Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Juli 2008 - 4 K 27/06
Gericht
Tenor
Die Satzung der Stadt Boizenburg/Elbe über die Erhebung einer Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten vom 07. September 2006, veröffentlicht im "Elbe Express" vom 14. September 2006, wird mit Wirkung ab 01. Januar 2006 insoweit für unwirksam erklärt, als darin die Erhebung einer Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung und an anderen Aufstellorten geregelt ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin zwei Drittel und die Antragsgegnerin ein Drittel zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die jeweilige Kostengläubigerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin ist seit August 1992 als Automatenaufstellerin mit Spielhallen im Stadtgebiet Boizenburg tätig, in denen u.a. Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten aufgestellt sind, nicht jedoch sog. "Gewaltspielgeräte".
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Die in der Vergangenheit bis einschließlich April 1998 ihr gegenüber erlassenen Vergnügungssteuerbescheide sind bestandskräftig, im Übrigen sind Widerspruchs- bzw. Verwaltungsstreitverfahren anhängig.
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Mit ihrem am 25. Oktober 2006 beim Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenen Antrag wendet sie sich gegen die Satzung der Stadt Boizenburg/Elbe über die Erhebung einer Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten vom 07.September 2006 - VStS -. Diese Satzung hat die Stadtvertretung der Antragsgegnerin am 06.Juli 2006 beschlossen; sie wurde nach Anzeige bei der Rechtsaufsichtsbehörde am 07.September 2006 vom Bürgermeister ausgefertigt und im "Elbe Express" vom 14.September 2006 unter der Rubrik "Amtliche Bekanntmachungen der Stadt Boizenburg/Elbe" bekannt gemacht.
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Die maßgeblichen Satzungsregelungen lauten wie folgt:
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§ 1 Steuergegenstand
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Die Stadt Boizenburg erhebt eine Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsgeräten in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung und darüber hinaus von allen Geräten mit und ohne Gewinnmöglichkeiten an allen anderen Aufstellungsorten, soweit die Benutzung des Gerätes die Zahlung eines Entgelts fordert.
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Zu den Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsgeräten gehören auch Billardtische, Dartgeräte und Snookergeräte.
...
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§ 4 Steuerschuldnerin oder Steuerschuldner und Haftung
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(1) Steuerschuldnerin oder Steuerschuldner ist die Halterin oder der Halter des Spiel-, Geschicklichkeits- oder Unterhaltungsgerätes. Halterin oder Halter ist diejenige/derjenige, zu dessen finanziellen Vorteil das Gerät aufgestellt wird. ...
...
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§ 5 Bemessungsgrundlage
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(1) Bemessungsgrundlage ist die Zahl der bespielbaren Geräte und der Steuersatz nach § 6 Abs. 1 oder § 6 Abs. 2. Hat ein Gerät mehrere Spiel-, Geschicklichkeits- oder Unterhaltungseinrichtungen, die unabhängig voneinander und zeitgleich oder teilweise nebeneinander bedient werden können, so gilt jede dieser Einrichtungen als ein Gerät.
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(2) Auf Antrag der Steuerschuldnerin oder des Steuerschuldners wird die Steuer für die Gesamtheit der aufgestellten Geräte mit Gewinnmöglichkeit abweichend von der Pauschalsteuer gemäß § 6 Abs. 1 nach dem Spieleinsatz je Gerät berechnet, soweit der Spieleinsatz je Gerät durch elektronische Zählwerke nachgewiesen oder belegt werden kann. Als Spieleinsatz gilt die Gesamtsumme der vom Spieler eingesetzten Beträge (Spieleraufwand).
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§ 6 Steuersatz
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(1) Pauschalsteuer
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Die Pauschalsteuer beträgt je angefangenen Kalendermonat pro Gerät
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- für die Erhebungszeiträume vom 01. Januar 1992 bis 31. Dezember 2001:
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1. in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung
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a) bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit 220,00 DM
b) bei Geräten ohne Gewinnmöglichkeit 100,00 DM
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2. an anderen Aufstellorten
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a) bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit 130,00 DM
b) bei Geräten ohne Gewinnmöglichkeit 60,00 DM
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3. an allen Aufstellorten
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a) die sexuelle Handlungen zum Gegenstand haben oder 3 000,00 DM
b) mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere dargestellt werden oder
c) die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben
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- für die Erhebungszeiträume ab 01. Januar 2002:
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1. in Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung
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a) bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit 112,50
b) bei Geräten ohne Gewinnmöglichkeit 51,00
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2. an anderen Aufstellorten
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a) bei Geräten mit Gewinnmöglichkeit 66,50
b) bei Geräten ohne Gewinnmöglichkeit 30,50
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3. an allen Aufstellorten
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d) die sexuelle Handlungen zum Gegenstand haben oder 306,00
e) mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere dargestellt werden oder
f) die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben
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(2) Besteuerung nach dem Spieleinsatz
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Die Steuer beträgt pro angefangenen Kalendermonat und Gerät vom Spieleinsatz 7,5 vom Hundert.
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§ 7 Steueranmeldung und Fälligkeit der Steuer
...
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(4) Ein Antrag auf Besteuerung nach dem Spieleinsatz gemäß § 6 Abs. 2 ist vor Beginn des Steueranmeldezeitraumes zu stellen. Wurde die Besteuerung nach dem Spieleinsatz beantragt, ist der Wechsel zur Pauschalbesteuerung nach § 6 Abs. 1 frühestens wieder nach 12 Monaten möglich. Wird eine Rückkehr zur Pauschalbesteuerung nicht bis zum Ablauf von 12 Monaten beantragt, so bleibt es für 12 weitere Monate bei der Besteuerung nach dem Spieleinsatz. Werden an einem Aufstellungsort mehrere Geräte betrieben, kann der Antrag auf Besteuerung nach dem Spieleinsatz nur für alle am Aufstellort aufgestellten Geräte gestellt werden.
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(5) Sind die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 für eine Besteuerung nach dem Spieleinsatz für zurückliegende Erhebungszeiträume gegeben, kann auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 eine Änderung der Steuerfestsetzung für zurückliegende Erhebungszeiträume innerhalb von sechs Wochen nach Inkrafttreten der Satzung beantragt werden. Ein Antrag auf Änderung der Besteuerung nach dem Spieleinsatz ist nur für mindestens 12 zusammenhängende Monate zulässig. Eine Steueränderung ist nicht mehr möglich, soweit Steuerfestsetzungen bereits Bestandskraft erlangt haben.
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(6) Steueranmeldungen und Anträge auf Besteuerung nach dem Spieleinsatz müssen von der Halterin oder von dem Halter bzw. der Vertreterin oder dem Vertreter unterschrieben sein.
...
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§ 11 In-Kraft-Treten
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Diese Satzung tritt rückwirkend zum 19. Januar 1992 in Kraft.
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Schon seit November 1990 verfügte die Antragsgegnerin über Vergnügungssteuersatzungen, die sämtlich den sog. "Stückzahlmaßstab" als Steuermaßstab vorsahen, jedoch aus unterschiedlichsten Gründen teilweise einer rechtlichen Nachprüfung nicht standhielten.
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Die Antragstellerin hält die angefochtene Satzung wegen formeller und materieller Mängel für unwirksam.
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Die am 14. September 2006 im "Elbe-Express" veröffentlichte Satzung sei nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden, weil nach der Hauptsatzung der Stadt Boizenburg/Elbe vom 17. März 2005 die Veröffentlichung in dem amtlichen Bekanntmachungsblatt "Boizenburger Express" hätte erfolgen müssen. Unabhängig davon sei diese Hauptsatzung ihrerseits unter Verstoß gegen § 5 Sätze 4 und 5 KV M-V zustande gekommen, denn nach der Vorläufersatzung hätte die Veröffentlichung in der Zeitschrift "Markt" erfolgen müssen. Die vorangegangene Hauptsatzung vom 18. November 1999 habe an einem Veröffentlichungsmangel gelitten; sie sei nämlich am gleichen Tage ausgefertigt und am 09. Dezember 1999 veröffentlicht worden, während das Anzeigeschreiben der Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises Ludwigslust vom 17. November 1999 erst am 06. Januar 2000 bei der Behörde eingegangen sei.
