|
|
| Der Kläger, bis Anfang 2014 einer der Geschäftsführer der Beklagten, nimmt die Beklagte, eine dem Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (DrittelbG) unterfallende GmbH, auf Zahlung einer Abfindung in Anspruch. |
|
| Der Kläger war seit 2007 zu einem der Geschäftsführer der Beklagten bzw. von deren Rechtsvorgängerin bestellt und zunächst mit befristeten Verträgen, zuletzt bis zum 31.12.2013, auch als Geschäftsführer angestellt. Am 4.12.2013 schlossen die Parteien, die Beklagte vertreten durch ihren Aufsichtsrat, dieser durch den Aufsichtsratsvorsitzenden G... S..., einen unbefristeten Geschäftsführeranstellungsvertrag ab dem 1.1.2014 (Anlage K 1), der für beide Seiten mit einer Frist von sechs Monaten kündbar war und nach dessen § 2 Nr. 1 dem Kläger für den Fall der ordentlichen Kündigung eine Abfindung in Höhe des fixen Anteils seines Jahresgehalts - d. h. in Höhe von 450.000 Euro - zustand. |
|
| Bereits am 28.1.2014 kündigte die Beklagte, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, den Anstellungsvertrag. Sie zahlte in der Folge das Geschäftsführergehalt für sechs Monate weiter, verweigerte jedoch die Zahlung der Abfindung nach § 2 Nr. 1 des Vertrages. |
|
| Mit Schriftsatz vom 12.1.2015 hat der Kläger daraufhin eine Klage erhoben, in der die Vertretungsverhältnisse der Beklagten dahin bezeichnet waren, dass die Beklagte durch die Geschäftsführer Ber..., De... und Ho... vertreten werde. Nachdem die Beklagte die Auffassung vertreten hatte, sie werde in einem Prozess ihres ehemaligen Geschäftsführers gegen sie ordnungsgemäß nicht von der Geschäftsführung, sondern durch ihren Aufsichtsrat vertreten, die Klage sei daher wegen fehlerhafter Bezeichnung der Vertretungsverhältnisse unzulässig, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.5.2015 (Bl. 60 d. A.) die erneute Zustellung der - dem Schriftsatz vom 27.5.2015 erneut beigefügten, jetzt die Aufsichtsratsmitglieder als gesetzliche Vertreter benennende - Klageschrift beantragt. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 2.6.2015 wurde dieser Schriftsatz nebst Klageschrift dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt, in der Folge wurde erneut mündlich verhandelt. Soweit die Klage zunächst im Urkundenprozess erhoben war, hat der Kläger davon mit Schriftsatz vom 22.7.2015 (Bl. 113 d. A.) Abstand genommen. |
|
| Vor diesem Hintergrund hält der Kläger die Klage für zulässig. Zwar seien die Vertretungsverhältnisse bei der Beklagten in der Klage zunächst unzutreffend bezeichnet gewesen, da die Beklagte im Prozess ihres ehemaligen Geschäftsführers gegen sie in der Tat nicht von der Geschäftsführung, sondern von ihrem Aufsichtsrat vertreten werde. Jedoch sei dieser Fehler geheilt: Der Aufsichtsrat habe die Prozessführung genehmigt, sei es durch das Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten, der dem Klägervertreter telefonisch mitgeteilt habe, dass die bisherige Prozessführung genehmigt werden würde, sei es konkludent durch den Aufsichtsrat selbst, der jedenfalls durch Erklärung einer Hilfsaufrechnung im hiesigen Verfahren steuernd in den Prozess eingegriffen habe. Hilfsweise seien außerdem die Grundsätze über einen Parteiwechsel auf Beklagtenseite analog anwendbar, die fraglichen Voraussetzungen lägen vor, insoweit sei auch die Treuwidrigkeit zu berücksichtigen, die darin liege, dass die Zulässigkeit der Klage entgegen der telefonischen Zusage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestritten werde. Zuletzt sei der Fehler aber jedenfalls durch die erneute Zustellung der Klageschrift, jetzt unter Angabe der zutreffenden Vertretungsverhältnisse, geheilt. |
|
