Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 05. Feb. 2007 - 8 W 20/07

published on 05/02/2007 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 05. Feb. 2007 - 8 W 20/07
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Ulm vom 3.11.2006

a u f g e h o b e n .

Der Kostennachfestsetzungsantrag  der Verfügungsbeklagen vom 6.10.2006 wird

a b g e w i e s e n .

2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 419,90 Euro

Gründe

 
I.
Der Verfügungskläger beanstandet mit seiner Kostenbeschwerde, dass die Rechtspflegerin des Landgerichts mit dem o.a. Kostenfestsetzungsbeschluss dem Nachfestsetzungsantrag der Verfügungsbeklagten stattgegeben hat. Mit diesem hatte die Verfügungsbeklagte vorgerichtlich entstandene Kosten für ein Abwehrschreiben ihrer Bevollmächtigten geltend gemacht hat, soweit diese nicht auf die Prozessgebühr seiner Bevollmächtigten im nachfolgenden einstweiligen Verfügungsverfahren anzurechnen waren.
1.
Der Verfügungskläger, ein Wettbewerbsverein, hat die Verfügungsbeklagte vorgerichtlich u.a. wegen Werbemaßnahmen abgemahnt, die Letztere in einer von ihr herausgegebenen Zeitschrift im Gewand redaktioneller Beiträge getätigt hatte. Die Verfügungsbeklagte ist der Abmahnung vorgerichtlich mit Schreiben ihrer späteren Verfahrensbevollmächtigten vom 18.1.2006 (Bl. 26 ff. d.A.) entgegengetreten. Im daraufhin vom Verfügungskläger angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren wurde der Antrag mit Urteil des Landgerichts vom 31.1.2006 kostenpflichtig zurückgewiesen. Der Streitwert wurde auf 20.000,00 Euro festgesetzt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Verfügungsklägers wurde wieder zurückgenommen.
2.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Verfügungsbeklagte mit Nachfestsetzungsantrag ihrer Bevollmächtigten vom 6.10.2006 eine auf deren Prozessgebühr im Verfügungsverfahren nicht anzurechnende 0,65-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 419,90 Euro mit der Begründung geltend gemacht, auch diese vorgerichtlichen Kosten seien als Prozessvorbereitungskosten erstattungsfähig.
Der Verfügungskläger ist dem Antrag entgegengetreten. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat dem Antrag mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.11.2006 in vollem Umfang stattgegeben. Sie hat sich zur Begründung der Erstattungsfähigkeit der nicht anzurechnenden vorgerichtlichen Abwehrkosten der Verfügungsbeklagten auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 7.6.2006 (AnwBl. 06, 679) berufen, die in Auseinandersetzung und Abgrenzung zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2005 (MDR 06, 776) ergangen ist.
3.
Der Verfügungskläger hat gegen den ihm am 8.11.2006 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22.11.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist.
Der Verfügungskläger hält die ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg im vorliegenden Fall nicht für einschlägig. Er ist im übrigen der Auffassung, dass die Kosten eines vorgerichtlichen anwaltlichen Abwehrschreibens eines späteren Verfügungsbeklagten genau so wenig als Kosten des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens in diesem festgesetzt werden können, wie vorgerichtliche Abmahnkosten. Die vom BGH für vorgerichtliche Abmahnkosten entwickelte Rechtsprechung müsse in gleicher Weise für die Kosten eines vorgerichtlichen Abwehrschreibens gelten. Die Verfügungsbeklagte hält demgegenüber die ergangene Entscheidung der Rechtspflegerin für zutreffend. Diese hat das Rechtsmittel ohne Abhilfe dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Das Rechtsmittel des Verfügungsklägers ist als sofortige Beschwerde gem. §§ 11 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere frist- und formgerecht eingelegt.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Der Senat vermag sich der von der Verfügungsbeklagten für richtig gehaltenen Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg in dessen Beschluss vom 7.6.2006 (Az. 8 W 16/06) nicht anzuschließen, wonach Kosten eines vorgerichtlichen Abwehrschreibens als notwendige Vorbereitungskosten des späteren gerichtlichen Verfahrens anzuerkennen und deshalb - soweit eine Anrechnung auf die Prozessgebühr des späteren Verfahrensbevollmächtigten gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG ausscheidet - im Kostenfestsetzungsverfahren für das gerichtliche Verfahren mit festgesetzt werden können.
10 
Der Senat hält vielmehr die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 (MDR 06, 776) für ein vorgerichtliches Abmahnschreiben entwickelten Grundsätze auch einschlägig für den vorliegenden Fall.
11 
Ein vorgerichtliches Abwehrschreiben dient in aller Regel der Vermeidung eines späteren gerichtlichen Verfahrens und nicht dessen Vorbereitung. Eine Ausnahme liegt hier nicht vor: Das vorgerichtliche Abwehrschreiben der Verfügungsbeklagten vom 18.1.2006  hat ausschließlich den Zweck einer Streitvermeidung. Es wird versucht, den Abmahnenden argumentativ von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abzuhalten. Nur am Ende wird angemerkt, dass man davon ausgehe, der Abmahnende werde, sollte er wider Erwarten einen Rechtsstreit einleiten, von sich aus das Abwehrschreiben dem Verfügungsantrag an das Gericht beilegen.  Zu einer Schutzschrift an das Gericht wird dieses Schreiben dadurch nicht.  Zudem würde eine Schutzschrift für den verfassenden Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten nur eine Prozessgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG, nicht aber eine zusätzliche  vorgerichtliche Gebühr auslösen.
12 
Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers war danach der die streitgegenständliche Kostennachfestsetzung  enthaltende Beschluss der Rechtspflegerin vom 4.10.2006 wieder aufzuheben und der Nachfestsetzungsantrag des Verfügungsbeklagten abzuweisen.
13 
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gem. § 91 ZPO der Verfügungsbeklagten als der Unterlegenen aufzuerlegen.
14 
Gem. § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO war die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Abweichung von der o.a. Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg zuzulassen.
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 06/12/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 16/07 vom 6. Dezember 2007 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja Kosten eines Abwehrschreibens ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Die dem Beklagten durch ein vorgerichtliches Abwehrs
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.