Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Dezember 2011 - 9 O 146/11 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im vorliegenden Rechtstreit nimmt die Klägerin als Leasingnehmerin eines Kraftfahrzeugs der Marke BMW Xl den Beklagten als Betreiber einer so genannten Portal-Wagenwaschanlage auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 31.12.2010 fuhr der Ehemann der Klägerin, der Zeuge U.H., gegen 10:25 Uhr mit dem am 28.5.2010 zugelassenen Fahrzeug in die Waschanlage des Beklagten. Nach dem Waschvorgang fuhr er zunächst in die D. Innenstadt. Dort stellte er fest, dass das Fahrzeug zerkratzt war. Es gab eine Vielzahl tiefgehender Lackkratzer im Bereich des Kühlergrills, der Motorhaube, der Frontscheibe, am Fahrzeugdach, an der Heckklappe, den Bremsleuchten, am Heckwischer sowie den Stoßfängern hinten. Der Zeuge fuhr sofort zur Tankstelle des Beklagten zurück und meldete der dort anwesenden Mitarbeiterin des Beklagten die festgestellten Schäden.
Sodann wurde Einigkeit erzielt, den nächsten Reinigungsvorgang abzuwarten. Der Zeuge W., der nach dem Zeugen H. die Waschanlage des Beklagten benutzt hatte, stellte ähnliche Beschädigungen an seinem Fahrzeug fest. Daraufhin suchten die Zeugen H. und W. mit der Mitarbeiterin des Beklagten die Waschanlage nach Fremdkörpern in den Bürsten ab. Hierbei wurden jedoch keine Fremdgegenstände festgestellt.
Die Mitarbeiterin des Beklagten erklärte sich sodann bereit, schriftlich zu bestätigen, dass sowohl das Fahrzeug der Klägerin als auch das Fahrzeug des Zeugen W. in der streitgegenständlichen Waschanlage beschädigt worden waren (BI. 38 d. A.).
Die Klägerin hat behauptet, das Fahrzeug sei vor dem Waschvorgang schadensfrei gewesen und habe sich die Lackschäden während des Waschvorgangs zugezogen. Sie trägt vor, es könne nicht mehr nachvollzogen werden, worauf der Schaden genau zurückzuführen sei. Möglicherweise resultiere er aus einem Mangel der Anlage oder einen Defekt der Waschbürsten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Schaden daher rühre, dass von dem vor dem Fahrzeug der Klägerin gereinigten Fahrzeug eine Antenne abgerissen worden sei. Falls die am Unfalltag alleine in der Tankstelle anwesende Zeugin zu Beginn ihrer Schicht gegen 6:00 Uhr morgens überhaupt eine Kontrolle der Anlage durchgeführt haben sollte - was die Klägerin bestritten hat - sei es aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse für die Zeugin nahezu unmöglich gewesen, eine ordnungsgemäße Überprüfung vorzunehmen. Es sei daher durchaus nahe liegend, dass sich bereits zu diesem Zeitpunkt Fremdkörper in den Waschbürsten befunden hätten, die jedoch mangels ordnungsgemäßer Kontrolle nicht entdeckt worden seien.
Überdies sei eine einzige Kontrolle am frühen Morgen des Tages auch nicht ausreichend gewesen, zumal zu berücksichtigen sei, dass auch das Ausfahrtor der Waschanlage defekt gewesen sei. Dies habe für den technischen Ablauf des Anlagebetriebs eine zusätzliche Gefahrenlage bedeutet und hätte eine gesteigerte Kontrolle nach sich ziehen müssen.