| In der Sache stehe ihm, dem Kläger, ein Anspruch auf die Abfindung nach § 2 Nr. 1 des Anstellungsvertrages vom 4.12.2013 zu. Dieser sei wirksam geschlossen: Zwar stehe die Kompetenz zum Abschluss des Anstellungsvertrages in einer - wie hier - dem DrittelbG unterfallenden GmbH nicht dem Aufsichtsrat, sondern der Gesellschafterversammlung zu. Vorliegend sei jedoch davon auszugehen, dass ein Gesellschafterbeschluss vorliege, durch den der Aufsichtsrat zum Abschluss des Vertrages bevollmächtigt worden sei. Außerdem sei der alleingeschäftsführungsbefugte Geschäftsführer Vi... Org... der alleinigen Gesellschafterin der Beklagten, einer An... Immobilien GmbH, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten. Da der Anstellungsvertrag vom Aufsichtsrat abgeschlossen worden sei, liege jedenfalls durch die aktive Beteiligung von Vi... Org... - von der auszugehen sei - eine Ermächtigung des Aufsichtsrats durch die Gesellschafterversammlung vor. Hilfsweise sei außerdem auch anzunehmen, dass die Gesellschafter den Vertrag genehmigt hätten; spätestens aus der Erklärung der „Kündigung“ - nicht etwa der Lossagung vom Vertrag - und der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist ergebe sich, dass die Gesellschafter den Vertrag hätten gelten lassen wollen. |
|
| Selbst wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag aber unwirksam sein sollte, bestehe der geltend gemachte Anspruch: Die Beklagte könne sich auf die Unwirksamkeit nicht berufen, das sei treuwidrig. Außerdem könne ggf. auch im fehlerhaften Arbeitsverhältnis das Entgelt für geleistete Dienste verlangt werden; und bei der Abfindungsregelung handele es sich um ein Entgelt in diesem Sinne. |
|
| Die Beklagte hat die Klage für unzulässig gehalten. Sie bestreitet außerdem die Wirksamkeit des Anstellungsvertrages, auch bestehe der Anspruch gegebenenfalls nicht nach den Grundsätzen über fehlerhafte Arbeitsverhältnisse. Die Beklagte hat außerdem hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen über 195.524,20 Euro erklärt: Diesen Betrag habe sie auf entsprechende Haftungsbescheide an das Finanzamt geleistet, Steuerschuldner sei jedoch der Kläger. Der Kläger hat die Rechtsmäßigkeit dieser Haftungsbescheide und eine Zahlung der Beklagten hierauf bestritten. |
|
| Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. |
|
| Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. |
|
| Sie sei zwar zulässig, weil trotz der unrichtig angegebenen Vertretungsverhältnisse die richtige Partei erreicht worden sei, so dass lediglich die Parteibezeichnung habe berichtigt werden müssen. |
|
| Die Klage sei jedoch unbegründet. Der Anstellungsvertrag sei unwirksam, weil die Beklagte beim Abschluss nicht wirksam vertreten gewesen sei, indem der Vertrag nicht von der Gesellschafterversammlung geschlossen worden sei. Für einen - ausdrücklichen oder konkludent gefassten - Gesellschafterbeschluss, der den Aufsichtsrat zum Abschluss ermächtigt hätte, fehlten objektive Anhaltspunkte. Auch eine Bestätigung des Vertrages durch die Gesellschafterversammlung sei nicht erfolgt, zumal die Alleingesellschafterin offensichtlich von der Wirksamkeit des Anstellungsvertrages ausgegangen sei, ihr daher das Erklärungsbewusstsein gefehlt habe. |
|
| Auch aus den Grundsätzen zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis ergebe sich ein Anspruch nicht. Es bestünden keine Gründe, die es als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen ließen, den Vertrag als unwirksam zu behandeln. Und künftige Ansprüche ließen sich nach den Grundsätzen über das fehlerhafte Arbeitsverhältnis nicht herleiten; bei der begehrten Abfindung handle es sich jedoch um einen künftigen Anspruch, nicht um Entgelt für geleistete Dienste. |
|
| Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation weiterhin Zahlung der Abfindung begehrt. |
|
| Dabei meint er insbesondere, das Landgericht habe zu Unrecht die beantragte Parteivernehmung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten nicht durchgeführt, insbesondere zu seiner, des Klägers, Behauptung, der Aufsichtsrat sei von der Gesellschafterversammlung in Gestalt des Vi... Org... zum Abschluss des Anstellungsvertrages ermächtigt worden. |
|
| Bezüglich der Hilfsaufrechnung der Beklagten meint der Kläger jetzt ergänzend, diese sei auch unzulässig, weil die Beklagte mit einer Nettoforderung gegen seine, des Klägers, Bruttoforderung aufrechnen wolle; insoweit fehle es an der Gleichartigkeit. |
|
|
|
| 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 450.000,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.07.2014 zu bezahlen. |
|
| 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.808,67 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. |
|
| Demgegenüber hatte die Beklagte zunächst angekündigt, im Hauptantrag Zurückweisung der Berufung dergestalt beantragen zu wollen, dass die Klage insgesamt als unzulässig abgewiesen wird, im Hilfsantrag Zurückweisung der Berufung. |
|
| Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte dann nur den angekündigten Hilfsantrag als Hauptantrag gestellt und beantragt, |
|
| Die Berufung des (Berufungs-)Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2016 (Az.: 34 O 3/15 KfH) wird auf Kosten des (Berufungs-)Klägers zurückgewiesen. |
|
| Sie hält unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Argumentation die Klage weiterhin wegen zunächst unrichtiger Angabe der Vertretungsverhältnisse für unzulässig. |
|
| Hilfsweise verteidigt sie in der Sache das landgerichtliche Urteil als richtig. Auch habe das Landgericht zu Recht den beantragten Beweis nicht erhoben, insbesondere die zentrale Behauptung des Klägers über angebliche Gesellschafterbeschlüsse sei ins Blaue hinein aufgestellt, der fragliche Beweisantritt daher als Ausforschungsbeweis unzulässig. Soweit es auf die Hilfsaufrechnung ankommen sollte, werde sie gegebenenfalls eine Berechnung des in der klägerischen Forderung enthaltenen Netto-Anteils vorlegen. |
|
| Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.8.2016 (Bl. 274 d. A.) verwiesen. |
|
| Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. |
|
| Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage für zulässig gehalten (1.). |
|
| Zu Recht hat das Landgericht auch den Anstellungsvertrag des Klägers für unwirksam gehalten (2). |
|
| Davon ausgehend, hat das Landgericht auch weiter zutreffend angenommen, dass weder Gesichtspunkte von Treu und Glauben dafür sprechen, den Vertrag als wirksam zu behandeln, noch sich ein Anspruch des Klägers aus den Grundsätzen über das fehlerhafte Anstellungsverhältnis ergibt (3.). |
|
| Auf die Hilfsaufrechnung kommt es damit nicht an, auch der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten besteht damit mangels Hauptanspruchs nicht. |
|
|
|
| Denn zwar hat der Kläger mit der Klageschrift zunächst die Vertretungsverhältnisse bei der Beklagten unzutreffend angegeben, weil - darüber sind sich auch die Parteien einig - bei der - wie hier - dem DrittelbG unterfallenden GmbH in einem Prozess des früheren Geschäftsführers gegen die Gesellschaft die Gesellschaft nicht von der Geschäftsführung, sondern vom Aufsichtsrat vertreten wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG i. V. m. § 112 AktG und etwa Lutter/Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 52 GmbHG, Rn. 77, juris). |
|
