Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 16. Aug. 2010 - 2 M 127/10
Gericht
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 10.05.2010 wird geändert.
Der auf den 17.12.2009 datierte Antrag des Beschwerdegegners wird abgelehnt. Im Übrigen wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.
Die Kosten der ersten Instanz trägt der Beschwerdegegner, die des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer zu 1/10 und der Beschwerdegegner zu 9/10. Eventuelle außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 22.942,26 Euro festgesetzt.
Gründe
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Durch Beschluss des Senats vom 02.09.2009 - 2 M 97/09 - ist dem Beschwerdegegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des beim Verwaltungsgericht ... anhängigen Hauptsacheverfahrens 6 A 332/09 untersagt worden, den Beigeladenen zum Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ... zu ernennen und in die entsprechende Planstelle einzuweisen. In den Gründen der Entscheidung heißt es u.a., die Anlassbeurteilung des Beigeladenen weise einen auf die Auswahlentscheidung durchschlagenden Fehler auf.
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Nachdem dem Beigeladenen eine neue Beurteilung erteilt worden ist, hat der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 17.12.2009 beantragt, den Beschluss vom 02.09.2009 zu ändern und den ihm zugrundeliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Dem Begehren des Beschwerdegegners hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 10.05.2010 entsprochen.
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Die dagegen gerichtete Beschwerde hat Erfolg, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist.
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Eine teilweise Zurücknahme der Beschwerde ist durch Schriftsatz vom 26.07.2010 erfolgt. Seither begehrt der Beschwerdeführer (sinngemäß) nur noch, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern und den Antrag des Beschwerdegegners vom 17.12.2009 abzulehnen. Demgegenüber hatte der Beschwerdeführer zuvor einen weitergehenden Beschwerdeantrag gestellt, nämlich dem Beschwerdegegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Beigeladenen "bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch" des Beschwerdeführers "vom 04.06.2010" zum Leitenden Oberstaatsanwalt zu ernennen und in die bereits genannte Planstelle einzuweisen.
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Soweit die Beschwerde aufrechterhalten wird, hat sie Erfolg.
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Die Zulässigkeit der Beschwerde begegnet keinen Bedenken. Sie genügt auch dem Antragserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach die Beschwerdebegründung "einen bestimmten Antrag enthalten" muss. Ob es, wie der Beschwerdeführer anscheinend meint, ausgereicht hätte, lediglich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu begehren (vgl. Beschluss des Senats vom 09.12.2008 - 2 M 115/08 -, m.w.N.), bedarf hier keiner weiteren Prüfung; denn der Beschwerdeführer hat noch innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist über die Aufhebung hinaus einen Sachantrag gestellt. Dieser ist auch nicht mit Schriftsatz vom 26.07.2010 in vollem Umfang zurückgenommen oder durch einen anderen Antrag ersetzt worden. Was jetzt vom Beschwerdeführer begehrt wird, nämlich den angegriffenen Beschluss zu ändern und den Abänderungsantrag des Beschwerdegegners abzulehnen, war im mit der Beschwerdebegründung auch formulierten Antrag, dem Beschwerdegegner "im Wege der einstweiligen Anordnung .... bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren (Verwaltungsgericht ... - 6 A 332/09) ... zu untersagen, den Beigeladenen zum leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft ... zu ernennen und in die Planstelle des Leitenden Oberstaatsanwalts der Staatsanwaltschaft ... (Besoldungsgruppe R 3 BBesO) einzuweisen", bereits dem Sinne nach enthalten. Erkennbar ist es dem Beschwerdeführer bei dieser Formulierung darum gegangen, dass die vom Senat erlassene einstweilige Anordnung desselben Inhalts aufrechterhalten bleibt, was durch eine Ablehnung des Änderungsantrags am einfachsten zu erreichen ist.
