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| Der am … 1960 geborene Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenversicherung, die er bereits am 09.01.1986 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (der C. KV AG) abgeschlossen hatte (vgl. Versicherungsschein Nr. 283… in Anl. K 1, Bl. 14 d. A.). Der vorliegend maßgebliche Versicherungsumfang ergibt sich aus dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom November 2008 (vgl. Anl. K 2, Bl. 15 f d. A.). Einbezogen sind die MB/KK. |
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| Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Erstattung von Heilbehandlungskosten in Höhe von 9.740,58 EUR sowie vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. |
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| Dem liegt folgendes zu Grunde: |
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| Im Dezember 2008 wurde am rechten Kniegelenk des Klägers Morbus Ahlbäck des Krankheitsstadiums I bis II diagnostiziert. Die behandelnden Orthopäden Dr. K., M., und Dr. R., R., empfahlen dem Kläger eine Behandlung im Wege der „hyperbaren Sauerstofftherapie“. Diese von der Schulmedizin nicht anerkannte alternative Behandlungsmethode ließ der Kläger in der Folge im „DCS“ durchführen. Das DCS stellte dem Kläger hierfür den Gesamtbetrag von 4.950,21 EUR in Rechnung, den der Kläger auch bezahlt hat. |
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| Im Frühjahr 2009 wurde beim Kläger auch im linken Knie Morbus Ahlbäck diagnostiziert. Im Zeitraum vom 28.04. bis 25.05.2009 ließ sich der Kläger daraufhin auch wegen dieser Erkrankung beim DCS behandeln. Diese Behandlung kostete den Kläger 4.790,35 EUR. |
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| Der Kläger fühlt sich seit den durchgeführten Behandlungen beschwerdefrei. Eine Überprüfung des rechten Kniegelenks mittels MRT ergab eine nahezu vollständige Heilung; das Ödem, das sich im rechten Kniegelenk gebildet hatte, war deutlich zurückgegangen. |
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| Die nach der Behandlung erfolgte MRT-Untersuchung des linken Kniegelenks ergab eine praktisch vollständige Rückbildung des Ödems, so dass die Erkrankung am linken Kniegelenk vollständig ausgeheilt ist. |
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| Die Beklagte verweigerte die Erstattung der angefallenen Behandlungskosten mit der Begründung, bei der hyperbaren Sauerstofftherapie handele es sich um eine nicht wirksame, von der Schulmedizin nicht anerkannte Behandlungsmethode. Es handele sich demnach um keine notwendige Heilbehandlung i.S.d. Versicherungsbedingungen. Überdies hätten anerkannte und wirksame Behandlungsmethoden der Schulmedizin zur Verfügung gestanden, nämlich entweder Knochentransplantationen (Spongiöse Transplantationen und/oder autologe Knochentransplantation) oder operative Behandlungsmethoden im Wege der sog. Mikrofrakturierung. Im Gegensatz zu der vom Kläger gewählten hyperbaren Sauerstofftherapie seien die schulmedizinischen Methoden medizinisch notwendig und evidenzbasiert wirksam. |
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| Des weiteren wandte die Beklagte ein, die Behandlung im DCS sei nicht durch einen niedergelassenen Arzt erfolgt. |
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| Das Landgericht holte bei Prof. Dr. med. N. W., ärztlicher Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik und Poliklinik T., ein schriftliches Sachverständigengutachten ein, das federführend Titularoberarzt Dr. med. Sch. entwarf und in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 02.12.2010 mündlich erläuterte (vgl. die entsprechende Sitzungsniederschrift, Bl. 158 ff d. A.). |
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| Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die geltend gemachten Behandlungskosten seien deshalb nicht erstattungsfähig, weil es sich bei der beim Kläger angewandten Behandlungsmethode nicht um eine solche handelt, für die die Beklagte bedingungsgemäß die Kosten zu erstatten hat. Auch könne nicht festgestellt werden, dass ein zuständiger und berechtigter Mitarbeiter der Beklagten – wie der Kläger behauptete - die Kostenerstattung in einem Telefonat individuell zugesagt habe. |
