Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 28. Juli 2010 - 9 U 182/09

published on 28/07/2010 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 28. Juli 2010 - 9 U 182/09
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Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.10.2009 (Az.: 25 O 513/08) wird

zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert der Berufung: 33.039,74 EUR (Leistungsklage: 29.039, 34 EUR; Feststellungsklage: 4.000,00 EUR)

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen aus einem Anlageberatungsvertrag im Zusammenhang mit dem Erwerb eines geschlossenen Immobilienfonds (X-Fonds Nr. ) sowie die Feststellung der weiteren Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Er wird wie folgt ergänzt: Dem Kläger wurde im Zusammenhang mit der Beratung ein Prospekt übergeben. Dieser enthielt einen Investitions- und Finanzierungsplan. Unter der Überschrift „Investitionsplan - Gesellschaftsbezogene Aufwendungen“ wurde eine Position „Eigenkapitalbeschaffung (3%, bezogen auf das zu beschaffende Eigenkapital)“ aufgeführt (Prospekt S. 14). Unter dem Abschnitt Finanzierungsplan (Prospekt S. 15) wurden die Positionen „Beteiligungskapital“ (versehen mit einer Fußnote) und „Fremdkapital“ aufgeführt. In der Fußnote wird erläutert:
1) Auf das Beteiligungskapital wird ein Agio von 5% erhoben, das im Investitionsplan nicht enthalten ist. Dieser Betrag ist von den Zeichnern an die Fondsgesellschaft zu zahlen und steht zur Abdeckung weiterer Eigenkapitalbeschaffungskosten zur Verfügung.“
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen M. (vgl. Sitzungsniederschrift vom 27.08.2009 – Bl. 107 ff.) der Klage – soweit sie nicht in Höhe von 15.000.- EUR hinsichtlich der erlangten Steuervorteile vom Kläger zurückgenommen wurde - stattgegeben. Dieses Urteil wurde dem Beklagtenvertreter am 4.11.2009 zugestellt.
Im Wesentlichen hat das Landgericht den Schadensersatzanspruch des Klägers damit begründet, dass im Rahmen des zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrags die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten verletzt hatte, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß über die Höhe der ihr zufließenden Provision aufgeklärt habe. Auf Grund der Beweisaufnahme gelangte das Landgericht zu der Überzeugung, dem Kläger sei zwar die Zahlung einer Provision an die Beklagte bekannt gewesen, jedoch habe er aufgrund der Erläuterungen des beratenden Mitarbeiters der Beklagten, des Zeugen M., sowie der Angaben in den Unterlagen nur von einem an die Beklagte zu zahlenden Agio von 5% ausgehen können. Die irreführenden Angaben im Zeichnungsschein und im Fondsprospekt seien nicht geeignet gewesen, den Anleger über die tatsächliche Provisionshöhe von 8% aufzuklären.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit dem am 30.11.2009 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sie – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4.02.2010 durch richterliche Verfügung vom 4.01.2010 - mit dem am 3.02.2010 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte greift die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung hinsichtlich der Aufklärung der Beklagten über die Provisionshöhe an. Fehlerhaft sei die Feststellung des Landgerichts, der Zeuge M. sei von einer Provision in Höhe von 5% ausgegangen. Wie vom Zeugen ausgeführt, habe dieser die Höhe der Provision nicht gekannt, jedoch habe er mit dem Kläger über 5% Agio gesprochen und sei mit diesem die Kostenaufstellung aus dem Prospekt durchgegangen. Anhand der Kostenaufstellung sei klar gewesen, dass die Vertriebskosten auch die Vermittlungskosten für die Beklagte beinhalteten. Die Angaben in Zeichnungsschein und Fondsprospekt machten deutlich, dass laut Investitionsplan 3% des zu beschaffenden Eigenkapitals als Eigenkapitalbeschaffungskosten gesellschaftsbezogen und weitere 5% Agio als Aufgeld unmittelbar vom Anleger zur Deckung weiterer Eigenkapitalbeschaffungskosten aufgewendet werden sollten. Die getrennte Aufführung dieser Kosten diene der Unterscheidung zwischen Aufwendungen der Gesellschaft und jenen des Anlegers. Ungeachtet dessen sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, den Kläger über die Höhe der Provision aufzuklären. Laut obergerichtlicher Rechtsprechung müssten lediglich verdeckte Rückvergütungen offen gelegt werden, nicht aber übliche Vertriebsprovisionen, soweit sie nicht überdurchschnittlich hoch – nämlich höher als 15% - seien. Ein Interessenkonflikt habe nicht vorgelegen, weil der Kläger nicht mit unentgeltlichen Leistungen der Beklagten habe rechnen können. Selbst wenn man eine weiter gehende Aufklärungspflicht unterstellte, wäre ein solches Versäumnis der gut informierten und organisierten Beklagten im Jahr 1995 wegen unvermeidbaren Rechtsirrtums nicht vorwerfbar, da eine solche Pflicht gesetzlich nicht verankert sei und die Fortentwicklung des Pflichtenkreises durch die Rechtsprechung erst Jahre später ergangen sei. Auch sei es fehlerhaft, die Kausalitätsvermutung anzuwenden, obwohl es dem Kläger primär um eine steuerwirksame Anlage gegangen sei. Schließlich beruft sie sich auf die Einrede der Verjährung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.10.2009 (Az.: 25 O 513/08) abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil.