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Die Beschwerde ist in der Sache begründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) führt zur Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Ablehnung des Begehrens des Beschwerdegegners. Dessen Änderungsantrag ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Die Abänderung eines im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO ergangenen rechtskräftigen Beschlusses ist analog § 80 Abs. 7 VwGO auf Antrag eines Beteiligten möglich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1995 - 3 BvR 492/95 -, - 2 BvR 42 BvR 493/95 -, Rn. 7, zitiert nach juris; OVG Lüneburg, Beschluss v. 18.05.2010 - 2 ME 111/10 -, Rn. 4 m.w.N., zitiert nach juris).
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Der Abänderungsantrag ist hier nicht deshalb unstatthaft, weil sich - wie der Beschwerdeführer anscheinend meint - die vom Senat erlassene einstweilige Anordnung erledigt hätte. Sie wirkt, wie sich aus dem Tenor des Beschlusses vom 02.09.2009 ergibt, "bis zum Abschluss des beim Verwaltungsgericht ... anhängigen Hauptsacheverfahrens 6 A 332/09." Nach dem diesbezüglichen Sachverhalt, wie er dem Senat in der Beschwerdebegründung unterbreitet worden ist, lässt sich ein Abschluss des Hauptsacheverfahrens aber nicht feststellen. Aus der Akte 6 A 332/09, die dem Senat vorliegt, ergibt sich im Übrigen nichts anderes.
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Dem Beschwerdegegner kann das Rechtsschutzbedürfnis für den Abänderungsantrag auch nicht mit der Begründung abgesprochen werden, er könne auf einfachere Weise die Beendigung der Wirksamkeit der einstweiligen Anordnung erreichen. Dies ließe sich allenfalls annehmen, wenn der Abschluss des Hauptsacheverfahrens für den Beschwerdegegner problemlos zu erreichen wäre, etwa wenn tatsächlich Erledigung der Hauptsache eingetreten wäre und nur die Erledigungserklärung des Beschwerdegegners ausstehen würde. Der Beschwerdeführer macht aber seinerseits nicht geltend, schon eine Erledigungserklärung abgegeben zu haben. Anhand des Beschwerdevorbringens ist nicht einmal zu erkennen, dass sich das Hauptsacheverfahren in absehbarer Zeit erledigen könnte. Soweit der Beschwerdeführer meint, der Beschwerdegegner habe die dem Hauptsacheverfahren zugrundeliegende Auswahlentscheidung aufgehoben, kann ihm nicht gefolgt werden. Dass eine ausdrückliche Aufhebung erfolgt wäre, trägt der Beschwerdeführer nicht vor. Den wohl vorhandenen Anhaltspunkten für eine konkludente Aufhebung fehlt es an der erforderlichen Eindeutigkeit. Eine Aufhebung könnte dann angenommen werden, wenn der Beschwerdegegner die ursprüngliche Auswahlentscheidung durch eine neue ersetzt hätte. Zwar gibt der Beschwerdegegner selbst in der Begründung des Änderungsantrags vom 17.12.2009 an, er habe am 16.11.2009 eine "neue Auswahlentscheidung" getroffen. In der beigefügten Verfügung vom 16.11.2009 ist aber von einer "Ergänzung der Auswahlentscheidung" vom 02.12.2008 die Rede. Dies kann auch bedeuten, dass lediglich die Begründung erneuert worden ist; allerdings könnte auch dann eine neue Entscheidung vorliegen, wenn das Ergebnis sich nicht ändert.
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Letztlich kommt es aber auf die Zulässigkeit des Abänderungsantrags nicht entscheidend an. Der Beschwerdegegner hat keinen Anspruch auf die begehrte Änderungsentscheidung; denn die vom Senat erlassene einstweilige Anordnung erweist sich in der Sache weiterhin als berechtigt. Die umstrittene Auswahlentscheidung verletzt nach wie vor den Bewerberverfahrensanspruch des Beschwerdeführers.