- 41
Materiell-rechtlich begegne schon das von der Antragsgegnerin gewählte Optionsmodell als solches erheblichen rechtlichen Bedenken. Unabhängig davon sei die Beibehaltung des Stückzahlmaßstabs - auch als bloße Option - nicht zulässig, weil diese Pauschalbesteuerung die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geforderte möglichst "wirklichkeitsnahe Besteuerung" nicht darstelle. Auch nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könnten Praktikabilitätserwägungen eine Beibehaltung des Stückzahlmaßstabs nicht (mehr) rechtfertigen. Die Antragsgegnerin habe bis heute keine Erhebungen dazu angestellt, ob die Einspielergebnisse der Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nicht mehr als 50% von dem Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten im Satzungsgebiet abwichen. Dies sei von dem Satzungsgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
- 42
Die Alternative der Steuerberechnung nach dem Spieleinsatz orientiere sich nicht an den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 2005 (10 C 5/04) bzw. vom 22.Dezember 1999 (11 CN 1/99), denn die Besteuerung erfolge nicht nach dem Einspielergebnis. Es werde nicht erklärt, was genau die Gesamtsumme der vom Spieler eingesetzten Beträge sein solle, die als Spieleinsatz bzw. Spieleraufwand in § 5 Abs. 2 VStS bezeichnet werde. Spieleinsatz sei der von den Spielern eingeworfene Betrag ohne jeden Abzug; hier sei Besteuerungsgegenstand das Vergnügen des Spielers. Spieleraufwand sei demgegenüber derjenige Betrag, den die Spieler aufwendeten, um die Gegenleistung "Spielvergnügen" zu erhalten, also Einwurf abzüglich Gewinn, abzüglich Nachfüllungen, was dem Verlust des Spielers bzw. dem Kasseninhalt entspreche; Besteuerungsgegenstand sei hier der Aufwand des Spielers. Nur dieser könne aber aus verfassungsrechtlicher Sicht Steuergegenstand sein. Es müsse der Charakter der Steuer als Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG sowohl beim Steuertatbestand als auch beim Steuermaßstab gewahrt werden, also der zumindest lockere Bezug zum eigentlichen Steuergut, d.h. zum Aufwand des Spielers zur Erlangung der ein Vergnügen bereitenden Gegenleistung. Anzuknüpfen sei an den Teil des Einkommens, der nicht mehr für andere Zwecke zur Verfügung stehe; dies sei nicht der Einsatz, sondern der Verlust im Spiel. Ausgezahlte Gewinne minderten den Aufwand. Das in der Kasse verbleibende Einspielergebnis bilde ab, was alle Spieler gemeinsam für ihr Vergnügen aufgewendet hätten. Die Wahl eines Steuermaßstabes, der auf diesen Kasseninhalt abstelle (sog. Saldo 2), bilde den Spielaufwand am wirklichkeitsnächsten ab, sei von der Rechtsprechung gebilligt und stoße bei den Automatenaufstellern zudem flächendeckend auf große Akzeptanz. Die Satzung stelle demgegenüber auf die Gesamtsumme der eingesetzten Beträge ab, also den Bruttoeinwurf. Die von der Antragsgegnerin möglicherweise gemeinten Beträge würden von den eingesetzten Geräten zudem in deren Auslesestreifen - je nach Modell - nur teilweise erfasst.
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Dieser Bruttoeinwurf werde verfälscht (Einwürfe zum Auffüllen der Geräte, Auffüllen eines leer gespielten Automaten zur Fortsetzung des Betriebes). Nicht selten werde ein Spielautomat als Geldwechselautomat benutzt. Somit habe die Bemessungsgrundlage nicht einmal näherungsweise etwas mit dem Spieleraufwand zu tun, der Grundlage der Besteuerung sein solle.
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Zudem werde die Steuer nach § 5 Abs. 2 VStS - mangels anderweitiger Angaben - monatlich erhoben, während für zurückliegende Zeiträume eine Änderung der Besteuerung nach dem Spieleinsatz nur für mindestens 12 zusammenhängende Monate zulässig sei. Für eine nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung stehe nur ein Zeitraum von sechs Wochen zur Verfügung. Es widerspreche dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG, wenn dem Rechtsunterworfenen die Auswahl der Steuermaßstabes überlassen bleibe und er dabei zwischen einem Maßstab, der definitiv nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehe ("Stückzahlmaßstab"), und einem solchen, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehe ("Einwurf"), zu wählen habe; dies gelte unabhängig davon, ob damit eine Verwaltungserleichterung verbunden sei oder im Einzelfall bzw. generell ein wirtschaftlicher Vorteil für den Steuerpflichtigen entstehe.
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Eine rückwirkende Satzungsregelung, durch die der Steuerpflichtige verpflichtet werde, geänderte Steuererklärungen für einzelne Besteuerungszeiträume einzureichen, sei nichtig, wenn der Steuerpflichtige in dem von der Rückwirkung erfassten Zeitraum gar nicht verpflichtet gewesen sei, die relevanten Daten zwecks möglicher späterer Vorlage bei den Steuerbehörden aufzubewahren; sie verlange nämlich Unmögliches. Zwar sei auch in der Zeit vor 2006 - abhängig vom Gerätehersteller - der Gesamteinwurf feststellbar gewesen; beim Hersteller G... hätte - allerdings nur innerhalb weniger Monate - der Spieleinsatz per Langausdruck des Auslesestreifens ermittelt werden können, beim Hersteller B... sei das heute noch nicht möglich. Sie, die Antragstellerin, verfüge über Geräte beider Hersteller. Mangels entsprechender Verpflichtung, derartige Langausdrucke zu ziehen bzw. aufzubewahren - eine solche habe sich jedenfalls bis zum 31.Dezember 2005 weder nach kommunalem Satzungsrecht, dem Kommunalabgabengesetz oder der Abgabenordnung noch nach dem bundesrechtlichen Umsatzsteuerrecht, der Spielverordnung oder aus der Selbstverpflichtungserklärung der Automatenwirtschaft aus dem Jahre 1989 ergeben -, erweise sich die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung des Spieleraufwandes für die Vergangenheit auch aus diesem Grund als untauglich und damit als unwirksam.
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Da zudem die Option für die Bemessung der Steuer nach dem Spieleinsatz für alle Aufstellorte nur einheitlich ausgeübt werden könne (§ 7 Abs. 4 VStS), bestehe diese Möglichkeit tatsächlich weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart, wenn auch nur ein Gerät aufgestellt sei, das die maßgeblichen Daten nicht ermittele (z.B. B...-Geräte). Ebenso könne dieser Zwang zur einheitlichen Ausübung der Option in Zusammenhang mit der zwingenden 12-Monats-Bindung nach § 7 Abs. 5 VStS gegen das Schlechterstellungsverbot verstoßen, weil - bei entsprechender Option - einige Geräte unter dem früheren Pauschsteuersatz, andere aber deutlich darüber liegen könnten.
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Auch könne die optional eröffnete Besteuerungsmöglichkeit nach dem Spieleinsatz eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung zur Folge haben, z.B. wenn der einspielergebnisbezogene Jahressteuerbetrag nach Ablauf des Kalenderjahres höher sei als die stückzahlbezogene Jahressteuer. Wegen der Regelung in § 7 Abs. 4 könne auch darauf nicht mehr reagiert werden. Umgekehrt führe die Wahlmöglichkeit zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung der Aufsteller, die ihre Geräte an lukrativen Standorten betrieben oder besonders attraktive und viel bespielte Apparate mit Gewinnmöglichkeiten aufstellen könnten; dies verstoße gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Unwirksamkeit der Satzung der Stadt Boizenburg über die Erhebung einer Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten vom 07.September 2006 festzustellen, soweit sie eine Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen und an anderen Aufstellorten betrifft.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie macht geltend, die Satzung sei weder formell noch materiell zu beanstanden.
