Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 22. Aug. 2013 - 1 A 2278/11
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 26. März 2009 und der Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 27. Juli 2010 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 31. Oktober 1985 geborene Kläger wurde zum 1. Januar 2004 zum Grundwehrdienst einberufen. Mit Wirkung vom 1. Juli 2004 wurde er aufgrund einer von ihm bereits am 8. Oktober 2003 abgegebenen Verpflichtungserklärung, zwölf Jahre Wehrdienst zu leisten, unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit als Anwärter für die Laufbahn der Feldwebel übernommen. Seine – zuvor zunächst auf drei Jahre und sechs Monate festgesetzte – Dienstzeit wurde mit Verfügung der Stammdienststelle des Heeres vom 13. Dezember 2006 unter Anrechnung der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2004 auf zwölf Jahre (Ende der Dienstzeit mit Ablauf des 31. Dezember 2015) festgesetzt.
3In der Zeit vom 5. Oktober 2004 bis 30. Juni 2006 wurde der Kläger zum Elektroniker für luftfahrttechnische Systeme ausgebildet.
4Am 10. Juni 2008 beantragte der Kläger seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Er wurde durch Bescheid des Bundesamtes für den Zivildienst vom 7. Juli 2008 als solcher anerkannt und daraufhin mit Ablauf des 10. Juli 2008 gemäß § 33 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz – SG –) aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen.
5Mit Leistungsbescheid vom 26. März 2009 forderte die Stammdienststelle der Bundeswehr den Kläger nach vorheriger Anhörung unter Berufung auf § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG zur teilweisen Erstattung der anlässlich seiner Fachausbildung entstandenen Kosten auf, wobei der Erstattungsbetrag auf 28.477,47 Euro festgesetzt wurde.
6Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass in seinem Fall die Rückzahlungsverpflichtung eine besondere Härte zur Folge hätte, so dass gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die Erstattung zu verzichten sei.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2010 gab die Stammdienststelle der Bundeswehr dem Widerspruch insoweit statt, als der Erstattungsbetrag auf 26.460,14 Euro nebst 4 % Stundungszinsen ab dem 15. Mai 2009 verringert wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen folgendermaßen:
8Nach einer Kostenzusammenstellung des Bundesamtes für Wehrverwaltung sei als für die Fachausbildung im Sinne des § 56 Abs. 4 SG entstandene Kosten ein Betrag in Höhe von 31.504,24 Euro anzusetzen. Bei der Festsetzung der Kosten des Erstattungsbetrages sei berücksichtigt worden, dass der Kläger seinem Dienstherrn für einen Teil seiner nach Beendigung der Ausbildung abzuleistenden Dienstzeit noch zur Verfügung gestanden habe. Danach belaufe sich der Betrag auf 26.460,41 Euro. Dieser Betrag liege unter dem Betrag, den der Kläger – wäre die Ausbildung zum Elektroniker für luftfahrttechnische Systeme von ihm im zivilen Leben absolviert worden – an Lebenshaltungs- und Krankenversicherungskosten hätte aufbringen müssen und der auf der Grundlage eines auf die dafür benötigte Zeit entfallenden steuerlich zu verschonenden Existenzminimums mit 26.834,50 Euro ermittelt worden sei.
9Der Kläger hatte bereits am 16. Juni 2010 Untätigkeitsklage erhoben.
10Der Kläger hat beantragt,
11den Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 26. März 2006 [gemeint wohl: 2009] in der Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 27. Juli 2010 aufzuheben.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Kern ausgeführt: Die Rückforderung der Beklagten finde ihre Rechtsgrundlage in § 56 Abs. 4 Satz 1 SG. Auch die Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei von der Beklagten hinreichend berücksichtigt worden. Die von der Beklagten in Ansatz gebrachten Lehrgangsgebühren in Höhe von 31.504,24 Euro verringerten sich danach auf den Betrag, den der Kläger – und zwar bei generalisierender und pauschalisierender Betrachtungsweise – hätte aufwenden müssen, wenn er die entsprechende Berufsausbildung außerhalb der Bundeswehr durchlaufen hätte. Insoweit sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die fiktiven Lebenshaltungskosten während der (Regel)Ausbildungszeit von dreieinhalb Jahren auf Grundlage des steuerlichen Existenzminimums in Ansatz gebracht habe.