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Ein Beteiligter kann die Abänderung eines Beschlusses, durch den eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 VwGO beanspruchen. Danach kann die Änderung nur "wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände" beantragt werden. Der Antrag hat aber nicht bereits dann Erfolg, wenn sich der Sachverhalt, der der ursprünglichen Entscheidung zugrundegelegen hat, irgendwie verändert hat, sondern nur dann, wenn sich die einstweilige Anordnung wegen dieser Änderung als nicht mehr haltbar erweist. Es müssen sich also Umstände verändert haben, die für den Erlass der einstweiligen Anordnung erheblich waren. Die Änderungen führen aber auch dann nicht zu einer Aufhebung bzw. Ablehnung der einstweiligen Anordnung, wenn diese sich im Änderungsverfahren aus anderen Gründen als richtig erweist. Wenn der Änderungsantragsteller auch gehindert ist, sich auf Umstände zu berufen, die er ohne Weiteres im Ausgangsverfahren hätte geltend machen können, so bedeutet dies nicht zugleich, dass auch der Änderungsantragsgegner sich nicht auf Umstände berufen könnte, die er im Ausgangsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Dies gilt auch, wenn er den Erlass der einstweiligen Anordnung erst im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens erreicht hat. § 80 Abs. 7 VwGO enthält eine Beschränkung des zu berücksichtigenden Vortrags nur zu Lasten des Änderungsantragstellers, wie auch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur eine entsprechende Beschränkung zu Lasten des Beschwerdeführers enthält. Die jeweiligen Gegner sind dadurch nicht gehindert, für sie günstige Umstände vollumfänglich geltend zu machen. Die Wirkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt sich auf das jeweils betroffene Beschwerdeverfahren.
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Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass eine Änderung des Beschlusses des Senats vom 02.09.2009 zu Gunsten des Beschwerdegegners nicht gerechtfertigt ist.
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Zuzustimmen ist ihm aber insoweit, dass der Senat die einstweilige Anordnung wegen der Auffassung erlassen hat, die Anlassbeurteilung des Beigeladenen weise einen auf die Auswahlentscheidung durchschlagenden Fehler auf. Dass der Beigeladene inzwischen, also nach dem Senatsbeschluss vom 02.09.2009, neu beurteilt worden ist, dürfte demzufolge als ein im Abänderungsverfahren zu berücksichtigender Umstand zu bewerten sein.
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Voraussetzung für eine Änderung wäre aber, dass die neue Beurteilung nicht ihrerseits einen auf die Auswahlentscheidung durchschlagenden Fehler aufweist. Ein solcher Fehler wäre möglicherweise aber gegeben, wenn der Landgerichtspräsident, der die neue Anlassbeurteilung erstellt hat, hierfür gar nicht zuständig gewesen wäre, sondern der Oberlandesgerichtspräsident. Dieser hatte die vom Senat im Ausgangsverfahren beanstandete Beurteilung gefertigt; bei der Beanstandung ist es aber nicht um die Frage der Zuständigkeit gegangen.
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In diesem Punkt hat die rechtliche Prüfung auszugehen von § 6 Abs. 1 Satz 1 RiG M-V, wonach Richter "vom unmittelbaren Dienstvorgesetzten dienstlich zu beurteilen" sind. Dementsprechend heißt es im Abschnitt 4 der einschlägigen Beurteilungsrichtlinien vom 28.08.1998 - Amtsblatt M-V 1998 S. 1181 - (im Folgendem: BRL), dass die dienstliche Beurteilung der oder dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten obliegt. Allerdings ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, auf welchen Zeitpunkt es für die Bestimmung des "unmittelbaren Dienstvorgesetzten" ankommt. Das ist aber bedeutsam, wenn - wie hier - die Zuständigkeit sich zwischen dem Beurteilungsstichtag und dem tatsächlichen Erstellen der Beurteilung verändert. Die gesetzliche Lücke zu schließen, wäre Sache der BRL, die insoweit aber jedenfalls keine eindeutige Regelung enthält. Dass in solchen Fällen die BRL in einer bestimmten Weise praktiziert würde, ist vom Beschwerdeführer (und auch von anderen Beteiligten) nicht vorgetragen worden. Allerdings hat der Beschwerdegegner mit Erlass vom 08.09.2009 den Oberlandesgerichtspräsidenten gebeten, den Beigeladenen "zum Stichtag 05. September 2008" erneut dienstlich zu beurteilen. Dies deutet darauf hin, dass der Beschwerdegegner ursprünglich von der Zuständigkeit des Oberlandesgerichtspräsidenten ausgegangen ist. Diese Auffassung hat der Beschwerdegegner jedoch - wie sich aus seinem Erlass vom 17.09.2009 ergibt - geändert, weil er angenommen hat, dass sich nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen vom 30.05.2007 (5 LC 44/06) "die Zuständigkeit bei Neubeurteilungen nach dem Zeitpunkt der Vornahme der Neubeurteilung" richte. Dabei ist allerdings nicht berücksichtigt worden, dass dem ein in zweierlei Hinsicht anderer Sachverhalt zugrundelag. Zum einen ging es um die Anwendung einer anderen Beurteilungsrichtlinie, nämlich der für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen vom 04.01.1996 (Niedersächs.Mitteilbl. 1996, S. 169), zum anderen konnte in jenem Verfahren die Beurteilung offenbar bereits deshalb nicht durch den am Beurteilungsstichtag zuständigen Beamten gefertigt werden, weil dieser inzwischen in den Ruhestand getreten war. Der Senat sieht sich allerdings durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gehindert, entscheidungserheblich auf die Frage der Zuständigkeit des Erstbeurteilers einzugehen. Denn das Beschwerdevorbringen setzt sich nicht konkret mit der Frage auseinander, warum die Zuständigkeit weiterhin beim Oberlandesgerichtspräsidenten gelegen haben sollte. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, dass die praktizierte Vorgehensweise die hier gegebene besondere Sachverhaltskonstellation nicht hinreichend beachtet und mit Beurteilungsgrundsätzen nicht zu vereinbaren ist. Die Besonderheit liegt in tatsächlicher Hinsicht u.a. darin, dass fast im gesamten Beurteilungszeitraum, soweit es um die Tätigkeit des Beigeladenen als Vizepräsident des Landgerichts geht, die Stelle des Landgerichtspräsidenten vakant war. Der BRL dürfte insofern zu entnehmen sein, dass der Zweitbeurteiler nicht zugleich zur Erstellung von Beurteilungsbeiträgen auf Anforderung des Erstbeurteilers berufen sein kann. Der Beurteilung vom 20.10.2009 ist aber zu entnehmen, dass sie u.a. auf einem Beurteilungsbeitrag des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts basiert (weil der im Beurteilungszeitraum amtierende Oberlandesgerichtspräsident zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten war).
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Letztlich bedarf es im vorliegenden Verfahren aber keiner Klärung der Frage, ob tatsächlich der Oberlandesgerichtspräsident für die Neubeurteilung des Beigeladenen zuständig gewesen wäre. In diesem Fall würde außerdem weiter zu prüfen sein, ob es einem Beurteilungsgrundsatz entspricht, dass der Erstbeurteiler die Beurteilung originär selbst zu erstellen hat, oder ob es ausreicht, wenn er - wie hier geschehen - im Rahmen der Überbeurteilung folgendes erklärt:
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Der Beurteilung trete ich nicht entgegen. Ich mache sie mir - hilfsweise auch für den Fall, dass ich zur Beurteilung berufen sein sollte - aufgrund meiner eigenen Erkenntnisse ausdrücklich zu eigen.
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Der Senat neigt allerdings dazu, diesen "Kunstgriff" für nicht vereinbar mit Beurteilungsgrundsätzen zu halten. Der im Falle der Zuständigkeit des Oberlandesgerichtspräsidenten vom unzuständigen Erstbeurteiler gefertigten Beurteilung käme in dem Fall (mindestens) die Bedeutung eines Beurteilungsbeitrags zu, für den der Landgerichtspräsident aber in diesem Fall wohl ebenfalls nicht berufen wäre. Außerdem haben sich die Verfasser von Beurteilungsbeiträgen "einer abschließenden Gesamtbewertung, auch in Bezug auf das ausgeübte Amt, zu enthalten" (vgl. Abschn. 6 letzter Satz BRL). Der Oberlandesgerichtspräsident hätte sich also in unzulässiger Intensität von einem nicht einmal zu einem "einfachen" Beurteilungsbeitrag Berufenen beeinflussen lassen.
