Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4b Ws 26/12

published on 23/08/2012 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4b Ws 26/12
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg vom 18. Juni 2012

a u f g e h o b e n .

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Amtsgerichts R. vom 09. Februar 2010 wegen Unterhaltspflichtverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts T. vom 05. August 2010 ist er ferner wegen Erschleichens von Leistungen, begangen am 18. Februar 2010, zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,-- EUR verurteilt worden.
Wegen einer am 08. August 2009 begangenen Beleidigung hat das Amtsgericht G. den Beschwerdeführer mit Urteil vom 23. August 2010 unter Einbeziehung der vorgenannten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten und zwei Wochen verurteilt, deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Am 03. Mai 2010 hat der Beschwerdeführer einen Betrug begangen und ist diesbezüglich zunächst mit Urteil des Amtsgericht M. vom 24. Mai 2011 zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden, wobei die gemäß § 55 StGB notwendige Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts T. vom 05. August 2010 unterblieben ist. Auf die Berufung des Beschwerdeführers hat das Landgericht H. durch Urteil vom 08. August 2011 das Rechtsmittel verworfen und unter Einbeziehung nicht nur der Strafe aus dem genannten Strafbefehl, sondern unter fälschlicher Auflösung der durch Urteil des Amtsgerichts G. vom 23. August 2010 gebildeten Gesamtstrafe und gleichzeitiger Einbeziehung der Einzelstrafe wegen Beleidigung eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten und zwei Wochen gebildet, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei hat es festgestellt, dass die Freiheitsstrafe von vier Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts R. vom 09. Februar 2010 daneben bestehen bleibt.
Der Beschwerdeführer befindet sich seit 19. März 2012 zur Vollstreckung der letztgenannten Strafe sowie der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten aus dem Beschluss des Amtsgerichts R. vom 16. März 2009 i.V.m. dem Widerrufsbeschluss des Amtsgerichts T. vom 29. Februar 2012 in Strafhaft. Die gemäß § 462a Abs. 4 Satz 3 Abs. 1 StPO zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ravensburg hat, nach vorheriger Anhörung des Beschwerdeführers, mit Beschluss vom 18. Juni 2012 die Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts R. vom 09. Februar 2010 widerrufen.
Hiergegen hat der Verurteilte rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Der angefochtene Widerrufsbeschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg ging ins Leere, da eine Strafaussetzung zur Bewährung, die hätte widerrufen werden können, nicht bestand. Die somit gegenstandslose Entscheidung war gleichwohl aufzuheben (KG Berlin StraFo 2012, 202; OLG Düsseldorf Beschluss vom 09.04.2010, 3 Ws 164/10).
Der Gesetzgeber hat mit den §§ 55 StGB, 460 StPO neben dem Wiederaufnahmeverfahren eine Möglichkeit der Durchbrechung materieller Rechtskraft zur Neuordnung der Gesamtstrafensituation geschaffen. Hierdurch sind die Gerichte ermächtigt und ggf. verpflichtet in rechtskräftige frühere Gesamtstrafen einzugreifen. Bindungswirkung kommt insoweit nur den rechtskräftigen Einzelstrafen zu (BGHSt 35, 243; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 7). Erfolgt auf dieser Grundlage die Neubildung einer Gesamtstrafe unter Einbeziehung rechtskräftiger Einzelstrafen und werden dabei frühere Gesamtstrafen zum Zwecke neuer Gesamtstrafenbildung aufgelöst, so verlieren sie ihre Wirkung und werden gegenstandslos (Graalmann-Scheerer in Löwe/Rosenberg StPO, 26. Auflage, § 460 Rn 38; BGHR a.a.O.). Gleiches gilt auch im Hinblick auf ursprünglich getroffene Entscheidungen über Strafaussetzungen (BGH StraFo 2004, 430; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder StGB, 28. Auflage, § 58 Rn 8; Fischer StGB, 59. Auflage, § 58 Rn 3). Daher hat das nach § 55 StGB bzw. § 460 StPO zuständige Gericht im Rahmen der Bewertung der Gesamtstrafensituation die Frage etwaiger Strafaussetzungen zur Bewährung neu zu entscheiden und dabei als maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt den aktuellen Entscheidungszeitpunkt zugrunde zu legen (BGH NJW 2003, 2841; Hubrach in Leipziger Kommentar StGB, 12. Auflage, § 58 Rn 5). Dass in diesem Zusammenhang ursprünglich getroffene Prognoseentscheidungen nicht nur revidiert werden können, sondern sogar von Gesetzes wegen ggf. zu ändern sind, ergibt sich bereits aus der Regelung in § 58 StGB, wonach für die Aussetzungsfähigkeit allein die neu gebildete Strafe maßgeblich ist (Appl in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage, § 460 Rn 25 ff). Auch die Bewährungszeit orientiert sich allein an der neuen Entscheidung, weshalb es der Änderung von § 56f Abs. 1 Satz 2 StGB durch Gesetz vom 22.12.2006 hinsichtlich der Problematik von Straftaten während des Laufes der ursprünglichen Bewährungszeit bedurfte (zur früheren Rechtslage OLG Düsseldorf StV 2000, 565).