15Mit Beschluss vom 1. Februar 2013 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen, die dieser ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen u. a. wie folgt begründet:
16Bei ihm liege eine besondere Härte vor, die zu einem vollständigen Verzicht auf die Rückforderung führen müsse. Es sei ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte die Ausbildungsvergütung, die im zivilen Bereich gezahlt werde, nicht als Einnahme des Klägers angerechnet habe. Insoweit unterscheide sich sein Fall von dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen "Pilotenfall", da der Erwerb des Verkehrspilotenscheins tatsächlich nur Kosten verursache. Seine Ausbildung hätte auch nicht als wirtschaftlicher Vorteil angerechnet werden dürfen, weil er tatsächlich nicht in dem erlernten Beruf tätig geworden sei. Es genüge nicht, dass tatsächlich offene Stellen im erlernten Beruf vorhanden gewesen seien. Erspart habe er allein die unmittelbaren Ausbildungskosten wie Lernmittel und Prüfungsgebühren sowie die mittelbaren Ausbildungskosten wie Reisekosten und Trennungsgelder.
17Der Kläger beantragt,
18das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass der Wesensgehalt des § 56 Abs. 4 SG nicht gewahrt sei, wenn ihr in einem solchen Standardfall die Rückerstattung ganz verwehrt bleibe. In diesem Fall sei die Sache dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG vorzulegen. Die Härtefallregelung solle vielmehr einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des grundrechtsgeschützten ehemaligen Soldaten und dem Dienstherrn schaffen. Es sei nicht geboten, allein auf den Aspekt der ersparten Aufwendungen abzustellen. Vielmehr sei der Rückforderungsbetrag so zu berechnen, dass er den potentiellen Kriegsdienstverweigerer einerseits nicht von der Stellung des Antrags auf Kriegsdienstverweigerung abschrecke und andererseits ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des ehemaligen Soldaten und des Dienstherrn hergestellt werde. Eine Summe in der Größenordnung der Lebenshaltungskosten eines Studiums sei nicht geeignet potentielle Kriegsdienstverweigerer von der Stellung eines entsprechenden Antrags abzuschrecken; das zeige eine exponentiell zunehmende Anzahl von Kriegsdienstverweigerungen in Bereichen, in denen unstreitig eine Erstattungspflicht bestehe. Bei der Festsetzung des Rückforderungsbetrages handele es sich um eine Ermessensentscheidung, die nicht durch eigene Tatsachenfeststellungen und eigenes Ermessen des Gerichts ersetzt werden dürfe. Es liege keine Ermessensreduzierung auf Null vor, die zu einem völligen Verzicht auf die Rückforderung zwinge. Es sei ihr unbenommen, im Rahmen ihres Ermessens eigene Maßstäbe in Ansatz zu bringen, mit deren Hilfe eine vom Bundesverwaltungsgericht als erforderlich angesehene generalisierende und pauschalierende Betrachtung vorgenommen werde. Das Bundesverwaltungsgericht habe die fiktiven Lebenshaltungskosten als Rückforderungsbestandteil zusätzlich und unabhängig von den sonstigen Kosten einer (fiktiven) Fachausbildung anerkannt. Dann könnten die Lebenshaltungskosten aber auch unabhängig von den sonstigen Zuwendungen im Rahmen der (fiktiven) Fachausbildung von Seiten des Bildungsträgers in Ansatz gebracht werden. Völlig außer Betracht gelassen seien der Schaden, der durch die Notwendigkeit, neues Personal zu gewinnen und auszubilden entstanden sei, wie auch die Auswirkungen auf die Aufstellung von einsatzfähigen Streitkräften insgesamt. Entfiele in Fällen wie diesem die Rückzahlungsverpflichtung vollständig, wäre der Bundeswehr ein Bestandteil der Personalvorsorgebewirtschaftung völlig genommen. Die Kosten, welche für eine vergleichbare Ausbildung außerhalb der Bundeswehr entstanden wären, könnten in vielen Fällen ein geeigneter Maßstab sein, eine angemessene Reduzierung der Rückforderung festzulegen. In Fällen jedoch, in denen dies dazu führte, dass die Rückforderung ganz entfiele, sei dieser Maßstab nicht anzuwenden; dann sei vielmehr der Rückgriff auf das steuerliche Existenzminimum angemessen. Hier stünden die fiktiven Aufwendungen für eine Ausbildung, nicht aber die Ausbildungsvergütung im Fokus. Im Übrigen komme es auf den abstrakten Wert der Ausbildung, nicht aber darauf an, was der Kläger daraus mache.
22Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 26. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 27. Juli 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25Die Voraussetzungen für die von der Beklagten erhobene, auf § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG gestützte Rückforderung von Ausbildungskosten liegen vor (A.). Bei der härtefallbedingten Reduzierung dieser Forderung im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG handelte die Beklagte jedoch zu Lasten des Klägers ermessensfehlerhaft (B.). Die Sache ist spruchreif (C.).
26A. Gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag als entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, was vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt worden ist. Der Kläger war bis zu seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr mit Ablauf des 10. Juli 2008 Soldat auf Zeit. Seine Dienstzeit wurde aufgrund seiner entsprechenden Verpflichtungserklärung vom 8. Oktober 2003 mit Bescheid vom 4. Mai 2004 auf zunächst 3 Jahre und 6 Monate und sodann mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 auf 12 Jahre festgesetzt. Die militärische Ausbildung war mit einer Fachausbildung verbunden. Der Kläger absolvierte vom 5. Oktober 2004 bis zum 30. Juni 2006 eine Ausbildung zum Elektroniker für luftfahrttechnische Systeme, worüber ihm unter dem 4. Juli 2006 von der Industrie- und Handelskammer L. ein Prüfungszeugnis ausgestellt wurde. Wegen der unter dem 7. Juli 2008 erfolgten unanfechtbaren Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und der daraufhin unter dem 8. Juli 2008 erfolgten Entlassung aus der Bundeswehr gilt der Kläger in Anwendung von § 46 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 SG als auf eigenen Antrag entlassen. Der Kläger ist daher grundsätzlich zur Erstattung der entstandenen Ausbildungskosten verpflichtet. Die Beklagte hat die Ausbildungskosten im angefochtenen Bescheid durch den Kläger unbeanstandet mit 31.504,24 Euro angegeben. Der Senat hat keinen Anlass an der Höhe der entstandenen Kosten zu zweifeln. Der nunmehr von der Beklagten noch geltend gemachte Betrag in Höhe von 26.460,41 Euro bewegt sich innerhalb dieser Ausbildungskosten.
27B. Gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG kann auf die Erstattung der Ausbildungskosten ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Auch wenn es sich bei dieser Norm um eine sog. Koppelungsvorschrift handelt, die im Tatbestand einen unbestimmten Rechtsbegriff ("besondere Härte") verwendet und auf Rechtsfolgenseite Ermessen ("kann") vorsieht, ist sie nicht im Sinne einer einheitlichen Ermessensanwendung zu verstehen, sondern zerfällt in einen gerichtlich voll überprüfbaren Tatbestand (besondere Härte) und ein nur beschränkt gerichtlich zu überprüfendes Rechtsfolgeermessen.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 43.
29Die Erstattungspflicht bedeutet für den Kläger eine besondere Härte (I.). Die geltend gemachte Rückforderung ist ermessensfehlerhaft (II.).
30I. Es liegt ein Härtefall im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG vor. Die Härtefallregelung hat ihren inneren Grund im Rechtsstaatsprinzip und den daraus abzuleitenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel und des Übermaßverbots.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44.
32Eine besondere Härte ist demnach gegeben, wenn schwerwiegende Umstände vorliegen, denen der Soldat sich nicht entziehen kann und denen er nur durch ein sofortiges Ausscheiden aus dem Dienst Rechnung tragen kann.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 16, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – 6 C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 45.
34Dies ist wegen der grundrechtlichen Bedeutung des Rechts, aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern (Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG), immer der Fall, wenn ein Soldat entsprechend diesem Recht als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wird.