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| Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand,, wegen der getroffenen Feststellungen und der rechtlichen Erwägungen des Landgerichts auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (vgl. Bl. 176 ff. d. A.). |
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| Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Er nimmt hierfür auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug und vertieft diesen. Auch im Berufungsrechtszug beruft er sich darauf, dass ein nicht identifizierbarer Mitarbeiter der Beklagten vor Beginn der ersten Behandlung ihm in einem Telefongespräch die Kostendeckung zugesagt habe. Zum Beweis dieser auch im Berufungsrechtszug streitigen Behauptung bietet der Kläger Parteivernehmung an. |
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| Er greift das Urteil wie folgt an: |
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| Indem das Landgericht dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. W./Dr. Sch. gefolgt sei, habe es die Tatsachen fehlerhaft festgestellt. Die Aussagen des Sachverständigengutachtens, die schulmedizinische, in ihrer Wirksamkeit anerkannte Therapie der Wahl sei die risikoarme „retrograde Anbohrung“ [Bohrung von Kanälen mit einem Durchmesser von bis zu 2 mm in den erkrankten Kniegelenksbezirk ohne Verletzung des Knorpels]. Tatsächlich sei diese Beurteilung des Sachverständigen falsch: Bei Patienten im Alter des Klägers sei eine Regeneration des Knorpels über Einblutungen aus dem Knochenmark, wie sie durch die retrograde Anbohrung herbeigeführt werden solle, nicht möglich. Neuere Langzeitstudien zeigten gute klinische Ergebnisse allenfalls bei jungen, sportlich aktiven Patienten. |
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| Die retrograde Anbohrung führe - soweit sie überhaupt in ausreichendem Maße zur Knorpelbildung anrege - nur zur Bildung von biomechanisch minderwertigem Regeneratknorpel, dessen Ausdehnung und Dicke nicht vorhersehbar sei. Insbesondere bei älteren Patienten - wie im Falle des Klägers - ließe sich keine Prognose über den Behandlungserfolg erstellen. |
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| Aus der 1994 von Brittberg erstellten Studie ergebe sich, dass die retrograde Anbohrung bei Patienten über 40 Jahren kontraindiziert sei. Die Studien von Dr. Kleschpes und Zornig hätten ergeben, dass bei der Mehrzahl der mittels Pridie-Bohrung [Bohrungen von der Knorpelseite des Kniegelenks aus bis in die Tiefe des gesunden Knochengewebes in den Bereichen, in denen das Knorpelgewebe bereits abgelöst oder nicht mehr vorhanden ist] behandelten Patienten nach vier bis 11 Jahren keine dauerhafte Verbesserung des Zustandes habe festgestellt werden können. |
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| Auch die Arthroskopische Therapiegemeinschaft weise darauf hin, dass die Pridie-Bohrung nur zur Bildung minderwertigen Faserknorpels führe, der im Gegensatz zum ursprünglich hyalinen Knorpel weniger belastbar sei. |
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| Studien des „medizinischen Infoinstituts für Kniegelenk und Unterschenkel“ hätten ergeben, dass nach dem Anbohrungsverfahren mit Rückfallquoten von bis zu 80 % gerechnet werden müsse. Dies entspreche auch den Erfahrungen des „Qualitätskreises Knorpel-Repair und Gelenkerhalt e. V.“ |
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| Wie neuere Studien zeigten, seien die Nachbehandlungsmaßnahmen nach Pridie-Bohrungen keineswegs vernachlässigbar. Das behandelte Kniegelenk könne erst nach gut 12 Wochen wieder voll belastet werden; bis dahin sei eine intensive Bewegungstherapie erforderlich, die mit intensiver Thromboseprophylaxe begleitet werden müsse. |
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| Nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft erweise sich demzufolge die retrograde Anbohrung als lediglich kurative Therapie, die nicht zur dauerhaften Wiederherstellung der Gesundheit führe, weil lediglich minderwertiger Faserknorpel mit geringer Haltbarkeit, noch dazu in Abhängigkeit des Regeneratpotentials gebildet werde. |
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| Die Operationsrisiken seien entgegen der Auffassung des Sachverständigen nicht geringfügig; insbesondere die Hitzeeinwirkung auf das Knochengewebe durch die Anbohrung berge die Gefahr, dass gesundes Knochengewebe in der Umgebung geschädigt werde. |
