Tenor
1. Die Erstberufung des Klägers und die Zweitberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt 1/3, die Beklagten als Gesamtschuldner 2/3 von den Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind Nachbarn. Mit der Klage begehrt der Kläger die Beseitigung einer von den Beklagten entlang der Grundstücksgrenze errichteten Sichtschutzwand. Die Beklagten nehmen den Kläger auf Beseitigung einer grenzseitig errichteten Garage sowie darauf in Anspruch, Vorkehrungen zu treffen, dass kein Wasser vom Grundstück des Klägers auf das Grundstück der Beklagten gelangt.
Genau an der Grundstücksgrenze steht ein Maschendrahtzaun. Etwas dahinter versetzt befindet sich auf dem Grundstück der Beklagten eine Sichtschutzwand. An dieser Wand brachten die Beklagten Schalbretter an, so dass die Wand eine Höhe von ca. 2,30 m besaß. Im Laufe des Rechtsstreits bauten die Beklagten den Sichtschutz etwas zurück, wobei streitig ist, ob er nun genau bei 2 m oder etwas darüber liegt.
Der Kläger errichtete eine Garage mit Flachdach, bei der um die Dachkante herum Ziegel auf einer Holzkonstruktion angebracht wurden. Diese Befestigungskonstruktion ragt mit den Ziegeln auf das Grundstück der Beklagten hinüber. Das Regenwasser wird vom Flachdach der Garage nach innen mit Fallrohren abgeleitet.
Im hinteren Bereich ist das Gelände des Klägers etwas aufgeschüttet worden, so dass eine Böschung zum Grundstück der Beklagten entstanden ist.
Der Kläger hat behauptet, dass die Beklagten ihr Grundstück selbst um ca. 40 cm abgegraben hätten. Vom Dach der Garage gelange kein Wasser auf das Grundstück der Beklagten. Auch sei die geringfügige Überbauung der Zierverblendung der Garage mit Zustimmung der Beklagten erfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den sich an der Grenze der Grundstücke des Klägers, Flur 02, Flurstück Nummer 106/41, zu dem Anwesen Flur 2, Flurstück 106/40 befindlichen Sichtschutzzaun so zu gestalten, dass die Sichtschutzwand beseitigt wird oder aber unmittelbar an der Grenze ohne eigene Abstandsfläche eine Maximalhöhe von 2 m gemessen vom Grundstück der Beklagten nicht übersteigt oder, sofern sie nicht unmittelbar der Grundstücksgrenze errichtet ist, einen Mindestabstand von 1 m einhalten muss, bei ebenfalls einer maximalen Höhe von 2 m;
2. die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten haben beantragt,
1. die Klage abzuweisen;
2. den Kläger zu verurteilen, seine Garage auf dem Anwesen in Flur 2, Flurstück 106/41 so zu beseitigen, dass diese nicht mehr als 1 m in die Grundstücksgrenze hereinragt, oder so zu beseitigen, dass diese eine Höhe von 3 m, gemessen auf dem Schotter auf dem Grundstück der Beklagten – Aufmaß des Sachverständigen im Gutachten vom 4.3.2010 (22.23.24) – nicht überschreitet, wobei es ihm obliegt, wie er dies vornimmt;
hilfsweise, den Widerkläger zu verurteilen, den Überstand der Dachziegel auf seinem Garagendach zu beseitigen, soweit dieser auf das Grundstück der Beklagten hinüberragt und auch Vorkehrungen zu treffen, dass kein Wasser von dem Dach auf das Grundstück der Beklagten gelangt;
3. den Kläger zu verurteilen, Vorkehrungen zu treffen, dass kein Wasser von der hinter dem klägerischen Anwesen gelegenen Aufschüttung auf das Grundstück der Beklagten gelangt.
Die Beklagten haben behauptet, die Erhöhung der Sichtschutzwand auf ca. 2,30 m sei nur erforderlich geworden, weil der Kläger sein Grundstück aufgeschüttet habe. Sie haben die Auffassung vertreten, die Höhe des Sichtschutzzauns dürfe nicht von ihrem Grundstück aus, sondern müsse von dem Niveau des höher gelegenen Nachbargrundstücks aus gemessen werden. Dann werde eine Höhe von 2 m nicht überschritten. Die Garage des Klägers sei komplett seitwärts auf dem Grundstück der Beklagten gebaut worden. Aus der Erhöhung des Grundstücks des Klägers folge eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Beklagten, da hier in erheblichem Umfange Wasser auf das Grundstück der Beklagten abfließe.
Im angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, den sich an der Grenze der Grundstücke des Klägers befindlichen Sichtschutzzaun so zu gestalten, dass die Sichtschutzwand beseitigt wird oder unmittelbar an der Grenze, ohne eigene Abstandsfläche, eine Maximalhöhe von 2 m, gemessen vom Grundstück der Beklagten, nicht übersteigt, oder, sofern sie nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet ist, einen Mindestabstand von 1 m einhalten muss, bei ebenfalls einer maximalen Höhe von 2 m. Auf die Widerklage hat das Landgericht den Kläger verurteilt, den Überstand der Dachziegel auf seinem Grundstück zu beseitigen, soweit dieser auf das Grundstück der Beklagten hinüberragt. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Erstberufung wendet sich der Kläger gegen seine Verurteilung zur Beseitigung der überstehenden Dachziegel.