| Auch ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Klage unzulässig, wenn in der Klage auf Seiten der Beklagten die Vertretungsverhältnisse unzutreffend angegeben sind und dementsprechend die Klage unrichtig zugestellt wird, da dann die Beklagte nicht ordnungsgemäß vertreten sei (etwa BGH, Urteil vom 16.2.2009 - II ZR 282/07 -, Rn. 6 f., juris [zur Aktiengesellschaft]; ausführlich Gehle, MDR 2011, 957, juris). |
|
| Der Fehler ist jedoch geheilt. |
|
| Dabei kann offen bleiben, ob eine Heilung auch auf den von den Parteien diskutierten Wegen in Betracht kommt, oder ob mit der Argumentation des Klägers eine analoge Anwendung der Grundsätze über den Parteiwechsel in Betracht kommt. |
|
| Denn der Fehler kann jedenfalls dadurch geheilt werden, dass die Klage erneut - jetzt mit Angabe der zutreffenden Vertretungsverhältnisse - zugestellt wird (Gehle, MDR 2011, 957, 958, juris [unter 3.]). |
|
| Und das ist vorliegend geschehen: Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27.5.2015 (Bl. 60 d. A.) weitere Exemplare der - im Hinblick auf die Vertretungsverhältnisse korrigierten - Klageschrift vorgelegt und deren Zustellung an den Aufsichtsrat beantragt. Auf gerichtliche Verfügung vom 10.6.2015 ist dieser Schriftsatz einschließlich der korrigierten Klage dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 12.6.2015 zugestellt worden (Empfangsbekenntnis Bl. 70 d. A.), wobei der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nach Vortrag des Klägers und nach eigener Einlassung der Beklagten (Ss. v. 20.7.2015, Bl. 99 d. A.) umfassend - auch vom Aufsichtsrat - mandatiert, die Zustellung an ihn daher möglich war. Dass die Zustellung erst nach dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.6.2015 erfolgt ist und die erneute Zustellung den Zulässigkeitsmangel nur ex nunc heilen kann (vgl. wiederum Gehle, MDR 2011, 957, 958), ist dabei unschädlich, da sich die Beklagte den bisherigen Sachvortrag mit Schriftsatz vom 20.7.2015 (Bl. 101 d. A.) ausdrücklich zu eigen gemacht und später (mehrfach) erneut mündlich verhandelt worden ist, auch Anträge gestellt worden sind und es auf die Einhaltung von Fristen vorliegend nicht ankommt. |
|
| Zutreffend hat das Landgericht den streitgegenständlichen Anstellungsvertrag des Klägers für unwirksam gehalten. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang angebotenen Beweis nicht erhoben hat, ist das entgegen der Rüge der Berufung zu Recht unterblieben. |
|
| Zunächst nimmt das Landgericht im rechtlichen Ausgangspunkt richtig an, dass die (Organ-)Kompetenz für den Abschluss des streitgegenständlichen Anstellungsvertrages nicht beim Aufsichtsrat, sondern bei der Gesellschafterversammlung lag (vgl. wiederum etwa Lutter/Hommelhoff in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 52 GmbHG Rn. 77, juris); darüber sind sich auch die Parteien einig. |
|
| Da die Beklagte beim Abschluss des Anstellungsvertrags - gleichfalls unstreitig - vom Aufsichtsrat, dieser vom Aufsichtsratsvorsitzenden, vertreten war, wäre der Anstellungsvertrag damit nur dann wirksam, wenn die Gesellschafterversammlung den Aufsichtsrat durch - ausdrücklichen oder konkludenten - Beschluss zum Abschluss des Vertrages ermächtigt oder den Vertrag später genehmigt hätte. |
|
| Beides ist indes nicht der Fall. |
|
| Für die Annahme einer ausreichenden Ermächtigung genügt, wie das Landgericht richtig ausführt, zunächst nicht, dass der alleingeschäftsführungsbefugte Geschäftsführer der Alleingesellschafterin der Beklagten, Vi... Org..., Mitglied des Aufsichtsrates der Beklagten ist. |
|
