Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 25. Mai 2009 - 10 L 64/08
Gericht
Tenor
Der Antrag des Beamten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin - Kammer für Landesdisziplinarsachen - vom 2. März 2007 wird abgelehnt.
Der Beamte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
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Der Beamte wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Dienst der Polizei des Landes Mecklenburg-Vorpommern wegen Dienstvergehens.
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Der gegen das zur Entfernung aus dem Dienst verurteilende Urteil gerichtete einschlägige (vgl. Beschl. des Senats v. 07.03.2008 - 10 L 115/07 -), fristgerecht gestellte und begründete Zulassungsantrag des Beamten hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 64 Abs. 2 LDG M-V i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
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Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats v. 12.11.2008 - 2 L 138/08 -, m.w.N.).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne Weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschl. des Senats v. 12.11.2008 - 2 L 138/08 -, m.w.N.).
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Danach ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zuzulassen.
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Das Zulassungsvorbringen des Beamten, eine Entfernung aus dem Dienst sei nicht veranlasst, weil er wegen seiner Spielsucht, die eine Krankheit bzw. Behinderung darstelle, das Dienstvergehen nicht schuldhaft begangen habe, lässt eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung vermissen. Die Kammer für Landesdisziplinarsachen hat in ihrem Urteil auf Seite 14 unten sowie auf Seite 16 f. ausgeführt, warum sie zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Beamte schuldhaft gehandelt hat, obwohl er einer pathologischen Spielsucht unterlag. Auch hat sich das Gericht damit auseinandergesetzt, ob die Spielleidenschaft des Beamten im Rahmen der notwendigen Gesamtabwägung der Zumessungsgesichtspunkte entlastend zu berücksichtigen ist. Das Verwaltungsgericht hat sich insofern unter Anwendung auf den konkreten Einzelfall auf die einschlägige Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts bezogen. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht weiter auseinander, so dass bereits ein Darlegungsmangel i.S.d. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zugrunde liegt.
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Darüber hinaus bestehen aber auch in der Sache keine Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Kammer für Landesdisziplinarsachen hat zutreffend darauf abgestellt, dass grundsätzlich auch die krankhafte Spielleidenschaft die Schuldfähigkeit i.S.v. § 20 StGB nicht ausschließt. Damit folgt das Gericht der nochmals bestätigten und weiterentwickelten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 03.05.2007 - 2 C 9/06 -, zit. nach juris Rn. 31 ff.). Gleiches gilt darüber hinaus für die Ablehnung einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit entsprechend § 21 StGB. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass eine Schuldunfähigkeit bei Suchtkranken nur dann angenommen werden kann, wenn die Sucht entweder zu schwerwiegenden psychischen Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Betroffene Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im akuten Rausch begangen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 - 2 C 9/06 -, a.a.O. Rn. 32; sowie vorgehend BVerwG, Urt. v. 23.10.2002 - 1 D 5/02 -, zit. nach juris Rn. 17 ff.). Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i.S. des § 20 StGB erheblich eingeschränkt war, wobei letzteres bei Zugriffsdelikten nur in Ausnahmen der Fall sein wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.05.2007 - 2 C 9/06 -, a.a.O. Rn. 31, 34). Anhaltspunkte, weshalb diese Rechtsprechung in Zweifel gezogen werden könnte, sind von dem Beamten nicht vorgetragen.
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.