Die Klägerin hat den Beklagten erstinstanzlich auf Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von netto 6.146,51 EUR, einer Wertminderung in Höhe von 800 EUR sowie Erstattung von Sachverständigengutachten in Höhe von zuletzt 982,87 EUR sowie auf Zahlung einer Unkostenpauschale in Höhe von 25,56 EUR in Anspruch genommen. Hinsichtlich des Feststellungsantrags hat die Klägerin vorgetragen, dass sie ihr Fahrzeug bislang noch nicht habe reparieren lassen, weshalb für den Fall der Reparatur noch weitergehende Ansprüche, insbesondere Nutzungsausfall, entstehen könnten.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.954,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 4.2.2011 zu zahlen-,
2. festzustellen, dass der Beklagte weiterhin verpflichtet ist, der Klägerin weitergehenden Schaden, insbesondere reparaturbedingten Nutzungsausfall aus dem Unfallereignis vom 31.12.2010 in der Waschstraße des Beklagten zu ersetzen;
3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche, verzugsbedingte Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2011 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, dass die Schäden am Fahrzeug der Klägerin durch eine 30 cm lange Dachantenne verursacht worden seien, die von einem Fahrzeug, welches unmittelbar vor dem Zeugen H. die Waschanlage benutzt habe, abgebrochen sei. Die Waschanlage sei zu dem Schadenszeitpunkt mangelfrei gewesen und habe dem Stand der Technik und aller Sicherheitsbestimmungen entsprochen. Der Beklagte lasse die Anlage täglich durch seine Mitarbeiter auf ihre Betriebssicherheit überprüfen, wobei insbesondere die Waschbürsten auf Fremdkörper untersucht würden. Zu Beginn ihrer Frühschicht habe die Zeugin W. die Waschanlage überprüft und hierbei keine Störungen oder Defekte festgestellt. Insbesondere seien keine Fremdkörper in den Bürsten gefunden worden. Die Anlage sei störungsfrei gelaufen. Nachdem der Zeuge H. Schäden angezeigt habe und bei einer oberflächlichen Prüfung zunächst keinen Fremdkörper in der Anlage gefunden worden seien, sei die Anlage von dem hinzu gerufenen Mitarbeiter T. überprüft worden. Dieser habe in der Dachbürste eine etwa 30 cm lange abgerissene Fahrzeugantenne vorgefunden. Nach deren Entfernung sei die Anlage störungsfrei gelaufen. Es sei aus technischer Sicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Schäden durch die Aggregate der Waschanlage ohne Beteiligung der Antenne verursacht worden seien. Die entlang einer Linie von der Front bis zum Fahrzeugheck vorliegenden Kratzer seien plausibel damit zu erklären, dass die in der Bürste vorhandene Antenne peitschenartig auf das Fahrzeug geschlagen worden sei.
Eine Pflichtverletzung sei hierin nicht zu erkennen. Auch liege ein schuldhaftes Handeln nicht vor. Der Beklagte weise in den an der Waschanlageneinfahrt ausgehängten Bedienhinweisen darauf hin, dass Antennen vor dem Waschvorgang zu entfernen oder einzuschieben seien.
Der Beklagte hat weiterhin bestritten, dass die Reparaturkosten in Höhe von netto 6.146,51 EUR für eine Wiederherstellung in dieser Höhe angemessen und erforderlich seien. Überdies habe die Klägerin ihre angeblichen Schadensersatzansprüche an die Firma M.-Dynamik GmbH unwiderruflich abgetreten BI. 70 d. A.).
In dem geltend gemachten Betrag seien darüber hinaus Verbringungskosten in Höhe von netto 128 EUR enthalten. Auch diese Position sei nicht erstattungsfähig. Mit Nichtwissen hat der Beklagte bestritten, dass eine Wertminderung von 800 EUR entstanden sei. Auch könne die Klägerin die Kosten für das Sachverständigengutachten sowie eine Kostenpauschale nicht beanspruchen. Schließlich ist der Beklagte der Auffassung, dass der Klageantrag zu 2) unzulässig sei: Aufgrund der gewerblichen Nutzung des Fahrzeugs könne die Klägerin keinen pauschalierte Nutzungsausfall geltend machen.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 7.954,38 EUR nebst Zinsen zu zahlen und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weitergehenden Schaden aus dem Unfallereignis vom 31.12.2010 in der Waschstraße des Beklagten zu ersetzen. Darüber hinaus hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Berufung vertritt zunächst die Auffassung, es sei zwar technisch richtig, dass der Schaden auf eine in der Waschanlage vorhandene Antenne zurückzuführen sei. Indessen hätte das Landgericht diese Schadensursächlichkeit nicht unterstellen dürfen, da die Klägerin vorgetragen habe, dass der Schaden nicht durch die Antenne entstanden sei. Daher sei der Klagevortrag unschlüssig gewesen.
