).
4I. Grundsätzlich errechnet sich, wie bereits das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, die Aufnahmekapazität einer Schule im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW aus der Zahl der Eingangsklassen und den verordnungsrechtlich festgelegten Klassenbildungswerten. Die Zahl der Parallelklassen pro Jahrgang bestimmt der Schulträger in der Regel sowohl jahrgangsübergreifend (Zügigkeit) als auch jahrgangsbezogen als eine für den Schulleiter verbindliche Rahmenfestlegung im Sinne der §§ 46 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 11 Satz 2 SchulG NRW.
5OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2013
6- 19 A 160/12 u. a. ‑, NWVBl. 2013, 448, juris, Rdn. 54 f.
7Für Grundschulen gilt darüber hinaus § 46 Abs. 3 SchulG NRW. Nach dessen Satz 1 hat jedes Kind einen Anspruch auf Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität. Diese Kapazität bestimmt der Schulträger grundsätzlich, indem er die Zahl und die Verteilung der Eingangsklassen auf die Schulen und Teilstandorte festlegt (Satz 2). Darüber hinaus kann er als Rahmenfestlegung auch eine Schülerzahlbegrenzung nach Satz 3 vornehmen, wenn dies für eine ausgewogene Klassenbildung innerhalb einer Gemeinde erforderlich ist oder besondere Lernbedingungen oder bauliche Gegebenheiten berücksichtigt werden sollen. Unberührt bleiben nach Satz 4 die Vorschriften zu den Klassengrößen. Diese ergeben sich aus der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG NRW (VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW) vom 18. März 2005 (GV. NRW. S. 218), hier anzuwenden in der Fassung der Änderungsverordnung für das Schuljahr 2014/2015 vom 24. März 2014 (GV. NRW. S. 224). Hier hat die Beigeladene die Zahl der in ihrem Stadtgebiet zum Schuljahr 2014/2015 zu bildenden Eingangsklassen an Grundschulen nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW auf 30 festgelegt und bestimmt, dass davon 6 jahrgangsübergreifende Eingangsklassen auf die dreizügige Bodelschwingh-Schule entfallen.
8Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Schulamtes richtet sich die Kapazitätsfestlegung für Grundschulen maßgeblich nach dem Bandbreitenhöchstwert von 29 Schülern in § 6a Abs. 1 Satz 3 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW („Es gilt die Bandbreite von 15 bis 29.“), nicht hingegen nach den meist niedrigeren Schülerzahlobergrenzen in § 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW.
9Ebenso im Ergebnis VG Münster, Beschlüsse vom 15. August 2013 ‑ 1 L 286/13 und 1 L 294/13 ‑, juris, jeweils Rdn. 11 f.
10Nach § 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW ist der für die Festlegung der Aufnahmekapazität maßgebliche Klassenbildungswert grundsätzlich der Klassenfrequenzhöchstwert oder, soweit Bandbreiten vorgesehen sind, der Bandbreitenhöchstwert. Für Grundschulen sah § 6 Abs. 4 Satz 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Ursprungsfassung den Bandbreitenhöchstwert von 30 Schülern als maßgeblichen kapazitätsbestimmenden Klassenbildungswert vor. Im Zuge der Neuregelung der Klassenbildung an Grundschulen im Rahmen des 8. Schulrechtsänderungsgesetzes hat der Gesetz- und Verordnungsgeber mit Wirkung vom 1. August 2013 die Klassenbildungswerte für Grundschulen aus § 6 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW herausgenommen und in § 6a der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW gesondert geregelt (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW). Dabei hat er den Bandbreitenhöchstwert in § 6a Abs. 1 Satz 3 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW von 30 auf 29 Schüler reduziert. Zugleich hat er die Schülerzahlwerte in § 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW als Maßgaben für die Zahl der zu bildenden Eingangsklassen einer Schule neu eingeführt (Art. 1 Nr. 4 der Änderungsverordnung für das Schuljahr 2013/2014 vom 13. Mai 2013, GV. NRW. S. 245).
11Dazu Gesetzentwurf der Landesregierung zum 8. Schulrechtsänderungsgesetz, LT-Drs. 16/815, S. 41; MSW NRW, Konzept zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und wohnungsnahen Schulversorgung im Grundschulbereich bei rückläufigen Schülerzahlen, LT-Vorlage 15/1058 vom 12. Dezember 2011, Nrn. 2.1 und 2.2 (S. 8); MSW NRW, LT-Vorlage 16/821 vom 17. April 2013, S. 13.
12Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit diesen Änderungen zugleich auch die Kapazitätsberechnung für Grundschulen grundlegend dahin ändern wollte, dass nunmehr die Schülerzahlwerte in § 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW anstelle des Bandbreitenhöchstwertes als maßgebliche Klassenbildungswerte gelten sollten. Insbesondere lassen sich den vorgenannten Gesetzes- und Verordnungsmaterialien zum 8. Schul-rechtsänderungsgesetz und zur zitierten Änderungsverordnung keine solchen Anhaltspunkte entnehmen. Im Gegenteil bildet der Bandbreitenhöchstwert von 29 Schülern nach dem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers auch für Grundschulen weiterhin die „Obergrenze“, bis zu der eine Klassenbildung zulässig sein soll.