35Durch die Anerkennung des Klägers als Kriegsdienstverweigerer mit Bescheid vom 7. Juli 2008 sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalls entstanden.
36II. Bei der Entscheidung über die Frage, inwieweit auf den Erstattungsbetrag von maximal 31.504,24 Euro ganz oder teilweise zu verzichten ist, hat die Beklagte mit den von ihr angestellten Erwägungen bezüglich des gesamten noch zurückgeforderten Betrages von 26.460,41 Euro ermessensfehlerhaft gehandelt. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht bei Ermessensentscheidungen auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Beklagte hat in diesem Sinne bei dem Erlass der angefochtenen Verwaltungsakte nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht.
37Ist mit Blick auf die Kriegsdienstverweigerung durch einen Soldaten ein Härtefall im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG anzunehmen, darf die Rückzahlungsverpflichtung den Soldaten von der Ausübung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung nicht abschrecken; die Annahme eines Härtefalls mit der sich daran anschließenden Ermessensentscheidung über eine Reduzierung des Rückforderungsbetrages ist ein verfassungsrechtlich gebotenes Korrektiv, das einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des grundrechtsgeschützten ehemaligen Soldaten einerseits und des Dienstherrn andererseits schaffen soll. Die Interessen des Dienstherrn bestehen darin, eine Ausbildung, die im zivilen Bereich mit erheblichen Kosten verbunden ist, nur zu finanzieren, wenn er danach für einen bestimmten Zeitraum – in der Regel den Verpflichtungszeitraum – von den durch den Soldaten im Rahmen der Ausbildung erlangten Kenntnissen und Fähigkeiten auch profitieren kann.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 16.
39Dies bedeutet mit Blick auf die Bedeutung des Grundrechts auf Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen, dass die Rückforderung jedenfalls auf den Betrag zu beschränken ist, der in der Summe dem geldwerten Vorteil entspricht, der dem ehemaligen Soldaten aus der genossenen Fachausbildung für sein weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 15.
41Hierzu gehören die Aufwendungen, die der Soldat dadurch erspart hat, dass er die Fachausbildung nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 20; Beschluss vom 2. Juli 1996 – 2 B 49.96 –, ZBR 1996, 309 = juris, Rn. 7.
43Zu diesen Ersparnissen zählen die unmittelbaren Ausbildungskosten wie etwa Ausbildungsgebühren oder Aufwendungen für Ausbildungsmittel sowie die mittelbaren Ausbildungskosten wie Reisekosten, Trennungsgeld und ersparte Lebenshaltungskosten sowie die Kosten der Krankenversicherung.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 21 f..
45Die Lebenshaltungskosten sind nur dann im vorgenannten Sinne "erspart", wenn und soweit der Betreffende im Rahmen einer zivilen Ausbildung die insoweit erforderlichen finanziellen Mittel hätte "selbst mitbringen" müssen, wenn er sie also hätte finanzieren oder aus seinem sonstigen Vermögen (einschließlich Unterhaltsansprüchen gegenüber den Eltern) zur Verfügung stellen müssen. Anders liegt der Fall, wenn er unmittelbar aus dem Ausbildungsverhältnis heraus finanzielle Leistungen wie etwa eine Ausbildungsvergütung erhalten hätte. Denn in einem solchen Fall stehen den während der Ausbildungszeit anfallenden Lebenshaltungskosten die Einnahmen aus eben dieser Ausbildung gegenüber, die regelmäßig gerade auch der Bestreitung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind. In einem solchen Fall hätte der Betreffende seine Lebenshaltungskosten unmittelbar aus dem Ausbildungsverhältnis erwirtschaftet und deshalb die betreffenden Aufwendungen gerade nicht "erspart".
46Mit Blick auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit der absolvierten Ausbildung betont das Bundesverwaltungsgericht schließlich, dass es nicht darum gehe, die Aussicht auf künftige Einnahmen abzuschöpfen; allerdings könne zum Gegenstand der Abschöpfung sehr wohl der wirtschaftliche Vorteil gemacht werden, der daraus folge, dass der Soldat aufgrund der absolvierten Ausbildung eindeutig erhöhte Einstellungschancen auf dem Arbeitsmarkt habe oder dass sich seine tarifliche Einstufung hierdurch verbessere.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 20, 23. Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 –, juris, Rn. 63, zur wirtschaftlichen Verwertung einer absolvierten Weiterbildung zum Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen.
48Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Entscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft. Den von ihr festgesetzten Rückerstattungsbetrag hat sie allein aufgrund der Überlegung festgesetzt, dass der Kläger zumindest diesen Betrag durch die absolvierte Ausbildung an Lebenshaltungs- und Krankenversicherungskosten erspart habe. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Ausgangsbescheid, der sich zu dieser Frage nicht verhält, folgt aber aus dem Widerspruchsbescheid, dort Bl. 6. Damit hat sie nicht dem Zweck der Ermessensregelung entsprechend gehandelt. Dieser besteht nach den obigen allgemeinen Ausführungen allein darin, den Rückforderungsbetrag auf den wirtschaftlichen Vorteil, den der Kläger durch die absolvierte Ausbildung erfahren hat, zu begrenzen. Die insoweit von der Beklagten in Ansatz gebrachten Lebenshaltungskosten hat der Kläger aber nicht in diesem Sinne erspart. Insoweit ist die Beklagte von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Um seine Ersparnis festzustellen, ist zu ermitteln, welche wirtschaftlichen, nicht durch das private Ausbildungsverhältnis gedeckten Belastungen der Kläger gehabt hätte, wenn er auf dem privaten Ausbildungsmarkt eine entsprechende Ausbildung absolviert hätte. Insoweit ist aber davon auszugehen, dass der Kläger keine Lebenshaltungskosten – zumal kein solchen in der von der Beklagten angesetzten Höhe – hätte tragen müssen. Der Senat findet zwar keinen Grund, die Vorgehensweise der Beklagten zu beanstanden, im Rahmen einer generalisierenden und pauschalierenden Vorteilsermittlung für die Höhe der fiktiven Lebenshaltungskosten an das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum anzuknüpfen. Diese Methode kann grundsätzlich dann in vertretbarer Weise angewendet werden, wenn – wie auch im vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall (2 C 19.05) – der Auszubildende durch die hypothetisch auf dem privaten Ausbildungsmarkt absolvierte Ausbildung kein Einkommen erzielt hätte und somit seinen Lebensunterhalt auf andere Weise hätte bestreiten müssen. In einem solchen Fall wäre es zu Lasten des ehemaligen Soldaten zu berücksichtigen, dass er während der tatsächlich bei der Bundeswehr absolvierten Ausbildung von seinem Dienstherrn hinreichend alimentiert wurde und hierdurch sein Lebensunterhalt sichergestellt war.
49Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich davon aber wesentlich.
50Die vom Kläger absolvierte Ausbildung zum Elektroniker für luftfahrttechnische Systeme erfolgt auf dem privaten Ausbildungsmarkt im dualen System. D. h., dass jeder Auszubildende schon während der Ausbildung eine Vergütung erhält, die den von der Beklagten angesetzten Betrag des einkommensteuerrechtlichen Existenzminimums (7.664,00 Euro p.a.) gegenwärtig deutlich übersteigt.
51Vgl. Bundesagentur für Arbeit, BERUFENET (http://arbeitsagentur.de) – Stand 01.08.2013: Beispielhafte Ausbildungsvergütung pro Monat:
521. Ausbildungsjahr: € 787 bis €876
53...
544. Ausbildungsjahr: € 946 bis € 1.058
55Den Kläger hätten somit keine (existenzsichernden) Lebenshaltungskosten getroffen, die er mit ausbildungsfremden Mitteln hätte bestreiten müssen. Ersparte Lebenshaltungskosten als wirtschaftlichen Vorteil der absolvierten Ausbildung anzunehmen, ist dem gemäß ermessensfehlerhaft.
56Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die ersparten Lebenshaltungskosten im Rahmen einer Generalisierung und Pauschalierung zu ermitteln sind, die unabhängig von tatsächlichen Ersparnissen zu erfolgen hat. Richtig ist daran allein, dass die "Bestimmung" der ersparten Aufwendungen generalisierend und pauschalierend erfolgt.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 20.