In technischer Hinsicht sei es ausgeschlossen, dass Fahrzeuge, die die Waschanlage durchlaufen, von einer in der Waschbürste befindlichen Antenne nicht beschädigt worden wären. Diesen Sachvortrag habe der Beklagte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dessen Einholung das Landgericht verfahrensfehlerhaft übergangen habe.
Es sei abwegig, dass ein deutscher Autofahrer nach einem Waschvorgang aufgetretene Beschädigungen klaglos hinnehmen. Da vor der Klägerin keine weiteren Schadensfälle angezeigt worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die Antenne zum Zeitpunkt der Überprüfung durch die Zeugin W. nicht vorhanden gewesen sei.
Weiterhin hätte das Landgericht die Zeugin dazu vernehmen müssen, auf welche Weise sie die Bürste überprüft habe. Erst nach Erhebung dieses Beweises hätte das Landgericht die Frage beantworten können, ob es möglich gewesen sei, dass andere Fahrzeuge trotz der Antenne beschädigungsfrei gewaschen werden konnten.
Auch sei es nicht zulässig, aus dem Umstand, dass der Schaden im Rahmen der Fahrzeugwäsche entstanden sei, auf eine objektive Pflichtverletzung des Beklagten zu schließen. Eine objektive Pflichtverletzung liege nicht vor, wenn die Antenne zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht in den Waschbürsten verhakt gewesen sei und erst unmittelbar vor dem Waschvorgang des klägerischen Fahrzeugs in die Bürsten gelangt sei.
Schließlich sei der Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen, die Waschanlage vor jedem einzelnen Waschvorgang zu überprüfen. Der Beklagte habe seiner Sorgfaltspflicht dadurch genügt, dass die Anlage zu Beginn des Arbeitstages gewissenhaft überprüft worden sei.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 8.12.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 9 0 146/11 - die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Feststellungen des Landgerichts zur Schadensursache seien nicht zu beanstanden: So habe die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.1.2011 vorgetragen, dass eine Schadensverursachung durch die Antenne denkbar und möglich sei. Sofern die Berufungsbegründung so zu verstehen sei, dass die Schutzummantelung der Antenne bei ihrem Auffinden im unteren Bereich über eine Höhe von ca. 7,5 cm nicht mehr vorhanden gewesen sei, werde die Klägerin den Umstand der Schadensverursachung durch die Antenne unstreitig stellen.
Das Landgericht habe auch zutreffend gefolgert, es sei durchaus möglich, dass die Zeugin bei ihrer Kontrolle um 6:00 Uhr morgens die Antenne übersehen habe, weil sie die Bürsten nur oberflächlich kontrolliert habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 20.2.2012 (Bl. 160 ff. d.A.) und der Berufungserwiderung vom 2.4.2012 (BI. 180 ff. d. A.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2013 (Bi. 192 f.) verwiesen.
II.
A.
Die zulässige Berufung hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, da das Landgericht in einer das rechtliche Gehör des Beklagten verletzenden Weise einen für die Sachentscheidung erheblichen Beweisantrag übergangen hat.
1. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin kann zum einen aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht, zum andern gemäß § 631 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB aus einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten hergeleitet werden. Da sich die deliktische Verkehrssicherungspflicht und die vertraglichen Schutzpflichten in ihrem Inhalt im Wesentlichen decken, ist in der weiteren Betrachtung eine rechtliche Differenzierung entbehrlich, weshalb sich die Untersuchung auf die Prüfung der vom Landgericht als erfüllt erachteten vertraglichen Anspruchsgrundlage beschränken kann.