13MSW NRW, Konzept zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und wohnungsnahen Schulversorgung im Grundschulbereich bei rückläufigen Schülerzahlen, a. a. O., Nr. 2.1 (S. 8).
14Die zum 1. August 2013 neu eingeführten Schülerzahlwerte in § 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW sind vor diesem Hintergrund dahin zu verstehen, dass sie demgegenüber lediglich die voraussichtliche Schülerzahl in den Eingangsklassen einer Schule angeben, nach welcher der Schulträger grundsätzlich, also vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung im Koordinierungsverfahren, die Zahl der zu bildenden Eingangsklassen festlegt. Eine grundsätzlich verbindliche Obergrenze enthalten die Sätze 1 und 2, wie sich aus Satz 5 ergibt, nur für die Eingangsklassenzahl, nicht aber auch für die kapazitätsbestimmende Schülerzahl.
15Die Behauptung der Vorinstanz, § 6a Abs. 1 Satz 3 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW sei keine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass die nach Satz 1 maßgebende Schülerzahlobergrenze überschritten werden könne, ist mit diesem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers unvereinbar. Er hatte bei der Neuregelung ausdrücklich auch Fallgestaltungen vor Augen, in denen die Schulleitung die Schülerzahlobergrenze nach Satz 1 überschreiten darf (z. B. darf sie an einer zweizügigen Grundschule 57 Schüler unter Überschreitung der Schülerzahlobergrenze von 56 Schülern nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW auf zwei Klassen zu 28 und 29 Schülern verteilen).
16Hierzu MSW NRW, Konzept zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und wohnungsnahen Schulversorgung im Grundschulbereich bei rückläufigen Schülerzahlen, a. a. O., Nr. 2.3 (S. 9).
17Eine solche Verteilung setzt, da die Aufnahmekapazität zwingende Voraussetzung einer jeden Schulaufnahme ist, notwendig voraus, dass die Aufnahmekapazität höher ist als die Schülerzahlobergrenze nach Satz 1.
18II. Nach diesem Maßstab beträgt die Aufnahmekapazität der Bodelschwingh-Schule 174 Schüler (6 mal 29 Schüler). Sieht man mit dem Schulamt in der Festlegung der Beigeladenen auf maximal 156 Schüler eine Begrenzung der in die Eingangsklassen aufzunehmenden Schüler nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW, so ist diese rechtswidrig und daher unwirksam. Keine der Voraussetzungen dieser Ermessensermächtigung ist nach gegenwärtiger Aktenlage erfüllt. Eine solche Begrenzung ist weder für eine ausgewogene Klassenbildung innerhalb aller Grundschulen der Beigeladenen erforderlich noch hat die Beigeladene dabei besondere Lernbedingungen oder bauliche Gegebenheiten berücksichtigt.
191. Eine ausgewogene Klassenbildung innerhalb aller Grundschulen der Beigeladenen erfordert diese Begrenzung nicht, weil die Aufnahme weiterer Kinder in die Bodelschwingh-Schule die Verteilungssituation im Stadtgebiet nach den eigenen Angaben der Beigeladenen im Gegenteil sogar verbessern würde (Sp. 11 der Meldung der Beigeladenen zur Bildung der Eingangsklassen zum Stichtag 15. Januar 2014 an die Schulaufsichtsbehörde, s. dazu noch unten 3.).
202. Auch besondere Lernbedingungen hat die Beigeladene nicht zur Begründung ihrer Entscheidung angeführt. Insbesondere hat sie ausdrücklich keinen Gebrauch von der ihr eingeräumten Befugnis gemacht, diese Aufnahmekapazität wegen der fünf in die Eingangsklassen aufgenommenen Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf auf einen niedrigeren Wert zu begrenzen. Sie hat zu dieser Frage vielmehr ausgeführt, der Gemeinsame Unterricht (GU) habe „bei der vorgenommenen Berechnung keinen Einfluss auf die festgelegten Kapazitäten, da grundsätzlich nicht genügend Räume für die Eingangsklassen in I. zur Verfügung stehen, um eine Klassengröße im Durchschnitt unter 25 Schüler/innen bzw. auf 23 Schüler/innen zu senken“ (Sp. 3 der Meldung der Beigeladenen zur Bildung der Eingangsklassen zum Stichtag 15. Januar 2014 an die Schulaufsichtsbehörde).