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In der Steuergesetzgebung sei eine optionale Besteuerung (Wahl zwischen einer Pauschal- und/oder Ist-Besteuerung) durchaus üblich und verstoße nicht gegen das Rechtsstaatsgebot. Die Anwendung von Pauschbeträgen komme dem Bedürfnis der Verwaltung nach Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung nach. Der Anwendung des Stückzahlmaßstabes könne sich der Steuerpflichtige durch die Option der Ist-Versteuerung entziehen. Damit trage man zudem einem dynamischen Prozess Rechnung. Der Satzungsgeber könne die Satzung nur nach den zum Zeitpunkt ihres Erlasses gegebenen Verhältnissen beurteilen. In Boizenburg sei damals die Schwankungsbreite von 50% überschritten gewesen, was aber nur an einer kleineren Spielhalle gelegen habe, die zwischenzeitlich geschlossen worden sei. Nach heutigem Stand sei in Anwendung der Grundsätze des Bundesverwaltungsgerichts eine - ausschließliche - Pauschalbesteuerung zulässig. Würden aber künftig weitere Spielhallen eröffnet, könne sich die Situation ändern. Die optionale Besteuerung vermeide den Zwang, die tatsächliche Situation ständig zu überprüfen und gegebenenfalls die Satzung immer wieder anzupassen.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei der Begriff des Spieleinsatzes in der Satzung definiert; nach § 5 Abs. 2 "gelte als Spieleinsatz die Gesamtsumme der vom Spieler eingesetzten Beträge (Spieleraufwand)". Die Satzung habe sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezogen, das mit der Anknüpfung an das Einspielergebnis einen möglichen Anknüpfungspunkt beschrieben habe, ohne damit andere geeignete Anknüpfungspunkte auszuschließen. Weder die Anknüpfung an das Einspielergebnis noch die an die eingeworfenen Beträge spiegele den tatsächlichen Vergnügungsaufwand eines Spielers vollständig wieder; die eine Regelung (Einspielergebnis) erfasse die Beträge nicht, die der Spieler ohne vorherige Gewinnausschüttung erneut einsetze, die andere (eingeworfene Beträge) erfasse u.a. auch die Differenzbeträge zwischen tatsächlichem Einwurf und gewolltem Spieleinsatz, die sich ein Spieler wieder auszahlen lasse. Tatsächlich würden in der Praxis überwiegend 2-Euro-Stücke eingesetzt, Noten nicht oder nur in verschwindend geringem Umfang. Somit sei bei Anknüpfung an den Einwurf der notwendige entfernte Bezug zum Vergnügungsaufwand durchaus gegeben.
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Mit dem Rückgriff in einzelnen Vorschriften auf einen Besteuerungszeitraum von 12 Monaten habe man sich an den vom Bundesverwaltungsgericht für angemessen erachteten Beobachtungszeitraum von acht bis zwölf Monaten angelehnt; weshalb die Frist von sechs Wochen für die Entscheidung über die Wahl des günstigeren Steuermaßstabes für die Vergangenheit zu kurz sein solle, erschließe sich nicht.
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Auch die Regelung in § 7 Abs. 4 VStS sei nicht zu beanstanden. Eine Antragstellung nachträglich oder während des laufenden Steuerzeitraums verursache einen wesentlichen Verwaltungsmehraufwand. Jeweils nach Ablauf des Besteuerungszeitraums könne der Aufsteller neu wählen. Dass an den einheitlichen Aufstellungsort angeknüpft werde (gesamtheitliche Betrachtung), sei sachgerecht und darin begründet, dass Spielhallenbetreiber in der Regel keinen Automaten durchgängig über zwölf Monate am gleichen Aufstellungsort beließen. Die Automaten würden zum Teil innerhalb der Spielhalle gewechselt, zum Teil würden sie abgehängt und durch andere Geldspielgeräte ersetzt, um die Attraktivität der Spielhalle zu erhalten. Auch das Bundesverwaltungsgericht nehme, wenn es etwa an den Belastungsdurchschnitt innerhalb eines Unternehmens anknüpfe, eine solche gesamtheitliche Betrachtung vor.
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Die Rückwirkung der Satzung sei zulässig, weil es bereits zuvor Vergnügungssteuersatzungen gegeben habe und die nunmehr festgesetzten Beträge den früheren Regelungen für die jeweiligen Zeiträume entsprächen. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Spielhallenbetreiber bestehe nicht.
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Vor dem Verwaltungsgericht Schwerin sind insgesamt noch acht Verwaltungsstreitverfahren zur vorliegenden Problematik anhängig (in 4 Verfahren ist die Antragstellerin Klägerin), die sämtlich bis zur Entscheidung in diesem Normenkontrollverfahren ausgesetzt sind. In jenen Verfahren wurden vereinzelt Unterlagen über Einspielergebnisse eingereicht, die die Jahre 2003 (3 A 2446/03, 3 A 2804/03 - Antragstellerin) und 2004 (3 A 2322/05 - Mitbewerber) betreffen. Für 2004 hat dann auch die Antragstellerin unter dem 10. Juni 2008 entsprechende Unterlagen zum vorliegenden Verfahren eingereicht und schließlich mit Schriftsatz vom 13. Juni 2008 Einspielergebnisse aus den Jahren 2005 bis 2008 zu ihren beiden jetzigen Spielhallenstandorten. Ausweislich des Verfahrens VG Schwerin 3 A 72/03 hatte die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 26. August 2005 alle Automatenaufsteller um Offenlegung der Einspielergebnisse für 2004 für Geräte mit Gewinnmöglichkeiten gebeten. Konkrete Reaktionen auf diese Befragung sind aus den zu vorliegendem Verfahren beigezogenen Akten und Unterlagen nicht ersichtlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst den zum Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgängen sowie der beigezogenen Verfahrensakten VG Schwerin 3 A 2322/05, 3 A 68/06, 3 A 224/06, 3 A 413/06, 3 A 72/03, 3 A 2446/06, 3 A 2804/03 und 3 A 2669/05 nebst jeweiligen Beiakten sowie 3 B 647/05 (= OVG M-V 1 M 27/06) verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe
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Der Antrag, der sich gegen eine gemeindliche Abgabensatzung richtet, auf deren Grundlage Vergnügungssteuer für das Aufstellen von Geldspielgeräten mit und ohne Gewinnmöglichkeiten erhoben wird, ist nach entsprechender Präzisierung der Antragstellung nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG als Normenkontrollbegehren zulässig (A.) . In der Sache ist er aber nur teilweise erfolgreich. Er bleibt ohne Erfolg, soweit die Satzung Geltung vom 19. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2005 beansprucht (B.); die Satzung begegnet keinen formellen Bedenken (I.) und hat insoweit auch materiell-rechtlich Bestand (II.) Der Antrag ist demgegenüber begründet, soweit die angefochtene Satzung Grundlage für die Erhebung von Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen und an anderen Aufstellorten für die Zeit ab 01. Januar 2006 sein soll (C.).
A.
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Der am 25. Oktober 2006 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Antrag gegen die am 14.September 2006 bekannt gemachte Satzung wahrt die hier noch geltende zweijährige Antragsfrist (§ 195 Abs. 7 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F.).
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Auch kann die Antragstellerin als Unternehmen, das auf dem Geschäftsfeld der Spielautomatenaufstellung auch im Bereich der Antragsgegnerin tätig war und ist, geltend machen, durch die Anwendung der Satzung im angegriffenen Umfang in ihren Rechten verletzt zu sein bzw. zu werden, wenn sich deren Festlegungen als rechtswidrig erweisen (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Dabei lässt der Senat offen, ob der Antragstellerin bezogen auf einen Teil des in der Vergangenheit liegenden Zeitraums, für den sich die Satzung Rückwirkung beimisst, deswegen bereits das Rechtsschutzinteresse fehlte, weil die gegen sie erlassenen Vergnügungssteuerbescheide bis einschließlich April 1998 bestandskräftig sind und eine Unwirksamkeitserklärung nach § 47 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 183 VwGO nicht automatisch Auswirkungen auf ihre Zahlungsverpflichtungen für jene Zeiträume haben würde (vgl. hierzu statt vieler Unruh in: Hk-VerwR/VwGO, § 47 Rn 122, §183 Rn 3 ff., insbes. 7; Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 47 Rn 380 f.). Lediglich eine - eventuell noch offene - Vollstreckung aus solchen Bescheiden wäre unzulässig.
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In der mündlichen Verhandlung wurde klargestellt, dass die Satzung nicht angegriffen wird, soweit sie Vergnügungssteuer für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeiten betrifft, und dass auch die besonderen Regelungen für sogenannte "Gewaltspielgeräte" nicht Gegenstand des Verfahrens sind; zum einen betreibt die Antragstellerin solche Geräte nicht, zum anderen räumen diese keine Gewinnmöglichkeiten ein.
B.
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Der Antrag bleibt ohne Erfolg, soweit die Satzung Geltung bis zum 31. Dezember 2005 beansprucht; die angefochtene Vergnügungssteuersatzung begegnet weder formellen (I.) noch - für den Geltungszeitraum vom 19. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2005 - materiellen Bedenken (II.)