58Dadurch wird der Dienstherr davon befreit zu ermitteln, in welcher exakten Höhe im konkreten Fall unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des einzelnen Soldaten tatsächlich Aufwendungen angefallen wären, was in der Regel im hypothetischen Rückblick gar nicht zu leisten ist. Diese Aufwendungen sind im Rahmen der Vorteilsermittlung an den durchschnittlichen Kosten einer gleichwertigen Ausbildung an einer privaten Einrichtung zu orientieren.
59Vgl. HessVGH, Beschluss vom 28. November 2008 – 1 ZU 2203/07 –, juris, Rn. 13.
60Voraussetzung für die Durchführung dieser Generalisierung und Pauschalierung ist dabei aber, dass überhaupt, also dem Grunde nach, tatsächlich – hier mit Blick auf die Lebenshaltungskosten – "Aufwendungen ... erspart" wurden.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 19.05 –, ZLW 2007, 288 = juris, Rn. 20.
62Dieser Ansatz, der auf die tatsächlichen Kosten einer Ausbildung außerhalb der Bundeswehr abstellt, entspricht auch der älteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die – sogar unter Verweis auf entsprechende seinerzeitige Richtlinien der Bundeswehr – davon ausging, dass ein Härtefall darin zu erblicken sei – und eine Rückforderung wohl in diesem Umfang zu unterbleiben hätte –, dass die Ausbildungskosten bei der Bundeswehr unverhältnismäßig höher wären als die Kosten, die er [der Soldat] für eine entsprechende Ausbildung außerhalb der Bundeswehr hätte aufwenden müssen.
63BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 105.74 –, BVerwGE 52, 70 = juris, Rn. 32.
64Dieser Gedanke greift erst recht dann, wenn – wie gezeigt – der Kläger die hier als mittelbare Ausbildungskosten in den Blick zu nehmenden Lebenshaltungskosten im Falle einer Ausbildung außerhalb der Bundeswehr gar nicht hätte aufwenden müssen.
65Anders als vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erwogen, ist auch nicht der tatsächlich vom Kläger während der Ausbildung erhaltene "Sold", welcher regelmäßig deutlich über dem angesetzten steuerlichen Existenzminimum liegen wird, als "Erspartes" in die Vergleichsberechnung einzustellen. Diese Erwägung ist nicht Gegenstand der Ermessensentscheidung der Beklagten geworden und schon von daher nicht zu berücksichtigen. Sie trifft aber auch der Sache nicht zu. Denn sie unterstellt, dass der Soldat, hätte er eine Ausbildung auf dem zivilen Ausbildungsmarkt absolviert, dort denselben Lebensstandard gepflegt hätte, wie er ihn während der Ausbildung bei der Bundeswehr tatsächlich gehabt hat. Das bedeutete, dass zu erwarten wäre, dass der Auszubildende in erheblichem Umfang ausbildungsfremde Mittel, wie etwa Erspartes oder durch Nebentätigkeiten erzieltes Einkommen, eingesetzt hätte, um diesen – gegenüber dem üblichen Lebensstandard eines Auszubildenden deutlich erhöhten – Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Das hält der Senat schon im Allgemeinen für fernliegend. Mit Blick auf den Kläger sind insoweit auch keine Anhaltspunkte vorhanden, die dies nahe legen.
66Soweit die Beklagte meint, wegen des daraus abzuleitenden Ergebnisses der vollständigen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide sei die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, kann der Senat dem nicht folgen. Zunächst ist nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht aufgezeigt, welche Verfassungsnorm verletzt sein soll. Sodann sieht § 56 Abs. 4 Satz 3 SG ausdrücklich die Möglichkeit vor, "ganz" auf die Erstattung zu verzichten. Schließlich ist die Ermessensfehlerhaftigkeit der angefochtenen Bescheide nicht mit dem wohl von der Beklagten für diesen Fall angenommenen Ergebnis gleichzusetzen, dass – auch im Falle des Klägers – unter keinen Umständen und mit keinerlei Ermessenserwägung überhaupt ein Rückforderungsbetrag rechtmäßigerweise festgesetzt werden könnte (s. hierzu unten, C.). Jedenfalls mit den vorliegenden Ermessenserwägungen ist der Bescheid aber rechtswidrig.