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| Darüber hinaus habe der Sachverständige die bisherigen Studien zum Erfolg der hyperbaren Sauerstofftherapie fehlinterpretiert. Aus der 2004 veröffentlichten Reumont-Studie ergebe sich, dass bei 66 % aller Patienten, die an Morbus Ahlbäck der Grade I bis IV erkrankt seien, nach Abschluss der Behandlung klinisch völlige Beschwerdefreiheit erreicht worden sei. Bei 44 % der Patienten sei in der ersten MRT-Kontrolle eine 90 bis 100-%-ige Rückbildung der Nekrose festgestellt worden. Die Aussage des Sachverständigen, nach dieser Studie hätten lediglich 46 % der Patienten, die an Morbus Ahlbäck der Stadien I oder II litten, Beschwerdefreiheit erreicht, sei demzufolge falsch. |
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| Unrichtig sei auch die Aussage des Sachverständigen, weitere Studien zur Wirksamkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie lägen nicht vor: |
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| - Tatsächlich habe Dr. Hellmuth Sümmerer, Freiburg, Arzt für Anästhesie, Tauch- und Überdruckmedizin vom Druckkammerzentrum Freiburg, mit seiner Studie nachgewiesen, dass bei einer Behandlung aseptischer Knochennekrosen im Wege der hyperbaren Sauerstofftherapie in 60 % der Fälle die Nekrose ganz oder weitgehend abgeheilt sei, und zwar ohne Differenzierung nach Krankheitsstadien. Bei Knochenmarksyndromen an den Knien habe die Erfolgsquote bei insgesamt über 90 % gelegen, davon 15 % mit mäßig gutem Erfolg und 77 % mit gutem Erfolg. Lediglich bei 7,7 % aller Probanden habe eine MRT-Überprüfung keinen Erfolg feststellen lassen. |
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| - In einer Studie der University of South Florida, Tampa, vom September 2010, habe sich sogar ergeben, dass alle mit hyperbarem Sauerstoff therapierten Patienten sieben Jahre später noch schmerzfrei gewesen seien und keiner weiteren Behandlung bedurft hätten. |
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| - Eigene Studien des DCS in den Jahren 1999 bis 2010 mit insgesamt 86 beobachteten Patienten hätten ergeben, dass die hyperbare Sauerstofftherapie in 90 % aller Fälle guten Erfolg (77 %) bzw. mäßig guten Erfolg (15 %) erzielt habe. |
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| Demnach sei die Wirksamkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie durch ausreichende Erfahrungswerte belegt. Weiter könne davon ausgegangen werden, dass die Therapieform zwischenzeitlich in der Fachwelt anerkannt sei. |
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| Indem das Landgericht dem Sachverständigen Sch. gefolgt sei, habe es fehlerhaft festgestellt, bei der hyperbaren Sauerstofftherapie handele es sich nicht um eine „medizinische notwendige Heilbehandlung“ i.S.d. Versicherungsbedingungen. |
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| Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 21.01.2011, Az: 4 O 235/09, zugestellt am 26.01.2011, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 9.740,58 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. |
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| Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die nicht anrechenbare Geschäftsgebühr in Höhe von 775,64 EUR zu bezahlen. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. |
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| Die zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet. |
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| 1. Bei dem an beiden Kniegelenken des Klägers diagnostizierten Morbus Ahlbäck handelt es sich um eine Erkrankung, für die die Beklagte Versicherungsschutz gemäß § 1 (1) Satz 1 MB/KK bietet. |
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| a. Außer Streit ist dabei, dass es sich um einen Versicherungsfall handelt, den § 1 (2) MB/KK als die Heilbehandlung beschreibt, die „medizinische notwendig“ ist. Dass die Erkrankung behandlungsbedürftig, eine Heilbehandlung also „medizinisch notwendig“ ist, steht dabei außer Frage. |