2. Die Haftung des Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB setzt zunächst voraus, dass der geltend gemachte Schaden am PKW im Herrschaftsbereich des Beklagten, also während des Waschvorgangs auftrat. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit:
Der Beklagte ist dem Sachvortrag der Klägerin, wonach das Fahrzeug vor dem Waschvorgang unbeschädigt war, nicht entgegengetreten, sondern hat stattdessen dargelegt, es sei falsch, dass ein anderer Umstand als eine in der Waschbürste vorhandene Antenne für den Schaden ursächlich sei. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin darüber hinaus unstreitig gestellt, dass der Schaden am klägerischen Fahrzeug durch die asservierte Antenne entstand.
3. Sodann muss der Schaden gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB auf einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten beruhen. Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ist auch diese Anspruchsvoraussetzung nachgewiesen, weil der Wagen während des Waschvorgangs beschädigt wurde.
a) Gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Hierbei bedarf die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung einer differenzierten Betrachtung: Lediglich bei nicht auf einen Erfolg bezogenen Pflichten trägt der Gläubiger den vollen Beweis für die Pflichtverletzung. Demgegenüber ergibt sich bei erfolgsbezogenen Pflichten der Beweis der objektiven Pflichtverletzung bereits daraus, dass die Leistung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurde: Hat der Schuldner nach dem Vertragsinhalt die erfolgsbezogene Pflicht, einen Schaden zu vermeiden, wird durch den Nachweis des Schadens zugleich die Pflichtverletzung bewiesen (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 280 Rdnr. 35; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 280 Rdnr. 29; Ernst in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 280 Rdnr. F 29).
Dies deckt sich mit der zu § 282 BGB aF entwickelten Rspr.: Demnach konnte die Beweislastumkehr des § 282 BGB aF auch den Nachweis eines objektiven Pflichtenverstoßes umfassen, wenn der Gläubiger im Herrschaftsbereich des Schuldners zu Schaden kam und die den Schuldner treffenden Verhaltenspflichten auch darauf abzielten, den Gläubiger vor einem solchen Schaden zu bewahren (BGH, Urt. v. 18.12.1990 - VI ZR 169/90, NJW 1991, 1540, 1541; BGHZ 3, 162, 174; 41, 151, 153; 51, 91, 103;67,383,387).
b) Angewandt auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt stellen die von dem Betreiber der Waschanlage zu beachtenden Schutzpflichten, Wagenbesitzer vor Schäden zu bewahren, im vorgenannten Sinne „erfolgsbezogene" Pflichten dar, weshalb auch die Pflichtverletzung des Beklagten schon deshalb als bewiesen zu betrachten ist, weil der Wagen beim Durchlaufen der Anlage zu Schaden kam (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962). Eines weitergehenden dezidierten Sachvortrags der Klägerin zu den Umständen der Schadensentstehung und eventuell hieraus abzuleitender Defizite des Beklagten bei der Beachtung der Schutzpflichten bedurfte es demgemäß nicht.
Zu keinem anderen Ergebnis gelangt die Rechtsanwendung, wenn man mit den gleichfalls anerkannten Grundsätzen zur Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen (BGH, Urt. v. 22.10.2008 - XII ZR 148/06, NJW 2009, 142; Erman/Westermann, aaO, § 280 Rdnr. 27) argumentiert: Selbst bei verhaltensbezogenen Pflichten kann auf eine Pflichtverletzung des Schuldners geschlossen werden, wenn der Gläubiger dartut, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrühren kann (Palandt/Grüneberg, aaO, § 280 Rdnr. 37). So liegen die Dinge hier.
4. Allerdings kann sich der Beklagte entlasten: Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entfällt die Schadensersatzpflicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
a) Diesen Entlastungsbeweis hat der Beklagte angetreten. Denn er behauptet, der Schaden könne nur von einer verhakten Antenne stammen, die unmittelbar vor dem Schadensfall in die Bürste geraten sei, weshalb der Schaden auch bei Anstrengung der zumutbaren Sorgfalt nicht vermeidbar gewesen wäre.