213. Schließlich hat die Beigeladene auch bauliche Gegebenheiten zur Begründung nur ihrer Entscheidung angeführt, die Eingangsklassenzahl auf 6 zu begrenzen. Für eine Begrenzung auch der Schülerzahl auf 156 oder 158 Schüler hat sie bauliche Hindernisse nicht herangezogen. Vielmehr hat die Beigeladene der Schulleiterin sogar eine Erhöhung der zunächst beabsichtigten Schülerzahl von 150 auf 156 Schüler zugestanden, solange sie dabei die Anzahl von 6 Eingangsklassen unverändert lässt. Die Beigeladene hat diesem Wunsch unter anderem mit der Erwägung entsprochen, dass „die Verteilungssituation im Stadtgebiet“ dadurch „geringfügig verbessert“ werde (Sp. 11 der Meldung der Beigeladenen zur Bildung der Eingangsklassen zum Stichtag 15. Januar 2014 an die Schulaufsichtsbehörde). Hieraus ist zu schließen, dass die Beigeladene solange keine baulichen Bedenken gegen eine Erhöhung der Aufnahmekapazität der C1. -Schule über 150 Schülerplätze hinaus gesehen hat, als die Anzahl von 6 Eingangsklassen hierdurch unverändert bleibt.
22Nicht überzeugend sind demgegenüber die pauschalen Behauptungen des Schulamtes und der Beigeladenen, mit den beiden nach Abschluss des Aufnahmeverfahrens noch zusätzlich in jeweils eine Eingangsklasse aufgenommenen Schülern sei „die äußerste Grenze der Funktionsfähigkeit … mehr als erreicht“ und seien „die Kapazitäten der Schule endgültig ausgeschöpft“. Konkrete pädagogische, schulorganisatorische oder bauliche Gründe für diese Behauptung hat insbesondere die Beigeladene auch auf ausdrückliche Nachfrage des Senats nicht benannt. In ihrem Schriftsatz vom 20. August 2014 hat sie vielmehr lediglich auf eine Stellungnahme der Schulleiterin verwiesen, nach der der Antragsteller zu 3. auch als Nachrücker nach dem Kriterium der Wohnortnähe erst nachrangig aufzunehmen gewesen sei. Mit diesen Ausführungen verfehlt die Beigeladene die Frage, welche der Senat ihr gestellt hatte. Diese betraf selbstverständlich die den äußeren Schulangelegenheiten zuzurechnende Festlegung der Aufnahmekapazität durch den Schulträger und die hierfür maßgeblichen Gründe, nicht hingegen die den inneren Schulangelegenheiten zuzurechnende Aufnahmeentscheidung der Schulleiterin.
23Die vom Senat angenommene Aufnahmekapazität von 174 Schülerplätzen ist auch in sonstiger Hinsicht rechtmäßig. Insbesondere dürfte die Beigeladene die Aufnahmekapazität der C1. -Schule auf 174 Schülerplätze festlegen, ohne zugleich die Bildung einer 7. Eingangsklasse an der C1. -Schule zu ermöglichen. Eine solche Entscheidung stünde im Einklang gerade auch mit § 6a Abs. 1 Satz 2 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW, der vorschreibt, dass bei jeweils bis zu weiteren 25 Schülern (über 150 hinaus) eine weitere Eingangsklasse zu bilden ist. Von dieser Bestimmung dürfen der Antragsgegner und die Beigeladene im vorliegenden Fall nach Satz 4 der genannten Vorschrift abweichen. Danach kann die Zahl der nach den Sätzen 1 und 2 zu bildenden Klassen aus pädagogischen, schulorganisatorischen oder baulichen Gründen unterschritten werden. Von dieser Ausnahmeregelung des Satzes 4 haben der Antragsgegner und die Beigeladene hier bereits unausgesprochen Gebrauch gemacht, als sie der Schulleiterin die Aufnahme weiterer sechs Schüler unter Beibehaltung der 6 Eingangsklassen zugestanden haben. Hierin lag der Sache nach eine nach Satz 4 ausnahmsweise erlaubte Unterschreitung der nach Satz 2 zu bildenden Zahl von 7 Eingangsklassen. Sie fand ihre Rechtfertigung in schulorganisatorischen und baulichen Gründen, die nur der Bildung einer weiteren Eingangsklasse entgegen stehen, nicht aber auch der Aufnahme weiterer Schüler in die festgelegten 6 Eingangsklassen im Rahmen der Bandbreite.
24B. Die Antragsteller haben auch den erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die einstweilige Anordnung ist zur effektiven Durchsetzung der Ansprüche der Antragsteller erforderlich. Ihnen ist nicht zuzumuten, den rechtskräftigen Abschluss der Hauptsacheklage 10 K 3235/14 VG Köln abzuwarten. Auch der Besuch einer anderen evangelischen Bekenntnisschule durch K. O. ist ihnen nicht zuzumuten, weil die C1. -Schule die einzige evangelische Bekenntnisschule in I. ist.
25Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat hat die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeit für nicht erstattungsfähig erklärt. Sie hat sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt, weil sie weder im Beschwerdeverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
26Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.