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| b. Die vom Kläger konkret gewählte Behandlungsmethode der hyperbaren Sauerstofftherapie ist angesichts ihres Verbreitungsgrades und ihres Therapieansatzes (siehe hierzu unten Ziffer 4. b. aa. und bb.) jedenfalls vertretbar. Dies genügt, um sie als eine „medizinisch notwendige“ Heilbehandlung anzusehen (BGH NJW 1996, 3074) |
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| 2. Die vom Kläger gewählte Behandlungsmethode fällt auch in den Leistungsumfang, die die Beklagte dem Kläger vertraglich versprochen hat. |
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| a. § 4 (6) Satz 1 MB/KK definiert den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten dahingehend, dass die Kosten für Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erstatten sind, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Zu diesen gehört die hyperbare Sauerstofftherapie nicht, wie der Sachverständige Prof. Dr. W. bestätigte. |
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| b. § 4 (6) Satz 2 MB/KK erweitert den Umfang der Leistungspflicht dahingehend, dass die Kosten auch für Behandlungsmethoden erstattet werden, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden zur Verfügung stehen. |
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| 3. Die letztgenannte Alternative – dass nämlich schulmedizinische Methoden nicht zur Verfügung stehen - ist zu verneinen. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. W. angeführte Behandlungsmethode der retrograden Anbohrung ist eine schuldmedizinische Methode, die bei Morbus Ahlbäck – auch bei Patienten vor Vollendung des 60. Lebensjahres - angewandt und für wirksam erachtet wird. |
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| a. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Klägers, insbesondere dass die retrograde Anbohrung bei Patienten seiner Altersklasse nicht bzw. nicht dauerhaft die Krankheit beseitige oder lindere, geht fehl. |
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| aa. Sie haben ihren gemeinsamen Ausgangspunkt in der Erwägung, dass die retrograd ausgeführten Bohrungen die Bildung von Knorpelgewebe anregen solle, das jedoch mit zunehmendem Alter des Patienten in immer schlechterer Qualität und abnehmender Quantität erzeugt werde, überdies regelmäßig nur in der Form von Faserknorpel, der gegenüber dem ursprünglichen hyalinen Knorpelgewebe von vornherein mindere Qualität aufweise. |
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| bb. Diese Erwägung ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W., denen sich der Senat anschließt, bereits deshalb fasch, weil die Osteonekrosen, unter denen der Kläger gelitten hat, in keinem der beiden Kniegelenke die Gelenkknorpel nennenswert in Mitleidenschaft gezogen hatten. Damit brauchte eine als Vergleichstherapie zu der vom Kläger gewählten hyperbaren Sauerstofftherapie heranzuziehende schulmedizinische Behandlungsform eine Bildung dauerhaft belastbaren Knorpelmaterials nicht zu leisten, sondern hätte sich darauf beschränken können, die nekrotischen Knochengebiete wieder zu vitalisieren. Dem trug bereits das erstinstanzlich erstellte schriftliche Gutachten Rechnung, indem es als schulmedizinische Behandlungsalternative die retrograde Anbohrung darstellte, die – anders als die Pridie-Bohrung – weder das Knorpelmaterial durchbohrt noch auf die Bildung von Knorpelgewebe abzielt. Wie der Sachverständige unter überzeugender Bezugnahme auf das Erfahrungswissen der Orthopädie weiter ausführte, verspreche die vorgeschlagene retrograde Anbohrung bei Patienten bis zum Alter von rund 60 Jahren gute Heilungserfolge. |
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| b. Damit kann der Kläger den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch nicht auf diese Alternative der versicherten ärztlichen Heilbehandlungen stützen. |
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| 4. Die Kostenerstattungspflicht der Beklagten ergibt sich jedoch aus der Alternative der nicht-schulmedizinischen Behandlungsmethoden, die sich „in der Praxis ebenso erfolgversprechend bewährt“ haben. Dies ist bei der vorliegend angewandten hyperbaren Sauerstofftherapie der Fall. |
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| a. Eine in der Praxis ebenso erfolgversprechende Bewährung liegt dann vor, wenn im Grundsatz die in Betracht genommene Methode der alternativen Medizin in ihrer Wirksamkeit - wenigstens im Großen und Ganzen - einer ebenfalls zu Gebote stehenden Methode der Schulmedizin gleichkommt. |
