Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. März 2005 - 16 UF 310/04

published on 01/03/2005 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 01. März 2005 - 16 UF 310/04
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Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ulm vom 28.12.1999 in seiner Ziffer 2 wie folgt abgeändert:

Auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden Rentenanwartschaften im Wert von monatlich 344,86 EUR, bezogen auf den 31.03.1997, begründet, und zwar zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners gegenüber der Bayerischen Ärzteversorgung.

Der Ausgleichsbetrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden gegeneinander aufgehoben.

3. Beschwerdewert: 511 EUR.

Gründe

 
Die gemäß § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete und somit zulässige Beschwerde der Ehefrau gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs im Urteil des Familiengerichts führt in der Sache zu deren Abänderung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang.
I. Das Familiengericht hat die am 00.08.1970 geschlossene Ehe der Parteien auf den am 17.04.1997 zugestellten Scheidungsantrag der Ehefrau geschieden (insoweit ist das Urteil nicht angefochten) und hierbei den Versorgungsausgleich durch Quasisplitting zu Gunsten der Ehefrau in Höhe von insgesamt 595,08 DM (entsprechend 304,26 EUR) geregelt. Gegen diese Entscheidung hat die Ehefrau rechtzeitig Beschwerde eingelegt und sie innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist begründet. Sie rügt die Umrechnung der vom Familiengericht als teildynamisch bewerteten Anwartschaft des Ehemannes bei der Bayerischen Ärzteversorgung aus dem Zeitraum vor 01.01.1985 mit Hilfe der (seinerzeit gültigen) Barwertverordnung als verfassungswidrig und erstrebt eine rechnerische Erhöhung des Barwertes um mindestens 25 %. Mit Beschluss vom 23.10.2000 hat der Senat die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Auf die vom Senat zugelassene, rechtzeitig (am 24.11.2000) eingelegte weitere Beschwerde der Ehefrau hat der BGH mit Beschluss vom 17.11.2004, XII ZB 197/00, die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an den Senat zurückverwiesen. Er hat die Bewertung der vom Ehemann in der Zeit bis 31.12.1984 bei der Bayerischen Ärzteversorgung erworbenen Anwartschaft als im Anwartschaftsstadium statisch für zutreffend erklärt, hielt jedoch im Hinblick auf den Zeitablauf seit der ersten Beschwerdeentscheidung eine weitergehende Aufklärung dahingehend für geboten, ob die seitherigen Anpassungen der von der Bayerischen Ärzteversorgung gewährten Renten und der nach 1984 erworbenen Anwartschaften die Annahme einer Volldynamik weiterhin rechtfertigten und ob die Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte über den Ehezeitanteil der dort bestehenden Anwartschaft der Ehefrau noch zutrifft. Überdies hat er auf die zwischenzeitliche Änderung der Barwertverordnung hingewiesen, die bei der neuerlichen Entscheidung zu beachten sei.
Der Senat hat neue Auskünfte der Bayerischen Ärzteversorgung und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte über die beiderseits in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften und die Steigerungsraten der bei der ersteren bestehenden Versorgungsanrechte seit 1998 eingeholt, gegen deren Richtigkeit und Vollständigkeit nichts eingewandt wird. Danach beträgt der Ehezeitanteil der Anwartschaft der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung monatlich 261,83 EUR, der Monatsbetrag der vom Ehemann nach 1984 erworbenen Anwartschaft 559,65 EUR und der Jahresbetrag seiner zuvor erworbenen Anwartschaft, die im Anwartschaftsstadium statisch ist, nominal 16.472,76 DM. Der Senat hat ferner die beabsichtigte Entscheidung den Beteiligten zur Gewährung rechtlichen Gehörs mitgeteilt. Die Bayerische Ärzteversorgung hat sich zustimmend, die anderen Beteiligten haben sich nicht geäußert.