| Dem Abschluss des streitgegenständlichen Anstellungsvertrages lag zunächst kein - ggf. ausdrücklich zu fassender, wofür nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich ist - Aufsichtsratsbeschluss zugrunde. Auch sonst ist jedoch keine eigene Handlung des Vi... Org... erwiesen, die sich als - ggf. konkludenter - Gesellschafterbeschluss qualifizieren lassen könnte; die schlichte Tatsache, dass Vi... Org... Mitglied des Aufsichtsrats war, für den der Aufsichtsratsvorsitzende den Anstellungsvertrag geschlossen hat, genügt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht für die Annahme eines Gesellschafterbeschlusses, wenn und soweit Vi... Org... beim Abschluss des Vertrages nicht nachweislich mitgewirkt hat. |
|
| Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 23.6.2015 (Bl. 88 d. A.) zunächst Beweis durch Zeugnis des Vi... Org..., später (Ss. v. 22.7.2015, Bl. 113 d. A.) auch durch Zeugnis des Aufsichtsratsvorsitzenden G... S... dafür angetreten hat, dass die Gesellschafterversammlung einen Beschluss über den Abschluss des Anstellungsvertrages und die Beauftragung des Aufsichtsrates hiermit gefasst habe, hat das Landgericht diesen Beweis zwar ohne Begründung, aber im Ergebnis zu Recht nicht erhoben. |
|
| Soweit die Aufsichtsräte nicht als Zeugen, sondern als gesetzliche Vertreter im Prozess richtigerweise als Partei zu vernehmen wären, hätte das die Erhebung des Beweises allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht hindern können, weil der Kläger mit Schriftsatz vom 4.8.2015 (Bl. 135 d. A.) klargestellt hatte, dass die beiden Auskunftspersonen als Partei vernommen werden sollten, wenn sie nicht als Zeugen vernommen werden könnten. |
|
| Auch dürfte der Ausschlussgrund des § 445 Abs. 2 ZPO - keine Parteivernehmung, wenn das Gericht vom Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache überzeugt ist - nicht eingreifen. Denn es ergibt sich aus dem landgerichtlichen Urteil nicht, dass das Landgericht die umgekehrte Überzeugung - dass es keinen Gesellschafterbeschluss gegeben habe - gewonnen hätte; sie ließe sich mit den vorhandenen (sonstigen) Anhaltspunkten auch kaum gewinnen. |
|
| Jedoch ist die fragliche Behauptung des Klägers ins Blaue hinein aufgestellt und die Beweiserhebung wäre als Ausforschungsbeweis unzulässig. |
|
| Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen "aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 445 Rn. 3a m. N.). |
|
| Und so liegen die Dinge hier: |
|
| Einerseits vermag der Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die Gesellschafter den von ihm behaupteten Beschluss über den Abschluss des Anstellungsvertrages gefasst haben könnten. |
|
| Und andererseits spricht alles dagegen, dass es einen solchen Beschluss gegeben haben könnte: Denn zum einen trägt der Kläger selbst vor, dass der Beklagten die Fehlerhaftigkeit des Anstellungsvertrages (selbst noch) bei Ausspruch der Kündigung des Vertrages unbekannt gewesen sei (Ss. v. 27.1.2016, Bl. 176 d. A.). Das passt jedoch vor allem dazu, dass - wie es richtig auch das Landgericht für naheliegend gehalten hat - allen Beteiligten schlicht unklar war, dass bei der infolge des Absinkens der früher über 2.000 liegenden Beschäftigtenzahl nicht mehr dem Mitbestimmungsgesetz, sondern nunmehr dem DrittelbG unterfallenden beklagten GmbH nicht mehr der Aufsichtsrat, sondern die Gesellschafterversammlung für den Abschluss der Geschäftsführeranstellungsverträge zuständig war. Hielten die Beteiligten jedoch den Aufsichtsrat für zuständig, gab es aus ihrer Sicht überhaupt keinen Anlass für einen Gesellschafterbeschluss. Für diese Annahme spricht im Übrigen auch, dass, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig war (vgl. Prot. d. mdl. Vhdl. v. 15.8.2016, Bl. 279 d. A.), bereits der dem streitgegenständlichen unmittelbar vorausgehende Anstellungsvertrag des Klägers (Anlage K 9) wegen Geltung des DrittelbG von der