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| b. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie über eine Erfolgsdokumentation verfügen muss, die der Schulmedizin vergleichbar ist. Eine Methode der etablierten Richtungen der alternativen Medizin ist vielmehr bereits dann als gleichwertig anzusehen, wenn sie sich aufgrund neutraler, der Erfolgsdefinition dieser Richtung Rechnung tragender Tests als nicht untauglich erwiesen hat (so der Senat schon in VersR 2007, 975 f Rdnr. 21). Für diese Feststellung genügt allerdings weder die Anerkennung der alternativen Behandlungsmethode nur im Kreis ihrer Anhänger noch (allein) der Behandlungserfolg im Einzelfall des Klägers. |
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| aa. Dass die hyperbare Sauerstofftherapie zu den etablierten Verfahren der alternativen Medizin gehört, ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits daraus, dass sie – wie der Sachverständige Prof. Dr. W. überzeugend ausführte – seit nunmehr 50 Jahren auch zur Behandlung von Osteonekrosen, zu denen auch der Morbus Ahlbäck gehört, eingesetzt wird. Hierfür spricht auch ihr Verbreitungsgrad. Der Senat ermittelte durch eigene – durch den Sachverständigen bestätigte - Internetrecherchen rund 20 Druckkammerzentren im gesamten Bundesgebiet, die auch Knochennekrosen behandeln. |
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| bb. Die Anhänger der hyperbaren Sauerstofftherapie begründen ihren Therapieansatz mit der nachvollziehbaren Erwägung, durch eine Sauerstoffanreicherung des Blutes, die nur im hyperbaren Raum erzielt werden kann, die Sauerstoffversorgung des nekrotischen Knochengewebes zu verbessern und wieder nachhaltig in Gang zu bringen. Sie bleiben jedoch bislang eine Erklärung schuldig, weshalb die relativ kurz andauernde Sauerstoffanreicherung durch den auf den gesamten Körper einwirkenden Überdruck eine dauerhafte Verbesserung der Durchblutung des nekrotischen Knochengebietes bewirken soll. Diese Lücke in der Erklärung des therapeutischen Wirkungsmechanismus spricht jedoch nicht entscheidend gegen diese Behandlungsmethode, weil die Ursachen des Morbus Ahlbäck unbekannt sind und sich ein Dauererfolg der kurzfristig wirkenden übermäßigen Sauerstoffanreicherung aus der unbekannten Krankheitsursache erklären könnte. |
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| Jedenfalls teilt der Therapieansatz der hyperbaren Sauerstoffbehandlung mit der schulmedizinischen Behandlungsmethode die Erwägung, dass die Erkrankung des Knochengewebes auf einer mangelnden Durchblutung und damit unzureichenden Sauerstoffversorgung beruht, die wieder normalisiert werden muss, um einen Heilerfolg herbeizuführen. |
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| Damit kann eine generelle Untauglichkeit der hyperbaren Sauerstofftherapie nicht bereits aus grundsätzlichen Erwägungen abgeleitet werden. |
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| cc. Die vom Kläger angeführte Reumont-Studie aus dem Jahr 2004 mag zwar an methodischen Schwächen leiden, wie der Sachverständige Prof. Dr. W. nachvollziehbar ausgeführt hat. Dies hat jedoch lediglich zur Folge, dass mit ihr eine evidenzbasierte Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nicht nachgewiesen werden kann, was jedoch für die Annahme einer der Schulmedizin in der Praxis gleichwertigen Methode der alternativen Medizin auch nicht erforderlich ist. Wollte man solches fordern, so würde der Versicherungsschutz für bewährte Behandlungsmethoden der alternativen Medizin ausgehöhlt. Denn jede wissenschaftlich nachgewiesene Wirksamkeit einer Behandlungsform führt – jedenfalls auf längere Sicht – zu einer Anerkennung durch die Schulmedizin und wird hierdurch zu deren Bestandteil. Eine Leistungspflicht der Beklagten für in der Praxis bewährte nicht-schulmedizinische Behandlungsformen bestünde dann nur noch in der schmalen Zone, in denen Behandlungsmethoden der alternativen Medizin kurz vor der Übernahme durch die Schulmedizin stünden. Eine solche Beschränkung der Leistungspflicht widerspräche dem maßgeblichen Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers über die Auslegung von § 4 (6) Satz 2, 1. Altern. MB/KK. |
