Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 02. Jan. 2018 - 7 U 90/17
Gericht
Tenor
I. Die Klägerin wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.
III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf bis zu 13.000,00 € festzusetzen (10.198,81 € + 2.000,00 € für den Feststellungsantrag).
Gründe
- 1
Die Berufung der Klägerin vom 28. September 2017 gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 22. August 2017 hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 23. Oktober 2017 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
- 2
1. Aktivlegitimation
- 3
Unstreitig hat die Klägerin bereits seit dem 18. Februar 2015 (mithin schon vor Klagerhebung) das Objekt schenkweise ihrer Tochter zu Eigentum übertragen. Ein eigener Schaden der Klägerin ist mithin nicht dargelegt.
- 4
2. Beauftragung auch mit der Leistungsphase 9 (Objektbetreuung)
- 5
Erstmals mit der Berufung behauptet die Klägerin, sie habe den Beklagten hinsichtlich des Balkons auch mit der Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) beauftragt. Diese Behauptung ist streitig.
- 6
Aufgrund des unstreitigen Tatbestands im angefochtenen Urteil steht fest, dass die Klägerin den Beklagten im Hinblick auf den Balkon nur mit der Genehmigungsplanung und Objektüberwachung (d. h. bis zur Leistungsphase 8) beauftragt hat. Bei der Behauptung der Klägerin handelt es sich mithin um streitigen neuen Tatsachenvortrag, dessen Berücksichtigung gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3 BGB unzulässig ist. Im ersten Rechtszug war von einer Beauftragung des Beklagten auch mit der Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) noch keine Rede. Diese Leistungsphase ist im Übrigen in der Schlussrechnung des Beklagten vom 29.07.2008 (Anlage K 4) auch nicht aufgeführt. Das Leistungssoll des Beklagten ist durch das Angebot vom 26.03.2007 (Anlage K 2) definiert, dort heißt es zu den Baunebenkosten: „Bauantragsunterlagen für die baulichen Veränderungen, Objektüberwachung durch Architekten, Koordination und Beauftragung der Firmen durch Kooperation“). Auch aus der persönlichen Anhörung der Klägerin vom 20.06.2017 zur Auftragsvergabe an den Beklagten ergibt sich nichts anderes (vgl. Protokoll vom 20.06.2017, Bl. 57 u. 58 GA). Von einer Objektbetreuung durch den Beklagten nach Fertigstellung des Balkons ist dort nichts zu lesen.
- 8
Die geltend gemachten Schadenersatz- und Feststellungsansprüche der Klägerin sind gemäß § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist begann spätestens am 04.08.2010 und endete mithin am 04.08.2015. Auch unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Hemmungszeitraums vom 19.09.2011 bis zum 27.11.2011 (70 Tage gemäß § 203 BGB wegen Verhandlungen aufgrund eines „gequollenen Holzteils“) wären die Ansprüche verjährt, da die Klage erst am 23. Dezember 2016 beim Landgericht Lübeck eingegangen ist.
- 9
Die Verjährung begann gemäß § 640 BGB mit der konkludenten Abnahme der Leistungen des Beklagten spätestens am 4. August 2010. Gemäß § 634 a Abs. 2 BGB beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist mit der Abnahme. Abnahme im Sinne von § 640 BGB bedeutet die körperliche Entgegennahme des Werks durch den Besteller verbunden mit dessen Billigung des Werks als im Wesentlichen vertragsgerecht erbrachte Leistung. Als rechtsgeschäftliche oder geschäftsähnliche Erklärung kann die Billigung der Werkleistung auch konkludent erfolgen. Ob eine konkludente Abnahme vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH II ZR 26/12 vom 20.02.2014, MDR 2014, 458 - 459). Eine konkludente Abnahme kann vorliegen, wenn der Unternehmer aus dem Verhalten des Bestellers nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte schließen konnte und durfte, der Besteller billige seine Leistung als frei von wesentlichen Mängeln (BGH VII ZR 43/15 vom 05.11.2015, BauR 2016, 499 - 503). Das kann z. B. der Fall sein bei widerspruchsloser Hinnahme der Fertigstellungsbescheinigung (vgl. OLG Frankfurt a. M. vom 05.02.2008, 5 U 151/06, juris Rn. 29, Baurecht 2009, 656 - 659) oder bei einer vorbehaltlosen Zahlung des Werklohns (OLG München vom 06.02.2002, 27 U 282/01, Baurecht 2003, 124 - 126). Die konkludente Abnahme einer Architektenleistung kann auch darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nach Bezug des fertiggestellten Bauwerks keine Mängel der Architektenleistung rügt (BGH vom 26.09.2012, VII ZR 220/12, juris Rn. 19, NJW 2013, 3513 - 3515).
- 10
Die Voraussetzungen einer konkludenten Abnahme liegen hier vor. In der vorbehaltlosen Zahlung der Schlussrechnung vom 12.09.2008 in Verbindung mit der widerspruchslosen Hinnahme der Fertigstellungsanzeige vom 03.08.2010 (nach Montage des Handlaufs durch die Firma C im April 2010) ist eine konkludente Billigung der Klägerin zu sehen. Schließlich erfolgten unstreitig nach Fertigstellung des Balkons (einschließlich des Handlaufs) binnen angemessener Prüffrist keine entsprechenden Mängelrügen der Klägerin. Erst gut ein Jahr später (nämlich im September 2011, vgl. die Anlage K 14 und K 15) erfolgte die Rüge wegen eines „gequollenen Holzteils“. Unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte durfte der Beklagte deshalb nach seinem Schreiben vom 3. August 2010 (Anlage K 13) von einer beanstandungslosen Ingebrauchnahme seiner Leistungen durch die Klägerin ausgehen. Die Ansprüche der Klägerin sind nach alledem verjährt.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
(2) Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.
(2) Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.
(3) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.