Gesellschafterversammlung hätte geschlossen werden müssen, jedoch vom Aufsichtsratsvorsitzenden geschlossen worden ist. Darüber hinaus war der Kläger als Geschäftsführer in seiner Funktion als „Chief Financial Officer“ nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten jedenfalls grundsätzlich dafür zuständig, Gesellschafterbeschlüsse wie den behaupteten vorzubereiten; hat er einen solchen Beschluss jedoch nicht vorbereitet - das behauptet der Kläger selbst nicht - spricht nichts dafür, dass es einen solchen Beschluss gleichwohl gegeben haben könnte. |
|
| Dass es am 4.12.2013 - dem Tag, an dem auch der streitgegenständliche Anstellungsvertrag unterzeichnet worden ist - eine Telefonkonferenz des Aufsichtsrates gegeben hat, auf dessen Tagesordnung die „Information über die Änderungen in der Geschäftsführung“ stand, ändert daran nichts: Selbst wenn es dabei überhaupt um den klägerischen Vertrag gegangen wäre - wofür wenig spricht, da insoweit gerade keine „Änderung“ anstand, vielmehr der weitere Vorstand Wild ersetzt werden musste - ergibt sich aus einer bloßen Information des Aufsichtsrates nichts für einen Beschluss der Gesellschafterversammlung, selbst wenn mit Vi... Org... unter den Aufsichtsräten der alleingeschäftsführungsbefugte Vertreter der Alleingesellschafterin der Beklagten anwesend gewesen sein mag; denn wie dargestellt fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt dafür, dass diesem seine entsprechende (Organ-)Kompetenz überhaupt bewusst gewesen sein könnte. |
|
| Zuletzt hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass der Anstellungsvertrag von der Gesellschafterversammlung auch nicht nachträglich (konkludent) genehmigt worden ist. |
|
| Die Genehmigung schwebend unwirksamer Rechtsgeschäfte durch schlüssiges Verhalten setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet, und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (z. B. BGH, Urteil vom 22.2.2005 - XI ZR 41/04 -, Rn. 24, juris, m. w. N. zur std. Rspr.). |
|
| Am Nachweis dieser Voraussetzungen fehlt es jedoch vorliegend: |
|
| Es steht keinesfalls fest, dass Vi... Org... klar gewesen wäre, dass der vom Aufsichtsratsvorsitzenden geschlossene Anstellungsvertrag unwirksam war; wie soeben insbesondere bb) (2) ausgeführt, spricht ja vielmehr alles dafür, dass er wie alle Beteiligten von der Abschlusskompetenz des Aufsichtsrats ausgegangen ist. |
|
| Aus dem Verhalten der Beteiligten, auch des Vi... Org..., mag sich daher ergeben, dass diese den Vertrag für wirksam gehalten haben; mangels erwiesener Kenntnis von der Unwirksamkeit des Vertrages kann diesem Verhalten jedoch keine Erklärungswirkung beigemessen werden. |
|
| Ist der Anstellungsvertrag demnach unwirksam, hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass weder Gesichtspunkte von Treu und Glauben dafür sprechen, den Vertrag als wirksam zu behandeln (a)), noch sich ein Anspruch des Klägers aus den Grundsätzen über das fehlerhafte Anstellungsverhältnis ergibt (b)). |
|
| Die Beklagte ist nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die Unwirksamkeit des Anstellungsvertrages zu berufen. |
|
| Gesetzesvorschriften, die die Beachtung bestimmter Förmlichkeiten zwingend vorschreiben, dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus reinen Billigkeitserwägungen unbeachtet gelassen werden. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn das Scheitern des Vertrages an dem förmlichen Mangel für die andere Partei zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1988 - II ZR 74/88 -, Rn. 19, juris, m. w. N.) |
|
| Das ist vorliegend nicht der Fall. |
|