Diesen Sachvortrag hat der Beklagte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, den das Landgericht schlichtweg übergangen hat. Es hat gewissermaßen das Gegenteil für möglich erachtet, indem es auf S. 9 ausführt, wonach es nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine abgerissene Antenne sich zunächst in einer Waschbürste so verhake, dass Fahrzeuge, die die Waschanlage anschließend durchlaufen würden, keine Beschädigungen davontrügen und die Antenne erst durch weitere Waschvorgänge weiter transportiert werde, so dass sie Schäden an anderen Fahrzeugen verursachen könne. Genau den gegenteiligen Sachvortrag hat der Beklagte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Beweisaufnahme nicht deshalb entbehrlich, weil der Sachvortrag des Beklagten schon wegen der gleichfalls aufgetretenen Beschädigung des unmittelbar nach dem klägerischen Fahrzeug gewaschenen Fahrzeugs als widerlegt anzusehen sei. Vielmehr steht das Auftreten von Schäden an dem unmittelbar nach dem klägerischen Fahrzeug gewaschenen Fahrzeug mit dem Sachvortrag des Beklagten durchaus in Einklang: Der Beklagte trägt nämlich vor, dass eine in den Bürsten befindliche Antenne notwendigerweise und zwingend bei jedem Waschvorgang Schäden verursacht, solange die Antenne nicht entfernt wird. Unterstellt man, dass die Antenne unmittelbar vor dem Waschvorgang des klägerischen Fahrzeugs in die Bürste geriet und dort zunächst nicht entdeckt wurde, musste nach der Logik des Beklagtenvortrags auch am nachfolgenden Fahrzeug ein Schaden entstehen.
b) Auch fehlt es nicht deshalb an der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers, weil die weiteren Umstände, die die Klägerin zur Herleitung eines Sorgfaltsverstoßes bemüht, das Eingehen auf den Entlastungsbeweis entbehrlich machen. Hierbei ist daran zu erinnern, dass der Betreiber einer Autowaschanlage nicht der Gefährdungshaftung unterliegt. Diese gesetzliche Grundkonzeption der verschuldensabhängigen Haftung darf durch eine Überspannung der Sorgfaltsanforderungen an den Betreiber nicht unterlaufen werden.
aa) Zunächst ist der Umstand, dass sich das Ausgangstor zum Unfallzeitpunkt nicht öffnen ließ, für die Beurteilung eines eventuellen Sorgfaltsverstoßes ohne erkennbare Relevanz. Es besteht ersichtlich keinerlei Zusammenhang zwischen einer möglichen Fehlfunktion des Tores und dem entstandenen Schaden.
bb) Sodann hat die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2011 darauf rekurriert, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflichten deshalb verletzt, weil die bei Abfassung des Schriftsatzes vorhandene Beschilderung nicht nachhaltig davor gewarnt habe, Antennen abzuschrauben, weshalb - so die rechtliche Schlussfolgerung der Klägerin - die Beschilderung das Risiko erhöht habe, dass spätere Nutzer der Waschanlage durch abgerissene Antennen zu Schaden kommen. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen: Der Text des auf BI. 121 d. A. kopierten Schildes ist für einen situationsadäquat aufmerksamen Nutzer ohne weiteres verständlich und hinreichend, um die Nutzer der Anlage zum Abschrauben der Antenne anzuhalten. Die Argumentation, die Aufmerksamkeit des Nutzers werde durch den Hinweis auf das Spar-Menü abgelenkt, überzeugt nicht, zumal nicht vorgetragen wird, dass das offensichtlich mobile Schild zum Unfallzeitpunkt an Ort und Stelle aufgestellt war. Soweit die Klägerin dies schlicht in Abrede stellt, begibt sich die Klägerin in den Bereich der Spekulation.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte auch nicht gehalten, die Anlage am Schadenstag im Ein-oder-Zwei-Stundenrhythmus zu überwachen.
aaa) Die Rechtsfrage, welche Sorgfalt ein Betreiber einer Selbstwaschanlage aufwenden muss, um den Verkehr vor Schäden zu bewahren, ist Einzelfall bezogen zu beantworten.