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Die einstweilige Anordnung ist nach wie vor jedenfalls deshalb berechtigt, weil die umstrittene Auswahlentscheidung auch unabhängig von der Beurteilung des Beigeladenen weiterhin den Bewerberverfahrensanspruch des Beschwerdeführers verletzt. Seine Anlassbeurteilung weist einen auf die Auswahlentscheidung durchschlagenden Fehler auf.
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Die Auswahl unter mehreren Bewerbern liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein (prognostischer) Akt wertender Erkenntnis. Die gerichtliche Nachprüfung von Personalauswahlentscheidungen ist inhaltlich darauf beschränkt, die Einhaltung ihrer Grenzen zu kontrollieren, insbesondere darauf, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn bleibt es überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst, sofern nur das Prinzip des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG) selbst nicht in Frage gestellt ist. Ein unrichtiger Sachverhalt liegt der Auswahlentscheidung auch dann zugrunde, wenn sie auf einer fehlerhaften dienstlichen Beurteilung des übergangenen Bewerbers basiert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dieser bei der nachzuholenden fehlerfreien Beurteilung nicht chancenlos erscheint. Dienstliche Beurteilungen sind ihrerseits inhaltlich durch die Verwaltungsgerichte nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich darauf, ob die für die Beurteilung zuständige Stelle den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Eine derartige Überprüfung kann auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und ebenso wie für den ausgewählten auch für den übergangenen Bewerber erfolgen (vgl. Beschluss des Senats vom 02.09.2009, a.a.O., m.w.N.).
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Die Anlassbeurteilung des Beschwerdeführers ist formell fehlerhaft, weil der Generalstaatsanwalt es versäumt hat, dem Beschwerdeführer vor der Überbeurteilung Gelegenheit zur mündlichen Erörterung der in Aussicht genommenen abweichenden Stellungnahme zu geben.
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Darin liegt ein Verstoß gegen Abschn. 8 Nr. 1 Satz 1 BRL, wonach den zu Beurteilenden Gelegenheit zur mündlichen Erörterung der in Aussicht genommenen Beurteilung sowie einer abweichenden Stellungnahme des höheren Dienstvorgesetzten zu geben ist.
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Der Beschwerdeführer versteht diese Regelung so, dass die mündliche Erörterung im Vorfeld der Bekanntgabe der abweichenden Stellungnahme gegenüber dem Beamten erfolgen müsse (vgl. S. 15 Beschwerdebegründung). Diesem nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift ohne Weiteres einleuchtenden Verständnis der BRL ist der Beschwerdegegner weder in der Beschwerdeerwiderung noch sonst (etwa in der Antragserwiderung vom 20.03.2009 oder in der Klageerwiderung vom 11.05.2009) entgegengetreten. Er macht auch nicht geltend, dass die BRL allgemein entgegen ihrem Wortlaut gehandhabt würde. Im Widerspruchsbescheid vom 06.03.2009 dürfte der Beschwerdegegner den Verstoß sogar eingeräumt haben, indem "zugegeben" wird, "dass die dem zu Beurteilenden einzuräumende Gelegenheit zur mündlichen Erörterung einer in Aussicht genommenen abweichenden Stellungnahme des höheren Dienstvorgesetzten nach Abschn. 8 Nr. 1 der BRL vor der endgültigen Abgabe der abweichenden Stellungnahme erfolgen" solle.