Der Kläger vertritt zunächst die Auffassung, dass die überstehenden Ziegel den Schutz des § 912 BGB genössen: Die Ziegel dienten nicht nur der Zierde, sondern besäßen eine erhebliche funktionale Bedeutung. Denn ohne diese Ziegel würde Wasser in die Grundmauer eindringen und diese binnen kürzester Zeit schädigen. Auch sei die Abstandsfläche eingehalten, da § 7 Abs. 6 S. 1 der Saarländischen Landesbauordnung (im Folgenden: LBO) ausführe, dass bei der Bemessung von Abstandsflächen vor die Außenwand vortretende untergeordnete Bauteile wie Gesimse und Dachvorsprünge bis 50 cm Außenkante Dachrinne sowie Vorbauten außer Betracht bleiben müssten, wenn diese insgesamt nicht mehr als ein Viertel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nähmen.
Sodann wendet sich die Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und rügt, mit der Aussage der Zeugen sei bewiesen, dass die Beklagten eine Genehmigung über die Ziegelkonstruktion auf der Außenmauer zur Grenzseite erteilt hätten. In jedem Falle sei ein etwaiger Beseitigungsanspruch verwirkt.
Der Kläger beantragt,
1. unter Abänderung des am 29.9.2011 verkündeten Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken – 3 O 157/09 – den Antrag der Beklagten auf Beseitigung des Überstandes der Dachziegel auf dem Garagendach des Klägers, soweit diese auf das Grundstück der Beklagten überragen, „zurückzuweisen“;
2. die Zweitberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 29.9. 2011 – 3 O 157/09 –
1. den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, seine Garage auf dem Anwesen in so zu beseitigen, dass diese nicht mehr als 1 m an die Grundstücksgrenze heranragt oder so zu beseitigen, dass diese eine Höhe von 3 m, gemessen von dem Schotter auf dem Grundstück der Beklagten – Aufmaß des Sachverständigen im Gutachten vom 4.3.2010 (22.23.24) nicht überschreitet, wobei es ihm obliegt, wie er dies vornimmt;
2. den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, Vorkehrungen zu treffen, dass kein Wasser von der hinter dem klägerischen Anwesen gelegenen Aufschüttung auf das Grundstück der Beklagten gelangt;
3. die Berufung des Klägers „abzuweisen“.
Die Berufung der Beklagten richtet sich ausschließlich gegen die Abweisung der Widerklage. Die Beklagten erstreben mit ihrer Zweitberufung zunächst den Beseitigungsanspruch hinsichtlich der Garage weiter. Sie vertreten die Auffassung, das Landgericht habe die Höhe der Garage fehlerhaft berechnet, indem es für die Höhenberechnung das derzeitige Niveau des klägerischen Grundstücks zu Grunde gelegt habe. Richtigerweise hätte das Landgericht jedoch berücksichtigen müssen, dass der Kläger sein Grundstück aufgeschüttet habe. Da die ursprüngliche Geländeoberfläche des klägerischen Grundstücks der jetzigen Geländeoberfläche des Beklagtengrundstücks entspreche, könne die Höhe der Garage vom Grundstück der Beklagten aus gemessen werden. Der nunmehr festzustellende Geländeanstieg habe sich erst durch die vom Kläger eingeleiteten Baumaßnahmen ergeben, während den vorgelegten Lichtbilder zu entnehmen sei, dass das Grundstück des Klägers zunächst nicht ansteigend gewesen sei, sondern im vorderen Bereich flach bis abschüssig gewesen sei. Unter Berücksichtigung dieses Bezugspunktes ergebe sich eine mittlere Wandhöhe von mindestens 3,16 m.
Die Beklagten treten der Auffassung des Landgerichts entgegen, dass sie zu den Beeinträchtigungen durch die Aufschüttungen nicht hinreichend vorgetragen hätten. So hätten die Beklagten vorgetragen, dass im Bereich der Garage fast ein Biotop entstanden sei, da das Wasser vom Grundstück des Klägers aufgrund der Aufschüttung gezielt auf das Grundstück der Beklagten abfließe. Das Argument des Gerichts, dass sich eine Pfützenbildung nicht nur an der Grenze zum klägerischen Grundstück zeige, sondern auf dem gesamten Grundstück erkennbar sei, greife nicht durch. Denn die Beklagten hätten vorgetragen, dass sich im Bereich der Grenze verstärkt – also in einem über das übliche Maß hinausgehenden Umfang – Wasser gebildet habe. Auch habe am 27.2.2009 ein Ortstermin durch das Amtsgericht Merzig stattgefunden, anlässlich dessen die Richterin festgestellt habe, dass sich das klägerische Grundstück ca. 52-76 cm höher befinde als das Beklagtengrundstück und sich der Boden im Bereich der Sichtschutzwand lehmig angefühlt habe. Mit Schriftsatz vom 7.5.2010 sei vorgetragen worden, dass der Kläger sein Grundstück hinter dem Haus in Höhe von ca. 80 cm aufgeschüttet habe. Diese Aufschüttung sei auch im Grenzbereich erfolgt. Das Neigungsverhältnis von 1: 1,5 sei nicht eingehalten worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Erstberufungsbegründung (GA II Bl. 344 ff.), der Zweitberufungsbegründung (GA II Bl. 351 ff.), auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 16.2.2012 (GA II Bl. 376 ff.) und vom 29.3.2012 (GA II Bl. 393 ff.) sowie auf den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 18.3.2012 (GA II Bl. 389 ff.) verwiesen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen (GA III Bl. 399 f.).