Im Grundsatz gilt, dass derjenige, der einen Verkehr eröffnet, alle Vorkehrungen treffen muss, um Schäden Dritter tunlichst zu vermeiden (Palandt/Sprau, aaO, § 823 Rdnr. 46; MünchKomm (BGB) Wagner, 6. Aufl., § 823 Rdnr. 243). Allerdings ist eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, im praktischen Leben nicht zu erreichen (st. Rspr. BGH, statt aller: 2.3.2010—VI ZR 223/09, NJW 2010, 1967; Urt. v. 16.5.2006—VI ZR 189/05, NJW 2006, 2326). Der Verkehrssicherungspflichtige muss nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind solche Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der Verkehrskreise für notwendig und ausreichend erachtet, um andere Personen - hier die Kunden einer Selbstwaschanlage - vor Schäden zu bewahren (vgl. BGH, NJW 2010, 1967; 2006, 2326).
Weiterhin fließt in die Beurteilung auch das in den entsprechenden Verkehrskreisen branchenübliche Schutzniveau ein: Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist im Regelfall genügt, wenn der erreichte Sicherheitsstandard der in dem entsprechenden Bereich herrschenden Verkehrserwartung entspricht (BGH, NJW 2010, 1967; vgl. Urt. v. 16.5.2006 - VI ZR 189/05, VersR 2006, 1083; Urt. v. 8.11.2005 - VI ZR 332/04, VersR 2006, 233). Schließlich sind Ausmaß und Größe der Gefahr sowie die Schadenswahrscheinlichkeit in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 2007, 460). Diese Kriterien stehen miteinander in Wechselwirkung: Je größer die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung und je schwerer der drohende Schaden, desto weitgehendere Sicherungsmaßnahmen sind zu ergreifen (BGH, Urt. v. 31.10.2006 - VI ZR 223/06, VersR 2007, 72, 73; MünchKomm(BGB)/Wagner, § 823 Rdnr. 259; Gerecke, VersR 2008, 1595).
bbb) Angewandt auf die vorliegend zu beantwortende Frage nach der Kontrolldichte von Sichtprüfungen ist zunächst von Relevanz, dass der eingetretene Schaden nicht auf eine Funktionsstörung der Anlage selber zurückzuführen ist, sondern in Gestalt einer abgerissenen Antenne auf einer unsachgemäßen Bedienung durch einen Vorbenutzer beruht. Dieser Schaden nahm seinen Ausgangspunkt von einem äußeren Geschehen, welches sich seinerseits schicksalhaft ereignete und dessen Eintritt durch regelmäßige Wartungen und Kontrollen weder beeinflusst noch vorhergesehen werden konnte. Bei dieser Sachlage wäre eine substantielle Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht dadurch zu erreichen, dass die Waschanlage etwa im Stundentakt auf Fremdkörper untersucht würde. Letztlich ließe sich die Gefahr, die aus abgerissenen Fahrzeugteilen droht, nur durch eine lückenlose Kontrolle aller Waschvorgänge merklich reduzieren. Eine solche lückenlose Kontrolle ist jedoch bei Selbstwaschanlagen der vorliegend zu beurteilenden Art nicht zumutbar und entspricht auch nicht den berechtigten Erwartungen der betroffenen Verkehrskreise. Wie auch der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt hat, ist es nicht branchenüblich, den Betrieb von Portalwaschanlagen lückenlos zu überwachen.
Aus denselben Erwägungen ist der objektive Sorgfaltsverstoß entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht daraus herzuleiten, dass der Beklagte nicht für eine Videoüberwachung der Anlage sorgte oder kein Personal abstellte, um die Waschanlage zu überwachen: Eine so weitgehende Verkehrssicherungspflicht überspannt die berechtigten Verkehrserwartungen eines Benutzers einer Selbstwaschanlage.