10 
Führt die vorzunehmende Neustrukturierung der Gesamtstrafensituation dazu, dass eine frühere Gesamtstrafe aufgelöst werden muss, werden aber nicht alle Einzelstrafen in die neue Gesamtstrafe einbezogen, so ist hinsichtlich einer isolierten Einzelstrafe deren gesondertes Bestehenbleiben festzustellen (BGH Beschluss vom 22. Februar 2000, 5 StR 1/00) bzw. hinsichtlich mehrerer Einzelstrafen eine weitere Gesamtstrafe zu bilden. Zu einem Wiederaufleben von ursprünglich gebildeten Gesamtstrafen, die zuvor bereits aufgelöst worden waren, kann es hierdurch nicht kommen (BGHR a.a.O.).
11 
Aus alledem folgt, dass das gemäß § 55 StGB bzw. § 460 StPO zur Entscheidung berufene Gericht bei einer Neubewertung der Gesamtstrafensituation sämtliche Gesamtstrafen in eigener Zuständigkeit zu bilden und daneben ggf. das gesonderte Bestehenbleiben von Einzelstrafen festzustellen hat. Dabei hat es auch hinsichtlich aller Strafen über deren mögliche Strafaussetzung zur Bewährung auf der Grundlage einer neuen Prognoseentscheidung zu befinden.
12 
Demzufolge hat das Landgericht - kl. Strafkammer - H. mit Urteil vom 08. August 2011 zwar trotz falscher Gesamtstrafenbildung formal zu Recht das gesonderte Bestehenbleiben der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts R. vom 09. Februar 2010 festgestellt, dabei jedoch rechtsirrig angenommen, die ursprünglich getroffene Strafaussetzungsentscheidung würde wiederaufleben. Diese hatte jedoch bereits durch die Einbeziehung in das Urteil des Amtsgerichts G. vom 23. August 2010 endgültig ihre Wirkung verloren. Das Landgericht H. hätte daher neu über die Strafaussetzungsfrage befinden müssen.
13 
Da die Strafaussetzung zur Bewährung in jeder gerichtlichen Entscheidung konstitutiven Charakter besitzt, ist sie ausdrücklich auszusprechen. Geschieht dies nicht, ist - wie hier - von einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe auszugehen.
14 
Über dies ist im vorliegenden Fall anzunehmen, dass das Landgericht H., das dem Beschwerdeführer im Urteil vom 08. August 2011 eine negative Prognose attestierte, diese auch auf die isoliert bestehen bleibende Strafe erstreckt hätte. Nach alledem steht fest, dass die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts R. vom 09. Februar 2010 als vollstreckungsfähig, weil nicht zur Bewährung ausgesetzt, anzusehen ist, weshalb es des angefochtenen Widerrufes nicht bedurfte.
III.
15 
Der Senat weist für das Vollstreckungsverfahren auf Folgendes hin:
16 
Die durch das Landgericht H. vorgenommene Gesamtstrafenbildung war fehlerhaft. Dem Urteil des Amtsgerichts G. vom 23. August 2010 kam vorliegend keine Zäsurwirkung zu, da die dort abgeurteilte Tat vom 08. August 2009 vor dem Urteil des Amtsgerichts R. vom 09. Februar 2010 begangen worden war, weshalb beim Amtsgericht G. zu Recht eine entsprechende Einbeziehung vorgenommen wurde. Eine weitere Zäsurwirkung kommt lediglich dem Strafbefehl des Amtsgerichts T. vom 05. August 2010 zu, in dessen Vorfeld auch die in H. abgeurteilte Betrugstat vom 03. Mai 2010 begangen wurde, so dass einzig die Geldstrafe aus dem besagten Strafbefehl, nicht aber die Einzelfreiheitsstrafe wegen Beleidigung aus dem Urteil des Amtsgerichts G. hätte einbezogen werden dürfen. Die vom Landgericht insoweit vorgenommene Verweisung (BGH Beschluss vom 21. Juli 2009, 5 StR 269/09) geht fehl, da der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung die hier dargelegte Rechtsansicht vertritt. Da es sich um keine unterlassene (§ 460 StPO), sondern rechtsfehlerhafte nachträgliche Gesamtstrafenbildung handelt, steht zur Berichtigung einzig der Weg des Wiederaufnahmeverfahrens offen (OLG Saarbrücken NStZ-RR 2003, 180; Hellebrand NStZ 2004, 64).
IV.
17 
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.
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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu
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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu
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Annotations

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.

(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.

(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person

1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,
2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder
3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Tat in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft oder bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung in der Zeit zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung in einem einbezogenen Urteil und der Rechtskraft der Entscheidung über die Gesamtstrafe begangen worden ist.

(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,

1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder
2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
In den Fällen der Nummer 2 darf die Bewährungszeit nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert werden.

(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.