Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. März 2016 - 18 L 3026/15
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 1 und 2 und die Antragsteller zu 3 und 4 jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Antragsteller zu 1 und 2 und die Antragsteller zu 3 und 4 sind jeweils Eltern sonderpädagogisch förderbedürftiger Grundschulkinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache. Die Kinder besuchen im Schuljahr 2015/16 die vom Antragsgegner zu 1 auf der Grundlage eines Kreisausschussdringlichkeitsbeschlusses vom 9. Mai 1977 als Träger betriebene Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache für den Primarbereich am Q. in I. . Jeweils bei einem Kind der Antragsteller dauert nach deren Angaben der Förderbedarf auch für das Schuljahr 2016/17 an, in dem das jeweilige Kind seinem Alter nach noch die Primarstufe besuchen wird.
4Am 29. Mai 2013 fand in den Räumen der Schulaufsicht (Bezirksregierung Düsseldorf) ein Koordinierungsgespräch von Vertretern der Schulaufsicht sowie Vertretern der Schulverwaltung des Antragsgegners zu 1 und der darin gelegenen Städte, soweit diese zum damaligen Zeitpunkt Träger von Förderschulen waren, zur weiteren Entwicklung der Förderschulen im Kreis unter Berücksichtigung der zu erwartenden Änderungen durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz (Umsetzung der Inklusion) und der rückläufigen Schülerzahlen an nahezu allen Förderschulen statt. Erörtert wurde u.a. die Neugliederung der Förderschulen unter alleiniger Trägerschaft durch den Antragsgegner zu 1. In einer von Vertretern der Schulaufsicht beratend begleiteten Sitzung vom 17. Juli 2014 erzielten die Vertreter der beteiligten Schulverwaltungen Einigkeit über das weitere Vorgehen insoweit, dass der Kreis in vier Regionen aufgeteilt werden sollte und sämtliche vorhandenen Förderschulen, auch soweit bislang in städtischer Trägerschaft, aufgelöst und gleichzeitig unter Fortführung bisher genutzter Standorte vom Antragsgegner zu 1 vier neue, den Teilgebieten zugeordnete Förderschulen in Verbundform (Förderzentren) mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache und Emotionale und soziale Entwicklung jeweils mit Haupt- und Nebenstandorten gegründet werden sollten.
5In seiner Sitzung vom 22. Juni 2015 beschloss der Kreistag des Antragsgegners zu 1 unter dem Tagesordnungspunkt (Top) 18.1 mit deutlicher Mehrheit, der Forderung der Elterninitiative Q. zum Erhalt der Sprachförderschule am Q. als reine Sprachförderschule nicht zu entsprechen. Zu Top 18.2. beschloss der Kreistag sodann die von der Verwaltung erarbeitete neue Förderschulstruktur. Zu Top 18.3 beschloss der Kreistag, dass der Antragsgegner zu 1 die Schulträgerschaft für die drei neu zu gründenden Verbundschulen in den Regionen Mittel, West und Nord gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 SchulG NRW übernimmt. Nach weiteren Beschlussfassungen zu den Punkten 18.4 und 18.5 beschloss der Kreistag zu Top 18.6 Ziffer 1, dass die Schule am Q. , Förderschule des Antragsgegners zu 1 mit dem Förderschwerpunkt Sprache, mit Wirkung zum Ende des Schuljahres 2015/16 umgehend und vollständig aufgelöst wird. Zu Ziffer 2 beschloss er, mit Wirkung zum Beginn des Schuljahres 2016/17 als Förderschule im Verbund das Förderzentrum West zu gründen. Dieses soll gemäß Ziffer 3 des Beschlusses mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung im integrativen Verbund mit dem Förderschwerpunkt Lernen sowie im integrativen Verbund mit dem Förderschwerpunkt Sprache geführt werden. Gemäß Ziffer 4 des Beschlusses erhält das Förderzentrum West einen Haupt- und einen Teilstandort. Der Hauptstandort wird unter der Anschrift H.-----straße 34 in N. und der Teilstandort unter der Anschrift U.-----weg 1a in S. errichtet. Zu Ziffer 7 wurde für die gefassten Beschlüsse gemäß § 80 Abs. 2 Ziffer 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet.
6Am 3. August 2015 genehmigte die Bezirksregierung Düsseldorf die Beschlüsse des Kreistages des Antragsgegners zu 1 vom 22. Juni 2015. Zeitgleich wurden die durch die Gemeinden zuvor beschlossenen Förderschulschließungen genehmigt.
7Am 9. September 2015 haben die Antragsteller unter dem Aktenzeichen 18 K 6123/15 Klage gegen die Beschlüsse des Kreistages des Antragsgegners zu 1 vom 22. Juni 2015 betreffend die Auflösung der Schule am Q. zum Ende des Schuljahres 2015/2016 sowie über die Gründung des Förderzentrums West zum Beginn des Schuljahres 2016/2017 und gegen den Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 3. August 2015 erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie tragen im Klageverfahren mit Schreiben vom 19. Januar 2016 und ergänzend mit Schreiben vom 8. März 2016 vor, dass die Schließung der Schule am Q. ihre Rechte verletze.
8Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
91. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 18 K 6123/15 gegen die Beschlüsse des Kreistages des Antragsgegners zu 1 über die sofortige Auflösung der Schule am Q. , Förderschule des Antragsgegners zu 1, mit dem Förderschwerpunkt Sprache zum Ende des Schuljahres 2015/16 sowie die Gründung des Förderzentrums West zum Beginn des Schuljahres 2016/17 wiederherzustellen
10und
112. die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 18 K 6123/15 gegen den Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 3. August 2015 wieder herzustellen.
12Die Antragsgegner beantragen,
13die Anträge abzulehnen.
14Die Antragsgegner verteidigen die Beschlüsse des Kreistages des Antragsgegners zu 1 in der Sache. Der Antragsgegner zu 2 hält die gegen ihn gerichtete Klage für unzulässig.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 18 K 6123/15 einschließlich der dort beigezogenen Verwaltungsvorgänge beider Antragsgegner verwiesen.
16II.