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I. Die von der Antragstellerin erhobenen formellen Bedenken greifen nicht durch, insbesondere ist die angefochtene Satzung ordnungsgemäß bekanntgemacht. Die Veröffentlichung der am 06. Juli 2006 von der Stadtvertretung beschlossenen und nach Anzeige bei der Rechtsaufsichtsbehörde vom Bürgermeister am 07. September 2006 ausgefertigten Vergnügungssteuersatzung im "Elbe Express" vom 14. September 2006 unter der Rubrik "Amtliche Bekanntmachungen der Stadt Boizenburg/Elbe" entspricht den Bekanntmachungsvorschriften der Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 17. März 2005 in der Fassung der 1. Änderung dieser Hauptsatzung vom 27.Dezember 2005, die seither als Bekanntmachungsorgan den "Elbe Express" bestimmte. Der Senat hat auch - soweit sich hierzu Angaben in den zum Verfahren beigezogenen Gerichtsakten nebst Behördenakten finden bzw. die Beteiligten hierzu vorgetragen haben - keine Zweifel daran, dass die Hauptsatzung vom 17. März 2005 ihrerseits entsprechend § 5 Abs. 4 und 5 KV M-V ordnungsgemäß zustande gekommen ist und in Kraft gesetzt wurde. Diese Satzung wurde am 03.Februar 2005 beschlossen, am 09. Februar 2005 der Rechtsaufsichtsbehörde angezeigt - die mit Schreiben vom 09. März 2005 mitgeteilt hat, dass Verletzungen von Rechtsvorschriften nicht geltend gemacht würden - und am 17. März 2005 ausgefertigt; sie sollte nach ihrem § 15 am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft treten. Diese erfolgte im "Express am 31. März 2005", womit der "Boizenburger Express" gemeint sein dürfte, den die Satzung selbst als amtliches Bekanntmachungsblatt festlegte (§ 13 Abs. 1), ebenso wie schon eine Vorgängersatzung vom 18.November 1999 (ihrerseits zunächst an den Bekanntmachungstafeln ausgehängt und sodann veröffentlicht im "Boizenburger Express" vom 09. Dezember 1999). Vorausgegangen war, dass der Verlag des Publikationsorgans, in dem nach der Hauptsatzung vom 24. September 1998 Bekanntmachungen erfolgen sollten ("MARKT Hagenow/Boizenburg") wegen Einstellung des Blattes zum 31. August 1999 außerordentlich gekündigt hatte. Die 1. Änderungssatzung zur Hauptsatzung vom 27. Dezember 2005 wurde am 07. Dezember 2005 in der Stadtvertretung beschlossen, vom Landrat des Landkreises Ludwigslust mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 als angezeigt zur Kenntnis genommen, am 27. Dezember 2005 ausgefertigt und am 05. Januar 2006 nunmehr im "Elbe-Express" bekanntgemacht, dem von ihr in § 13 Abs. 1 bezeichneten amtlichen Bekanntmachungsorgan. Mit dieser Änderung wurde ersichtlich darauf regiert, dass das - weiterhin vom gleichen Verlag (Zeitungsverlag Schwerin GmbH & Co. KG, Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin) herausgegebene, wöchentlich erscheinende und im Stadtgebiet kostenlos verteilte - Bekanntmachungsblatt eine Umbenennung erfahren hatte und ein "Boizenburger Express" gar nicht mehr erscheinen konnte.
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Einer Genehmigung bedurfte die angegriffene Vergnügungssteuersatzung vom 07. Dezember 2006 trotz der darin angeordneten Rückwirkung zum 19. Januar 1992 nicht (mehr), weil sie bereits unter der Geltung des Kommunalabgabengesetzes in der am 05. Mai 2005 in Kraft getretenen Fassung - KAG M-V - erlassen wurde (Bekanntmachung vom 12.04.2005, GVOBl. S. 146) und damit das frühere Genehmigungserfordernis des § 2 Abs. 5 Satz 5 KAG a.F. entfallen war.
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II. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin leidet die angegriffene Satzung insoweit, als sie rückwirkend den Zeitraum vom 19. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2005 betrifft, auch nicht an materiellen Fehlern. In Anwendung der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Anwendbarkeit des sogenannten Stückzahlmaßstabs - der nach § 5 Abs. 1 VStS in erster Linie die Grundlage für die Steuerbemessung bildet - und in Würdigung der konkreten Umstände des Sachverhalts (teilweise noch Spielgeräte ohne umfassend aussagekräftige Zählwerke vorhanden, keine hinreichend verlässliche Informationsbasis über Einspielergebnisse, deren Schwankungsbreite u.ä.) ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin jedenfalls für diesen Zeitraum (noch) den Stückzahlmaßstab anwenden durfte (1.). Auf die Rechtmäßigkeit der Steuererhebung insgesamt für diesen rückwirkenden Zeitraum wirkt sich auch der Umstand nicht aus, dass daneben den Steuerpflichtigen mit der Regelung in § 5 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 5 VStS eine Option dahingehend eingeräumt wird, auf Antrag die Steuer für die Gesamtheit der an einem Aufstellort aufgestellten Geräte mit Gewinnmöglichkeit nach dem Spieleinsatz je Gerät - nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VStS die Gesamtsumme der vom Spieler eingesetzten Beträge (Spieleraufwand) - berechnen zu lassen, soweit der Spieleinsatz je Gerät durch elektronische Zählwerke nachgewiesen und belegt werden kann und ein entsprechender Antrag - für mindestens 12 zusammenhängende Monate - innerhalb von sechs Wochen nach Inkrafttreten der Satzung gestellt wird (2.).
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Grundsätzlich gilt, dass aus der Nichtigkeit einzelner Vorschriften die Nichtigkeit eines gesamten Gesetzes nur folgt, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Gesetzes ergibt, dass die übrigen mit der Verfassung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbständige Bedeutung haben (vgl. etwa BVerfG, 31.05.1990 - 2 BvL 12, 13/88, 2 BvR 1436/87 -, BVerfGE 82, 159 <188 f.>; 02.03.1999, 2 BvF 1/94 -, BVerfGE 100, 249 <262> m.w.N.); diese Grundsätze sind bei Überprüfung einer kommunalen Satzung entsprechend auch insoweit anzuwenden, als es generell um die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht geht.
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Der Senat hält die hier streitige Satzung insofern in zeitlicher Hinsicht - getrennt nach Steuerjahren - auch für teilbar in dem Sinne, dass die Unwirksamkeit ab einem bestimmten Zeitpunkt - weil davon auszugehen ist, dass der Antragsgegnerin, wie unter C. ausgeführt wird, nunmehr die erforderlichen Erkenntnisse für die Festlegung eines wirklichkeitsnäheren Steuermaßstabes mit Wirkung spätestens ab 01. Januar 2006 zur Verfügung standen - nicht zugleich die Unwirksamkeit der Satzung für den gesamten Geltungszeitraum zur Folge haben muss. Hängt die Entscheidung, ob eine bestimmte Art und Weise der Steuererhebung (verfassungs)rechtlich zulässig ist, von dem Vorliegen bestimmter Umstände ab und können diese im Laufe der Zeit Änderungen erfahren, die dann auch zu einer im Zeitablauf veränderten rechtlichen Würdigung führen, kann dem durch einen nach Zeitabschnitten differenzierenden Unwirksamkeitsausspruch Rechnung getragen werden (vgl. z.B. schon BVerfG, 11.04.1967 - 1 BvL 25/64 -, BVerfGE 21, 292 <305> zu § 6 RabattG: Nichtigkeitserklärung ab Zeitpunkt der Klageerhebung; auch BVerfG, 06.03.2002 - 2 QvL 17/99 -, BVerfGE 105,73).
- 70
1. Für den Zeitraum bis 31. Dezember 2005 ist nach Maßgabe der einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung, deren jeweiliger Entwicklung sich der Senat bereits in früheren Entscheidungen angeschlossen hat (vgl. etwa 24.03.2003 - 1 L 243/02 -, juris; 06.02.2002 - 1 L 17/01, juris = NordÖR 2002, 390; 29.10.2003 - 1 M 188/03 -, juris = NordÖR 2004, 86; 09.02.2005 - 1 L 147/03 -, juris = NordÖR 2005, 279; 25.04.2006 - 1 M 27/06 -, juris = NordÖR 2006, 410; 04.05.2007 - 1 M 175/06 -, juris), auch vorliegend die Steuerbemessung für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten nach dem Stückzahlmaßstab (noch) nicht zu beanstanden.
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Die Vergnügungssteuer in Form der Spielautomatensteuer ist eine indirekte örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer i.S. von Art. 105 Abs. 2a GG, die die gewerbliche Veranstaltung von Vergnügungen im Zusammenhang mit Geld- und Unterhaltungsspielen an Automaten besteuert. Obwohl eigentliches Steuergut das Vergnügen des Einzelnen bzw. dessen dafür erbrachter Aufwand als Indiz für seine wirtschaftliche Leistungskraft ist, wird der Veranstalter des Vergnügens - also der Automatenaufsteller - als Steuerschuldner herangezogen.