II.
Beide zulässigen Rechtsmittel bleiben in der Sache ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung weder auf einem Rechtsfehler beruht, noch die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
A. Zur Erstberufung
Das Landgericht hat den Kläger dazu verurteilt, die über die Grenze überstehenden Ziegel der Garageneindeckung zu beseitigen. Die hiergegen gerichtete Erstberufung des Klägers bleibt ohne Erfolg, da die Beklagten weder nach Maßgabe der Vorschriften der Landesbauordnung zur Duldung des Überstandes verpflichtet sind, noch die Rechtsverfolgung rechtsmissbräuchlich erscheint.
1. Gemäß § 1004 Abs. 1 BGB ist der Eigentümer berechtigt, die Beseitigung einer Eigentumsstörung zu verlangen. Dieser Anspruch ist dem Grunde nach verwirklicht: Nach den Feststellungen des Sachverständigen König ragen die Ziegel über die Grundstücksgrenze hinaus. Eine solche Maßnahme stellt im Grundsatz eine Störung des Eigentums dar.
2. Der Anspruch ist nicht ausgeschlossen, weil die Beklagten den Überbau dulden müssten. Die Voraussetzungen des § 912 BGB liegen schon deshalb nicht vor, weil der Kläger hinsichtlich des Überbaus zumindest grob fahrlässig gehandelt hat. Denn er hat durchgängig vorgetragen, die Beklagten unter Vorlage einer Zeichnung um Zustimmung zu dieser Maßnahme gebeten zu haben. Mithin wusste er genau, dass die Ziegel die Grenze überbauen würden. Die Frage, ob die Ziegel lediglich der Zierde dienen (so der erstinstanzliche Vortrag des Klägers) oder ob ihnen eine funktionale Bedeutung beizumessen ist (so der neue, bestrittene Vortrag des Klägers), kann dahinstehen.
3. Eine Duldungspflicht i.S.v. § 1004 Abs. 2 BGB ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht daraus, dass nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 LBO bei der Bemessung der Abstandsflächen vor die Außenwand vortretende untergeordnete Bauteile, wie Gesimse und Dachvorsprünge bis 50 cm Außenkante Dachrinne außer Betracht bleiben. Die genannte Vorschrift regelt, welche Mindestabstände vor Außenwänden von Gebäuden oder Anlagen nach Absatz 7 der Vorschrift freizuhalten sind. Diese Abstandsflächen sind unabhängig von der Eigentumslage der betroffenen Grundstücke aus bauordnungsrechtlichen Erwägungen einzuhalten. Freilich können die Mindestabstände nach der erkennbaren Intention des Gesetzes nur genutzt werden, solange das Eigentumsrecht des betroffenen Nachbarn nicht entgegensteht. Die Vorschrift gewährt nicht das Recht, zur Ausnutzung der bauordnungsrechtlich zulässigen Mindestabstände die Grenze zu überbauen.
4. Auch steht der Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs nicht die Einrede des Rechtsmissbrauchs entgegen:
a) Die Rechtsausübung ist rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Rechtsinhaber mit der Geltendmachung seines Anspruchs zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzt, durch das für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Fallgruppe des sog. venire contra factum proprium: BGH, Urt. v. 17.2.2005 – III ZR 172/04, ZIP 2005, 716, 718; Urt. v. 17.3.2004 – VIII ZR 161/03, WM 2004, 1219, 1221; Urt. v. 5.6.1997 – X ZR 73/95, NJW 1997, 3377, 3379 f.; MünchKomm(BGB)/Roth/Schubert, 6. Aufl., § 242 Rdnr. 284 ff.; Erman/Hohloch, BGB, 13. Aufl., § 242 Rdnr. 106 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 242 Rdnr. 55; PWW/Schmidt-Kessel, BGB, 7. Aufl., § 242 Rdnr. 55). Für eine Auseinandersetzung mit dieser Fallgruppe bestünde Anlass, wenn sich die Beklagten gegenüber dem Kläger mit der konkreten Gestaltung der überstehenden Ziegelreihe einverstanden erklärt hätten. Indessen hat das Landgericht nach Durchführung der Beweisaufnahme die richterliche Überzeugung von einer verbindlichen Zustimmung nicht gewonnen. Gegen die sorgfältige Beweiswürdigung des Landgerichts ergeben sich am Maßstab des § 529 Abs. 1 ZPO keine durchgreifenden Bedenken, weshalb der Senat an das Beweisergebnis gebunden ist.
aa) Zutreffend hat das Landgericht den Aussagen der Zeugen und keinen entscheidenden Beweiswert beigemessen, da beide Zeugen bei den Gesprächen der Parteien nicht anwesend waren. Ebenso hat der Zeuge Dr. das Beweisthema nicht bestätigt, sondern auf Nachfrage klar herausgestellt, dass er sich nicht daran erinnern könne, ob eine verbindliche Einigung zwischen den Parteien erzielt worden sei.