171. Der gegen den Antragsgegner zu 1 gerichtete Antrag zu 1 beurteilt sich nach § 80 Abs. 5 VwGO. Er ist statthaft, soweit er sich gegen die Schließung der Förderschule am Q. richtet, und auch sonst zulässig.
18Im Verhältnis zum Antragsgegner zu 1 sind die Antragsteller betreffend die Schließung der Fördererschule analog § 42 Abs. 1 VwGO antragsbefugt. Die sofortige Auflösung der Schule am Q. kann die Kinder der Antragsteller und die Antragsteller selbst in ihren durch die §§ 78 Abs. 4, 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW geschützten rechtlichen Interessen verletzen, welchen auch eine subjektiv-rechtliche Zielrichtung zukommt.
19Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Mai 2013, ‑ 19 B 1191/12 -, juris, ebenda Randziffer 2 mit weiteren Nachweisen.
20Für das Eilverfahren bleibt offen, ob die Antragsteller auch hinsichtlich der Gründung des Förderzentrums West antragsbefugt sind. Hier bestehen Zweifel, weil es sich eventuell um eine nur begünstigende Maßnahme handelt. Dies kann letztlich dahinstehen, weil die angefochtenen Maßnahmen nach dem Willen des Antragsgegners zu 1 in dem durch die Schulentwicklungsplanung begründeten Zusammenhang stehen. Der vormals an der Förderschule am Q. befriedigte Unterrichtsbedarf soll nunmehr an den Förderzentren gedeckt werden. Deshalb ist bei der Frage der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schließung auch die Neugründung der Förderzentren in den Blick zu nehmen.
21Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie ist in der Sitzungsvorlage vom 8. April 2015 schriftlich ergangen und legt das besondere öffentliche Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung dar. Unerheblich ist, dass die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht noch einmal unmittelbar im Ratsbeschluss vom 22. Juni 2015 wiederholt wird.
22Der Antrag zu 1 hat in der Sache keinen Erfolg. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung geht zulasten der Antragsteller aus, weil sich die angefochtenen Schulorganisationsbeschlüsse im Verhältnis zu den Antragstellern nicht als offensichtlich rechtswidrig erweisen und auch im Übrigen das Individualinteresse der Antragsteller das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht überwiegt.
23a) Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung besteht keine zwingende Verpflichtung des Antragsgegners zu 1 nach § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW zur Fortführung der Schule am Q. .
24Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW beschließt der Schulträger über die Auflösung einer Schule nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung. Der Beschluss ist schriftlich festzulegen und auf der Grundlage der Schulentwicklungsplanung zu begründen (Satz 3 der Vorschrift). Soweit Gemeinden und Kreise Schulträgeraufgaben nach § 78 SchulG NRW zu erfüllen haben, sind sie nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW verpflichtet, für ihren Bereich eine Schulentwicklungsplanung zu betreiben. Diese dient nach Maßgabe des Bedürfnisses (§ 78 Abs. 4 SchulG NRW) der Sicherung eines gleichmäßigen und alle Schulformen und Schularten umfassenden Bildungs- und Abschlussangebots (Satz 2 der Vorschrift). Die als Schulträger nach § 78 Absätze 1 bis 3 SchulG NRW Verpflichteten (Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände) sind nach § 78 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW für eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Schulen verantwortlich. Sie sind verpflichtet, Schulen fortzuführen, wenn in ihrem Gebiet ein Bedürfnis dafür besteht (Satz 2 der Vorschrift). Ein Bedürfnis besteht, wenn die Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist, damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann (Satz 3 der Vorschrift).
25Ausgehend hiervon ist die Schule am Q. im Rahmen der Schulentwicklungsplanung nicht erforderlich, um das Bildungsangebot der Schulform “Förderschule“ in zumutbarer Entfernung wahrzunehmen.
26Insoweit geht das Gericht zunächst davon aus, dass es sich bei dem Schultyp „Förderschule“ um eine Schulform im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW handelt. Dies dürfte sich aus der Systematik des § 10 SchulG NRW ergeben. Zwar werden dort primär die klassischen Schulformen Grundschule, Hauptschule, Realschule, Sekundarschule, Gesamtschule, Gymnasium und Berufskolleg genannt. Jedoch findet auch die Förderschule Erwähnung. Insoweit enthält § 10 Abs. 6 SchulG NRW eine Sonderregelung für den Stufenaufbau der Förderschule. Die Einschätzung, dass es sich bei der Förderschule um eine Schulform handelt, dürfte auch trotz der Regelung in § 20 Abs. 2 SchulG NRW Regelung gerechtfertigt sein. Danach findet sonderpädagogische Förderung in der Regel in der allgemeinen Schule statt, die Eltern können hiervon abweichend jedoch die Förderschule wählen. Die hier gewählte Abgrenzung zwischen allgemeiner Schule und Förderschule steht der Annahme, dass es sich bei der Förderschule um eine Schulform handelt, wohl nicht entgegen.
27Die Schulform im Sinne der §§ 74 Abs. 3 S. 4, 10 Abs. 1 SchulG NRW berührt es dagegen nicht, dass nach den weiteren Beschlüssen des Kreistages der zukünftige Unterricht am Förderzentrum West integrativ (also unter raum- und klassengleicher Beschulung von Kindern mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten) und nicht mehr wie zuvor kooperativ (also nach Förderschwerpunkten getrennt) erfolgen soll. Gemäß § 20 Abs. 7 SchulG NRW kann der Schulträger Förderschulen unterschiedlicher Förderschwerpunkte im Verbund als eine Schule in kooperativer oder integrativer Form führen. Mit dieser Vorschrift werden lediglich Möglichkeiten der Ausgestaltung von Förderschulen eröffnet, nicht aber verschiedene Schulformen begründet.
28Voraussichtlich ebenfalls keine Frage der Schulform stellt die Differenzierung nach Förderschwerpunkten im Sinne des § 19 Abs. 2 SchulG NRW dar. Dies dürfte sich aus § 10 Abs. 4 und Abs. 6 SchulG NRW und aus § 20 Abs. 1 Nr. 2 SchulG NRW ergeben, die, ohne zu differenzieren, allgemein von Förderschulen sprechen. Einer abschließenden Klärung bedarf diese Frage jedoch aus noch darzulegenden Gründen vorliegend nicht.