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Die Ausgestaltung der Steuer wird insbesondere von dem als Grundsatz der Steuergerechtigkeit das Steuerrecht beherrschenden Verständnis des Art. 3 Abs. 1 GG geprägt. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht.
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Gegründet auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit 1962 (vgl. BVerfG, 10.05.1962 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76 <102>) wurde zunächst die Zulässigkeit einer Spielautomatensteuer in Form einer Pauschsteuer nach dem Stückzahlmaßstab für viele Jahre als ohne weiteres zulässig erachtet (vgl. auch BVerfG, 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 <24ff.>; BVerfG, 01.03. 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. -, NVwZ 1997, 573), und zwar vom Bundesverwaltungsgericht noch bis in das Jahr 1999 hinein (vgl. BVerwG, 22.12.1999 - 11 CN 1.99 -, BVerwGE 110, 237); in dieser Entscheidung hat das Gericht angenommen, dass die Erhebung der Spielautomatensteuer nach dem Stückzahlmaßstab auch in Ansehung inzwischen bestehender Möglichkeiten zur exakten elektronischen Erfassung der Einspielergebnisse nach wie vor dem Prinzip der Steuergerechtigkeit entspreche. Die festgestellte Schwankungsbreite der Einspielergebnisse von Geräten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen zwischen 2000 und 2500 DM wahre zwar keinen wirklichkeitsgenauen, aber noch den für die Rechtfertigung der Steuer als Pauschalsteuer erforderlichen zumindest lockeren Bezug zwischen dem Stückzahlmaßstab und dem Vergnügungsaufwand. Zudem stützten Praktikabilitätserwägungen weiterhin die Verwendung des Stückzahlmaßstabes.
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In den Entscheidungen vom 13. April 2005 (- 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218 = NVwZ 2005, 1316; - 10 C 8.04 -; - 10 C 9.04 -) wurden diese Grundsätze dann dahin modifiziert, dass die zumindest lockere Beziehung zwischen Steuermaßstab und Spielaufwand nicht mehr gewahrt sei, wenn über einen längeren Zeitraum gemittelte Einspielergebnisse einzelner Spielautomaten mehr als 50% von den durchschnittlichen Einspielergebnissen der in einer Gemeinde aufgestellten Automaten abwichen. Sei dies der Fall, könnten auch Praktikabilitätserwägungen den Stückzahlmaßstab nicht mehr tragen; die Gemeinde müsse dann einen auf die Einspielergebnisse der Spielgeräte bezogenen oder einen anderen, die Aufwendungen der Spieler vergleichbar widerspiegelnden Steuermaßstab wählen. Allerdings könne die Einhaltung der genannten Anforderungen nur für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten überprüft werden, da nur sie seit 1997 über ausreichend manipulationssichere Zählwerke verfügten. Ein an die Einspielergebnisse anknüpfender Steuermaßstab erfasse den letztlich zu besteuernden Vergnügungsaufwand ungleich wirklichkeitsnäher als der pauschale Stückzahlmaßstab. Der hohe Aufwand des viel Spielenden schlage sich in höheren Einspielergebnissen des Aufstellers nieder und führe folglich zu einer entsprechend höheren Besteuerung.
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Die Grenze, bis zu der allenfalls der durch den Charakter der Aufwandsteuer geforderte lockere Bezug zwischen Stückzahlmaßstab und Vergnügungsaufwand als noch gewahrt angesehen werden könne, liege bei einer Abweichung der Einspielergebnisse von über 50% von dem Durchschnitt der Einspielergebnisse der Automaten mit Gewinnmöglichkeiten im Satzungsgebiet, sie dürfe also um nicht mehr als 25% über- oder unterschritten werden. Diese Grundsätze werden in der Entscheidung vom ebenfalls 13. April 2005 - 10 C 8.04 - weiter dahin präzisiert, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG regelmäßig nicht allein durch den Nachweis einzelner mehr oder minder stark voneinander abweichender Einspielergebnisse von Gewinnspielautomaten begründet werden könne. Eine allgemeine prozessuale Beweisführungslast der Gemeinden zur Rechtmäßigkeit ihrer Vergnügungssteuersatzung bestehe nicht; sie seien allerdings materiell-rechtlich gehalten, bei begründeten Zweifelsfällen an den Voraussetzungen und Auswirkungen der Satzung deren Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ferner sei bei der Bestimmung der die Sachverhaltsaufklärungspflicht des Gerichts steuernden Mitwirkungslast der Prozessbeteiligten dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine Gemeinde auf der Grundlage einer am Stückzahlmaßstab orientierten Vergnügungssteuersatzung in aller Regel nicht über Einspielergebnisse der Geräte der Aufsteller verfügen wird und die Aufsteller gestützt hierauf grundsätzlich auch nicht zur Vorlage entsprechender Daten wird verpflichten können. Die Entscheidung vom 26. September 2007 ( - 9 B 12.07 -, NVwZ 2008, 88) enthält dann noch nähere Ausführungen, wie die Schwankungsbreite der Einspielergebnisse zu ermitteln ist; die Bestimmung des Durchschnitts setze hinreichend aussagekräftige Erkenntnisse über die Einspielergebnisse der einzelnen Automaten der Gruppe der Automaten mit Gewinnmöglichkeit im Satzungsgebiet voraus. Welche Mindestanforderungen an die Erkenntnislage oder die Erhebung zu stellen seien, hänge von den konkreten Umständen des Einzelfalls im jeweiligen Satzungsgebiet ab. Auch eine nicht statistisch abgesicherte Erhebung könne eine aussagekräftige Grundlage für die Durchschnittsbildung liefern; sie lasse sich aber in der Regel nicht bilden, wenn nur Einspielergebnisse der Geräte eines von mehreren Aufstellern oder von insgesamt nur einem sehr geringen Prozentsatz aller Automaten derselben Gerätegruppe im Satzungsgebiet vorlägen. Bei der Würdigung der gewonnenen Tatsachen sei das Tatsachengericht an bestimmte mathematisch-statistische Regeln für die Erlangung eines repräsentativen Durchschnitts nicht gebunden, weil in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 287 Abs. 2 ZPO ein weitgesteckter Rahmen der Beweiswürdigung eröffnet sei, zumal man auf freiwillige Angaben der Aufsteller angewiesen sei.
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Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:
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Nach Auffassung des Senats hätte die Antragsgegnerin frühestens im Laufe des Jahres 2005 über genügend abgesicherte tatsächliche Erkenntnisse über die Einspielergebnisse einer hinreichenden Anzahl der in ihrem Zuständigkeitsbereich aufgestellten Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten verfügen können, die es ihr - auf der Grundlage der in den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgericht vom 13. April 2005 niedergelegten und präzisierten rechtlichen Maßstäbe - spätestens dann hätten geboten erscheinen lassen müssen, den wirklichkeitsferneren Stückzahlmaßstab aufzugeben und einen wirklichkeitsnäheren zu wählen. Die Durchsicht der beigezogenen Akten und der von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen ergibt, dass die Antragstellerin in den Verfahren VG Schwerin 3 A 2446/03 und 3 A 2804/03 Mitte 2004 Einspielergebnisse für das Jahr 2003 für die seinerzeit von ihr betriebene Spielhalle vorgelegt hatte; ihre Einspielergebnisse für 2004 hat die Antragstellerin erst im vorliegenden Verfahren kurz vor dem Termin im Juni 2008 vorgelegt. Die Mitbewerberin hatte in dem von ihr betriebenen Verfahren VG Schwerin 3 A 2322/05 im Laufe des Jahres 2005 Erkenntnisse zum Jahr 2004 vorgelegt. Aus dem Verfahren VG Schwerin 3 A 72/03 ist ein Schreiben der Antragsgegnerin vom 26.August 2005 an alle Automatenbetreiber mit der Bitte um Offenlegung der Einspielergebnisse für 2004 für Geräte mit Gewinnmöglichkeiten bekannt, nicht jedoch die Resonanz darauf; dieses Schreiben dürfte in Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus April2005 gefertigt worden sein. Es ist auch nicht ersichtlich, mit welchen rechtlichen Mitteln die Antragsgegnerin in früheren Jahren die in ihrem Bereich tätigen Automatenaufsteller - oder wenigstens einen repräsentativen Teil davon - zur Offenlegung von Einspielergebnissen hätte zwingen können oder gar müssen.
