Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 19. Juli 2007 - 2 W 107/07
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Bestimmung eines zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Die Kosten des Bestimmungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
Der Wert des Bestimmungsverfahrens beträgt 115 €.
Gründe
- 1
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem Verkehrsunfall in Österreich geltend.
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Am 22.02.2007 hat der Kläger gegen die Beklagte zu 1. - die Halterin des gegnerischen Unfallfahrzeugs - vor dem Amtsgericht Reinbek Klage erhoben.
- 3
Mit Antrag vom 08.05.2007 auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit - eingegangen bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht am 09.05.2007 - hat der Antragsteller ausgeführt, er beabsichtige die Klage auf die künftigen Beklagten zu 2. und 3. als einfache Streitgenossen zu erweitern und beantrage deshalb, das Amtsgericht Reinbek als zuständiges Gericht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu bestimmen. Dabei hat der Antragsteller ausgeführt, da das Amtsgericht Reinbek bereits mit dem Rechtsstreit befasst sei, sei es aus prozessökonomischen Gesichtspunkten zweckmäßig, dieses als zuständiges Gericht zu bestimmen.
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Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18.05.2007 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten zu 1. darauf hingewiesen, dass sämtliche benannten Zeugen, genau so wie die beauftragten Rechtsanwälte in München ansässig seien und deshalb beantragt, das Amtsgericht München als zuständiges Gericht zu bestimmen.
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Mit Schriftsatz vom 14.06.2007 hat der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin zu 1. auch die Vertretung der künftigen Beklagten zu 2. und 3. angezeigt und nochmals beantragt, das Amtsgericht München zu bestimmen.
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Der Senat hat die Sache vorberaten und am 05.07.2007 einen Hinweis erteilt, nachdem im vorliegenden Fall das Amtsgericht München nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als zuständiges Gericht zu bestimmen wäre.
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Mit Schriftsatz vom 10.07.2007 hat der Antragsgegnervertreter mitgeteilt, dass am 23.07.2007 Beweisaufnahmetermin vor dem Amtsgericht München bestimmt worden sei.
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Mit Schriftsatz vom 11.07.2007, eingegangen bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht am 18.07.2007 hat der Antragstellervertreter mitgeteilt, dass er mit einer Bestimmung des Amtsgerichts München als zuständigem Gericht einverstanden sei.
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Der Antrag ist zurückzuweisen.
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Zwar wird ein Antrag auf gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ganz überwiegend auch dann für zulässig gehalten, wenn der Antragsteller als Kläger bereits einen der Streitgenossen vor einem Gericht verklagt hat, obwohl dies nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorgesehen ist.
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Nach einhelliger Auffassung kann jedoch eine Gerichtsstandbestimmung nicht mehr erfolgen, wenn eine Beweisaufnahme zur Hauptsache unmittelbar bevor steht oder bereits stattgefunden hat (BayObLG 1987, 389; OLG Karlsruhe 2006, 29). Grund hierfür ist die Zweckmäßigkeitserwägung, die der Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zugrunde liegt. Es soll den Parteien nämlich durch die Prozessverbindung bei Klagen gegen Streitgenossen eine wirtschaftliche und Kosten sparende Prozessführung ermöglicht werden. Diese Zweckmäßigkeitserwägung tritt zurück, sobald der Prozess zur Hauptsache in das Stadium nach Beweisaufnahme gelangt ist, denn die Bestimmung eines anderen als des angerufenen Gerichts scheidet praktisch aus, wenn auf die Zweckmäßigkeit oder die Prozesswirtschaftlichkeit, insbesondere aber auf die Kostenverursachung abgehoben wird.
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Dem bestimmenden Gericht bliebe daher keine echte Wahl zwischen zwei oder mehreren Gerichtsständen (BayObLGZ 1987, 389). Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - alle Wahlkriterien für das Gericht streiten, bei dem der Rechtsstreit nicht anhängig ist.
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Im vorliegenden Fall hätten alle Kriterien, die bei einer unvoreingenommenen Bewertung der Bestimmung des Gerichtsstands eine Rolle gespielt hätten, für das Amtsgericht München gesprochen. Nicht nur die künftige Beklagte zu 2. - die unfallbeteiligte Fahrerin - hat dort ihren allgemeinen Gerichtsstand, auch der Kläger und die von ihm benannten Zeugen wohnen dort. Schließlich haben alle an dem Verfahren beteiligten Rechtsanwälte ihren Kanzleisitz in München. Zu dem Amtsgericht Reinbek gibt es demgegenüber - außer dass es sich um den allgemeinen Gerichtsstand einer zu verklagenden Streitgenossin handelt - keinen weiteren Bezug.
- 14
Infolge dessen sieht der Senat sich nicht in der Lage, gemäß dem ursprünglichen Antrag des Antragstellers das Amtsgericht Reinbek als das zuständige Gericht zu bestimmen, denn hierbei hätte es sich um keine echte Wahl, sondern um eine von dem Kläger präjudizierte Entscheidung gehandelt.
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Die zunächst von dem Senat beabsichtigte Zuständigkeitsbestimmung des Amtsgerichts München scheidet nunmehr, nachdem bereits am 23.07.2007 eine Beweisaufnahme stattfinden soll, wegen des fortgeschrittenen Prozessstadiums aus.
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Annotations
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.