29Unter Zugrundelegung dieses Schulformbegriffs besteht kein Bedürfnis für die Fortführung der Schule am Q. , welche lediglich den Förderschwerpunkt Sprache im Primarbereich anbietet, um das Bildungsangebot der Schulform „Förderschule“ (einschließlich des Förderschwerpunktes „Sprache“) in zumutbarer Entfernung zu gewährleisten, weil zukünftig an den vier neu zu errichtenden Förderzentren alle Förderschwerpunkte in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden können. Da es gemäß § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW auf die Erforderlichkeit der zu schließenden Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung ankommt, ist die gesamte, die Förderschulstruktur betreffende Beschlusslage in den Blick zu nehmen. Die den Antragstellern vorschwebende isolierte Prüfung des Schulschließungsbeschlusses ohne gleichzeitigen Blick auf die in gleicher Sitzung und in gleichem Tagesordnungspunkt beschlossene Neugliederung des Förderschulsystems kommt danach nicht in Betracht.
30Bei der Frage, ob das Bildungsangebot der Schulform zukünftig in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann, ist auch nicht allein auf das Förderzentrum West, sondern auf alle Förderzentren abzustellen, weil bei der Prüfung, ob ein Bedürfnis zur Fortführung einer bestehenden Schule existiert, auf das gesamte Gebiet des jeweiligen Schulträgers abzustellen ist.
31Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Dezember 2014, ‑ 19 A 285/13 -, juris, ebenda Randziffer 5.
32An der tatsächlichen Errichtung der Förderzentren bestehen angesichts der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zu 1, die Gegenstand der Prüfung durch den Antragsgegner zu 2 war, keine Zweifel. Zukünftig wird allen Einwohnern des Antragsgegners zu 1 an den vier Förderzentren das Förderangebot Sprache erstmals in zumutbarer Entfernung angeboten. Dass sich die Förderzentren mit ihren Haupt- und Nebenstandorten in für alle Einwohner des Antragsgegners zu 1 zumutbarer Entfernung befinden, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Karten. Auch die Antragsteller profitieren von der Neugründung der Förderzentren, wie sich aus dem Vortrag der Antragsgegner im Hauptsacheverfahren ergibt. Unter Berücksichtigung des Förderzentrums Mitte verkürzen sich die Schulwege zu Schulen mit dem Förderangebot Sprache für sie teilweise drastisch, wie vom Antragsgegner zu 1 mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 dargelegt.
33Anhaltspunkte dafür, dass die Kapazität des zukünftig an vier Förderzentren vorgehaltenen Angebots an Förderschulen die durch die Schließung der Schule am Q. voraussichtlich veranlasste Nachfrage nach Förderschulplätzen mit dem Förderschwerpunkt Sprache nicht oder nicht vollständig befriedigen könnte, werden von den Antragstellern nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
34b) Die angefochtenen Beschlüsse genügen ferner als schulorganisatorische Maßnahmen dem Gebot gerechter Abwägung. Der Antragsgegner zu 1 hat insoweit das ihm durch die §§ 80 Abs. 1 Satz 1, 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW eingeräumte Organisationsermessen in rechtlich nicht beanstandender Weise ausgeübt.
35Für die Planung schulorganisatorischer Maßnahme findet das für jede rechtsstaatliche Planung auch im sonstigen Fachplanungsrecht geltende Abwägungsgebot Anwendung. Der Schulträger muss danach die für und gegen die geplante Maßnahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht in seine Entscheidung einstellen und den Ausgleich zwischen den Belangen in einer Weise vornehmen, die ihrer jeweiligen objektiven Bedeutung gerecht wird. Der Schulträger verletzt das Abwägungsgebot unter anderem dann, wenn er das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkennt oder wenn er eine ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösung unberücksichtigt lässt.
36Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Mai 2013 ‑ 19 B 1191/12 -, a.a.O., Randziffer 12.
37Mängel bei der Abwägung einer schulorganisatorischen Planungsentscheidung sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
38Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Oktober 2009, ‑ 19 A 920/08 -, nicht veröffentlicht.
39Den Kreistagbeschlüssen des Antragsgegners zu 1 vom 22. Juni 2015 lassen sich erhebliche Abwägungsfehler nicht entnehmen. Dem Kreistag war sowohl das gewichtige Interesse der betroffenen Elternschaft von Kindern mit dem Förderbedarf Sprache am Erhalt der Schule am Q. als auch deren gewichtiges Interesse an einer kooperativen, also von Kindern mit anderen Förderschwerpunkten getrennten, Beschulung ihrer Kinder bei seiner Beschlussfassung bekannt. Das Abstimmungsverfahren zwischen dem Antragsgegner zu 1, den beteiligten Städten und der Bezirksregierung Düsseldorf ist von der (mit den Antragstellern personell teilidentischen) Elterninitiative zum Erhalt der Förderschule am Q. von Anfang an kritisch begleitet worden. Die Elterninitiative hat dem Kreistag ihre Bedenken an der Schulschließung und die hieraus für ihre Kinder eventuell resultierenden Nachteile umfassend vortragen können. Der Kreistag hat die Bedenken zur Kenntnis genommen und gewürdigt, jedoch im Rahmen der einheitlichen Beschlussfassung über die Neustrukturierung der Förderschulen unter Punkt 18.1 in der Sache zurückgewiesen. Eine Fehlgewichtung der Interessen lässt diese Entscheidung nicht erkennen. Die im unmittelbaren Anschluss daran in derselben Sitzung beschlossene Auflösung der Förderschule am Q. im Rahmen einer den örtlichen Besonderheiten (die der Bezeichnung als „Kreis“ allerdings überhaupt nicht gerecht werdende räumliche Erstreckung des Antragsgegners zu 1 erschwert die Planung und lässt die Gliederung in vier Regionen als sinnvoll erscheinen) Rechnung tragenden Neugründung von vier Förderzentren mit mehreren Förderschwerpunkten und jeweils integrativer Beschulung bei gleichzeitiger Gliederung des Kreises in vier Regionen ist angesichts der Bedeutung einer gleichermaßen bedarfsgerechten wie zukunftssicheren Gestaltung von Förderschulplätzen an spezifischen Förderschulen unter besonderer Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung der durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz bevorzugten inklusiven Beschulung von Kindern mit Förderbedarf, welche zu einem erheblichen Rückgang von an spezifischen Förderschulen unterrichteten Kindern führt, sowie der gleichzeitigen Berücksichtigung der fiskalischen Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zu 1 sowie der an den Kosten beteiligten Städte, frei von Abwägungsfehlern.
40Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Kreistag dem Vorschlag der Verwaltung folgend die Prognose über den zukünftigen Bedarf an Förderschulplätzen an spezifischen Förderschulen auf der Grundlage anonymisierter Wohnortdaten von im Gebiet des Antragsgegners zu 1 wohnhaften Eltern von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf erhoben und diese Berechnung einer Befragung von Eltern, die im Kreis Förderschulen besuchen, vorgezogen hat. Eine solche Anknüpfung an den Wohnort liegt angesichts des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners zu 1 für die Schulentwicklungsplanung in diesem Gebiet bereits nahe. Ferner ist diese Herangehensweise angesichts des mit der Neugliederung in zulässiger Weise verfolgten Zwecks, Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf erstmals wohnortnahe Förderschulen anbieten zu können, jedenfalls nicht sachfremd. Der Schwerpunkt der Maßnahme liegt in der Schulentwicklungsplanung. Jeglicher Planung ist aber immanent, dass sie auch gestalterisch tätig wird und Bestehendes verändert. Die zukünftig beabsichtigte wohnortnahe Gestaltung des Förderschulangebotes durch alle Förderschwerpunkte abdeckende Förderzentren dient insbesondere der Vermeidung von Schülertransporten. Dies liegt nicht nur im Interesse der Schüler und ihrer Eltern, sondern auch im fiskalischen Interesse des Antragsgegners zu 1. Ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass die prognostizierten Zahlen eine Fortführung der vier Förderzentren auf der Basis der erforderlichen Mindestschülerzahlen nicht ermöglichen könnten, liegen nicht vor.
41Auch die Entschließung des Kreistags hin zu einer integrativen Beschulung an den Förderzentren ist nicht sachfremd. Ihr liegt unter anderen die Erwägung zu Grunde, dass bei immer mehr Kindern mehr als nur ein Förderschwerpunkt vorliegt, sei es förmlich festgestellt, sei es ohne förmliche Feststellung. Die Antragsteller haben im vorliegenden Zusammenhang keinen Anspruch auf Erhalt einer kooperativen Beschulung. Die Rechte aus Erziehung und Bildung in der Schule umfassen weder einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer an den Wünschen des Schülers und der Eltern orientierten Schule noch einen Anspruch auf eine besondere personelle und/oder sachliche Ausstattung der Schule, sondern lediglich einen Anspruch darauf, von unzumutbaren oder gänzlich unangemessen Bedingungen verschont zu bleiben.
42Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. April 2006 ‑ 19 B 192/06 -, zur Reduzierung der Stundenzahl von Sonderschullehrern, nicht veröffentlicht, unter Hinweis auf Beschlüsse des 19. Senats vom 16. April 2003 - 19 B 403/03 - und vom 22. Oktober 1999 - 19 B 1648/99 -, jeweils juris.
43Dass der Paradigmenwechsel von einer kooperativen Beschulung zu einer integrativen Beschulung von Förderkindern für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Sprache zu unzumutbaren oder gänzlich unangemessenen Bedingungen führen könnte, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, auch wenn nach ihren schlüssigen Ausführungen die kooperative Beschulung von Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache wegen der Besonderheiten dieses Förderschwerpunktes voraussichtlich die pädagogisch optimale Versorgung darstellt.
44Erweisen sich danach die angegriffenen Ratsbeschlüsse nicht als offensichtlich rechtswidrig, fällt darüber hinaus auch die allgemeine Interessenabwägung zum Nachteil der Antragsteller aus. Das folgt zum einen daraus, dass sie in ihrem Recht auf freie Wahl der Schulform für ihre Kinder nicht berührt werden.
45Vgl. zu den Folgen für die allgemeine Interessenabwägung: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 1991, - 19 B 797/91 - juris, ebenda Randziffern 15, 17 und 19.
46Zum anderen erlangt das öffentliche Interesse daran, ein mit den vormals schultragenden Städten abgestimmtes Konzept der Schulentwicklungsplanung zum beabsichtigten Stichtag durchzuführen und im Rahmen dessen eine einzelne, ohnehin nur für einen beschränkten Teil der Einwohner des Kreises räumlich günstig gelegene Förderschule zu schließen, gegenüber dem Interesse der Antragsteller an der Fortführung exklusiver Beschulung mit dem Förderschwerpunkt Sprache an der Schule am Q. ein deutlich überwiegendes Gewicht. Die vorliegend beabsichtigte Errichtung von Förderschulzentren ist nach ihrer Art und Bedeutung in besonderer Weise auf alsbaldige Durchsetzbarkeit ausgerichtet und angewiesen, weshalb die nicht absehbare, oft mehrjährige Dauer eines Klageverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss nicht abgewartet werden kann. Schulorganisationsakte regeln nicht ein Verhältnis einer Behörde zu einem Einzelnen, sondern sind auf die Neuordnung der Schulorganisation im betroffenen Bereich gerichtet, die folgeweise eine Vielzahl von bestehenden und zukünftigen Rechtsbeziehungen zu Eltern, Schülern und Lehrern unabhängig davon betrifft, ob sie die Neuordnung ablehnen, und vielfältige tatsächliche Auswirkungen auf die am Schulleben Beteiligten oder andere Schulen entfaltet. Ohne die Anordnung des Sofortvollzugs bliebe aufgrund der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) von Rechtsbehelfen gegen den Schulorganisationsakt für unabsehbare Zeit offen, wann die Umsetzung erfolgt.