bb) Sodann hat das Landgericht nachvollziehbar dargelegt, weshalb es die Aussage der Zeugin nicht für glaubhaft erachtet hat. Diese Zweifel resultieren in ihrem Kern daraus, dass die Zeugin das von ihr angeführte Gespräch im Sommer des Jahres 2005, anlässlich dessen im Haus der Beklagten von den Beklagten ein Einverständnis mit dem Überbau erklärt worden sein soll, in ihrer ersten Vernehmung vor dem Landgericht nicht erwähnt hat. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die unterlassene Erwähnung dieses Gesprächs im Rahmen ihrer ersten Vernehmung die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage herabsetzt. Die Zweifel an der Glaubhaftigkeit werden entgegen der Auffassung der Erstberufung nicht deshalb ausgeräumt, weil die Zeugin – so der Berufungsvortrag – anlässlich ihrer ersten Vernehmung gezielt auf Fragen des Gerichts geantwortet habe, weshalb ihr ein vierter Termin eher unwesentlich erschienen sei. Die Erstberufung verkennt, dass der von der Zeugin geschilderte Besuch im Haus der Beklagten in der Chronologie des von der Zeugin geschilderten Geschehens der erste Termin gewesen sei, anlässlich dessen über die Ziegelreihe gesprochen worden sei.
Nimmt man hinzu, dass nach der Aussage der Zeugin bereits anlässlich dieses ersten Termins eine verbindliche Zustimmung erklärt worden sei, ist schlechterdings unverständlich, weshalb dieser wichtige Termin in der ersten Vernehmung der Zeugin keine Erwähnung gefunden hat.
Weiter wird nicht plausibel, weshalb der Kläger trotz einer verbindlichen Zustimmung der Beklagten danach noch überhaupt Veranlassung sehen sollte, die Überbausituation zeichnerisch darzustellen. Eine nachträgliche zeichnerische Darstellung ergibt jedoch einen Sinn, wenn anlässlich des von der Zeugin bekundeten Termins von Seiten der Beklagten noch keine verbindliche Zustimmung erteilt wurde. Diese Möglichkeit ist nach der Aussage der Zeugin in Betracht zu ziehen, wonach der Kläger und die Zeugin anlässlich des ersten Termins in den Worten der Zeugin „nur grob beschrieben haben, wie die Ziegelreihe aussehen“ würde (GA II Bl. 251). Im selben Zusammenhang hat die Zeugin angemerkt, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Maße vorgelegen hätten, wie groß der Überbau sein werde. Bei einem solchen Gesprächsverlauf erscheint es nicht erfahrungswidrig, dass sich die Beklagten eine verbindliche Zustimmung zunächst noch vorbehalten wollten.
b) Schließlich ist die Rechtsausübung nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagten unterhalb der Schwelle einer echten Zustimmung in der Person des Klägers das schutzwürdige Vertrauen begründeten, von der Geltendmachung etwaiger Beseitigungsansprüche abzusehen.
Die Rechtsausübung ist aufgrund eines geschaffenen Vertrauens im Regelfall nur dann schutzwürdig, wenn der durch die Rechtsausübung Betroffene mit Blick auf das Vertrauen Vermögensdispositionen getroffen hat, auf die er sich eingerichtet hat (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 242 Rdnr. 56; MünchKomm(BGB)/Roth/Schubert, aaO, § 242 Rdnr. 294 ff.; Canaris, Vertrauenhaftung, S. 258). Im vorliegenden Rechtsstreit kann das schutzwürdige Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Überstands nur aus den Kosten hergeleitet werden, die dem Kläger aus der Herstellung des Daches entstanden. Mithin müsste der Vertrauenstatbestand vor der Ausführung der Dacharbeiten begründet worden sein. Davon ist indessen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit Blick auf die eingeschränkte Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin nicht auszugehen.
5. Entgegen der Auffassung der Erstberufung ist die Rechtsausübung der Beklagten nicht wegen Verstoßes gegen das Schikaneverbot unzulässig:
a) Gemäß § 226 BGB ist die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Diese Voraussetzungen liegen nicht bereits dann vor, wenn der Rechtsinhaber aus subjektiv verwerflichen Gründen von seinem Recht Gebrauch macht. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Rechtsausübung dem Berechtigten objektiv keinen Vorteil bringt und lediglich die Schädigung eines anderen bezweckt (Repgen, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 226 Rdnr. 18; MünchKomm(BGB)/Grothe, aaO, § 226 Rdnr. 4; Erman/Wagner, aaO, § 226 Rdnr. 5; BGH, Urt. v. 10.4.1953 – V ZR 115/51, BB 1953, 373, 375).
b) Im vorliegenden Sachverhalt ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Rechtsausübung der Beklagten die Grenze der schikanösen Rechtsausübung insoweit erreicht, als mit der Rechtsverfolgung ein objektiver Vorteil für den Rechtsinhaber kaum erkennbar ist: Nachdem sich im Verlauf des Rechtsstreits herausgestellt hat, dass die Gestaltung der Ziegelreihe auf die Entwässerung des Garagendachs keinen Einfluss hat, beschränkt sich das Interesse der Beklagten allein darauf, von einem Überbau verschont zu bleiben. Mit Blick auf die nur geringe Länge des Überstandes und dessen Lage – der Überbau betrifft ausweislich der vorgelegten Lichtbilder (GA I Bl. 130) den kleinen Spalt zwischen Grundstücksgrenze und Sichtschutzwand – wird das Nutzungsinteresse der Beklagten durch den Überbau kaum merklich tangiert.