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Allerdings habe das Landgericht unzutreffend festgestellt, der Zeuge M. habe dem Kläger gesagt, dass die Beklagte eine Provision erhalten werde. Dem Kläger sei auch nicht bekannt gewesen, dass die Beklagte das Agio von 5% erhalte. Hätte der Kläger gewusst, dass die Beklagte eine Rückvergütung von 8% erhalte, hätte er sich nicht an der Fondsgesellschaft beteiligt. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sei auch auf den Fall des Erwerbs dieses geschlossenen Immobilienfonds anwendbar, da der Kläger mit der Anlage nicht nur Steuern sparen, sondern auch eine sichere Rendite habe erwirtschaften wollen, zumal er ab dem Jahr 2000 keine Steuervorteile mehr gehabt habe. Der Kläger sei vorsätzlich, zumindest fahrlässig nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Bereits das Reichsgericht habe entschieden, dass es Treu und Glauben widerspreche, wenn ein Bankier als Kommissionär dem Kunden einen Teil der Emissionsbonifikation verschweige. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz zu ihrer Entlastung die Arbeitsweise ihrer Rechtsabteilung sowie die Weitergabe der Informationen an die Mitarbeiter im Einzelnen darlegt, rügt der Kläger die Zulassung dieses mit Nichtwissen bestrittenen neuen Vortrags.
14 
Die zunächst im Wege der Anschlussberufung erstmals in zweiter Instanz geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.05.2010 zurückgenommen.
II.
15 
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
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Dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, wird von der Berufung nicht mehr in Frage gestellt.
2.
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Aus dem Beratungsvertrag war die Beklagte verpflichtet, den Kläger vollständig und richtig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufzuklären. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte hiergegen verstoßen hat, indem sie den Kläger nicht über die ihr zufließende Zuwendung der Fondsgesellschaft von 8% aufgeklärt hat. Sie hat weder die konkrete Höhe der der Beklagten aus dem Agio zufließenden Rückvergütung (a), noch den Erhalt einer weiteren Provision in Höhe von 3% neben der „Rückvergütung“ (b) noch die Gesamthöhe der Zuwendungen (c) offen gelegt.
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a) Die Beklagte hat ihre Pflicht zur Aufklärung über die Höhe der Rückvergütung, die ihr aus dem an die Fondsgesellschaft gezahlten Agio zugeflossen ist, verletzt.
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(1) Weil die Bank eine an den Interessen des Kunden ausgerichtete Beratung schuldet, muss sie ihren Kunden darüber aufklären, ob und in welchem Umfang sie selbst an der dem Kunden nahegelegten Investition wirtschaftlich teilhat, sofern das Eigeninteresse der Bank nicht offensichtlich ist. Das ist bei solchen Geschäften der Fall, bei denen Vertragspartner des Anlagegeschäfts nicht die beratende Bank, sondern - wie hier - ein Dritter ist. Zweck der Aufklärung ist es, dem Kunden eine Einschätzung zu ermöglichen, ob die Beratung der Bank allein an den Interessen des Kunden orientiert ist oder ob ihm die Bank eine bestimmte Investition empfiehlt, weil sie daran verdient (BGH Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, Tz. 23). Andernfalls besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch im eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Deshalb ist nicht nur über das „Ob“ der Rückvergütung, sondern auch über deren Höhe aufzuklären, weil der Anleger ohne diese Angaben das Umsatzinteresse der Bank nicht richtig einschätzen kann (vgl. die „Kick-Back-Entscheidungen“ des BGH, Urt. vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99, NJW 2001, 962; v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05 , NJW 2007, 1876; Beschl. v. 20.01.2009 – XI ZR 510/07, DStR 2009, 649; Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 196/09; Beschl. v. 29.06.2010, XI ZR 308/09).
20 
Die Bank ist zu einer an den Interessen des Kunden orientierten Beratung verpflichtet. Das Verhältnis zwischen Kunde und Bank ist üblicherweise auf Dauer gegründet, wobei das Interesse der Bank darauf gerichtet sein wird, die infolge der Anlageberatung vom Kunden erworbenen Wertpapiere etwa im Rahmen eines Depotvertrags zu verwalten und ein weiteres Konto zur Abwicklung des Geschäfts einzurichten. Der von seiner Bank bezüglich der Geldanlage beratene Kunde muss daher nicht damit rechnen, dass die Bank mit der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt, weil sie beispielsweise ein eigenes umsatzabhängiges Provisionsinteresse hat. Gerade darin unterscheidet sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine beratende Bank von einem freien Anlagevermittler oder Anlageberater, welchem der Anlageinteressent in dem Bewusstsein gegenübertritt, dass dieser an der Vermittlung oder Beratung verdienen wird (vgl. BGH NJW-RR 2007, 621; BGH Urt. v. 15.04.2010 - III ZR 196/09, WM 2010, 885). Dieser muss daher - jedenfalls nach der Rechtsprechung des III. Senats des BGH - nicht ungefragt über eine erwartete Provision aufklären.
