Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 02. Dez. 2004 - 13 U 133/04

published on 02/12/2004 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 02. Dez. 2004 - 13 U 133/04
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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das den Parteien am 22.06.2004 zugestellte Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart

aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 90.421,37 EUR

Gründe

 
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil gemäß § 341 ZPO den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 12.09.2003 als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die zulässig ist und in der Sache Erfolg hat.
Dem Zurückverweisungsantrag der Beklagten war zu entsprechen (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Die Berufung ist begründet. Das Landgericht hat den Einspruch gegen sein Versäumnisurteil zu Unrecht als unzulässig verworfen. Der Einspruch der Beklagten war nicht verfristet. Die Einspruchsfrist war noch nicht abgelaufen. Sie hatte nicht gemäß § 339 Abs. 1 ZPO mit der Zustellung des Versäumnisurteils zu laufen begonnen. Eine wirksame Zustellung des Versäumnisurteils an die Beklagte liegt nicht vor (BGHZ 149, 311). Es hätte nicht öffentlich zugestellt werden dürfen. Das Landgericht hat die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils und der Klage zu Unrecht bewilligt. Die Bewilligung erfolgte auf Antrag der Klägerin, nachdem der Beklagten unter der der Klägerin bekannten Anschrift ... in ... nicht zugestellt werden konnte, sich aus einem von der Klägerin vorgelegten aktuellen Handelsregisterauszug vom 22.07.2003 die Sitzverlegung der Beklagten nach Berlin ergab (Bl. 33), ausweislich einer Auskunft des Bezirksamts ... von ... vom 10.07.2003 aus dem Gewerberegister die Beklagte unter der Anschrift ... in Berlin jedoch nicht registriert war (Bl. 32). Dies war keine ausreichende Grundlage für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung. Ein Versuch, der Geschäftsführerin der Beklagten an ihrer Privatanschrift zuzustellen, wurde nicht unternommen. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Gemäß § 185 Nr. 1 ZPO kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Partei unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Eine öffentliche Zustellung kommt damit nur in Betracht, wenn eine andere Form der Zustellung nicht möglich ist und nahe liegende Möglichkeiten zur Ermittlung des Aufenthalts eines Beteiligten ergebnislos verlaufen sind (BGHZ 118, 45). Geht es um eine GmbH, ist eine solche nahe liegende Möglichkeit die Ermittlung des Wohnorts des Geschäftsführers und ein Zustellversuch dort (BayObLG MDR 1998, 365).
Die Anschrift der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführerin der Beklagten wäre ohne weiteres zu ermitteln gewesen. Dabei kann es dahinstehen, ob, worüber die Parteien streiten, das Handelsregister der Klägerin diese Anschrift mitgeteilt hätte. Aus den von der Klägerin vorgelegten Handelsregisterauszügen ergibt sich jedenfalls der Wohnort Hennigsdorf der Geschäftsführerin, sodass es ohne weiteres möglich gewesen wäre, dort eine Einwohnermeldeamtsanfrage durchzuführen.
Da der Zustellversuch an der Privatanschrift der Geschäftsführerin der Beklagten unterblieb, ist die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils nicht wirksam. Eine öffentliche Zustellung ist unwirksam, wenn die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben und das die öffentliche Zustellung bewilligende Gericht das hätte erkennen können (BGHZ 149, 311). Von letzterem ist auszugehen, da die gebotene Verfahrenshandlung Zustellung an der Privatanschrift der Geschäftsführerin unterblieben ist.
Das den Einspruch der Beklagten verwerfende Urteil kann deshalb nicht bestehen bleiben. Antragsgemäß war es aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Berufung ans Landgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Die Entscheidung bewegt sich auf der Linie der herrschenden Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn1.der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,2.bei juristischen Perso

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn1.der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,2.bei juristischen Perso

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil
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published on 22/06/2010 00:00

Tenor 1. Der Antrag vom 22.04.2010, dem Beklagten Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 25.03.2010 - Az. 4 O 395/08 - zu gewähren, wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen.

(2) Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn

1.
der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,
2.
bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist,
3.
eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht oder
4.
die Zustellung nicht erfolgen kann, weil der Ort der Zustellung die Wohnung einer Person ist, die nach den §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterliegt.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.