ccc) Hinzukommt folgende Erwägung: Portalanlagen der vorliegenden Art werden häufig - so auch hier - in unmittelbarer Nähe einer Tankstelle betrieben, deren Personal nicht nur zur Ausgabe der Waschmarken, sondern auch zur Entgegennahme von Reklamationen und Beanstandungen als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Auf diese Weise ist gesichert, dass auftretende Fehler beim Waschvorgang unmittelbar bemerkt und schadensvermeidend behoben werden können. Mithin hat der Betreiber einer Portalwaschanlage durch die ständige Anwesenheit des Tankstellenpersonals zugleich eine verkehrssichernde Maßnahme ergriffen, die es im Regelfall erlaubt, gerade dem vorliegend zu beurteilenden Schaden, der nachfolgenden Kunden durch abgerissene Fahrzeugteile droht, wirksam zu begegnen.
ddd) Entgegen der Rechtsauffassung der Berufung ist die rechtliche Wertung, die es dem Betreiber von Kaufhäusern und Supermärkten vorschreibt, die Fußböden in recht kurzen Intervallen auf eventuelle Gefahren in Gestalt von Nässe oder Obst- und Gemüseresten zu untersuchen (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1994 —VI ZR 238/93, NJW 1994, 2232; OLG Hamm, NJWRR 2002, 171; OLG Schleswig, NJW-RR 1992, 796; zur Kasuistik vgl. Palandt/Sprau, aaO, § 823 Rdnr. 200), auf die vorliegende Frage nach der Kontrolldichte einer Selbstwaschanlage nicht zu übertragen. Denn die strengen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten des Kaufhausbetreibers beruhen auf der Erfahrungstatsache, dass die Schadenshäufigkeit von Stürzen in gut frequentierten Kaufhäusern recht hoch ist. Es liegt gewissermaßen in der Natur der Sache, dass in Obst- und Gemüseabteilungen eine Verunreinigung der Fußböden selbst bei einer bestimmungsgemäßen Benutzung kaum je zu vermeiden ist. Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt: Nach Lage der Dinge kann die Antenne nur deshalb in die Waschbürste geraten sein, weil der Vorbenutzer die Antenne nicht vor dem Waschvorgang entfernt hat. Unter diesem Blickwinkel ist der nunmehr aufgetretene Schaden nicht Ausfluss einer bestimmungsgemäßen, sondern einer fehlerhaften Benutzung der Anlage. Dies setzt die Schadenswahrscheinlichkeit gegenüber den Kaufhausfällen signifikant herab.
eee) Letztlich darf im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Waschanlage am Schadenstag nicht stark frequentiert war: Der Beklagte hat unbestritten dargelegt, dass am fraglichen Tag lediglich 30 Fahrzeuge gewaschen worden seien. In Anbetracht des Umstandes, dass morgens um 6:00 Uhr nach aller Lebenserfahrung nicht mit einem starken Waschbetrieb zu rechnen ist, bestand somit in der Gesamtschau der relevanten Faktoren kein Anlass, die zu Beginn des Tages durchgeführte Kontrolle vor 10:25 Uhr noch einmal zu wiederholen.
B.
Nach alledem war die Sache auf den Hilfsantrag des Beklagten gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht unter Aufhebung des Urteils zurückzuverweisen, da das Verfahren wegen Obergehens des Beweisantrags an einem wesentlichen Mangel leidet und eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig wird. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit, die anzuordnen war, um eine Vollstreckung aus dem aufgehobenen Urteil zu vermeiden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 538 Rdnr. 59), beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Mitarbeiterin die Überprüfung sorgfältig durchgeführt hat, bislang nicht tatrichterlich aufgeklärt worden ist. Dazu bestand auch für den Senat kein Anlass: Selbst wenn die Mitarbeiterin oberflächlich gearbeitet hätte, wäre - die Richtigkeit des Beklagtenvortrags unterstellt - ein eventuelles Verschulden für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden, da sich danach die Antenne zu Beginn der Schicht noch nicht in der Bürste befunden haben kann. Allerdings besitzt die Tatfrage Relevanz, wenn nach dem Ergebnis des Sachverständigenbeweises nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Antenne eine ungewisse Zeit vor dem schadensstiftenden Waschvorgang in der Bürste befand. Dann wird der Frage nachzugehen sein, ob die Mitarbeiterin des Beklagten ihrer Kontrollfunktion zu Beginn der Schicht sorgfältig nachgegangen ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).