21 
(2) Die Beklagte hat nicht pflichtgemäß über die konkrete Höhe der Rückvergütung, die sie aus dem 5%-igen Agio erhalten hat, aufgeklärt. Dabei kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob der Prospekt für sich genommen bereits ausreichend über die Tatsache aufgeklärt hat, dass der Beklagten aus dem Agio, das an die Fondsgesellschaft fließt, überhaupt eine Provision zukommt. Nach Auffassung des Senats lässt der Begriff der "Eigenkapitalbeschaffungskosten" dies nicht in der gebotenen Deutlichkeit erkennen (Senat, Urteil vom 15.07.2009, 9 U 164/07, EWiR 2009, 633; Urt. v. 12.08.2009, 9 U 21/09; Urt. v. 24.02.2010, 9 U 58/09, WM 2010, 844 ; so auch Koch, BKR 2010, 177 (182) m.w.N.). Hierzu hat die Beklagte, bestätigt durch die Aussage des Zeugen M., vorgetragen, dass der Kläger mündlich darüber aufgeklärt worden sei, dass die Bank eine Provision erhalte. Unstreitig wurde über die Höhe, die dem Mitarbeiter der Beklagten nicht bekannt war, nicht aufgeklärt.
22 
Die mündliche Aufklärung durch den Bankmitarbeiter über die konkrete Höhe der Provision war nicht wegen der im Prospekt enthaltenen Informationen entbehrlich. Durch den dem Kläger noch vor Zeichnung der Anlage überlassenen Prospekt sowie den Zeichnungsschein wurde der Kläger nicht ausreichend darüber informiert, dass das Agio von 5% in voller Höhe der Beklagten zufließt. Der Prospekt (Anlage K 3) stellte diese unzutreffend und irreführend falsch dar. Er enthält auf Seite 14 einen „Investitions- und Finanzierungsplan“. Gesondert werden „Projektbezogene Aufwendungen“, „Finanzierungsbezogene Aufwendungen“ sowie „Gesellschaftsbezogene Aufwendungen“ aufgeführt. Unter letzteren wird u.a. für „Eigenkapitalbeschaffung“ (3%, bezogen auf das zu beschaffende Eigenkapital) ein Betrag von 1.140 TDM genannt. Auf Grund der Information, dass ein Agio von 5% bezahlt wird, sowie des im Investitionsplan konkret ausgewiesenen Anteils von Eigenkapitalbeschaffungskosten in Höhe von 3% liegt für den Anleger der Schluss nahe, dass diese Kosten aus dem Agio bezahlt werden. Insbesondere muss er nicht damit rechnen, dass die Fondsgesellschaft weitere, und sogar noch höhere, Eigenkapitalbeschaffungskosten neben der bezifferten Angabe im Investitionsplan plant, die dann dem Berater zufließen.
23 
Bereits die künstliche Aufteilung einer von der Fondsgesellschaft bzw. ihren Initiatoren vorgesehenen einheitlichen Provision in einen im Investitionsplan ausgewiesenen kleineren Anteil und einen nicht in der gleichen Form ausgewiesenen größeren Anteil verschleiert die wahren Kosten und trägt die Gefahr der Fehlvorstellung der Anleger mit sich. Dieses Risiko ist so hoch und offensichtlich, dass ein Berater auf die gesamte Verwendung des Agios für die Provision ausdrücklich hinzuweisen hat, um den in der missverständlichen Darstellung liegenden Prospektfehler richtig zu stellen. Insbesondere kann ein Berater nicht darauf vertrauen, dass der Anleger in einer Fußnote einer Position des Finanzierungsplans, der systematisch nicht den Zweck der Darstellung der Ausgaben, sondern der Einnahmen hat, einen Hinweis auf weitere beträchtliche Ausgaben (5% Eigenkapitalbeschaffungskosten) erwartet oder zur Kenntnis nimmt. Fußnoten kommt allenfalls die Funktion einer Erläuterung oder Präzisierung der in Bezug genommenen Position zu.