Andererseits ist der Überstand nur mit erheblichem Aufwand zu beseitigen. In der Abwägung der beiderseitigen Interessen liegt es demnach nicht fern, dass die Kostenbelastung des Klägers ein wesentliches Motiv der Beklagten war, um den Beseitigungsanspruch einzuklagen.
c) Gleichwohl erachtet es der Senat nicht für gerechtfertigt, den Beklagten hinsichtlich der Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs ausschließlich eine verwerfliche Motivation zu unterstellen. Denn diese Sichtweise bezieht nicht ein, dass auch der Kläger seinerseits mit der Erhebung der Klage auf der Durchsetzung einer eher formalen Rechtsposition beharrt hat: Das ursprüngliche Klageziel war darauf gerichtet, die Sichtschutzwand, die nach den Feststellungen des Landgerichts eine Höhe von ca. 2,30 m erreicht, auf eine Höhe von 2 m abzubauen. Dass mit dieser nur geringen Überhöhe das Interesse des Klägers an einer Nutzung seines Grundstücks merklich beeinträchtigt wurde, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist der vorliegende Rechtsstreit augenfälliger Ausfluss einer tief greifenden Zerrüttung des nachbarlichen Verhältnisses, deren wahre Ursache sich dem Senat nicht erschließt. Es erscheint daher nicht sachgerecht, in diesem zwischenmenschlichen Konflikt Partei zu ergreifen, indem die Ausübung einer formalen Rechtsposition lediglich einseitig durch das Verdikt der Schikane beschränkt wird. Die Lebenserfahrung zeigt, dass das komplexe Konfliktpotential des nachbarlichen Verhältnisses aus dem Blickwinkel des neutralen Beobachters nicht selten schwer nachvollziehbare, mitunter unvernünftige Verhaltensweisen provoziert, die dennoch den Vorwurf der Verwerflichkeit i.S.d. § 226 BGB nicht rechtfertigen.
B. Zur Zweitberufung
1. Mit der Zweitberufung verfolgen die Beklagten zunächst ihren Antrag auf Beseitigung der Garage weiter. Sie vertreten die Auffassung, dass die Wandhöhe der Garage selbst unter Zugrundelegung der Messungen des Sachverständigen 3,16 m und nicht, so die Feststellungen des Landgerichts, 3,02 m betrage. Darüber hinaus habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Berechnung der Wandhöhe nicht vom Niveau des klägerischen Grundstücks, sondern vom Niveau des Beklagtengrundstücks bestimmt werden müsse. Beide Einwände treffen im Ergebnis nicht zu:
a) Grenzseitige Garagen dürfen eine mittlere Wandhöhe von 3 m über der Geländeoberfläche nicht überschreiten (§ 8 Abs. 2 Satz 2 LBO). Als Wandhöhe gilt das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand (§ 7 Abs. 4 LBO). Die Vorschriften der LBO über die Einhaltung der Abstandsflächen haben eine nachbarschützende Funktion, weshalb der durch eine bauordnungswidrig errichtete Garage beeinträchtigte Nachbar gem. § 1004 Abs. 1 BGB Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes beanspruchen bzw. gem. § 823 Abs. 2 BGB im Wege des Schadensersatzes nach dem Grundsatz der Naturalrestitution Rückbau der Garage verlangen kann (vgl. BGHZ 114, 183, 185 f.; BayObLGR 1993, 230; LG Kiel, SchlHA 2003, 116). Indessen liegt ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 S. 2 LBO nicht vor, da der Kläger nach richtigem Normverständnis nicht gegen die Vorgaben des § 7 Abs. 4 S. 2 LBO verstoßen hat.
b) Zunächst war es entgegen der Rechtsauffassung der Zweitberufung nicht fehlerhaft, dass der Sachverständige die Höhe der Mauer nicht nach dem tieferen Niveau des Grundstücks der Beklagten bemessen hat.
aa) Wie auch die Zweitberufung nicht verkennt, entspricht es anerkannten Grundsätzen, dass bei Niveauverschiedenheiten der Nachbargrundstücke als unterer Bezugspunkt für die Bestimmung der Wandhöhe von Grenzgaragen die Geländeoberfläche des Baugrundstücks und nicht diejenige des Nachbargrundstücks heranzuziehen ist (OVG des Saarlandes, Urt. vom 23.4.2002 – 2 R 7/01, SKZ 2002, 301; Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Aufl., S. 378; ebenso VG Düsseldorf, Beschl. v. 13.11.2003 – 9 L 4047/03; VG München, Urt. v. 6.12.2005 – M 1 K 05.3382). Eine andere Beurteilung ist allenfalls dann geboten, wenn der Grundstückseigentümer vor der Bebauung eine Aufschüttung mit dem Ziel veranlasste, die Vorgaben des § 7 Abs. 4 LBO zu unterlaufen. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht zu beurteilen:
bb) Das Lichtbild Nr. 5 (GA I Bl. 193) zeigt einen im Wesentlichen ebenen Grundstücksverlauf vor der Bebauung. Wenn der Kläger vor der Errichtung der Garage Aufschüttungen vorgenommen haben sollte, um das Niveau der bereits angelegten Straße zu erreichen, so wäre dies offensichtlich nicht in der Absicht geschehen, die Grenzabstände der LBO zu unterlaufen. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass für eine solche Aufschüttung ein nachvollziehbares, legitimes Interesse bestanden hätte.