67C. Die Sache ist auch spruchreif. Dies ist bei Anfechtungsklagen der Fall, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Das Gericht hat hierfür die erforderlichen Feststellungen zu treffen und ggf. weitere Umstände zu ermitteln. Die Rechtswidrigkeit steht vorliegend nicht deshalb in Frage, weil es womöglich denkbar ist, dass die Beklagte einen Rückforderungsbescheid in derselben oder in anderer Höhe aufgrund anderer Ermessenserwägungen erlässt. Umstände, die dies rechtfertigen könnten, sind vom Gericht nicht zu ermitteln. Mit Blick auf Ermessensentscheidungen ist es nämlich nicht Aufgabe des Gerichts, sondern allein der Behörde, ggf. weitere Feststellungen zu treffen oder Ermessenserwägungen anzustrengen, die Grundlage einer – dann anderen – Ermessensentscheidung sein können.
68Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 27. Februar 2009 – 5 LB 175/06 –, DVBl. 2009, 531 = juris, Rn. 61, speziell zu § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, sowie allgemein: Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 113, Rn. 20; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 67.
69Übernähme das Gericht diese Aufgabe, widerspräche das dem Ermessenscharakter der Entscheidung, den die Beklagte ihrerseits betont hat.
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Annotations
(1) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert. Das Bundesministerium der Verteidigung entscheidet darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, und stellt den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses fest.
(2) Ein Berufssoldat ist zu entlassen,
- 1.
wenn er aus einem der in § 38 genannten Gründe nicht hätte ernannt werden dürfen und das Hindernis noch fortbesteht, - 2.
wenn er seine Ernennung durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt hat, - 3.
wenn sich herausstellt, dass er vor seiner Ernennung eine Straftat begangen hat, die ihn der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unwürdig erscheinen lässt, und er deswegen zu einer Strafe verurteilt war oder wird, - 4.
wenn er sich weigert, den Eid abzulegen, - 5.
wenn er zur Zeit der Ernennung Mitglied des Europäischen Parlaments, des Bundestages oder eines Landtages war und nicht innerhalb der vom Bundesministerium der Verteidigung gesetzten angemessenen Frist sein Mandat niederlegt, - 6.
wenn in den Fällen des § 44 Abs. 1 bis 3 die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 nicht erfüllt sind, - 7.
wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag, oder - 8.
wenn er ohne Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nimmt.
(3) Der Berufssoldat kann jederzeit seine Entlassung verlangen; soweit seine militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, gilt dies jedoch erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Fachausbildung entspricht, längstens nach zehn Jahren. In einer Rechtsverordnung kann für bestimmte Verwendungen wegen der Höhe der mit dem Studium oder der Fachausbildung verbundenen Kosten oder auf Grund sonstiger studien- oder ausbildungsbedingter Besonderheiten eine längere als die dreifache Dauer bestimmt werden; die in Satz 1 genannte Höchstdauer darf nicht überschritten werden.
(3a) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Die Entlassung gilt als solche auf eigenen Antrag. Satz 1 gilt nicht, wenn der Berufssoldat
- 1.
in ein Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter oder - 2.
als Professor, Juniorprofessor, wissenschaftlicher oder künstlerischer Mitarbeiter an einer nach Landesrecht staatlich anerkannten oder genehmigten Hochschule, deren Personal im Dienste des Bundes steht, in ein Beamtenverhältnis auf Zeit
(4) Hat der Berufssoldat Elternzeit nach § 28 Abs. 7 im Anschluss an ein Studium oder eine Fachausbildung in Anspruch genommen, verlängert sich die Dienstzeit nach Absatz 3 um diese Zeit entsprechend, soweit das Studium oder die Fachausbildung mehr als sechs Monate gedauert hat; die Höchstdauer von zehn Jahren bleibt unberührt. Gleiches gilt für einen Berufssoldaten, der eine Teilzeitbeschäftigung nach § 30a in Anspruch genommen hat; die Dienstzeit nach Absatz 3 verlängert sich um die Differenz der Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung.