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Allerdings hat der Beschwerdegegner im Widerspruchsbescheid darauf verwiesen, dass dem Beschwerdeführer "am 06.02.2009 Gelegenheit zur mündlichen Erörterung der Stellungnahme des Generalstaatsanwalt vom 25.09.2008" gegeben worden sei. Soweit der Beschwerdegegner damit andeuten will, der Verstoß gegen die BRL könne gemäß § 46 VwVfG M-V (entspricht § 46 VwVfG) unbeachtlich oder jedenfalls geheilt sein, ist ihm nicht zu folgen.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, ist die Vorschrift über die Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern gemäß § 46 VwVfG nicht anwendbar auf Regelungen, die nach ihrem Sinn und Zweck einer bestimmten Befriedungs- und Konsensfunktion einem Verfahrensbeteiligten eine vom Ausgang des Verfahrens unabhängige, selbständig durchsetzbare Verfahrensposition einräumen (vgl. Beschluss vom 28.04.2009 - 1 WB 29/08 -, Rn. 31, m.w.N., zitiert nach juris). Um eine solche Regelung handelt es sich auch bei Abschnitt 8 Nr. 1 Satz 1 BRL. Die Vorschrift dient ersichtlich dem Zweck, im Wege der Erörterung vor der abschließenden Festlegung des Zweitbeurteilers auf dessen Stellungnahme Einfluss zu nehmen. Diesem Zweck kann eine nachträgliche Erörterung nicht gerecht werden, da sich die Meinung des Beurteilers dann schon verfestigt hat. Dies bedeutet, dass die abweichende Stellungnahme schon wegen ihrer formellen Fehlerhaftigkeit aufzuheben und dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Erörterung zu geben sein wird, falls erneut eine abweichende Stellungnahme in Aussicht genommen wird. Soweit der Beschwerdeführer annimmt, der Generalstaatsanwalt sei voreingenommen (siehe Seite 27 der Beschwerdebegründung), bedarf es keiner Klärung im vorliegenden Verfahren. Insoweit ist der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der Ablehnung nach § 21 Abs. 1 VwVfG M-V zu verweisen.
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Die abweichende Stellungnahme des Generalstaatsanwalts ist aber auch inhaltlich fehlerhaft, weil sie gegen wesentliche Beurteilungsgrundsätze verstößt.
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Die oben beschriebenen allgemeinen Beurteilungsgrundsätze gelten auch für die Abgabe einer abweichenden Stellungnahme durch den höheren Dienstvorgesetzten, soweit diese selbst eine Bewertung der Leistung und Eignung des zu Beurteilenden enthält (vgl. BVerwG, Beschluss v. 22.02.1978 - 1 WB 74.47 -, Rn. 29, zitiert nach juris). Einen Verstoß gegen Beurteilungsgrundsätze stellt es auch dar, wenn der höhere Dienstvorgesetzte die vom Erstbeurteiler vorgenommene Bewertung missversteht bzw. den Versuch unternimmt, einen vermuteten Widerspruch zwischen einzelnen Beurteilungsaussagen selbst durch die Herabsetzung der Benotung eines Einzelmerkmals und auch des Gesamturteils zu beheben (vgl. BVerwG, Beschluss v. 22.02.1978 -, a.a.O.; OVG Lüneburg, Beschluss v. 19.12.1990 - 25 M 89/90 -). Diese Grundsätze hat der Generalstaatsanwalt nicht genügend beachtet.
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Während der Erstbeurteiler das Beurteilungsmerkmal "Ausdruckvermögen - schriftlich" mit der höchsten Notenstufe (übertrifft die Anforderungen herausragend) bewertet hat, vertritt der Generalstaatsanwalt die Auffassung, das schriftliche Ausdrucksvermögen des Beschwerdeführers übertreffe die Anforderungen lediglich "deutlich", aber "noch nicht herausragend" und stützt sich dabei u.a. auf die Gesamtbeurteilung des Erstbeurteilers, wonach die "vorgelegten schriftlichen Entwürfe ... ohne wesentliche Änderungen" gezeichnet worden seien. Dies bedeute - so der Generalstaatsanwalt -, dass die Entwürfe "eben nicht ohne Änderungen" zu zeichnen gewesen seien. Damit misst der Zweitbeurteiler den Formulierungen des Erstbeurteilers eine Bedeutung bei, die so ersichtlich nicht gemeint war. Außer der zitierten Formulierung findet sich in der Gesamtbeurteilung des Erstbeurteilers zum schriftlichen Ausdrucksvermögen u.a. noch folgende sich auf den Beschwerdeführer beziehende Feststellung:
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Die von ihm vorgelegten schriftlichen Entscheidungen als auch seine Vorlagen im Verwaltungsbereich zeichnen sich durch eine prägnante Gedankenführung und hervorragende Ausdrucksweise aus.