| Es ergibt sich zunächst nicht daraus, dass dem Kläger dann der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Das ist vielmehr die gewöhnliche Folge der Unwirksamkeit des den Anspruch begründenden Vertrages und für den Kläger mit keinen besonderen Härten verbunden. Insbesondere trägt er nicht vor, dass er die Abfindung etwa als Übergangsfinanzierung benötige oder dass er im Fall des Nichtbestehens des Anspruchs überhaupt Einschränkungen hinnehmen müsse, erst recht Einschränkungen, die sich als schlechthin untragbares Ergebnis darstellen könnten. |
|
| Es ergibt sich aber auch nicht aus dem von der Berufung wiederholten Gesichtspunkt, bei Erklärung der Kündigung sei diese „unter Wahrung aller vertraglichen Ansprüche“ ausgesprochen worden. |
|
| Aus einer solchen - im Übrigen von der Beklagten bestrittenen - Angabe könnte sich ein Verstoß gegen Treu und Glauben nur ergeben, wenn der Beklagten (und dem Kläger) zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits bekannt gewesen wäre, dass der Anstellungsvertrag unwirksam sei. Denn nur unter dieser Voraussetzung hätte die Beklagte mit der späteren Berufung auf die Unwirksamkeit des Vertrages ein von ihr erzeugtes Vertrauen in treuwidriger Weise enttäuscht. Ging die Beklagte - und ging der Kläger - dagegen - wie jedenfalls denkbar - von der Wirksamkeit des Vertrages aus, konnte der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen dahin bilden, die Beklagte werde sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages nicht berufen. |
|
| Zu Recht hat das Landgericht zuletzt entschieden, dass sich ein Anspruch auch nicht aus den auf den Kläger als Geschäftsführer insoweit entsprechend anwendbaren Grundsätzen über das fehlerhafte Anstellungsverhältnis ergibt. |
|
| Zutreffend nimmt das Landgericht an, dass die Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis auf den wegen eines Vertretungsmangels nicht wirksamen Geschäftsführeranstellungsvertrag bei der GmbH anzuwenden sind (BGH, Urteil vom 03. Juli 2000 - II ZR 282/98 -, Rn. 11, juris). |
|
| Und gleichfalls zutreffend nimmt das Landgericht an, dass danach zwar der Vertrag für die Dauer der Tätigkeit so zu behandeln ist, als wäre er wirksam zustande gekommen, dem Geschäftsführer insbesondere eine gezahlte Vergütung verbleibt, dass der Vertrag jedoch für die Zukunft jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgelöst werden kann (vgl. wiederum BGH, Urteil vom 03. Juli 2000 - II ZR 282/98 -, Rn. 11, juris; MüKoAktG/Spindler AktG § 84 Rn. 246, beck-online). |
|
| Davon ausgehend scheidet ein Anspruch des Klägers aber vorliegend aus, weil sich die geltend gemachte Abfindung nicht als Entgelt für in der Vergangenheit geleistete Dienste darstellt. |
|
| Der Kläger selbst hat sich, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 20.7.2015 (Bl. 106 d. A.) unwidersprochen vorgetragen hat, zum Hintergrund der Abfindung dahin eingelassen, dass man sich zunächst auf eine Kündigungsfrist von 18 Monaten geeinigt habe, dass man das dann aber der größeren Flexibilität wegen dadurch umgesetzt habe, dass die Kündigungsfrist auf sechs Monate verkürzt und für die restlichen zwölf Monate die streitgegenständliche Abfindung vereinbart worden sei. |
|
| Handelt es sich demnach bei der Abfindung der Sache nach um Geschäftsführergehalt, das für eine gedachte Kündigungsfrist von weiteren zwölf Monaten zu zahlen war, wird ohne Weiteres deutlich, dass dem Kläger im Fall des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses ein Anspruch insoweit nicht zustehen kann: Denn auch bei einer auf 18 Monate vereinbarten Kündigungsfrist hätte sich die Beklagte jederzeit ohne Kündigungsfrist vom Vertrag lossagen können und ein (künftiges) Gehalt gerade nicht zahlen müssen. |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. |
|