47Vgl. für die Bildung eines Grundschuldverbundes Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. August 2009, - 19 B 1129/08 -, juris, ebenda Randziffer 11.
482. Der gegen den Antragsgegner zu 2 gerichtete Antrag zu 2 ist unzulässig.
49Die Antragsteller sind nicht analog § 42 Abs. 1 VwGO antragsbefugt. Im Verhältnis zu den Antragstellern handelt es sich bei der Genehmigung des Schulorganisationsbeschlusses des Kreistages des Antragsgegners zu 1 durch die Bezirksregierung Düsseldorf als Schulaufsichtsbehörde nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG Nordrhein-Westfalen. Die Genehmigung ist nicht an die Antragsteller gerichtet. Sie soll unmittelbare Rechte und Pflichten nur im Verhältnis zwischen den Antragsgegnern entfalten. Unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfaltet die Genehmigung nur gegenüber dem Adressaten (Antragsgegner zu 1), eventuell noch gegenüber drittbetroffenen Schulträgern, nicht aber gegenüber Eltern. Dies ist so evident, dass infolgedessen im Hauptsacheverfahren die Anfechtungsklage bereits mangels Klagebefugnis nicht eröffnet ist. Entsprechendes gilt für den vorläufigen Rechtsschutz. Anhaltspunkte für eine sachdienliche, den Antragstellern nahezulegende Antragsänderung im Verhältnis zum Antragsgegner zu 2 sind nicht ersichtlich. Rechtsschutz betroffener Bürger gegen von kommunalen Gremien beschlossene Schulschließungen findet ausschließlich im Verhältnis der Bürger zum Schulträger statt.
50Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO.
51Die Festsetzung des Streitwertes ist gemäß der §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG erfolgt. Für jedes der vier Prozessrechtsverhältnisse (beide Antragstellerpaare jeweils gegen zwei Antragsgegner) hat das Gericht jeweils einen Auffangwert angenommen.
52Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. August 2009, ‑ 19 B 1129/08 -, juris, ebenda Randziffer 30.
53Die Summe war wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. März 2016 - 18 L 3026/15
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. März 2016 - 18 L 3026/15
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Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. März 2016 - 18 L 3026/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin stützt ihn auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO. Keiner dieser Gründe liegt vor. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, dass die Bezirksregierung E. als obere Schulaufsichtsbehörde Nr. 2 des Dringlichkeitsbeschlusses des Schul- und Sportausschusses der Klägerin vom 29. Februar 2012 genehmigt. Mit Nr. 2 hat die Klägerin entschieden, die allgemeine Aufnahmekapazität ihrer N. -O. -Gesamtschule ab dem Schuljahr 2012/2013 von acht auf sieben Parallelklassen zu verringern, um deren erforderliche sächliche Ausstattung für die (dauerhafte) Einrichtung einer zweiten Integrativen Lerngruppe, insbesondere die Verfügbarkeit von Räumen für Kleingruppenarbeit und Differenzierungszwecke sicherzustellen. Zeitgleich hat die Klägerin mit Nr. 1 des Beschlusses entschieden, bei der Bezirksregierung wegen des gegebenen dringenden Bedürfnisses die Einrichtung einer zweiten Integrativen Lerngruppe zum Schuljahr 2012/2013 zu beantragen.
4Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Reduzierung der Zügigkeit der N. -O. -Gesamtschule als eine genehmigungsbedürftige Änderung der Schule im Sinne von § 81 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW („Abbau bestehender Schulen“) angesehen und die Ablehnung der Genehmigung als gemäß § 81 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW rechtmäßig beurteilt, weil die beschlossene schulorganisatorische Maßnahme der Klägerin § 78 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SchulG NRW widerspricht.
5Vgl. zum Begriff der Zügigkeit als jahrgangsübergreifende Bestimmung der Zahl der Parallelklassen OVG NRW, Beschluss vom 20. August 2014 - 19 B 961/14 ‑, juris Rdn. 3.
6Das die Schulträger gemäß § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW zur Fortführung einer bestehenden Schule verpflichtende Bedürfnis ist auf das gesamte Gebiet des jeweiligen Schulträgers zu beziehen („in ihrem Gebiet“). Bestimmend für sein Bestehen ist gemäߠ § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW, dass die Schule im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist, damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann. Nach § 78 Abs. 5 SchulG NRW sind bei der Feststellung des Bedürfnisses die Entwicklung des Schüleraufkommens und der Wille der Eltern zu berücksichtigen, der sich im Schulwahl- und Anmeldeverhalten ausdrückt. Hiernach hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass das Bedürfnis für die Fortführung der N. -O. -Gesamtschule in der bisherigen Größe, d. h. mit - wie bis zum Schuljahr 2011/2012 auch tatsächlich – 8 Parallelklassen je Jahrgangsstufe besteht. Es ergibt sich aus den in den vergangenen Jahren wie auch zum Schuljahr 2012/2013 durchweg gegebenen Anmeldeüberhängen nicht nur an dieser Gesamtschule, sondern im Gebiet des Schulträgers insgesamt, also auch an den drei weiteren C. Gesamtschulen. Auf diese Anmeldeüberhänge an den C. Gesamtschulen hat die Bezirksregierung ihre Ablehnung der schulaufsichtlichen Genehmigung im Bescheid vom 4. April 2012 gestützt und die Überhänge unwidersprochen für die letzten Schuljahre mit etwa 150 angemeldeten Schülern angegeben.
7Die Klägerin macht demgegenüber in der Antragsbegründung erfolglos geltend, die Anmeldezahlen seien für das Schuljahr 2013/2014 derart zurückgegangen, dass sie einer Siebenzügigkeit entsprächen (181 Regelschüler sowie 20 Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf). Mit diesen Anmeldezahlen zeigt die Klägerin keine entscheidungserhebliche Änderung des Fortführungsbedürfnisses für die N. -O. -Gesamtschule auf. Insbesondere durfte die Klägerin die Zügigkeit dieser Schule nicht verringern, ohne zuvor ihre Schulentwicklungsplanung entsprechend anzupassen. Denn das Fortführungsbedürfnis für eine einzelne Schule hängt nach der Legaldefinition des Bedürfnisbegriffs in § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW davon ab, dass die Schule „im Rahmen der Schulentwicklungsplanung erforderlich ist, damit das Bildungsangebot der Schulform in zumutbarer Entfernung wahrgenommen werden kann.“
8Zu dieser Legaldefinition vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2013 ‑ 19 B 406/13 ‑, NWVBl. 2014, 38, juris, Rdn. 28.
9Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW sind Gemeinden zudem, soweit sie Schulträgeraufgaben nach § 78 SchulG NRW zu erfüllen haben, verpflichtet, für ihren Bereich eine Schulentwicklungsplanung zu betreiben. Sie dient nach Maßgabe des Bedürfnisses im Sinne des § 78 Abs. 4 SchulG NRW der Sicherung eines gleichmäßigen, inklusiven und alle Schulformen und Schularten umfassenden Bildungs- und Abschlussangebots (§ 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW). Schulen und Schulstandorte sind so zu planen, dass schulische Angebote aller Schulformen und Schularten einschließlich allgemeiner Schulen als Orte des Gemeinsamen Lernens im Sinne des § 20 Abs. 2 SchulG NRW unter möglichst gleichen Bedingungen wahrgenommen werden können.
10Hiernach beeinflusst ein Anmelderückgang an einer einzelnen Schule das Fortführungsbedürfnis für eine konkrete Schule nur „im Rahmen der Schulentwicklungsplanung“. Der Schulträger bleibt grundsätzlich verpflichtet, auch eine von einem ein Anmelderückgang betroffene einzelne Gesamtschule mit der bisherigen Zügigkeit fortzuführen, um Anmeldeüberhänge an anderen Gesamtschulen auffangen zu können. Er darf die Zügigkeit dieser einzelnen Gesamtschule nur dann ersatzlos reduzieren, wenn er im Rahmen der Schulentwicklungsplanung einen Anmelderückgang im gesamten Gemeindegebiet festgestellt hat, seine Prognose auch für die nächsten Schuljahre ein entsprechend niedrigeres Schüleraufkommen ergibt und er diesem Anmelderückgang gerade an der ausgewählten Gesamtschule Rechnung tragen will.
11Diese Anforderungen sind hier offensichtlich nicht erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin nicht ersichtlich das Schüleraufkommen an allen ihren Gesamtschulen in den Jahren 2014 bis 2019 prognostiziert, sondern lediglich auf den Anmelderückgang an der N. -O. -Gesamtschule für das Schuljahr 2013/2014 hingewiesen. Diese Anmeldezahlen bilden nur eine Momentaufnahme ab. Sie sind keine taugliche Grundlage für die Prognose des Schüleraufkommens in einem längeren Planungszeitraum, die eine Reduzierung der Zügigkeit tragen könnte.
12Dass die Klägerin den mitgeteilten Anmelderückgang an der N. -O. -Gesamtschule zum Anlass für eine Änderung ihrer Schulentwicklungsplanung genommen hat dahin, unter Berücksichtigung des Schüleraufkommens an ihren drei anderen Gesamtschulen die Zügigkeit der N. -O. -Gesamtschule von 8 auf 7 zu reduzieren, macht sie nicht geltend. Sie hat nach Aktenlage auch die für das Schuljahr 2012/2013 beschlossene – und faktisch ausgeführte – Reduzierung der Zügigkeit nicht in den Rahmen der Schulentwicklungsplanung gestellt.
13Der im Zulassungsverfahren sinngemäß weiter vertretene Rechtsstandpunkt der Klägerin trifft nicht zu, eine an Art. 24 der VN-Behindertenrechtskonvention (VN-BRK) ausgerichtete Auslegung des § 78 Abs. 4 SchulG NRW gebiete im Rahmen der Bedürfnisprüfung, auch das Ziel eines diskriminierungsfreien und zumutbaren Zugangs von Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf zum Regelschulsystem gleichrangig in die Abwägung einzustellen. Die Klägerin kann sich daher nicht darauf berufen, sie könne an der N. -O. -Gesamtschule durch angemessene Reduzierung der Aufnahmekapazität zur Überwindung der schulräumlichen Hindernisse solchen Schülern Zugang zu einer zweiten Integrativen Lerngruppe eröffnen. Denn das Tatbestandsmerkmal des Bedürfnisses in § 78 Abs. 4 Sätze 2 und 3 SchulG NRW ist und war einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung nach Maßgabe des Art. 24 der VN-BRK nicht zugänglich. Auf der Stufe der Bedürfnisfeststellung mit Blick auf die Fortführung einer konkreten Schule ist eine Abwägung der Bildungsansprüche von Regelschülern mit denjenigen von Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf nicht eröffnet, unabhängig davon, inwieweit nach dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) vom 5. November 2013, GV. NRW. S. 618, noch Raum für eine Heranziehung der VN-BRK als Auslegungshilfe besteht.
14Vgl. zur Heranziehung der VN-BRK als Hilfe bei der Grundrechtsauslegung BVerfG, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 BvR 882/09 -, BVerfGE 128, 282, juris Rdn. 52.
15Nach der Legaldefinition in § 78 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW ist der Bedürfnisbegriff ausschließlich auf die Schulform bezogen („Bildungsangebot der Schulform“). Diese Vorschrift hat der Gesetzgeber mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz unverändert gelassen. Für das Fortführungsbedürfnis nach § 78 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW sind andere Kriterien als die Schulform, das auf sie bezogene Schulwahlverhalten der Eltern und das entsprechende Schüleraufkommen unbeachtlich. Andere Kriterien wie die Schulart, eine einzelne Schule oder ein einzelner Schulstandort sind nach § 80 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SchulG NRW erst auf der Stufe der Schulentwicklungsplanung zu berücksichtigen. Diese knüpft gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW („nach Maßgabe des Bedürfnisses, § 78 Abs. 4“) als planerische Entscheidung des Schulträgers an die Bedürfnisprüfung an. Auf dieser ‑ alle seine Schulen einer Schulstufe umgreifenden - Planungsebene findet die planerische Abwägung des Schulträgers statt, an welchen Schulen und in welchem Umfang dort unter Berücksichtigung zumutbarer Entfernungen schulformbezogene, schulformübergreifende wie auch spezielle Bildungsangebote gemacht werden sollen; hierbei kann er auch bestimmte Angebote an konkreten Schulstandorten bevorzugen und gegenläufige Interessen zurückstellen.
16OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Juli 2013, a.a.O., Rdn. 28 - 30, und vom 31. Mai 2013 ‑ 19 B 1191/12 ‑, NWVBl 2013, 456, juris Rdn. 10 (Schließung einer katholischen Bekenntnisgrundschule); teilw. a. A. Ostermann, in Jehkul u.a., SchulG NRW, Stand der 14. Aktualisierungslieferung: August 2014, § 78, Anm. 4.
17Nichts anderes gilt für das Bildungsangebot des Gemeinsamen Lernens (früher: Integrative Lerngruppen). Die Änderungen des Schulrechts, die der Landesgesetzgeber zur Umsetzung der VN-BRK im Bereich der Schulen durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorgenommen hat, hat er für das Schulorganisationsrecht der Stufe der Schulentwicklungsplanung zugewiesen. Nach § 80 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW in der Fassung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes dient die Schulentwicklungsplanung nicht mehr nur der Sicherung eines gleichmäßigen und alle Schulformen und Schularten umfassenden, sondern auch der Sicherung eines „inklusiven“ Bildungs- und Abschlussangebots in allen Landesteilen. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW sind Schulen und Schulstandorte so zu planen, dass schulische Angebote aller Schulformen und Schularten „einschließlich allgemeiner Schulen als Orte des Gemeinsamen Lernens (§ 20 Abs. 2)“ unter möglichst gleichen Bedingungen wahrgenommen werden können. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW sind die Schulträger u. a. verpflichtet, auf ein regional ausgewogenes, vielfältiges, nunmehr auch „inklusives“ und umfassendes Angebot zu achten. § 80 Abs. 5 SchulG NRW bestimmt, dass die Schulentwicklungsplanung das gegenwärtige und zukünftige Schulangebot (Nr. 1) sowie die mittelfristige Entwicklung des Schüleraufkommens (Nr. 2) und des Schulraumbestandes (Nr. 3) nicht nur u.a. nach Schulformen und Schularten, vielmehr nunmehr auch nach „Orten des Gemeinsamen Lernens“ berücksichtigt. Mit dieser ergänzenden Hervorhebung der Orte Gemeinsamen Lernens als zu berücksichtigender Aspekte der Schulentwicklungsplanung zieht der Gesetzgeber für die Schulorganisation die Konsequenz daraus, dass sonderpädagogische Förderung vorbehaltlich einer abweichenden Wahl der Eltern für die Förderschule in der Regel in der allgemeinen Schule stattfindet (§ 20 Abs. 2 SchulG NRW), in der der Unterricht als Gemeinsames Lernen für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Klassenverband oder in der Lerngruppe bei möglichen Formen der inneren und äußeren Differenzierung erteilt wird (§ 20 Abs. 3 SchulG NRW) und dass nur in besonderen Ausnahmefällen die Schulaufsichtsbehörde abweichend von der Wahl der Eltern die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen kann (§ 20 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW).
18Im Grundsatz nicht anders war vor Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes die Berücksichtigung der Notwendigkeit und der Möglichkeiten integrativer Beschulung sonderpädagogisch förderbedürftiger Schüler in allgemeinen Schulen anstelle von Förderschulen der Schulentwicklungsplanung zugewiesen. § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW a. F. verpflichtete die Schulträger, bei der Schulentwicklungsplanung u. a. auf ein „vielfältiges und umfassendes“ Angebot an Schulformen und Schularten zu achten. Dieses umfasste bei allen Schulformen und Schularten auch das Angebot an Orten sonderpädagogischer Förderung, als die § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 7 und 8 SchulG NRW a. F. die allgemeinen Schulen mit Gemeinsamen Unterricht und Integrativen Lerngruppen in der Sekundarstufe I bestimmte. Damit trug der Gesetzgeber im Bereich des Schulwesens dem Verbot der Benachteiligung Behinderter aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung. Dieses gebot im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im Einzelfall nach Art und Schwere der Behinderung und der Vor- und Nachteile einerseits der integrativen Beschulung und andererseits der Beschulung in einer Förderschule, einen sonderpädagogisch förderbedürftigen Schüler statt in einer Förderschule in einer allgemeinen Schule zu unterrichten und zu erziehen, wenn dies ohne besonderen Aufwand möglich war oder durch einen vertretbaren Einsatz von sonderpädagogischer Förderung ermöglicht werden konnte. Da eine danach im Einzelfall gebotene integrative Beschulung sonderpädagogisch förderbedürftiger – zumal schulpflichtiger – Schüler ohne ein entsprechendes Angebot an allgemeinen Schulen nicht erfüllbar war (und ist), war (und ist) die Bereitstellung von Schulen mit Angeboten für integrative Beschulung verfassungsrechtlich geboten.
19BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 -, BVerfGE 96, 288, juris, Rdn. 72, 78 f.
20Die Bezirksregierung hat danach unter Geltung des Schulrechts vor Inkrafttreten des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes die Genehmigung für die Reduzierung der Zügigkeit der N. -O. -Gesamtschule zu Recht wegen des fortbestehenden Bedürfnisses für die achtzügige Fortführung dieser Schule versagt, ohne die von der Klägerin geforderte Abwägung vorzunehmen. Sie hat der Sache nach vor und in dem Genehmigungsverfahren zutreffend darauf abgestellt, dass wegen des Bedarfs an weiteren Integrativen Lerngruppen diese schulformübergreifend unter Berücksichtigung aller C. städtischen Schulen der Sekundarstufe I zu planen sind. In der Sache verweist sie damit auf die Schulentwicklungsplanung.