24 
Es ist auch kein triftiger Grund für die Aufteilung und unterschiedliche Darstellung der Eigenkapitalbeschaffungskosten erkennbar. Anders als bei rechtlich selbstständigen Kapitalanlagegesellschaften i.S.v. § 2 InvG, die den Anlagebetrag selbst in ein Sondervermögen einbringen, während die Verwaltungskosten von der Gesellschaft außerhalb des Sondervermögens durch gesondert ausgewiesene Ausgabeaufschläge und Verwaltungsgebühren gedeckt werden können, gibt es bei geschlossenen Investmentfonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft lediglich ein gemeinsames Gesellschaftsvermögen. In dieses fließen sowohl das Agio als auch der Anlagebetrag. Die Anleger werden Gesellschafter. Wirtschaftlich und rechtlich besteht zwischen beiden Einzahlungen kein Unterschied. Der Erfolg der Fondsgesellschaft hängt wesentlich von den Gesamtausgaben aus dem Gesellschaftsvermögen ab, unabhängig davon, unter welcher Bezeichnung die Beträge der Gesellschaft zugeflossen sind. Der Prospekt hätte daher die gesamten Eigenkapitalbeschaffungskosten im Investitionsplan nennen müssen und im Gegenzug im Finanzierungsplan eine weitere Einnahmenposition in Höhe des 5%-igen Agios.
25 
Eine Klarstellung ist auch dem Zeichnungsschein vom 31.10.1995 nicht zu entnehmen. Darin wird die vermittelnde Bank nicht namentlich, sondern nur mittels ihrer Bankleitzahl erwähnt. In dem Zeichnungsschein wird ein Beteiligungsbetrag von 60.000,00 EUR zuzüglich 5% Agio aufgeführt. Von einem weiteren Teilbetrag von 3% des Beteiligungskapitals als weiterem „Provisionsbetrag“ ist darin nicht die Rede. Deswegen verwundert es nicht, wenn selbst der Bankmitarbeiter trotz Verwendung des Prospekts im Rahmen der Beratung über die Höhe der Provision nicht informiert war. Wenn sich aber schon einem Berater, der den Prospekt besser als ein Anleger kennen sollte, nicht die Provisionshöhe erschließt, kann er dies erst recht nicht von einem Anleger erwarten.
26 
Im Übrigen lässt sich aus dem im Prospekt und vom Berater genannten Begriff des "Agio", das neben dem Beteiligungskapital an die Fondsgesellschaft zu zahlen war, nicht entnehmen, dass dieses ausschließlich für Provisionen zur Eigenkapitalbeschaffung und nicht auch für andere Zwecke der Fondsgesellschaft verwendet wird. "Agio" ist lediglich ein anderes Wort für Aufgeld. Davon könnten auch weitere allgemeine Verwaltungskosten bezahlt werden.
27 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des 3. Senats des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urt. v. 12.05.2010, 3 U 200/09, GWR 2010, 302). Der Entscheidung lag ein anderer Prospekt eines Medienfonds zu Grunde, der anscheinend präzisere Angaben über die gezahlten Provisionen enthielt. Zwar sieht der 3. Senat, und möglicherweise auch der XI. Senat des BGH (vgl. Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/09, WM 2009, 2306), in dem Begriff der „Eigenkapitalvermittlung“ eine ausreichende Information darüber, dass diese der Beraterin in voller Höhe zufließen. Diese Frage kann angesichts der konkreten Prospektgestaltung im vorliegenden Fall offenbleiben, weil selbst wenn man dieser Ansicht folgte, die Information wegen ihrer getrennten Darstellung irreführend war.
28 
b) Die Beklagte hat den Kläger pflichtwidrig nicht über die weitere Provision von 3% aufgeklärt, die ihr neben der aus dem Agio von 5% stammenden Rückvergütung zufließen sollte. Zu Unrecht meint die Beklagte, bei den als Eigenkapitalbeschaffungskosten (neben dem Agio) ausgewiesenen Ausgaben handele es sich nicht um eine aufklärungspflichtige Vertriebsprovision.
29 
(1) Zwar herrscht bei den Instanzgerichten und im Schrifttum Uneinigkeit, ob die mit dem Begriff „Innenprovision“ gemeinten Vergütungen strukturell identisch sind mit „Rückvergütungen“ bzw. „Kick-Back-Zahlungen“ (für eine strukturelle Identität der hinter den verschiedenen Begriffen stehenden Zahlungen: Geibel ZBB 2003, 349; Nettel/Köpfel BKR 2009, 411).
30 
Nach der überwiegenden Ansicht in der Rechtsprechung fallen unter aufklärungspflichtige Rückvergütungen nur Teile von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, wobei diese hinter seinem Rücken an die Bank umsatzabhängig zurückfließen (vgl. BGH Urt. v. 27.10.2009, XI ZR 338/08, Tz. 31; OLG Frankfurt, 30.06.2010, 19 U 2/10; OLG Dresden, Urt. v. 11.05.2010, 5 U 1178/09). Fließen bei einer Kapitalanlage sowohl Rückvergütungen aus einem Ausgabeaufschlag als auch Vertriebsprovisionen aus dem Beteiligungskapital selbst, soll nur die aus dem Ausgabeaufschlag fließende Rückvergütung aufklärungspflichtig sein, nicht aber die (aus dem Anlagekapital) gezahlte weitere Provision (OLG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2010 – 3 U 200/09, GWR 2010, 302).