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Billigt man dann noch eine angemessene Prüfungs-, Überlegungs- und Entscheidungsphase zu, erscheint die Annahme sachgerecht, dass mit dem Inkrafttreten einer den neuen Erkenntnissen Rechnung tragenden Satzung frühestens zum 01. Januar 2006 zu rechnen gewesen wäre. Dieses Datum fällt zugleich zusammen mit dem Inkrafttreten der Neufassung der Spielverordnung (vgl. Bekanntmachung v. 27.01.2006, BGBl. I S. 280), die in §§ 12, 13 umfassende und teilweise neue Anforderungen an die Bauartzulassung aufstellt; danach ist davon auszugehen, dass jedenfalls die ab 01. Januar 2006 zugelassenen Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit mit ihren Ausdrucken dem Automatenaufsteller alle Daten zur Verfügung stellen, über die er zur Anwendung eines Steuermaßstabes nach Einsatz, Einwurf oder Einspielergebnis verfügen muss.
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2. Die Wirksamkeit des Stückzahlmaßstabes für diesen rückwirkenden Zeitraum wird auch durch den Umstand nicht in Frage gestellt, dass daneben den Steuerpflichtigen mit der Regelung in § 5 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 5 VStS eine Option dahingehend eingeräumt wird, auf Antrag die Steuer für die Gesamtheit der an einem Aufstellort aufgestellten Geräte mit Gewinnmöglichkeit nach dem Spieleinsatz je Gerät - nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VStS die Gesamtsumme der vom Spieler eingesetzten Beträge (Spieleraufwand) - berechnen zu lassen, soweit der Spieleinsatz je Gerät durch elektronische Zählwerke nachgewiesen und belegt werden kann und ein entsprechender Antrag - für mindestens 12 zusammenhängende Monate - innerhalb von sechs Wochen nach Inkrafttreten der Satzung gestellt wird. Der Senat hält die Einräumung einer solchen Optionsmöglichkeit im konkreten Fall jedenfalls für vergangene Zeiträume für grundsätzlich zulässig (a.). Auch ist der gewählte Maßstab nach dem Spieleinsatz nicht zu beanstanden; entgegen der Auffassung der Antragstellerin können die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in den bereits genannten Entscheidungen nicht dahin verstanden werden, als sei ausschließlich das Einspielergebnis als Maßstab der Steuerbemessung zulässig (b.). Inwieweit die Gegebenheiten im Falle des einzelnen Automatenaufstellers diesem erlauben - von Bedeutung sind hierbei insbesondere die Art der eingesetzten Geräte, die Leistungsfähigkeit der Zählwerke und der Umfang der zu erstellenden Ausdrucke - bzw. ihn - je nach wirtschaftlichen Erträgen der eingesetzten Spielgeräte an einem Aufstellort - veranlassen, von der Option tatsächlich Gebrauch zu machen, ist dann eine Frage des Einzelfalles und nicht der allgemeinen Gültigkeit der Norm (c.).
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a. Grundsätzlich sind dem Steuerrecht Wahlmöglichkeiten nicht gänzlich fremd, sei es in Form von Rechtsfolgen-Wahlmöglichkeiten (z.B. infolge der Wahl der Unternehmensform), sei es in Form eines Wahlrechts im Rahmen von Beweiserleichterungen (Beispiel: Versteuerung des in der privaten Nutzung von Dienstkraftwagen liegenden Vorteils) oder aus Vereinfachungsgründen (z.B. im Umsatzsteuerrecht; vgl. allgemein Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Köln 1993, Bd. I S. 506 ff. m.w.N.; zusammenfassend P. Kirchhof in: P. Kirchhof/H. Söhn, EStG, § 11 Rn A 44: "Einzelne Wahlrechte lassen sich rechtfertigen, wenn sie wirtschaftliche Einschätzungen des situationsnahen und betroffenen Steuerpflichtigen zur Geltung bringen, seine Entscheidung über ein Offenbaren oder ein Verbergen privater oder betrieblicher Vorgänge respektieren, die Abwägung zwischen Steuernachteil und vergleichbaren anderen Rechtswirkungen gestatten oder - bei geringen Belastungsunterschieden - eine Verwaltungsvereinfachung erlauben").
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Ihre Zulässigkeit muss sich allerdings daran messen lassen, ob die Norm nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung verstößt (z.B. bei übergroßer Kompliziertheit, die das Ergebnis unberechenbar macht) und ob sie den Erfordernissen entspricht, die die Verfassung an eine gerechte Steuerverteilung und an eine grundrechtskonforme steuerliche Lenkung stellt (vgl. Birk, 'Besteuerung nach Wahl' als verfassungsrechtliches Problem, NJW 1984, 1325). Grundsätzlich wird man ein Wahlrecht für zulässig erachten können, wenn sich der Gesetz(hier: Satzungs-)geber auf Gründe der Verteilungsgerechtigkeit berufen kann, insbesondere wenn er nicht sicher ist, ob der steuergesetzliche Tatbestand die individuelle Leistungsfähigkeit zutreffend widerspiegelt; mitunter veranlassen auch Gründe der Vereinfachung oder der Typisierung, Wahlrechte einzuräumen. Auch verfassungsrechtliche Bedenken, die unter ganz verschiedenen Aspekten gegen die eine oder andere steuerliche "Lösung" vorgebracht werden, können dazu führen, dass der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen die Wahl "zwischen zwei Übeln" lässt und ihm dadurch die Möglichkeit offeriert, verfassungswidrige Belastungswirkungen selbst, nämlich durch die Wahl einer anderen Rechtsfolge zu vermeiden (Birk a.a.O., S. 1327).
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Unzulässig dürfte die Wahlmöglichkeit allerdings dann sein, wenn feststünde, dass eine der eingeräumten Möglichkeiten eindeutig verfassungswidrig ist. Dies ist hier - was den Stückzahlmaßstab angeht - für den maßgeblichen Zeitraum nicht der Fall, wie bereits ausgeführt wurde.
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Die Grundsätze der Steuergerechtigkeit im Sinne einer proportionalen Heranziehung der Steuerpflichtigen nach dem zu besteuernden Vergnügungsaufwand, der in der Relation zumindest entfernt abzubilden ist, sind - jedenfalls für in der Vergangenheit liegende Zeiträume - auch bei einer Gesamtbetrachtung vorliegend deswegen gewahrt, weil die Option für die Besteuerung nach dem "Spieleinsatz" bei Erfüllung der geforderten Voraussetzungen in der Praxis nur dann gewählt werden dürfte, wenn sich danach eine niedrigere Steuer als nach dem Stückzahlmaßstab errechnet.
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Im Ergebnis wirkt sich damit die Optionsmöglichkeit in dem Sinne aus, dass die nach dem Stückzahlmaßstab errechnete Steuer eine Obergrenze bildet, von der mit Anwendung des Spieleinsatzmaßstabes gegebenenfalls nach unten abgewichen werden kann. Damit würde jedoch gerade den Anforderungen nach einer gewissen Proportionalität zum Vergnügungsaufwand Rechnung getragen. Hinzu kommt, dass vorliegend auch die absolute Höhe der Pauschalbeträge keinen Anlass für die Annahme bietet, eine angemessene Relation werde nicht mehr gewahrt. Die 112,50 EURO des Stückzahlmaßstabes z.B. (§ 5 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1, zweiter Spiegelstrich Nr.1a) VStS) entsprächen bei einem Steuermaßstab von 7,5% des Spieleinsatzes (§ 5 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 VStS) einem Einsatz von 1 500,00 EURO; dieser dürfte nach den vorliegenden Zahlen ganz überwiegend erreicht bzw. (z.T. deutlich) übertroffen sein.