(5) Der Berufsoffizier kann auch dann, wenn er weder ein Studium noch eine Fachausbildung erhalten hat, seine Entlassung erst nach Ende des sechsten Dienstjahres als Offizier verlangen.
(6) Vor Ablauf der in den Absätzen 3, 4 und 5 genannten Dienstzeiten ist der Berufssoldat auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.
(7) Das Verlangen auf Entlassung muss dem Disziplinarvorgesetzten schriftlich erklärt werden. Die Erklärung kann, solange die Entlassungsverfügung dem Soldaten noch nicht zugegangen ist, innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Disziplinarvorgesetzten zurückgenommen werden, mit Zustimmung der für die Entlassung zuständigen Stelle auch nach Ablauf dieser Frist. Die Entlassung ist für den beantragten Zeitpunkt auszusprechen; sie kann jedoch so lange hinausgeschoben werden, bis der Berufssoldat seine dienstlichen Obliegenheiten ordnungsgemäß erledigt hat, längstens drei Monate.
(8) Ein Leutnant kann in Ausnahmefällen bis zum Ende des dritten Dienstjahres als Offizier, spätestens vor dem Ende des zehnten Jahres der Gesamtdienstzeit in der Bundeswehr, wegen mangelnder Eignung als Berufsoffizier entlassen werden. Die in diesen Fällen zu gewährende Dienstzeitversorgung regelt das Soldatenversorgungsgesetz.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet
- 1.
über die Verwirkung von Grundrechten (Artikel 18 des Grundgesetzes), - 2.
über die Verfassungswidrigkeit von Parteien (Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes), - 2a.
über den Ausschluss von Parteien von staatlicher Finanzierung (Artikel 21 Absatz 3 des Grundgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundestages, die die Gültigkeit einer Wahl oder den Erwerb oder Verlust der Mitgliedschaft eines Abgeordneten beim Bundestag betreffen (Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes), - 3a.
über Beschwerden von Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei für die Wahl zum Bundestag (Artikel 93 Absatz 1 Nummer 4c des Grundgesetzes), - 4.
über Anklagen des Bundestages oder des Bundesrates gegen den Bundespräsidenten (Artikel 61 des Grundgesetzes), - 5.
über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes), - 6.
bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes), - 6a.
bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 2a des Grundgesetzes), - 6b.
darüber, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nicht mehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2 Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes (Artikel 93 Abs. 2 des Grundgesetzes), - 7.
bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung der Bundesaufsicht (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 3 und Artikel 84 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes), - 8.
in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländern oder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 des Grundgesetzes), - 8a.
über Verfassungsbeschwerden (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4a und 4b des Grundgesetzes), - 9.
über Richteranklagen gegen Bundesrichter und Landesrichter (Artikel 98 Abs. 2 und 5 des Grundgesetzes), - 10.
über Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, wenn diese Entscheidung durch Landesgesetz dem Bundesverfassungsgericht zugewiesen ist (Artikel 99 des Grundgesetzes), - 11.
über die Vereinbarkeit eines Bundesgesetzes oder eines Landesgesetzes mit dem Grundgesetz oder die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes oder sonstigen Landesrechts mit einem Bundesgesetz auf Antrag eines Gerichts (Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes), - 11a.
über die Vereinbarkeit eines Beschlusses des Deutschen Bundestages zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit dem Grundgesetz auf Vorlage nach § 36 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes, - 12.
bei Zweifeln darüber, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den einzelnen erzeugt, auf Antrag des Gerichts (Artikel 100 Abs. 2 des Grundgesetzes), - 13.
wenn das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Verfassungsgerichts eines anderen Landes abweichen will, auf Antrag dieses Verfassungsgerichts (Artikel 100 Abs. 3 des Grundgesetzes), - 14.
bei Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht als Bundesrecht (Artikel 126 des Grundgesetzes), - 15.
in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen (Artikel 93 Abs. 3 des Grundgesetzes).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.