31 
Bereits die vorliegende Konstellation, wonach eine einheitliche Provision in Höhe von 8% zu einem Teil aus einem ausgewiesenen Ausgabeaufschlag und im Übrigen aus dem Anlagebetrag gezahlt wird, macht deutlich, dass der Begriff der Innenprovision nicht im Sinne eines Ausschließlichkeitsverhältnisses scharf gegen den Begriff der Rückvergütung abgegrenzt werden kann. Die Innenprovision stellt den Oberbegriff dar, während die Rückvergütung lediglich eine Teilmenge enthält (vgl. a. Koch, a.a.O.).
32 
(2) Nach der Auffassung des erkennenden Senats sind nicht nur Rückvergütungen, deren Begrifflichkeit sich bereits in Ziff. I. 2.2 der Richtlinie des Bundesaufsichtamts für den Wertpapierhandel (BAWe) vom 26.05.1997 (Wohlverhaltensrichtlinie) wiederfindet, aufklärungspflichtig, sondern auch weitere umsatzabhängige Zuwendungen von dritter Seite an den Berater, die nicht unter diesen engen Begriff fallen.
33 
Als Maßstab für die Reichweite der Aufklärungspflicht hinsichtlich von Rückvergütungen und sonstigen umsatzabhängigen Zuwendungen Dritter ist die Verhaltensregel des § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. heranzuziehen, wonach der Kunde zur Vermeidung eines Interessenkonflikts umfassend und sachgerecht über jede Art von Rückvergütungen informiert werden muss (BGH Urt. v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, Tz. 23). Diese Vorschrift war zwar auf geschlossene Immobilienfonds nicht anwendbar, allerdings ist der mit einer Vergütung verbundene Interessenkonflikt beim Erwerb solcher Fonds nicht wesentlich anders als z.B. beim Erwerb von Aktienfonds. Schließlich lag dieser Vorschrift der allgemein anerkannte zivilrechtliche Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten zugrunde, welcher auch für Bestimmung der Tragweite der Aufklärungs- und Beratungspflichten aus einem Beratungsvertrag oder aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB maßgebend ist (vgl. BGH Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 56/05 , NJW 2007, 1876; Beschl. v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405). In seinem Beschluss vom 29.06.2010 erläutert der Bundesgerichtshof, dass seine bisherigen Entscheidungen zu Recht dahingehend verstanden wurden, „dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen.“ Es sei über solche Umstände aufzuklären, „die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.“ (XI ZR 308/09, Tz. 5).
34 
Somit ist die bei der beratenden Bank vorhandene Interessenkollision mit der damit verbundenen Gefahr der nicht interessengerechten Aufklärung der Grund für das Bestehen einer Aufklärungspflicht. Die Interessenlage bei einer verschwiegenen „Provision“ ist aber nicht wesentlich anders als in den Fällen, in denen die Bank eine „Rückvergütung“ in Form von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungskosten erwartet. Abgesehen von der Problematik der definitorischen Unschärfe wird das Ziel, Bankkunden davor zu schützen, dass die Beratung bzw. Empfehlung durch die Annahme von Anreizen von dritter Seite nicht mehr unvoreingenommen erfolgt, nur dann erreicht, wenn sämtliche Arten von Zuwendungen, welche umsatzabhängig an die beratende Bank fließen, offen gelegt werden (so auch Koch, BKR 2010, 177, mit einer überzeugenden Auswertung der Rechtsprechung und Literatur; zu der Vielzahl von in Rechnung gestellten Gebühren wie Strukturierungs-, Verwaltungs-, Managementgebühren, Eigenkapitalvermittlungsprovisionen vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2009 - 14 U 98/08). Auch der am 01.11.2007 eingeführte § 31d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 WpHG übernimmt diesen allgemeinen Grundsatz in das Aufsichtsrecht. Entscheidend für die Begründung einer Aufklärungspflicht kann daher ungeachtet der Bezeichnung der Zuwendung nur sein, dass diese von dritter Seite umsatzabhängig gewährt wird und damit für die beratende Bank objektiv einen Anreiz darstellt, das mit dieser Rückvergütung verbundene Produkt bevorzugt zu empfehlen.
35 
(3) Nicht gehört werden kann die Beklagte mit ihrem Einwand, dass für Vermittlungsprovisionen unter 15% eine Aufklärungspflicht nicht bestehe. Zwar hat der III. Zivilsenat des BGH für den Fall reiner Anlagevermittlung eine grundsätzliche Aufklärungspflicht über „Innenprovisionen“ abgelehnt. Eine Aufklärungspflicht über Provisionen statuiert er in diesen Fällen nur, wenn überhöhte Innenprovisionen – die Grenze wird bei 15% des Anlagebetrages gezogen – geeignet sind, den Vertragszweck, nämlich die Rentabilität der Anlage, zu gefährden (BGH v. 12.02.2004 – III ZR 359/02, NJW 2004, 1732; Urt. v. 9.02.2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685; zustimmend für Vermittlungsverträge auch der XI. Zivilsenat Urt. v. 23.03.2004 – XI ZR 194/02, NJW 2004, 2378). Damit wird eine allgemeine Aufklärungspflicht bei überdurchschnittlich hohen Provisionen statuiert, unabhängig davon, wer die Provision enthält.