II. Die Beschwerde führt im Hinblick auf die zwischenzeitlich geänderte Rechtslage (Änderung der Barwertverordnung) zu einer Erhöhung des Ausgleichsbetrags.
Gegen die Ausgleichsform (analoges Quasisplitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG) sowie die Bewertung der Anwartschaft des Ehemannes als volldynamisch im Leistungsstadium und hinsichtlich der nach 1984 erworbenen auch im Anwartschaftsstadium auf Grund der bis 1997 erhobenen Daten hat das Revisionsgericht nichts erinnert; an ihr wird aus den Gründen der ersten Beschwerdeentscheidung festgehalten. Eine Gegenüberstellung der Steigerungsraten von 1998 bis 2004 in der Bayerischen Ärzteversorgung einerseits und der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Beamtenversorgung andererseits (zu letzteren vgl. Gutdeutsch, FamRZ 2005, 257) ergibt folgendes Bild:
Bayerische Ärzteversorgung gesetzliche Rentenversicherung Beamtenversorgung
1998 2,5 % 0,44 % 1,50 %
1999 2,5 % 1,34 % 2,80 %
2000 2,0 % 0,60 % 0,00 %
2001 2,0 % 1,91 % 1,70 %
2002 2,0 % 2,16 % 2,10 %
2003 2,0 % 1,04 % 1,74 %
2004 2,0 % 0,00 % 1,25 %
Auch ohne nähere Erläuterung ist offensichtlich, dass die Anrechte bei der Bayerischen Ärzteversorgung mit der Entwicklung der vom Gesetz als volldynamisch anerkannten Versorgungen ohne weiteres mithalten.
Die Umrechnung der Teilanwartschaft aus den bis 1984 geleisteten Beiträgen, die nur im Leistungsstadium dynamisch ist, nach der mittlerweile geänderten Barwertverordnung führt zu einem dynamisierten Betrag von 391,90 EUR, wie sich aus folgender Berechnung ergibt:
Alter des Ehemannes am Ende der Ehezeit 56
statische Rente mon. 0,00
teildynamische Rente p.a. in DM 16.472,76
Altersfaktor Barwertverordnung Tab. 1 6,6
Erhöhung § 2 S. 2 1. Alt. BarWVO 100%
Erhöhungsfaktor Teildynamik 165%
Barwert Tab. 1 (in DM) 179.388,36
Altersfaktor BarWVO Tab. 2 0 0
Erhöhung § 2 S. 2 2. Alt. BarWVO 100% 100%
Erhöhungsfaktor Teildynamik 100% 100%
Barwert/Deckungskap. Tab. 2 0,00 0,00
maßgebl. Barwert/Deckungskap. 0,00 179.388,36
Umrechnungsfaktor 1997 0,0000915531
Umrechnungsfaktor (EEZ ab 02) 0,00E+00
Entgeltpunkte 16,4236
EP (EEZ ab 02) 0,0000
aktueller Rentenwert (DM) 2. Halbjahr 1997 46,67
dynamische Anwartschaft in DM 766,49
dynamische Anwartschaft in EUR 391,90
10 
Damit ergibt sich folgende Ausgleichsbilanz (in EUR):
11 
Ehefrau Ehemann Differenz
gesetzliche Rentenversicherung 261,83 0,00 -261,83
Ärzteversorgung bis 1984 0,00 391,90 391,90
Zusatzversorgung öff.-rl. ab 02 0,00 0,00 0,00
BAV sonst. vor 02 0,00 0,00 0,00
BAV sonst. ab 02 0,00 0,00 0,00
Ärzteversorgung ab 1985 0,00 559,65 559,65
Summe 261,83 951,55 689,72
Gesamtausgleichsbetrag 344,86
12 
Der Höchstbetrag von 1.010,80 EUR wird nicht überschritten.
13 
III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 13 a FGG, 17 a GKG a.F. Der Erfolg, den die Beschwerde letztlich hatte, beruht auf der zwischenzeitlichen Änderung der Barwertverordnung, diese allerdings darauf, dass der Verordnungsgeber (etwas spät) eben den Bedenken Rechnung getragen hat, auf die sich die Beschwerde stützt. Weder auf die Änderung noch auf deren Zeitpunkt konnten die Parteien oder die in erster und zweiter Instanz mit der Sache befassten Gerichte Einfluss nehmen. Deshalb entspricht trotz des letztlich vollen Erfolgs der Beschwerde eine Kostenerstattung in der einen oder anderen Richtung nicht der Billigkeit.
14 
Die Voraussetzungen für die erneute Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
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published on 17/11/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 197/00 vom 17. November 2004 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 lit. c), Abs. 3 Nr. 2; BarwertVO (i.d.F. der 2. VO zur Änderung der BartwertVO vom 26.
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