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| dd. Vor diesem Hintergrund ist die Reumont-Studie bedeutsam, weil sie trotz ihrer methodischen Schwächen auf der Basis eines statistisch aussagefähigen Fallaufkommens weit vor Beginn der Erkrankung des Klägers einen positiven Zusammenhang zwischen der Behandlung von Morbus Ahlbäck durch hyperbare Sauerstofftherapie und einem Heilungserfolg aufzuzeigen vermochte. |
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| ee. Bekräftigt wird dieser positive Zusammenhang durch die vom Kläger angeführte Studie der University of South-Florida, Tampa. Der Sachverständige Prof. Dr. W. bestätigte, dass es sich bei dieser Studie um eine qualitativ gute Arbeit von wissenschaftlichem Rang handelt, die in einem anerkannten Fachorgan publiziert wurde. Dass sie Knochennekrosen im Bereich des Femur-Kopfes betrifft, macht ihre Ergebnisse zwar nicht zwingend übertragbar auf den Morbus Ahlbäck, der nur den Kniegelenksbereich des Oberschenkelknochens betrifft. Dennoch liegt solches nach den Ausführungen des Sachverständigen näher, als die Übertragung von Studienergebnissen, die die Regeneration defekten Knorpelgewebes unter Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie betreffen. |
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| c. In der Gesamtbetrachtung der beachtlichen Verbreitung der hyperbaren Sauerstofftherapie, ihrer Anwendung über Jahrzehnte hinweg und der genannten Studienergebnisse hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die hyperbare Sauerstofftherapie schon seit längerem eine der schulmedizinischen Behandlungsform gleichwertige alternativ-medizinische Therapie des Morbus Ahlbäck darstellt und deshalb eine Leistungspflicht gem. § 4 (6) Satz 2, 1. Altern. MB/KK auch bereits im Zeitpunkt der Behandlungen begründete. |
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| d. Gegen die Höhe der geltend gemachten Behandlungskosten hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben; solche sind auch sonst nicht ersichtlich. |
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| 5. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der geltend gemachten Therapiekosten scheitert nicht daran, dass das DCS als eine juristische Person in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist. Der Kläger legt dar, dass in dieser GmbH insgesamt sieben Ärzte zusammengeschlossen sind. Ihre Leitung obliegt Dr. K., der approbierter Arzt in S. ist, wie sich aus der Homepage von DCS und Dr. K. ersehen lässt. |
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| Demnach besteht kein Zweifel daran, dass das DCS tatsächlich von mindestens einem approbierten Arzt geleitet wird. Damit sind die Voraussetzungen einer Behandlung durch einen „niedergelassenen Arzt“ erfüllt (vgl. Prölss/Martin/Voit, VVG, 28. Aufl., MB/KK, § 4 Rz. 20 m.w.N.). |
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| 6. Ob ein berechtigter Mitarbeiter dem Kläger telefonisch zugesagt hat, die Beklagte würde die Kosten für die hyperbare Sauerstofftherapie erstatten, kann dahinstehen, nachdem die Beklagte jedenfalls bedingungsgemäß hierfür einzutreten hat. |
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| 7. Da die Beklagte zu Unrecht die Erstattung der vom Kläger verauslagten Kosten für die erfolgte Behandlung durch das DCS verweigert hat und dadurch mit der Erfüllung ihrer Leistungspflichten in Verzug geraten war, hat sie dem Kläger auch die von diesem aufgewandten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Form nicht anrechenbarer anwaltlicher Geschäftsgebühren gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen. Die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen ist nicht zu beanstanden. |
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| 2. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche, also über die Entscheidung des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt, so dass ein Bedarf zur Rechtsfortbildung nicht erkennbar ist. Schließlich weicht der Senat in der Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen nicht von Entscheidungen anderer gleich- oder höherrangiger Gerichte in vergleichbaren Fällen ab. |
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