36 
Die Schutzrichtung dieser Aufklärungspflicht betrifft jedoch die objektgerechte Information des Anlegers. Demgegenüber verfolgt die Aufklärungspflicht über die dem Berater zufließenden Provisionen einen ganz anderen Schutzzweck. Mit dieser Information soll der Anleger nicht ein zutreffendes Bild von der Werthaltigkeit der Anlage erhalten, sondern die nur beratende Bank muss unabhängig von der Höhe der Zuwendungen schon deshalb auf diese hinweisen, weil sie einen Interessenkonflikt und damit die konkrete Gefahr begründen, dass die Anlage nicht allein im Kundeninteresse empfohlen wird. Diese Beratungspflicht besteht aber nicht erst dann, wenn deren Höhe die Werthaltigkeit der Anlage in Frage stellt (vgl. BGH Beschluss vom 20.01.2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405).
37 
(4) Zwar kann die geschuldete Beratung auch durch einen Prospekt oder andere schriftliche Unterlagen erfolgen, sofern diese nach Form und Inhalt geeignet sind, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und sie dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben werden, dass ihr Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH WM 2005, 833). Wie jedoch bereits oben ausgeführt wurde, legt die Gestaltung von Zeichnungsschein und Prospekt lediglich nahe, dass aus einem Agio von 5% ein Anteil von 3% für Eigenkapitalbeschaffungskosten verwendet wird. Dass die Beklagte neben dem Agio eine weitere Provision erhält, wird durch die irreführende Darstellung des Investitions- und Finanzierungsplans, der 5% Eigenkapitalbeschaffungskosten in einer Fußnote versteckt, obwohl eine (kleinere) Position Eigenkapitalbeschaffungskosten im Investitionsplan ausdrücklich ausgewiesen ist, nicht deutlich.
38 
c) Neben der fehlerhaften Aufklärung über die Höhe der aus dem Agio zurückgeflossenen Provision sowie dem Umstand, dass daneben eine weitere Provision fließt, hat die Beklagte auch nicht über die Gesamthöhe der Provision aufgeklärt.
39 
Auch wenn - wie das Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt hat - der Zeuge im Beratungsgespräch gegenüber dem Kläger das Agio erwähnt hat, so konnte beim Kläger allenfalls die irrige Vorstellung entstehen, die 5% Agio werde die Beklagte als Vergütung erhalten. Auch diese Angabe des Bankberaters war unzureichend, weil sie über die tatsächliche Höhe einer Provision falsche Vorstellungen beim Anleger bewirkte. Denn die Aufklärungsbedürftigkeit des Kunden entfällt nicht bereits dadurch, dass er weiß oder damit rechnet, dass die Bank eine Vergütung von den Kapitalsuchenden im Falle des Abschlussgeschäftes erhält. Ohne Kenntnis der Höhe der Rückvergütung kann nämlich der Kunde das Interesse der Bank an dem empfohlenen Anlagegeschäft und die damit verbundene Gefährdung seiner Interessen nicht richtig einschätzen (vgl. BGH Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bank eine Provision von 8% und damit in einer Höhe erhält, die sich keinem Anleger aufdrängt, selbst wenn er grundsätzlich von der Zahlung einer Vergütung ausgeht (vgl. OLG Stuttgart Urt. v. 4.03.2010 - 13 U 42/09, ZIP 2010, 260). Ebenso wie der 3. Senat des OLG Stuttgart (a.a.O.) hat der erkennende Senat Zweifel, ob dem Anleger generell oder gegenüber nicht bankengebundenen Anlageberatern (vgl. BGH Urt. v. 15.04.2010, III ZR 196/09) eine Pflicht zur Nachfrage auferlegt werden kann, da es primär Aufgabe des Auskunftspflichtigen ist, gebotene Auskünfte von sich aus zu erteilen, um etwaige und ihm unbekannte Fehlvorstellungen des Anlegers von der Provisionshöhe von vornherein zu vermeiden.
40 
Selbst wenn man eine Aufklärungspflicht der Beklagten über eine Provision, die nicht aus Ausgabeaufschlägen zurückfließt, verneinen möchte, besteht im konkreten Fall eine Aufklärungspflicht. Denn für einen Berater, der die irreführende Aufteilung der Eigenkapitalbeschaffungskosten im Prospekt kennt, ist erkennbar, dass der Anleger sich über die tatsächliche Höhe irrt, weil die Kumulierung von Agio und ausgewiesenen Eigenkapitalbeschaffungskosten nicht klar erkennbar ist.
3.
41 
Für die fehlerhafte Aufklärung haftet die Beklagte bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), wobei sie sich gem. § 278 BGB das Verhalten ihres Mitarbeiters zurechnen lassen muss. Da das Verschulden gem. § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) vermutet wird, bedarf es hierzu keines besonderen Vorbringens des Klägers. Es obliegt dem Aufklärungspflichtigen darzulegen und zu beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht schuldhaft begangen hat (BGH WM 2009, 1274 ff.).