Für eine über einen Niveauausgleich hinausgehende Aufschüttung spricht im vorderen Bereich des Grundstücks nach Lage der Lichtbilder wenig: Auf dem von den Beklagten mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 3.11.2008 eingereichten Lichtbild Nr. 2 (GA I Bl. 66) ist zu erkennen, dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Garage auch das Geländeniveau des Beklagtengrundstücks noch nicht endgültig fertiggestellt war. Auf dem Lichtbild ist ein lehmiger Untergrund abgebildet, dessen Kultivierung im dort gezeigten Zustand einen Bodenauftrag erforderlich machte. Darüber hinaus lag der Schotter entlang der Hauswand noch frei, weshalb auch in diesem Bereich ein weiterer Bodenauftrag sinnvoll erschien.
cc) Letztendlich kann dahinstehen, ob der Kläger das Grundstück über den Niveauausgleich aufgeschüttet hat. Auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen steht fest, dass sich der Kläger durch eine über den Niveauausgleich hinausgehende Aufschüttung keinen Vorteil verschafft hat: Da der Sachverständige als Nullpunkt für seine Höhenmessung das niedrigere Niveau der Straßenrinne gewählt hat, wäre jede weitere Aufschüttung in die Berechnung der Wandhöhe eingeflossen.
c) Auf der Grundlage der vom Sachverständigen durchgeführten Messungen liegt ein Normverstoß des Klägers gegen die Abstandsvorschriften der LBO nicht vor.
aa) Zwar ist der Zweitberufung zuzugestehen, dass der Sachverständige die mittlere Wandhöhe mit 3,16 m gemessen hat. Er hat bei seiner Berechnung als oberen Begrenzungspunkt die Bitumeneindeckung des Flachdachs zugrunde gelegt und hierbei auf den technischen Sachverhalt rekurriert, dass als Dachhaut im Bauwesen ein Teil des Daches angesehen werde, der die darunterliegenden Teile vor Witterungseinflüssen schütze, wohingegen die Holzrahmenkonstruktion Bestandteil der tragenden Dachkonstruktion sei, die im Bauwesen von der Dachhaut abzugrenzen sei (so das Gutachten vom 31.5.2010, S. 2, GA I Bl. 196). Dieses Verständnis musste sich jedoch dem Kläger als Adressat der Vorschrift des § 7 Abs. 4 S. 2 LBO nicht erschließen:
bb) Der Regelungsgehalt der Norm ist nicht hinreichend eindeutig. Die Vorschrift legt für die richtige Bemessung der Wandhöhe zwei alternative Kriterien fest. So soll die Wandhöhe zum einen von der Geländeoberfläche bis zum „Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut“ gemessen werden. Zum andern soll als Wandhöhe das Maß von der Geländeoberfläche bis zum oberen Abschluss der Wand gelten. Aus diesem Wortlaut erschließt sich nicht, welches der beiden Kriterien für die Bemessung der oberen Begrenzung Geltung beansprucht, falls die Messungen nach beiden Kriterien voneinander differieren. Diese Unschärfe kommt gerade im vorliegenden Rechtsstreit zum Ausdruck: Da nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen die auf der Wand aufliegende Holzkonstruktion Bestandteil der tragenden Dachkonstruktion, nicht Bestandteil der diese aufnehmenden Wand ist, wäre die Höhe von 3 m unter Zugrundelegung der vom Sachverständigen ermittelten Messwerte augenscheinlich nicht überschritten, wenn die Höhe der Wand nicht bis zum Niveau der Bitumenabdeckung des Flachdaches, sondern lediglich bis zum oberen Abschluss der Wand gemessen wird. Das Niveau aller für die untere Dachkonstruktion ermittelten Messwerte liegt unter dem Wert von 3 m.
cc) Für einen unbefangenen Normadressaten musste es sich auch nicht erschließen, dass die Bitumeneindeckung eines Flachdachs im Sinne des § 7 Abs. 4 S. 2 1. Alt. LBO als „Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut“ anzusehen ist. Denn bei genauer Betrachtung liegt die Bitumenabdeckung auf der Wand nicht auf. Ein Schnittpunkt im geometrischen Sinne wäre nur gedanklich zu konstruieren, indem man die Wand über die Holzkonstruktion hinaus nach oben verlängert. Demgemäß würde die vom Sachverständigen vertretene, am technischen Bedeutungsinhalt des Begriffs der „Dachhaut“ angelehnte Auffassung im Wortlaut der Vorschrift nur dann einen Widerhall finden, wenn die Höhe der Mauer stets „bis zur Dachhaut“ zu messen wäre. Diese klare Formulierung lässt der Wortlaut jedoch vermissen, indem er den oberen Bezugspunkt für die Messung der Höhe als „Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut“ benennt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger sich beim Bau der Garage hinsichtlich der Höhe an die Vorgaben des § 7 Abs. 4 S. 2 2. Alt. LBO gehalten hat: Die Höhe der Wand hält das Maß von 3 m ein, wenn die Wandhöhe von der Geländeoberfläche bis „zum Abschluss der Wand“ gemessen wird.