21In diesem Sinne sind letztlich auch die resümierenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 10 des angefochtenen Urteils zu verstehen, dass weitere Integrative Lerngruppen bei vorhandener Kapazität an anderen Gesamtschulen oder an Realschulen und Gymnasien eingerichtet werden müssten, da die Voraussetzungen für die Einrichtung einer weiteren Integrativen Lerngruppe an der N. -O. -Gesamtschule nicht oder nur um den Preis der unzulässigen Reduzierung der Zügigkeit geschaffen werden könnten.
22Die der Sache nach zu stellenden Anforderungen einer alle Schulen der Sekundarstufe I umgreifenden Schulentwicklungsplanung hat die Klägerin mit ihrem Beschluss vom 29. Februar 2012 im Ansatz verfehlt. Zwar waren an fünf weiteren Schulen der Sekundarstufe I zum Schuljahr 2012/2013 Integrative Lerngruppen eingerichtet. Es bestand nach den Anmeldezahlen darüber hinausgehender dringender Bedarf. Nach Aktenlage hat sich die Klägerin für die Einrichtung einer weiteren Lerngruppe auch der Dringlichkeit wegen auf die – dazu gegen Reduzierung der Zügigkeit bereite – N. -O. -Gesamtschule fokussiert, ohne rechtzeitig die Möglichkeiten der Einrichtung Integrativer Lerngruppen an den anderen C. Schulen – Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien – ermittelt zu haben. Nach der Informationsvorlage der Verwaltung für den Schul- und Sportausschuss vom 19. April 2011 und der Zusammenstellung der Rückmeldungen vom 2. März 2011 hatten sich auf die Abfrage nach den Möglichkeiten von Integrativen Lerngruppen bei allen städtischen Schulen 9 Schulen grundsätzlich bereit erklärt, Integrative Lerngruppen einzurichten oder ihr Angebot zu erweitern. Überwiegend erfolgten Ablehnungen (so von 3 Hauptschulen, 4 Realschulen, 2 Gesamtschulen und 3 Gymnasien) mit unterschiedlichen Gründen (z. B. ungeklärte Rahmenbedingungen, fehlende räumliche Kapazität, Ablehnung durch die Lehrerkonferenz); von zwei Gymnasien und einer Realschule gab es keine Rückmeldung. Ob die Klägerin in der Folgezeit weitere Ermittlungen bei den einzelnen Schulen durchgeführt hat, um die Ablehnungsgründe aufzuklären oder auszuräumen, ist nicht ersichtlich.
23Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die einzelne Schule die Einrichtung Gemeinsamen Lernens, über die die Schulaufsichtsbehörde mit Zustimmung des Schulträgers entscheidet (§ 20 Abs. 5 SchulG NRW), nicht verhindern kann. Für die Einrichtung Gemeinsamen Lernens ist (und für die Einrichtung des Gemeinsamen Unterrichts war) die Zustimmung der Schulkonferenz nicht erforderlich. Dies ergibt der Rückschluss aus § 65 Abs. 2 Nr. 8 SchulG NRW. Danach entscheidet die Schulkonferenz über den „Vorschlag“ der Schule zur Einrichtung Gemeinsamen Lernens. Die Mitwirkung der Schule beschränkt sich hiernach auf ein Vorschlags- oder Initiativrecht, das Schulaufsicht und Schulträger zur Kenntnis nehmen, aber nicht befolgen müssen.
24Wolfering, in: Jehkul u.a., SchulG NRW, a.a.O., § 65 Anm. 2.9.
25Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Einwand der Klägerin in der Antragsbegründung (Seite 3) verfehlt ist, das Verwaltungsgericht nehme entgegen Art. 24 VN-BRK einen „generellen Nachrang“ des Zugangs behinderter Menschen zu weiterführenden Schulen an. Sie lässt außer Acht, dass das Verwaltungsgericht den Schulträger im Ergebnis auf die Einrichtung Integrativer Lerngruppen an anderen Schulen der Sekundarstufe I verwiesen hat, wenn an einer konkreten Schule, für deren Fortführung in der bisherigen Größe ein Bedürfnis im Sinne von § 78 Abs. 4 SchulG NRW besteht, die Voraussetzungen für eine (weitere) Integrative Lerngruppe nur um den Preis der unzulässigen Reduzierung der Zügigkeit geschaffen werden könnten. Dies trifft nach den vorstehenden Ausführungen zur Schulentwicklungsplanung zu.
26Auf die Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts (auf Seite 10 unten bis Seite 12 Mitte) zur Abwägung zwischen den gleichwertig schützenswerten Interessen der Eltern behinderter Kinder an der Schulaufnahme und der Schulformwahlfreiheit und dem Aufnahmewunsch der Eltern von Regelschülern kommt es nach dem Vorstehenden nicht an. Ergänzend bemerkt der Senat hierzu, dass er dem (weitgehenden) Ausschluss der Eltern von Kindern mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf von der Schulformwahlfreiheit nicht teilt (im „Vordergrund“ stehe die Teilhabe an dem Regelschulsystem als solchem, der auch durch die Unterrichtung in anderen Schulformen entsprochen werde). Jedenfalls mit Blick auf zielgleiche sonderpädagogische Förderung (§ 19 Abs. 3 SchulG NRW, § 20 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SchulG NRW a. F.) kann Eltern betroffener Kinder die Schulformwahlfreiheit nicht abgesprochen werden. Inwieweit Eltern, für deren Kind nur zieldifferente schulische Förderung in Betracht kommt (§ 19 Abs. 4 SchulG NRW, § 20 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SchulG NRW a. F.), auf die Freiheit der Wahl der Schulform für Gemeinsames Lernen berufen können, bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
27Auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen zweiten Rechtswidrigkeitsgrund für den Beschluss der Klägerin vom 29. Februar 2012, dieser sei von der rechtswidrigen Erwägung getragen, die Verringerung der Aufnahmekapazität sei ein zulässiges Mittel, die gesamtschultypische Leistungsheterogenität zu verbessern, kommt es danach ebenfalls nicht an.
28Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, dass auch der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht vorliegt. Die sich entscheidungserheblich stellenden Rechtsfragen lassen sich ohne besondere Schwierigkeiten aus dem Gesetz und vorliegender Senatsrechtsprechung beantworten.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
30Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 GKG).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.