42 
Zu Unrecht meint die Beklagte, ein Verschulden sei auszuschließen, weil 1995 keine Bank damit habe rechnen müssen, dass Jahre später eine immer schon übliche und unbeanstandete Praxis durch die Rechtsprechung in Zweifel gezogen werde.
43 
Soweit sich die Beklagte auf einen Rechtsirrtum beruft, ist sie nicht entschuldigt. Die Haftung wegen Fahrlässigkeit ist nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (BGHZ 118, 201, 208). An das Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums sind grundsätzlich strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss. Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen (vgl. zum Ganzen BGH, Urt. v. 29.06.2010 - XI ZR 308/09 m.w.N.). Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt.
44 
Nach diesen Maßstäben ist eine Haftung der Beklagten wegen Fahrlässigkeit zu bejahen. Die Verpflichtung eines Beraters, Interessenkonflikte zu vermeiden, ist nicht das Ergebnis einer Rechtsänderung oder einer grundlegenden Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sondern stellt einen schon immer anerkannten zivilrechtlichen Grundsatz dar (BGH WM 2009, 405). Zwar lagen beim Beratungsgespräch im Jahr 1995 die Entscheidungen des Bundegerichtshofs zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen noch nicht vor (Urt. v. 19.12.2006 - XI ZR 56/05 und v. 20.01.2009 - XI ZR 510/07). Allerdings hatte der Bundesgerichtshof bereits in den Jahren 1989 und 1990 (BGH WM 1989,1047; WM 1990, 462) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagevermittler und Broker missbilligt. Deswegen war auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden (vgl. BGH Urt. 29.06.2010 - XI ZR 308/09 m.w.N.).
45 
Auch wenn die Beklagte - wie sie erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt - eine gut organisierte und gut ausgestattete Rechtsabteilung besitzt und ihre Mitarbeiter laufend informiert und weiterbildet, so ist damit ihr Rechtsirrtum nicht entschuldbar. Unter sorgfältiger Beachtung der damals bereits vorhandenen Rechtsprechung sowie der einschlägigen Literatur hätte sie damit rechnen müssen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Deswegen ist nicht zu entscheiden, ob der neue Sachvortrag der Beklagten gem. § 531 Abs. 2 ZPO zulässig ist.
4.
46 
Die Annahme, dass bei pflichtgemäßer Offenlegung der Provisionshöhe und damit des Ausmaßes des Interessenkonflikts der Kläger die Anlageentscheidung nicht getroffen hätte, ist zutreffend.
47 
Dass bei einer fehlerhaften Anlageberatung bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften oder unterlassenen Information ursächlich für den späteren Schaden ist, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln fehlerhafter Aufklärung beeinflusst ist, entspricht ständiger Rechtsprechung. Auf die Gründe, weshalb die Kapitalanlage später im Wert gefallen ist, kommt es nicht an. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Dies bedeutet, dass die aufklärungspflichtige Partei darlegen und beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben und den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (BGHZ 61, 118, 122; 124, 151, 159 f.; BGH WM 2009, 789 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Beklagten gilt dies auch bei der pflichtwidrig unterlassenen Aufklärung über Rückvergütungen (BGH Urt. v. 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274).
48 
Zu Unrecht meint die Beklagte, die Kausalitätsvermutung greife hier nicht ein, weil der Kläger bei zutreffender Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt gekommen wäre; denn es habe nicht nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben. Dass im Streitfall andere Verhaltensalternativen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die einer Anwendung dieser Grundsätze entgegenstehen könnten, ist nicht zu erkennen (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 69. A., 2010, § 280 Rn. 39). Ein Anleger, der weiß, dass die Anlageempfehlung auf dem eigenen Provisionsinteresse der beratenden Bank beruht, wird dies typischerweise kritischer würdigen, als wenn ihm dies verborgen bleibt und er deswegen annehmen darf, die Bank orientiere sich in erster Linie an seinen persönlichen Interessen (vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 7.05.2010 – 17 U 88/09). Dass und gegebenenfalls weshalb der Kläger die Höhe der Provision im Aufklärungsfalle für irrelevant erachtet hätte, vermochte die Beklagte konkret nicht darzutun. Die pauschale Behauptung, dem Kläger sei es nur auf die Steuerersparnis angekommen, ist nicht geeignet, diese Vermutung zu widerlegen. Denn selbst wenn dies zuträfe, ergibt sich daraus nicht, dass die Anlageentscheidung bei Offenlegung der vollen Provisionshöhe in der gleichen Art und Weise getroffen worden wäre wie geschehen. Denn jede Anlageentscheidung wird individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedingungen getroffen (vgl. auch BGH Urt. v. 22.03.2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972).
5.
49 
Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht verjährt.