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b. Auch der in § 5 Abs. 2 VStS optional zur Verfügung gestellte Steuermaßstab begegnet hier keinen rechtlichen Bedenken. Unter Spieleinsatz im Sinne der Satzung ist nach Auffassung des Senats die Zahl der entgeltpflichtigen Spiele multipliziert mit dem - jedenfalls bei den älteren Geräten jeweils einheitlich feststehenden - Einsatz zu verstehen, nicht der "Einwurf" als solcher, wie die Antragstellerin meint. Im Verfahren 3 A 2446/03 hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, dass die "Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bauartbedingt mit einer manipulationssicheren Software ausgerüstet sind, die u.a. folgende Parameter des jeweiligen Geldspielgerätes erfasst: Hersteller, Geräteart und Typ, Aufstellungsort, Gerätenummer, Zulassungsnummer, Datum der letzten Kassierung, Röhreninhalte, Auszahlungsquoten, tägliche Betriebsstunden, tägliche Spielzeit am Gerät, Anzahl der entgeltpflichtigen Spiele, Freispiele und den elektronisch gezählten Inhalt der Automatenkasse". Gerade unter Berücksichtigung dessen, dass die Bemessung der Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte das Spielvergnügen des Spielers - das sich im In-Betrieb-Setzen des Gerätes widerspiegelt - annähernd adäquat abbilden soll, auch wenn sie beim Automatenaufsteller erhoben wird, scheint dieser Zusammenhang gegeben, wenn der Spieleinsatz nach der Zahl der entgeltpflichtigen Spiele bemessen wird, unabhängig davon, ob diese durch erneuten Geldeinwurf oder aus einem erlangten Gewinn bezahlt werden. In diesem Sinne hat auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung zum Hamburgischen Spielvergnügungssteuergesetz i.d.F. vom 06. Oktober 2006 eine Steuererhebung gebilligt, die an den "Spieleinsatz" - definiert als die Verwendung von Einkommen oder Vermögen des Spielers zur Erlangung des Spielvergnügens - anknüpft (BFH, 01.02.2007 - II B 51/06 -, juris). Zugleich hat er - ebenso wie zuvor schon das OVG Münster (30.11.2006 - 14 B 2139/06 -, juris) - klargestellt, dass sich den grundlegenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 2005 nicht entnehmen lasse, dass ausschließlich eine Anknüpfung an die Einspielergebnisse der Anforderung danach gerecht werde, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand proportional abzubilden. Von Verfassungs wegen sei der Gesetz(bzw. Satzungs-)geber zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Steuer auf der Grundlage der nach der Auszahlung von Gewinnen verbleibenden Einspielergebnisse zu bemessen. Mit der Anknüpfung an den Spieleinsatz sei Bemessungsgrundlage der Steuer der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand des Spielers, also das eigentliche Steuergut - oder, wie das OVG Münster formuliert, es dürfte der Aufwand, den sich ein Spieler leistet, in den Beträgen liegen, die er einem Spielapparat zuführt, um ihn zu seinem Vergnügen benutzen zu können.
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c. Ob der Steuerpflichtige im konkreten Fall von der Option Gebrauch machen kann bzw. machen will, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls (Zahl und Art der Geräte an einem Aufstellort, Aufzeichnungsvorrichtungen, Nutzungshäufigkeit) und dürfte nicht zuletzt von seiner Vergleichsberechnung abhängen, welcher Steuermaßstab sich für ihn günstiger gestaltet. Für die Steuerbemessung nach dem Spieleinsatz, falls nach seinen speziellen Gegebenheiten grundsätzlich möglich, wird er sich - nach dem bereits oben Ausgeführten - wohl nur dann entscheiden, wenn in Anwendung der in der Satzung genannten Bedingungen (§ 7 Abs. 5 i.V.m. § 5 Abs. 2 VStS) davon auszugehen ist, dass die Steuer für einen Aufstellort (§ 7 Abs. 4 Satz 4 VStS) insgesamt niedriger ausfällt als nach dem Stückzahlmaßstab berechnet. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird sie für die Vergangenheit auch keinesfalls zur Wahl der Besteuerung nach dem Spieleinsatz verpflichtet, so dass die Behauptung, es werde von ihr "Unmögliches verlangt", weil sie Langausdrucke nicht habe ziehen und aufbewahren müssen, nicht zutrifft.
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Für diese Fälle würden sich, da die Zahlen aus der Vergangenheit feststehen, für die Steuerpflichtigen somit auch nicht die Unwägbarkeiten und Kalkulationsrisiken ergeben, die mit der Anwendung der Regelung in § 7 Abs. 4 VStS (Festlegung vor Beginn des Steueranmeldezeitraums, Bindung an die Festlegung auf mindestens 12 Monate bei einheitlicher Erklärung für alle Geräte an einem Aufstellort) auf die Zukunft gerichtet verbunden sind. In Anbetracht dessen, dass die im Stadtgebiet Boizenburg tätigen Automatenaufsteller in der Vergangenheit nur eine begrenzte Zahl von Spielhallen betrieben haben - die Antragstellerin selbst über lange Jahre nur eine -, ist auch nicht ersichtlich, weshalb die eingeräumte 6-Wochen-Frist nicht zur Prüfung ausreichen sollte, ob die Voraussetzungen für die Ausübung der Option "Besteuerung nach Spieleinsatz" vorliegen und sich diese Option als die günstigere erweist.
C.
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Der Antrag ist allerdings begründet, soweit die angefochtene Satzung Grundlage für die Erhebung von Vergnügungssteuer für das Halten von Spiel- und Geschicklichkeitsgeräten mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen und an anderen Aufstellorten für die Zeit ab 01. Januar 2006 sein soll. Spätestens ab diesem Zeitpunkt erwies sich der weiterhin als Grundmaßstab für die Steuererhebung vorgesehene Stückzahlmaßstab als nicht mehr sachgerecht, weil schon genügend tatsächliche Erkenntnisse vorlagen, die die Antragsgegnerin verpflichten mussten, die Erhebung der Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten an einen sachnäheren Wirklichkeitsmaßstab zu knüpfen; deswegen ist § 5 Abs. 1 VStS mit den darauf bezogenen Folgeregelungen (z.B. Steuersätze in § 6 VStS) insoweit unwirksam (I.). Da auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass die angegriffene Vergnügungssteuersatzung unabhängig davon ab dem Zeitpunkt des 01. Januar 2006 jedenfalls mit dem in § 5 Abs. 2 VStS optional vorgesehenen Steuermaßstab des Spieleinsatzes über eine wirksame Maßstabsregelung verfügt, die ausschließlich Anwendung finden könnte, konnte sie von da ab insgesamt nicht (mehr) Grundlage einer Steuererhebung für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit sein (II.).
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I. Spätestens im Laufe des Jahres 2005 konnte und musste die Antragsgegnerin die anzuwendenden rechtlichen Maßstäbe kennen; nach diesen war sie - im Wissen um die anhängigen Widerspruchs- und Klageverfahren und die langjährigen Diskussionen um den sachgerechten Steuermaßstab für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten - verpflichtet, die Norm (also ihre Satzung) "unter Kontrolle zu halten, wenn Unklarheiten an ihren tatsächlichen Voraussetzungen oder Auswirkungen bestehen"; da sich die Zweifel verdichteten, war die Antragsgegnerin gehalten, entsprechende Anstrengungen zu unternehmen, um sich Kenntnis über die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit ihrer Steuererhebung zu verschaffen (so BVerwG, 13.04.2005 - 10 C 8.04 -).
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Zugleich standen hinreichende Erkenntnisse zu tatsächlichen Einspielergebnissen und deren Schwankungsbreite zur Verfügung, deren Auswertung zwingend den Wechsel zu einem wirklichkeitsnäheren Maßstab erforderte; dies hat die Antragsgegnerin letztlich - jedenfalls für den Zeitraum vor Erlass der Satzung, in dem es noch eine kleinere Spielhalle (Videothek) mit deutlich geringeren Einspielergebnissen als bei den Geräten der beiden großen Spielhallenbetreiber gegeben hat - selbst eingeräumt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten vergleichenden Auswertungen über die Einspielergebnisse des Jahres 2004 nicht bereits wesentlich früher hätten erstellt und zur Grundlage einer Satzung gemacht werden können; diese zeigen ersichtlich bei einer nennenswerten Zahl von Automaten Einspielergebnisse, die die zulässige Bandbreite von 50% des Durchschnittsergebnisses über- bzw. unterschritten.
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Nach Auffassung des Senats wäre der Antragsgegnerin - hierauf scheint ihre Argumentation hinauszulaufen, man habe mit der Optionsmöglichkeit "einem dynamischen Prozess Rechnung tragen" und auf eine künftige Veränderung der Verhältnisse reagieren wollen, ohne einem ständigen Anpassungszwang hinsichtlich des Steuermaßstabes ausgesetzt zu sein - selbst dann die "Rückkehr" zu dem wirklichkeitsferneren Stückzahlmaßstab verwehrt gewesen, wenn sich herausgestellt hätte, dass sich wegen veränderter Verhältnisse für bestimmte spätere Zeiträume die Schwankungsbreite der Einspielergebnisse wieder unter 50% eingependelt hätte; dies muss schon deswegen gelten, weil sich dies ohnehin immer erst bei nachträglicher Betrachtung ermitteln lassen würde.