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Zum anderen lässt die Tatsache, dass der Erstbeurteiler das Beurteilungsmerkmal mit der Höchstnote bewertet hat, den Schluss zu, dass er die von ihm erwähnten "Änderungen" für derart unwesentlich angesehen hat, dass sie eine Herabsetzung der Einzelnote nicht rechtfertigen. Dies ist vom Generalstaatsanwalt offensichtlich verkannt worden.
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Soweit er seine abweichende Stellungnahme auch zum Beurteilungsmerkmal "Kooperation auf der fachlichen Ebene" auf eine eigene Bewertung stützt, fehlt es an der gebotenen Plausibilisierung.
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Wird eine dienstliche Beurteilung auf allgemein gehaltene Tatsachenbehauptungen oder auf allgemeine oder pauschal formulierte Werturteile gestützt, hat der Dienstherr diese auf Verlangen des Beamten im Beurteilungsverfahren zu konkretisieren bzw. plausibel zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 29.05.2002 - 2 BvR 723/99 -, Rn. 13, zitiert nach juris), was wohl auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hätte nachgeholt werden können (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.06.1980 - 2 C 8/78 -, Rn. 25 f., zitiert nach juris). Die Plausibilisierung muss inhaltlich so beschaffen sein, dass das Recht des Beurteilten, Einwände gegen die Beurteilung vorzutragen, ebenso gewährleistet ist wie das Recht auf gerichtliche Überprüfung der Beurteilung (Art. 19 Abs. 4, 33 Abs. 2 GG), zumal wenn diese im Hinblick auf eine Bewerbung des Beurteilten um ein Beförderungsamt erstellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1980 - 2 C 8/78 -, Rdnr. 25, zitiert nach juris).
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An einer solchen Konkretisierung bzw. Plausibilisierung fehlt es hier. Nach dem vom Generalstaatsanwalt über die (nachträgliche) Erörterung vom 06.02.2009 gefertigten Vermerk hat er im Wesentlichen seine allgemein gehaltenen Tatsachenbehauptungen bzw. Werturteile wiederholt und ergänzend lediglich angemerkt, dass sie sich auf einer "Summe der in dieser Zeit gewonnenen und im Einzelnen nicht reproduzierbaren Eindrücke"gründeten. Diese Ergänzung versetzt aber weder den Beurteilten noch das Gericht in die Lage, diese Eindrücke und die darauf gestützte Beurteilung nachvollziehen zu können; eher handelt es sich um das vom Beschwerdeführer jedenfalls wohl so verstandene (siehe Seite 18 der Beschwerdebegründung) Eingeständnis, dass der Zweitbeurteiler zu einer Plausibilisierung seiner abweichenden Stellungnahme nicht (mehr) in der Lage sei. Dem tritt die Beschwerdeerwiderung nicht konkret entgegen.
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Die festgestellten Fehler in der Beurteilung des Beschwerdeführers schlagen auf die Personalauswahlentscheidung durch, weil diese auf der abweichenden Stellungnahme des Generalstaatsanwalts beruht.