2. Sodann verfolgt die Zweitberufung den zurückgewiesenen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der behaupteten Wasserableitungen weiter. Auch hinsichtlich dieses Teilstreitgegenstandes ist der Zweitberufung ein Erfolg zu versagen, da die Beklagten die materiellen Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs – nämlich den Umstand, durch das abfließende Wasser erheblich beeinträchtigt zu sein – nicht hinreichend substantiiert dargelegt haben.
a) Das Landgericht hat den Anspruch mit der Begründung abgewiesen, dass der natürliche Ablauf von Wasser generell hinzunehmen sei und überdies nicht erkennbar sei, dass die Regenwasserbeeinträchtigung über das übliche Maß hinausgehe. Auf den Fotos sei im gesamten Gelände – nicht nur im Bereich der Grundstücksgrenze – eine Pfützenbildung zu erkennen.
b) Dem setzt die Zweitberufung entgegen, die Beklagten hätten vorgetragen, dass sich im Bereich der Grenze fast ein Biotop gebildet habe. Es sei vorgetragen worden, dass sich im Bereich der Grenze verstärkt, also in einem über das übliche Maß hinausgehenden Umfang Wasser bilde. In der mündlichen Verhandlung vom 7.11.2008 sei die Behauptung aufgestellt worden, dass die Wasserableitung vom klägerischen Grundstück auf das Grundstück der Beklagten erfolge. Am 27.2.2009 habe das Amtsgericht in dem Ortstermin festgestellt, dass sich das klägerische Grundstück ca. 52-76 cm höher befinde als das Beklagtengrundstück und sich der Boden im Bereich der Sichtschutzwand lehmig angefühlt habe. Weiterhin sei vorgetragen worden, dass der Kläger sein Grundstück hinter dem Haus in Höhe von ca. 80 cm aufgeschüttet habe.
c) Das Landgericht hat zunächst den richtigen rechtlichen Ausgangspunkt gewählt. Demnach steht dem Nachbarn im Allgemeinen aus § 1004 BGB kein Anspruch zu, den natürlichen Ablauf wild abfließenden Wassers auf ein tiefer gelegenes Grundstück zu verhindern. Vielmehr muss der Nachbar den natürlichen Ablauf wild abfließenden Wassers im Regelfall uneingeschränkt hinnehmen. Ein Beseitigungsanspruch ist erst unter den engeren Voraussetzungen des Wasser- bzw. Nachbarrechts eröffnet (BGHZ 114, 183 ff.; Gursky, in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 1004 Rdnr. 61; MünchKomm(BGB)/Baldus, aaO, § 1004 Rdnr. 26). Diese Grenze wird im vorliegenden Fall durch die landesrechtliche Norm des § 38 Abs. 2 Nr. 1 SNachbG normiert: Demnach darf der Eigentümer eines Grundstücks den Abfluss wild abfließenden Wassers auf andere Grundstücke nicht verstärken, sofern dadurch die anderen Grundstücke erheblich beeinträchtigt werden. Diese Erheblichkeit der Beeinträchtigung haben die Beklagten nicht hinreichend dargelegt:
aa) Hierbei ist zunächst von Relevanz, dass der Sachvortrag der Beklagten, wonach Wasser vom Gelände des Klägers auf das eigene Grundstück abgeleitet werde, nicht auf das Kriterium der Erheblichkeit abzielt. Ebenso wenig kann die Erheblichkeit der Beeinträchtigung aus der Frage hergeleitet werden, ob die Aufschüttung des klägerischen Grundstücks in dessen hinterem Bereich 52 oder 80 cm beträgt. Auch der Vortrag, im Bereich der Grenze habe sich in einem über das übliche Maß hinausgehenden Umfang Wasser gebildet, ist inhaltsleer, da er sich auf die Wiedergabe einer Wertung beschränkt, ohne den tatsächlichen Zustand zu beschreiben und konkret darzulegen, in welchem Umfang die behauptete Feuchtigkeit einer sinnvollen Nutzung entgegensteht.
bb) Mithin bleibt bei genauer Analyse des Beklagtenvortrags nur der Vortrag, dass sich im Bereich der Grundstücksgrenze fast ein Biotop gebildet habe. Auch dieser Vortrag ist nicht hinreichend substantiiert:
aaa) Der Begriff des Biotops ist zur Beschreibung von Feuchtigkeitseinwirkungen nicht geeignet. Denn er beschreibt in Anlehnung an den griechischen Wortsinn lediglich den Sachverhalt, dass sich an einem bestimmten Lebensraum eine bestimmte Lebensgemeinschaft gebildet hat (Nachweise bei Wikipedia). Biotope sind demnach weder denknotwendig feucht, noch in einem Zustand, der die berechtigten Nutzungsinteressen eines Grundstückseigentümers unzumutbar erschwert: Auch eine Streuobstwiese kann im vorgenannten Sinn „Biotop“ sein.