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II. Die Satzung kann für den Zeitraum ab 01. Januar 2006 auch nicht etwa mit der Maßgabe Bestand haben, dass sie dann - wegen der Unwirksamkeit der Alternative Stückzahlmaßstab - ausschließlich in der Alternative des Steuermaßstabes nach dem Spieleinsatz anzuwenden wäre. Zwar wäre dieser - wie bereits dargestellt - für sich genommen nicht zu beanstanden (1.), jedoch bieten dann die von der Unwirksamkeit nicht erfassten Regelungen der Satzung insgesamt keine hinreichend vollständige und rechtmäßige Grundlage für eine einheitliche, effektive und umfassende Steuererhebung (2.).
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1. Die Anknüpfung der Steuer an den Spieleinsatz ist grundsätzlich möglich (so auch BFH, 01.02.2007 - II B 51/06 -, juris; VG Aachen, 21.04.2008 - 4 L 430/07 -, juris); insbesondere stünden technische Schwierigkeiten dem nicht im Grundsatz entgegen. Die Geldspielgeräte, die nach § 13 SpielV in der ab 01. Januar 2006 geltenden Fassung (BGBl I 2005, S. 3495; vgl. Neubekanntmachung vom 27. Januar 2006, BGBl I S. 280) zugelassen werden, müssen nach Nr. 8 Satz 1 dieser Vorschrift eine Kontrolleinrichtung enthalten, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Diese Erfassung ist insbesondere für steuerliche Erhebungen bestimmt (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d SpielV). Das Spielgerät und seine Komponenten müssen der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sein (§ 13 Abs. 1 Nr. 9 SpielV). Diese gewährleistet die Manipulationssicherheit der für die Besteuerung erforderlichen Datenerfassung. Auch die früher zugelassenen Spielgeräte ermöglichten letztlich - wie dargelegt - schon nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die Ermittlung der Spieleinsätze.
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2. Gleichwohl kann die Vergnügungssteuersatzung in dieser Auslegung nicht Grundlage einer künftigen Heranziehung sein. Zum einen kann ihr nicht mit hinreichender Gewissheit entnommen werden - und es bestehen auch sonst keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür -, dass der Satzungsgeber sich für den von ihm bewusst in § 5 Abs. 2 VStS lediglich als Hilfsmaßstab (Option) gewählten Steuermaßstab auch als allgemeingültigen Maßstab hätte entscheiden wollen, wenn er um die Unwirksamkeit des Stückzahlmaßstabes gewusst hätte (so zu einer entsprechenden Regelung in Rostock auch VG Schwerin, 18.03.2008 - 3 A 2485/02 -; solche hinreichenden Anhaltspunkte im konkreten Fall hatte demgegenüber VG Arnsberg, 24.04.2008 - 5 K 2713/06 -, juris), denn es hätten noch weitere Alternativen zur Diskussion gestanden wie etwa die Besteuerung nach dem Einspielergebnis.
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Zum anderen wäre die Satzung dann schon insoweit unvollständig, als sie - ausgehend vom Wortlaut der verbleibenden Regelungen - nur diejenigen erfassen würde, die einen entsprechenden Antrag stellen und die erforderlichen Nachweise erbringen (§ 5 Abs. 2 VStS). Dass dies mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nicht vereinbar wäre, liegt auf der Hand, abgesehen davon, dass wohl kaum ein solcher Antrag gestellt würde. Auch insoweit liegt der Sachverhalt daher anders als in dem der Entscheidung des VG Arnsberg (a.a.O.) zugrunde liegenden Fall, weil dort umgekehrt der einspielergebnisbezogene Maßstab die generelle Besteuerungsgrundlage bildete und der - unwirksame - Stückzahlmaßstab lediglich hilfsweise bzw. als Option auf Antrag vorgesehen war.
D.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, wobei der Senat bei der Bemessung des jeweils zu tragenden Kostenanteils berücksichtigt hat, dass einerseits die Antragstellerin ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt für den überwiegenden Anwendungszeitraum der angefochtenen Satzung unterlegen ist, andererseits die Erstreckung der Satzungsgeltung in die Zukunft nicht sicher hätte vorherbestimmt werden können.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 132 VwGO).
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(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
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von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) (Inkrafttreten)
(2) bis (6) (Aufhebungs-, Änderungs- und zeitlich überholte Vorschriften)
(7) Für Rechtsvorschriften im Sinne des § 47, die vor dem 1. Januar 2007 bekannt gemacht worden sind, gilt die Frist des § 47 Abs. 2 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2006 geltenden Fassung.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
Hat das Verfassungsgericht eines Landes die Nichtigkeit von Landesrecht festgestellt oder Vorschriften des Landesrechts für nichtig erklärt, so bleiben vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung durch das Land die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die auf der für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. § 767 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt darf die Bauart eines Geldspielgerätes nur zulassen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:
- 1.
Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen; ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich mit der Bekanntgabe des Spielergebnisses fort und endet mit der Auszahlung des Gewinns beziehungsweise der Einstreichung des Einsatzes. - 2.
Die Mindestspieldauer beträgt fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2 Euro betragen. - 3.
Bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Einsatzleistungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Einsatz um höchstens 0,03 Euro je volle Sekunde erhöht werden; bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Gewinnauszahlungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Gewinn um höchstens 0,30 Euro je volle Sekunde erhöht werden. Darüber hinausgehende Erhöhungen von Einsatz und Gewinn sind ausgeschlossen. - 4.
Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen. - 5.
Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 400 Euro nicht übersteigen. Jackpots und andere Sonderzahlungen jeder Art sind ausgeschlossen. - 6.
Nach einer Stunde Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten ein, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. In der Pause dürfen keine Spielvorgänge, einsatz- und gewinnfreie Probe- oder Demonstrationsspiele oder sonstige Animationen angeboten werden. - 6a.
Nach drei Stunden Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause ein, in der es für mindestens fünf Minuten in den Ruhezustand versetzt wird; zu Beginn des Ruhezustandes sind die Geldspeicher zu entleeren und alle Anzeigeelemente auf die vordefinierten Anfangswerte zu setzen. - 7.
Die Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern ist bei Geldannahme vom Spieler in der Summe auf 10 Euro begrenzt. Höhere Beträge werden unmittelbar nach der Aufbuchung automatisch ausgezahlt. Eine Bedienvorrichtung für den Spieler, mit der er vorab einstellen kann, dass aufgebuchte Beträge unbeeinflusst zum Einsatz gelangen, ist unzulässig. Jeder Einsatz darf nur durch unmittelbar zuvor erfolgte gesonderte physische Betätigung des Spielers ausgelöst werden. Es gibt eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz gemäß Nummer 1 sind, verfügen kann. - 8.
Der Spielbetrieb darf nur mit auf Euro lautenden Münzen und Banknoten und nur unmittelbar am Spielgerät erfolgen. - 8a.
Bei Mehrplatzspielgeräten müssen die einzelnen Spielstellen unabhängig voneinander benutzbar sein und jede Spielstelle hat die Anforderungen der §§ 12 und 13 zu erfüllen, soweit diese landesrechtlich überhaupt zulässig sind; aus der Bauartzulassung eines Mehrplatzspielgerätes folgt kein Anspruch auf die Aufstellung des Mehrplatzspielgerätes. - 8b.
Mehrplatzspielgeräte dürfen über höchstens vier Spielstellen verfügen, einzelne Spielstellen dürfen nicht abstellbar sein. - 9.
Das Spielgerät beinhaltet eine Kontrolleinrichtung, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Die Kontrolleinrichtung gewährleistet die in den Nummern 1 bis 5 Satz 1 und Nummer 6a aufgeführten Begrenzungen. - 9a.
Das Spielgerät zeichnet nach dem Stand der Technik die von der Kontrolleinrichtung gemäß Nummer 8 erfassten Daten dauerhaft so auf, dass - a)
sie jederzeit elektronisch verfügbar, lesbar und auswertbar sind, - b)
sie auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können, - c)
die einzelnen Daten mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung verknüpft sind, - d)
ihre Vollständigkeit erkennbar ist und - e)
feststellbar ist, ob nachträglich Veränderungen vorgenommen worden sind.
- 10.
Der Spielbetrieb darf nur bei ständiger Verwendung eines gültigen gerätegebundenen, personenungebundenen Identifikationsmittels möglich sein, wobei - a)
die Gültigkeit des verwendeten Identifikationsmittels durch das Spielgerät vor Aufnahme des Spielbetriebs geprüft werden muss und - b)
während des Spielbetriebs keine Daten auf dem verwendeten Identifikationsmittel gespeichert werden dürfen.
- 11.
Das Spielgerät und seine Komponenten müssen der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sein. - 12.
Das Spielgerät muss so gebaut sein, dass die Übereinstimmung der Nachbaugeräte mit der zugelassenen Bauart überprüft werden kann.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.