50 
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht unterlag nach altem Recht der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB wird diese Frist in die 3 Jahre betragende und damit kürzere Verjährungsfrist übergeleitet, die nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB vom 1.01.2002 berechnet wird. Auch in den Fällen der Geltung der Überleitungsvorschriften ist der Beginn der kurzen Verjährungsfrist unter Anwendung des § 199 Abs. 1 BGB n.F. zu bestimmen und hängt insbesondere von den subjektiven Tatbestandsmerkmalen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab (BGH WM 2007, 639).
51 
Die Verjährungseinrede ist nicht begründet, da die maßgebliche Verjährungsfrist bei Einreichung der Klage am 4.12.2008 noch nicht abgelaufen war (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
52 
Verjährung zum 31.12.2004 ist nur dann eingetreten, wenn bis zum 1.1.2002 auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns – nämlich Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs - vorgelegen haben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH WM 2008, 89) beginnt die Verjährungsfrist vertraglicher Ansprüche, wenn ein Schuldner mehrere offenbarungspflichtige Umstände verschwiegen hat und ihm damit mehrere Beratungsfehler vorzuwerfen sind, gesondert zu laufen. Auch ein einheitlicher Vorgang, der bei natürlicher Handlungseinheit Teilakte aufweist, beispielsweise beim Verschweigen mehrerer aufklärungspflichtiger Umstände, beinhaltet mehrere Handlungen und damit mehrere von einander abgrenzbare Beratungsfehler, die in Bezug auf die Verjährung als jeweils selbständige Schädigung mit einem eigenen Lauf der Verjährungsfrist anzusehen sind. Deswegen ist vorliegend nicht auf die (Möglichkeit der) Kenntnisnahme vom Scheitern der Anlage abzustellen. Bei Aufklärungspflichtverletzungen im Rahmen einer Beratung kommt es vielmehr auf die Kenntnis der Umstände an, aus denen sich die Offenbarungspflicht und deren Verletzung ergeben (Senat, Urt. v. 17.06.2009 – 9 U 164/07). Somit ist für jede behauptete Pflichtverletzung von der Beklagten die Kenntnis gesondert darzulegen und zu beweisen (BGHWM 2008, 89). Bezüglich der nicht offen gelegten Provision in Höhe von 8% hat die Beklagte nicht dargetan, dass der Kläger davon bereits vor dem Jahr 2006 Kenntnis hatte. Demnach konnte der Lauf der Verjährungsfrist nicht vor dem 1.01.2006 beginnen.
6.
53 
Die Ausführungen der Beklagten in den nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätzen vom 15.07.2010 sowie vom 27.07.2010 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
7.
54 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Da der Wert der zurückgenommenen Anschlussberufung des Klägers sich nicht streitwerterhöhend auswirkte und in Relation zum Wert der mit der Berufung der Beklagten angegriffenen Hauptsache sich als verhältnismäßig geringfügig darstellt, waren gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
8.
55 
Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da eine einheitliche Rechtsprechung über aufklärungspflichtige Rückvergütungen und Innenprovisionen nicht gegeben ist. Zwar wurde bereits höchstrichterlich auf eine hinsichtlich der Aufklärungspflicht vorzunehmende Unterscheidung zwischen Rückvergütungen und Innenprovisionen hingewiesen (vgl. BGH Urt. v. 27.10.2009 - XI ZR 338/08), allerdings zeigt sich in der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung - nur beispielhaft sei auf das von der vorliegenden Entscheidung abweichende Urteil des 3. Senats des OLG Stuttgart hingewiesen (Urt. v. 12.05.2010 - 3 U 200/09, GWR 2010, 302) -, dass die vorgegebenen Unterscheidungsmerkmale auch bei gleichgelagerten Fallkonstellationen zu ungleichen Ergebnissen führen.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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published on 12/05/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 586/07 Verkündet am: 12. Mai 2009 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 12/02/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 359/02 Verkündet am: 12. Februar 2004 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 675 Abs
published on 23/03/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 194/02 Verkündet am: 23. März 2004 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______________
published on 09/02/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 20/05 Verkündet am: 9. Februar 2006 B l u m Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675 Abs. 2 Zur
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published on 03/06/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X I Z R 1 4 7 / 1 2 Verkündet am: 3. Juni 2014 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
published on 21/12/2011 00:00

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Teilurteil vom 24. November 2010 und das Schlussurteil des Landgerichts Mannheim vom 8. Juni 2011 - 6 O 52/10 - letzteres lediglich im Kostenpunkt
published on 30/11/2010 00:00

Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 27.11.2009 in Ziff.1 wie folgt teilweise abgeändert : Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.825,00 EUR nebst Zinsen hier
published on 12/11/2010 00:00

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 153.923,76 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 19.07.2010 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übertragung der Rechte an der Gesellschaft „D… I…-A… Nr. … „C…,
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Annotations

Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen erlassen über den Inhalt, die Art, die Sprache, den Umfang und die Form der Unterrichtung nach Artikel 4a Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a oder nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a sowie der Nachweise nach Artikel 4a Absatz 2 Unterabsatz 1 oder nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.