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Allerdings geht der Beschwerdegegner im Gegensatz zu der von ihm im bereits erwähnten Widerspruchbescheid vertretenen Auffassung ausweislich des Auswahlvermerks vom 16.11.2009 allem Anschein nach nicht mehr davon aus, dass der Generalstaatsanwalt die vom Erstbeurteiler für das angestrebte Amt vergebene höchste Eignungsstufe "vorzüglich geeignet" herabgesetzt hat. Im Auswahlvermerk heißt es in diesem Zusammenhang, dass "beide Bewerber sowohl in der Eignungprognose wie auch sonst gleich beurteilt worden" seien. Dass die abweichende Stellungnahme gleichwohl ausschlaggebend für die Personalauswahlentscheidung war, ergibt sich aus den folgenden Bemerkungen im Auswahlvermerk. Darin heißt es, dass "neben der für die Auswahlentscheidung zuvorderst heranzuziehenden dienstlichen Beurteilung .... weitere aktuelle leistungsbezogene Feststellungen" heranzuziehen seien. Der Generalstaatsanwalt habe der dienstlichen Beurteilung eine Stellungnahme nach Abschn. 7 BRL beigefügt, wonach der Beschwerdeführer für das angestrebte Amt "noch nicht die höchste Eignungsstufe" erreicht habe. Die Stellungnahme wird sodann im Auswahlvermerk wiedergegeben. Danach heißt es, die Feststellungen des Generalstaatsanwalts könnten zwar "an dem Ergebnis der dienstlichen Beurteilung" des Beschwerdeführers durch den Erstbeurteilers nichts ändern, so dass auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung beider Bewerber" auszugehen sei. Die getroffenen Feststellungen des höheren Dienstvorgesetzten könnten aber "für die Auswahlentscheidung nicht unbeachtet bleiben." Die für den Beschwerdeführer festgestellte vorzügliche Eignung werde durch die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts "in einer Weise relativiert, die nicht unbeachtet bleiben" könne und dem Beigeladenen "einen Eignungsvorsprung für das beworbene Amt verschaffe".
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Soweit der Beschwerdegegner im Auswahlvermerk vom 16.11.2009 die Auffassung vertritt, die "rechtliche Bewertung der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts" könne letztlich dahinstehen, ist allerdings anzumerken, dass es auch problematisch sein kann, wenn es hinsichtlich der in einer dienstlichen Beurteilung vergebenen Eignungsnote den für die Personalauswahlentscheidung zuständigen Stellen überlassen bleibt, die Note durch Auslegung der Beurteilung herauszufinden (vgl. Beschluss des Senats vom 30.03.2006 - 2 M 170/05 -).
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Nicht nachvollziehbar schließlich ist die vom Beschwerdegegner vertretene Auffassung, dass die abweichende Stellungnahme des Generalstaatsanwalts im Ergebnis für die Auswahlentscheidung nicht entscheidend gewesen sei, weil die bessere Eignung des Beigeladenen auch auf die Vorbeurteilungen beider Bewerber gestützt werde. Der in diesem Zusammenhang bereits im ersten Auswahlvermerk vom 25.09.2008 angestellte reine Notenvergleich genügt nicht den im Beschluss des Senats vom 02.09.2009 gestellten Anforderungen. Danach ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer und der Beigeladene "um ein Leitungsamt im staatsanwaltschaftlichen Dienst konkurrieren und der Beigeladene bislang weder ein Amt als Staatsanwalt noch sonst in der Strafjustiz ausgeübt hat", während der Beschwerdeführer das angestrebte Amt in den letzten Jahren als Vertreter innehatte und hierfür als "verzüglich geeignet" beurteilt worden ist. Bei einer solchen Konstellation bedarf die Annahme, dem Beigeladenen komme gegenüber dem Beschwerdeführer ein Eignungsvorsprung zu, einer besonderen Begründung bzw. Rechtfertigung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.03.2007 - 2 BvR 2470/06 -, Rn. 23, zitiert nach juris). An einer solchen besonderen Begründung fehlt es hier aber jedenfalls dann, wenn man von im Wesentlichen gleichen Anlassbeurteilungen ausgeht. Außerdem liegen die Noten der Vorbeurteilungen der beiden Bewerber nur um maximal eine Notenstufe auseinander, wobei sich die Benotungen des Beschwerdeführers zum Teil auch noch auf höherwertige Ämter beziehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Eventuelle außergerichtliche Kosten des Beigeladenen, der sich im Verfahren nicht geäußert hat, sind nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 GKG. Dabei ist für die in zweiter Instanz erfolgte Erweiterung des Streitgegenstandes der halbe Auffangwert angenommen und zu dem in erster Instanz festgesetzten Wert addiert worden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde, so trifft diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich der Behördenleiter nicht selbst einer Mitwirkung enthält.
(2) Für Mitglieder eines Ausschusses (§ 88) gilt § 20 Abs. 4 entsprechend.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.