bbb) Weiterhin darf nicht außer Betracht bleiben, dass das Amtsgericht am 27.2.2009 einen Ortstermin durchgeführt hat (GA I Bl. 111 ff.), anlässlich dessen kein Zustand vorgefunden wurde, der auf eine erhebliche Beeinträchtigung durch Wasser hindeutet. Die Feststellung des Gerichts, der Boden fühle sich im Bereich der Sichtschutzwand feuchter an als im übrigen Bereich des Grundstücks, ist nicht geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung zu belegen. Die vermehrte Feuchtigkeit ist vielmehr die notwendige Folge jedweder Wasserzuleitung. Reichte eine solche Einwirkung aus, um die Erheblichkeit im Sinne des § 38 Nr. 2 SNachbG zu begründen, würde der Regelungsgehalt dieser Vorschrift gewissermaßen in sein Gegenteil verkehrt, da eine solche in der Natur der Sache liegende Beeinträchtigung nur dann vermieden werden könnte, wenn der Eigentümer den Abfluss wild abfließenden Wassers grundsätzlich nicht verstärken darf. Bei dieser Lesart hätte das Kriterium der Erheblichkeit keinerlei Relevanz.
ccc) Letztendlich widerspricht es der Lebenserfahrung, dass eine Aufschüttung in jedem Fall zu einer Verstärkung des Wasserzuflusses auf das unten liegende Grundstück führt. Der verstärkte Zufluss betrifft unmittelbar nur die zum unterliegenden Grundstück weisende Fläche der Böschung. Demgegenüber wird das auf der aufgeschütteten Fläche selber niedergehende Wasser doch nur dann auf das unterliegende Grundstück abgeleitet, wenn die aufgeschüttete Fläche selber eine Neigung zum Unterliegergrundstück hat. Ein solcher Sachverhalt wird im vorliegenden Sachverhalt nicht dargelegt.
ddd) Aufgrund dieser Unklarheiten des Beklagtenvortrags ist es prozessual nicht zu beanstanden, dass das Landgericht mit Hinweisbeschluss vom 20.2.2011 (GA II Bl. 230) den Beklagten darauf hingewiesen hat, dass die Erheblichkeit der Beeinträchtigung bislang nicht nachgewiesen sei, und den Beklagten Gelegenheit gegeben hat, zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung im Sinne des § 912 BGB bzw. § 38 SNachbG weiter vorzutragen. Die Beklagten haben diese Gelegenheit nicht wahrgenommen, weshalb sie den hieraus resultierenden Nachteil tragen.
C. Zu den Nebenentscheidungen:
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich der erstinstanzlichen Kostenentscheidung auf 92 Abs. 1 ZPO. Hierbei hat der Senat sowohl hinsichtlich der von Amts wegen zu prüfenden Kostenentscheidung des ersten Rechtszugs (vgl. dazu BGH, Urt. v. 11.6.1992 – I ZR 226/90, GRUR 1992, 625; OLGR München, 1993, 228; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 97 Rdnr. 6; PG/Schneider, ZPO, 4. Aufl., § 97 Rdnr. 5) als auch hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren bei der Bestimmung der beiderseitigen Obsiegens- und Unterliegensanteile die in der Streitwertfestsetzung des Landgerichts angesetzten Werte zu Grunde gelegt. Auf dieser tatsächlichen Grundlage lässt die erstinstanzliche Kostenentscheidung keine Rechtsfehler erkennen:
a) Auch bei der Bestimmung der beiderseitigen Obsiegens- und Unterliegensanteile sind die zu § 3 ZPO entwickelten Rechtsgrundsätze zu beachten. Demnach wird der Wert der für die Kostenentscheidung maßgeblichen Teilstreitgegenstände bei unbeziffertem Klageantrag nach freiem Ermessen geschätzt. Zwar steht es dem Gericht gemäß § 3 HS 2 ZPO frei, über die tatsächlichen Grundlagen der Wertfestsetzung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Inaugenscheinnahme Beweis zu erheben. Gleichwohl ist eine solche Beweisaufnahme über die Grundlagen der Kostenentscheidung im Dienste einer praktikablen Rechtsanwendung nur dann indiziert, wenn auch unter Berücksichtigung der Parteiangaben eine verlässliche Schätzung schlechthin ausscheidet (PG/Gehle, aaO, § 3 Rdnr. 2; vgl. MünchKomm(ZPO)/Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rdnr. 5; Musielak/Heinrich, ZPO, 9. Aufl., § 3 Rdnr. 10).
b) Im vorliegenden Fall begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht die Streitwertangaben für den Klageantrag mit 2.000 EUR, den Widerklageantrag zu 1) mit 4.000 EUR, den Hilfsantrag zu 1) mit 3.000 EUR und den Widerklageantrag zu 2) mit 2.000 EUR geschätzt hat. Diese Schätzung lässt bereits deshalb keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers erkennen, weil der Kläger selber mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 4.5.2009 (GA I Bl. 130) den höheren Streitwertangaben des Beklagten hinsichtlich der Widerklage entgegen getreten ist und behauptet hat, dass sich der Streitwert für die Widerklageanträge zu 1) und 2) nicht ansatzweise auf 7.000 EUR bzw. 3.000 EUR belaufe. Weshalb sich der Kläger von diesem erstinstanzlichen Vortrag nunmehr distanziert und geltend macht, alleine die Arbeiten an der Garage beliefen sich auf 12.700 EUR, erschließt sich nicht. Da der in Bezug genommene Kostenvoranschlag nicht vorgelegt worden ist, besteht auch für den Senat keine Veranlassung, in eine Beweisaufnahme über die tatsächlichen Grundlagen der Kostenentscheidung einzutreten.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).